Table.Briefing: China

Maulkorb für Ökonomen + Wasserstoff-Pkw auf den Straßen

  • Kritik an Null-Covid-Politik nicht erwünscht
  • Wasserstoffautos gehen erstmals in Serie
  • Sinolytics.Radar: Staatsbanken – Retter in der Flaute?
  • Kampfjets in Taiwans Luftraum
  • Tesla und VW halten am Closed Loop fest
  • Kommunen erhalten Finanzspritze
  • Handels-Abkommen mit der Schweiz auf Eis
  • Im Porträt: Yannic Han Biao Federer – Schreibend aus dem Familien-Trauma
Liebe Leserin, lieber Leser,

in Shanghai geht der strikte Lockdown zu Ende. Doch in vielen Bereichen des täglichen Lebens haben die Corona-Maßnahmen die gesellschaftlichen Restriktionen noch verstärkt. Das gilt nicht zuletzt für öffentliche Kritik an Regierungsentscheidungen: Chinesische Ökonomen wurden in den vergangenen Wochen systematisch mundtot gemacht. Kritik an den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen ist nach wie vor unerwünscht, berichtet unser Team aus Peking. Wer es dennoch tut, soll “entschlossen bekämpft werden”, wie das Politbüro am vergangenen Freitag erklärte. Die Zeche für intransparente Entscheidungen in China bezahlt jedoch am Ende die ganze Welt.

Seit April stellt der Autobauer Changan mit dem “C385” Chinas erstes serienmäßiges Brennstoffzellenauto her. Für die Wasserstoff-Industrie könnte das zum Meilenstein werden. Die Technologie, die eine noch bessere Umweltbilanz als E-Autos und ein noch schnelleres Auftanken verspricht, galt bislang als zu ineffizient für den Einsatz in normalen Pkws. Im Westen haben viele Hersteller wie Daimler die Technik bereits abgeschrieben. Dass die chinesischen Autobauer die Brennstoffzelle zur Marktreife gebracht haben, liegt vor allem am politischen Willen der Regierung, schreibt Frank Sieren. Wie schon in der E-Mobilität will das Land globale Standards setzen – auch, wenn es zwischendurch teuer wird.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Peking macht kritische Ökonomen mundtot

Hong Hao war ein angesehener und beliebter Finanzanalyst in China. Zumindest bis vor einigen Wochen. Auch ausländische Medien zitierten ihn gern, wenn es darum ging, die Lage der chinesischen Wirtschaft zu beschreiben. Doch seit Anfang Mai ist von Hong kaum noch etwas zu hören. Er verließ seinen bisherigen Arbeitgeber, die chinesische Beteiligungsgesellschaft Bocom. Aus “persönlichen Gründen”, wie das Unternehmen mitteilte.

Vieles spricht dafür, dass die Behörden Hong mundtot gemacht haben. Immer wieder hatte der Analyst zuvor in sozialen Medien, wo ihn Millionen Menschen folgten, auf die angespannte Lage der chinesischen Wirtschaft hingewiesen. Die Zensoren löschten deshalb viele seiner Beiträge und sperrten seine Benutzerkonten. Nur auf Twitter können noch immer einige Beiträge von Hong gelesen werden. “Shanghai: zero movement, zero GDP”, lautet eine seiner letzten Nachrichten.

Maßnahmen sind pures Gift

Damit hat der Analyst die Lage eigentlich richtig zusammengefasst: Harte Lockdowns in der wichtigsten Wirtschaftsmetropole des Landes und in anderen Millionenstädten würgen das Wachstum der chinesischen Wirtschaft brutal ab. Für zig Millionen Menschen in China, die in Shanghai oder anderswo seit Wochen in Quarantäne sitzen und ihre Wohnungen nicht mehr verlassen dürfen, ist die strikte Politik der Regierung längst zu einem Albtraum geworden, den sie jeden Tag aufs neue durchleben müssen.

Doch pures Gift sind die Maßnahmen auch für die Wirtschaft und das Geschäft ausländischer Unternehmen. Die Stimmung europäischer Firmen in China ist so schlecht wie kaum zuvor. In einer neuen Umfrage der Europäischen Handelskammer in Peking gaben 75 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sich die strengen Eindämmungsmaßnahmen negativ auf ihren Betrieb auswirkten (China.Table berichtete). Die Unternehmen beklagten vor allem Probleme im Bereich der Logistik, Lagerhaltung und Lieferketten. Nur in chinesischen Staatsmedien ist von all dem nichts zu lesen.

Die Regierung in Peking spricht zwar selbst von “Herausforderungen” und einer “schwierigen Lage”. Doch Berichte, die genau analysieren, wie die von Präsident Xi Jinping vorgegebene Null-Corona-Politik das Land wirtschaftlich verkrüppelt, sind praktisch nicht zu finden. Dass Kritiker der Regierungslinie systematisch mundtot gemacht werden, ist in China keine Neuheit. Wer als ausländischer Journalist mit Ökonomen an chinesischen Universitäten sprechen will, erhält in der Regel eine Absage. Nur noch wenige Fachleute trauen sich, mit Medien aus dem Ausland zu sprechen. Und tun sie es doch, ziehen sie gelegentlich in letzter Minute ihre Zitate wieder zurück, weil sie von ihren Vorgesetzten zurechtgewiesen werden.

Zahlreiche Ökonomen betroffen

Analyst Hong ist nicht allein. Der Kurznachrichtendienst Weibo schloss zuletzt auch die Konten zahlreicher anderer Ökonomen und Marktanalysten, darunter Fu Peng, Chefökonom bei Northeast Securities, Dan Bin, Vorsitzender von Shenzhen Oriental Harbor Investment und Wu Yuefeng, Partner und Fondsmanager bei Funding Capital mit Sitz in Peking. Die Behörden begründeten die Sperrungen äußerst vage mit Verstößen gegen “Gesetze und Vorschriften”.

Ebenfalls ins Fadenkreuz der Zensoren geriet Wang Sicong. Der Sohn von Wang Jianlin, einem der mächtigsten Immobilienmogule Chinas, hatte bis vor einigen Wochen 40 Millionen Anhänger auf Weibo. Doch dann sperrten die Zensoren auch sein Konto ohne Vorwarnung. Der Influencer hatte sich über die Coronavirus-Politik der Regierung lustig gemacht. Auch Dai Yiyi, ein Managementprofessor an der Universität der ostchinesischen Metropole Xiamen, wurde vorübergehend auf Toutiao, einem vom Pekinger Unternehmen ByteDance betriebenen Nachrichtenaggregator, zum Schweigen gebracht. Auch er hatte sich kritisch zur Null-Covid-Politik geäußert.

Unverhohlen drohte zuletzt auch der chinesische Berufsverband für Börsenhändler (SAC). “Als Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens werden die Worte und Taten von Wertpapieranalysten von der Gesellschaft und den Medien hoch angesehen”, so der Verband. “Unangemessene” Kommentare und Handlungen würden sowohl dem Ruf ihrer Institutionen als auch dem der gesamten Wertpapierindustrie schaden. Öffentliche Aussagen von Analysten müssten von nun an “besser verwaltet” werden. Sämtliche Berichte sollten vor der Veröffentlichung zunächst einer gründlichen “Qualitätskontrolle” unterzogen werden.

Große Teile der Wirtschaft sind gelähmt

Einen seltenen Einblick in das, was sich dieser Tage tatsächlich in den Köpfen chinesischer Top-Investoren abspielt, liefert ein Video, das der britischen Financial Times zugespielt wurde. Zu sehen ist dort Weijian Shan, Gründer der Hongkonger Investmentgesellschaft PAG. In dem Mitschnitt geht er gnadenlos mit der Null-Corona-Politik ins Gericht. “Große Teile der chinesischen Wirtschaft, einschließlich Shanghai, sind halb gelähmt. Die Auswirkungen werden sehr tiefgreifend sein”, so Shan. “Chinas Führung glaubt, dass sie alles besser weiß als der Markt, und viele ihrer Handlungen haben dem Markt und der Wirtschaft echten Schaden zugefügt.”

