Table.Briefing: China

Hilferuf aus Tibet + Neujahr nach Covid

  • Katastrophale Konsequenzen für Tibeter
  • Helme zum Gedankenlesen
  • Exil-Uiguren in Kanada willkommen
  • Hukou sollen fairer vergeben werden
  • Wolfskrieger kickt Ball in Frankreich
  • Fidschi beendet Polizeikooperation
  • Blick aus China: Friedliche Neujahrstage
Liebe Leserin, lieber Leser,

Tibet hat eine eigene Kultur und Sprache. Und offiziell gibt China vor, die Sitten der verschiedenen Völker auf seinem Staatsgebiet zu schützen. Doch in der Praxis ist die Kommunistische Partei noch nie sonderlich zimperlich mit ihnen umgegangen. Die Mehrheitskultur der Han verbindet sie mit guter Organisation und wirtschaftlichem Aufschwung. In den vergangenen Jahren hat die Unterdrückung der kulturellen Vielfalt unter dem Feigenblatt der Entwicklung nur noch zugenommen.

Besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht das Schicksal der Uiguren, doch die Gleichmacherei gilt auch für die Tibeter. Peking hofft, dass mit der kulturellen Identität auch ihr Wunsch nach Unabhängigkeit schwindet. Wichtigster Träger der Kultur ist die eigene Sprache. Statt das lokale Brauchtum zu fördern, lässt der Staat Kinder in Internaten unterrichten, wo sie ohne den Kontakt mit ihren Eltern vor allem Mandarin verwenden. Tibets Kinder verlernen Tibetisch, schreibt Marcel Grzanna in seiner Analyse. Exil-Präsident Penpa Tsering bittet im Gespräch mit Table.Media die Bundesregierung um Unterstützung.

“Die Gedanken sind frei” – vielleicht braucht der Liedtext irgendwann eine Neufassung. Informationen aus menschlichen Gehirnen auslesen zu können, ist nicht nur ein häufiges Plot-Element in Science-Fiction-Geschichten. Es wäre auch der absolute Traum der Machthaber in autoritären Systemen. Damit ließen sich kritische Gedanken aufspüren, bevor sie ausgesprochen werden oder Handlungen nach sich ziehen. Präventivhaft würde sicher sehr zur sozialen Stabilität beitragen. China erprobt das maschinelle Gedankenlesen zunächst an Studenten, die sich Pornografie ansehen, schreibt Frank Sieren. Aber jede neue Technologie fängt einfach an.

Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

Analyse

Tibets Kinder verlernen ihre Sprache

Kinder in Tibet bekommen immer weniger Chance, ihre Sprache zu sprechen.
Tibetische Kinder im südwestlichen von Lhasa gelegenen Gangdoi bei den Hausaufgaben.

Die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen lassen nicht locker. Erneut haben sie die chinesische Regierung um Stellungnahme in einer menschenrechtlichen Angelegenheit gebeten. Die UN-Beobachter rücken diesmal die dramatische Situation in Tibet in den Blickpunkt.

Die Vereinten Nationen verfügen demnach über Informationen, “die auf eine Politik der Akkulturation und Assimilation der tibetischen Kultur an die dominante Han-chinesische Mehrheit durch eine Reihe von Unterdrückungsmaßnahmen” hinwiesen, heißt es in dem Anschreiben an das chinesische Außenministerium vom November vergangenen Jahres, das jetzt öffentlich zugänglich ist.

Sprache und Kultur marginalisieren

Im Klartext lautet der Vorwurf: Peking wolle die Tibeter kulturell entwurzeln. Die vier verantwortlichen Sonderberichterstatter für Minderheitenfragen, kulturelle Rechte, das Recht auf Bildung sowie für Religions- und Glaubensfreiheit werfen der Regierung systematische politische Maßnahmen und die Einführung von Gesetzen vor, “die die tibetische Sprache und Kultur marginalisieren.”

Ihr Papier soll Mitte Februar bei der anstehenden Session des UN-Komitees zur Konvention über kulturelle, wirtschaftliche und soziale Rechte (CESCR) in Genf intensiv diskutiert werden. China fährt bereits die Verteidigung hoch: Rund 20 vermeintliche Nichtregierungsorganisationen aus China haben Berichte in die anstehende Diskussion eingereicht, um im Sinne Pekings alle Vorwürfe ins Reich der Fabel zu verweisen.

