China hat die Impfkampagne für Ausländer und Ausländerinnen gestartet. Für ihre Gesundheit, aber auch für die Mobilität von Arbeitnehmer:innen und ihren Familien ist das eine gute und wichtige Botschaft. Was Expats und Arbeitgeber:innen mit ausländischen Beschäftigten in China jetzt wissen sollten, hat das Team von China.Table zusammengetragen.
Chinesischen Anbietern von Atomtechnologien dürfte die Uneinigkeit der EU-Mitgliedsländer gerade recht kommen. Bleibt doch die Verantwortung für den Einsatz chinesischer Anlagenteile in Kernkraftwerken Europas auch nach den Verhandlungen zum Investitionsabkommen CAI bei den Mitgliedsstaaten. Ob das aber auch gut für Europa ist? Schließlich geht es dabei um sicherheitsrelevante Infrastruktur. Frank Sieren und Amelie Richter haben die Hintergründe.
Dass gut Gewolltes nicht immer gleichzusetzen ist mit gut Gemachtem, schreibt Gabriel Felbermayr im heutigen Standpunkt. Der Präsident des Kieler Weltwirtschaftsinstituts IfW untersucht die Pläne der Europäer für ein Lieferkettengesetz und kommt zu dem Urteil: Die EU hat weitaus wirksamere Mittel, um höheren Sozial- und Umweltstandards zur Geltung zu verhelfen.
Die Pekinger Stadtregierung hat allgemeine Informationen für ausländische Staatsbürger:innen veröffentlicht, die sich impfen lassen möchten. Shanghai hatte bereits am Dienstag vergangener Woche eine ähnliche Mitteilung herausgegeben. Guangzhou soll schon bald folgen. Als einzige Voraussetzung ist ein Alter über 18 Jahren genannt. Die Impfung ist freiwillig. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist allein der chinesische Gesundheitsdienst für die Impfung der Deutschen vor Ort zuständig, die Botschaftsärzte bieten sie nicht an.
Die Ansprechpartner sind in Peking die Arbeitgeber:innen beziehungsweise die Wohnanlagen. Großunternehmen sind aufgefordert, sich um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kümmern. Studenten:innen, Sprach- und Hochschullehrer und -lehrerinnen sollten sich an die Bildungseinrichtung wenden, an der sie arbeiten. Für alle anderen ist die Compound-Verwaltung zuständig. Nach der Terminvergabe über die Institutionen soll die Impfung durch die Stadtteilbehörden erfolgen.
Wer in China krankenversichert ist, erhält die Spritzen kostenlos. Alle anderen müssen 93,50 Yuan (rund 12 Euro) bezahlen. Die Impfung wird in der allgegenwärtigen App “Health Cloud” vermerkt, auf der ein wesentlicher Teil des chinesischen Pandemie-Managements beruht. Es gibt sie in einer englischen Version, in der jedoch nicht alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Bei der Massenimpfung in China kommen die Präparate von Sinopharm und Sinovac zum Einsatz, die abgetötete Corona-Viren einsetzen. Diese Technik ist traditioneller als die, auf denen die westlichen und der russische Impfstoff beruhen. Wer sich im Hinblick auf mRNA- und Vektor-Impfstoffe Sorgen um mangelnde Erfahrungswerte mit den gentechnischen Verfahren macht, ist mit den chinesischen Produkten sogar besser bedient. Trotz anfänglicher Verwirrung um die Wirksamkeitsraten bei Sinovac gelten beide als sicher und tauglich. Sie werden in zahlreichen Märkten bereits massenhaft verimpft. Es gibt keine Berichte über größere Probleme.
Generell sind aus der deutschen Community nur wenig konkrete Vorbehalte gegen die chinesischen Impfstoffe zu hören. Die Bereitschaft, sich schnell impfen zu lassen, ist vor allem da hoch, wo eine reibungslose Ein- und Ausreise wichtig fürs Geschäft ist. Einige Deutsche vor Ort haben daher vor, sich so schnell wie möglich einen Termin geben zu lassen. Andere wollen erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt.
Diplomaten und Diplomatinnen sowie Medienvertreter hatten bereits in der vorvergangenen Woche die Gelegenheit, sich impfen zu lassen. Der Termin galt für ein Zeitfenster von einer halben Stunde; Wartezeiten wurden dadurch effektiv vermieden. Das Personal war freundlich und sprach Englisch. Der ganze Prozess von der Abklärung von Vorerkrankungen bis zur Impfung durch eine Krankenschwester in einer Einzelkabine dauerte nur wenige Minuten. Diejenigen, die ihre erste Dosis am 23. März erhalten haben, müssen am 13. April für die zweite Spritze wiederkommen. Das Impfangebot wurde von den Diplomat:innen und Medienvertretern dem Augenschein nach sehr gut angenommen.
Für die Expatriierten ist die entscheidende Frage nun jedoch, welche Erleichterungen es für sie nach der Impfung geben wird. China hat inzwischen ein digitales Impfzertifikat für Reisende eingeführt. Seit einer guten Woche ist der Nachweis über den chinesischen Onlinedienst WeChat verfügbar und zeigt Impfungen und Testergebnisse der Nutzerinnen und Nutzer an. Das Programm solle bei der “weltweiten wirtschaftlichen Erholung” helfen und zudem “grenzüberschreitendes Reisen erleichtern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Über einen QR-Code können theoretisch auch andere Staaten die Daten der Nutzer bei deren Einreise auslesen.
Derzeit gibt es das Dokument zwar nur für Chinesen, Außenminister Wang Yi äußerte jedoch bereits die Hoffnung auf eine internationale Vernetzung. Das Ziel des Zertifikats sei es, eine gegenseitige Überprüfung von Informationen wie Testergebnissen und Impfungen zu erreichen. Seine Aussage nährte zumindest die Erwartung, dass es den Pass für in China lebende Ausländer:innen geben wird.
Allerdings ist bisher nicht klar, ob die Quarantäne bei Wiedereinreise nach China damit wirklich wegfällt. Bisher gibt es dazu keine klare Aussage. Zuletzt hatte ein Sprecher der Nationalen Gesundheitskommission Mitte Februar in dieser Frage Stellung bezogen. Da hieß es allerdings noch: Bestehende Quarantäneanforderungen sollten für Menschen, die in China ankommen, bestehen bleiben, da es möglich ist, dass auch geimpfte Menschen immer noch mit dem Virus infiziert werden können. China ist eines der ersten Länder weltweit, die ein Impfzertifikat für Reisende ausgeben. Auch für die EU ist ein Zertifikat für die Nachweise von Impfungen und Tests geplant, um Reisen zu erleichtern. Gregor Koppenburg, Finn Mayer-Kuckuk, Frank Sieren
Es ist jetzt eine Woche her, dass sich die Europäische Union und China gegenseitig mit Sanktionen belegt haben. Die EU hat Personen und Institutionen abgestraft, die mit den Handlungen des Sicherheitsapparats in der Provinz Xinjiang in Beziehung stehen. Die chinesische Regierung hat im Gegenzug Sanktionen gegen vier europäische Organisationen und zehn Personen mit China-Fokus verhängt. Diese sollen den Vorwürfen zufolge “Chinas Eigenstaatlichkeit und Interessen beschädigt und böswillig Lügen und Fehlinformationen verbreitet” haben.
Am Wochenende hat die Volksrepublik nun die Sanktionen auf die Vorsitzende und den Co-Vorsitzenden der US-Behörde Commission on International Religious Freedom, Gayle Manchin und Tony Perkins, sowie den kanadischen Abgeordneten Michael Chong ausgeweitet. Auch sie dürfen das chinesische Staatsgebiet nicht mehr betreten. Chong bezeichnete die Sanktionen als “Ehrenzeichen”. Die kanadische Regierung und Premierminister Justin Trudeau stellten sich demonstrativ hinter den Abgeordneten und versprachen, sich von China nicht einschüchtern zu lassen.
Indem China auf breiterer Front zurückschlägt, als es angegriffen wurde, will es Kritiker abschrecken. Ein wichtiges – und bewährtes – Mittel ist hier systematische Unklarheit über die konkreten Auswirkungen. Was bedeutet beispielsweise der Hinweis auf die Familien der Mitarbeiter sanktionierter Organisationen? Er findet sich in der Verlautbarung gegenüber der EU, nicht aber in der gegenüber den Nordamerikanern.
Erhalten nun wirklich die Ehepartner, Eltern oder Kinder aller Mitarbeiter der genannten Institutionen keine Visa mehr? Was, wenn es sich dabei um chinesische Staatsbürger handelt? Oder um chinesischstämmige Deutsche mit Familie in China? Nachfragen von China.Table bei deutschen EU-Parlamentariern aus dem sanktionierten Menschenrechtsausschuss zeigen: Selbst Betroffene sind sich nicht sicher. Sie gehe davon aus, dass sie nicht mehr in China einreisen dürfe, obwohl sie nicht einzeln auf der Sanktionsliste genannt sei, erklärte die Grünen-Europaabgeordnete und Ausschussmitglied Hannah Neumann. Wie das bei Familienangehörigen aussehe, sei nicht klar, so die EU-Politikerin. Derzeit laufe generell eine rechtliche Prüfung, um Klarheit zu schaffen, hieß es aus Kreisen um den Menschenrechtsausschuss.
