Table.Briefing: China

Lawrow in Peking + Globales Wachstum

Liebe Leserin, lieber Leser,

es wird interessant sein, zu sehen, wie die chinesische Regierung in Zukunft ihre Position zum Krieg zwischen Israel und der Hamas justieren wird. Sie hat sich zwar schon klar geäußert, indem sie eine Zwei-Staaten-Lösung forderte. Doch dass ausgerechnet die Volksrepublik dieses Konzept bewirbt, verursacht Stirnrunzeln.

Wer ihrer Argumentation folgen will, der mag in Umerziehung und Geburtenkontrolle in Xinjiang die Notwendigkeiten im Kampf gegen den Terrorismus erkennen. Denn in der Tat verübten Extremisten diverse Anschläge in der Region. Aber die Reaktion war nicht nur grenzenlos überzogen, sie erfüllte den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zahlreiche demokratische Regierungen und Parlamente nennen es sogar Völkermord.

Wenn Peking den Terroristen der Hamas jetzt einen eigenen Staat zugestehen will, dann sät sie Widersprüche in den Augen derer, die zwischen Terrorismus in Israel und Terrorismus in Xinjiang nicht unterscheiden wollen. Die neusten Entwicklungen zur Positionierung Chinas zum Nahost-Konflikt nimmt Finn Mayer-Kuckuk heute unter die Lupe.

Ein Blick in die Historie wirft derweil Frank Sieren, der den GDP-Tracker des Center for Strategic & International Studies entdeckt hat. Das Instrument zeichnet detailliert nach, wie sich die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse in den vergangenen 500 Jahren entwickelt und zugunsten eines Teiles der Welt verändert haben, der zunehmend selbstbewusst den Lauf der Welt mitbestimmen will. China wie immer mittendrin.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

China und Russland präsentieren sich als Friedensmächte

Sergej Lawrow und Wang Yi am Montag im Diaoyutai-Gästehaus.

Wladimir Putin schickt seinen Außenminister voraus: Kurz vor der inzwischen sehr wahrscheinlichen Teilnahme des russischen Präsidenten am Seidenstraßen-Gipfel ist Sergej Lawrow mit der russischen Delegation am Montag in Peking angenommen. Er hat gleich den ersten Tag für ein Gespräch unter Kollegen im Diaoyutai-Gästehaus genutzt und mit Chinas Außenminister Wang Yi über der Krieg zwischen Israel und der Hamas gesprochen. Das teilte das chinesische Außenministerium mit.

Wie in anderen Fragen gibt es große Übereinstimmung der Positionen zwischen China und Russland. “Große Länder” (大国) sollten eine entscheidende Rolle dabei spielen und möglichst schnell Verhandlungen herbeiführen, sagte Wang Yi. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollte eine Führungsrolle spielen – ein Gremium, in dem sowohl China als auch Russland vertreten sind.

Einigkeit bei Ursachen und Lösungen für Nahost-Konflikt

Es müssten “politische und diplomatische” Methoden zur Lösung des Nahost-Konflikts im Vordergrund stehen. “Politische und diplomatische” Methoden ist die gleiche Phrase, die die beiden Außenminister kurz zuvor im Zusammenhang mit dem “militärischen Konflikt in der Ukraine” verwendet haben.

Einigkeit besteht zwischen China und Russland nicht nur bei den möglichen Lösungen, sondern auch bei der Einschätzung der Ursachen des Nahost-Konflikts. Denn Wladimir Putin wiederholte am Montag in Moskau eine Position, die Wang Yi schon am Freitag vergangener Woche dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vorgetragen hatte: “Die USA tragen die Hauptverantwortung für die gegenwärtige Krise im Nahen Osten.”

Russland nimmt an Chinas Aktion gegen Japan teil

Es gab bei dem Treffen Wang-Lawrow auch viel chinesisches Lob für Russland. “China begrüßt die Wertschätzung des russischen Präsidenten für den Aufbau der ‘Belt and Road’-Initiative, und weiß die aktive Teilnahme Russlands sehr zu schätzen.” China unterstütze die rotierende Brics-Präsidentschaft Russlands im kommenden Jahr.

Beide Seiten müssten ihr “Vertrauensverhältnis” vertiefen, waren die Außenminister sich einig. Das erste konkrete Ergebnis der Freundschaftsbekundung folgte nur wenige Minuten später. Russland beteiligt sich Xinhua zufolge am Fisch-Boykott gegen Japan. Den Einfuhrstopp hatte China verhängt, nachdem das Nachbarland mit der Einleitung von schwach radioaktivem Wasser in den Pazifik begonnen hatte.

Vier chinesische Staatsbürger getötet

Damit wird Pekings Wunsch wahr, internationale Hebelwirkung bei den zahlreichen Konflikten mit seinen Nachbarn ausüben zu können. Der konkrete Effekt auf Japan ist jedoch gering. Russland hat 2022 nur 190 Tonnen Meeresfrüchte aus Japan importiert. Das ist nur ein winziger Teil der japanischen Exporte in Höhe von 634.000 Tonnen. Russland spielt für Japan eher eine Rolle als Anbieter, nicht als Abnehmer von Meeresprodukten.

Das chinesische Außenministerium teilte am Montag zudem mit, dass in dem Krieg zwischen Israel und der Hamas vier chinesische Staatsbürger getötet und sechs verletzt worden seien, zwei gelten als vermisst. Derzeit seien kommerzielle Flüge zwischen China und Israel noch in Betrieb, teilte das Ministerium mit.

  • Geopolitik
  • Russland
Translation missing.

China als Motor für den Aufstieg der Brics

Der Anteil des Westens an der Weltwirtschaft hat seinen Zenit lange überschritten. Schon seit mehr als 70 Jahren befindet er sich auf Abwärtskurs. Dafür legen anderen Akteure seit Jahrzehnten kontinuierlich zu. Vor allem der Anteil Chinas hat stark zugenommen. Doch auffällig ist auch die gewachsene Bedeutung der übrigen Brics-Staaten für die Weltwirtschaft. Deren neues Selbstbewusstsein liegt hier begründet.

Seit 20 Jahren liegt der Anteil vom Rest der Welt – also jenem Teil ohne die größten Volkswirtschaften USA und China – bei rund 45 Prozent. Tendenz steigend. Damit hat sich ein jahrhundertealtes Kräfteverhältnis verschoben. Zwischen den Jahren 1500 und 1950 hatte der Anteil vom Rest der Welt nur 30 bis 35 Prozent betragen. Brics trägt der wirtschaftlichen Relevanz Brasiliens, Russlands, Indiens und Südafrikas 20 Jahre nach dem Beginn dieser Entwicklung nun auch institutionell Rechnung.

