der Nationale Volkskongress nähert sich dem Ende – und damit stehen die wichtigen Personalien für die neue Regierung ins Haus. Staats- und Parteichef Xi Jinping wird seine lange angestrebte dritte Amtszeit als Präsident bekommen. Fast ebenso sicher ist, dass Li Qiang, bis vor kurzem Parteichef von Shanghai, am Samstag neuer Ministerpräsident wird. Anders als sein scheidender Vorgänger Li Keqiang ist der jüngere Li ein enger Vertrauter von Staatschef Xi Jinping.
Doch Li ist nicht nur der Funktionär, der den Hardcore-Lockdown des vergangenen Frühjahrs in Shanghai verantwortet hat. Auch gilt er nicht als reiner Ja-Sager: Li Qiang hat sich in seiner Karriere immer wieder auch als effizienter, wirtschaftsfreundlicher Macher gezeigt, wie Jörn Petring analysiert. Jetzt muss ihm Xi bloß noch die nötige Gestaltungsfreiheit lassen. Sein Vorgänger Li Keqiang hatte sie nicht.
Moderne Technik aus China, eine prestigereiche Marke aus Europa – das war der Gedanke, als Geely vor 13 Jahren den damals angeschlagenen schwedische Autohersteller Volvo übernahm und auf diese Weise tatsächlich für ein Comeback der Marke sorgte. Doch dieses Rezept ist kein Selbstgänger mehr. Volvo hat ein schwieriges Jahr hinter sich, analysiert Frank Sieren – und muss jetzt sein Vertriebsnetz ausdünnen. Ausgerechnet die chinesischen Wettbewerber, bis vor Kurzem noch No-Names, werden für Volvo in Europa das größte Problem.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Am Samstag ist es soweit: Der Nationale Volkskongress in Peking wird den neuen Ministerpräsidenten Chinas wählen. Und dieser wird aller Voraussicht nach Li Qiang heißen. Er und der bisherige Amtsinhaber Li Keqiang haben gemeinsam, dass sie als wirtschaftsaffin gelten. So wie sich Li Keqiang in seiner zehnjährigen Amtszeit um Öffnung und Reformen bemühte, hat Li Qiang zuletzt als Parteichef in Shanghai und auch in früheren Ämtern viel für die Förderung der Privatwirtschaft getan.
Dass der scheidende Premier einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften hat und der neue Li einst Agraringenieurwesen studierte, spielt dabei keine große Rolle. Die nötige Erfahrung für den Job haben beide in ihrer langen politischen Karriere gesammelt. Quereinsteiger werden in China nicht Premierminister.
Und doch ticken der neue und der alte Li (die Ähnlichkeit ihrer Namen ist reiner Zufall) in einem wichtigen Punkt ganz unterschiedlich, was auch Implikationen für die künftige Wirtschaftspolitik Chinas haben könnte: Sie gehören verschiedenen politischen Strömungen an. Li Keqiang ist ein Protegé von Hu Jintao, dessen Machtbasis die Jugendliga der Kommunistischen Partei ist. Li Qiang hingegen gehört eindeutig zum Lager von Staatspräsident Xi Jinping. Er war bereits Xis Stabschef, als dieser noch die Provinz Zhejiang regierte. Beide kennen sich gut. Li Qiang ist Xi seit Jahren treu ergeben. Und wohl noch wichtiger: Xi vertraut ihm.
Damit liegen die möglichen Szenarien auf der Hand: Li könnte zum Vollstrecker Xis werden. Aber auch zum Einflüsterer. Klar ist, dass Xi das Amt des Premierministers unter Li Keqiang massiv abgewertet hat. Der Staatschef wollte selbst die Zügel überall in der Hand halten. Auch in der Wirtschaftspolitik, die traditionell immer eher Sache des Ministerpräsidenten war.
Anfangs sah es noch anders aus: Kaum im Amt, kündigte Li Keqiang selbstbewusst an, die Reformen würden schmerzen “wie ein Schnitt ins Handgelenk”. Die internationalen Medien erfanden hoffnungsvoll den Begriff “Likonomics”, von dem aber schon nach kurzer Zeit nichts mehr zu hören war. Schon bald stellten Chinas Staatsmedien fast ausschließlich Xi als treibende Kraft der Wirtschaftspolitik dar.
Laut einer Bloomberg-Analyse wurde der Name des Präsidenten in den zehn Jahren, in denen Xi an der Macht ist, mehr als sechsmal so oft in der Volkszeitung erwähnt wie der von Li Keqiang. Im Jahrzehnt davor, als Präsident Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao an der Macht waren, lag das Verhältnis bei 2:1.
Wird Li Qiang nun wieder etwas mehr Gewicht bekommen? Beobachter bescheinigen ihm jedenfalls, mehr als nur ein “Ja-Sager” zu sein. “Er redet nicht so viel über Ideologie, sondern ein bisschen mehr darüber, wie man Dinge macht”, sagt Nis Grünberg vom China-Institut Merics in Berlin. Damit passe Li Qiang ganz gut in die Rolle des Premierministers.
Während der Corona-Pandemie setzte er in Shanghai zunächst einen weniger restriktiven Umgang mit dem Virus durch – im Gegensatz zu vielen anderen Regionen Chinas. Da die Metropole einen Ausbruch im Frühjahr 2022 jedoch nicht in den Griff bekam, wurde Shanghai schließlich für zwei Monate in einen strengen Lockdown geschickt. Offenbar durfte er erstmal probieren, bevor er dann letztendlich doch von Xi zurückgepfiffen wurde und sich der Null-Covid-Maxime beugen musste. Politisch schadete der harte Lockdown Li offenbar nicht.
Es ist offensichtlich, dass die chinesische Wirtschaft gerade jetzt jemanden bräuchte, der mutig und entschlossen Reformen vorantreibt und auch mal etwas Neues wagt. Li Qiang könnte dafür eigentlich der richtige Mann sein. Wie viel Spielraum ihm Xi dafür geben wird, ist jedoch ungewiss. Jörn Petring
Volvo ist der Vertrieb zu teuer geworden. In Zeiten von Absatzschwierigkeiten setzt Firmenchef Jim Rowan daher den Rotstift beim Vertrieb an. Denn obwohl die Konzernmutter Geely sich selbst hochgradig digital präsentiert, setzen die schlanken Verkaufsmodelle der Konkurrenz nun auch das europäisch-chinesische Vorzeigeprojekt unter Druck.