Kinder zu Besuch von Internaten genötigt

Diese in Wahrheit staatlich organisierten NGOs werden versuchen, glaubhaft zu begründen, weshalb im Rahmen der Schulfusionen “tibetische Grundschulen in ländlichen Regionen geschlossen oder in größere Schulen mit Han-chinesischem Unterricht integriert” werden. Denn viele tibetische Kinder werden durch die Schließungen zum Besuch von weiter entfernt gelegenen Internaten genötigt – mit drastischen Folgen, wie der tibetische Exil-Präsident Penpa Tsering in Gespräch mit China.Table erklärt.

“Dadurch wird den Kindern der tägliche Kontakt mit ihren Eltern verwehrt, und sie haben keine Möglichkeit, ihre Muttersprache zu nutzen“, sagt Tsering. Denn in den Schulen ist Tibetisch kategorisch verboten. Mandarin ist rund um die Uhr Pflicht. “Wir sind an einem Punkt, an dem tibetische Kinder in den Ferien nach Hause kommen und nicht mehr in der Lage sind, sich mit ihren Eltern fließend zu unterhalten. Sie haben das Tibetische verlernt, während Mutter und Vater zu schlecht Mandarin sprechen”, sagt Tsering.

Appell an die Bundesregierung

Auch außerschulische Angebote zur Bewahrung der tibetischen Sprache und Kultur würden durch die Behörden radikal unterdrückt und ihre Initiatoren inhaftiert. Beispielsweise sprach im Vorjahr ein Gericht in Sichuan einen zweifachen Familienvater wegen angeblicher “separatistischer Aktivitäten” und der “Schaffung gesellschaftlicher Unordnung” schuldig. Er wurde zu knapp viereinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er sich für den Erhalt der tibetischen Sprache eingesetzt und über soziale Medien seine Übersetzungen von englisch- oder chinesischsprachigen Texten ins Tibetische verbreitet hatte.

Die dramatische Entwicklung ist das Resultat jahrelanger Unterdrückungspolitik. Schon im Jahr 2000 verabschiedete die Regierung das Gesetz zur gemeinsamen nationalen Sprache. Doch mit dem Verlust der eigenen Sprache gehe auch die eigene Identität verloren, monieren Kritiker. Gegenüber der Bundesregierung dringt Tsering darauf, Peking zur Beendigung seiner anti-tibetischen Schulpolitik aufzufordern. “Ich bitte die Bundesregierung, Einfluss auf Peking zu nehmen, damit diese Praxis schnellstmöglich ein Ende hat”, sagt er.

“Sie werden komplett sinisiert.”

Dass die UN-Beobachter das Thema auf die Agenda setzen, ist nicht neu. Mit ihrem jüngsten Vorstoß weisen sie bereits zum neunten Mal seit 2010 auf die Zustände in Tibet hin. Achtmal schon hat die chinesische Regierung geantwortet, wie es das Protokoll verlangt. Verbessert hat sich offenbar nichts. “Wir bleiben angesichts der jüngsten Entwicklungen besorgt”, schreiben die Sonderberichterstatter.

Besonders die Jüngeren verlernen nicht nur ihre Sprache, sondern verlieren langfristig den Zugang zu ihren eigenen Traditionen und Wurzeln. “Die Kinder sind in den Schulen ausschließlich chinesischer Sprache, Geschichte und Propaganda ausgesetzt. Sie werden geistig komplett sinisiert. Die Konsequenzen für die tibetische Kultur sind katastrophal”, sagt Tsering. Betroffen seien derzeit mehr als 800.000 Schülerinnen und Schüler. Nur in wenigen Orten seien lokale Schulen überhaupt noch geöffnet.

Engagement für den Erhalt ihrer Kultur gering

Die Folgen der Sinisierung einer ganzen Generation sind kaum abzusehen. Ohne sprachliche Verbindung zur eigenen Kultur, ohne Verständnis für ihre Herkunft und Vergangenheit bemerken die jungen Tibeter kaum, dass sie einer massiven Gehirnwäsche unterzogen werden. Ihr Verständnis für die Tragik dahinter und ihr Engagement für den Erhalt ihrer eigenen Kultur dürfte entsprechend gering ausfallen.

  • Gesellschaft
  • Kinder
  • Menschenrechte
  • Tibet
  • Zivilgesellschaft

Forscher arbeiten am Auslesen von Gedanken

Ein auf Künstliche Intelligenz spezialisiertes Forschungsteam von der Beijing Jiaotong Universität hat einen Helm hergestellt, der es ermöglicht “Gedanken zu überwachen” – zumindest wenn der Träger des Helms Pornografie konsumiert.