Zwischen 1500 und 1700 war die wirtschaftliche Weltordnung an der Kaufkraft gemessen sehr stabil: China und Indien hatten Anteile zwischen jeweils 22 und 25 Prozent, Japan, Deutschland und Russland lagen bei jeweils rund vier Prozent. Frankreich war etwas stärker (5%) und England etwas schwächer (3%). Dann aber folgten dramatische Veränderungen, als Chinas Anteil im Jahr 1820 auf 33 Prozent deutlich zunahm. Bis heute ist es der historische Höchstwert. Diese Entwicklung war vor allem auf Kosten Indiens gegangen.

1820 folgte der Knick für Chinas Wirtschaft

1820 kam dann der große Knick: China hatte den Gipfel seiner Entwicklung erreicht und begann einen dramatischen Abstieg zu Gunsten der USA und der europäischen Nationen. Der Innovationsschub der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die industrielle Revolution war in China unterschätzt, ja geradezu übersehen worden. Die Konsequenzen waren dramatisch: China wurde in den Jahrzehnten danach vom Westen teilkolonialisiert.

80 Jahre später sah die Welt wieder anders aus. China hatte zwei Drittel seines Anteils an der Weltwirtschaft eingebüßt und kam nur noch auf elf Prozent. Die USA hatten China nun überholt und lagen bereits bei 16 Prozent. Auch Indiens Anteil hatte sich in 200 Jahren mehr als halbiert – von 24 auf neun Prozent.

Neben den USA war Deutschland der große Gewinner mit einem Anteil von acht Prozent, aber auch die Russen mit einem Anteil von acht Prozent und England sogar mit einem Anteil von neun Prozent. Das kleine England war also nun fast auf dem Niveau des großen China, dicht gefolgt von Deutschland, das 1913 mit einem Anteil von neun Prozent ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg sein Allzeithoch erreichten sollte.

Seit 1980 prägt Chinas Aufstieg die Weltwirtschaft

1950 erreichte die Weltmacht USA dann den Höhepunkt ihrer Entwicklung mit 27 Prozent Anteil an der Weltwirtschaft, fast so viel wie China in seinen besten Zeiten. China hingegen war auf einem vorläufigen Tiefpunkt von fünf Prozent angelangt, der niedrigste Wert in mehr als 500 Jahren. Aber auch Indien war inzwischen auf vier Prozent geschrumpft. Die Sowjetunion kam auf zehn Prozent. England war mit sieben Prozent die stärkste Macht Europas.

Zu Beginn der chinesischen Öffnungspolitik um 1980 hatte sich Chinas Anteil wenig verändert. Japan war nun die wichtigste asiatische Macht. Die folgenden gut 40 Jahre aber sollten vom Aufstieg der Volksrepublik geprägt werden. Der Abstieg des Westens beschleunigte sich. Der Anteil der USA halbierte sich seit 1950 auf 15 Prozent. Seit 1980 schneller als in den Jahrzehnten zuvor.

Brics-Staaten haben höheres GDP als die G7

An der Kaufkraft gemessen lag Chinas Anteil an der Wirtschaftsleistung 2022 bei knapp 19 Prozent. Der der USA bei gut 15 Prozent. Der Anteil der Japaner (3,7 Prozent) hat sich in nur 40 Jahren mehr als halbiert. Russland hat sogar mehr als zwei Drittel seiner Wirtschaftskraft eingebüßt und liegt nun bei 2,7 Prozent. Die Inder liegen mit 7,2 Prozent Anteil inzwischen fast auf dem Niveau der Japaner in den 1980er-Jahren und sind damit ein relativer Gewinner in den vergangenen 40 Jahren.

Stark zugelegt haben kombiniert die Brics-Staaten. Sie haben gemeinsam 37 Prozent Anteil an der Weltwirtschaft, während die G7 nur 29 Prozent haben. Sie haben deshalb ein einfaches Ziel: Die Regeln der Welt so umzugestalten, dass sie gemeinsam noch schneller wachsen und auch die Länder mitziehen, die ihren Anteil an der Weltwirtschaft noch nicht verbessern konnten: Dazu gehört zum Beispiel auch Südafrika. Dessen Anteil ist in den letzten Jahren leicht auf nun gut 0,5 Prozent gesunken. Das gilt auch für Brasilien. Ganz Afrika hingegen hat mit fünf Prozent nun deutlich mehr als Russland.   

Asien wächst 2023 fünfmal stärker als Europa

Die Entwicklung der Brics-Staaten als Ganzes verläuft zurzeit also stabil. Die Lokomotiven bleiben vor allem China und Indien. Die Volksrepublik wächst 2023, selbst wenn es schlecht läuft, mehr als doppelt so stark wie die USA bei einem an der Kaufkraft gemessen schon höheren Bruttoinlandsprodukt. Selbst skeptische Voraussagen gehen noch von 4,5 Prozent aus. Dagegen sieht der Internationale Währungsfond ein US-Wachstum von nur 1,8 Prozent. Indien könnte sogar drei Mal so viel wachsen wie die USA. Ganz Asien wächst mit 5,3 Prozent.

Bei Europa sieht das Bild noch eindeutiger aus. Der IWF geht von einem Wachstum von 0,9 Prozent für die Euroländer aus. China wächst demnach mehr als vier Mal so viel wie Europa und Indien sechs Mal so viel – im Einklang mit einem historischen Trend.

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News

Milliarden-Spritze: Zentralbank stützt chinesische Banken

Die chinesische Zentralbank wirkt den Risiken der Konjunkturflaute entgegen und flutet das heimische Bankensystem mit Geld. Um die Geldhäuser ausreichend zu versorgen, werden mittelfristige Kreditfazilitäten (MLF) im Wert von 789 Milliarden Yuan (104 Milliarden Euro) bereitgestellt, wie die Notenbank am Montag in Peking mitteilte. Da zugleich Kredite im Wert von 500 Milliarden Yuan an die Zentralbank zurückgezahlt werden müssen, pumpt sie unter dem Strich 289 Milliarden Yuan in das Bankensystem – die größte derartige Geldspritze seit fast drei Jahren.

“Die Zentralbank möchte Liquidität bereitstellen, um den Stress auf dem Markt zu lindern”, sagte Analyst Stone Zhou vom Finanzhaus UOB China. In diesem Monat müssen zahlreiche chinesische Kommunen neue Anleihen auflegen, um ausstehende Verbindlichkeiten zu begleichen. Schätzungen zufolge könnte die Emission solcher Anleihen in diesem Jahr mindestens eine Billion Yuan erreichen.