Hinzu kommt bei dem Bann aus Peking: Unternehmen und Institutionen, die mit dem sanktionierten Personenkreis “in Verbindung stehen”, dürfen zudem keine Geschäfte mehr in China machen. Dieser Kreis wäre enorm weit, wenn die Behörden die Möglichkeiten des Wortlauts wirklich ausschöpften.
Bisher ist die Annahme weit verbreitet, dass die Drohung nicht konsequent umgesetzt wird – doch das speist sich aus Erfahrungen mit bisherigen Empörungswellen aus China. Tatsächlich wird der Ton jedoch immer rauer, und es verbreitet sich die Befürchtung, dass die Umsetzung eher am strengeren Ende der Skala erfolgt. Der beabsichtigte Effekt tritt damit bereits ein. Institutionen und Personen, die auf den Zugang zu China angewiesen sind, müssen künftig abwägen: klare Worte sprechen und das Wohlwollen Pekings verlieren – oder lieber etwas vorsichtiger sein?
Die Sanktionen werden durchaus als hart empfunden. Wer Sinologie studiert hat und sich auch sonst einen guten Teil seines Erwachsenenlebens mit China beschäftigt hat, für den ist ein Einreiseverbot ein schwerer Schlag. Wenn Mandarin- und Landeskenntnisse einen wichtigen Teil der eigenen Qualifikation ausmachen, dann gehören Reisen nach China einfach zum Leben und Arbeiten dazu. Viele Betroffene haben zudem jahrelang in China verbracht. Sie haben daher dort Freunde und Verwandte. Die Sanktionen sind nicht nur eine professionelle Einschränkung, sondern sie schmerzen auch persönlich. Dabei handelt es sich im Allgemeinen genau um die Menschen, die China am besten verstehen und am meisten wertschätzen.
Die Sanktionen fühlen sich nicht nur wegen der individuellen Auswirkungen unverhältnismäßig an – sie sind es objektiv auch nicht. Bisher war hier eher die Strategie “Tit for Tat” üblich: wie du mir, so ich dir. Während die EU jedoch gezielt die Verantwortlichen in Xinjiang genannt hat, hat China eine ganze Breitseite gegen alle abgefeuert, die sich zuletzt über Xinjiang geäußert haben.
Von den EU-Sanktionen war als einzige Organisation das Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps betroffen. Dazu kam der Chef des örtlichen Sicherheitsbüros als die Einzelperson mit dem höchsten Rang. Alle Betroffenen sind jedoch für ihre Arbeit nicht auf Kontakte zu Europa angewiesen; ihr Tätigkeitsfeld liegt ausschließlich in Xinjiang. Die Antwort aus Peking betraf dagegen die China-Experten in Europas Hauptstädten. Gerade der Thinktank Merics hat gar keine politische Rolle, sondern hat in erster Linie akademische Arbeit geleistet. Der dänische Verein “Alliance of Democracies” wiederum hat sich mit einer globalen Perspektive für die Stärkung der Demokratie eingesetzt. Eine verhältnismäßige Reaktion hätte sich beispielsweise auf die einschlägigen EU-Parlamentarier beschränkt und nicht zusätzlich Akademiker und Vereine pauschal einbezogen.
Die undifferenzierte Reaktion zeigt auch, dass die chinesische Führungseben den Kontakt zu westlichen Denkern und Wirtschaftsvertretern verloren hat. Die Regierung unter Zhou Rongji hat ihn noch aktiv gesucht, die Regierung von Wen Jiabao hat ihn zumindest professionell gepflegt. Die heutige Führung ist von der Weltöffentlichkeit abgekoppelt, sie hat kaum persönliche Kontakte in den Westen. In weiteren Kreisen der Gesellschaft ist die Neugier auf Gedanken aus dem Westen versiegt. Der Dialog mit europäischen und amerikanischen Personen und Institutionen bringt stattdessen vor allem Nachteile. Ein Termin mit einem Professor der Chinese Academy of Social Sciences ist daher fast nicht mehr zu bekommen.
Nun hat Chinas Führung unter anderem dem wichtigsten Zentrum der deutschen Chinaforschung formal ihr Misstrauen ausgesprochen, was dessen Arbeit erheblich behindern dürfte. Ob Kontakte zu den betroffenen Institutionen und Personen nun für chinesische Staatsbürger toxisch werden, muss sich noch zeigen. Ein Ende des Zustands ist jedenfalls nicht abzusehen. Die Erklärung des chinesischen Außenministeriums sieht die Sanktionen vor, bis “die EU-Seite ihre Irrtümer eingesehen und richtiggestellt” hat. Doch wer ist die “EU-Seite”? Muss Brüssel nachgeben und die eigenen Sanktionen zurücknehmen, damit dänische Vereinsmitglieder wieder nach China reisen dürfen? Auch hier wird Unsicherheit zum Politikmittel.
Ende Dezember einigten sich China und die Europäische Union nach jahrelangen Verhandlungen auf das Investitionsabkommen CAI. Chinas Forderungen für den europäischen Energiesektor waren dabei bis zuletzt ein Zankapfel: Beide Seiten konnten sich nicht darauf einigen, inwieweit der gegenseitige Marktzugang hier erleichtert werden solle. Insbesondere die Atomkraft machte Brüssel Sorgen. Die EU gab aber nicht nach und schloß den Nuklearsektor “in seiner Gesamtheit von ihrem Marktzugangsangebot aus”, wie die Generaldirektion für Handel der Europäischen Kommission auf eine Anfrage von China.Table erklärte. Das CAI habe daher keine Auswirkungen auf den Bereich.
Ausländische Direktinvestitionen in der EU bleiben so eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedsstaaten. Offen, beziehungsweise ebenfalls den EU-Staaten überlassen, bleibt damit auch die Frage, ob chinesische Technologie in europäischen Kraftwerken verbaut werden darf. Bis fast kurz vor der politischen Einigung auf das CAI hatte China Medienberichten zufolge gefordert, eigene Technologie in europäischen Kernkraftwerken einsetzen zu dürfen. Kommissionskreise betonten, das sei nicht der Fall gewesen. Das Thema ist innerhalb der EU-Staaten sehr umstritten, weil China durch Investitionen und Nutzung eigener Technologien auch Zugriff auf sensible Infrastrukturen bekommen könnte.
Im Eintrag 26 des Annexes zum Abkommen, der die chinesische Seite betrifft, steht praktisch nichts neues – und das alte ist äußerst knapp formuliert: “Chinesische Kontrolle” sei erforderlich für Investitionen ausländischer Investoren in diesem Bereich. Ausländische Firmen dürfen zudem “nicht in die Exploration, den Abbau, die Reinigung, die Umwandlung, die Isotopentrennung investieren oder nukleare Exportgeschäfte für Materialien und Gegenstände tätigen, die in der nuklearen Exportkontrollliste aufgeführt sind.”
China behält sich zudem das Recht vor, “Maßnahmen in Bezug auf die Lagerung, den Transport und die Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente, die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie das Kernimportgeschäft zu ergreifen oder aufrechtzuerhalten”, wie es in einem weiteren Absatz heißt.
Auf der EU-Seite heißt es in einem Satz lediglich: “Die Produktion, der Handel oder der Transport von Nuklearenergie ist in manchen EU-Ländern verboten.” Der Hauptgrund, warum das Abkommen wenig aussagekräftig ist, liegt auch an der Uneinigkeit der Mitgliedsstaaten. Die EU-Länder sind sich untereinander nicht einig, welche Rolle die Atomkraft in Zukunft in Europa spielen soll.
Während die Franzosen für eine stärkere Rolle votieren und damit eher den Weg der Chinesen einschlagen wollen – für die Atomkraft eine grüne Energie ist – sind die Deutschen aus der Atomkraft ausgestiegen. Renew Europa, die drittgrößte Fraktion des Europäischen Parlamentes, zu der auch die Partei des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron gehört, hat erst im Januar eine Studie herausgebracht, die für einen Ausbau der Atomkraft wirbt. Die “ambitionierten” Ziele, die CO2-Emissionen zu senken, seien in der Vergangenheit in Frankreich und Schweden nur durch den Einsatz von Atomkraft erreicht worden, heißt es darin.
Die Kernkraft würde zudem auch zur Energiesicherheit Europas beitragen, wird in dem Papier argumentiert. Die Studie zeige, dass die Position des niederländischen EU-Kommissions-Vizepräsidenten und Kommissars für Klimaschutz, Frans Timmermans, Kernenergie sei “sehr teuer”, überdacht werden müsse, so Renew. Mehr als 70 Prozent der Energieproduktion Frankreichs ist Atomstrom. Auch Großbritannien setzt weiter auf Strom aus Atomkraftwerken und baut derzeit mit französischer und chinesischer Hilfe ein neues Kraftwerk, weitere sind schon geplant.
