der Druck, die explodierenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, lastet offenbar schwer auf den Verantwortlichen in Shanghai. Die Stadt hat den Lockdown vorerst verlängert. Eine Shanghaierin berichtet uns, wie es den Bürgern damit geht: Einerseits herrsche Chaos, da sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens widersprüchliche Regeln etabliert haben, erzählt die 28-Jährige im Gespräch mit China.Table. Andererseits glauben viele, es gebe keine Alternative zur Zero-Covid-Strategie. Die Sorge gilt nun eher anderen chinesischen Städten. Wenn das wohlhabende, effiziente Shanghai es nicht schaffe, das Virus einzudämmen, seien ihm andere Städte hilflos ausgeliefert.
Die Bilder aus Butscha treiben derzeit die europäische Politik. Sie haben zur Ausweisung russischer Diplomaten geführt und Forderungen nach einem Kohle-Importstopp laut werden lassen. China sieht die Welt jedoch, wie so oft, anders. Die gelenkten chinesischen Medien ignorieren die Berichte von den Gräueltaten – oder sie folgen der russischen Version. Das spricht gegen den Anschein von Neutralität zwischen Ukraine und Russland, den China sich zuweilen gerne geben möchte, analysiert David Demes.
Ich lebe im Distrikt Puxi. In meinem Gebäude gab es bereits einen positiven Fall. Ich bin jetzt fast eine Woche ununterbrochen zu Hause. Es ist langweilig, ich würde gerne wieder raus, zur Arbeit oder etwas unternehmen. Aber das sind natürlich Luxusprobleme, wenn man an all die Menschen denkt, die sich infiziert haben und jetzt in speziellen Isolationszentren sind. Shanghais Straßen sind zum ersten Mal komplett menschenleer. Die Medien zeigen Drohnenvideos von berühmten Orten wie dem Bund und der Nanjing East Road. Eine beängstigende Szenerie.
Ich war jedoch nicht überrascht, dass die Regierung einen Lockdown über Shanghai verhängt hat, denn das Coronavirus hatte sich immer weiter ausgebreitet. Dass er nun auf unbestimmte Zeit verlängert wurde, fühlt sich für mich wie ein gradueller Prozess an. Wir haben alle noch die Bilder von Wuhan im Kopf, deswegen wissen wir, welche Art von Kontrollmaßnahmen auf uns zukommen.
Eines der größten Probleme im Alltag ist, dass wir uns nun komplett auf die Nachbarschaftskommitees verlassen müssen. Diese Menschen sind meistens älter und haben noch nie so viele Aufgaben auf einmal koordinieren müssen. Sie müssen die Gebäude managen und zum Beispiel entscheiden, was mit Essenslieferungen passiert und wie man mit infizierten Personen umgeht. Jeder hat seine eigene Art, Dinge zu regeln, wodurch es immer wieder zu unerwarteten und chaotischen Situationen kommt. Sie haben keine Schulungen für Extremsituationen bekommen wie Soldaten der Volksbefreiungsarmee.
Als ich das letzte Mal zum Testen runtergegangen bin habe ich meinen Hund mitgenommen und wurde angeblafft, dass man das nicht darf. Die Menschen vom Gesundheitsamt, die mich testeten, hatten jedoch gar nichts dagegen und behandelten uns freundlich. Daran sieht man, dass es in vielen Bereichen keine einheitlichen Regeln gibt. Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen Menschen negativ getestet, aber dann doch als positiv registriert wurden. An wen kann man sich in einem solchen Fall wenden?
Ich habe auch gehört, dass Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, aber ich weiß nicht, ob das Ausnahmen waren oder eine offizielle Regelung dahintersteht. Ich wurde schon dreimal getestet in den vergangenen fünf Tagen. Die Behörden wollen die Tests noch effizienter machen, so dass man nicht mehr mit anderen in der Schlange stehen muss, sondern in kleineren Gruppen von 10 bis 20 Menschen auf einmal antreten kann.
Die Zero-Covid-Strategie ist nicht nur eine politische Frage, sondern auch eine medizinische. Wie kann man eine Epidemie ansonsten effizient eindämmen? Wäre es besser, Herdenimmunität anzustreben oder neue Medikamente einzusetzen? Ich habe nicht genug Wissen, um das einzuschätzen. Und ich habe auch keine Macht darüber. Natürlich hoffe ich, dass das Virus verschwunden sein wird oder neue Medikamente zur Verfügung stehen, wenn ich morgen aufwache. Aber das wird nicht geschehen. Deshalb müssen wir jetzt alle Opfer bringen, damit die Null-Covid-Strategie effizient funktioniert. Der Großteil der Bevölkerung steht hinter dieser Vorgehensweise. Einige wenige sind wütend und wollen eine andere Richtung einschlagen. Aber wenn jeder seine eigenen Ziele verfolgt, wird sich das an diesem Punkt kontraproduktiv auswirken. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.
Was mich und viele andere Menschen verunsichert ist, warum die Infektionszahlen in Shanghai plötzlich so explodieren konnten. Wenn Shanghai, eine Stadt, die so gut organisiert ist, die so wohlhabend ist und deren Bürger so gut kooperieren, Schwierigkeiten hat, das Virus einzudämmen, sind andere Städte dem Virus schutzlos ausgeliefert. Diese Gedanken machen mir momentan am meisten Sorgen. Aufgezeichnet von Fabian Peltsch
Während die schrecklichen Bilder aus dem ukrainischen Butscha die Titelseiten internationaler Zeitungen füllen, findet eine Berichterstattung über diese Geschehnisse in Chinas staatlichen Medien praktisch nicht statt. Weder in der Parteizeitung People’s Daily (人民日报) noch im staatlichen Fernsehen wird über das Ausmaß der mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen offen berichtet.