Angesichts der anhaltenden Wirtschaftsflaute haben die Währungshüter den Banken bereits mehr Spielraum bei der Kreditvergabe eingeräumt. Die Konjunktur kommt jedoch nicht so in Gang, wie von der Regierung erhofft. Die Probleme: Chinas Exportmotor stottert. Hinzu kommt eine steigende Arbeitslosigkeit und ein schwächelnder Konsum. rtr/grz

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USA wollen Schlupflöcher für Chip-Exporte schließen

Die USA erwägen offenbar strengere Vorschriften für die Exporte von Mikrochips. Wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr, zielt die geplante Verschärfung insbesondere auf Halbleiter für Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ab. Hintergrund ist die Absicht, mögliche Schlupflöcher für den Export solcher Chips in die Volksrepublik China zu stopfen. Die ursprünglichen Exportbeschränkungen wurden im Oktober vergangenen Jahres erlassen. Die geplanten Ergänzungen könnten in den kommenden Tagen beschlossen werden.

Die bisherigen Beschränkungen verhindern, dass beispielsweise der US-Konzern Nvidia zwei seiner fortgeschrittensten KI-Chips nach China exportiert. Der auch für seine Grafikkarten bekannte Hersteller brachte jedoch Varianten auf den Markt, bei denen die Verbote nicht greifen. rtr/grz

  • Chips

Nickel-Produzent Tsingshan expandiert in Südamerika

Das chinesische Nickel- und Edelstahlunternehmen Tsingshan treibt seine Expansion in Südamerika weiter voran. Am Montag verkündete der chilenische Präsident Gabriel Boric, dass man sich mit der privaten Firma aus der Provinz Zhejiang auf eine Investition in Höhe von 250 Millionen US-Dollar im Norden des Landes geeinigt habe. Die Investition soll laut Boric Bestandteil einer Lithium-Wertschöpfungskette von Tsingshan sein.

Erst Anfang September hatte das Unternehmen den Bau einer elektrochemischen Anlage in der Provinz Jujuy im Nordwesten Argentiniens für 120 Millionen US-Dollar angekündigt. Von dort aus sollen Rohstoffe für die Produktion von Lithiumcarbonat in Argentinien, aber auch den benachbarten Staaten Chile und Bolivien geliefert werden. Beide Projekte sind Teil der chinesischen “Belt and Road”-Initiative. rtr/grz

  • Neue Seidenstraße

Vize-Ministerpräsident zeigt DJI “grenzenlose Unterstützung”

Chinas stellvertretender Ministerpräsident Ding Xuexiang hat mit seinem Besuch beim Drohnenhersteller DJI in Shenzhen ein Zeichen der Unterstützung gesetzt. DJI steht auf einer schwarzen Liste der US-Regierung. Sie ist Grundlage für Restriktionen des US-Wirtschaftsministeriums. Dazu kann auch das Verbot für US-amerikanische Unternehmen gehören, in die chinesischen Konzerne zu investieren.

Die Reise, die am Sonntag zu Ende ging, deutete darauf hin, dass es “grenzenlose Unterstützung” von lokalen Behörden und Ministerien der Zentralregierung geben werde, um Sanktionen anzugehen und eine Initiative zur technologischen Eigenständigkeit umzusetzen, sagte Li Jin, Wissenschaftler an der Renmin-Universität von China, der Zeitung “South China Morning Post”.

DJI ist Weltmarktführer im Bereich ziviler Drohnen. DJI-Drohnen sind auf dem Endverbraucher-Markt ebenso wie im Profibereich unter anderem für Filmaufnahmen beliebt. Allerdings steht auch der Vorwurf im Raum, dass sie vom russischen Militär im Krieg gegen die Ukraine zum Einsatz gekommen sein könnten. DJI streitet dies ab. 

Dings Besuch folgt auf die Inspektionstour von Ministerpräsident Li Qiang in die Provinz Zhejiang Anfang dieses Monats. Li besuchte dort unter anderem auch Hikvision Digital Technology, Chinas führenden Hersteller von Überwachungssystemen. Li kritisierte bei seinem Besuch die unfairen Handelsbeschränkungen der USA. Auch Hikvision wurde Anfang des Jahres vom US-Handelsministerium wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen sanktioniert. rad

  • Handel
  • Technologie
  • USA

Presseschau

Putin bekräftigt vor China-Reise Lob für Pekings Friedensvorschläge SUEDDEUTSCHE
Putin beim Seidenstraßen-Forum in China: Ein Freund in Peking FAZ
China greets Orbán as only EU leader at Belt and Road summit EURACTIV
Russlands Außenminister Lawrow besucht China, dann Nordkorea EURONEWS
Keine Reaktion aus der Volksrepublik: Russischer Finanzminister räumt Abhängigkeit von Drohnen aus China ein TAGESSPIEGEL
Palestinian envoy urges China to help end Israel-Hamas war STRAITSTIMES
China calls for ceasefire in Israel, suggests mediation at meeting with Russia REUTERS
Krieg in Israel: Chinas Doppelstrategie zwischen Vermittlung und Antisemitismus SUEDDEUTSCHE
Gefahr durch Iran, Russland und China: Die Weltlage stellt Deutschlands Geheimdienste vor Herausforderungen TAGESSPIEGEL
Regierung baut Investitionsgarantien um und will Wirtschaft unabhängiger von China machen HANDELSBLATT
Deutschland-Chefs der Videoplattform: “Nein, China hat keinen Einfluss auf Tiktok” TAGESSPIEGEL
USA planen neue China-Sanktionen für KI-Chips ZDNET
Russia joins China in suspending seafood imports from Japan NHK
E-Autos im Vergleichstest: Korea schlägt Deutschland und China ELEKTROAUTO-NEWS
China pumpt 103 Milliarden Euro in Bankensystem DERSTANDARD
Ex-Vorstand der Bank of China festgenommen WORT
China’s economy is on shaky ground – but its movie industry is hitting historic box office records BUSINESSINSIDER
iPhone 15 sales disappoint in China, says broker IRISHEXAMINER
Chinas Wirtschaftskrise zum Trotz: Clariant will im Reich der Mitte weiter expandieren NZZ
SMIC, Alibaba lead tech slide in Hong Kong as market braces for new US curbs while the Israel-Hamas war saps risk appetite SCMP
Neuer unaussprechlichem Standard: China-Autos laden dreimal schneller als unsere EFAHRER
Hongkongs Kulturviertel West Kowloon: ein Muss für Kunstliebhaber EURONEWS

Heads

David Dollar – Auch gegen den Zeitgeist

David Dollar, 1954-2023.