Spanien, Belgien und die Schweiz wiederum folgen mit größerem zeitlichen Abstand dem Vorbild Deutschlands. Sie wollen in den kommenden 14 Jahren aussteigen.
Außerhalb Europas setzen alle großen Volkswirtschaften beziehungsweise bevölkerungsreiche Länder weiterhin auf Atomkraft. Die USA ebenso wie Indien und Russland, aber auch Südkorea. In all diesen Ländern werden derzeit neue Atomkraftwerke gebaut. Selbst in Japan, das vor zehn Jahren von der Nuklearkatastrophe von Fukushima getroffen wurde, gibt es derzeit keine Bestrebungen aus der Atomkraft auszusteigen. Im Gegenteil.
Manche Entwicklungsländer ziehen nach. So hat Pakistan jüngst ein von den Chinesen gebautes Atomkraftwerk in Betrieb genommen. Es hat eine Kapazität von 1100 Megawatt. Ein weiteres der gleichen Größe soll Ende des Jahres ans Netz gehen.
Die Atomkraft werde noch “für viele Jahrzehnte ein Teil des globalen Energiemixes bleiben, da die Nutzung fossiler Energiequellen enden wird”, fasst das Wissenschaftsmagazin Nature die Lage zusammen. Derzeit mache die Atomkraft noch ein Drittel der kohlenstofffreien Energieversorgung weltweit aus, hat die Zeitschrift Scientific American errechnet und resümiert: “Es sieht so aus, als ob die Atomkraft zehn Jahre nach Fukushima wieder in den Tritt kommt.” Laut einer Studie der von der US-Air-Force herausgegebenen Zeitschrift Strategic Studies Quarterly, wurden seit 2000 in 13 Ländern 96 Kernreaktoren an das Stromnetz angeschlossen. 45 davon wurden in China und zwölf in Russland gebaut.
Allerdings ist der Anteil des Atomstroms am globalen Strommix in der vergangenen Dekade gesunken. Von 13 auf zehn Prozent. Das liegt vor allem daran, dass der Anteil von sauberen Energien, wie Wasser-, Wind- und Solarenergie stark überproportional gestiegen ist. Der wichtigste Player für Europa ist dabei auch: China.
Derzeit sind in China 16 Reaktoren im Bau, weitere 39 sind geplant. Im Januar 2021 waren in China 49 Kernkraftwerke in Betrieb, die insgesamt 47.498 MW Energie erzeugten. 2019 produzierte die Volksrepublik viermal so viel Kernenergie wie noch 2011.
Anfang des Jahres haben die Chinesen in der Stadt Fuqing in der ostchinesischen Provinz Fujian den kommerziellen Betrieb ihres ersten ohne ausländische Hilfe gebauten Atomkraftwerks aufgenommen. Der Hualong One (HRP1000) genannte Reaktor könne jährlich zehn Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen und 8,16 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß verhindern, heißt es aus Peking. Eine Technologie, die China gerne exportieren will (China.Table berichtete).
Solange die Lage in Europa nicht klar ist, exportiert China in andere Länder: Bereits 2013 hat Peking die Steigerung der Exporte von Kernreaktoren zur nationalen Strategie innerhalb der “Belt and Road Initiative” (BRI) erklärt. Teil der BRI sind auch EU-Staaten. Nach Angaben des Kernkraftwerke-Weltverbandes WNISR entfällt fast ein Drittel aller derzeit weltweit im Bau befindlichen rund 50 neuen Kernkraftwerke auf chinesische Vorhaben.
In Europa wird der Widerstand gegen chinesische Atomkraft aber größer: Rumänien hat den Bau zweier Atomreaktoren, den es zuvor mit der Volksrepublik vereinbart hatte, den Vereinigten Staaten übertragen. Auch in Polen sind die USA den Chinesen zuvorgekommen.
In Großbritannien sorgen Pläne der Chinesen, sich am Bau von Reaktorblöcken in Suffolk, Somerset und Essex zu beteiligen, für politischen Widerstand. Mehrere konservative Abgeordnete haben eine Parallele zwischen der daran beteiligten staatlichen China General Nuclear Power Group (CGN) und dem Telekomausrüster Huawei gezogen – beide seien eine Gefahr für die nationale Sicherheit, sagen Kritiker. Allerdings hat die Kritik die britische Regierung nicht davon abgebracht, ihren Kurs zu wechseln.
Der Austritt der Briten aus der EU hat in der Atomenergie-Frage dazu geführt, dass die Position der Deutschen gestärkt wird. Den Franzosen ist ein wichtiger Alliierter weggebrochen – die Uneinigkeit innerhalb der EU bleibt bestehen. Angesichts der weltweiten Entwicklungen wäre es sinnvoll gewesen, diese Fragen im Investitionsabkommen zwischen Peking und Brüssel detailliert zu klären. Die enthaltenen Vereinbarungen sind dürftig angesichts der globalen Lage. Mit Amelie Richter
Wegen eines Mangels an Halbleitern wird Nio die Produktion in einem seiner Werke in Hefei ab heute für fünf Tage stoppen. Damit ist der E-Auto-Hersteller das erste “hochrangige Opfer” in der chinesischen Autoindustrie, das vom Chipmangel betroffen ist, wie Bloomberg berichtet.
“Die allgemeine Angebotsverknappung bei Halbleitern hat das Produktionsvolumen des Unternehmens im März beeinträchtigt“, gab Nio bekannt. Man plane im ersten Quartal noch 19.500 Autos auszuliefern. Zuvor lag die Zielmarke bei 20.000 bis 20.500 Fahrzeugen.
Auch Massenhersteller wie Volkswagen beklagen, der Mangel an Chips habe eine “Menge Ärger” verursacht. Man erwartet, dass die Versorgung mit Halbleitern in der ersten Jahreshälfte 2021 angespannt bleiben wird. nib
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) werden kommenden Monat mit der Produktion des chinesischen Sinopharm-Impfstoff beginnen. Der Pharmahersteller Gulf Pharmaceutical Industries PSC (Julphar) teilte gestern mit, dass er einen Vertrag zur Herstellung des Impfstoffs ab April unterzeichnet habe, wie Bloomberg berichtete. Die VAE werden demnach der erste Golfstaat sein, der eine Produktionsanlage für Coronavirus-Impfstoffe errichtet. Von dort aus soll auch die Versorgung des Nahen Ostens verstärkt werden, hieß es in dem Bericht.
Julphar unterzeichnete die entsprechende Vereinbarung dem Bericht zufolge mit der in Abu Dhabi ansässigen Group 42. Das Unternehmen, das sich mit künstlicher Intelligenz und Cloud-Computing beschäftigt, hatte demnach zuvor geholfen, Versuche mit dem Sinopharm-Impfstoff im Land durchzuführen.
Der Sinopharm-Impfstoff ist bereits seit vergangenem Jahr in den VAE zugelassen. Dem Bericht zufolge hat der Staat eine der schnellsten laufenden Impfkampagnen weltweit, die meisten Menschen erhalten dabei den chinesischen Impfstoff. ari
China und der Iran haben ein Kooperationsabkommen mit einer Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen. Nach Angaben des Staatsfernsehens wurde der umfassende Kooperationspakt von den Außenministern beider Länder, Wang Yi und Mohammed Dschawad Sarif, am Samstag unterschrieben, wie die Deutsche Presse-Agentur meldete.
Bei der Vereinbarung soll es Medienberichten zufolge um Handel, Wirtschaft und Transport gehen. Sie soll den Weg frei machen für Investitionen Chinas in Milliardenhöhe – auch im Bereich der iranischen Energie- und Infrastruktur, wie South China Morning Post vor dem Abschluss berichtete. Im Gegenzug will der Iran Öl zu günstigen Preisen liefern. Auch eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet soll geplant sein.
Der Iran steckt unter anderem wegen der 2018 von den USA verhängten Sanktionen in einer akuten Wirtschaftskrise, die sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft hat. Da auch der neue US-Präsident Joe Biden die Sanktionen kurzfristig nicht aufheben will, richtet sich die Regierung mehr nach China und Russland aus. asi
Ein Lieferkettengesetz belastet die Falschen, wenn es europäische Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen von Mindeststandards im Umweltschutz oder im Sozialbereich ihrer ausländischen Lieferanten haftbar macht. Hiesige Unternehmen greifen dank der internationalen Arbeitsteilung auf ein riesiges und nicht in alle Verästelungen überschaubares Netz an Lieferanten zurück. Würden sie nun weitgehenden Haftungsregeln für de facto nicht vollständig kontrollierbare Lieferketten unterworfen, müssten sie ihr Risiko reduzieren. Das würde bedeuten, Lieferantenportfolios auf größere Zulieferer zu beschränken, die in Ländern aktiv sind, wo die Risiken für Verstöße gegen Sozial- und Umweltstandards geringer sind.