Chinas Präsident Xi Jinping und andere Top-Führer des Landes wollen davon nichts hören. Nach seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Freitag teilte das mächtige Politbüro einmal mehr mit, dass es keine Alternative zur Null-Corona-Politik gebe. Kritiker der Maßnahmen sollen “entschlossen” bekämpft werden. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

  • Coronavirus
  • Gesellschaft
  • Handel

Wasserstoff soll künftig auch Pkws antreiben

Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Chinesische Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle - mit Wasserstoff betriebene Autos.
Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle.

Mitten im schlimmsten Lockdown-Monat April hat Changan Automobile mit der Herstellung des ersten chinesischen Wasserstoffautos begonnen. Was da in der westchinesischen 32-Millionen-Menschen-Metropole Chongqing geschieht, machen bisher im kleinen Stil nur Toyota in Japan und Hyundai in Südkorea. Das unter dem Code “C385” laufende Fahrzeug soll unter der Marke “Changan Automobile DeepBlue” vermarktet werden. Changan ist der viertgrößte staatliche Autohersteller.

Wenn der Verkauf des Autos noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnt, ist dies sehr wahrscheinlich der Startpunkt eines neuen chinesischen Trends zu mehr Wasserstoffmobilität. Anfang des Jahres hat Peking verkündet, dass bis 2025 auf Chinas Straßen 50.000 Brennstoffzellenautos fahren sollen. Um das Ziel zu erreichen, subventioniert der Staat die Hersteller, die in diesem Bereich investieren.

Eine Brennstoffzelle gewinnt Strom aus Wasserstoff und Luftsauerstoff. Der englische Name der Technik lautet Hydrogen Fuel Cell Electric Vehicle, daher ist in Fachkreisen die Abkürzung FCEV verbreitet. Es handelt sich bisher um einen winzigen Nischenmarkt. Im vergangenen Jahr wurden nur rund 17.000 FCEVs weltweit verkauft, davon knapp 1.600 in China. Unter den Brennstoffzellen-Pkw teilen sich Toyota und Hyundai 98 Prozent des Marktes.

Westliche Autohersteller spielen bislang keine Rolle. BMW plant allerdings, noch in diesem Jahr 100 Test-Exemplare einer Wasserstoffvariante des X5 auf den Markt zu bringen. Im Volkswagen-Konzern forscht Audi zu diesem Thema. Daimler hat sein Wasserstoff SUV GLC F-Cell nach nur 3.000 produzierten Einheiten wieder eingestellt und konzentriert sich nun auf die LKW. Eine Serienproduktion wie bei Changan hat in Deutschland noch niemand angekündigt. Gerät Deutschland, wie bei den Batterien, in die Defensive?

Schwachstellen der Wasserstoffmobilität

Der C835 soll nach unbestätigten Medienberichten umgerechnet rund 34.000 Euro kosten. Das sind rund 12.000 Euro mehr als das gleiche Auto mit LFP-Batterie. Klar ist also bereits jetzt: Ohne noch höhere staatliche Subventionen ist das Auto kaum verkäuflich. Changan Auto hat für das Projekt gemeinsam mit Huawei und dem Batterien-Weltmarktführer CATL drei Plattformen unter dem Label “CHN-Project” entwickelt. Der C835 wird mit Huaweis “Harmony Smart Cockpit” ausgestattet sein, also der Software und der Anzeigetechnik des Elektronikkonzerns. Mit einem Radstand von 2,90 Metern ist es ein Mittelklassefahrzeug. Das Design soll eine hochwertige Anmutung vermitteln.

Das Fahrzeug soll eine Reichweite von etwas mehr als 700 Kilometern haben und in nur drei Minuten vollgetankt sein, wenn man denn eine Wasserstoff-Tankstelle gefunden hat. Immerhin liegt dann der Verbrauch nur bei 0,65 Kilogramm pro 100 Kilometer. Damit wäre das Auto zumindest in diesem Bereich wettbewerbsfähig. Am Ende spielen fünf Faktoren bei den FCEVs zusammen:

  • der Kaufpreis,
  • die Tankstellendichte,
  • die Sicherheit bei der Handhabung, eine schwere Aufgabe für die Ingenieure
  • die Umweltfreundlichkeit der Herstellung des Wasserstoffs und
  • die laufenden Kosten.

Den Fahrern von Wasserstoffautos bereitet derzeit noch die geringe Zahl der Tankstellen die größten Probleme. Das ist trotz aller Investitionen der Regierung auch in Japan noch so. Während man eine Ladestation für Batterien in die Garage einbauen kann, geht das bei Wasserstofftankstellen nicht. Ohne Tankstellennetz kaufen nur Tech-Freaks ein solches Fahrzeug. Deshalb hat selbst die chinesische Regierung lange nur auf Wasserstoff-LKW gesetzt. Für eine Spedition mit einem großen Fuhrpark lohnt sich eine eigene Tankstelle und bei LKWs reichen Tankstellen an den wichtigsten Knotenpunkten.

In der Fahrpraxis unsichtbar, für die Positionierung des Produkts in der Klimadiskussion entscheidend, ist die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Dieser wird mit erneuerbarer Energie gewonnen, statt wie bisher aus Erdgas oder Kohlestrom. Nur mit der grünen Variante ist das FCEV klimafreundlicher als ein Benziner.

Doch auch die technischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Ein normaler Tank reicht für Wasserstoff nicht. Ist der Wasserstoff gasförmig, muss der Behälter einen hohen Druck aushalten. Flüssig wird er bei minus 253 Grad gespeichert. Bei einem Gas, das zusammen mit Luft leicht explodiert und sich durch viele Materialien durchdrücken kann, gibt es keine Toleranz für Fehler.

China treibt seine Wasserstoffauto-Pläne schnell voran

Die beiden größten Schwachstellen der Wasserstoffmobilität werden in China nun angegangen. Im Februar vergangenen Jahres hat der chinesische Ölkonzern Sinopec bereits verkündet, in den kommenden fünf Jahren mindestens 1.000 Wasserstoff-Tankstellen zu bauen. Und ebenfalls im Mai hat Sinopec die erste Anlage eröffnet, die angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff liefert. Es handelt sich jedoch um sogenannten braunen Wasserstoff aus der Vergasung von Kohle. Klimafreundlich soll er werden, indem die Anlage die schädlichen Gase auffängt und einlagert. Das Vorgehen ist in Deutschland umstritten. Die Strategie der Bundesregierung setzt auf die Herstellung von grünem Wasserstoff, bei dessen Entstehung Kohle und Gas keine Rolle spielen.

Was die PKW angeht, ziehen in China immer mehr Hersteller mit: Dongfeng Motor hat im April seine Pläne vorgestellt. Der Verbrauch des Modells “H2-e” soll mit 0,75 kg Wasserstoff per 100 Kilometer etwas höher sein als der von Changan. Allerdings liegen unabhängige Testergebnisse von chinesischen Herstellern von Wasserstoffmobilität noch nicht vor. Great Wall Motor hat ein SUV mit Brennstoffzelle für seine C-Klasse angekündigt. Haima Motor hat mit der Forschung und Entwicklung eines Prototyps mit Brennstoffzellen begonnen.

Der “AION LX“, ein Pkw mit Brennstoffzelle von der Guangzhou Automobile Group (GAC), wird gerade getestet. Und der größte staatliche Autohersteller SAIC Motor aus Shanghai hat bereits im vergangenen September ein “MPV”, also einen kleinen Minivan für bis zu sieben Personen mit Brennstoffzelle namens “EUNIQ7” angekündigt. Der Westen sollte diese Welle nicht unterschätzen, auch wenn sie aus der Ferne noch ganz niedlich aussieht.  