Es ist noch gar nicht so lange her, da war es um die Beziehungen zwischen China und den USA deutlich besser bestellt. Mehr noch, Peking und Washington wollten vor allem ihren wirtschaftlichen Austausch sogar verbessern. Einer, der maßgeblichen Anteil am Gelingen dieses Unterfangens hatte, war David Dollar – zuerst als Landesdirektor für China bei der Weltbank, dann als Beamter des US-Finanzministeriums und zuletzt als China-Experte beim Thinktank Brookings in Washington.

Dollars Interesse an China zeichnete sich schon früh in seinem Leben ab. Geboren 1954 im US-Bundesstaat Missouri, entdeckte Dollar an der Dartmouth University seine Leidenschaft für die chinesische Geschichte und Kultur. Sie sollte den Rest seines Lebens prägen. Sein herausragender Studienabschluss bescherte ihm ein Stipendium – und Dollar entschied sich, in Taiwan Mandarin zu lernen und kreuz und quer durch Südostasien zu reisen. Spätestens jetzt war der Grundstein für seine weitere China-Karriere gelegt.

Zwar folgte zunächst eine kurze Rückkehr in die USA, wo er an der New York University seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften machte und anschließend an der University of California als Assistenzprofessor unterrichtete. Doch schon 1986 zog es Dollar wieder nach China – dieses Mal als Gastprofessor an der Graduiertenschule der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. In jener Zeit lernte er auch seine spätere Frau Paige kennen.

Der erste Dollar der Weltbank

1989 wechselte Dollar zur Weltbank. Er blieb 20 Jahre lang und stieg auf bis zum Landesdirektor für China und die Mongolei. Seine Arbeitsthese lautete: Globaler Handel und Investitionen führen in armen Ländern zu Wachstum; wobei ausländische Hilfe vor allem in Ländern mit guter Regierungsführung das Wachstum beschleunige. Beide Annahmen sind in der heutigen Forschung umstritten, hatten damals jedoch in vielen Ländern großen Einfluss auf deren Entwicklung.

Denn Dollar suchte immer wieder den Austausch mit Regierungen und Menschen vor Ort. So war er Anfang der 1990er-Jahre mit seinen Empfehlungen an der wirtschaftlichen Erneuerung Vietnams beteiligt. Das kommunistische Land ließ ausländische Investitionen zu und begann, privates Unternehmertum zu fördern. Vietnamesische Wirtschaftsbeamte sollen damals gescherzt haben: David sei der erste Dollar gewesen, den die Weltbank Vietnam zur Verfügung gestellt habe.

Dollars Enger Austausch mit lokalen Wirtschaftsbeamten

Doch Dollars Hauptinteresse galt weiterhin China, wo er von 2004 bis 2013 auch fast ein Jahrzehnt lang lebte. Fünf Jahre stand er dort als Landesdirektor der Weltbank vor allem auf Provinzebene in engem Austausch mit chinesischen Wirtschaftsbeamten. Durch seine guten Kontakte und seine Sprachkenntnisse gelang es Dollar, Vertrauen aufzubauen. Vor allem bei Kadern, die mit Marktreformen experimentierten wollten, fanden Dollars Empfehlungen Gehör und hatten Einfluss auf lokale Entscheidungen – wenn auch nicht immer auf direktem Weg.

So entstand unter Dollars Leitung beispielsweise eine Untersuchung über die Umweltsünden in China. Die schmerzhafte Schlussfolgerung: Durch die verheerende Verschmutzung war es damals jährlich zu rund 750.000 vorzeitigen Todesfällen im Land gekommen. Die Reaktion in Peking war absehbar. Widerstand und Ablehnung, als Konsequenz wurde die Weltbank-Studie nie veröffentlicht. Die Schätzung der Todesfälle wurde dennoch bekannt. Und: “Es hat dazu beigetragen, die Behörden davon zu überzeugen, das Problem ernster zu nehmen”, erinnert sich Bert Hofman, der später Dollars Nachfolger als Landesdirektor der Weltbank wurde.

Dollars Kontakte auch für Obama wertvoll

2009 wechselte Dollar ins US-amerikanische Finanzministerium, wo er fortan als Wirtschafts- und Finanzbeauftragter in Peking arbeitete. Seine fachlichen Kenntnisse, vor allem aber auch seine guten Verbindungen machten ihn für die Obama-Regierung besonders wertvoll.

2013 schließlich zog es ihn in die Heimat, wo er China eng verbunden blieb. In Washington heuerte er als Senior Fellow beim “John L. Thornton China Center” der Brookings Institution an, wo er unter anderem als erster Brookings-Wissenschaftler einen eigenen Podcast mit dem Titel “Dollar & Sense” moderierte.

Dem Zeitgeist zum Trotz

Das politische Klima hatte sich inzwischen zwar geändert, der Zeitgeist lautete nun Handelskonflikt und Decoupling. Dennoch war Dollar auch weiterhin gefragt als Experte für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China. Immer wieder meldete er sich mit Kommentaren und Forschungsberichten zu Wort.

Dollar argumentierte, dass Washingtons Handelsstreit gegen China “schlecht” und “gescheitert” sei: Der Handelskrieg mit China werde seiner Meinung nach nicht dazu führen, das US-Handelsdefizit zu verringern oder Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe zurück in die USA zu holen.

Am 6. Oktober 2023 verstarb Dollar im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Knochenmarktransplantation. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Michael Radunski

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Personalie

Haide Hong wird Head of China Private Equity Investments bei der US-Investmentgesellschaft Blackstone. Hong ist seit zehn Jahren bei Blackstone, verbrachte die vergangenen zwei Jahre in London. Nun kehrt Hong nach Asien zurück und wird ab 1. Januar die Investitionsbemühungen in Shanghai leiten.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Eigentlich war Momo nur der Name einer Voreinstellung für neu angelegte Konten auf den chinesischen Social-Media-Plattformen Douban und Xiaohongshu. Doch dann entdeckten die Nutzer, dass sie unter dem Pseudonym und dem dazugehörigen pinken Emoji-Profilbild weitgehend unentdeckt ihre Meinung kundtun konnten. Mittlerweile gibt es zigtausende Momos, die in Chinas streng zensiertem Internet Klatsch und Tratsch teilen, aber auch ernste Themen wie Frauenrechte und Jugendarbeitslosigkeit diskutieren. Die Masse bietet dabei Schutz vor schneller Enttarnung. Aber nicht vollständig: In China muss jeder Social-Media-Account mit einer Handynummer verifiziert werden, die jeweils mit dem Personalausweis registriert ist.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es wird interessant sein, zu sehen, wie die chinesische Regierung in Zukunft ihre Position zum Krieg zwischen Israel und der Hamas justieren wird. Sie hat sich zwar schon klar geäußert, indem sie eine Zwei-Staaten-Lösung forderte. Doch dass ausgerechnet die Volksrepublik dieses Konzept bewirbt, verursacht Stirnrunzeln.