Eine Suche nach den beiden chinesischen Schreibweisen für den Ort Butscha (布查 und 布恰) in den jüngsten Printausgaben der People’s Daily bleibt ohne Ergebnis. Auf der Internetseite der Zeitung findet sich ein einziger Artikel der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua, der die Toten von Butscha nur im Zusammenhang mit dem russischen Dementi erwähnt. Ausgiebig zitiert werden dagegen der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow und Außenminister Sergej Lawrow. Allgemein hält sich die Volkszeitung mit aktueller Berichterstattung zur Invasion in der Ukraine eher zurück. Wenn der Krieg erwähnt wird, dann vor allem in den Kommentarspalten, die regelmäßig den USA und der Nato die Schuld an der Eskalation geben.
In den Nachrichten des chinesischen Staatsfernsehens wird täglich über die “Lage in der Ukraine” (乌克兰局势) und den dortigen “Konflikt” (冲突 chongtu) berichtet. Bis heute weigert man sich, offen von einem Krieg (战争 zhanzheng) zu sprechen und verwendet auch weiterhin den russischen Euphemismus einer “militärischen Spezialoperation” (特别军事行动). Der Inhalt der Nachrichten unterscheidet sich derweil dramatisch von den Meldungen, die wir in Europa zur Lage in der Ukraine bekommen. So auch über die Toten von Butscha.
Im Laufe der vergangenen drei Tage erwähnte der Staatssender CCTV in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, Xinwen Lianbo (新闻联播), Butscha ein einziges Mal: Am Sonntag (03.04.) berichtete Nachrichtensprecher Pan Tao in der Sendung um 19 Uhr, dass ukrainische Streitkräfte die gesamte Oblast Kiew wieder unter ihre Kontrolle gebracht haben, nachdem sich russische Truppen aus dem Gebiet zurückgezogen hatten. Seitdem kein Wort über den Kreis Butscha oder die zivilen Opfer.
Mit 35 Prozent hat Xinwen Lianbo den größten Marktanteil in China und wird außer auf dem Hauptsender CCTV-1 auch gleichzeitig auf dem Militär- und Verteidigungssender CCTV-7 und dem 24-Stunden-Nachrichtensender CCTV-13 übertragen. In ihrer Bedeutung ist die Sendung etwa mit der deutschen Tagesschau vergleichbar. Anstatt über die Toten in Butscha berichtete der Nachrichtensender CCTV-13 am Montag ausgiebig über den ukrainischen Angriff auf ein Tanklager im russischen Belgorod. In aus dem russischen Fernsehen übernommenen Interviews mit Anwohnern von Belgorod hörten chinesische Zuschauer, dass die Ukrainer “alles im Umkreis [der Tanklager] zerbombt” hätten.
Im Gegensatz zu den für ein chinesisches Publikum gedachten Hauptnachrichten berichtet der chinesischsprachige Auslandssender CCTV-4 (中文国际) ausgiebig über die Lage in der Ukraine und die Ereignisse in Butscha. Obwohl die Zuschauerzahlen des Senders seit Kriegsbeginn stark zugenommen haben, kommt die Sendung Asia Today (今日亚洲), die etwa zur gleichen Zeit mit Xinwen Lianbo ausgestrahlt wird, aber nicht einmal auf ein Fünftel der Zuschauerzahl. Der Sender ist unter anderem auf YouTube einsehbar und richtet sich vor allem an Auslandschinesen und das chinesischsprachige Publikum in Hongkong, Macau und Taiwan.
Eine genauere Betrachtung der Berichterstattung der letzten Tage zeigt jedoch auch, dass die CCTV-4-Redaktion ihre Meldungen zu großen Teilen aus russischen Quellen bezieht. Das tägliche Ukraine-Segment wird meist mit einem Update aus dem russischen Verteidigungsministerium eingeleitet. Die Berichte beinhalten außerdem lange Ausschnitte von russischen TV-Journalisten, die in Russlands Truppenverbänden “embedded” sind.
Ein Bericht aus der Sendung China News (中国新闻) vom Montagabend begann derweil mit der “Anschuldigung ukrainischer Medien”, dass russische Truppen in Butscha mehrere hundert Zivilisten getötet hätten. “Die ukrainische Regierung beschuldigt Russland, Kriegsverbrechen begangen zu haben,” so die Moderatorin. Der Rest des Beitrags beschäftigte sich dann mit Moskaus Dementi: Alle sogenannten Beweisvideos und -fotos seien inszeniert. Es handele sich um eine Inszenierung der Ukrainer für die westlichen Medien und eine erneute Provokation gegenüber Russland. “Das russische Außenministerium betonte: In dem Zeitraum, in dem Butscha unter russischer Kontrolle war, ist keinem einzigen Zivilisten Gewalt widerfahren. Die Anwohner konnten sich frei bewegen und Mobilfunk frei nutzen. Auch die Evakuierungskorridore aus Butscha wurden nicht blockiert.”
Der Bericht von China News ging noch weiter: Russische Truppen hätten unter den Anwohnern des Oblasts Kiew 452 Tonnen humanitäre Hilfsgüter verteilt. Die Inszenierung der Ukraine ziele darauf ab, die laufenden Friedensverhandlungen zu torpedieren, wird die Sprecherin des russischen Außenministeriums zitiert. “Hinter dieser erneuten Provokation stecken die USA und Nato.”
Das russische Narrativ, die Ukraine sei ein Spielball der USA und handle nicht selbstbestimmt, findet sich in den chinesischen Staatsmedien immer wieder. Erst am Dienstagabend zitierte Xinwen Lianbo Außenminister Lawrow mit den Worten, er hoffe, die Ukraine könne im Rahmen der Friedensverhandlungen “selbstständig die richtige Entscheidung treffen”. Auch in diesem Bericht wird zwar erwähnt, dass der Westen neue Sanktionen gegen Russland plant und dass Deutschland und Frankreich russische Diplomaten ausgewiesen haben. Verheimlicht wird den Zuschauern aber, warum: Zu den Opfern von Butscha wurde auch hier geschwiegen.