  • Autoindustrie

Sinolytics.Radar

Banken sollen Chinas Staatshaushalt stützen

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Chinas hochgestecktes Ziel, bis 2022 ein Wirtschaftswachstum von über 5 Prozent zu erreichen, lässt sich nur durch umfangreiche Investitionen aus dem Staatshaushalt in Infrastruktur sowie der Stabilisierung des Sozialsystems erreichen.
  • Im Wesentlichen generiert die chinesische Regierung ihre Steuereinnahmen über vier Kanäle:
    • allgemeine öffentliche Einnahmen, die sämtliche Steuern und Verwaltungsgebühren umfassen,
    • staatliche Mittel, die in erster Linie aus den Einnahmen aus Grundstücksverkäufen auf regionaler Ebene stammen,
    • Unternehmensgewinne, die von staatlichen Unternehmen erwirtschaftet werden,
    • und seit kurzem auch besondere Staatsschulden.
  • Angesichts der instabilen Wirtschaftslage ist es für das Finanzministerium der Volksrepublik derzeit äußerst schwierig, Steuersätze oder Gebühren zu erhöhen. Auch die Einkünfte aus Grundstücksverkäufen sind aufgrund der politischen Eingriffe in den Immobilienmarkt zurückgegangen.
  • Daher hat das Finanzministerium nur begrenzte Möglichkeiten, die benötigten Steuereinnahmen aufzubringen, ohne Unternehmen und private Haushalte zu belasten oder weitere Schulden aufzunehmen. In dieser heiklen Lage hat sich die Regierung an ihre seit jeher profitablen Finanzinstitute gewandt und während der sogenannten “Zwei Sitzungen” angekündigt, dass diese im Jahr 2022 insgesamt 1,65 Milliarden Yuan aus Gewinnen zum Staatshaushalt beitragen sollen (in der Grafik als “Fund transfer from other sources” bezeichnet).
  • Angesichts der jüngsten Omikron-Welle und der anhaltenden Störungen der chinesischen Wirtschaft verschlechtern sich die Haushaltsbedingungen der Regierung erheblich. Laut Angaben des nationalen Statistikamtes sind die allgemeinen öffentlichen Einnahmen des Staates im April 2022 um 4,8 Prozent und die staatlichen Mittel um 27,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
  • Daher benötigt Chinas expansive Haushaltspolitik weitere alternative Geldquellen, einschließlich zusätzlicher Gewinnbeteiligungen an staatseigenen Finanzinstitutionen und einer etwaigen “Monetarisierung des Haushaltsdefizits”, indem die Zentralbank Schulden lokaler oder zentraler Regierungen direkt aufkauft.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

News

Kampfjets dringen in den Verteidigungsluftraum von Taiwan ein

Laut Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums sind 30 chinesische Flugzeuge, darunter mehr als 20 Kampfjets, in den sogenannten Verteidigungsluftraum Taiwans eingedrungen. Die taiwanischen Streitkräfte haben daraufhin Flugzeuge und Flugabwehrsysteme mobilisiert, um die Aktivitäten im Luftraum über den Pratas-Inseln zu überwachen. Es handelt sich um das zweitgrößte Manöver chinesischer Flugzeuge nahe Taiwan in diesem Jahr. Am 23. Januar waren 39 Flugzeuge in den Verteidigungsluftraum eingedrungen.

Der Verteidigungsluftraum ist nicht mit dem Luftraum Taiwans identisch. Er ist größer und überschneidet sich an einigen Stellen mit dem Verteidigungsluftraum des chinesischen Festlandes. Die Präsenz chinesischer Flugzeuge im Verteidigungsluftraum Taiwans ist keine Seltenheit. Peking versucht auf diese Weise seinen Machtanspruch über die demokratisch regierte Insel zu untermauern. Taiwans Verteidigungsministerium spricht von einer “Kriegsführung in der Grauzone”. Die chinesische Flugzeuge wollen auf diese Weise Taiwans Militär testen und provozieren.

Auch US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete solche Manöver auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche als “zunehmend provokativ”. US-Präsident Joe Biden beantwortete die Frage einer Journalistin, ob die USA sich bei einer chinesischen Invasion Taiwans – anders als beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – “militärisch beteiligen” könnten, mit einem klaren “Ja”. fpe

  • Geopolitik
  • Taiwan
  • USA

Trotz Corona-Lockerung: Tesla und VW halten Arbeiter weiter in Isolation

Während der Lockdown in Shanghai ab heute weitgehend aufgehoben wird, haben die Autobauer Tesla und VW entschieden, die Arbeiter in ihren Shanghaier Fabriken weiter in einem Closed Loop zu isolieren. Beim sogenannten “geschlossenen Kreislauf” werden die Arbeiter vom Rest der Gesellschaft abgeschottet. Sie leben, arbeiten und schlafen in der Fabrik oder im Büro. Damit soll die jeweilige Fabrik virenfrei bleiben, die Fertigung so normal wie möglich weiterlaufen (China.Table berichtete).

In Teslas Shanghaier Giga-Factory – dem größten Produktionswerk des Unternehmens – arbeiten rund 10.000 Menschen. Sie sollen noch bis zum 10. Juni in der “Blase” verbleiben. Das Tesla-Werk in Shanghai wurde Ende März aufgrund des Covid-Ausbruchs für drei Wochen geschlossen. Um die Produktion wieder auf Normalniveau zu bringen, wurden die Arbeiter anschließend in stillgelegten Fabriken und einem alten Militärlager nahe den Produktionsanlagen untergebracht, wobei sich Tag- und Nachtschichtarbeiter offenbar dieselben Betten in provisorischen Schlafsälen teilen müssen (China.Table berichtete).

VW betreibt in Shanghai eine Fabrik mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC Motor. Ein Sprecher von VW erklärte, dass SAIC-VW sich noch immer “in einem geschlossenen Produktionssystem befinde und die Produktionspläne auf der Grundlage relevanter Richtlinien weiter anpassen” wird. Ein Zeitrahmen für ein Ende des Closed Loop wurde nicht genannt. Wie Bloomberg berichtet, wurde in Shanghai im vergangenen Monat kein einziges Fahrzeug verkauft. fpe

  • Autoindustrie

Kommunen erhalten Hilfe aus Peking

Das chinesische Finanzministerium zapft den Haushalt 2023 an, um klammen Kommunen zu helfen. Das ist Teil von Anstrengungen, einen Absturz der Konjunktur infolge der Covid-Einschränkungen zu verhindern. Im Rahmen des Hilfsprogramms fließen 400 Milliarden Yuan (55 Milliarden Euro), berichtet das Wirtschaftsportal Caixin. Hintergrund ist ein Absturz der Steuereinnahmen infolge von Corona-Hilfen. Ziel sei, “eine Lücke zwischen den Steuereinnahmen und den nötigen Ausgaben” zu schließen, zitiert Caixin eine Mitteilung des Ministeriums.

Das Wachstumsziel von rund 5,5 Prozent ist durch Covid-19 akut in Gefahr; zahlreiche Ökonomen halten es bereits für unerreichbar. Ein Vorgriff auf das Budget des kommenden Jahres ist in China dennoch untypisch. Die Regierung hatte bisher immer genug andere Möglichkeiten, Geld zu mobilisieren. Typischerweise hat sie die Banken angewiesen, bei der Kreditvergabe etwas großzügiger zu werden, um der Wirtschaft frische Mittel zuzuführen. Das kollidiert jedoch zunehmend mit einem anderen großen Ziel: die Finanzierung der Gebietskörperschaften solider zu organisieren. Es ist nicht nachhaltig, die Gemeinden auf Pump leben zu lassen.