    Wer ihrer Argumentation folgen will, der mag in Umerziehung und Geburtenkontrolle in Xinjiang die Notwendigkeiten im Kampf gegen den Terrorismus erkennen. Denn in der Tat verübten Extremisten diverse Anschläge in der Region. Aber die Reaktion war nicht nur grenzenlos überzogen, sie erfüllte den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, zahlreiche demokratische Regierungen und Parlamente nennen es sogar Völkermord.

    Wenn Peking den Terroristen der Hamas jetzt einen eigenen Staat zugestehen will, dann sät sie Widersprüche in den Augen derer, die zwischen Terrorismus in Israel und Terrorismus in Xinjiang nicht unterscheiden wollen. Die neusten Entwicklungen zur Positionierung Chinas zum Nahost-Konflikt nimmt Finn Mayer-Kuckuk heute unter die Lupe.

    Ein Blick in die Historie wirft derweil Frank Sieren, der den GDP-Tracker des Center for Strategic & International Studies entdeckt hat. Das Instrument zeichnet detailliert nach, wie sich die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse in den vergangenen 500 Jahren entwickelt und zugunsten eines Teiles der Welt verändert haben, der zunehmend selbstbewusst den Lauf der Welt mitbestimmen will. China wie immer mittendrin.

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    China und Russland präsentieren sich als Friedensmächte

    Sergej Lawrow und Wang Yi am Montag im Diaoyutai-Gästehaus.

    Wladimir Putin schickt seinen Außenminister voraus: Kurz vor der inzwischen sehr wahrscheinlichen Teilnahme des russischen Präsidenten am Seidenstraßen-Gipfel ist Sergej Lawrow mit der russischen Delegation am Montag in Peking angenommen. Er hat gleich den ersten Tag für ein Gespräch unter Kollegen im Diaoyutai-Gästehaus genutzt und mit Chinas Außenminister Wang Yi über der Krieg zwischen Israel und der Hamas gesprochen. Das teilte das chinesische Außenministerium mit.

    Wie in anderen Fragen gibt es große Übereinstimmung der Positionen zwischen China und Russland. “Große Länder” (大国) sollten eine entscheidende Rolle dabei spielen und möglichst schnell Verhandlungen herbeiführen, sagte Wang Yi. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sollte eine Führungsrolle spielen – ein Gremium, in dem sowohl China als auch Russland vertreten sind.

    Einigkeit bei Ursachen und Lösungen für Nahost-Konflikt

    Es müssten “politische und diplomatische” Methoden zur Lösung des Nahost-Konflikts im Vordergrund stehen. “Politische und diplomatische” Methoden ist die gleiche Phrase, die die beiden Außenminister kurz zuvor im Zusammenhang mit dem “militärischen Konflikt in der Ukraine” verwendet haben.

    Einigkeit besteht zwischen China und Russland nicht nur bei den möglichen Lösungen, sondern auch bei der Einschätzung der Ursachen des Nahost-Konflikts. Denn Wladimir Putin wiederholte am Montag in Moskau eine Position, die Wang Yi schon am Freitag vergangener Woche dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell vorgetragen hatte: “Die USA tragen die Hauptverantwortung für die gegenwärtige Krise im Nahen Osten.”

    Russland nimmt an Chinas Aktion gegen Japan teil

    Es gab bei dem Treffen Wang-Lawrow auch viel chinesisches Lob für Russland. “China begrüßt die Wertschätzung des russischen Präsidenten für den Aufbau der ‘Belt and Road’-Initiative, und weiß die aktive Teilnahme Russlands sehr zu schätzen.” China unterstütze die rotierende Brics-Präsidentschaft Russlands im kommenden Jahr.

    Beide Seiten müssten ihr “Vertrauensverhältnis” vertiefen, waren die Außenminister sich einig. Das erste konkrete Ergebnis der Freundschaftsbekundung folgte nur wenige Minuten später. Russland beteiligt sich Xinhua zufolge am Fisch-Boykott gegen Japan. Den Einfuhrstopp hatte China verhängt, nachdem das Nachbarland mit der Einleitung von schwach radioaktivem Wasser in den Pazifik begonnen hatte.

    Vier chinesische Staatsbürger getötet

    Damit wird Pekings Wunsch wahr, internationale Hebelwirkung bei den zahlreichen Konflikten mit seinen Nachbarn ausüben zu können. Der konkrete Effekt auf Japan ist jedoch gering. Russland hat 2022 nur 190 Tonnen Meeresfrüchte aus Japan importiert. Das ist nur ein winziger Teil der japanischen Exporte in Höhe von 634.000 Tonnen. Russland spielt für Japan eher eine Rolle als Anbieter, nicht als Abnehmer von Meeresprodukten.

    Das chinesische Außenministerium teilte am Montag zudem mit, dass in dem Krieg zwischen Israel und der Hamas vier chinesische Staatsbürger getötet und sechs verletzt worden seien, zwei gelten als vermisst. Derzeit seien kommerzielle Flüge zwischen China und Israel noch in Betrieb, teilte das Ministerium mit.

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    China als Motor für den Aufstieg der Brics

    Der Anteil des Westens an der Weltwirtschaft hat seinen Zenit lange überschritten. Schon seit mehr als 70 Jahren befindet er sich auf Abwärtskurs. Dafür legen anderen Akteure seit Jahrzehnten kontinuierlich zu. Vor allem der Anteil Chinas hat stark zugenommen. Doch auffällig ist auch die gewachsene Bedeutung der übrigen Brics-Staaten für die Weltwirtschaft. Deren neues Selbstbewusstsein liegt hier begründet.

    Seit 20 Jahren liegt der Anteil vom Rest der Welt – also jenem Teil ohne die größten Volkswirtschaften USA und China – bei rund 45 Prozent. Tendenz steigend. Damit hat sich ein jahrhundertealtes Kräfteverhältnis verschoben. Zwischen den Jahren 1500 und 1950 hatte der Anteil vom Rest der Welt nur 30 bis 35 Prozent betragen. Brics trägt der wirtschaftlichen Relevanz Brasiliens, Russlands, Indiens und Südafrikas 20 Jahre nach dem Beginn dieser Entwicklung nun auch institutionell Rechnung.