Auf den ersten Blick mag man sagen: gut so. Könnte es doch Anreize für andere Länder steigern, ihre Standards zu verbessern, um im Geschäft zu bleiben. Auf den zweiten Blick bedeutet das aber eine verstärkte Abschottung des europäischen Marktes gegen Lieferanten aus Entwicklungs- und Schwellenländern, die häufig aufgrund ihrer wirtschaftlichen und sozialen Historie die in Europa gewünschten Standards nicht garantieren können. Doch die Einbindung dieser Länder in westliche Lieferketten hat in den vergangenen Jahrzehnten die Armut dort massiv verringert und damit auch Arbeits- und Umweltbedingungen in den Ländern verbessert. Werden nun Lieferverbindungen dorthin zurückgebaut, droht dieser positive Effekt verloren zu gehen.
Neue Anbieter, zum Beispiel aus Afrika, werden es schwerer haben, in Lieferketten europäischer Firmen eingebunden zu werden. Sie werden dann darauf angewiesen zu sein, in jenen Ländern Abnehmer zu finden, die weniger Wert legen auf nachhaltige Sozial- und Umweltstandards, wie zum Beispiel China oder Russland. Firmen von dort werden den Platz europäischer Abnehmer von Waren aus Entwicklungs- und Schwellenländern einnehmen. Das würde die Situation dort vermutlich nicht verbessern: Die Anreize, sich europäischen Standards anzunähern, fallen weg. China ist jetzt schon in vielen dieser ärmeren Länder als Kreditgeber zum Beispiel für Infrastrukturprojekte aktiv. Damit gewinnt es geostrategisch Einfluss. Werden dann auch noch chinesische Firmen zunehmend die wesentlichen Abnehmer für in diesen Ländern produzierte Waren, vergrößert sich deren Abhängigkeitsverhältnis zu China weiter. Eine solche Entwicklung aber will die EU eigentlich verhindern. Mit einem strengen Lieferkettengesetz könnte sie diese Bemühungen konterkarieren.
Soll man also der Verletzung von Sozial- und Umweltstandards tatenlos zuschauen und die Unternehmen einfach gewähren lassen? Keinesfalls. Aber man sollte man bei den tatsächlich Verantwortlichen ansetzen: Fehlverhalten ausländischer Unternehmen lässt sich am besten mit direkten Sanktionen gegen die Übeltäter ahnden. Am besten funktioniert das, wenn eine zentrale EU-Institution nach Konsultationen mit allen Beteiligten Negativlisten mit allen Unternehmen in der Welt, denen ein Fehlverhalten nachgewiesen wird, führt, und diesen Firmen die Beteiligung an europäischen Wertschöpfungsketten untersagt. Damit wäre Transparenz und Rechtssicherheit gegeben; die vielen im Außenhandel tätigen europäischen Unternehmen würden nicht jedes einzeln gezwungen, ihre Lieferantennetzwerke mit hohen Kosten und unsicherer Effektivität zu überwachen; und die Politik würde nicht ihre ureigensten Aufgaben – die Außenpolitik – auf Unternehmen übertragen, die ganz andere Rolle spielen sollten. Ein solcher Ansatz würde übrigens auch starke extraterritoriale Effekte aufweisen: Wer in einem anderen Land wie der Schweiz oder Australien, würde mit einem Unternehmen arbeiten wollen, das die EU geblacklistet hat?
Die EU beginnt gerade mit diesem Ansatz China zu demonstrieren, dass sie nicht machtlos ist, wenn das Land Menschrechte oder andere Nachhaltigkeitsstandards verletzt. Sie hat erstmals die im Dezember vom europäischen Rat verabschiedete globale Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte gegen China genutzt, die sich am Magnitsky Act der USA orientiert. Damit kann auch die EU nun weltweit Sanktionen gegen einzelne Personen, Firmen oder Organisationen verhängen, die an Menschenrechtsverstößen beteiligt sind. Diese Sanktionen sind viel besser als allgemeine Handelsbeschränkungen, die in China immer auch ganz falsche Unternehmen treffen würden.
Wer auch immer mit der EU Geschäfte machen will, hat nun dieses Damoklesschwert über sich hängen. Solche gezielten Interventionen können viel effektiver sein, als durch ein striktes Lieferkettengesetz generelle Anreize für eine geringere Diversifizierung des Lieferantennetzes zu setzen.
Es ist für die Glaubwürdigkeit der neuen Sanktionsinstrumente der EU wichtig, dass sie auch eingesetzt werden, wenn es keine anderen Wege mehr gibt. Nur so entwickeln sie die beabsichtige Abschreckungswirkung. Dass China nun sehr robust mit Gegensanktionen reagiert hat, ist ebenfalls logisch. Wenn es der Führung in Peking gelingt, dass die EU zurückweicht, dann wäre dem Instrument der Zahn gezogen. Die EU muss also durch diese Phase durch. Aber sie sollte das Instrument auch nicht überreizen, denn eine politische Eskalation zwischen der EU und China ist für die deutsche Wirtschaft ein enormes Risiko.
Die Ratifikation des im Dezember beschlossenen Investitionsabkommens mit China (CAI) könnte jetzt sogar wahrscheinlicher werden, weil das EU-Parlament zeigen kann, dass es über sehr wirksame Instrumente verfügt, Menschenrechtsverletzungen in China zu ahnden. Es kann dem Abkommen also zustimmen, obwohl es in Hongkong oder Xinjiang große Probleme sieht, weil es für diese Themen nun eigene Instrumente gibt. Für Peking bleibt das Abkommen mit der EU ebenfalls von zentraler Bedeutung: Die Logik, die China kurz vor Weihnachten zum Einlenken gebracht hat, gilt weiterhin. Ein starker Schulterschluss zwischen der EU und den USA wäre für China extrem schwierig.
Das zeigt: Es gibt smartere Wege für die EU, weltweit bessere Sozial- und Umweltstandards zu fördern, als restriktive Gesetze für hiesige Unternehmen, die im Zweifel eher den Falschen nützen oder schaden.
Gabriel Felbermayr ist seit März 2019 Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Gleichzeitig hat er eine Professur für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspolitik, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel inne.
Gender-Sternchen, Doppelpunkt, Binnen-I? Um gendergerechte Sprache müssen sich die Chinesen kaum Gedanken machen. Das liegt schlichtweg an der Natur der chinesischen Grammatik. Denn chinesische Wörter unterscheiden generell nicht nach grammatischem Geschlecht. Auch genusanzeigende Artikel wie “der, die, das” sind Fehlanzeige, genauso übrigens wie zwingende Markierungen für Singular oder Plural.
Spricht also jemand vom 老师 lǎoshī, ist im Gespräch erst einmal völlig offen, ob es sich um eine Lehrerin oder einen Lehrer handelt. Während deutschsprachige Chinesischlerner:innen hier schnell eine Informationslücke wahrnehmen und teils versuchen, durch Nachfragen Geschlechterklarheit zu schaffen, bleiben Chines:innen entspannt. Je nach Kontext und weiterer Erzählung macht sich die chinesische Zuhörerschaft mit der Zeit einfach selbst ein Bild von Protagonist oder Protagonistin und entwickelt eine eigene Genushypothese, die sich dann im weiteren Gesprächsverlauf bestätigt oder eben nicht. Im Zweifelsfall passt der Zuhörer sein mentales Erzählkonstrukt einfach rückwirkend an, da sind Chinesen und Chinesinnen gedanklich flexibel.
Doch ganz aus dem Schneider ist man in China in sprachlichen Genderfragen dennoch nicht! Zwar sind auch chinesische Personalpronomen in der gesprochenen Sprache völlig genderneutral: die Fürwörter “er, sie, es” werden alle identisch als tā gesprochen. Doch im Schriftbild findet eine eindeutige Unterscheidung nach maskulin (他), feminin (她) und neutrum (它) statt. Besonderes Genderkonfliktpotential birgt zudem das Pluralpronomen tāmen – “sie”. Denn nur wenn es sich um eine ausschließlich weibliche Personengruppe handelt, taucht das Femininum 她们 tāmen auf. Ist hingegen auch nur ein männlicher Zeitgenosse in einer großen Gruppe von Frauen zugegen, muss grammatisch korrekt das allgemeine – männliche – Pluralpronomen 他们 tāmen verwendet werden.
Eine Gendersackgasse also? Von wegen! In Chinas Internet- und Werbesprache hat man längst eine elegante Lösung gefunden, um das Problem kreativ zu umschiffen. So wird man in China in Onlinetexten oder auf Plakaten nicht selten einfach die lateinischen Großbuchstaben TA oder TAMEN finden – damit kann sich dann jeder angesprochen fühlen. So geht gendern auf Chinesisch!
Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.