Die erfolgreichen chinesischen Wettbewerber, die nun auch auf europäischen Markt drängen, könnten mit ihren digitalen Geschäftsmodellen Volvos größtes Problem werden. Auch deswegen will die schwedische Premiummarke, die seit 2010 dem chinesischen Autokonzern Geely gehört, einen schlankeren Vertrieb. Die Wettbewerber setzen viel mehr auf Onlinehandel und Popup-Stores. Sie stecken die Margen der Händler ein – oder geben sie an die Kunden weiter. Dieser Trend betrifft auch die Autohäuser in China.
Deswegen kam Ende vergangener Woche aus Händlersicht die Hiobsbotschaft: Das deutsche Volvo-Händlernetz wird drastisch verkleinert, 65 Volvo-Partner verlieren ihren Vertriebsvertrag. Die Zahl der Vertriebsstandorte schrumpft gar von 230 auf 150. Denn einige Volvo-Partner haben gleich mehrere Standorte.
Den meisten gekündigten Händlern wurde angeboten, mit weniger lukrativen Serviceverträgen weiterzumachen. Das ist bitter. Zugleich steigt durch die Konzentration aber die Effizienz: Die verbleibenden Partner hoffen, 250 Autos im Jahr pro Standort verkaufen zu können – statt wie bisher 180 Autos. Die Frage ist nur, wie lange die physischen Autohäuser überhaupt noch eine Bedeutung haben, wenn immer mehr online verkauft wird.
Der Einschnitt kommt zu einer Zeit, da Volvos Wiederaufstieg von Licht- und Schattenseiten geprägt ist. Volvo hatte ein schwieriges Jahr 2022:
Auf der Erfolgsseite steht hingegen:
Volvo ist also auf dem richtigen Weg: Vergessen sind die Zeiten, in denen niemand mehr Volvo fahren wollte. Aber man ist eben noch lange nicht auf Augenhöhe mit BMW oder Audi.
Volvo ist eine Traditionsmarke, baut seit 1927 Autos. Als das Unternehmen 2010 von Geely übernommen wurde, waren die meisten Beobachter skeptisch. 2009 musste die schwedische Regierung sogar zu 90 Prozent bürgen, damit Volvo noch einen Kredit von der Europäischen Investitionsbank (EIB) bekommen konnte. Ford wollte den schwierigen schwedischen Hersteller loswerden. Es gab nur einen Interessenten: Ausgerechnet der chinesische Privatunternehmer Li Shufu mit seinem Unternehmen Geely Holding Group kaufte Volvo und zahlte wie gesagt 1,8 Milliarden US-Dollar. Ford hatte noch 6.47 Milliarden US-Dollar gezahlt.
Es war die erste große Übernahme eines europäischen Konzerns durch einen chinesischen Wettbewerber. Und auch das erste Mal, dass eine führende europäische Marke nun den Chinesen gehörte. 2017 übernahm Geely dann 51 Prozent des Sportwagenherstellers Lotus und wurde größter Anteilseigner bei Volvo Trucks. Im Jahr 2018 wurde Li Shufu dann größter Einzelaktionär bei der Mercedes-Benz Group mit 9,7 Prozent.
Volvo ist trotz aller Probleme eine Erfolgsgeschichte chinesisch-europäischer Zusammenarbeit geworden. Die Strategie von Geely-Chef Li ist weitgehend aufgegangen. Es wurden mehr Volvo-Jobs in Europa geschaffen als gestrichen. Das Know-how wird Hand in Hand zwischen Europa und China entwickelt. Das hatte Li von Anfang so gesehen. “Ich sehe Volvo als Tiger, der nicht begrenzt in einem Käfig im Zoo gehalten werden kann. Wir wollen den Tiger freilassen und Volvo aus den Fesseln mangelnder Mittel befreien.”
Geely und Volvo haben aber noch einen langen Weg vor sich: Bis 2030 soll Volvo zum reinen Elektroauto-Hersteller werden, mit eigener Software – ein “Computer auf Rädern”, wie CEO Rowan betont. Bisher sind erst 19 Prozent E-Autos. Um dabei voranzukommen, hat Volvo vor wenigen Tagen die Eröffnung eines Entwicklungszentrums für Software in Krakau angekündigt, mit zwischen 500 und 600 neuen Mitarbeitern bis 2025. Es lässt sich halt doch nicht alles aus China machen. Ein weiteres Entwicklungszentrum liegt im indischen Bangalore. Die Hauptentwicklungsstandorte bleiben allerdings Shanghai und Göteborg.
Die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley stützt Rowans Strategie und hat Ende vergangener Woche die Einstufung für Volvo auf “Buy” belassen. Die Schweden hätten ihre Ambitionen zu dynamischerem Wachstum bei stabiler Marge bestätigt.
13.03.2023, 19:00 Uhr (14.03., 02:00 Uhr Beijing time)
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Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen wird auf dem Weg zu einem Staatsbesuch in Zentralamerika Zwischenstopps in Los Angeles und New York einlegen. Das berichtete ein Regierungsbeamter der Nachrichtenagentur Reuters. Die Reise soll Quellen zufolge im kommenden Monat stattfinden. Das Büro von Tsai hat die Meldung allerdings noch nicht bestätigt. Chinas Außenministerium reagierte scharf auf die Reisepläne. Es forderte eine Erklärung von Washington.
Derartige Zwischenstopps sind allerdings nicht unüblich, in der Vergangenheit haben Taiwans Präsidenten und auch Tsai selbst die USA auf dem Weg nach Südamerika oft besucht. Die amerikanische Regierung vermeidet es normalerweise, offizielle Vertreter Taiwans in Washington zu empfangen.
In den USA plant Tsai Quellen zufolge nun ein Treffen mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Dieser hat bestätigt, dass sich die beiden treffen werden, aber keinen genauen Zeitpunkt genannt. Zugleich hatte McCarthy Pläne für eine Reise nach Taipeh vorerst auf Eis gelegt. Tsai plant in New York zudem Gespräche mit Auslands-Taiwanern. Auch im späteren Verlauf der Reise in Zentralamerika sind solche Treffen mit Auslands-Taiwanern vorgesehen. jul
Die geplante Neuaufstellung der chinesischen Finanzregulierer könnte zu drastischen Gehaltskürzungen für einige Beamte führen. Wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Donnerstag unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, sollen die Gehälter der Finanzaufseher an das Niveau anderer Staatsdiener angeglichen werden. Das durchschnittliche Gehaltsniveau einiger Finanzaufsichtsbehörden war laut Caixin bislang bewusst höher als das anderer Ministerien und Regierungsbehörden – um den Anreiz zur Bestechlichkeit zu senken. Dass man nun die Gehälter anpasst, ist ein Hinweis darauf, dass die KP sich offenbar sicher fühlt, Korruption auch durch Abschreckung unterbinden zu können.