    Zwischen 1500 und 1700 war die wirtschaftliche Weltordnung an der Kaufkraft gemessen sehr stabil: China und Indien hatten Anteile zwischen jeweils 22 und 25 Prozent, Japan, Deutschland und Russland lagen bei jeweils rund vier Prozent. Frankreich war etwas stärker (5%) und England etwas schwächer (3%). Dann aber folgten dramatische Veränderungen, als Chinas Anteil im Jahr 1820 auf 33 Prozent deutlich zunahm. Bis heute ist es der historische Höchstwert. Diese Entwicklung war vor allem auf Kosten Indiens gegangen.

    1820 folgte der Knick für Chinas Wirtschaft

    1820 kam dann der große Knick: China hatte den Gipfel seiner Entwicklung erreicht und begann einen dramatischen Abstieg zu Gunsten der USA und der europäischen Nationen. Der Innovationsschub der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die industrielle Revolution war in China unterschätzt, ja geradezu übersehen worden. Die Konsequenzen waren dramatisch: China wurde in den Jahrzehnten danach vom Westen teilkolonialisiert.

    80 Jahre später sah die Welt wieder anders aus. China hatte zwei Drittel seines Anteils an der Weltwirtschaft eingebüßt und kam nur noch auf elf Prozent. Die USA hatten China nun überholt und lagen bereits bei 16 Prozent. Auch Indiens Anteil hatte sich in 200 Jahren mehr als halbiert – von 24 auf neun Prozent.

    Neben den USA war Deutschland der große Gewinner mit einem Anteil von acht Prozent, aber auch die Russen mit einem Anteil von acht Prozent und England sogar mit einem Anteil von neun Prozent. Das kleine England war also nun fast auf dem Niveau des großen China, dicht gefolgt von Deutschland, das 1913 mit einem Anteil von neun Prozent ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg sein Allzeithoch erreichten sollte.

    Seit 1980 prägt Chinas Aufstieg die Weltwirtschaft

    1950 erreichte die Weltmacht USA dann den Höhepunkt ihrer Entwicklung mit 27 Prozent Anteil an der Weltwirtschaft, fast so viel wie China in seinen besten Zeiten. China hingegen war auf einem vorläufigen Tiefpunkt von fünf Prozent angelangt, der niedrigste Wert in mehr als 500 Jahren. Aber auch Indien war inzwischen auf vier Prozent geschrumpft. Die Sowjetunion kam auf zehn Prozent. England war mit sieben Prozent die stärkste Macht Europas.

    Zu Beginn der chinesischen Öffnungspolitik um 1980 hatte sich Chinas Anteil wenig verändert. Japan war nun die wichtigste asiatische Macht. Die folgenden gut 40 Jahre aber sollten vom Aufstieg der Volksrepublik geprägt werden. Der Abstieg des Westens beschleunigte sich. Der Anteil der USA halbierte sich seit 1950 auf 15 Prozent. Seit 1980 schneller als in den Jahrzehnten zuvor.

    Brics-Staaten haben höheres GDP als die G7

    An der Kaufkraft gemessen lag Chinas Anteil an der Wirtschaftsleistung 2022 bei knapp 19 Prozent. Der der USA bei gut 15 Prozent. Der Anteil der Japaner (3,7 Prozent) hat sich in nur 40 Jahren mehr als halbiert. Russland hat sogar mehr als zwei Drittel seiner Wirtschaftskraft eingebüßt und liegt nun bei 2,7 Prozent. Die Inder liegen mit 7,2 Prozent Anteil inzwischen fast auf dem Niveau der Japaner in den 1980er-Jahren und sind damit ein relativer Gewinner in den vergangenen 40 Jahren.

    Stark zugelegt haben kombiniert die Brics-Staaten. Sie haben gemeinsam 37 Prozent Anteil an der Weltwirtschaft, während die G7 nur 29 Prozent haben. Sie haben deshalb ein einfaches Ziel: Die Regeln der Welt so umzugestalten, dass sie gemeinsam noch schneller wachsen und auch die Länder mitziehen, die ihren Anteil an der Weltwirtschaft noch nicht verbessern konnten: Dazu gehört zum Beispiel auch Südafrika. Dessen Anteil ist in den letzten Jahren leicht auf nun gut 0,5 Prozent gesunken. Das gilt auch für Brasilien. Ganz Afrika hingegen hat mit fünf Prozent nun deutlich mehr als Russland.   

    Asien wächst 2023 fünfmal stärker als Europa

    Die Entwicklung der Brics-Staaten als Ganzes verläuft zurzeit also stabil. Die Lokomotiven bleiben vor allem China und Indien. Die Volksrepublik wächst 2023, selbst wenn es schlecht läuft, mehr als doppelt so stark wie die USA bei einem an der Kaufkraft gemessen schon höheren Bruttoinlandsprodukt. Selbst skeptische Voraussagen gehen noch von 4,5 Prozent aus. Dagegen sieht der Internationale Währungsfond ein US-Wachstum von nur 1,8 Prozent. Indien könnte sogar drei Mal so viel wachsen wie die USA. Ganz Asien wächst mit 5,3 Prozent.

    Bei Europa sieht das Bild noch eindeutiger aus. Der IWF geht von einem Wachstum von 0,9 Prozent für die Euroländer aus. China wächst demnach mehr als vier Mal so viel wie Europa und Indien sechs Mal so viel – im Einklang mit einem historischen Trend.

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    Milliarden-Spritze: Zentralbank stützt chinesische Banken

    Die chinesische Zentralbank wirkt den Risiken der Konjunkturflaute entgegen und flutet das heimische Bankensystem mit Geld. Um die Geldhäuser ausreichend zu versorgen, werden mittelfristige Kreditfazilitäten (MLF) im Wert von 789 Milliarden Yuan (104 Milliarden Euro) bereitgestellt, wie die Notenbank am Montag in Peking mitteilte. Da zugleich Kredite im Wert von 500 Milliarden Yuan an die Zentralbank zurückgezahlt werden müssen, pumpt sie unter dem Strich 289 Milliarden Yuan in das Bankensystem – die größte derartige Geldspritze seit fast drei Jahren.

    “Die Zentralbank möchte Liquidität bereitstellen, um den Stress auf dem Markt zu lindern”, sagte Analyst Stone Zhou vom Finanzhaus UOB China. In diesem Monat müssen zahlreiche chinesische Kommunen neue Anleihen auflegen, um ausstehende Verbindlichkeiten zu begleichen. Schätzungen zufolge könnte die Emission solcher Anleihen in diesem Jahr mindestens eine Billion Yuan erreichen.