Die Steuereinnahmen waren im April um 41 Prozent abgeschmiert. Grund ist der Weg, den China zum Ausgleich der Coronavirus-Maßnahmen eingeschlagen hat. Statt direkter Zahlungen für den ausgefallenen Umsatz wie in Deutschland gibt es Steuererleichterungen. Diese Last tragen vor allem die Gemeinden, Kreise und Provinzen. Die Zentralregierung springt nun ein, um die Steuerausfälle auszugleichen. Sie hat bereits im März und im April Milliardenbeträge an die Kommunen verteilt. Das Geld kam noch aus dem laufenden Haushalt. Dieser ist inzwischen offenbar ausgeschöpft, was den Vorgriff auf 2023 erklärt. fin

  • Coronavirus
  • Finanzen
  • Gesundheit

Schweiz: Gespräche über Abkommen auf Eis

Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China kommen Medienberichten zufolge wegen Unstimmigkeiten bei Menschenrechtsfragen nicht voran. Das letzte Treffen habe 2018 stattgefunden. Seither gab es lediglich “informelle Kontakte”, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) der NZZ bestätigte. Die Schweiz wäre eigentlich daran interessiert, das 2014 geschlossene Freihandelsabkommen zu erweitern, insbesondere im Bereich der Industrieprodukte. “Bisher ist es noch nicht gelungen, sich auf eine gemeinsame Liste von Themen zu einigen, die vertieft werden sollen”, schreibt das Seco.

“Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft die Gespräche mit unseren chinesischen Partnern weiterführen können”, teilte das Staatssekretariat weiter mit. Auf das bestehende Freihandelsabkommen habe die momentane Situation allerdings keinen Einfluss. China habe die Gespräche bereits 2018 auf Eis gelegt, wie die Zeitungen Sonntagsblick und NZZ schreiben. Seither weigert sich die Volksrepublik demnach, über die gemeinsame Liste von Themen zu sprechen. Dem Vernehmen nach sei der Dialogstopp der Chinesen eine Antwort darauf, dass die Schweiz in letzter Zeit Verletzungen der Menschenrechte offensiver benannt habe, hieß es in den Berichten.

Die Schweiz hat das Abkommen 2014 mit China abgeschlossen. Seit mehreren Jahren laufen jedoch Bestrebungen, es zu erneuern. Unter anderem sollen weitere Schweizer Produkte vom Zoll befreit werden. Auf die in der vergangenen Wochen bekannt gewordenen Dokumente, die Menschenrechtsverletzungen an Uiguren belegen, hatte die Schweizer Regierung bisher nicht öffentlich reagiert. rtr/ari

  • Handel
  • Menschenrechte
  • Schweiz
  • Zivilgesellschaft

Presseschau

Schon diese Woche: China will offenbar dritten Flugzeugträger vom Stapel lassen – und provoziert Taiwan MERKUR
Hyperschallraketen: Darum liegen Russland und China vor den USA T-ONLINE
Taipeh mobilisiert Abwehrsysteme: 30 chinesische Flugzeuge dringen in Verteidigungsluftraum Taiwans ein SPIEGEL
US senator visits Taiwan as China ups military threat AP NEWS
Australien, Japan und die USA sind alarmiert: Wie der chinesische Außenminister versucht, die pazifischen Inseln in eine Abhängigkeit von Peking zu lotsen BUSINESS INSIDER
Biden and New Zealand leader air shared concern about China’s Pacific ambitions REUTERS
Chinesisches Militär soll Waffen gegen Starlink entwickeln GOLEM
China: Fast 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit BERLINER ZEITUNG
Stimmung in chinesischen Unternehmen leicht gestiegen MERKUR
Apple iPhone manufacturer says China lockdowns aren’t hurting supply chain as much as feared CNBC
Philippines complains of Chinese fishing ban and ‘harassment’ at sea REUTERS
Xi says China ready to expand ties with Zambia REUTERS
Hong Kong’s Top Finance Officials Skip Hotel Quarantine After Travel BLOOMBERG
Dota-Major ESL One Stockholm startet ohne chinesische Teams BERLINER ZEITUNG

Portrait

Yannic Han Biao Federer – Schreibend aus dem Familien-Trauma

Yannic Han Biao Federer lebt und arbeitet als freier Autor in Köln.
Yannic Han Biao Federer lebt und arbeitet als freier Autor in Köln.

“Ich komme nicht aus Verhältnissen, in denen geisteswissenschaftliche oder gar künstlerische Berufe eine wünschenswerte Option gewesen wären”, sagt Yannic Han Biao Federer. Federers Vater gehörte der chinesischen Minderheit in Indonesien an, bevor die Diskriminierung ihn zur Emigration nach Deutschland zwang. Federer selbst hat trotz Bedenken seines Elternhauses Germanistik und Romanistik studiert und vor Kurzem seinen zweiten Roman veröffentlicht, der im Suhrkamp Verlag erschienen ist.

In “Tao” begibt sich der gleichnamige Protagonist auf die Spuren seiner chinesischen Vorfahren und versucht dabei, seine eigene Familienbiografie schreibend zu ergründen. Wer mit Federer spricht, merkt schnell, dass Taos Familiengeschichte seiner eigenen ähnelt. Der Großvater, der als Kind aus China nach Indonesien verkauft wurde, der Vater, der von Indonesien nach Deutschland emigrierte. “Ich habe mich lange gefragt, wie ich mit meiner Familiengeschichte schreibend umgehen kann”, sagt der 35-Jährige.

Auf den Spuren der chinesischen Vorfahren

Vor einigen Jahren machte Federer einen Anfang, indem er über die chinesische Minderheit in Indonesien recherchierte. “In meiner Familie wurde kaum darüber gesprochen, was bei dem Massaker von 1965 passiert ist.” Bei einem blutigen Militärputsch, in dessen Zuge der spätere Präsidenten Haji Mohamed Suharto ein neues Regime etablierte, wurden schätzungsweise 500.000 bis eine Million Menschen getötet.

“Es wurde so kommuniziert, als hätte man gezielt und ausschließlich Kommunisten getötet, die wegen eines Putschversuchs in Verdacht geraten waren”, erzählt Federer. “Aber die Verfolgung und das Morden gingen weit darüber hinaus – und unter den Opfern waren viele, die nur Opfer wurden, weil sie der chinesischen Minderheit angehörten.”

Die chinesische Minderheit in Indonesien war seit Jahrhunderten immer wieder als Sündenbock ins Kreuzfeuer geraten, wenn es Spannungen und Konflikte im Land gab. Hartnäckig hielten sich Vorurteile, dass die Chinesen in Indonesien wirtschaftlich zu mächtig geworden seien und überall ihre Finger im Spiel hätten. Nach dem Massaker von 1965 erließ Suharto diskriminierende Gesetze, welche die chinesische Minderheit unter Dauerverdacht stellten. Die chinesische Sprache wurde verboten, ebenso chinesische Organisationen. “Man wurde gedrängt, seinen chinesischen Namen zu ändern. Auch meine Familie nahm einen indonesischen Namen an”, so Federer.

Aus dem Schweigen heraustreten

Das Trauma und das Schweigen seiner Familien wurden ihm antrainiert, ohne dass er es bewusst reflektiert hätte. “Trauma bedeutet ja, ich werde etwas nicht los. Es lässt sich nicht zu Erinnerung machen, sondern bleibt dauernd präsent”, erklärt Federer. Um sein Trauma zu überwinden, erfindet er seinen Protagonisten Tao. “Ich brauchte jemanden, dem ich Dinge mitgeben kann von mir.”

Federer hat das Schreiben genutzt, um sein eigenes Trauma zur Erinnerung zu machen. Dass er sich heute mit seinem vollen deutsch-chinesischen Namen vorstellt, ist ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung. “Meine Eltern haben mir diesen zweiten, chinesischen Vornamen bewusst gegeben. Er sagt: “Wir sind noch da, es gibt uns noch.” Svenja Napp

  • Demografie
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  • Literatur

Personalien

Stefan Justl verlässt zum 1. Juni den Posten als General Manager bei der Kommunikationsagentur Storymaker China. Sein Nachfolger wird Adam Lou.

Zhang Gong, Leiter der chinesischen Staatsverwaltung für Marktregulierung (SAMR), ist zum neuen stellvertretenden Parteichef der chinesischen Küstenstadt Tianjin ernannt worden.