Der Bericht endet mit dem Hinweis, die Waffenlieferungen der USA seien Öl im Feuer des Konflikts. Als Kronzeuge wird ausgerechnet ein angebliches Mitglied eines amerikanischen Thinktanks vorgeführt: Seit 2014 werde die Ukraine aus Washington regiert und die USA hätten gegenüber Russlands Sicherheitsforderungen ein arrogantes Verhalten an den Tag gelegt. “Die Krise die daraus folgte wurde von den USA und der Nato herbeigeführt,” so George Szamuely im Interview. Das ihm zugeschriebene Global Policy Institute liegt allerdings nicht in den USA, sondern in London. Und Szamuely ist dort, anders als in seinem englischsprachigen Wikipedia-Eintrag angegeben, schon lange nicht mehr als Fellow geführt.
In den sozialen Medien diskutieren chinesische Internetnutzer derweil kontrovers über die Ereignisse in Butscha. Einige einflussreiche Blogger ziehen Belege für Kriegsverbrechen in Zweifel und bezichtigen die Ukraine der Fälschung. Andere, wie der bekannte Fudan-Professor und Kommentator Shen Yi (沈逸), argumentieren, dass die Strategie der ukrainischen Regierung und der USA, Zivilisten zu bewaffnen, diese zu legitimen Zielen gemacht habe.
Russland-kritische Beiträge in Sozialmedien, die zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, fallen dagegen immer wieder der Zensur zum Opfer. Im Gegensatz dazu müssen Internetnutzer, die Ukrainer verunglimpfen und als Nazis bezeichnen, die es nicht anders verdient hätten, kaum mit Konsequenzen rechnen.
Vor diesem Hintergrund wird Chinas Versuch, sich im aktuellen Konflikt nach außen als neutraler Akteur zu präsentieren, der sowohl gute Beziehungen zu Russland als auch zur Ukraine pflegt, ad absurdum geführt. Allein die Tatsache, dass die wichtigste Nachrichtensendung des Landes die Toten von Butscha noch immer mit keinem Wort erwähnt hat, spricht Bände. David Demes
Die Stadt Shanghai hat ihren Lockdown auf unbestimmte Zeit verlängert und die Massentests ausgeweitet. In der 26-Millionen-Metropole steigt nun mit der Dauer der Einschränkungen die Gereiztheit aufseiten der Behörden wie der Bürger. Eine typische Szene auf Sozialmedien zeigt einen Mann im Bezirk Songjiang, der die Dienstnummer eines Polizisten erfragen will, der ihn auf der Straße angehalten hat. Er wird nach einem Wortgefecht festgenommen und abgeführt. Ein anderes Video zeigt eine Bürgerin, die kein Coronavirus-Testergebnis vorweisen kann und daher im Schlafanzug aus ihrer Wohnung gezerrt und (möglicherweise zur Probenentnahme) abtransportiert wird. Das sind allerdings Extremfälle. Eine Mehrheit der Bürger harrt den Berichten zufolge einfach in ihren Wohnungen aus.
Die Behörden lassen also bei ihren Anstrengungen nicht nach, den beginnenden Omikron-Ausbruch im Keim zu ersticken. Denn trotz einer Woche Lockdown stieg die Zahl der positiven Tests auf 13.354. Von diesen zeigten allerdings nur 268 Symptome. Die Lage sei “düster”, sagte Gu Honghui, stellvertretender Generalsekretär der KP in Shanghai und Mitglied der Arbeitsgruppe Seuchenbekämpfung, am Dienstag gegenüber Staatsmedien. Seit März summieren sich die Fälle auf 73.000.
Ein Grund für die steigende Zahl aufgefundener Infektionen dürfte jedoch eher in den lückenlosen Massentests von 25 Millionen Menschen liegen als an einem aktiven Infektionsgeschehen. Die hohe Zahl an Tests war möglich, weil die Regierung 38.000 Hilfskräfte aus anderen Regionen Chinas in Shanghai zusammengezogen hat. So konnten allein am Montag Tag vier Millionen Proben geprüft werden. Bisher wurden infolge des aktuellen Ausbruchs keine Sterbefälle vermeldet.
Diese Art der Pandemiebekämpfung bringt in China und international steigende Preise. In zahlreichen Regionen Chinas steigen bereits die Kosten für Lkw-Transporte, berichtet die South China Morning Post. Eine weitere Auswirkung der Pandemiebekämpfung betrifft die Getreideversorgung. In der Provinz Jilin, die ebenfalls von Corona erfasst wurde, durften Bauern ihre Häuser nicht verlassen und verpassen die Aussaat. Jilin hat fruchtbare Böden, die vor allem für den Maisanbau genutzt werden. Ernteausfälle dort könnten die Lebensmittelpreise in China und weltweit beeinflussen. Jilin meldete 2.472 Neuinfektionen.
Die Folgen der Lockdowns werden dem Einzelhandelsverband zufolge auch die deutschen Verbraucher zu spüren bekommen. “Es wird dann schlicht weniger Auswahl innerhalb einiger Warengruppen geben”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Ähnliche Entwicklungen hätten bereits in den vergangenen beiden Jahren zu Störungen der Lieferketten und Lieferschwierigkeiten insbesondere bei Unterhaltungselektronik und Spielwaren geführt. “Darunter könnte in der Folge wie bereits in der Vergangenheit die Produktvielfalt leiden”, sagte Genth.