    Angesichts der anhaltenden Wirtschaftsflaute haben die Währungshüter den Banken bereits mehr Spielraum bei der Kreditvergabe eingeräumt. Die Konjunktur kommt jedoch nicht so in Gang, wie von der Regierung erhofft. Die Probleme: Chinas Exportmotor stottert. Hinzu kommt eine steigende Arbeitslosigkeit und ein schwächelnder Konsum. rtr/grz

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    USA wollen Schlupflöcher für Chip-Exporte schließen

    Die USA erwägen offenbar strengere Vorschriften für die Exporte von Mikrochips. Wie die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr, zielt die geplante Verschärfung insbesondere auf Halbleiter für Anwendungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ab. Hintergrund ist die Absicht, mögliche Schlupflöcher für den Export solcher Chips in die Volksrepublik China zu stopfen. Die ursprünglichen Exportbeschränkungen wurden im Oktober vergangenen Jahres erlassen. Die geplanten Ergänzungen könnten in den kommenden Tagen beschlossen werden.

    Die bisherigen Beschränkungen verhindern, dass beispielsweise der US-Konzern Nvidia zwei seiner fortgeschrittensten KI-Chips nach China exportiert. Der auch für seine Grafikkarten bekannte Hersteller brachte jedoch Varianten auf den Markt, bei denen die Verbote nicht greifen. rtr/grz

    • Chips

    Nickel-Produzent Tsingshan expandiert in Südamerika

    Das chinesische Nickel- und Edelstahlunternehmen Tsingshan treibt seine Expansion in Südamerika weiter voran. Am Montag verkündete der chilenische Präsident Gabriel Boric, dass man sich mit der privaten Firma aus der Provinz Zhejiang auf eine Investition in Höhe von 250 Millionen US-Dollar im Norden des Landes geeinigt habe. Die Investition soll laut Boric Bestandteil einer Lithium-Wertschöpfungskette von Tsingshan sein.

    Erst Anfang September hatte das Unternehmen den Bau einer elektrochemischen Anlage in der Provinz Jujuy im Nordwesten Argentiniens für 120 Millionen US-Dollar angekündigt. Von dort aus sollen Rohstoffe für die Produktion von Lithiumcarbonat in Argentinien, aber auch den benachbarten Staaten Chile und Bolivien geliefert werden. Beide Projekte sind Teil der chinesischen “Belt and Road”-Initiative. rtr/grz

    • Neue Seidenstraße

    Vize-Ministerpräsident zeigt DJI “grenzenlose Unterstützung”

    Chinas stellvertretender Ministerpräsident Ding Xuexiang hat mit seinem Besuch beim Drohnenhersteller DJI in Shenzhen ein Zeichen der Unterstützung gesetzt. DJI steht auf einer schwarzen Liste der US-Regierung. Sie ist Grundlage für Restriktionen des US-Wirtschaftsministeriums. Dazu kann auch das Verbot für US-amerikanische Unternehmen gehören, in die chinesischen Konzerne zu investieren.

    Die Reise, die am Sonntag zu Ende ging, deutete darauf hin, dass es “grenzenlose Unterstützung” von lokalen Behörden und Ministerien der Zentralregierung geben werde, um Sanktionen anzugehen und eine Initiative zur technologischen Eigenständigkeit umzusetzen, sagte Li Jin, Wissenschaftler an der Renmin-Universität von China, der Zeitung “South China Morning Post”.

    DJI ist Weltmarktführer im Bereich ziviler Drohnen. DJI-Drohnen sind auf dem Endverbraucher-Markt ebenso wie im Profibereich unter anderem für Filmaufnahmen beliebt. Allerdings steht auch der Vorwurf im Raum, dass sie vom russischen Militär im Krieg gegen die Ukraine zum Einsatz gekommen sein könnten. DJI streitet dies ab. 

    Dings Besuch folgt auf die Inspektionstour von Ministerpräsident Li Qiang in die Provinz Zhejiang Anfang dieses Monats. Li besuchte dort unter anderem auch Hikvision Digital Technology, Chinas führenden Hersteller von Überwachungssystemen. Li kritisierte bei seinem Besuch die unfairen Handelsbeschränkungen der USA. Auch Hikvision wurde Anfang des Jahres vom US-Handelsministerium wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen sanktioniert. rad

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    Presseschau

    Putin bekräftigt vor China-Reise Lob für Pekings Friedensvorschläge SUEDDEUTSCHE
    Putin beim Seidenstraßen-Forum in China: Ein Freund in Peking FAZ
    China greets Orbán as only EU leader at Belt and Road summit EURACTIV
    Russlands Außenminister Lawrow besucht China, dann Nordkorea EURONEWS
    Keine Reaktion aus der Volksrepublik: Russischer Finanzminister räumt Abhängigkeit von Drohnen aus China ein TAGESSPIEGEL
    Palestinian envoy urges China to help end Israel-Hamas war STRAITSTIMES
    China calls for ceasefire in Israel, suggests mediation at meeting with Russia REUTERS
    Krieg in Israel: Chinas Doppelstrategie zwischen Vermittlung und Antisemitismus SUEDDEUTSCHE
    Gefahr durch Iran, Russland und China: Die Weltlage stellt Deutschlands Geheimdienste vor Herausforderungen TAGESSPIEGEL
    Regierung baut Investitionsgarantien um und will Wirtschaft unabhängiger von China machen HANDELSBLATT
    Deutschland-Chefs der Videoplattform: “Nein, China hat keinen Einfluss auf Tiktok” TAGESSPIEGEL
    USA planen neue China-Sanktionen für KI-Chips ZDNET
    Russia joins China in suspending seafood imports from Japan NHK
    E-Autos im Vergleichstest: Korea schlägt Deutschland und China ELEKTROAUTO-NEWS
    China pumpt 103 Milliarden Euro in Bankensystem DERSTANDARD
    Ex-Vorstand der Bank of China festgenommen WORT
    China’s economy is on shaky ground – but its movie industry is hitting historic box office records BUSINESSINSIDER
    iPhone 15 sales disappoint in China, says broker IRISHEXAMINER
    Chinas Wirtschaftskrise zum Trotz: Clariant will im Reich der Mitte weiter expandieren NZZ
    SMIC, Alibaba lead tech slide in Hong Kong as market braces for new US curbs while the Israel-Hamas war saps risk appetite SCMP
    Neuer unaussprechlichem Standard: China-Autos laden dreimal schneller als unsere EFAHRER
    Hongkongs Kulturviertel West Kowloon: ein Muss für Kunstliebhaber EURONEWS

    Heads

    David Dollar – Auch gegen den Zeitgeist

    David Dollar, 1954-2023.

