Table.Briefing: China

Jack Ma kehrt zurück + Wo Tank-Man stand

  • Alibaba-Gründer: Erst verdammt, jetzt umworben
  • Tschechiens Präsident will nicht nach Taiwan reisen
  • Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit
  • Spenderorgan-Austausch mit Hongkong
  • Blick aus China: Politisches Sightseeing in Peking
Liebe Leserin, lieber Leser,

es war die Nachricht des Tages: Jack Ma ist zurück in China. Bilder zeigen den ehemaligen Alibaba-Chef auf der Sonnenterrasse einer Schule in Hangzhou. Dort habe er mit dem Schulleiter über die künftige Ausrichtung des Bildungssektors in China gesprochen, wird von chinesischen Medien kolportiert. Marcel Grzanna zeigt, warum die tief gefallene Symbolfigur der chinesischen Tech-Branche nun einen Wiederaufstieg feiern darf. Die KP braucht die heimischen Privatunternehmen.

Doch aufgepasst: Nicht jeder Firmenchef sollte sich auf eine derart gefeierte Rückkehr verlassen. Der Investmentbanker Bao Fan erfährt derzeit schmerzlich, wie schnell man bei Xi Jinping in Ungnade fallen kann.

Das soll Sie, liebe Leserinnen und Leser, keineswegs davon abhalten, die Volksrepublik China zu besuchen, sollten Sie zu denen gehören, die sich für das Land interessieren, aber noch nie dort waren. Unsere anonymen Autoren aus Chine empfehlen Ihnen heute einige hochinteressante Orte in Peking, die Sie unbedingt sehen sollten. Wie wäre es mit dem Ort, an dem am Vormittag des 5. Juni 1989 der Tankman einem anrollenden Panzer die Stirn bot?

Tankman schrieb dort ein faszinierendes Kapitel der Zeitgeschichte. Sie müssen Xi Jinping ja nicht verraten, weshalb Sie genau an dieser Stelle ein Foto wollen.

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

Analyse

Jack Ma: Vom Geächteten zur Symbolfigur

Jack Ma besucht die Yungu-Schule, die von Alibaba gegründet wurde.

Die Kraft der Bilder hat in autokratischen Staaten nahezu überbordende Bedeutung. Als am Montag ein Foto von Alibaba-Gründer Jack Ma auf der Sonnenterrasse einer Schule in Hangzhou in die Welt gesetzt wurde, folgten umgehend optimistische Interpretationen. Die öffentliche Rückkehr des Alibaba-Gründers in die Volksrepublik wurde als Symbol dafür gewertet, dass der Tech-Sektor in China ein Stück weit aus dem Würgegriff der Behörden entlassen werden könnte.

Ma, so wurde berichtet, habe mit dem Leiter der Yungu-Schule über die künftige Ausrichtung des Bildungssektors in China gesprochen und dabei die wachsende Bedeutung von innovativen Technologien diskutiert. Es sei um die Frage gegangen, wie sich der Mensch Künstliche Intelligenz zunutze machen könne, um Probleme zu lösen, statt von den Technologien der Zukunft kontrolliert zu werden.

Dass nun ausgerechnet wieder Jack Ma zu dieser Frage Anregungen vermitteln darf, die weit über den Campus der Schule hinaus Interesse wecken dürften, gilt einerseits als Signal an Investoren aus aller Welt, dass deren Kapital bei chinesischen Tech-Firmen gut angelegt ist. Andererseits als Signal an den chinesischen Privatsektor, dass der Staat dessen Unterstützung benötigt und fördert.

Li Qiang als Strippenzieher?

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Chinas neuer Ministerpräsident Li Qiang dem 58-Jährigen schon seit Ende vergangenen Jahres mehrfach über Mittelsmänner angetragen haben soll, im Land wieder öffentlich in Erscheinung zu treten. Li hoffe demnach darauf, den privaten Firmen neuen Anlass zu geben, an die unternehmerische Freiheit im Land zu glauben.

Deswegen war auch der Ort für die verbreitete Fotoaufnahme von großer symbolischer Bedeutung. Die Yungu-Schule war vor sechs Jahren von Alibaba unter dem Leitsatz “Lokal handeln und global denken” gegründet worden. Die Einrichtung sieht sich als “Mittel zur Verwirklichung individualisierter Bildung durch fortschrittliche Technologien wie Big Data, Cloud-Computing und Internet der Dinge (IoT)”.

In den vergangenen Jahren hatten Alibaba und andre Firmen aus dem Tech-Sektor wenig zum öffentlichen Diskurs beitragen dürfen, da dies der Regulierungswut des Staates widersprach. Stattdessen waren die Topmanager der Branche gezwungen, den Behörden nach dem Mund zu reden. Die Zustimmung sollte Einigkeit propagieren zwischen privaten Unternehmen und der Kommunistischen Partei auf dem Weg Chinas zum “gemeinsamen Wohlstand”. Doch internationale Investoren fühlten sich zunehmend abgeschreckt. Prognosen zur Entwicklung des Sektors schienen weniger von der Innovationskraft und Marktakzeptanz der Unternehmen abhängig zu sein, als von der staatlichen Regulierungswut.