Dessert

生日快乐 ! Zu seinem ersten Geburtstag bekommt das Riesenpanda-Baby Sheng Yi eine eisige Torte mit Früchten. Sheng Yi lebt im Giant Panda Conservation Center des Negara-Zoos in der Nähe von Kuala Lumpur. Der besondere Ehrentag des Panda-Babys fällt mit dem 48. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Malaysia zusammen – was in der Presse besonders gefeiert wurde.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    • Kommunen erhalten Finanzspritze
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    • Im Porträt: Yannic Han Biao Federer – Schreibend aus dem Familien-Trauma
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    in Shanghai geht der strikte Lockdown zu Ende. Doch in vielen Bereichen des täglichen Lebens haben die Corona-Maßnahmen die gesellschaftlichen Restriktionen noch verstärkt. Das gilt nicht zuletzt für öffentliche Kritik an Regierungsentscheidungen: Chinesische Ökonomen wurden in den vergangenen Wochen systematisch mundtot gemacht. Kritik an den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen ist nach wie vor unerwünscht, berichtet unser Team aus Peking. Wer es dennoch tut, soll “entschlossen bekämpft werden”, wie das Politbüro am vergangenen Freitag erklärte. Die Zeche für intransparente Entscheidungen in China bezahlt jedoch am Ende die ganze Welt.

    Seit April stellt der Autobauer Changan mit dem “C385” Chinas erstes serienmäßiges Brennstoffzellenauto her. Für die Wasserstoff-Industrie könnte das zum Meilenstein werden. Die Technologie, die eine noch bessere Umweltbilanz als E-Autos und ein noch schnelleres Auftanken verspricht, galt bislang als zu ineffizient für den Einsatz in normalen Pkws. Im Westen haben viele Hersteller wie Daimler die Technik bereits abgeschrieben. Dass die chinesischen Autobauer die Brennstoffzelle zur Marktreife gebracht haben, liegt vor allem am politischen Willen der Regierung, schreibt Frank Sieren. Wie schon in der E-Mobilität will das Land globale Standards setzen – auch, wenn es zwischendurch teuer wird.

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    Fabian Peltsch
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    Analyse

    Peking macht kritische Ökonomen mundtot

    Hong Hao war ein angesehener und beliebter Finanzanalyst in China. Zumindest bis vor einigen Wochen. Auch ausländische Medien zitierten ihn gern, wenn es darum ging, die Lage der chinesischen Wirtschaft zu beschreiben. Doch seit Anfang Mai ist von Hong kaum noch etwas zu hören. Er verließ seinen bisherigen Arbeitgeber, die chinesische Beteiligungsgesellschaft Bocom. Aus “persönlichen Gründen”, wie das Unternehmen mitteilte.

    Vieles spricht dafür, dass die Behörden Hong mundtot gemacht haben. Immer wieder hatte der Analyst zuvor in sozialen Medien, wo ihn Millionen Menschen folgten, auf die angespannte Lage der chinesischen Wirtschaft hingewiesen. Die Zensoren löschten deshalb viele seiner Beiträge und sperrten seine Benutzerkonten. Nur auf Twitter können noch immer einige Beiträge von Hong gelesen werden. “Shanghai: zero movement, zero GDP”, lautet eine seiner letzten Nachrichten.

    Maßnahmen sind pures Gift

    Damit hat der Analyst die Lage eigentlich richtig zusammengefasst: Harte Lockdowns in der wichtigsten Wirtschaftsmetropole des Landes und in anderen Millionenstädten würgen das Wachstum der chinesischen Wirtschaft brutal ab. Für zig Millionen Menschen in China, die in Shanghai oder anderswo seit Wochen in Quarantäne sitzen und ihre Wohnungen nicht mehr verlassen dürfen, ist die strikte Politik der Regierung längst zu einem Albtraum geworden, den sie jeden Tag aufs neue durchleben müssen.

    Doch pures Gift sind die Maßnahmen auch für die Wirtschaft und das Geschäft ausländischer Unternehmen. Die Stimmung europäischer Firmen in China ist so schlecht wie kaum zuvor. In einer neuen Umfrage der Europäischen Handelskammer in Peking gaben 75 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sich die strengen Eindämmungsmaßnahmen negativ auf ihren Betrieb auswirkten (China.Table berichtete). Die Unternehmen beklagten vor allem Probleme im Bereich der Logistik, Lagerhaltung und Lieferketten. Nur in chinesischen Staatsmedien ist von all dem nichts zu lesen.

    Die Regierung in Peking spricht zwar selbst von “Herausforderungen” und einer “schwierigen Lage”. Doch Berichte, die genau analysieren, wie die von Präsident Xi Jinping vorgegebene Null-Corona-Politik das Land wirtschaftlich verkrüppelt, sind praktisch nicht zu finden. Dass Kritiker der Regierungslinie systematisch mundtot gemacht werden, ist in China keine Neuheit. Wer als ausländischer Journalist mit Ökonomen an chinesischen Universitäten sprechen will, erhält in der Regel eine Absage. Nur noch wenige Fachleute trauen sich, mit Medien aus dem Ausland zu sprechen. Und tun sie es doch, ziehen sie gelegentlich in letzter Minute ihre Zitate wieder zurück, weil sie von ihren Vorgesetzten zurechtgewiesen werden.

    Zahlreiche Ökonomen betroffen

    Analyst Hong ist nicht allein. Der Kurznachrichtendienst Weibo schloss zuletzt auch die Konten zahlreicher anderer Ökonomen und Marktanalysten, darunter Fu Peng, Chefökonom bei Northeast Securities, Dan Bin, Vorsitzender von Shenzhen Oriental Harbor Investment und Wu Yuefeng, Partner und Fondsmanager bei Funding Capital mit Sitz in Peking. Die Behörden begründeten die Sperrungen äußerst vage mit Verstößen gegen “Gesetze und Vorschriften”.

    Ebenfalls ins Fadenkreuz der Zensoren geriet Wang Sicong. Der Sohn von Wang Jianlin, einem der mächtigsten Immobilienmogule Chinas, hatte bis vor einigen Wochen 40 Millionen Anhänger auf Weibo. Doch dann sperrten die Zensoren auch sein Konto ohne Vorwarnung. Der Influencer hatte sich über die Coronavirus-Politik der Regierung lustig gemacht. Auch Dai Yiyi, ein Managementprofessor an der Universität der ostchinesischen Metropole Xiamen, wurde vorübergehend auf Toutiao, einem vom Pekinger Unternehmen ByteDance betriebenen Nachrichtenaggregator, zum Schweigen gebracht. Auch er hatte sich kritisch zur Null-Covid-Politik geäußert.

    Unverhohlen drohte zuletzt auch der chinesische Berufsverband für Börsenhändler (SAC). “Als Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens werden die Worte und Taten von Wertpapieranalysten von der Gesellschaft und den Medien hoch angesehen”, so der Verband. “Unangemessene” Kommentare und Handlungen würden sowohl dem Ruf ihrer Institutionen als auch dem der gesamten Wertpapierindustrie schaden. Öffentliche Aussagen von Analysten müssten von nun an “besser verwaltet” werden. Sämtliche Berichte sollten vor der Veröffentlichung zunächst einer gründlichen “Qualitätskontrolle” unterzogen werden.

    Große Teile der Wirtschaft sind gelähmt

    Einen seltenen Einblick in das, was sich dieser Tage tatsächlich in den Köpfen chinesischer Top-Investoren abspielt, liefert ein Video, das der britischen Financial Times zugespielt wurde. Zu sehen ist dort Weijian Shan, Gründer der Hongkonger Investmentgesellschaft PAG. In dem Mitschnitt geht er gnadenlos mit der Null-Corona-Politik ins Gericht. “Große Teile der chinesischen Wirtschaft, einschließlich Shanghai, sind halb gelähmt. Die Auswirkungen werden sehr tiefgreifend sein”, so Shan. “Chinas Führung glaubt, dass sie alles besser weiß als der Markt, und viele ihrer Handlungen haben dem Markt und der Wirtschaft echten Schaden zugefügt.”