China hat die Impfkampagne für Ausländer und Ausländerinnen gestartet. Für ihre Gesundheit, aber auch für die Mobilität von Arbeitnehmer:innen und ihren Familien ist das eine gute und wichtige Botschaft. Was Expats und Arbeitgeber:innen mit ausländischen Beschäftigten in China jetzt wissen sollten, hat das Team von China.Table zusammengetragen.
Chinesischen Anbietern von Atomtechnologien dürfte die Uneinigkeit der EU-Mitgliedsländer gerade recht kommen. Bleibt doch die Verantwortung für den Einsatz chinesischer Anlagenteile in Kernkraftwerken Europas auch nach den Verhandlungen zum Investitionsabkommen CAI bei den Mitgliedsstaaten. Ob das aber auch gut für Europa ist? Schließlich geht es dabei um sicherheitsrelevante Infrastruktur. Frank Sieren und Amelie Richter haben die Hintergründe.
Dass gut Gewolltes nicht immer gleichzusetzen ist mit gut Gemachtem, schreibt Gabriel Felbermayr im heutigen Standpunkt. Der Präsident des Kieler Weltwirtschaftsinstituts IfW untersucht die Pläne der Europäer für ein Lieferkettengesetz und kommt zu dem Urteil: Die EU hat weitaus wirksamere Mittel, um höheren Sozial- und Umweltstandards zur Geltung zu verhelfen.
Die Pekinger Stadtregierung hat allgemeine Informationen für ausländische Staatsbürger:innen veröffentlicht, die sich impfen lassen möchten. Shanghai hatte bereits am Dienstag vergangener Woche eine ähnliche Mitteilung herausgegeben. Guangzhou soll schon bald folgen. Als einzige Voraussetzung ist ein Alter über 18 Jahren genannt. Die Impfung ist freiwillig. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist allein der chinesische Gesundheitsdienst für die Impfung der Deutschen vor Ort zuständig, die Botschaftsärzte bieten sie nicht an.
Die Ansprechpartner sind in Peking die Arbeitgeber:innen beziehungsweise die Wohnanlagen. Großunternehmen sind aufgefordert, sich um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kümmern. Studenten:innen, Sprach- und Hochschullehrer und -lehrerinnen sollten sich an die Bildungseinrichtung wenden, an der sie arbeiten. Für alle anderen ist die Compound-Verwaltung zuständig. Nach der Terminvergabe über die Institutionen soll die Impfung durch die Stadtteilbehörden erfolgen.
Wer in China krankenversichert ist, erhält die Spritzen kostenlos. Alle anderen müssen 93,50 Yuan (rund 12 Euro) bezahlen. Die Impfung wird in der allgegenwärtigen App “Health Cloud” vermerkt, auf der ein wesentlicher Teil des chinesischen Pandemie-Managements beruht. Es gibt sie in einer englischen Version, in der jedoch nicht alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Bei der Massenimpfung in China kommen die Präparate von Sinopharm und Sinovac zum Einsatz, die abgetötete Corona-Viren einsetzen. Diese Technik ist traditioneller als die, auf denen die westlichen und der russische Impfstoff beruhen. Wer sich im Hinblick auf mRNA- und Vektor-Impfstoffe Sorgen um mangelnde Erfahrungswerte mit den gentechnischen Verfahren macht, ist mit den chinesischen Produkten sogar besser bedient. Trotz anfänglicher Verwirrung um die Wirksamkeitsraten bei Sinovac gelten beide als sicher und tauglich. Sie werden in zahlreichen Märkten bereits massenhaft verimpft. Es gibt keine Berichte über größere Probleme.
Generell sind aus der deutschen Community nur wenig konkrete Vorbehalte gegen die chinesischen Impfstoffe zu hören. Die Bereitschaft, sich schnell impfen zu lassen, ist vor allem da hoch, wo eine reibungslose Ein- und Ausreise wichtig fürs Geschäft ist. Einige Deutsche vor Ort haben daher vor, sich so schnell wie möglich einen Termin geben zu lassen. Andere wollen erst einmal abwarten, wie sich die Lage entwickelt.
Diplomaten und Diplomatinnen sowie Medienvertreter hatten bereits in der vorvergangenen Woche die Gelegenheit, sich impfen zu lassen. Der Termin galt für ein Zeitfenster von einer halben Stunde; Wartezeiten wurden dadurch effektiv vermieden. Das Personal war freundlich und sprach Englisch. Der ganze Prozess von der Abklärung von Vorerkrankungen bis zur Impfung durch eine Krankenschwester in einer Einzelkabine dauerte nur wenige Minuten. Diejenigen, die ihre erste Dosis am 23. März erhalten haben, müssen am 13. April für die zweite Spritze wiederkommen. Das Impfangebot wurde von den Diplomat:innen und Medienvertretern dem Augenschein nach sehr gut angenommen.
Für die Expatriierten ist die entscheidende Frage nun jedoch, welche Erleichterungen es für sie nach der Impfung geben wird. China hat inzwischen ein digitales Impfzertifikat für Reisende eingeführt. Seit einer guten Woche ist der Nachweis über den chinesischen Onlinedienst WeChat verfügbar und zeigt Impfungen und Testergebnisse der Nutzerinnen und Nutzer an. Das Programm solle bei der “weltweiten wirtschaftlichen Erholung” helfen und zudem “grenzüberschreitendes Reisen erleichtern”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. Über einen QR-Code können theoretisch auch andere Staaten die Daten der Nutzer bei deren Einreise auslesen.
Derzeit gibt es das Dokument zwar nur für Chinesen, Außenminister Wang Yi äußerte jedoch bereits die Hoffnung auf eine internationale Vernetzung. Das Ziel des Zertifikats sei es, eine gegenseitige Überprüfung von Informationen wie Testergebnissen und Impfungen zu erreichen. Seine Aussage nährte zumindest die Erwartung, dass es den Pass für in China lebende Ausländer:innen geben wird.
Allerdings ist bisher nicht klar, ob die Quarantäne bei Wiedereinreise nach China damit wirklich wegfällt. Bisher gibt es dazu keine klare Aussage. Zuletzt hatte ein Sprecher der Nationalen Gesundheitskommission Mitte Februar in dieser Frage Stellung bezogen. Da hieß es allerdings noch: Bestehende Quarantäneanforderungen sollten für Menschen, die in China ankommen, bestehen bleiben, da es möglich ist, dass auch geimpfte Menschen immer noch mit dem Virus infiziert werden können. China ist eines der ersten Länder weltweit, die ein Impfzertifikat für Reisende ausgeben. Auch für die EU ist ein Zertifikat für die Nachweise von Impfungen und Tests geplant, um Reisen zu erleichtern. Gregor Koppenburg, Finn Mayer-Kuckuk, Frank Sieren
Es ist jetzt eine Woche her, dass sich die Europäische Union und China gegenseitig mit Sanktionen belegt haben. Die EU hat Personen und Institutionen abgestraft, die mit den Handlungen des Sicherheitsapparats in der Provinz Xinjiang in Beziehung stehen. Die chinesische Regierung hat im Gegenzug Sanktionen gegen vier europäische Organisationen und zehn Personen mit China-Fokus verhängt. Diese sollen den Vorwürfen zufolge “Chinas Eigenstaatlichkeit und Interessen beschädigt und böswillig Lügen und Fehlinformationen verbreitet” haben.
Am Wochenende hat die Volksrepublik nun die Sanktionen auf die Vorsitzende und den Co-Vorsitzenden der US-Behörde Commission on International Religious Freedom, Gayle Manchin und Tony Perkins, sowie den kanadischen Abgeordneten Michael Chong ausgeweitet. Auch sie dürfen das chinesische Staatsgebiet nicht mehr betreten. Chong bezeichnete die Sanktionen als “Ehrenzeichen”. Die kanadische Regierung und Premierminister Justin Trudeau stellten sich demonstrativ hinter den Abgeordneten und versprachen, sich von China nicht einschüchtern zu lassen.
Indem China auf breiterer Front zurückschlägt, als es angegriffen wurde, will es Kritiker abschrecken. Ein wichtiges – und bewährtes – Mittel ist hier systematische Unklarheit über die konkreten Auswirkungen. Was bedeutet beispielsweise der Hinweis auf die Familien der Mitarbeiter sanktionierter Organisationen? Er findet sich in der Verlautbarung gegenüber der EU, nicht aber in der gegenüber den Nordamerikanern.
Erhalten nun wirklich die Ehepartner, Eltern oder Kinder aller Mitarbeiter der genannten Institutionen keine Visa mehr? Was, wenn es sich dabei um chinesische Staatsbürger handelt? Oder um chinesischstämmige Deutsche mit Familie in China? Nachfragen von China.Table bei deutschen EU-Parlamentariern aus dem sanktionierten Menschenrechtsausschuss zeigen: Selbst Betroffene sind sich nicht sicher. Sie gehe davon aus, dass sie nicht mehr in China einreisen dürfe, obwohl sie nicht einzeln auf der Sanktionsliste genannt sei, erklärte die Grünen-Europaabgeordnete und Ausschussmitglied Hannah Neumann. Wie das bei Familienangehörigen aussehe, sei nicht klar, so die EU-Politikerin. Derzeit laufe generell eine rechtliche Prüfung, um Klarheit zu schaffen, hieß es aus Kreisen um den Menschenrechtsausschuss.