    Es ist noch gar nicht so lange her, da war es um die Beziehungen zwischen China und den USA deutlich besser bestellt. Mehr noch, Peking und Washington wollten vor allem ihren wirtschaftlichen Austausch sogar verbessern. Einer, der maßgeblichen Anteil am Gelingen dieses Unterfangens hatte, war David Dollar – zuerst als Landesdirektor für China bei der Weltbank, dann als Beamter des US-Finanzministeriums und zuletzt als China-Experte beim Thinktank Brookings in Washington.

    Dollars Interesse an China zeichnete sich schon früh in seinem Leben ab. Geboren 1954 im US-Bundesstaat Missouri, entdeckte Dollar an der Dartmouth University seine Leidenschaft für die chinesische Geschichte und Kultur. Sie sollte den Rest seines Lebens prägen. Sein herausragender Studienabschluss bescherte ihm ein Stipendium – und Dollar entschied sich, in Taiwan Mandarin zu lernen und kreuz und quer durch Südostasien zu reisen. Spätestens jetzt war der Grundstein für seine weitere China-Karriere gelegt.

    Zwar folgte zunächst eine kurze Rückkehr in die USA, wo er an der New York University seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften machte und anschließend an der University of California als Assistenzprofessor unterrichtete. Doch schon 1986 zog es Dollar wieder nach China – dieses Mal als Gastprofessor an der Graduiertenschule der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. In jener Zeit lernte er auch seine spätere Frau Paige kennen.

    Der erste Dollar der Weltbank

    1989 wechselte Dollar zur Weltbank. Er blieb 20 Jahre lang und stieg auf bis zum Landesdirektor für China und die Mongolei. Seine Arbeitsthese lautete: Globaler Handel und Investitionen führen in armen Ländern zu Wachstum; wobei ausländische Hilfe vor allem in Ländern mit guter Regierungsführung das Wachstum beschleunige. Beide Annahmen sind in der heutigen Forschung umstritten, hatten damals jedoch in vielen Ländern großen Einfluss auf deren Entwicklung.

    Denn Dollar suchte immer wieder den Austausch mit Regierungen und Menschen vor Ort. So war er Anfang der 1990er-Jahre mit seinen Empfehlungen an der wirtschaftlichen Erneuerung Vietnams beteiligt. Das kommunistische Land ließ ausländische Investitionen zu und begann, privates Unternehmertum zu fördern. Vietnamesische Wirtschaftsbeamte sollen damals gescherzt haben: David sei der erste Dollar gewesen, den die Weltbank Vietnam zur Verfügung gestellt habe.

    Dollars Enger Austausch mit lokalen Wirtschaftsbeamten

    Doch Dollars Hauptinteresse galt weiterhin China, wo er von 2004 bis 2013 auch fast ein Jahrzehnt lang lebte. Fünf Jahre stand er dort als Landesdirektor der Weltbank vor allem auf Provinzebene in engem Austausch mit chinesischen Wirtschaftsbeamten. Durch seine guten Kontakte und seine Sprachkenntnisse gelang es Dollar, Vertrauen aufzubauen. Vor allem bei Kadern, die mit Marktreformen experimentierten wollten, fanden Dollars Empfehlungen Gehör und hatten Einfluss auf lokale Entscheidungen – wenn auch nicht immer auf direktem Weg.

    So entstand unter Dollars Leitung beispielsweise eine Untersuchung über die Umweltsünden in China. Die schmerzhafte Schlussfolgerung: Durch die verheerende Verschmutzung war es damals jährlich zu rund 750.000 vorzeitigen Todesfällen im Land gekommen. Die Reaktion in Peking war absehbar. Widerstand und Ablehnung, als Konsequenz wurde die Weltbank-Studie nie veröffentlicht. Die Schätzung der Todesfälle wurde dennoch bekannt. Und: “Es hat dazu beigetragen, die Behörden davon zu überzeugen, das Problem ernster zu nehmen”, erinnert sich Bert Hofman, der später Dollars Nachfolger als Landesdirektor der Weltbank wurde.

    Dollars Kontakte auch für Obama wertvoll

    2009 wechselte Dollar ins US-amerikanische Finanzministerium, wo er fortan als Wirtschafts- und Finanzbeauftragter in Peking arbeitete. Seine fachlichen Kenntnisse, vor allem aber auch seine guten Verbindungen machten ihn für die Obama-Regierung besonders wertvoll.

    2013 schließlich zog es ihn in die Heimat, wo er China eng verbunden blieb. In Washington heuerte er als Senior Fellow beim “John L. Thornton China Center” der Brookings Institution an, wo er unter anderem als erster Brookings-Wissenschaftler einen eigenen Podcast mit dem Titel “Dollar & Sense” moderierte.

    Dem Zeitgeist zum Trotz

    Das politische Klima hatte sich inzwischen zwar geändert, der Zeitgeist lautete nun Handelskonflikt und Decoupling. Dennoch war Dollar auch weiterhin gefragt als Experte für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China. Immer wieder meldete er sich mit Kommentaren und Forschungsberichten zu Wort.

    Dollar argumentierte, dass Washingtons Handelsstreit gegen China “schlecht” und “gescheitert” sei: Der Handelskrieg mit China werde seiner Meinung nach nicht dazu führen, das US-Handelsdefizit zu verringern oder Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe zurück in die USA zu holen.

    Am 6. Oktober 2023 verstarb Dollar im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Knochenmarktransplantation. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Michael Radunski

    • Brookings
    • Handel
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    Personalie

    Haide Hong wird Head of China Private Equity Investments bei der US-Investmentgesellschaft Blackstone. Hong ist seit zehn Jahren bei Blackstone, verbrachte die vergangenen zwei Jahre in London. Nun kehrt Hong nach Asien zurück und wird ab 1. Januar die Investitionsbemühungen in Shanghai leiten.

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    Dessert

    Eigentlich war Momo nur der Name einer Voreinstellung für neu angelegte Konten auf den chinesischen Social-Media-Plattformen Douban und Xiaohongshu. Doch dann entdeckten die Nutzer, dass sie unter dem Pseudonym und dem dazugehörigen pinken Emoji-Profilbild weitgehend unentdeckt ihre Meinung kundtun konnten. Mittlerweile gibt es zigtausende Momos, die in Chinas streng zensiertem Internet Klatsch und Tratsch teilen, aber auch ernste Themen wie Frauenrechte und Jugendarbeitslosigkeit diskutieren. Die Masse bietet dabei Schutz vor schneller Enttarnung. Aber nicht vollständig: In China muss jeder Social-Media-Account mit einer Handynummer verifiziert werden, die jeweils mit dem Personalausweis registriert ist.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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