Ma als Bedrohung für das Machtmonopol

Ma persönlich hatte für das harte Durchgreifen wohl ungewollt den Auslöser geliefert. Sein zu forsches Auftreten gegenüber der Partei diente als Startschuss. Ma hatte die Regulatoren des Landes als rückwärtsgewandt dargestellt, die Staatsbanken als altmodisch, das System als unflexibel. Diese vernichtende Bewertung verstand Parteichef Xi Jinping vordergründig als Gefahr für die gesellschaftliche Rückbesinnung auf sozialistische Werte. Doch wohl auch als Bedrohung für das Machtmonopol der Partei.

Ma tauchte erst monatelang nicht mehr in der Öffentlichkeit auf, zog sich schrittweise von allen Firmenposten zurück und verkündete schließlich, er wolle seine Zeit künftig mehr zum Malen statt fürs Unternehmertum nutzen. Zuletzt hatte er China sogar verlassen und war bis Ende vergangener Woche rund ein Jahr lang nicht mehr zurückgekehrt.

Doch weil Ma eben mehr ist als ein Unternehmensgründer, sondern vielmehr von der Generation Y als Star einer Popkultur verehrt wird, besann sich offenbar auch die Partei eines Besseren.

Star einer Popkultur in China: Jack Ma rockt die Gala zum 20. Geburtstag von Alibaba.

Die teilweise Rehabilitierung des Aufmüpfigen könnte jedoch auch ein Hinweis auf den wahren Zustand der chinesischen Wirtschaft sein. Die Null-Covid-Strategie hat die Konjunktur des Landes arg gebeutelt – vermutlich mehr, als staatliche Daten und Statistiken es verraten.

Dabei gab es zumindest aus Sicht internationaler Investoren schon im vergangenen Jahr Zeichen der Entspannung. So hatte JP Morgan seine Bewertung von Aktien der Branchengrößen nach oben korrigiert und prognostiziert, dass die Papiere eine höhere Gesamtrendite erzielen könnten als der Durchschnitt der Aktien im Erfassungsbereich der Analysten.

Milliardär Bao Fan bleibt verschwunden

Freies Unternehmertum wird aber auch mit einem Jack Ma auf dem Präsentierteller weiter an der Leine der Partei bleiben. Parteichef Xi wird von seiner Linie kaum abweichen. Seit Jahren schon verschwinden immer wieder namhafte Firmenbosse oder Prominente in China, die viel Einfluss und Geld angehäuft haben. Fosun-Gründer Guo Guangchang, Investment-Unternehmer Xiao Jianhua, Mode-Milliardär Zhou Chengjian, Immobilienmogul Ren Zhiqiang, aber auch die Schauspielerin Fan Bingbing oder der Genforscher He Jiankui waren allesamt von heute auf morgen teils monatelang spurlos verschwunden, angeblich um chinesische Behörden bei Ermittlungen in Strafverfahren zu unterstützen.

Der jüngste Fall betrifft den Investmentbanker Bao Fan. Er befindet sich seit Wochen an einem unbekannten Ort. Baos Unternehmen, die China Renaissance Holdings, betreut unter anderem den chinesischen Fahrservice Didi Chuxing und den Lieferservice Meituan – zwei Schwergewichte in Chinas Tech-Industrie. Diese Verbindung in die Internetbranche mag reiner Zufall sein. Die Zuversicht in den chinesischen Privatsektor stärkt sie wohl nicht. Jack Mas Rückkehr nach China scheint insofern zeitlich bestens koordiniert.

  • Alibaba
  • Bao Fan
  • Internet
  • Jack Ma
  • Technologie
  • Wirtschaftswachstum

News

Tschechiens Präsident will nicht nach Taiwan reisen

Tschechiens Präsident Petr Pavel hat einem möglichen Besuch in Taiwan eine Absage erteilt. In seiner derzeitigen Rolle als Präsident sei das nicht möglich, erklärte Pavel einem Bericht des tschechischen Nachrichtenportals Novinky zufolge beim Besuch einer Schule. “Die Reise des Präsidenten würde sicherlich noch mehr negative Reaktionen hervorrufen. Es wäre nicht vernünftig, Geschäftsbeziehungen aufs Spiel zu setzen und damit tschechische Unternehmen zu gefährden”, fügte Pavel hinzu. Anders sei das bei Reisen von Parlamentsvertretern wie vor einiger Zeit Senatspräsident Miloš Vystrčil oder derzeit die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Markéta Pekarová Adamová.

Die Unterstützung für Taiwan könnte für Tschechien ähnliche Folgen haben wie für Litauen, warnte Pavel. “Ein solches Risiko besteht”, sagte Pavel. Prag behalte sich aber gleichzeitig das Recht vor, “Beziehungen mit wem auch immer wir wollen” zu haben. Pavel hatte Ende Januar nach seiner Wahl mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefoniert. Es war das erste offizielle Telefonat zwischen einem EU-Staatschef und einer taiwanesischen Präsidentin überhaupt. Pavel hatte dabei zudem Interesse daran bekundet, Taiwan selbst zu besuchen. Peking hatte das Telefonat in gewohnter Weise kritisiert. ari

Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit mit China

Die China-Reise von Taiwans ehemaligem Präsidenten Ma Ying-jeou erhitzt auf der Insel weiter die Gemüter. Beim Besuch einer Gedenkstätte zu Ehren des Republikgründers Sun Yat-sen, erklärte Ma, dass die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße chinesisch seien und auf dieselben Vorfahren zurückgehen. Ma benutzte dabei einen Ausdruck, der sich auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezieht. Umfragen zufolge identifizieren sich die meisten Taiwaner heute aber nicht mehr als Chinesen.