Hinzu kommt bei dem Bann aus Peking: Unternehmen und Institutionen, die mit dem sanktionierten Personenkreis “in Verbindung stehen”, dürfen zudem keine Geschäfte mehr in China machen. Dieser Kreis wäre enorm weit, wenn die Behörden die Möglichkeiten des Wortlauts wirklich ausschöpften.
Bisher ist die Annahme weit verbreitet, dass die Drohung nicht konsequent umgesetzt wird – doch das speist sich aus Erfahrungen mit bisherigen Empörungswellen aus China. Tatsächlich wird der Ton jedoch immer rauer, und es verbreitet sich die Befürchtung, dass die Umsetzung eher am strengeren Ende der Skala erfolgt. Der beabsichtigte Effekt tritt damit bereits ein. Institutionen und Personen, die auf den Zugang zu China angewiesen sind, müssen künftig abwägen: klare Worte sprechen und das Wohlwollen Pekings verlieren – oder lieber etwas vorsichtiger sein?
Die Sanktionen werden durchaus als hart empfunden. Wer Sinologie studiert hat und sich auch sonst einen guten Teil seines Erwachsenenlebens mit China beschäftigt hat, für den ist ein Einreiseverbot ein schwerer Schlag. Wenn Mandarin- und Landeskenntnisse einen wichtigen Teil der eigenen Qualifikation ausmachen, dann gehören Reisen nach China einfach zum Leben und Arbeiten dazu. Viele Betroffene haben zudem jahrelang in China verbracht. Sie haben daher dort Freunde und Verwandte. Die Sanktionen sind nicht nur eine professionelle Einschränkung, sondern sie schmerzen auch persönlich. Dabei handelt es sich im Allgemeinen genau um die Menschen, die China am besten verstehen und am meisten wertschätzen.
Die Sanktionen fühlen sich nicht nur wegen der individuellen Auswirkungen unverhältnismäßig an – sie sind es objektiv auch nicht. Bisher war hier eher die Strategie “Tit for Tat” üblich: wie du mir, so ich dir. Während die EU jedoch gezielt die Verantwortlichen in Xinjiang genannt hat, hat China eine ganze Breitseite gegen alle abgefeuert, die sich zuletzt über Xinjiang geäußert haben.
Von den EU-Sanktionen war als einzige Organisation das Xinjiang Produktions- und Aufbaukorps betroffen. Dazu kam der Chef des örtlichen Sicherheitsbüros als die Einzelperson mit dem höchsten Rang. Alle Betroffenen sind jedoch für ihre Arbeit nicht auf Kontakte zu Europa angewiesen; ihr Tätigkeitsfeld liegt ausschließlich in Xinjiang. Die Antwort aus Peking betraf dagegen die China-Experten in Europas Hauptstädten. Gerade der Thinktank Merics hat gar keine politische Rolle, sondern hat in erster Linie akademische Arbeit geleistet. Der dänische Verein “Alliance of Democracies” wiederum hat sich mit einer globalen Perspektive für die Stärkung der Demokratie eingesetzt. Eine verhältnismäßige Reaktion hätte sich beispielsweise auf die einschlägigen EU-Parlamentarier beschränkt und nicht zusätzlich Akademiker und Vereine pauschal einbezogen.
Die undifferenzierte Reaktion zeigt auch, dass die chinesische Führungseben den Kontakt zu westlichen Denkern und Wirtschaftsvertretern verloren hat. Die Regierung unter Zhou Rongji hat ihn noch aktiv gesucht, die Regierung von Wen Jiabao hat ihn zumindest professionell gepflegt. Die heutige Führung ist von der Weltöffentlichkeit abgekoppelt, sie hat kaum persönliche Kontakte in den Westen. In weiteren Kreisen der Gesellschaft ist die Neugier auf Gedanken aus dem Westen versiegt. Der Dialog mit europäischen und amerikanischen Personen und Institutionen bringt stattdessen vor allem Nachteile. Ein Termin mit einem Professor der Chinese Academy of Social Sciences ist daher fast nicht mehr zu bekommen.
Nun hat Chinas Führung unter anderem dem wichtigsten Zentrum der deutschen Chinaforschung formal ihr Misstrauen ausgesprochen, was dessen Arbeit erheblich behindern dürfte. Ob Kontakte zu den betroffenen Institutionen und Personen nun für chinesische Staatsbürger toxisch werden, muss sich noch zeigen. Ein Ende des Zustands ist jedenfalls nicht abzusehen. Die Erklärung des chinesischen Außenministeriums sieht die Sanktionen vor, bis “die EU-Seite ihre Irrtümer eingesehen und richtiggestellt” hat. Doch wer ist die “EU-Seite”? Muss Brüssel nachgeben und die eigenen Sanktionen zurücknehmen, damit dänische Vereinsmitglieder wieder nach China reisen dürfen? Auch hier wird Unsicherheit zum Politikmittel.
Ende Dezember einigten sich China und die Europäische Union nach jahrelangen Verhandlungen auf das Investitionsabkommen CAI. Chinas Forderungen für den europäischen Energiesektor waren dabei bis zuletzt ein Zankapfel: Beide Seiten konnten sich nicht darauf einigen, inwieweit der gegenseitige Marktzugang hier erleichtert werden solle. Insbesondere die Atomkraft machte Brüssel Sorgen. Die EU gab aber nicht nach und schloß den Nuklearsektor “in seiner Gesamtheit von ihrem Marktzugangsangebot aus”, wie die Generaldirektion für Handel der Europäischen Kommission auf eine Anfrage von China.Table erklärte. Das CAI habe daher keine Auswirkungen auf den Bereich.
Ausländische Direktinvestitionen in der EU bleiben so eine Angelegenheit der einzelnen Mitgliedsstaaten. Offen, beziehungsweise ebenfalls den EU-Staaten überlassen, bleibt damit auch die Frage, ob chinesische Technologie in europäischen Kraftwerken verbaut werden darf. Bis fast kurz vor der politischen Einigung auf das CAI hatte China Medienberichten zufolge gefordert, eigene Technologie in europäischen Kernkraftwerken einsetzen zu dürfen. Kommissionskreise betonten, das sei nicht der Fall gewesen. Das Thema ist innerhalb der EU-Staaten sehr umstritten, weil China durch Investitionen und Nutzung eigener Technologien auch Zugriff auf sensible Infrastrukturen bekommen könnte.
Im Eintrag 26 des Annexes zum Abkommen, der die chinesische Seite betrifft, steht praktisch nichts neues – und das alte ist äußerst knapp formuliert: “Chinesische Kontrolle” sei erforderlich für Investitionen ausländischer Investoren in diesem Bereich. Ausländische Firmen dürfen zudem “nicht in die Exploration, den Abbau, die Reinigung, die Umwandlung, die Isotopentrennung investieren oder nukleare Exportgeschäfte für Materialien und Gegenstände tätigen, die in der nuklearen Exportkontrollliste aufgeführt sind.”
China behält sich zudem das Recht vor, “Maßnahmen in Bezug auf die Lagerung, den Transport und die Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente, die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle sowie das Kernimportgeschäft zu ergreifen oder aufrechtzuerhalten”, wie es in einem weiteren Absatz heißt.
Auf der EU-Seite heißt es in einem Satz lediglich: “Die Produktion, der Handel oder der Transport von Nuklearenergie ist in manchen EU-Ländern verboten.” Der Hauptgrund, warum das Abkommen wenig aussagekräftig ist, liegt auch an der Uneinigkeit der Mitgliedsstaaten. Die EU-Länder sind sich untereinander nicht einig, welche Rolle die Atomkraft in Zukunft in Europa spielen soll.
Während die Franzosen für eine stärkere Rolle votieren und damit eher den Weg der Chinesen einschlagen wollen – für die Atomkraft eine grüne Energie ist – sind die Deutschen aus der Atomkraft ausgestiegen. Renew Europa, die drittgrößte Fraktion des Europäischen Parlamentes, zu der auch die Partei des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron gehört, hat erst im Januar eine Studie herausgebracht, die für einen Ausbau der Atomkraft wirbt. Die “ambitionierten” Ziele, die CO2-Emissionen zu senken, seien in der Vergangenheit in Frankreich und Schweden nur durch den Einsatz von Atomkraft erreicht worden, heißt es darin.
Die Kernkraft würde zudem auch zur Energiesicherheit Europas beitragen, wird in dem Papier argumentiert. Die Studie zeige, dass die Position des niederländischen EU-Kommissions-Vizepräsidenten und Kommissars für Klimaschutz, Frans Timmermans, Kernenergie sei “sehr teuer”, überdacht werden müsse, so Renew. Mehr als 70 Prozent der Energieproduktion Frankreichs ist Atomstrom. Auch Großbritannien setzt weiter auf Strom aus Atomkraftwerken und baut derzeit mit französischer und chinesischer Hilfe ein neues Kraftwerk, weitere sind schon geplant.