Generelle Knappheiten über ganze Sortimente hinweg seien aber nicht zu erwarten, so der Handelsverband. “Insgesamt werden die Auswirkungen in Deutschland erst mit erheblicher Verzögerung sichtbar werden”, sagte Genth. “Es geht meist um Waren, die mit Containerschiffen transportiert werden. Diese sind über Wochen unterwegs.” fin/rtr
In China sind drei weitere einheimische Impfstoffe reif für erste Tests am Menschen, darunter zwei mRNA-Vakzine. In Phase 1 wird geprüft, ob die Substanzen keine Schäden anrichten und eine messbare Wirkung zeigen. Ein chinesischer Impfstoff, der gegen Omikron und andere neue Varianten gut wirkt, wäre der Ausweg aus einer drohenden Reihe von Lockdown-Maßnahmen. China lässt daher mit Hochdruck an Alternativen zu seinen nur schwach wirksamen Totimpfstoffen forschen. Wirkstoffkandidaten folgender Anbieter gehen nun in die Testphase:
Der unter Beteiligung des Militärs entwickelte mRNA-Wirkstoff “Arcov” hat bereits eine kleine Phase-1-Studie hinter sich (China.Table berichtete). fin
Der staatliche Betreiber des russischen Zahlungssystems “Mir” wendet sich für die Beschaffung von Geldkarten-Chips an chinesische Anbieter. “Wir suchen nach neuen Zulieferern für Mikrochips und haben eine Reihe von Anbietern in China gefunden“, sagte Oleg Tishakow, Vorstandsmitglied von National Card Payment System (NSPK) der Nachrichtenagentur Reuters. Wegen der Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs haben russische Firmen keinen Zugang mehr zu Technikprodukten aus westlicher Herstellung. NSPK gibt seit 2014 die inzwischen weit verbreitete Mir-Karte heraus. Es handelt sich um eine örtliche Debit-Karte, die unabhängig von den US-Zahlungsdienstleistern Visa und Mastercard funktioniert. fin
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Beate Lindemann gehört zu den wenigen Menschen, denen sogar zur Corona-Pandemie noch etwas Positives einfällt: “Ich bin jeden Tag weiter ins Büro gefahren. Da saß ich dann alleine, manchmal mit einem Assistenten. Sie glauben gar nicht, wie viel man da schafft!”
Lindemann sieht sich selbst als “Mädchen für alles” bei Global Bridges, einem gemeinnützigen Verein mit Sitz in Berlin. Das beschreibt vielleicht ihr Arbeitspensum, aber ihrer Rolle wird es kaum gerecht. Im Jahr 2011 war sie Co-Gründerin des Vereins. Heute leitet sie die Geschäfte. Jedes Jahr bringen Lindemann und ihr Team dabei junge und vor allem abenteuerlustige Menschen aus vielen Branchen zusammen, die Interesse an globalen Beziehungen haben. Global Bridges will im wahrsten Sinne des Wortes Brücken bauen – ein Schwerpunkt dabei ist China.
Seit den frühen 80er-Jahren bereist Lindemann das Land fast jährlich. Sie organisiert und begleitet jeden der sogenannten “Study Trips to China” von Global Bridges, dazu kommen Study Trips in andere Länder. “In den Anfangsjahren war China natürlich noch total zu”, erzählt sie. “Wir wurden von unserer Partnerorganisation ständig begleitet und konnten keinen Schritt alleine tun.” Aber Lindemann war hartnäckig im Halten der Kontakte und im Öffnen von Türen – eine Hartnäckigkeit, die sie früh gelernt hat. “Ich hatte zwei ältere Brüder und einen sehr mächtigen Vater, ich musste mich immer durchsetzen.”
Lindemann wusste früh, was sie studieren wollte. Während ihre Geschwister allesamt in das Familienunternehmen in der Porzellanbranche einstiegen, studierte Lindemann in Berlin Politik, forschte in Schottland zur UN und schrieb schließlich ihre Doktorarbeit an der Princeton University in den USA. “Ich war immer schon an globalen Beziehungen und ihren Facetten interessiert”, sagt Lindemann. Aus den USA wurde sie abgeworben, forschte erst bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und nahm schließlich ein Angebot der Atlantik-Brücke an. Damals fokussierte man sich noch auf die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland, aber immer neugieriger wurde der Blick auf China.
Lindemanns Verbundenheit zu dem Land spürt man im Gespräch deutlich, auch den Stolz über ihre Arbeit. “Wir haben enge Kontakte aufgebaut, dürfen frei im Land reisen – trotz der extremen Überwachung und den politischen Rückschritten.” Sie möchte, dass ihre Mitglieder sich ein eigenes Bild machen – unabhängig von der oft kritischen Berichterstattung. “Wenn mir jemand sagt, er kenne China gut, er reise regelmäßig nach Peking oder Shanghai, weiß ich, dass er China überhaupt nicht kennt.” Sie hat die meisten chinesischen Provinzen und Städte bereist und kann viele Geschichten darüber erzählen, wie sich die Menschen Reisenden gegenüber öffnen, vor allem auch in den ländlichen Gebieten. Dort wird sie manchmal immer noch irritiert angesehen – als blonde Ausländerin mit blauen Augen. Aber Lindemann stört sich nicht an der Sonderrolle. Sie schätzt jede Gelegenheit, selbst Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Svenja Napp
Betsy Nagel verlässt ihre Stelle als Anlaufmanagerin bei Audi China und wechselt zurück nach Ingolstadt, wo sie Leiterin des Erprobungsteilemanagements für Fahrwerke, Antriebe und COP wird. Nagel war seit April 2019 für Audi China in Changchun in der Provinz Jilin tätig.