“Die Gehälter der Mitarbeiter der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC) könnten um 60 Prozent sinken, während die Gehälter der Mitarbeiter der chinesischen Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörde (CBIRC) ungefähr halbiert werden könnten”, sagte eine Quelle der Zeitung. Dem derzeit tagenden Nationalen Volkskongress liegt ein Entwurf zur Restrukturierung von Staatsorganen und Ministerien vor. Dazu gehört auch die Bündelung der Finanzaufsicht unter einem Dach. Darin sollen unter anderem die Banken-, Börsen- und Versicherungsregulierer aufgehen. ck
Rund 100 Vertreter von Unternehmen, die auf der Schwarzen Liste der USA stehen, sitzen dieses Jahr als Delegierte in Nationalem Volkskongress und der Politischen Konsultativkonferenz. Wie die japanische Zeitung Nikkei am Donnerstag berichtete, sind in Chinas Parlament Repräsentanten staatseigener Unternehmen der Waffen- und Raumfahrtindustrie, wie der China Aerospace Science und Technology, vertreten.
Hinzu kommen Vertreter von Chipproduzenten, wie etwa von Cambricon Technologies und dem größten Halbleiterhersteller SMIC. Auch Tech-Firmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz stellen Delegierte, darunter etwa Sensetime, ein bekannter Hersteller von Gesichtserkennungs-Software. Sensetime steht in den USA für seine Geschäfte in Xinjiang in der Kritik, wo seine Produkte für die gezielte Überwachung von Uiguren genutzt werden sollen. Auch iFlytek, das Spracherkennungs-Software entwickelt, ist bei den “Zwei Sitzungen” vertreten.
Die Auswahl unterstreicht den Fokus Pekings, technologisch weltweit führend zu werden – mithilfe dieser Unternehmen. Die Entwicklungsziele, die in der Strategie Made in China 2025 festgeschrieben sind, werden durch die jüngsten Sanktionen der USA besonders im Chipbereich erheblich erschwert. Auch Unternehmen aus dem Bereich Rohstoffe und seltene Erden stellen Delegierte – ebenfalls ein wichtiger Entwicklungsbereich für Peking, das seine Lieferketten resilienter gegen Sanktionen gestalten will.
Auffällig ist dagegen die Abwesenheit einstiger Topstars des Tech-Sektors wie Tencent-Gründer Pony Ma, Baidu CEO Robin Li, und Lenovo CEO Yang Yuanqing – obwohl die Branche in China ein wichtiger Faktor wirtschaftlichen Wachstums ist. Viele von ihnen waren früher mit dabei. Ihr Ausschluss ist ein Zeichen dafür, dass Peking – das seit 2020 immer wieder gegen die Internetriesen vorgegangen ist – ihren politischen Einfluss nicht länger wünscht. jul
Die Tibet-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende von Zwangsinternaten in Tibet einzusetzen. “Berlin muss Peking zum Stopp von Zwangsinternaten für tibetische Kinder auffordern und mit Werte-Partnern eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder starten”, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand in einer Stellungnahme.
Brand fordert einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.” Die deutsche Bundesregierung dürfe sich nicht auf ihre künftige China-Strategie zurückziehen, zumal diese aufgrund von Konflikten zwischen Kanzleramt und Außenministerium derzeit völlig in den Sternen stehe.
Zu Wochenbeginn hatte der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung des Internatssystems aufgefordert. Das UN-Gremium hatte Vorwürfe aufgegriffen, dass durch die systematische Schließung lokaler Schulen tibetische Kinder gezwungen seien, weit entfernte Internate zu besuchen. Dort dürften sie ausschließlich Mandarin sprechen. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter. grz
Teile Nordchinas erleben zurzeit Rekordtemperaturen. In der Provinz Hebei kletterte das Thermometer in mehreren Städten auf über 30 Grad Celsius. In der ersten Märzhälfte wurden in der Region noch nie Temperaturen über 30 Grad gemessen. Die Stadt Shahe erreichte mit 31,8 Grad Celsius den höchsten Wert. Auch andere chinesische Städte verzeichneten Rekordwerte: In Wuhan und Zhengzhou in Zentralchina war es 10 Grad wärmer als für Anfang März üblich.
Chinas Amt für Meteorologie berichtet, dass der Frühling etwa 20 Tage früher als sonst begonnen habe. Zhang Xingying, ein Experte der Behörde, sagte gegenüber Medien, dass die Durchschnittstemperaturen in China im globalen Vergleich deutlich schneller ansteigen würden. Einer aktuellen Studie des Klimarisiko-Analysten XDI zufolge liegen 16 der 20 am meisten durch den Klimawandel gefährdeten Regionen in China. jul/rtr
Mitte 1949 standen die Kommunisten kurz davor, ganz China zu erobern; Chiang Kai-shek und seine Regierung der Republik China flohen nach Taiwan. Wohlhabende Chinesen standen vor der Wahl: gehen oder bleiben? Für manche sollte sich ihre Entscheidung als fatal erweisen. Denn die Volksrepublik begann Mitte der 1950er-Jahre, die Ausreise chinesischer Bürger streng zu kontrollieren.
Diejenigen, die das Land vorher schon verlassen hatte, befanden sich in Sicherheit. Diejenigen, die blieben – darunter auch Auslandschinesen, die zu dieser Zeit mit dem Ziel zurückkehrten, das neue China aufzubauen – sollten in den nächsten Jahrzehnten unendliches Leid erfahren: Enteignung von Vermögenswerten, politische Säuberungen, Hungersnöte und die chinesische Version des Gulag. Viele starben durch unrechtmäßige Hinrichtungen, physische Folter oder durch ihre eigene Hand.