Der Helm überwacht anhand von Gehirnwellen-Ausschlägen die Reaktionen des Trägers, und zieht daraus Rückschlüsse, welche Inhalte dieser gerade konsumiert. Für eine erste Testreihe wurden fünfzehn männliche Studenten im Alter zwischen 20 und 25 Jahren vor einen Computerbildschirm gesetzt. Jedes Mal, wenn ein Foto mit entsprechenden Inhalten erschien, löste der Helm einen Alarm aus. Die Treffsicherheit lag bei 80 Prozent.

Das Team konnte selbst Reaktionen im Gehirn messen, wenn die Porno-Bilder nur für eine halbe Sekunde in einem Fluss anderer Bilder zu sehen waren. Die Forscher betonen, ihre Entwicklung sei deswegen so wichtig, weil das Auge und das Gehirn bestimmte Bilder noch besser erkennen können als die fortschrittlichste künstliche Intelligenz, besonders, wenn es Bilder vor komplexem Hintergrund sind.

Die Armee interessiert sich für die Hirn-Schnittstelle

Das Gerät ist so fortschrittlich, dass es sich an die Gehirnwellen der Probanden anpassen und andere Gehirnwellen, die durch Ängste oder andere Gefühle ausgelöst werden können, herausfiltern kann. Seine Versuche stellte das Team in dem chinesischen Fachmagazin Journal of Electronic Measurement and Instrumentation vor. Eine internationale Bewertung fehlt noch.

Die Technologie könnte dem chinesischen Staat zwar potenziell helfen, seine Zensur zu perfektionieren. Die Testreihe der chinesischen Forscher stand jedoch gerade wegen der Zensur vor großen Herausforderungen. So konnten aufgrund der gesetzlichen Lage in China nur bereits zensierte Inhalte verwendet werden. Zudem nahmen keine Frauen an der Studie teil, obwohl viele Online-Zensoren in China Frauen sind. Ob sie anders auf die Inhalte reagieren würden als die männlichen Teilnehmer, konnte somit bislang nicht geprüft werden.

Angeblich forscht die Volksbefreiungsarmee ebenfalls an einer Mensch-Maschine-Schnittstelle. Sie soll es Soldaten ermöglichen, ihre Waffen mit nie gekannter Geschwindigkeit zu steuern. Einige Fabriken in China sollen bereits seit 2014 Geräte zur Überwachung von Gehirnwellen einsetzen, um Arbeitsunfälle zu vermeiden, indem sie das Aufmerksamkeitslevel der Arbeiter kontrollieren.

Heißer Zukunftsmarkt

Die sogenannten Hirn-Computer-Schnittstellen (BCI: Brain-Computer-Interfaces) sind ein wichtiger Zukunftsmarkt. Mit seinem Unternehmen Neuralink will etwa Tesla-Gründer Elon Musk elektronische Implantate ins Gehirn einsetzen. Neuronen im Gehirn werden dann mit winzigen elektrischen Impulsen stimuliert, die dann unterschiedliche Effekte erzielen sollen. Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg forscht an einem Gedankenhelm. Doch das ist tatsächlich noch Zukunftsmusik.

In Deutschland arbeitet beispielsweise ein Team an der Berliner Uniklinik Charité an Auslesen und Interpretieren von Gehirnwellen. Dort gibt es einen eigenen Lehrstuhl für Klinische Neurotechnologie, der sich mit dem Thema beschäftigt. In Südkorea hat die Firma iMedisync bereits einen angeblich marktreifen Helm vorgestellt. Auch japanische Forscher sind an der Technik dran. Am Advanced Telecommunications Research Institute (ATR) in Kyoto gibt es eine Abteilung für die Entwicklung einer Hirn-Computer-Schnittstelle. Die erste Anwendung soll Hilfe für gelähmte Patienten sein. Auch die Privatfirmen Nissan und Honda arbeiten an solchen Technologien. All das sind nur Beispiele für die vielen Projekte, die weltweit laufen.

Die Partei könnte die Loyalität der Bürger messen

Im Falle Chinas öffnen solche Geräte natürlich Tür und Tor für dystopische Überwachungsszenarien. Verbrecher könnten mit Gehirnschnittstellen überführt werden, noch bevor sie die Tat begangen haben, allein schon dadurch, dass in ihrem Gehirn die Absicht herumschwirrt. Menschen könnten auf ihre Loyalität gegenüber der Partei geprüft werden.