    Chinas Präsident Xi Jinping und andere Top-Führer des Landes wollen davon nichts hören. Nach seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Freitag teilte das mächtige Politbüro einmal mehr mit, dass es keine Alternative zur Null-Corona-Politik gebe. Kritiker der Maßnahmen sollen “entschlossen” bekämpft werden. Jörn Petring/Gregor Koppenburg

    • Coronavirus
    • Gesellschaft
    • Handel

    Wasserstoff soll künftig auch Pkws antreiben

    Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Chinesische Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle - mit Wasserstoff betriebene Autos.
    Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle.

    Mitten im schlimmsten Lockdown-Monat April hat Changan Automobile mit der Herstellung des ersten chinesischen Wasserstoffautos begonnen. Was da in der westchinesischen 32-Millionen-Menschen-Metropole Chongqing geschieht, machen bisher im kleinen Stil nur Toyota in Japan und Hyundai in Südkorea. Das unter dem Code “C385” laufende Fahrzeug soll unter der Marke “Changan Automobile DeepBlue” vermarktet werden. Changan ist der viertgrößte staatliche Autohersteller.

    Wenn der Verkauf des Autos noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnt, ist dies sehr wahrscheinlich der Startpunkt eines neuen chinesischen Trends zu mehr Wasserstoffmobilität. Anfang des Jahres hat Peking verkündet, dass bis 2025 auf Chinas Straßen 50.000 Brennstoffzellenautos fahren sollen. Um das Ziel zu erreichen, subventioniert der Staat die Hersteller, die in diesem Bereich investieren.

    Eine Brennstoffzelle gewinnt Strom aus Wasserstoff und Luftsauerstoff. Der englische Name der Technik lautet Hydrogen Fuel Cell Electric Vehicle, daher ist in Fachkreisen die Abkürzung FCEV verbreitet. Es handelt sich bisher um einen winzigen Nischenmarkt. Im vergangenen Jahr wurden nur rund 17.000 FCEVs weltweit verkauft, davon knapp 1.600 in China. Unter den Brennstoffzellen-Pkw teilen sich Toyota und Hyundai 98 Prozent des Marktes.

    Westliche Autohersteller spielen bislang keine Rolle. BMW plant allerdings, noch in diesem Jahr 100 Test-Exemplare einer Wasserstoffvariante des X5 auf den Markt zu bringen. Im Volkswagen-Konzern forscht Audi zu diesem Thema. Daimler hat sein Wasserstoff SUV GLC F-Cell nach nur 3.000 produzierten Einheiten wieder eingestellt und konzentriert sich nun auf die LKW. Eine Serienproduktion wie bei Changan hat in Deutschland noch niemand angekündigt. Gerät Deutschland, wie bei den Batterien, in die Defensive?

    Schwachstellen der Wasserstoffmobilität

    Der C835 soll nach unbestätigten Medienberichten umgerechnet rund 34.000 Euro kosten. Das sind rund 12.000 Euro mehr als das gleiche Auto mit LFP-Batterie. Klar ist also bereits jetzt: Ohne noch höhere staatliche Subventionen ist das Auto kaum verkäuflich. Changan Auto hat für das Projekt gemeinsam mit Huawei und dem Batterien-Weltmarktführer CATL drei Plattformen unter dem Label “CHN-Project” entwickelt. Der C835 wird mit Huaweis “Harmony Smart Cockpit” ausgestattet sein, also der Software und der Anzeigetechnik des Elektronikkonzerns. Mit einem Radstand von 2,90 Metern ist es ein Mittelklassefahrzeug. Das Design soll eine hochwertige Anmutung vermitteln.

    Das Fahrzeug soll eine Reichweite von etwas mehr als 700 Kilometern haben und in nur drei Minuten vollgetankt sein, wenn man denn eine Wasserstoff-Tankstelle gefunden hat. Immerhin liegt dann der Verbrauch nur bei 0,65 Kilogramm pro 100 Kilometer. Damit wäre das Auto zumindest in diesem Bereich wettbewerbsfähig. Am Ende spielen fünf Faktoren bei den FCEVs zusammen:

    • der Kaufpreis,
    • die Tankstellendichte,
    • die Sicherheit bei der Handhabung, eine schwere Aufgabe für die Ingenieure
    • die Umweltfreundlichkeit der Herstellung des Wasserstoffs und
    • die laufenden Kosten.

    Den Fahrern von Wasserstoffautos bereitet derzeit noch die geringe Zahl der Tankstellen die größten Probleme. Das ist trotz aller Investitionen der Regierung auch in Japan noch so. Während man eine Ladestation für Batterien in die Garage einbauen kann, geht das bei Wasserstofftankstellen nicht. Ohne Tankstellennetz kaufen nur Tech-Freaks ein solches Fahrzeug. Deshalb hat selbst die chinesische Regierung lange nur auf Wasserstoff-LKW gesetzt. Für eine Spedition mit einem großen Fuhrpark lohnt sich eine eigene Tankstelle und bei LKWs reichen Tankstellen an den wichtigsten Knotenpunkten.

    In der Fahrpraxis unsichtbar, für die Positionierung des Produkts in der Klimadiskussion entscheidend, ist die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Dieser wird mit erneuerbarer Energie gewonnen, statt wie bisher aus Erdgas oder Kohlestrom. Nur mit der grünen Variante ist das FCEV klimafreundlicher als ein Benziner.

    Doch auch die technischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Ein normaler Tank reicht für Wasserstoff nicht. Ist der Wasserstoff gasförmig, muss der Behälter einen hohen Druck aushalten. Flüssig wird er bei minus 253 Grad gespeichert. Bei einem Gas, das zusammen mit Luft leicht explodiert und sich durch viele Materialien durchdrücken kann, gibt es keine Toleranz für Fehler.

    China treibt seine Wasserstoffauto-Pläne schnell voran

    Die beiden größten Schwachstellen der Wasserstoffmobilität werden in China nun angegangen. Im Februar vergangenen Jahres hat der chinesische Ölkonzern Sinopec bereits verkündet, in den kommenden fünf Jahren mindestens 1.000 Wasserstoff-Tankstellen zu bauen. Und ebenfalls im Mai hat Sinopec die erste Anlage eröffnet, die angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff liefert. Es handelt sich jedoch um sogenannten braunen Wasserstoff aus der Vergasung von Kohle. Klimafreundlich soll er werden, indem die Anlage die schädlichen Gase auffängt und einlagert. Das Vorgehen ist in Deutschland umstritten. Die Strategie der Bundesregierung setzt auf die Herstellung von grünem Wasserstoff, bei dessen Entstehung Kohle und Gas keine Rolle spielen.

    Was die PKW angeht, ziehen in China immer mehr Hersteller mit: Dongfeng Motor hat im April seine Pläne vorgestellt. Der Verbrauch des Modells “H2-e” soll mit 0,75 kg Wasserstoff per 100 Kilometer etwas höher sein als der von Changan. Allerdings liegen unabhängige Testergebnisse von chinesischen Herstellern von Wasserstoffmobilität noch nicht vor. Great Wall Motor hat ein SUV mit Brennstoffzelle für seine C-Klasse angekündigt. Haima Motor hat mit der Forschung und Entwicklung eines Prototyps mit Brennstoffzellen begonnen.

    Der “AION LX“, ein Pkw mit Brennstoffzelle von der Guangzhou Automobile Group (GAC), wird gerade getestet. Und der größte staatliche Autohersteller SAIC Motor aus Shanghai hat bereits im vergangenen September ein “MPV”, also einen kleinen Minivan für bis zu sieben Personen mit Brennstoffzelle namens “EUNIQ7” angekündigt. Der Westen sollte diese Welle nicht unterschätzen, auch wenn sie aus der Ferne noch ganz niedlich aussieht.  