Diese Episode der Geschichte war in den vergangenen Jahren häufig Thema in den chinesischen sozialen Medien. Die Lehre daraus: Man muss die Lage nüchtern betrachten und entschlossen handeln, wenn es Zeit ist, fortzugehen. Seit letztem Jahr jedoch scheint es, als sei bereits ein Konsens erreicht: Schnell weg! Es könnte der Tag kommen, an dem das Land seine Türen ganz schließt oder andere Länder Chinesen den Zugang verwehren.
So wurde der Begriff Runologie (润学) geprägt. Dabei geht es um die Wissenschaft vom Wegrennen. Also darum, wohin man fliehen kann, wie man eine Aufenthaltsgenehmigung oder den Pass eines anderen Landes erhält, sowie um praktische Dinge: Die Umgehung der Finanzkontrolle, um sein Vermögen ins Ausland zu verlagern etwa, oder wie man im Ausland eine gute Schule für seine Kinder findet.
In diesem Beitrag geht es nicht um junge Menschen, die sich für ein Auslandsstudium entscheiden. Einige mögen durchaus die Absicht haben, dieses als Möglichkeit zur Flucht zu nutzen. Es geht hier auch nicht so sehr um fliehende Geringverdiener, die erst in Mittelamerika landen – und dann ihr Leben riskieren, um sich als illegale Einwanderer in die USA durchzuschlagen.
Stattdessen befassen wir uns hier eher mit vergleichsweise wohlhabenden Menschen ab Mitte Dreißig, die bereits eine Karriere und eine eigene Familie in China haben.
Die durch das Misstrauen gegenüber dem Regime der Kommunistischen Partei ausgelöste Auswanderung begann in den frühen 2000er-Jahren, als die boomende chinesische Wirtschaft Milliardäre hervorbrachte – hauptsächlich Geschäftsleute, korrupte Beamte und Superstars. Ihre bevorzugten Ziele für sich selbst und ihre Ehepartner und Kinder waren Kanada, die Vereinigten Staaten und Australien.
Aber nur die wenigsten hatten vor, sich dort wirklich niederzulassen. Sie erwarben Aufenthaltsgenehmigungen oder Staatsbürgerschaften, um ihr Vermögen vor einem launischen Regime zu schützen und einen sicheren Hafen für den Fall zu haben, dass das politische Umfeld zuhause gefährlicher werden sollte.
Ihre Kinder besuchten dort die Schule oder studierten, manchmal blieben auch ihre Mütter bei ihnen. Die übrigen Erwachsenen kehrten nach China zurück, nachdem ihr rechtlicher Status im Gastland gesichert war. Einige pendelten hin und her. Damals war China noch der Ort, an dem man leicht zu Geld kommen konnte. Korrupte Beamte kehrten natürlich nicht zurück, weil sie ja auf der Flucht waren.
Während sich die Zahl der reichen Chinesen in den folgenden Jahren vervielfachte, eröffneten sich auch mehr Auswanderungsziele, insbesondere in Europa. Im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 legten Spanien, Portugal, Griechenland und Malta Programme à la “Pässe für Investitionen” auf. Von diesen Programmen profitierten nicht nur die Superreichen, sondern auch die nur “relativ Reichen”.
Einer der beliebtesten Vorzüge dieser Länder ist eine hochwertige und kostengünstige Bildung. Tatsächlich ist seit 2013, als die chinesische Regierung die ideologische Zügel auf allen Bildungsebenen enger gezogen hatte, das Thema Bildung zu einem Hauptgrund für die Auswanderung geworden. Gerade viele Menschen aus der Mittelschicht flohen aus Sorge um eine kommende Generation, die einer Gehirnwäsche unterzogen wird.
Dann kam Covid mit seinen drakonischen Maßnahmen. Die Überwachung der Menschen wurde verstärkt und ihre Reisefreiheit eingeschränkt, sowohl im Inland als auch außerhalb des Landes. Ängste und Frustration gingen durch die Decke.
Geboren und zum geflügelten Wort wurde die Runologie aber erst, als Shanghai – Chinas kultivierteste und kosmopolitischste Stadt – drei Monate lang streng abgeriegelt wurde. Berichte, dass viele Menschen in dieser wohlhabenden Stadt wochenlang nicht genug zu essen hatten und von der notwendigen medizinischen Versorgung abgeschnitten waren, erschreckten jeden im Land, der noch einigermaßen unabhängig denken kann.
Die Katastrophe von Schanghai war ein Moment der Wahrheit. Viele erkannten, dass unter einem wahnsinnigen Führer und einer Partei, die nicht in der Lage ist, sich selbst zu korrigieren, von Menschen verursachte Katastrophen wie die große Hungersnot zwischen 1959 und 1961 nicht auszuschließen sind.
Was jetzt auf dem Spiel steht, sind nicht mehr nur das Vermögen, die Ausbildung und die Zukunft der Kinder, sondern auch das Überleben aller Familienmitglieder.
Die Abriegelung von Shanghai wurde im Juni aufgehoben. Zwei Monate später kamen die Drohungen von einer anderen Front: Taiwan. Nach dem Besuch der Insel durch die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, deuteten eine Reihe von Maßnahmen Chinas und Gegenmaßnahmen der USA und ihrer Verbündeten auf die Möglichkeit einer ernsthaften Eskalation hin.
Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Xi Jinping von seiner Absicht, ein totalitäres Regime aufzubauen und “Taiwan mit dem Vaterland zu vereinen”, abrücken wird. Ein Gefühl der Anspannung liegt in der Luft, während man auf die nächste Hiobsbotschaft wartet. In einer solchen Atmosphäre ist die Runologie eine nutzbringende Wissenschaft.
Maren Mecklenburg ist seit Anfang dieses Jahres neue Projekt Controllerin beim Audi-Elektro Joint Venture Audi FAW NEV Company China. Zuvor war die Controlling-Expertin Consultant Programmleitung Audi Transformationsplan in Ingolstadt.
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Fahrender Farbtupfer gegen das überwältigende Grau: In Wuhan, Hubei zieren Kirschblüten einen Zug der Metrolinie 1. Bis April fährt er in diesem Design. Ab dann muss der Frühling ran und mit echten blühenden Bäumen die Betonschluchten verschönern.
der Nationale Volkskongress nähert sich dem Ende – und damit stehen die wichtigen Personalien für die neue Regierung ins Haus. Staats- und Parteichef Xi Jinping wird seine lange angestrebte dritte Amtszeit als Präsident bekommen. Fast ebenso sicher ist, dass Li Qiang, bis vor kurzem Parteichef von Shanghai, am Samstag neuer Ministerpräsident wird. Anders als sein scheidender Vorgänger Li Keqiang ist der jüngere Li ein enger Vertrauter von Staatschef Xi Jinping.