Aber auch ohne den Teufel an die Wand zu malen werfen Hirn-Computer-Schnittstellen viele neue Rechtsfragen und ethische Diskussionsfelder auf: Wie und von wem werden diese höchst intimen personenbezogenen Informationen gespeichert und verarbeitet? Ist die Autonomie und freie Entfaltung der Persönlichkeit noch garantiert, wenn Maschinen und infolgedessen auch Firmen Einfluss auf das menschliche Gehirn ausüben können? Auch gesellschaftlich entstünden schnell große Unterschiede zwischen Menschen, die sich eine Gehirnoptimierung leisten können und solchen, die noch mit herkömmlicher Geisteskraft unterwegs sind.

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News

Kanada stimmt für Aufnahme von Uiguren

Das kanadische Parlament hat sich einstimmig für die Aufnahme und Niederlassung von bis zu 10.000 Exil-Uiguren mit chinesischer Staatsangehörigkeit ausgesprochen. Die Abgeordneten beschlossen mit 322:0 Stimmen einen entsprechenden Antrag des uigurisch-stämmigen Abgeordneten Sameer Zuberi. Das Votum ist für die Regierung von Premierminister Justin Trudeau rechtlich zwar nicht bindend, die geschlossene Unterstützung des Parlaments setzt seine Minderheitsregierung allerdings unter Handlungsdruck.

Profitieren sollen besonders Uiguren, die in Drittstaaten gestrandet sind, wo sie vorerst zwar vor chinesischer Verfolgung sicher sind, aber langfristig kaum Perspektiven haben. Beispielsweise in der Türkei, aber auch in Thailand haben uigurische Flüchtlinge meist keinen Zugang zum Sozialversicherungssystem. In Kanada soll ihnen dieser Zugang jetzt ermöglicht werden. Zuberi sprach von einem “historischen Moment”. Über Twitter drückte er seine Dankbarkeit für die geschlossene Unterstützung durch seine Parlamentskollegen aus. grz

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Neuer Anlauf für ein faires Hukou-System

Die chinesische Regierung hat zum wiederholten Mal die Vereinfachung des Systems zur Haushaltsregistrierung angekündigt. In einem Schreiben vom Wochenende erklärte ein Verbund aus 19 staatlichen Institutionen, die Erteilung der urbanen Hukou von Zugezogenen aus ländlichen Regionen deutlich beschleunigen zu wollen. An den Erhalt der Hukou am jeweiligen Wohnort sind zahlreiche Sozialleistungen geknüpft wie der Zugang zum örtlichen Gesundheitssystem oder dem Bildungswesen.

Integriert in das Schreiben sind unter anderem die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), das Finanzministerium und die chinesische Zentralbank. Dort heißt es auch, dass die Beschäftigungsaussichten und die Lebensbedingungen in kleinen und mittleren Städten verbessert werden sollen, um die Umsiedlung zu fördern. Die Urbanisierung gilt als wichtige Stellschraube der Regierung, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

2022 lebten rund zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung in den urbanen Gebieten. Binnen eines Jahrzehnts stieg die Quote damit um rund zwölf Prozent in die Höhe geschnellt. Allerdings klafft zwischen der Anzahl der Stadtbevölkerung und all jenen, die eine entsprechende Haushaltsregistrierung besitzen, eine riesige Lücke. Deutlich weniger als die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger des Landes (45 Prozent) sind dort offiziell anerkannt. grz

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Botschafter stößt Erstliga-Spiel an

Chinesischer Botschafter stößt Fußballspiel in Paris an.
Sein Anstoß brachte Auxerre kein Glück: Botschafter Lu Shaye.

Auf die Finanzspritzen seines chinesischen Besitzers, James Zhou, folgt für den französischen Fußball-Erstligist AJ Auxerre nun die politische Vereinnahmung. Am Sonntag führte der streitbare chinesische Botschafter in Paris, Lu Shaye, auf Einladung des Klubchefs den symbolischen Anstoß zum Punktspiel gegen den SC Montpellier aus. Lu gilt als einer der aggressivsten Wolfskrieger unter Chinas Diplomaten.

Lu hat als Botschafter in Paris den Ton gegenüber Kritikern verschärft. Unter anderem hatte er das Presseteam der Botschaft einen französischen Akademiker als “kleinen Schläger” und “verrückte Hyäne” bezeichnen lassen. Eine folgende Einbestellung durch das französische Außenministerium ignorierte Lu. Kürzlich sagte er in einem Interview, dass er sich geehrt fühle, als Wolfskrieger bezeichnet zu werden.