Ma ist der erste ehemalige oder amtierende taiwanesische Präsident, der seit 1949 das Festland besucht. Die Reise des 73-Jährigen wird als Teil der Bemühungen der Oppositionspartei Kuomintang (KMT) gesehen, einen Abbau der Spannungen mit Peking zu erreichen. “Wir hoffen aufrichtig, dass beide Seiten zusammenarbeiten, um Frieden zu schaffen, Krieg zu vermeiden und sich um die Wiederbelebung Chinas zu bemühen”, sagte Ma, wobei er sich erneut auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezog. “Dies ist eine unvermeidliche Verantwortung des chinesischen Volkes auf beiden Seiten der Meerenge, und wir müssen hart dafür arbeiten.”

Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wirft Ma dagegen vor, mit seiner Reise die Taiwan-Politik Pekings zu “unterstützen”. Am Flughafen von Taipeh kamen dutzende Demonstranten zusammen, um gegen die Reise des früheren Präsidenten zu demonstrieren. rtr/fpe

  • Taiwan
  • Tsai Ing-wen

Hongkong: Organtausch mit dem Festland

Hongkong und die Volksrepublik China planen ein grenzübergreifendes System zum Tausch von Spenderorganen. Hongkongs Gesundheitsminister Lo Chung-man kündigte die Entwicklung eines gemeinsamen Computersystems an, das schnellstmöglich implementiert werden solle. Die Idee für den Austausch soll von Minister Lo persönlich stammen. Er sei durch den Fall eines viermonatigen, herzkranken Hongkonger Babys inspiriert worden, das mithilfe eines Spenderherzens aus der Volksrepublik gerettet werden konnte.

Diskutiert wird jedoch, inwieweit die Stadt Hongkong tatsächlich von einem Organtausch mit dem Festland profitieren würde. Alex Lam, Präsident der Interessenvereinigung Stimme der Hongkonger Patienten, die sich für die Belange medizinisch Betreuter einsetzt, sieht die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Zahl der Spenderorgane in Hongkong erhöht wird. “Die Zahl der Spender ist in China noch kleiner als hier. Wenn dort ein Organ zur Verfügung steht, wie wahrscheinlich ist es dann, dass es dort nicht auch benötigt wird”, sagte Lam.

Daten des International Registry on Donation and Transplantation (Irodat) zeigen im Laufe der vergangenem zehn Jahre in Hongkong eine sinkende Zahl an Organspenden. Dennoch liegt sie immer noch um mehr als 30 Prozent über der Spenderrate in der Volksrepublik. Nicht zuletzt deshalb gibt es in China einen großen Schwarzmarkt für Spenderorgane. Menschenrechtsorganisationen prangern an, dass die Regierung nicht konsequent gegen den organisierten Organhandel vorgehe. Die Organe sollen vor allem von Strafgefangenen kommen, die mit dem Tod bestraft wurden. grz

  • Menschenrechte

Standpunkt

Tank Man, Prostituierte, reiche Mönche und Bidens Menü

China hat sich endlich wieder für den internationalen Tourismus geöffnet. Obwohl derzeit nicht die beste Reisezeit für Peking ist – mit etwas Glück kann man schöne Tage mit wenig Wind oder Smog erwischen. Hier sind einige Vorschläge für Erkundungstouren in Chinas Hauptstadt.

1. Der Ort, an dem der Tank Man stand

Am 5. Juni 1989, dem zweiten Tag nach der Niederschlagung der Studentenbewegung durch das Militär, wurde ein Mann gesichtet, der sich einer Kolonne von Panzern in den Weg stellte. Er lieferte damit eines der denkwürdigsten Bilder des 20. Jahrhunderts.

Seine Identität ist außer Vermutungen weiterhin unbekannt, ebenso wie sein weiteres Schicksal. Immerhin können wir mit einem genauen Blick auf die Fotos den exakten Ort dieses Ereignisses bestimmen: Er liegt an der Chang-An-Straße (Chang An bedeutet ewiger Frieden), etwa 400 Meter vom östlichen Ende des Tiananmen-Platzes und gut 100 Meter vom Grand Hotel (Gui Bin Lou 贵宾楼) entfernt. 

Der Tank Man hat nach Westen geschaut und Panzer blockiert, die Richtung Osten unterwegs waren. Fast alle Fotos und Videos, die heute zu sehen sind, wurden vom Beijing Hotel aus aufgenommen, dem anderen großen Hotel neben dem Grand Hotel. Dort wohnten ausländische Journalisten.

2. Wo ein KP-Mitgründer eine Sexworkerin begrapscht hat

Die Acht Großen Hutongs (八大胡同, Hutong bedeutet Gasse) waren Pekings Rotlichtviertel, von etwa 1800 bis 1949, als die Kommunisten die Kontrolle über die Stadt erlangten. Diese Gassen einige hundert Meter südwestlich des Qian Men (前门) existieren noch heute. 