Doch Li ist nicht nur der Funktionär, der den Hardcore-Lockdown des vergangenen Frühjahrs in Shanghai verantwortet hat. Auch gilt er nicht als reiner Ja-Sager: Li Qiang hat sich in seiner Karriere immer wieder auch als effizienter, wirtschaftsfreundlicher Macher gezeigt, wie Jörn Petring analysiert. Jetzt muss ihm Xi bloß noch die nötige Gestaltungsfreiheit lassen. Sein Vorgänger Li Keqiang hatte sie nicht.
Moderne Technik aus China, eine prestigereiche Marke aus Europa – das war der Gedanke, als Geely vor 13 Jahren den damals angeschlagenen schwedische Autohersteller Volvo übernahm und auf diese Weise tatsächlich für ein Comeback der Marke sorgte. Doch dieses Rezept ist kein Selbstgänger mehr. Volvo hat ein schwieriges Jahr hinter sich, analysiert Frank Sieren – und muss jetzt sein Vertriebsnetz ausdünnen. Ausgerechnet die chinesischen Wettbewerber, bis vor Kurzem noch No-Names, werden für Volvo in Europa das größte Problem.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Am Samstag ist es soweit: Der Nationale Volkskongress in Peking wird den neuen Ministerpräsidenten Chinas wählen. Und dieser wird aller Voraussicht nach Li Qiang heißen. Er und der bisherige Amtsinhaber Li Keqiang haben gemeinsam, dass sie als wirtschaftsaffin gelten. So wie sich Li Keqiang in seiner zehnjährigen Amtszeit um Öffnung und Reformen bemühte, hat Li Qiang zuletzt als Parteichef in Shanghai und auch in früheren Ämtern viel für die Förderung der Privatwirtschaft getan.
Dass der scheidende Premier einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften hat und der neue Li einst Agraringenieurwesen studierte, spielt dabei keine große Rolle. Die nötige Erfahrung für den Job haben beide in ihrer langen politischen Karriere gesammelt. Quereinsteiger werden in China nicht Premierminister.
Und doch ticken der neue und der alte Li (die Ähnlichkeit ihrer Namen ist reiner Zufall) in einem wichtigen Punkt ganz unterschiedlich, was auch Implikationen für die künftige Wirtschaftspolitik Chinas haben könnte: Sie gehören verschiedenen politischen Strömungen an. Li Keqiang ist ein Protegé von Hu Jintao, dessen Machtbasis die Jugendliga der Kommunistischen Partei ist. Li Qiang hingegen gehört eindeutig zum Lager von Staatspräsident Xi Jinping. Er war bereits Xis Stabschef, als dieser noch die Provinz Zhejiang regierte. Beide kennen sich gut. Li Qiang ist Xi seit Jahren treu ergeben. Und wohl noch wichtiger: Xi vertraut ihm.
Damit liegen die möglichen Szenarien auf der Hand: Li könnte zum Vollstrecker Xis werden. Aber auch zum Einflüsterer. Klar ist, dass Xi das Amt des Premierministers unter Li Keqiang massiv abgewertet hat. Der Staatschef wollte selbst die Zügel überall in der Hand halten. Auch in der Wirtschaftspolitik, die traditionell immer eher Sache des Ministerpräsidenten war.
Anfangs sah es noch anders aus: Kaum im Amt, kündigte Li Keqiang selbstbewusst an, die Reformen würden schmerzen “wie ein Schnitt ins Handgelenk”. Die internationalen Medien erfanden hoffnungsvoll den Begriff “Likonomics”, von dem aber schon nach kurzer Zeit nichts mehr zu hören war. Schon bald stellten Chinas Staatsmedien fast ausschließlich Xi als treibende Kraft der Wirtschaftspolitik dar.
Laut einer Bloomberg-Analyse wurde der Name des Präsidenten in den zehn Jahren, in denen Xi an der Macht ist, mehr als sechsmal so oft in der Volkszeitung erwähnt wie der von Li Keqiang. Im Jahrzehnt davor, als Präsident Hu Jintao und Premierminister Wen Jiabao an der Macht waren, lag das Verhältnis bei 2:1.
Wird Li Qiang nun wieder etwas mehr Gewicht bekommen? Beobachter bescheinigen ihm jedenfalls, mehr als nur ein “Ja-Sager” zu sein. “Er redet nicht so viel über Ideologie, sondern ein bisschen mehr darüber, wie man Dinge macht”, sagt Nis Grünberg vom China-Institut Merics in Berlin. Damit passe Li Qiang ganz gut in die Rolle des Premierministers.
Während der Corona-Pandemie setzte er in Shanghai zunächst einen weniger restriktiven Umgang mit dem Virus durch – im Gegensatz zu vielen anderen Regionen Chinas. Da die Metropole einen Ausbruch im Frühjahr 2022 jedoch nicht in den Griff bekam, wurde Shanghai schließlich für zwei Monate in einen strengen Lockdown geschickt. Offenbar durfte er erstmal probieren, bevor er dann letztendlich doch von Xi zurückgepfiffen wurde und sich der Null-Covid-Maxime beugen musste. Politisch schadete der harte Lockdown Li offenbar nicht.
Es ist offensichtlich, dass die chinesische Wirtschaft gerade jetzt jemanden bräuchte, der mutig und entschlossen Reformen vorantreibt und auch mal etwas Neues wagt. Li Qiang könnte dafür eigentlich der richtige Mann sein. Wie viel Spielraum ihm Xi dafür geben wird, ist jedoch ungewiss. Jörn Petring
Volvo ist der Vertrieb zu teuer geworden. In Zeiten von Absatzschwierigkeiten setzt Firmenchef Jim Rowan daher den Rotstift beim Vertrieb an. Denn obwohl die Konzernmutter Geely sich selbst hochgradig digital präsentiert, setzen die schlanken Verkaufsmodelle der Konkurrenz nun auch das europäisch-chinesische Vorzeigeprojekt unter Druck.