Am Tag des Qingming-Festes reichen die Blüten alleine nicht für die nötige Farbenfreude. In diesem Park in Chongqing spielen Kinder zwischen Papierrädern. Auch beim traditionellen Besuch am Grab der Vorfahren spielen bunte Bänder eine Rolle. Sie sollen die negative Energie verärgerter Geister im Jenseits halten. Wegen der alljährlichen Grabpflege heißt der Feiertag auf Englisch auch “Tomb Sweeping Day”.
der Druck, die explodierenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, lastet offenbar schwer auf den Verantwortlichen in Shanghai. Die Stadt hat den Lockdown vorerst verlängert. Eine Shanghaierin berichtet uns, wie es den Bürgern damit geht: Einerseits herrsche Chaos, da sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens widersprüchliche Regeln etabliert haben, erzählt die 28-Jährige im Gespräch mit China.Table. Andererseits glauben viele, es gebe keine Alternative zur Zero-Covid-Strategie. Die Sorge gilt nun eher anderen chinesischen Städten. Wenn das wohlhabende, effiziente Shanghai es nicht schaffe, das Virus einzudämmen, seien ihm andere Städte hilflos ausgeliefert.
Die Bilder aus Butscha treiben derzeit die europäische Politik. Sie haben zur Ausweisung russischer Diplomaten geführt und Forderungen nach einem Kohle-Importstopp laut werden lassen. China sieht die Welt jedoch, wie so oft, anders. Die gelenkten chinesischen Medien ignorieren die Berichte von den Gräueltaten – oder sie folgen der russischen Version. Das spricht gegen den Anschein von Neutralität zwischen Ukraine und Russland, den China sich zuweilen gerne geben möchte, analysiert David Demes.
Ich lebe im Distrikt Puxi. In meinem Gebäude gab es bereits einen positiven Fall. Ich bin jetzt fast eine Woche ununterbrochen zu Hause. Es ist langweilig, ich würde gerne wieder raus, zur Arbeit oder etwas unternehmen. Aber das sind natürlich Luxusprobleme, wenn man an all die Menschen denkt, die sich infiziert haben und jetzt in speziellen Isolationszentren sind. Shanghais Straßen sind zum ersten Mal komplett menschenleer. Die Medien zeigen Drohnenvideos von berühmten Orten wie dem Bund und der Nanjing East Road. Eine beängstigende Szenerie.
Ich war jedoch nicht überrascht, dass die Regierung einen Lockdown über Shanghai verhängt hat, denn das Coronavirus hatte sich immer weiter ausgebreitet. Dass er nun auf unbestimmte Zeit verlängert wurde, fühlt sich für mich wie ein gradueller Prozess an. Wir haben alle noch die Bilder von Wuhan im Kopf, deswegen wissen wir, welche Art von Kontrollmaßnahmen auf uns zukommen.
Eines der größten Probleme im Alltag ist, dass wir uns nun komplett auf die Nachbarschaftskommitees verlassen müssen. Diese Menschen sind meistens älter und haben noch nie so viele Aufgaben auf einmal koordinieren müssen. Sie müssen die Gebäude managen und zum Beispiel entscheiden, was mit Essenslieferungen passiert und wie man mit infizierten Personen umgeht. Jeder hat seine eigene Art, Dinge zu regeln, wodurch es immer wieder zu unerwarteten und chaotischen Situationen kommt. Sie haben keine Schulungen für Extremsituationen bekommen wie Soldaten der Volksbefreiungsarmee.
Als ich das letzte Mal zum Testen runtergegangen bin habe ich meinen Hund mitgenommen und wurde angeblafft, dass man das nicht darf. Die Menschen vom Gesundheitsamt, die mich testeten, hatten jedoch gar nichts dagegen und behandelten uns freundlich. Daran sieht man, dass es in vielen Bereichen keine einheitlichen Regeln gibt. Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen Menschen negativ getestet, aber dann doch als positiv registriert wurden. An wen kann man sich in einem solchen Fall wenden?
Ich habe auch gehört, dass Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, aber ich weiß nicht, ob das Ausnahmen waren oder eine offizielle Regelung dahintersteht. Ich wurde schon dreimal getestet in den vergangenen fünf Tagen. Die Behörden wollen die Tests noch effizienter machen, so dass man nicht mehr mit anderen in der Schlange stehen muss, sondern in kleineren Gruppen von 10 bis 20 Menschen auf einmal antreten kann.
Die Zero-Covid-Strategie ist nicht nur eine politische Frage, sondern auch eine medizinische. Wie kann man eine Epidemie ansonsten effizient eindämmen? Wäre es besser, Herdenimmunität anzustreben oder neue Medikamente einzusetzen? Ich habe nicht genug Wissen, um das einzuschätzen. Und ich habe auch keine Macht darüber. Natürlich hoffe ich, dass das Virus verschwunden sein wird oder neue Medikamente zur Verfügung stehen, wenn ich morgen aufwache. Aber das wird nicht geschehen. Deshalb müssen wir jetzt alle Opfer bringen, damit die Null-Covid-Strategie effizient funktioniert. Der Großteil der Bevölkerung steht hinter dieser Vorgehensweise. Einige wenige sind wütend und wollen eine andere Richtung einschlagen. Aber wenn jeder seine eigenen Ziele verfolgt, wird sich das an diesem Punkt kontraproduktiv auswirken. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.
Was mich und viele andere Menschen verunsichert ist, warum die Infektionszahlen in Shanghai plötzlich so explodieren konnten. Wenn Shanghai, eine Stadt, die so gut organisiert ist, die so wohlhabend ist und deren Bürger so gut kooperieren, Schwierigkeiten hat, das Virus einzudämmen, sind andere Städte dem Virus schutzlos ausgeliefert. Diese Gedanken machen mir momentan am meisten Sorgen. Aufgezeichnet von Fabian Peltsch
Während die schrecklichen Bilder aus dem ukrainischen Butscha die Titelseiten internationaler Zeitungen füllen, findet eine Berichterstattung über diese Geschehnisse in Chinas staatlichen Medien praktisch nicht statt. Weder in der Parteizeitung People’s Daily (人民日报) noch im staatlichen Fernsehen wird über das Ausmaß der mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen offen berichtet.