Wie ihre Gegenstücke an anderen Orten der Welt besitzen auch diese Gassen Verbindungen zu wichtigen politischen und sozialen Persönlichkeiten und Ereignissen jener Zeit.

Im Jahr 1920 wurde Chen Duxiu (1879-1942), damals Professor an der Peking-Universität und kommunistischer Aktivist, “aus Eifersucht in einem der Bordelle in einen körperlichen Kampf verwickelt und kratzte eine der Prostituierten am Geschlechtsteil”, so Medienberichte der Zeit. Dafür wurde er von der Universität geworfen. 

Ein Jahr später wurde die Kommunistische Partei Chinas gegründet. Sie wählte Chen zu ihrem ersten Generalsekretär. Er war zwar nicht beim ersten Parteitag dabei, hatte aber großen Einfluss auf die beginnende kommunistische Bewegung in China. 

Die Acht großen Hutongs haben auch eine Verbindung nach Deutschland – durch die Kurtisane Sai Jinhua (赛金花 1872-1936). Sai Jinhua, was “rivalisierende goldene Blumen” bedeutet, ist ein Pseudonym für den Beruf. Sie arbeitete schon in jungen Jahren in der Branche, bevor sie eine Konkubine des Diplomaten Hong Jun wurde. Als Hong zum Gesandten der Qing-Dynastie in Europa ernannt wurde, gab seine Frau vor, krankheitsbedingt nicht mitkommen zu können. So ging 1889 stattdessen Sai als seine Ehefrau mit ihm nach Deutschland. Drei Jahre verbrachte sie als vorgebliche Diplomatengattin in Berlin und lernte dort Kaiser Wilhelm II., Reichskanzler Otto von Bismarck und General Alfred von Waldersee kennen. 

Hong starb kurz nach der Rückkehr des Paares nach Peking. Sais Beziehung zur Familie Hong verschlechterte sich und sie nahm ihren alten Beruf als Kurtisane in den acht großen Hutongs wieder auf. Nach dem Boxeraufstand im Jahr 1900 wurde General von Waldersee zum Oberbefehlshaber der europäischen Besatzungsarmee im Krieg zwischen acht westlichen Ländern und China, der in Peking endete. Es heißt, dass er und Sai wieder eine Beziehung aufnahmen. Sai nutzte die Gelegenheit, um ihn von zu großer Brutalität gegen die Einheimischen abzubringen.

Einige der alten Bordelle in den Gassen sind für Besucher geöffnet. Aber die Gassen und die Gebäude sind in keinem guten Zustand, zumindest nicht so gepflegt und elegant wie die, in denen Michelle Yeoh im Film Crouching Tiger, Hidden Dragon umherfliegt.

3. Der reichste Tempel der Stadt

Die Reichen und Mächtigen wetteifern darum, hier die ersten Räucherstäbchen für das chinesische Neujahrsfest und die großen tibetisch-buddhistischen Feiertage zu opfern, um ihre Frömmigkeit zu zeigen. Andere müssen sich hinten anstellen. Die Rede ist vom Lama-Tempel oder Yong He Gong (雍和宫), der kaiserliche Tempel während der Qing-Dynastie.

Das Privileg, an der Warteschlange vorbeizukommen, ist mit einem Preis verbunden, dessen Höhe diskret gehandhabt wird. Mit Beiträgen wie diesen ist der Tempel aber angeblich zur reichsten Kultstätte der Stadt und zu einem der reichsten des Landes geworden. 

Der Buddhismus ist in China ein großes Geschäft. Es kursiert die Vermutung, dass einige Mönche zu den vielen verborgenen Reichen des Landes gehören. Was die Opfergaben angeht, haben die großen Gönner ganz eigene Wünsche an die Buddhas: Bitte hilf mir, in der offiziellen Hierarchie aufzusteigen; mach, dass ich den Machtkampf überlebe; hilf mir, meine geschäftlichen Rivalen zu besiegen; sichere mir dauerhafte Bekanntheit, und so weiter. 

Auf der anderen Seite der Kreuzung befindet sich übrigens das riesige, vierstöckige Restaurant Jin Ding Xuan (金鼎轩), das rund um die Uhr geöffnet hat. Das Essen dort ist in Ordnung.

4. Joe Bidens (anti)gastronomische China-Erfahrung  

Als der damalige US-Vizepräsident Joe Biden 2011 Peking besuchte, aß er in einem bescheidenen Lokal am Fuße des Trommelturms, in dem lokale Pekinger Kleinigkeiten serviert werden. Der Preis dort ist angemessen, aber das Essen ist empörend schlecht. Dies hindert neugierige Menschen jedoch nicht daran, hier das “Biden-Menü” probieren zu wollen.

Der Trommelturm und der Glockenturm sind schöne und sehenswerte Gebäude. Ein Wohnort von Mao Zedong, als er noch unbekannt war, befindet sich im Tofu-Teich-Hutong (豆腐池胡同) nördlich der beiden Türme. 