    • Autoindustrie

    Sinolytics.Radar

    Banken sollen Chinas Staatshaushalt stützen

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    • Chinas hochgestecktes Ziel, bis 2022 ein Wirtschaftswachstum von über 5 Prozent zu erreichen, lässt sich nur durch umfangreiche Investitionen aus dem Staatshaushalt in Infrastruktur sowie der Stabilisierung des Sozialsystems erreichen.
    • Im Wesentlichen generiert die chinesische Regierung ihre Steuereinnahmen über vier Kanäle:
      • allgemeine öffentliche Einnahmen, die sämtliche Steuern und Verwaltungsgebühren umfassen,
      • staatliche Mittel, die in erster Linie aus den Einnahmen aus Grundstücksverkäufen auf regionaler Ebene stammen,
      • Unternehmensgewinne, die von staatlichen Unternehmen erwirtschaftet werden,
      • und seit kurzem auch besondere Staatsschulden.
    • Angesichts der instabilen Wirtschaftslage ist es für das Finanzministerium der Volksrepublik derzeit äußerst schwierig, Steuersätze oder Gebühren zu erhöhen. Auch die Einkünfte aus Grundstücksverkäufen sind aufgrund der politischen Eingriffe in den Immobilienmarkt zurückgegangen.
    • Daher hat das Finanzministerium nur begrenzte Möglichkeiten, die benötigten Steuereinnahmen aufzubringen, ohne Unternehmen und private Haushalte zu belasten oder weitere Schulden aufzunehmen. In dieser heiklen Lage hat sich die Regierung an ihre seit jeher profitablen Finanzinstitute gewandt und während der sogenannten “Zwei Sitzungen” angekündigt, dass diese im Jahr 2022 insgesamt 1,65 Milliarden Yuan aus Gewinnen zum Staatshaushalt beitragen sollen (in der Grafik als “Fund transfer from other sources” bezeichnet).
    • Angesichts der jüngsten Omikron-Welle und der anhaltenden Störungen der chinesischen Wirtschaft verschlechtern sich die Haushaltsbedingungen der Regierung erheblich. Laut Angaben des nationalen Statistikamtes sind die allgemeinen öffentlichen Einnahmen des Staates im April 2022 um 4,8 Prozent und die staatlichen Mittel um 27,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
    • Daher benötigt Chinas expansive Haushaltspolitik weitere alternative Geldquellen, einschließlich zusätzlicher Gewinnbeteiligungen an staatseigenen Finanzinstitutionen und einer etwaigen “Monetarisierung des Haushaltsdefizits”, indem die Zentralbank Schulden lokaler oder zentraler Regierungen direkt aufkauft.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    News

    Kampfjets dringen in den Verteidigungsluftraum von Taiwan ein

    Laut Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums sind 30 chinesische Flugzeuge, darunter mehr als 20 Kampfjets, in den sogenannten Verteidigungsluftraum Taiwans eingedrungen. Die taiwanischen Streitkräfte haben daraufhin Flugzeuge und Flugabwehrsysteme mobilisiert, um die Aktivitäten im Luftraum über den Pratas-Inseln zu überwachen. Es handelt sich um das zweitgrößte Manöver chinesischer Flugzeuge nahe Taiwan in diesem Jahr. Am 23. Januar waren 39 Flugzeuge in den Verteidigungsluftraum eingedrungen.

    Der Verteidigungsluftraum ist nicht mit dem Luftraum Taiwans identisch. Er ist größer und überschneidet sich an einigen Stellen mit dem Verteidigungsluftraum des chinesischen Festlandes. Die Präsenz chinesischer Flugzeuge im Verteidigungsluftraum Taiwans ist keine Seltenheit. Peking versucht auf diese Weise seinen Machtanspruch über die demokratisch regierte Insel zu untermauern. Taiwans Verteidigungsministerium spricht von einer “Kriegsführung in der Grauzone”. Die chinesische Flugzeuge wollen auf diese Weise Taiwans Militär testen und provozieren.

    Auch US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete solche Manöver auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche als “zunehmend provokativ”. US-Präsident Joe Biden beantwortete die Frage einer Journalistin, ob die USA sich bei einer chinesischen Invasion Taiwans – anders als beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine – “militärisch beteiligen” könnten, mit einem klaren “Ja”. fpe

    • Geopolitik
    • Taiwan
    • USA

    Trotz Corona-Lockerung: Tesla und VW halten Arbeiter weiter in Isolation

    Während der Lockdown in Shanghai ab heute weitgehend aufgehoben wird, haben die Autobauer Tesla und VW entschieden, die Arbeiter in ihren Shanghaier Fabriken weiter in einem Closed Loop zu isolieren. Beim sogenannten “geschlossenen Kreislauf” werden die Arbeiter vom Rest der Gesellschaft abgeschottet. Sie leben, arbeiten und schlafen in der Fabrik oder im Büro. Damit soll die jeweilige Fabrik virenfrei bleiben, die Fertigung so normal wie möglich weiterlaufen (China.Table berichtete).

    In Teslas Shanghaier Giga-Factory – dem größten Produktionswerk des Unternehmens – arbeiten rund 10.000 Menschen. Sie sollen noch bis zum 10. Juni in der “Blase” verbleiben. Das Tesla-Werk in Shanghai wurde Ende März aufgrund des Covid-Ausbruchs für drei Wochen geschlossen. Um die Produktion wieder auf Normalniveau zu bringen, wurden die Arbeiter anschließend in stillgelegten Fabriken und einem alten Militärlager nahe den Produktionsanlagen untergebracht, wobei sich Tag- und Nachtschichtarbeiter offenbar dieselben Betten in provisorischen Schlafsälen teilen müssen (China.Table berichtete).

    VW betreibt in Shanghai eine Fabrik mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC Motor. Ein Sprecher von VW erklärte, dass SAIC-VW sich noch immer “in einem geschlossenen Produktionssystem befinde und die Produktionspläne auf der Grundlage relevanter Richtlinien weiter anpassen” wird. Ein Zeitrahmen für ein Ende des Closed Loop wurde nicht genannt. Wie Bloomberg berichtet, wurde in Shanghai im vergangenen Monat kein einziges Fahrzeug verkauft. fpe

    • Autoindustrie

    Kommunen erhalten Hilfe aus Peking

    Das chinesische Finanzministerium zapft den Haushalt 2023 an, um klammen Kommunen zu helfen. Das ist Teil von Anstrengungen, einen Absturz der Konjunktur infolge der Covid-Einschränkungen zu verhindern. Im Rahmen des Hilfsprogramms fließen 400 Milliarden Yuan (55 Milliarden Euro), berichtet das Wirtschaftsportal Caixin. Hintergrund ist ein Absturz der Steuereinnahmen infolge von Corona-Hilfen. Ziel sei, “eine Lücke zwischen den Steuereinnahmen und den nötigen Ausgaben” zu schließen, zitiert Caixin eine Mitteilung des Ministeriums.

    Das Wachstumsziel von rund 5,5 Prozent ist durch Covid-19 akut in Gefahr; zahlreiche Ökonomen halten es bereits für unerreichbar. Ein Vorgriff auf das Budget des kommenden Jahres ist in China dennoch untypisch. Die Regierung hatte bisher immer genug andere Möglichkeiten, Geld zu mobilisieren. Typischerweise hat sie die Banken angewiesen, bei der Kreditvergabe etwas großzügiger zu werden, um der Wirtschaft frische Mittel zuzuführen. Das kollidiert jedoch zunehmend mit einem anderen großen Ziel: die Finanzierung der Gebietskörperschaften solider zu organisieren. Es ist nicht nachhaltig, die Gemeinden auf Pump leben zu lassen.

    Die Steuereinnahmen waren im April um 41 Prozent abgeschmiert. Grund ist der Weg, den China zum Ausgleich der Coronavirus-Maßnahmen eingeschlagen hat. Statt direkter Zahlungen für den ausgefallenen Umsatz wie in Deutschland gibt es Steuererleichterungen. Diese Last tragen vor allem die Gemeinden, Kreise und Provinzen. Die Zentralregierung springt nun ein, um die Steuerausfälle auszugleichen. Sie hat bereits im März und im April Milliardenbeträge an die Kommunen verteilt. Das Geld kam noch aus dem laufenden Haushalt. Dieser ist inzwischen offenbar ausgeschöpft, was den Vorgriff auf 2023 erklärt. fin

    • Coronavirus
    • Finanzen
    • Gesundheit

    Schweiz: Gespräche über Abkommen auf Eis

    Die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China kommen Medienberichten zufolge wegen Unstimmigkeiten bei Menschenrechtsfragen nicht voran. Das letzte Treffen habe 2018 stattgefunden. Seither gab es lediglich “informelle Kontakte”, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) der NZZ bestätigte. Die Schweiz wäre eigentlich daran interessiert, das 2014 geschlossene Freihandelsabkommen zu erweitern, insbesondere im Bereich der Industrieprodukte. “Bisher ist es noch nicht gelungen, sich auf eine gemeinsame Liste von Themen zu einigen, die vertieft werden sollen”, schreibt das Seco.