Die erfolgreichen chinesischen Wettbewerber, die nun auch auf europäischen Markt drängen, könnten mit ihren digitalen Geschäftsmodellen Volvos größtes Problem werden. Auch deswegen will die schwedische Premiummarke, die seit 2010 dem chinesischen Autokonzern Geely gehört, einen schlankeren Vertrieb. Die Wettbewerber setzen viel mehr auf Onlinehandel und Popup-Stores. Sie stecken die Margen der Händler ein – oder geben sie an die Kunden weiter. Dieser Trend betrifft auch die Autohäuser in China.
Deswegen kam Ende vergangener Woche aus Händlersicht die Hiobsbotschaft: Das deutsche Volvo-Händlernetz wird drastisch verkleinert, 65 Volvo-Partner verlieren ihren Vertriebsvertrag. Die Zahl der Vertriebsstandorte schrumpft gar von 230 auf 150. Denn einige Volvo-Partner haben gleich mehrere Standorte.
Den meisten gekündigten Händlern wurde angeboten, mit weniger lukrativen Serviceverträgen weiterzumachen. Das ist bitter. Zugleich steigt durch die Konzentration aber die Effizienz: Die verbleibenden Partner hoffen, 250 Autos im Jahr pro Standort verkaufen zu können – statt wie bisher 180 Autos. Die Frage ist nur, wie lange die physischen Autohäuser überhaupt noch eine Bedeutung haben, wenn immer mehr online verkauft wird.
Der Einschnitt kommt zu einer Zeit, da Volvos Wiederaufstieg von Licht- und Schattenseiten geprägt ist. Volvo hatte ein schwieriges Jahr 2022:
Auf der Erfolgsseite steht hingegen:
Volvo ist also auf dem richtigen Weg: Vergessen sind die Zeiten, in denen niemand mehr Volvo fahren wollte. Aber man ist eben noch lange nicht auf Augenhöhe mit BMW oder Audi.
Volvo ist eine Traditionsmarke, baut seit 1927 Autos. Als das Unternehmen 2010 von Geely übernommen wurde, waren die meisten Beobachter skeptisch. 2009 musste die schwedische Regierung sogar zu 90 Prozent bürgen, damit Volvo noch einen Kredit von der Europäischen Investitionsbank (EIB) bekommen konnte. Ford wollte den schwierigen schwedischen Hersteller loswerden. Es gab nur einen Interessenten: Ausgerechnet der chinesische Privatunternehmer Li Shufu mit seinem Unternehmen Geely Holding Group kaufte Volvo und zahlte wie gesagt 1,8 Milliarden US-Dollar. Ford hatte noch 6.47 Milliarden US-Dollar gezahlt.
Es war die erste große Übernahme eines europäischen Konzerns durch einen chinesischen Wettbewerber. Und auch das erste Mal, dass eine führende europäische Marke nun den Chinesen gehörte. 2017 übernahm Geely dann 51 Prozent des Sportwagenherstellers Lotus und wurde größter Anteilseigner bei Volvo Trucks. Im Jahr 2018 wurde Li Shufu dann größter Einzelaktionär bei der Mercedes-Benz Group mit 9,7 Prozent.
Volvo ist trotz aller Probleme eine Erfolgsgeschichte chinesisch-europäischer Zusammenarbeit geworden. Die Strategie von Geely-Chef Li ist weitgehend aufgegangen. Es wurden mehr Volvo-Jobs in Europa geschaffen als gestrichen. Das Know-how wird Hand in Hand zwischen Europa und China entwickelt. Das hatte Li von Anfang so gesehen. “Ich sehe Volvo als Tiger, der nicht begrenzt in einem Käfig im Zoo gehalten werden kann. Wir wollen den Tiger freilassen und Volvo aus den Fesseln mangelnder Mittel befreien.”
Geely und Volvo haben aber noch einen langen Weg vor sich: Bis 2030 soll Volvo zum reinen Elektroauto-Hersteller werden, mit eigener Software – ein “Computer auf Rädern”, wie CEO Rowan betont. Bisher sind erst 19 Prozent E-Autos. Um dabei voranzukommen, hat Volvo vor wenigen Tagen die Eröffnung eines Entwicklungszentrums für Software in Krakau angekündigt, mit zwischen 500 und 600 neuen Mitarbeitern bis 2025. Es lässt sich halt doch nicht alles aus China machen. Ein weiteres Entwicklungszentrum liegt im indischen Bangalore. Die Hauptentwicklungsstandorte bleiben allerdings Shanghai und Göteborg.
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Huangpu District in Europe, Frankfurt Session: The 9th Guangzhou Annual Investment Conference 2023 Mehr
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen wird auf dem Weg zu einem Staatsbesuch in Zentralamerika Zwischenstopps in Los Angeles und New York einlegen. Das berichtete ein Regierungsbeamter der Nachrichtenagentur Reuters. Die Reise soll Quellen zufolge im kommenden Monat stattfinden. Das Büro von Tsai hat die Meldung allerdings noch nicht bestätigt. Chinas Außenministerium reagierte scharf auf die Reisepläne. Es forderte eine Erklärung von Washington.
Derartige Zwischenstopps sind allerdings nicht unüblich, in der Vergangenheit haben Taiwans Präsidenten und auch Tsai selbst die USA auf dem Weg nach Südamerika oft besucht. Die amerikanische Regierung vermeidet es normalerweise, offizielle Vertreter Taiwans in Washington zu empfangen.
In den USA plant Tsai Quellen zufolge nun ein Treffen mit dem Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Dieser hat bestätigt, dass sich die beiden treffen werden, aber keinen genauen Zeitpunkt genannt. Zugleich hatte McCarthy Pläne für eine Reise nach Taipeh vorerst auf Eis gelegt. Tsai plant in New York zudem Gespräche mit Auslands-Taiwanern. Auch im späteren Verlauf der Reise in Zentralamerika sind solche Treffen mit Auslands-Taiwanern vorgesehen. jul
Die geplante Neuaufstellung der chinesischen Finanzregulierer könnte zu drastischen Gehaltskürzungen für einige Beamte führen. Wie das Wirtschaftsmagazin Caixin am Donnerstag unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, sollen die Gehälter der Finanzaufseher an das Niveau anderer Staatsdiener angeglichen werden. Das durchschnittliche Gehaltsniveau einiger Finanzaufsichtsbehörden war laut Caixin bislang bewusst höher als das anderer Ministerien und Regierungsbehörden – um den Anreiz zur Bestechlichkeit zu senken. Dass man nun die Gehälter anpasst, ist ein Hinweis darauf, dass die KP sich offenbar sicher fühlt, Korruption auch durch Abschreckung unterbinden zu können.