  • Tourismus

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Alibaba-Gründer: Erst verdammt, jetzt umworben
    • Tschechiens Präsident will nicht nach Taiwan reisen
    • Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit
    • Spenderorgan-Austausch mit Hongkong
    • Blick aus China: Politisches Sightseeing in Peking
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    es war die Nachricht des Tages: Jack Ma ist zurück in China. Bilder zeigen den ehemaligen Alibaba-Chef auf der Sonnenterrasse einer Schule in Hangzhou. Dort habe er mit dem Schulleiter über die künftige Ausrichtung des Bildungssektors in China gesprochen, wird von chinesischen Medien kolportiert. Marcel Grzanna zeigt, warum die tief gefallene Symbolfigur der chinesischen Tech-Branche nun einen Wiederaufstieg feiern darf. Die KP braucht die heimischen Privatunternehmen.

    Doch aufgepasst: Nicht jeder Firmenchef sollte sich auf eine derart gefeierte Rückkehr verlassen. Der Investmentbanker Bao Fan erfährt derzeit schmerzlich, wie schnell man bei Xi Jinping in Ungnade fallen kann.

    Das soll Sie, liebe Leserinnen und Leser, keineswegs davon abhalten, die Volksrepublik China zu besuchen, sollten Sie zu denen gehören, die sich für das Land interessieren, aber noch nie dort waren. Unsere anonymen Autoren aus Chine empfehlen Ihnen heute einige hochinteressante Orte in Peking, die Sie unbedingt sehen sollten. Wie wäre es mit dem Ort, an dem am Vormittag des 5. Juni 1989 der Tankman einem anrollenden Panzer die Stirn bot?

    Tankman schrieb dort ein faszinierendes Kapitel der Zeitgeschichte. Sie müssen Xi Jinping ja nicht verraten, weshalb Sie genau an dieser Stelle ein Foto wollen.

    Ihr
    Michael Radunski
    Bild von Michael  Radunski

    Analyse

    Jack Ma: Vom Geächteten zur Symbolfigur

    Jack Ma besucht die Yungu-Schule, die von Alibaba gegründet wurde.

    Die Kraft der Bilder hat in autokratischen Staaten nahezu überbordende Bedeutung. Als am Montag ein Foto von Alibaba-Gründer Jack Ma auf der Sonnenterrasse einer Schule in Hangzhou in die Welt gesetzt wurde, folgten umgehend optimistische Interpretationen. Die öffentliche Rückkehr des Alibaba-Gründers in die Volksrepublik wurde als Symbol dafür gewertet, dass der Tech-Sektor in China ein Stück weit aus dem Würgegriff der Behörden entlassen werden könnte.

    Ma, so wurde berichtet, habe mit dem Leiter der Yungu-Schule über die künftige Ausrichtung des Bildungssektors in China gesprochen und dabei die wachsende Bedeutung von innovativen Technologien diskutiert. Es sei um die Frage gegangen, wie sich der Mensch Künstliche Intelligenz zunutze machen könne, um Probleme zu lösen, statt von den Technologien der Zukunft kontrolliert zu werden.

    Dass nun ausgerechnet wieder Jack Ma zu dieser Frage Anregungen vermitteln darf, die weit über den Campus der Schule hinaus Interesse wecken dürften, gilt einerseits als Signal an Investoren aus aller Welt, dass deren Kapital bei chinesischen Tech-Firmen gut angelegt ist. Andererseits als Signal an den chinesischen Privatsektor, dass der Staat dessen Unterstützung benötigt und fördert.

    Li Qiang als Strippenzieher?

    Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Chinas neuer Ministerpräsident Li Qiang dem 58-Jährigen schon seit Ende vergangenen Jahres mehrfach über Mittelsmänner angetragen haben soll, im Land wieder öffentlich in Erscheinung zu treten. Li hoffe demnach darauf, den privaten Firmen neuen Anlass zu geben, an die unternehmerische Freiheit im Land zu glauben.

    Deswegen war auch der Ort für die verbreitete Fotoaufnahme von großer symbolischer Bedeutung. Die Yungu-Schule war vor sechs Jahren von Alibaba unter dem Leitsatz “Lokal handeln und global denken” gegründet worden. Die Einrichtung sieht sich als “Mittel zur Verwirklichung individualisierter Bildung durch fortschrittliche Technologien wie Big Data, Cloud-Computing und Internet der Dinge (IoT)”.

    In den vergangenen Jahren hatten Alibaba und andre Firmen aus dem Tech-Sektor wenig zum öffentlichen Diskurs beitragen dürfen, da dies der Regulierungswut des Staates widersprach. Stattdessen waren die Topmanager der Branche gezwungen, den Behörden nach dem Mund zu reden. Die Zustimmung sollte Einigkeit propagieren zwischen privaten Unternehmen und der Kommunistischen Partei auf dem Weg Chinas zum “gemeinsamen Wohlstand”. Doch internationale Investoren fühlten sich zunehmend abgeschreckt. Prognosen zur Entwicklung des Sektors schienen weniger von der Innovationskraft und Marktakzeptanz der Unternehmen abhängig zu sein, als von der staatlichen Regulierungswut.