    “Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft die Gespräche mit unseren chinesischen Partnern weiterführen können”, teilte das Staatssekretariat weiter mit. Auf das bestehende Freihandelsabkommen habe die momentane Situation allerdings keinen Einfluss. China habe die Gespräche bereits 2018 auf Eis gelegt, wie die Zeitungen Sonntagsblick und NZZ schreiben. Seither weigert sich die Volksrepublik demnach, über die gemeinsame Liste von Themen zu sprechen. Dem Vernehmen nach sei der Dialogstopp der Chinesen eine Antwort darauf, dass die Schweiz in letzter Zeit Verletzungen der Menschenrechte offensiver benannt habe, hieß es in den Berichten.

    Die Schweiz hat das Abkommen 2014 mit China abgeschlossen. Seit mehreren Jahren laufen jedoch Bestrebungen, es zu erneuern. Unter anderem sollen weitere Schweizer Produkte vom Zoll befreit werden. Auf die in der vergangenen Wochen bekannt gewordenen Dokumente, die Menschenrechtsverletzungen an Uiguren belegen, hatte die Schweizer Regierung bisher nicht öffentlich reagiert. rtr/ari

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    Presseschau

    Schon diese Woche: China will offenbar dritten Flugzeugträger vom Stapel lassen – und provoziert Taiwan MERKUR
    Hyperschallraketen: Darum liegen Russland und China vor den USA T-ONLINE
    Taipeh mobilisiert Abwehrsysteme: 30 chinesische Flugzeuge dringen in Verteidigungsluftraum Taiwans ein SPIEGEL
    US senator visits Taiwan as China ups military threat AP NEWS
    Australien, Japan und die USA sind alarmiert: Wie der chinesische Außenminister versucht, die pazifischen Inseln in eine Abhängigkeit von Peking zu lotsen BUSINESS INSIDER
    Biden and New Zealand leader air shared concern about China’s Pacific ambitions REUTERS
    Chinesisches Militär soll Waffen gegen Starlink entwickeln GOLEM
    China: Fast 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit BERLINER ZEITUNG
    Stimmung in chinesischen Unternehmen leicht gestiegen MERKUR
    Apple iPhone manufacturer says China lockdowns aren’t hurting supply chain as much as feared CNBC
    Philippines complains of Chinese fishing ban and ‘harassment’ at sea REUTERS
    Xi says China ready to expand ties with Zambia REUTERS
    Hong Kong’s Top Finance Officials Skip Hotel Quarantine After Travel BLOOMBERG
    Dota-Major ESL One Stockholm startet ohne chinesische Teams BERLINER ZEITUNG

    Portrait

    Yannic Han Biao Federer – Schreibend aus dem Familien-Trauma

    Yannic Han Biao Federer lebt und arbeitet als freier Autor in Köln.
    Yannic Han Biao Federer lebt und arbeitet als freier Autor in Köln.

    “Ich komme nicht aus Verhältnissen, in denen geisteswissenschaftliche oder gar künstlerische Berufe eine wünschenswerte Option gewesen wären”, sagt Yannic Han Biao Federer. Federers Vater gehörte der chinesischen Minderheit in Indonesien an, bevor die Diskriminierung ihn zur Emigration nach Deutschland zwang. Federer selbst hat trotz Bedenken seines Elternhauses Germanistik und Romanistik studiert und vor Kurzem seinen zweiten Roman veröffentlicht, der im Suhrkamp Verlag erschienen ist.

    In “Tao” begibt sich der gleichnamige Protagonist auf die Spuren seiner chinesischen Vorfahren und versucht dabei, seine eigene Familienbiografie schreibend zu ergründen. Wer mit Federer spricht, merkt schnell, dass Taos Familiengeschichte seiner eigenen ähnelt. Der Großvater, der als Kind aus China nach Indonesien verkauft wurde, der Vater, der von Indonesien nach Deutschland emigrierte. “Ich habe mich lange gefragt, wie ich mit meiner Familiengeschichte schreibend umgehen kann”, sagt der 35-Jährige.

    Auf den Spuren der chinesischen Vorfahren

    Vor einigen Jahren machte Federer einen Anfang, indem er über die chinesische Minderheit in Indonesien recherchierte. “In meiner Familie wurde kaum darüber gesprochen, was bei dem Massaker von 1965 passiert ist.” Bei einem blutigen Militärputsch, in dessen Zuge der spätere Präsidenten Haji Mohamed Suharto ein neues Regime etablierte, wurden schätzungsweise 500.000 bis eine Million Menschen getötet.

    “Es wurde so kommuniziert, als hätte man gezielt und ausschließlich Kommunisten getötet, die wegen eines Putschversuchs in Verdacht geraten waren”, erzählt Federer. “Aber die Verfolgung und das Morden gingen weit darüber hinaus – und unter den Opfern waren viele, die nur Opfer wurden, weil sie der chinesischen Minderheit angehörten.”

    Die chinesische Minderheit in Indonesien war seit Jahrhunderten immer wieder als Sündenbock ins Kreuzfeuer geraten, wenn es Spannungen und Konflikte im Land gab. Hartnäckig hielten sich Vorurteile, dass die Chinesen in Indonesien wirtschaftlich zu mächtig geworden seien und überall ihre Finger im Spiel hätten. Nach dem Massaker von 1965 erließ Suharto diskriminierende Gesetze, welche die chinesische Minderheit unter Dauerverdacht stellten. Die chinesische Sprache wurde verboten, ebenso chinesische Organisationen. “Man wurde gedrängt, seinen chinesischen Namen zu ändern. Auch meine Familie nahm einen indonesischen Namen an”, so Federer.

    Aus dem Schweigen heraustreten

    Das Trauma und das Schweigen seiner Familien wurden ihm antrainiert, ohne dass er es bewusst reflektiert hätte. “Trauma bedeutet ja, ich werde etwas nicht los. Es lässt sich nicht zu Erinnerung machen, sondern bleibt dauernd präsent”, erklärt Federer. Um sein Trauma zu überwinden, erfindet er seinen Protagonisten Tao. “Ich brauchte jemanden, dem ich Dinge mitgeben kann von mir.”

    Federer hat das Schreiben genutzt, um sein eigenes Trauma zur Erinnerung zu machen. Dass er sich heute mit seinem vollen deutsch-chinesischen Namen vorstellt, ist ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung. “Meine Eltern haben mir diesen zweiten, chinesischen Vornamen bewusst gegeben. Er sagt: “Wir sind noch da, es gibt uns noch.” Svenja Napp

    • Demografie
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    Personalien

    Stefan Justl verlässt zum 1. Juni den Posten als General Manager bei der Kommunikationsagentur Storymaker China. Sein Nachfolger wird Adam Lou.

    Zhang Gong, Leiter der chinesischen Staatsverwaltung für Marktregulierung (SAMR), ist zum neuen stellvertretenden Parteichef der chinesischen Küstenstadt Tianjin ernannt worden.

    Dessert

    生日快乐 ! Zu seinem ersten Geburtstag bekommt das Riesenpanda-Baby Sheng Yi eine eisige Torte mit Früchten. Sheng Yi lebt im Giant Panda Conservation Center des Negara-Zoos in der Nähe von Kuala Lumpur. Der besondere Ehrentag des Panda-Babys fällt mit dem 48. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Malaysia zusammen – was in der Presse besonders gefeiert wurde.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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