“Die Gehälter der Mitarbeiter der chinesischen Wertpapieraufsichtsbehörde (CSRC) könnten um 60 Prozent sinken, während die Gehälter der Mitarbeiter der chinesischen Banken- und Versicherungsaufsichtsbehörde (CBIRC) ungefähr halbiert werden könnten”, sagte eine Quelle der Zeitung. Dem derzeit tagenden Nationalen Volkskongress liegt ein Entwurf zur Restrukturierung von Staatsorganen und Ministerien vor. Dazu gehört auch die Bündelung der Finanzaufsicht unter einem Dach. Darin sollen unter anderem die Banken-, Börsen- und Versicherungsregulierer aufgehen. ck
Rund 100 Vertreter von Unternehmen, die auf der Schwarzen Liste der USA stehen, sitzen dieses Jahr als Delegierte in Nationalem Volkskongress und der Politischen Konsultativkonferenz. Wie die japanische Zeitung Nikkei am Donnerstag berichtete, sind in Chinas Parlament Repräsentanten staatseigener Unternehmen der Waffen- und Raumfahrtindustrie, wie der China Aerospace Science und Technology, vertreten.
Hinzu kommen Vertreter von Chipproduzenten, wie etwa von Cambricon Technologies und dem größten Halbleiterhersteller SMIC. Auch Tech-Firmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz stellen Delegierte, darunter etwa Sensetime, ein bekannter Hersteller von Gesichtserkennungs-Software. Sensetime steht in den USA für seine Geschäfte in Xinjiang in der Kritik, wo seine Produkte für die gezielte Überwachung von Uiguren genutzt werden sollen. Auch iFlytek, das Spracherkennungs-Software entwickelt, ist bei den “Zwei Sitzungen” vertreten.
Die Auswahl unterstreicht den Fokus Pekings, technologisch weltweit führend zu werden – mithilfe dieser Unternehmen. Die Entwicklungsziele, die in der Strategie Made in China 2025 festgeschrieben sind, werden durch die jüngsten Sanktionen der USA besonders im Chipbereich erheblich erschwert. Auch Unternehmen aus dem Bereich Rohstoffe und seltene Erden stellen Delegierte – ebenfalls ein wichtiger Entwicklungsbereich für Peking, das seine Lieferketten resilienter gegen Sanktionen gestalten will.
Auffällig ist dagegen die Abwesenheit einstiger Topstars des Tech-Sektors wie Tencent-Gründer Pony Ma, Baidu CEO Robin Li, und Lenovo CEO Yang Yuanqing – obwohl die Branche in China ein wichtiger Faktor wirtschaftlichen Wachstums ist. Viele von ihnen waren früher mit dabei. Ihr Ausschluss ist ein Zeichen dafür, dass Peking – das seit 2020 immer wieder gegen die Internetriesen vorgegangen ist – ihren politischen Einfluss nicht länger wünscht. jul
Die Tibet-Parlamentsgruppe im Deutschen Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich für das Ende von Zwangsinternaten in Tibet einzusetzen. “Berlin muss Peking zum Stopp von Zwangsinternaten für tibetische Kinder auffordern und mit Werte-Partnern eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder starten”, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand in einer Stellungnahme.
Brand fordert einen Aufschrei der zivilisierten Welt. “Dieses gewaltige Verbrechen an einer Million tibetischer Kinder und deren Familien braucht eine globale Antwort, eine globale Initiative zum Schutz dieser Kinder – und zwar jetzt.” Die deutsche Bundesregierung dürfe sich nicht auf ihre künftige China-Strategie zurückziehen, zumal diese aufgrund von Konflikten zwischen Kanzleramt und Außenministerium derzeit völlig in den Sternen stehe.
Zu Wochenbeginn hatte der Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) China zur sofortigen Einstellung des Internatssystems aufgefordert. Das UN-Gremium hatte Vorwürfe aufgegriffen, dass durch die systematische Schließung lokaler Schulen tibetische Kinder gezwungen seien, weit entfernte Internate zu besuchen. Dort dürften sie ausschließlich Mandarin sprechen. Der UN-Sozialausschuss fürchtet eine kulturelle Assimilierung der Tibeter. grz
Teile Nordchinas erleben zurzeit Rekordtemperaturen. In der Provinz Hebei kletterte das Thermometer in mehreren Städten auf über 30 Grad Celsius. In der ersten Märzhälfte wurden in der Region noch nie Temperaturen über 30 Grad gemessen. Die Stadt Shahe erreichte mit 31,8 Grad Celsius den höchsten Wert. Auch andere chinesische Städte verzeichneten Rekordwerte: In Wuhan und Zhengzhou in Zentralchina war es 10 Grad wärmer als für Anfang März üblich.
Chinas Amt für Meteorologie berichtet, dass der Frühling etwa 20 Tage früher als sonst begonnen habe. Zhang Xingying, ein Experte der Behörde, sagte gegenüber Medien, dass die Durchschnittstemperaturen in China im globalen Vergleich deutlich schneller ansteigen würden. Einer aktuellen Studie des Klimarisiko-Analysten XDI zufolge liegen 16 der 20 am meisten durch den Klimawandel gefährdeten Regionen in China. jul/rtr
Mitte 1949 standen die Kommunisten kurz davor, ganz China zu erobern; Chiang Kai-shek und seine Regierung der Republik China flohen nach Taiwan. Wohlhabende Chinesen standen vor der Wahl: gehen oder bleiben? Für manche sollte sich ihre Entscheidung als fatal erweisen. Denn die Volksrepublik begann Mitte der 1950er-Jahre, die Ausreise chinesischer Bürger streng zu kontrollieren.
Diejenigen, die das Land vorher schon verlassen hatte, befanden sich in Sicherheit. Diejenigen, die blieben – darunter auch Auslandschinesen, die zu dieser Zeit mit dem Ziel zurückkehrten, das neue China aufzubauen – sollten in den nächsten Jahrzehnten unendliches Leid erfahren: Enteignung von Vermögenswerten, politische Säuberungen, Hungersnöte und die chinesische Version des Gulag. Viele starben durch unrechtmäßige Hinrichtungen, physische Folter oder durch ihre eigene Hand.