    Ma als Bedrohung für das Machtmonopol

    Ma persönlich hatte für das harte Durchgreifen wohl ungewollt den Auslöser geliefert. Sein zu forsches Auftreten gegenüber der Partei diente als Startschuss. Ma hatte die Regulatoren des Landes als rückwärtsgewandt dargestellt, die Staatsbanken als altmodisch, das System als unflexibel. Diese vernichtende Bewertung verstand Parteichef Xi Jinping vordergründig als Gefahr für die gesellschaftliche Rückbesinnung auf sozialistische Werte. Doch wohl auch als Bedrohung für das Machtmonopol der Partei.

    Ma tauchte erst monatelang nicht mehr in der Öffentlichkeit auf, zog sich schrittweise von allen Firmenposten zurück und verkündete schließlich, er wolle seine Zeit künftig mehr zum Malen statt fürs Unternehmertum nutzen. Zuletzt hatte er China sogar verlassen und war bis Ende vergangener Woche rund ein Jahr lang nicht mehr zurückgekehrt.

    Doch weil Ma eben mehr ist als ein Unternehmensgründer, sondern vielmehr von der Generation Y als Star einer Popkultur verehrt wird, besann sich offenbar auch die Partei eines Besseren.

    Star einer Popkultur in China: Jack Ma rockt die Gala zum 20. Geburtstag von Alibaba.

    Die teilweise Rehabilitierung des Aufmüpfigen könnte jedoch auch ein Hinweis auf den wahren Zustand der chinesischen Wirtschaft sein. Die Null-Covid-Strategie hat die Konjunktur des Landes arg gebeutelt – vermutlich mehr, als staatliche Daten und Statistiken es verraten.

    Dabei gab es zumindest aus Sicht internationaler Investoren schon im vergangenen Jahr Zeichen der Entspannung. So hatte JP Morgan seine Bewertung von Aktien der Branchengrößen nach oben korrigiert und prognostiziert, dass die Papiere eine höhere Gesamtrendite erzielen könnten als der Durchschnitt der Aktien im Erfassungsbereich der Analysten.

    Milliardär Bao Fan bleibt verschwunden

    Freies Unternehmertum wird aber auch mit einem Jack Ma auf dem Präsentierteller weiter an der Leine der Partei bleiben. Parteichef Xi wird von seiner Linie kaum abweichen. Seit Jahren schon verschwinden immer wieder namhafte Firmenbosse oder Prominente in China, die viel Einfluss und Geld angehäuft haben. Fosun-Gründer Guo Guangchang, Investment-Unternehmer Xiao Jianhua, Mode-Milliardär Zhou Chengjian, Immobilienmogul Ren Zhiqiang, aber auch die Schauspielerin Fan Bingbing oder der Genforscher He Jiankui waren allesamt von heute auf morgen teils monatelang spurlos verschwunden, angeblich um chinesische Behörden bei Ermittlungen in Strafverfahren zu unterstützen.

    Der jüngste Fall betrifft den Investmentbanker Bao Fan. Er befindet sich seit Wochen an einem unbekannten Ort. Baos Unternehmen, die China Renaissance Holdings, betreut unter anderem den chinesischen Fahrservice Didi Chuxing und den Lieferservice Meituan – zwei Schwergewichte in Chinas Tech-Industrie. Diese Verbindung in die Internetbranche mag reiner Zufall sein. Die Zuversicht in den chinesischen Privatsektor stärkt sie wohl nicht. Jack Mas Rückkehr nach China scheint insofern zeitlich bestens koordiniert.

    • Alibaba
    • Bao Fan
    • Internet
    • Jack Ma
    • Technologie
    • Wirtschaftswachstum

    News

    Tschechiens Präsident will nicht nach Taiwan reisen

    Tschechiens Präsident Petr Pavel hat einem möglichen Besuch in Taiwan eine Absage erteilt. In seiner derzeitigen Rolle als Präsident sei das nicht möglich, erklärte Pavel einem Bericht des tschechischen Nachrichtenportals Novinky zufolge beim Besuch einer Schule. “Die Reise des Präsidenten würde sicherlich noch mehr negative Reaktionen hervorrufen. Es wäre nicht vernünftig, Geschäftsbeziehungen aufs Spiel zu setzen und damit tschechische Unternehmen zu gefährden”, fügte Pavel hinzu. Anders sei das bei Reisen von Parlamentsvertretern wie vor einiger Zeit Senatspräsident Miloš Vystrčil oder derzeit die Präsidentin der Abgeordnetenkammer, Markéta Pekarová Adamová.

    Die Unterstützung für Taiwan könnte für Tschechien ähnliche Folgen haben wie für Litauen, warnte Pavel. “Ein solches Risiko besteht”, sagte Pavel. Prag behalte sich aber gleichzeitig das Recht vor, “Beziehungen mit wem auch immer wir wollen” zu haben. Pavel hatte Ende Januar nach seiner Wahl mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen telefoniert. Es war das erste offizielle Telefonat zwischen einem EU-Staatschef und einer taiwanesischen Präsidentin überhaupt. Pavel hatte dabei zudem Interesse daran bekundet, Taiwan selbst zu besuchen. Peking hatte das Telefonat in gewohnter Weise kritisiert. ari

    Taiwans Ex-Präsident will mehr Zusammenarbeit mit China

    Die China-Reise von Taiwans ehemaligem Präsidenten Ma Ying-jeou erhitzt auf der Insel weiter die Gemüter. Beim Besuch einer Gedenkstätte zu Ehren des Republikgründers Sun Yat-sen, erklärte Ma, dass die Menschen auf beiden Seiten der Taiwanstraße chinesisch seien und auf dieselben Vorfahren zurückgehen. Ma benutzte dabei einen Ausdruck, der sich auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezieht. Umfragen zufolge identifizieren sich die meisten Taiwaner heute aber nicht mehr als Chinesen.