Eine Suche nach den beiden chinesischen Schreibweisen für den Ort Butscha (布查 und 布恰) in den jüngsten Printausgaben der People’s Daily bleibt ohne Ergebnis. Auf der Internetseite der Zeitung findet sich ein einziger Artikel der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua, der die Toten von Butscha nur im Zusammenhang mit dem russischen Dementi erwähnt. Ausgiebig zitiert werden dagegen der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow und Außenminister Sergej Lawrow. Allgemein hält sich die Volkszeitung mit aktueller Berichterstattung zur Invasion in der Ukraine eher zurück. Wenn der Krieg erwähnt wird, dann vor allem in den Kommentarspalten, die regelmäßig den USA und der Nato die Schuld an der Eskalation geben.
In den Nachrichten des chinesischen Staatsfernsehens wird täglich über die “Lage in der Ukraine” (乌克兰局势) und den dortigen “Konflikt” (冲突 chongtu) berichtet. Bis heute weigert man sich, offen von einem Krieg (战争 zhanzheng) zu sprechen und verwendet auch weiterhin den russischen Euphemismus einer “militärischen Spezialoperation” (特别军事行动). Der Inhalt der Nachrichten unterscheidet sich derweil dramatisch von den Meldungen, die wir in Europa zur Lage in der Ukraine bekommen. So auch über die Toten von Butscha.
Im Laufe der vergangenen drei Tage erwähnte der Staatssender CCTV in der wichtigsten Nachrichtensendung des Landes, Xinwen Lianbo (新闻联播), Butscha ein einziges Mal: Am Sonntag (03.04.) berichtete Nachrichtensprecher Pan Tao in der Sendung um 19 Uhr, dass ukrainische Streitkräfte die gesamte Oblast Kiew wieder unter ihre Kontrolle gebracht haben, nachdem sich russische Truppen aus dem Gebiet zurückgezogen hatten. Seitdem kein Wort über den Kreis Butscha oder die zivilen Opfer.
Mit 35 Prozent hat Xinwen Lianbo den größten Marktanteil in China und wird außer auf dem Hauptsender CCTV-1 auch gleichzeitig auf dem Militär- und Verteidigungssender CCTV-7 und dem 24-Stunden-Nachrichtensender CCTV-13 übertragen. In ihrer Bedeutung ist die Sendung etwa mit der deutschen Tagesschau vergleichbar. Anstatt über die Toten in Butscha berichtete der Nachrichtensender CCTV-13 am Montag ausgiebig über den ukrainischen Angriff auf ein Tanklager im russischen Belgorod. In aus dem russischen Fernsehen übernommenen Interviews mit Anwohnern von Belgorod hörten chinesische Zuschauer, dass die Ukrainer “alles im Umkreis [der Tanklager] zerbombt” hätten.
Im Gegensatz zu den für ein chinesisches Publikum gedachten Hauptnachrichten berichtet der chinesischsprachige Auslandssender CCTV-4 (中文国际) ausgiebig über die Lage in der Ukraine und die Ereignisse in Butscha. Obwohl die Zuschauerzahlen des Senders seit Kriegsbeginn stark zugenommen haben, kommt die Sendung Asia Today (今日亚洲), die etwa zur gleichen Zeit mit Xinwen Lianbo ausgestrahlt wird, aber nicht einmal auf ein Fünftel der Zuschauerzahl. Der Sender ist unter anderem auf YouTube einsehbar und richtet sich vor allem an Auslandschinesen und das chinesischsprachige Publikum in Hongkong, Macau und Taiwan.
Eine genauere Betrachtung der Berichterstattung der letzten Tage zeigt jedoch auch, dass die CCTV-4-Redaktion ihre Meldungen zu großen Teilen aus russischen Quellen bezieht. Das tägliche Ukraine-Segment wird meist mit einem Update aus dem russischen Verteidigungsministerium eingeleitet. Die Berichte beinhalten außerdem lange Ausschnitte von russischen TV-Journalisten, die in Russlands Truppenverbänden “embedded” sind.
Ein Bericht aus der Sendung China News (中国新闻) vom Montagabend begann derweil mit der “Anschuldigung ukrainischer Medien”, dass russische Truppen in Butscha mehrere hundert Zivilisten getötet hätten. “Die ukrainische Regierung beschuldigt Russland, Kriegsverbrechen begangen zu haben,” so die Moderatorin. Der Rest des Beitrags beschäftigte sich dann mit Moskaus Dementi: Alle sogenannten Beweisvideos und -fotos seien inszeniert. Es handele sich um eine Inszenierung der Ukrainer für die westlichen Medien und eine erneute Provokation gegenüber Russland. “Das russische Außenministerium betonte: In dem Zeitraum, in dem Butscha unter russischer Kontrolle war, ist keinem einzigen Zivilisten Gewalt widerfahren. Die Anwohner konnten sich frei bewegen und Mobilfunk frei nutzen. Auch die Evakuierungskorridore aus Butscha wurden nicht blockiert.”
Der Bericht von China News ging noch weiter: Russische Truppen hätten unter den Anwohnern des Oblasts Kiew 452 Tonnen humanitäre Hilfsgüter verteilt. Die Inszenierung der Ukraine ziele darauf ab, die laufenden Friedensverhandlungen zu torpedieren, wird die Sprecherin des russischen Außenministeriums zitiert. “Hinter dieser erneuten Provokation stecken die USA und Nato.”
Das russische Narrativ, die Ukraine sei ein Spielball der USA und handle nicht selbstbestimmt, findet sich in den chinesischen Staatsmedien immer wieder. Erst am Dienstagabend zitierte Xinwen Lianbo Außenminister Lawrow mit den Worten, er hoffe, die Ukraine könne im Rahmen der Friedensverhandlungen “selbstständig die richtige Entscheidung treffen”. Auch in diesem Bericht wird zwar erwähnt, dass der Westen neue Sanktionen gegen Russland plant und dass Deutschland und Frankreich russische Diplomaten ausgewiesen haben. Verheimlicht wird den Zuschauern aber, warum: Zu den Opfern von Butscha wurde auch hier geschwiegen.