Investitionen in Fußballklubs mit Geld aus autoritär geführten Staaten wie China, Saudi-Arabien, Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen in Europa immer häufiger vor. Der AJ Auxerre befindet sich seit 2016 in chinesischer Hand. Damals übernahm der der chinesische Verpackungskonzern ORG Packagingdie Mehrheit der Anteile an der AJA Football SAOS, unter deren Dach der AJ Auxerre seinen Profifußball organisierten

Glück brachte der symbolische Anstoß von Lu Shaye dem Tabellenvorletzten der Ligue 1 derweil nicht. Der Aufsteiger verlor 0:2 und bleibt tief im Abstiegskampf stecken. grz

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Fidschi beendet Polizei-Kooperation

Fidschi hat die Zusammenarbeit mit China bei der Polizei-Ausbildung beendet. Es bestehe kein Bedarf für chinesisches Staatssicherheitspersonal, weiter mit der Polizei des Südpazifik-Staats zu arbeiten, sagte Premierminister Sitiveni Rabuka laut Fiji Times. Als Grund dafür nannte Rabuka unterschiedliche politische Systeme. “Unser System der Demokratie und der Justiz ist anders”, sagte Rabuka demnach. Er äußerte die Absicht, sich eher Australien und Neuseeland in der Polizei-Zusammenarbeit zuzuwenden.

Rabuka bezog sich damit auf eine Absichtserklärung zwischen der fidschianischen Polizei und dem chinesischen Ministerium für öffentliche Sicherheit, die 2011 unterzeichnet worden war. Im Rahmen der Erklärung wurden Polizeibeamte aus Fidschi in China ausgebildet, im Gegenzug wurden auch chinesische Beamte für drei bis sechs Monate in den Inselstaat entsandt. Der Inselstaat im Pazifik sucht derzeit seine Linie zwischen chinesischem und westlichem Einfluss. ari

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Standpunkt

Neujahrsfest unter Pandemie-Bedingungen

Als China am 7. Dezember die Covid-Maßnahmen abrupt aufhob, gab es Befürchtungen: Die anstehende Reisewelle und das Zusammentreffen von Familien während der chinesischen Neujahrsfeiertage könne die Pandemie erheblich verschärfen. Beim Silvesteressen am vergangenen Samstag schien jedoch fast jeder in China bereits infiziert und wieder genesen zu sein – oder verstorben. 

Verwandte und Freunde tauschten ihre Erfahrungen mit der Krankheit aus und trauerten um die Toten. Doch die Angst ist verflogen. Den Leuten wurde eine große Last genommen. Auf jeden Fall haben sie das Gefühl: Die schwere Zeit ist jetzt vorbei.

Dies ist das erste Mal seit drei Jahren, dass chinesische Familien ein fast normales Neujahrsfest feiern können. Nach dem Kummer der letzten Jahre schienen Familienmitglieder und Verwandte freundlicher zueinander geworden zu sein – oder emotional distanzierter, je nachdem, wie man es sieht. 

Covid dämpfte den Familienstress

Die Feiertage, die eigentlich ein Anlass für freudige und besinnliche Treffen sein sollen, sind oft auch die Zeit für Familienkrach. Generationskonflikte, Fehden zwischen Geschwistern, Unzufriedenheit über die Verteilung des Vermögens und der familiären Verpflichtungen – all das bricht durch, wenn alle beisammen sind.

In den vergangenen zehn Jahren wurden in den sozialen Medien Beschwerden junger Menschen über nervige Verwandte lauter. Sie stammen oft von Arbeiterinnen und Arbeitern, die weit entfernt von ihrem Heimatort leben und sich darüber ärgern, zum Heiraten und Kinderkriegen gedrängt zu werden.

In diesem Jahr sind die Klagen darüber jedoch leiser geworden. “Sie drängen nicht mehr so aggressiv”, sagte eine 33-jährige Freundin von mir aus Zhejiang. Sie ist verheiratet, hat aber kein Kind. “Einige Verwandte fragen zwar immer noch danach, aber der Ton ist höflich, und man kann auch über etwas anderes reden.”