    Ma ist der erste ehemalige oder amtierende taiwanesische Präsident, der seit 1949 das Festland besucht. Die Reise des 73-Jährigen wird als Teil der Bemühungen der Oppositionspartei Kuomintang (KMT) gesehen, einen Abbau der Spannungen mit Peking zu erreichen. “Wir hoffen aufrichtig, dass beide Seiten zusammenarbeiten, um Frieden zu schaffen, Krieg zu vermeiden und sich um die Wiederbelebung Chinas zu bemühen”, sagte Ma, wobei er sich erneut auf das chinesische Volk als Ethnie und nicht als Nationalität bezog. “Dies ist eine unvermeidliche Verantwortung des chinesischen Volkes auf beiden Seiten der Meerenge, und wir müssen hart dafür arbeiten.”

    Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wirft Ma dagegen vor, mit seiner Reise die Taiwan-Politik Pekings zu “unterstützen”. Am Flughafen von Taipeh kamen dutzende Demonstranten zusammen, um gegen die Reise des früheren Präsidenten zu demonstrieren. rtr/fpe

    • Taiwan
    • Tsai Ing-wen

    Hongkong: Organtausch mit dem Festland

    Hongkong und die Volksrepublik China planen ein grenzübergreifendes System zum Tausch von Spenderorganen. Hongkongs Gesundheitsminister Lo Chung-man kündigte die Entwicklung eines gemeinsamen Computersystems an, das schnellstmöglich implementiert werden solle. Die Idee für den Austausch soll von Minister Lo persönlich stammen. Er sei durch den Fall eines viermonatigen, herzkranken Hongkonger Babys inspiriert worden, das mithilfe eines Spenderherzens aus der Volksrepublik gerettet werden konnte.

    Diskutiert wird jedoch, inwieweit die Stadt Hongkong tatsächlich von einem Organtausch mit dem Festland profitieren würde. Alex Lam, Präsident der Interessenvereinigung Stimme der Hongkonger Patienten, die sich für die Belange medizinisch Betreuter einsetzt, sieht die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Zahl der Spenderorgane in Hongkong erhöht wird. “Die Zahl der Spender ist in China noch kleiner als hier. Wenn dort ein Organ zur Verfügung steht, wie wahrscheinlich ist es dann, dass es dort nicht auch benötigt wird”, sagte Lam.

    Daten des International Registry on Donation and Transplantation (Irodat) zeigen im Laufe der vergangenem zehn Jahre in Hongkong eine sinkende Zahl an Organspenden. Dennoch liegt sie immer noch um mehr als 30 Prozent über der Spenderrate in der Volksrepublik. Nicht zuletzt deshalb gibt es in China einen großen Schwarzmarkt für Spenderorgane. Menschenrechtsorganisationen prangern an, dass die Regierung nicht konsequent gegen den organisierten Organhandel vorgehe. Die Organe sollen vor allem von Strafgefangenen kommen, die mit dem Tod bestraft wurden. grz

    • Menschenrechte

    Standpunkt

    Tank Man, Prostituierte, reiche Mönche und Bidens Menü

    China hat sich endlich wieder für den internationalen Tourismus geöffnet. Obwohl derzeit nicht die beste Reisezeit für Peking ist – mit etwas Glück kann man schöne Tage mit wenig Wind oder Smog erwischen. Hier sind einige Vorschläge für Erkundungstouren in Chinas Hauptstadt.

    1. Der Ort, an dem der Tank Man stand

    Am 5. Juni 1989, dem zweiten Tag nach der Niederschlagung der Studentenbewegung durch das Militär, wurde ein Mann gesichtet, der sich einer Kolonne von Panzern in den Weg stellte. Er lieferte damit eines der denkwürdigsten Bilder des 20. Jahrhunderts.

    Seine Identität ist außer Vermutungen weiterhin unbekannt, ebenso wie sein weiteres Schicksal. Immerhin können wir mit einem genauen Blick auf die Fotos den exakten Ort dieses Ereignisses bestimmen: Er liegt an der Chang-An-Straße (Chang An bedeutet ewiger Frieden), etwa 400 Meter vom östlichen Ende des Tiananmen-Platzes und gut 100 Meter vom Grand Hotel (Gui Bin Lou 贵宾楼) entfernt. 

    Der Tank Man hat nach Westen geschaut und Panzer blockiert, die Richtung Osten unterwegs waren. Fast alle Fotos und Videos, die heute zu sehen sind, wurden vom Beijing Hotel aus aufgenommen, dem anderen großen Hotel neben dem Grand Hotel. Dort wohnten ausländische Journalisten.

    2. Wo ein KP-Mitgründer eine Sexworkerin begrapscht hat

    Die Acht Großen Hutongs (八大胡同, Hutong bedeutet Gasse) waren Pekings Rotlichtviertel, von etwa 1800 bis 1949, als die Kommunisten die Kontrolle über die Stadt erlangten. Diese Gassen einige hundert Meter südwestlich des Qian Men (前门) existieren noch heute. 