Spanien, Belgien und die Schweiz wiederum folgen mit größerem zeitlichen Abstand dem Vorbild Deutschlands. Sie wollen in den kommenden 14 Jahren aussteigen.
Außerhalb Europas setzen alle großen Volkswirtschaften beziehungsweise bevölkerungsreiche Länder weiterhin auf Atomkraft. Die USA ebenso wie Indien und Russland, aber auch Südkorea. In all diesen Ländern werden derzeit neue Atomkraftwerke gebaut. Selbst in Japan, das vor zehn Jahren von der Nuklearkatastrophe von Fukushima getroffen wurde, gibt es derzeit keine Bestrebungen aus der Atomkraft auszusteigen. Im Gegenteil.
Manche Entwicklungsländer ziehen nach. So hat Pakistan jüngst ein von den Chinesen gebautes Atomkraftwerk in Betrieb genommen. Es hat eine Kapazität von 1100 Megawatt. Ein weiteres der gleichen Größe soll Ende des Jahres ans Netz gehen.
Die Atomkraft werde noch “für viele Jahrzehnte ein Teil des globalen Energiemixes bleiben, da die Nutzung fossiler Energiequellen enden wird”, fasst das Wissenschaftsmagazin Nature die Lage zusammen. Derzeit mache die Atomkraft noch ein Drittel der kohlenstofffreien Energieversorgung weltweit aus, hat die Zeitschrift Scientific American errechnet und resümiert: “Es sieht so aus, als ob die Atomkraft zehn Jahre nach Fukushima wieder in den Tritt kommt.” Laut einer Studie der von der US-Air-Force herausgegebenen Zeitschrift Strategic Studies Quarterly, wurden seit 2000 in 13 Ländern 96 Kernreaktoren an das Stromnetz angeschlossen. 45 davon wurden in China und zwölf in Russland gebaut.
Allerdings ist der Anteil des Atomstroms am globalen Strommix in der vergangenen Dekade gesunken. Von 13 auf zehn Prozent. Das liegt vor allem daran, dass der Anteil von sauberen Energien, wie Wasser-, Wind- und Solarenergie stark überproportional gestiegen ist. Der wichtigste Player für Europa ist dabei auch: China.
Derzeit sind in China 16 Reaktoren im Bau, weitere 39 sind geplant. Im Januar 2021 waren in China 49 Kernkraftwerke in Betrieb, die insgesamt 47.498 MW Energie erzeugten. 2019 produzierte die Volksrepublik viermal so viel Kernenergie wie noch 2011.
Anfang des Jahres haben die Chinesen in der Stadt Fuqing in der ostchinesischen Provinz Fujian den kommerziellen Betrieb ihres ersten ohne ausländische Hilfe gebauten Atomkraftwerks aufgenommen. Der Hualong One (HRP1000) genannte Reaktor könne jährlich zehn Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen und 8,16 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß verhindern, heißt es aus Peking. Eine Technologie, die China gerne exportieren will (China.Table berichtete).
Solange die Lage in Europa nicht klar ist, exportiert China in andere Länder: Bereits 2013 hat Peking die Steigerung der Exporte von Kernreaktoren zur nationalen Strategie innerhalb der “Belt and Road Initiative” (BRI) erklärt. Teil der BRI sind auch EU-Staaten. Nach Angaben des Kernkraftwerke-Weltverbandes WNISR entfällt fast ein Drittel aller derzeit weltweit im Bau befindlichen rund 50 neuen Kernkraftwerke auf chinesische Vorhaben.
In Europa wird der Widerstand gegen chinesische Atomkraft aber größer: Rumänien hat den Bau zweier Atomreaktoren, den es zuvor mit der Volksrepublik vereinbart hatte, den Vereinigten Staaten übertragen. Auch in Polen sind die USA den Chinesen zuvorgekommen.
In Großbritannien sorgen Pläne der Chinesen, sich am Bau von Reaktorblöcken in Suffolk, Somerset und Essex zu beteiligen, für politischen Widerstand. Mehrere konservative Abgeordnete haben eine Parallele zwischen der daran beteiligten staatlichen China General Nuclear Power Group (CGN) und dem Telekomausrüster Huawei gezogen – beide seien eine Gefahr für die nationale Sicherheit, sagen Kritiker. Allerdings hat die Kritik die britische Regierung nicht davon abgebracht, ihren Kurs zu wechseln.
Der Austritt der Briten aus der EU hat in der Atomenergie-Frage dazu geführt, dass die Position der Deutschen gestärkt wird. Den Franzosen ist ein wichtiger Alliierter weggebrochen – die Uneinigkeit innerhalb der EU bleibt bestehen. Angesichts der weltweiten Entwicklungen wäre es sinnvoll gewesen, diese Fragen im Investitionsabkommen zwischen Peking und Brüssel detailliert zu klären. Die enthaltenen Vereinbarungen sind dürftig angesichts der globalen Lage. Mit Amelie Richter
Wegen eines Mangels an Halbleitern wird Nio die Produktion in einem seiner Werke in Hefei ab heute für fünf Tage stoppen. Damit ist der E-Auto-Hersteller das erste “hochrangige Opfer” in der chinesischen Autoindustrie, das vom Chipmangel betroffen ist, wie Bloomberg berichtet.
“Die allgemeine Angebotsverknappung bei Halbleitern hat das Produktionsvolumen des Unternehmens im März beeinträchtigt“, gab Nio bekannt. Man plane im ersten Quartal noch 19.500 Autos auszuliefern. Zuvor lag die Zielmarke bei 20.000 bis 20.500 Fahrzeugen.
Auch Massenhersteller wie Volkswagen beklagen, der Mangel an Chips habe eine “Menge Ärger” verursacht. Man erwartet, dass die Versorgung mit Halbleitern in der ersten Jahreshälfte 2021 angespannt bleiben wird. nib
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) werden kommenden Monat mit der Produktion des chinesischen Sinopharm-Impfstoff beginnen. Der Pharmahersteller Gulf Pharmaceutical Industries PSC (Julphar) teilte gestern mit, dass er einen Vertrag zur Herstellung des Impfstoffs ab April unterzeichnet habe, wie Bloomberg berichtete. Die VAE werden demnach der erste Golfstaat sein, der eine Produktionsanlage für Coronavirus-Impfstoffe errichtet. Von dort aus soll auch die Versorgung des Nahen Ostens verstärkt werden, hieß es in dem Bericht.
Julphar unterzeichnete die entsprechende Vereinbarung dem Bericht zufolge mit der in Abu Dhabi ansässigen Group 42. Das Unternehmen, das sich mit künstlicher Intelligenz und Cloud-Computing beschäftigt, hatte demnach zuvor geholfen, Versuche mit dem Sinopharm-Impfstoff im Land durchzuführen.
Der Sinopharm-Impfstoff ist bereits seit vergangenem Jahr in den VAE zugelassen. Dem Bericht zufolge hat der Staat eine der schnellsten laufenden Impfkampagnen weltweit, die meisten Menschen erhalten dabei den chinesischen Impfstoff. ari
China und der Iran haben ein Kooperationsabkommen mit einer Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen. Nach Angaben des Staatsfernsehens wurde der umfassende Kooperationspakt von den Außenministern beider Länder, Wang Yi und Mohammed Dschawad Sarif, am Samstag unterschrieben, wie die Deutsche Presse-Agentur meldete.
Bei der Vereinbarung soll es Medienberichten zufolge um Handel, Wirtschaft und Transport gehen. Sie soll den Weg frei machen für Investitionen Chinas in Milliardenhöhe – auch im Bereich der iranischen Energie- und Infrastruktur, wie South China Morning Post vor dem Abschluss berichtete. Im Gegenzug will der Iran Öl zu günstigen Preisen liefern. Auch eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet soll geplant sein.
Der Iran steckt unter anderem wegen der 2018 von den USA verhängten Sanktionen in einer akuten Wirtschaftskrise, die sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft hat. Da auch der neue US-Präsident Joe Biden die Sanktionen kurzfristig nicht aufheben will, richtet sich die Regierung mehr nach China und Russland aus. asi
Ein Lieferkettengesetz belastet die Falschen, wenn es europäische Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen von Mindeststandards im Umweltschutz oder im Sozialbereich ihrer ausländischen Lieferanten haftbar macht. Hiesige Unternehmen greifen dank der internationalen Arbeitsteilung auf ein riesiges und nicht in alle Verästelungen überschaubares Netz an Lieferanten zurück. Würden sie nun weitgehenden Haftungsregeln für de facto nicht vollständig kontrollierbare Lieferketten unterworfen, müssten sie ihr Risiko reduzieren. Das würde bedeuten, Lieferantenportfolios auf größere Zulieferer zu beschränken, die in Ländern aktiv sind, wo die Risiken für Verstöße gegen Sozial- und Umweltstandards geringer sind.