Diese Episode der Geschichte war in den vergangenen Jahren häufig Thema in den chinesischen sozialen Medien. Die Lehre daraus: Man muss die Lage nüchtern betrachten und entschlossen handeln, wenn es Zeit ist, fortzugehen. Seit letztem Jahr jedoch scheint es, als sei bereits ein Konsens erreicht: Schnell weg! Es könnte der Tag kommen, an dem das Land seine Türen ganz schließt oder andere Länder Chinesen den Zugang verwehren.
So wurde der Begriff Runologie (润学) geprägt. Dabei geht es um die Wissenschaft vom Wegrennen. Also darum, wohin man fliehen kann, wie man eine Aufenthaltsgenehmigung oder den Pass eines anderen Landes erhält, sowie um praktische Dinge: Die Umgehung der Finanzkontrolle, um sein Vermögen ins Ausland zu verlagern etwa, oder wie man im Ausland eine gute Schule für seine Kinder findet.
In diesem Beitrag geht es nicht um junge Menschen, die sich für ein Auslandsstudium entscheiden. Einige mögen durchaus die Absicht haben, dieses als Möglichkeit zur Flucht zu nutzen. Es geht hier auch nicht so sehr um fliehende Geringverdiener, die erst in Mittelamerika landen – und dann ihr Leben riskieren, um sich als illegale Einwanderer in die USA durchzuschlagen.
Stattdessen befassen wir uns hier eher mit vergleichsweise wohlhabenden Menschen ab Mitte Dreißig, die bereits eine Karriere und eine eigene Familie in China haben.
Die durch das Misstrauen gegenüber dem Regime der Kommunistischen Partei ausgelöste Auswanderung begann in den frühen 2000er-Jahren, als die boomende chinesische Wirtschaft Milliardäre hervorbrachte – hauptsächlich Geschäftsleute, korrupte Beamte und Superstars. Ihre bevorzugten Ziele für sich selbst und ihre Ehepartner und Kinder waren Kanada, die Vereinigten Staaten und Australien.
Aber nur die wenigsten hatten vor, sich dort wirklich niederzulassen. Sie erwarben Aufenthaltsgenehmigungen oder Staatsbürgerschaften, um ihr Vermögen vor einem launischen Regime zu schützen und einen sicheren Hafen für den Fall zu haben, dass das politische Umfeld zuhause gefährlicher werden sollte.
Ihre Kinder besuchten dort die Schule oder studierten, manchmal blieben auch ihre Mütter bei ihnen. Die übrigen Erwachsenen kehrten nach China zurück, nachdem ihr rechtlicher Status im Gastland gesichert war. Einige pendelten hin und her. Damals war China noch der Ort, an dem man leicht zu Geld kommen konnte. Korrupte Beamte kehrten natürlich nicht zurück, weil sie ja auf der Flucht waren.
Während sich die Zahl der reichen Chinesen in den folgenden Jahren vervielfachte, eröffneten sich auch mehr Auswanderungsziele, insbesondere in Europa. Im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 legten Spanien, Portugal, Griechenland und Malta Programme à la “Pässe für Investitionen” auf. Von diesen Programmen profitierten nicht nur die Superreichen, sondern auch die nur “relativ Reichen”.
Einer der beliebtesten Vorzüge dieser Länder ist eine hochwertige und kostengünstige Bildung. Tatsächlich ist seit 2013, als die chinesische Regierung die ideologische Zügel auf allen Bildungsebenen enger gezogen hatte, das Thema Bildung zu einem Hauptgrund für die Auswanderung geworden. Gerade viele Menschen aus der Mittelschicht flohen aus Sorge um eine kommende Generation, die einer Gehirnwäsche unterzogen wird.
Dann kam Covid mit seinen drakonischen Maßnahmen. Die Überwachung der Menschen wurde verstärkt und ihre Reisefreiheit eingeschränkt, sowohl im Inland als auch außerhalb des Landes. Ängste und Frustration gingen durch die Decke.
Geboren und zum geflügelten Wort wurde die Runologie aber erst, als Shanghai – Chinas kultivierteste und kosmopolitischste Stadt – drei Monate lang streng abgeriegelt wurde. Berichte, dass viele Menschen in dieser wohlhabenden Stadt wochenlang nicht genug zu essen hatten und von der notwendigen medizinischen Versorgung abgeschnitten waren, erschreckten jeden im Land, der noch einigermaßen unabhängig denken kann.
Die Katastrophe von Schanghai war ein Moment der Wahrheit. Viele erkannten, dass unter einem wahnsinnigen Führer und einer Partei, die nicht in der Lage ist, sich selbst zu korrigieren, von Menschen verursachte Katastrophen wie die große Hungersnot zwischen 1959 und 1961 nicht auszuschließen sind.
Was jetzt auf dem Spiel steht, sind nicht mehr nur das Vermögen, die Ausbildung und die Zukunft der Kinder, sondern auch das Überleben aller Familienmitglieder.
Die Abriegelung von Shanghai wurde im Juni aufgehoben. Zwei Monate später kamen die Drohungen von einer anderen Front: Taiwan. Nach dem Besuch der Insel durch die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, deuteten eine Reihe von Maßnahmen Chinas und Gegenmaßnahmen der USA und ihrer Verbündeten auf die Möglichkeit einer ernsthaften Eskalation hin.
Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Xi Jinping von seiner Absicht, ein totalitäres Regime aufzubauen und “Taiwan mit dem Vaterland zu vereinen”, abrücken wird. Ein Gefühl der Anspannung liegt in der Luft, während man auf die nächste Hiobsbotschaft wartet. In einer solchen Atmosphäre ist die Runologie eine nutzbringende Wissenschaft.
Maren Mecklenburg ist seit Anfang dieses Jahres neue Projekt Controllerin beim Audi-Elektro Joint Venture Audi FAW NEV Company China. Zuvor war die Controlling-Expertin Consultant Programmleitung Audi Transformationsplan in Ingolstadt.
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Fahrender Farbtupfer gegen das überwältigende Grau: In Wuhan, Hubei zieren Kirschblüten einen Zug der Metrolinie 1. Bis April fährt er in diesem Design. Ab dann muss der Frühling ran und mit echten blühenden Bäumen die Betonschluchten verschönern.