Der Bericht endet mit dem Hinweis, die Waffenlieferungen der USA seien Öl im Feuer des Konflikts. Als Kronzeuge wird ausgerechnet ein angebliches Mitglied eines amerikanischen Thinktanks vorgeführt: Seit 2014 werde die Ukraine aus Washington regiert und die USA hätten gegenüber Russlands Sicherheitsforderungen ein arrogantes Verhalten an den Tag gelegt. “Die Krise die daraus folgte wurde von den USA und der Nato herbeigeführt,” so George Szamuely im Interview. Das ihm zugeschriebene Global Policy Institute liegt allerdings nicht in den USA, sondern in London. Und Szamuely ist dort, anders als in seinem englischsprachigen Wikipedia-Eintrag angegeben, schon lange nicht mehr als Fellow geführt.
In den sozialen Medien diskutieren chinesische Internetnutzer derweil kontrovers über die Ereignisse in Butscha. Einige einflussreiche Blogger ziehen Belege für Kriegsverbrechen in Zweifel und bezichtigen die Ukraine der Fälschung. Andere, wie der bekannte Fudan-Professor und Kommentator Shen Yi (沈逸), argumentieren, dass die Strategie der ukrainischen Regierung und der USA, Zivilisten zu bewaffnen, diese zu legitimen Zielen gemacht habe.
Russland-kritische Beiträge in Sozialmedien, die zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, fallen dagegen immer wieder der Zensur zum Opfer. Im Gegensatz dazu müssen Internetnutzer, die Ukrainer verunglimpfen und als Nazis bezeichnen, die es nicht anders verdient hätten, kaum mit Konsequenzen rechnen.
Vor diesem Hintergrund wird Chinas Versuch, sich im aktuellen Konflikt nach außen als neutraler Akteur zu präsentieren, der sowohl gute Beziehungen zu Russland als auch zur Ukraine pflegt, ad absurdum geführt. Allein die Tatsache, dass die wichtigste Nachrichtensendung des Landes die Toten von Butscha noch immer mit keinem Wort erwähnt hat, spricht Bände. David Demes
Die Stadt Shanghai hat ihren Lockdown auf unbestimmte Zeit verlängert und die Massentests ausgeweitet. In der 26-Millionen-Metropole steigt nun mit der Dauer der Einschränkungen die Gereiztheit aufseiten der Behörden wie der Bürger. Eine typische Szene auf Sozialmedien zeigt einen Mann im Bezirk Songjiang, der die Dienstnummer eines Polizisten erfragen will, der ihn auf der Straße angehalten hat. Er wird nach einem Wortgefecht festgenommen und abgeführt. Ein anderes Video zeigt eine Bürgerin, die kein Coronavirus-Testergebnis vorweisen kann und daher im Schlafanzug aus ihrer Wohnung gezerrt und (möglicherweise zur Probenentnahme) abtransportiert wird. Das sind allerdings Extremfälle. Eine Mehrheit der Bürger harrt den Berichten zufolge einfach in ihren Wohnungen aus.
Die Behörden lassen also bei ihren Anstrengungen nicht nach, den beginnenden Omikron-Ausbruch im Keim zu ersticken. Denn trotz einer Woche Lockdown stieg die Zahl der positiven Tests auf 13.354. Von diesen zeigten allerdings nur 268 Symptome. Die Lage sei “düster”, sagte Gu Honghui, stellvertretender Generalsekretär der KP in Shanghai und Mitglied der Arbeitsgruppe Seuchenbekämpfung, am Dienstag gegenüber Staatsmedien. Seit März summieren sich die Fälle auf 73.000.
Ein Grund für die steigende Zahl aufgefundener Infektionen dürfte jedoch eher in den lückenlosen Massentests von 25 Millionen Menschen liegen als an einem aktiven Infektionsgeschehen. Die hohe Zahl an Tests war möglich, weil die Regierung 38.000 Hilfskräfte aus anderen Regionen Chinas in Shanghai zusammengezogen hat. So konnten allein am Montag Tag vier Millionen Proben geprüft werden. Bisher wurden infolge des aktuellen Ausbruchs keine Sterbefälle vermeldet.
Diese Art der Pandemiebekämpfung bringt in China und international steigende Preise. In zahlreichen Regionen Chinas steigen bereits die Kosten für Lkw-Transporte, berichtet die South China Morning Post. Eine weitere Auswirkung der Pandemiebekämpfung betrifft die Getreideversorgung. In der Provinz Jilin, die ebenfalls von Corona erfasst wurde, durften Bauern ihre Häuser nicht verlassen und verpassen die Aussaat. Jilin hat fruchtbare Böden, die vor allem für den Maisanbau genutzt werden. Ernteausfälle dort könnten die Lebensmittelpreise in China und weltweit beeinflussen. Jilin meldete 2.472 Neuinfektionen.
Die Folgen der Lockdowns werden dem Einzelhandelsverband zufolge auch die deutschen Verbraucher zu spüren bekommen. “Es wird dann schlicht weniger Auswahl innerhalb einiger Warengruppen geben”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Ähnliche Entwicklungen hätten bereits in den vergangenen beiden Jahren zu Störungen der Lieferketten und Lieferschwierigkeiten insbesondere bei Unterhaltungselektronik und Spielwaren geführt. “Darunter könnte in der Folge wie bereits in der Vergangenheit die Produktvielfalt leiden”, sagte Genth.