    Wie ihre Gegenstücke an anderen Orten der Welt besitzen auch diese Gassen Verbindungen zu wichtigen politischen und sozialen Persönlichkeiten und Ereignissen jener Zeit.

    Im Jahr 1920 wurde Chen Duxiu (1879-1942), damals Professor an der Peking-Universität und kommunistischer Aktivist, “aus Eifersucht in einem der Bordelle in einen körperlichen Kampf verwickelt und kratzte eine der Prostituierten am Geschlechtsteil”, so Medienberichte der Zeit. Dafür wurde er von der Universität geworfen. 

    Ein Jahr später wurde die Kommunistische Partei Chinas gegründet. Sie wählte Chen zu ihrem ersten Generalsekretär. Er war zwar nicht beim ersten Parteitag dabei, hatte aber großen Einfluss auf die beginnende kommunistische Bewegung in China. 

    Die Acht großen Hutongs haben auch eine Verbindung nach Deutschland – durch die Kurtisane Sai Jinhua (赛金花 1872-1936). Sai Jinhua, was “rivalisierende goldene Blumen” bedeutet, ist ein Pseudonym für den Beruf. Sie arbeitete schon in jungen Jahren in der Branche, bevor sie eine Konkubine des Diplomaten Hong Jun wurde. Als Hong zum Gesandten der Qing-Dynastie in Europa ernannt wurde, gab seine Frau vor, krankheitsbedingt nicht mitkommen zu können. So ging 1889 stattdessen Sai als seine Ehefrau mit ihm nach Deutschland. Drei Jahre verbrachte sie als vorgebliche Diplomatengattin in Berlin und lernte dort Kaiser Wilhelm II., Reichskanzler Otto von Bismarck und General Alfred von Waldersee kennen. 

    Hong starb kurz nach der Rückkehr des Paares nach Peking. Sais Beziehung zur Familie Hong verschlechterte sich und sie nahm ihren alten Beruf als Kurtisane in den acht großen Hutongs wieder auf. Nach dem Boxeraufstand im Jahr 1900 wurde General von Waldersee zum Oberbefehlshaber der europäischen Besatzungsarmee im Krieg zwischen acht westlichen Ländern und China, der in Peking endete. Es heißt, dass er und Sai wieder eine Beziehung aufnahmen. Sai nutzte die Gelegenheit, um ihn von zu großer Brutalität gegen die Einheimischen abzubringen.

    Einige der alten Bordelle in den Gassen sind für Besucher geöffnet. Aber die Gassen und die Gebäude sind in keinem guten Zustand, zumindest nicht so gepflegt und elegant wie die, in denen Michelle Yeoh im Film Crouching Tiger, Hidden Dragon umherfliegt.

    3. Der reichste Tempel der Stadt

    Die Reichen und Mächtigen wetteifern darum, hier die ersten Räucherstäbchen für das chinesische Neujahrsfest und die großen tibetisch-buddhistischen Feiertage zu opfern, um ihre Frömmigkeit zu zeigen. Andere müssen sich hinten anstellen. Die Rede ist vom Lama-Tempel oder Yong He Gong (雍和宫), der kaiserliche Tempel während der Qing-Dynastie.

    Das Privileg, an der Warteschlange vorbeizukommen, ist mit einem Preis verbunden, dessen Höhe diskret gehandhabt wird. Mit Beiträgen wie diesen ist der Tempel aber angeblich zur reichsten Kultstätte der Stadt und zu einem der reichsten des Landes geworden. 

    Der Buddhismus ist in China ein großes Geschäft. Es kursiert die Vermutung, dass einige Mönche zu den vielen verborgenen Reichen des Landes gehören. Was die Opfergaben angeht, haben die großen Gönner ganz eigene Wünsche an die Buddhas: Bitte hilf mir, in der offiziellen Hierarchie aufzusteigen; mach, dass ich den Machtkampf überlebe; hilf mir, meine geschäftlichen Rivalen zu besiegen; sichere mir dauerhafte Bekanntheit, und so weiter. 

    Auf der anderen Seite der Kreuzung befindet sich übrigens das riesige, vierstöckige Restaurant Jin Ding Xuan (金鼎轩), das rund um die Uhr geöffnet hat. Das Essen dort ist in Ordnung.

    4. Joe Bidens (anti)gastronomische China-Erfahrung  

    Als der damalige US-Vizepräsident Joe Biden 2011 Peking besuchte, aß er in einem bescheidenen Lokal am Fuße des Trommelturms, in dem lokale Pekinger Kleinigkeiten serviert werden. Der Preis dort ist angemessen, aber das Essen ist empörend schlecht. Dies hindert neugierige Menschen jedoch nicht daran, hier das “Biden-Menü” probieren zu wollen.

    Der Trommelturm und der Glockenturm sind schöne und sehenswerte Gebäude. Ein Wohnort von Mao Zedong, als er noch unbekannt war, befindet sich im Tofu-Teich-Hutong (豆腐池胡同) nördlich der beiden Türme. 

    • Tourismus

    China.Table Redaktion

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