Auf den ersten Blick mag man sagen: gut so. Könnte es doch Anreize für andere Länder steigern, ihre Standards zu verbessern, um im Geschäft zu bleiben. Auf den zweiten Blick bedeutet das aber eine verstärkte Abschottung des europäischen Marktes gegen Lieferanten aus Entwicklungs- und Schwellenländern, die häufig aufgrund ihrer wirtschaftlichen und sozialen Historie die in Europa gewünschten Standards nicht garantieren können. Doch die Einbindung dieser Länder in westliche Lieferketten hat in den vergangenen Jahrzehnten die Armut dort massiv verringert und damit auch Arbeits- und Umweltbedingungen in den Ländern verbessert. Werden nun Lieferverbindungen dorthin zurückgebaut, droht dieser positive Effekt verloren zu gehen.
Neue Anbieter, zum Beispiel aus Afrika, werden es schwerer haben, in Lieferketten europäischer Firmen eingebunden zu werden. Sie werden dann darauf angewiesen zu sein, in jenen Ländern Abnehmer zu finden, die weniger Wert legen auf nachhaltige Sozial- und Umweltstandards, wie zum Beispiel China oder Russland. Firmen von dort werden den Platz europäischer Abnehmer von Waren aus Entwicklungs- und Schwellenländern einnehmen. Das würde die Situation dort vermutlich nicht verbessern: Die Anreize, sich europäischen Standards anzunähern, fallen weg. China ist jetzt schon in vielen dieser ärmeren Länder als Kreditgeber zum Beispiel für Infrastrukturprojekte aktiv. Damit gewinnt es geostrategisch Einfluss. Werden dann auch noch chinesische Firmen zunehmend die wesentlichen Abnehmer für in diesen Ländern produzierte Waren, vergrößert sich deren Abhängigkeitsverhältnis zu China weiter. Eine solche Entwicklung aber will die EU eigentlich verhindern. Mit einem strengen Lieferkettengesetz könnte sie diese Bemühungen konterkarieren.
Soll man also der Verletzung von Sozial- und Umweltstandards tatenlos zuschauen und die Unternehmen einfach gewähren lassen? Keinesfalls. Aber man sollte man bei den tatsächlich Verantwortlichen ansetzen: Fehlverhalten ausländischer Unternehmen lässt sich am besten mit direkten Sanktionen gegen die Übeltäter ahnden. Am besten funktioniert das, wenn eine zentrale EU-Institution nach Konsultationen mit allen Beteiligten Negativlisten mit allen Unternehmen in der Welt, denen ein Fehlverhalten nachgewiesen wird, führt, und diesen Firmen die Beteiligung an europäischen Wertschöpfungsketten untersagt. Damit wäre Transparenz und Rechtssicherheit gegeben; die vielen im Außenhandel tätigen europäischen Unternehmen würden nicht jedes einzeln gezwungen, ihre Lieferantennetzwerke mit hohen Kosten und unsicherer Effektivität zu überwachen; und die Politik würde nicht ihre ureigensten Aufgaben – die Außenpolitik – auf Unternehmen übertragen, die ganz andere Rolle spielen sollten. Ein solcher Ansatz würde übrigens auch starke extraterritoriale Effekte aufweisen: Wer in einem anderen Land wie der Schweiz oder Australien, würde mit einem Unternehmen arbeiten wollen, das die EU geblacklistet hat?
Die EU beginnt gerade mit diesem Ansatz China zu demonstrieren, dass sie nicht machtlos ist, wenn das Land Menschrechte oder andere Nachhaltigkeitsstandards verletzt. Sie hat erstmals die im Dezember vom europäischen Rat verabschiedete globale Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte gegen China genutzt, die sich am Magnitsky Act der USA orientiert. Damit kann auch die EU nun weltweit Sanktionen gegen einzelne Personen, Firmen oder Organisationen verhängen, die an Menschenrechtsverstößen beteiligt sind. Diese Sanktionen sind viel besser als allgemeine Handelsbeschränkungen, die in China immer auch ganz falsche Unternehmen treffen würden.
Wer auch immer mit der EU Geschäfte machen will, hat nun dieses Damoklesschwert über sich hängen. Solche gezielten Interventionen können viel effektiver sein, als durch ein striktes Lieferkettengesetz generelle Anreize für eine geringere Diversifizierung des Lieferantennetzes zu setzen.
Es ist für die Glaubwürdigkeit der neuen Sanktionsinstrumente der EU wichtig, dass sie auch eingesetzt werden, wenn es keine anderen Wege mehr gibt. Nur so entwickeln sie die beabsichtige Abschreckungswirkung. Dass China nun sehr robust mit Gegensanktionen reagiert hat, ist ebenfalls logisch. Wenn es der Führung in Peking gelingt, dass die EU zurückweicht, dann wäre dem Instrument der Zahn gezogen. Die EU muss also durch diese Phase durch. Aber sie sollte das Instrument auch nicht überreizen, denn eine politische Eskalation zwischen der EU und China ist für die deutsche Wirtschaft ein enormes Risiko.
Die Ratifikation des im Dezember beschlossenen Investitionsabkommens mit China (CAI) könnte jetzt sogar wahrscheinlicher werden, weil das EU-Parlament zeigen kann, dass es über sehr wirksame Instrumente verfügt, Menschenrechtsverletzungen in China zu ahnden. Es kann dem Abkommen also zustimmen, obwohl es in Hongkong oder Xinjiang große Probleme sieht, weil es für diese Themen nun eigene Instrumente gibt. Für Peking bleibt das Abkommen mit der EU ebenfalls von zentraler Bedeutung: Die Logik, die China kurz vor Weihnachten zum Einlenken gebracht hat, gilt weiterhin. Ein starker Schulterschluss zwischen der EU und den USA wäre für China extrem schwierig.
Das zeigt: Es gibt smartere Wege für die EU, weltweit bessere Sozial- und Umweltstandards zu fördern, als restriktive Gesetze für hiesige Unternehmen, die im Zweifel eher den Falschen nützen oder schaden.
Gabriel Felbermayr ist seit März 2019 Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Gleichzeitig hat er eine Professur für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspolitik, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel inne.
Gender-Sternchen, Doppelpunkt, Binnen-I? Um gendergerechte Sprache müssen sich die Chinesen kaum Gedanken machen. Das liegt schlichtweg an der Natur der chinesischen Grammatik. Denn chinesische Wörter unterscheiden generell nicht nach grammatischem Geschlecht. Auch genusanzeigende Artikel wie “der, die, das” sind Fehlanzeige, genauso übrigens wie zwingende Markierungen für Singular oder Plural.
Spricht also jemand vom 老师 lǎoshī, ist im Gespräch erst einmal völlig offen, ob es sich um eine Lehrerin oder einen Lehrer handelt. Während deutschsprachige Chinesischlerner:innen hier schnell eine Informationslücke wahrnehmen und teils versuchen, durch Nachfragen Geschlechterklarheit zu schaffen, bleiben Chines:innen entspannt. Je nach Kontext und weiterer Erzählung macht sich die chinesische Zuhörerschaft mit der Zeit einfach selbst ein Bild von Protagonist oder Protagonistin und entwickelt eine eigene Genushypothese, die sich dann im weiteren Gesprächsverlauf bestätigt oder eben nicht. Im Zweifelsfall passt der Zuhörer sein mentales Erzählkonstrukt einfach rückwirkend an, da sind Chinesen und Chinesinnen gedanklich flexibel.
Doch ganz aus dem Schneider ist man in China in sprachlichen Genderfragen dennoch nicht! Zwar sind auch chinesische Personalpronomen in der gesprochenen Sprache völlig genderneutral: die Fürwörter “er, sie, es” werden alle identisch als tā gesprochen. Doch im Schriftbild findet eine eindeutige Unterscheidung nach maskulin (他), feminin (她) und neutrum (它) statt. Besonderes Genderkonfliktpotential birgt zudem das Pluralpronomen tāmen – “sie”. Denn nur wenn es sich um eine ausschließlich weibliche Personengruppe handelt, taucht das Femininum 她们 tāmen auf. Ist hingegen auch nur ein männlicher Zeitgenosse in einer großen Gruppe von Frauen zugegen, muss grammatisch korrekt das allgemeine – männliche – Pluralpronomen 他们 tāmen verwendet werden.
Eine Gendersackgasse also? Von wegen! In Chinas Internet- und Werbesprache hat man längst eine elegante Lösung gefunden, um das Problem kreativ zu umschiffen. So wird man in China in Onlinetexten oder auf Plakaten nicht selten einfach die lateinischen Großbuchstaben TA oder TAMEN finden – damit kann sich dann jeder angesprochen fühlen. So geht gendern auf Chinesisch!
Verena Menzel 孟维娜 betreibt in Peking die Online-Sprachschule New Chinese.