Generelle Knappheiten über ganze Sortimente hinweg seien aber nicht zu erwarten, so der Handelsverband. “Insgesamt werden die Auswirkungen in Deutschland erst mit erheblicher Verzögerung sichtbar werden”, sagte Genth. “Es geht meist um Waren, die mit Containerschiffen transportiert werden. Diese sind über Wochen unterwegs.” fin/rtr
In China sind drei weitere einheimische Impfstoffe reif für erste Tests am Menschen, darunter zwei mRNA-Vakzine. In Phase 1 wird geprüft, ob die Substanzen keine Schäden anrichten und eine messbare Wirkung zeigen. Ein chinesischer Impfstoff, der gegen Omikron und andere neue Varianten gut wirkt, wäre der Ausweg aus einer drohenden Reihe von Lockdown-Maßnahmen. China lässt daher mit Hochdruck an Alternativen zu seinen nur schwach wirksamen Totimpfstoffen forschen. Wirkstoffkandidaten folgender Anbieter gehen nun in die Testphase:
Der unter Beteiligung des Militärs entwickelte mRNA-Wirkstoff “Arcov” hat bereits eine kleine Phase-1-Studie hinter sich (China.Table berichtete). fin
Der staatliche Betreiber des russischen Zahlungssystems “Mir” wendet sich für die Beschaffung von Geldkarten-Chips an chinesische Anbieter. “Wir suchen nach neuen Zulieferern für Mikrochips und haben eine Reihe von Anbietern in China gefunden“, sagte Oleg Tishakow, Vorstandsmitglied von National Card Payment System (NSPK) der Nachrichtenagentur Reuters. Wegen der Sanktionen infolge des Ukraine-Kriegs haben russische Firmen keinen Zugang mehr zu Technikprodukten aus westlicher Herstellung. NSPK gibt seit 2014 die inzwischen weit verbreitete Mir-Karte heraus. Es handelt sich um eine örtliche Debit-Karte, die unabhängig von den US-Zahlungsdienstleistern Visa und Mastercard funktioniert. fin
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Beate Lindemann gehört zu den wenigen Menschen, denen sogar zur Corona-Pandemie noch etwas Positives einfällt: “Ich bin jeden Tag weiter ins Büro gefahren. Da saß ich dann alleine, manchmal mit einem Assistenten. Sie glauben gar nicht, wie viel man da schafft!”
Lindemann sieht sich selbst als “Mädchen für alles” bei Global Bridges, einem gemeinnützigen Verein mit Sitz in Berlin. Das beschreibt vielleicht ihr Arbeitspensum, aber ihrer Rolle wird es kaum gerecht. Im Jahr 2011 war sie Co-Gründerin des Vereins. Heute leitet sie die Geschäfte. Jedes Jahr bringen Lindemann und ihr Team dabei junge und vor allem abenteuerlustige Menschen aus vielen Branchen zusammen, die Interesse an globalen Beziehungen haben. Global Bridges will im wahrsten Sinne des Wortes Brücken bauen – ein Schwerpunkt dabei ist China.
Seit den frühen 80er-Jahren bereist Lindemann das Land fast jährlich. Sie organisiert und begleitet jeden der sogenannten “Study Trips to China” von Global Bridges, dazu kommen Study Trips in andere Länder. “In den Anfangsjahren war China natürlich noch total zu”, erzählt sie. “Wir wurden von unserer Partnerorganisation ständig begleitet und konnten keinen Schritt alleine tun.” Aber Lindemann war hartnäckig im Halten der Kontakte und im Öffnen von Türen – eine Hartnäckigkeit, die sie früh gelernt hat. “Ich hatte zwei ältere Brüder und einen sehr mächtigen Vater, ich musste mich immer durchsetzen.”
Lindemann wusste früh, was sie studieren wollte. Während ihre Geschwister allesamt in das Familienunternehmen in der Porzellanbranche einstiegen, studierte Lindemann in Berlin Politik, forschte in Schottland zur UN und schrieb schließlich ihre Doktorarbeit an der Princeton University in den USA. “Ich war immer schon an globalen Beziehungen und ihren Facetten interessiert”, sagt Lindemann. Aus den USA wurde sie abgeworben, forschte erst bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und nahm schließlich ein Angebot der Atlantik-Brücke an. Damals fokussierte man sich noch auf die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland, aber immer neugieriger wurde der Blick auf China.
Lindemanns Verbundenheit zu dem Land spürt man im Gespräch deutlich, auch den Stolz über ihre Arbeit. “Wir haben enge Kontakte aufgebaut, dürfen frei im Land reisen – trotz der extremen Überwachung und den politischen Rückschritten.” Sie möchte, dass ihre Mitglieder sich ein eigenes Bild machen – unabhängig von der oft kritischen Berichterstattung. “Wenn mir jemand sagt, er kenne China gut, er reise regelmäßig nach Peking oder Shanghai, weiß ich, dass er China überhaupt nicht kennt.” Sie hat die meisten chinesischen Provinzen und Städte bereist und kann viele Geschichten darüber erzählen, wie sich die Menschen Reisenden gegenüber öffnen, vor allem auch in den ländlichen Gebieten. Dort wird sie manchmal immer noch irritiert angesehen – als blonde Ausländerin mit blauen Augen. Aber Lindemann stört sich nicht an der Sonderrolle. Sie schätzt jede Gelegenheit, selbst Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Svenja Napp
Betsy Nagel verlässt ihre Stelle als Anlaufmanagerin bei Audi China und wechselt zurück nach Ingolstadt, wo sie Leiterin des Erprobungsteilemanagements für Fahrwerke, Antriebe und COP wird. Nagel war seit April 2019 für Audi China in Changchun in der Provinz Jilin tätig.
Am Tag des Qingming-Festes reichen die Blüten alleine nicht für die nötige Farbenfreude. In diesem Park in Chongqing spielen Kinder zwischen Papierrädern. Auch beim traditionellen Besuch am Grab der Vorfahren spielen bunte Bänder eine Rolle. Sie sollen die negative Energie verärgerter Geister im Jenseits halten. Wegen der alljährlichen Grabpflege heißt der Feiertag auf Englisch auch “Tomb Sweeping Day”.