Plötzlich waren alle gegen Null-Covid

Auch die Demografie spielt eine Rolle. China hat 1979 die Ein-Kind-Politik eingeführt. Die erste Generation von Einzelkindern ist inzwischen Anfang bis Mitte vierzig. Zusammen mit der Verstädterung hat dies zu einer Verkleinerung der Familien und einer schwächeren Bindung der Großfamilie geführt. Das wiederum bedeutet eine geringere Einmischung ins Privatleben.

Während der Neujahrsfeiertage der letzten Jahre gab es am Familientisch eine weitere Quelle für Spannungen: unterschiedliche politische Ansichten, etwa über die Covid-Maßnahmen, die gelegentlich auch zu leidenschaftlichen Debatten führen konnten. In diesem Jahr ist von solchen Auseinandersetzungen kaum etwas zu hören. “In meiner Familie und in meinem Freundeskreis in Chengdu lästern inzwischen selbst diejenigen über die Null-Covid-Politik, die sie zuvor noch voll unterstützt haben”, kommentiert ein Mann namens Lacus auf Wechat. 

Die Regierung gibt launige Feiertagsstimmung vor

In den Familien, die im vergangenen Monat Angehörige durch den Omikron-Ausbruch verloren haben, ist die Stimmungslage naturgemäß düsterer. Die Regierungsstellen haben dies vorausgesehen und im Vorfeld der Feiertage vorbeugende Richtlinien veröffentlicht, um zu verhindern, dass negative Kommentare vom Esstisch in die Medien überschwappen. 

Die chinesische Internetsicherheitsbehörde kündigte am 18. Januar den Start einer einmonatigen Kampagne für “sauberen und klaren Cyberspace” an. Ein zentraler Punkt ist die “Verhinderung der Verbreitung düsterer Stimmung … und der dunklen Seiten der Gesellschaft”. Das ist eine vage Definition. Offensichtlich gehören Todesfälle und Schmerzen durch Covid dazu.

Ein Weg, dies zu verhindern, besteht wie üblich in der Zensur von Artikeln und Beiträgen und sogar der Sperrung von Social-Media-Konten. Es gibt aber noch zahlreiche andere Informationen, deren Verbreitung die Regierung unterdrücken will.  

Demonstranten wurden verhaftet

Ebenfalls kurz vor dem Neujahrsfest wurden neun Teilnehmer der regierungsfeindlichen Proteste Ende November in Peking offiziell verhaftet. Vor den Verhaftungen veröffentlichte eine Demonstrantin, Cao Zhixing, eine Videobotschaft im Internet. Sie hatte die Gefahr offenbar geahnt. 

Ihr Videoclip und die Nachricht über die Verhaftungen zirkulierten auf sozialen Medien außerhalb Chinas. Einige posteten sie auch auf chinesischen Plattformen, die Beiträge wurden aber schnell gelöscht oder ausgeblendet. 

Die Wut darüber, dass diese jungen Menschen die Feiertage hinter Gittern verbringen müssen und dann höchstwahrscheinlich ins Gefängnis wandern, zeigte sich an den Diskussionen darüber, wie ihnen geholfen werden könnte. 

Vietnam feiert das Jahr der Katze

Das Neujahrsfest nach dem Mondkalender wird in vielen Ländern Ostasiens gefeiert. Seinen Ursprung hat es wahrscheinlich in China. Es ist jedoch zu einem festen Bestandteil all dieser lokalen Kulturen geworden.

Einige dieser Länder haben kleine Änderungen vorgenommen. So wird in Vietnam das neue Jahr zwar nach dem Mondkalender gefeiert. Aber während die Vietnamesen fast die gleichen Tierkreiszeichen zur Bezeichnung der Jahre verwenden, gibt es eine Ausnahme. Chinesen feiern das Jahr des Hasen. In Vietnam ist es das Jahr der Katze.

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China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Tibet hat eine eigene Kultur und Sprache. Und offiziell gibt China vor, die Sitten der verschiedenen Völker auf seinem Staatsgebiet zu schützen. Doch in der Praxis ist die Kommunistische Partei noch nie sonderlich zimperlich mit ihnen umgegangen. Die Mehrheitskultur der Han verbindet sie mit guter Organisation und wirtschaftlichem Aufschwung. In den vergangenen Jahren hat die Unterdrückung der kulturellen Vielfalt unter dem Feigenblatt der Entwicklung nur noch zugenommen.

    Besonders im Fokus der Öffentlichkeit steht das Schicksal der Uiguren, doch die Gleichmacherei gilt auch für die Tibeter. Peking hofft, dass mit der kulturellen Identität auch ihr Wunsch nach Unabhängigkeit schwindet. Wichtigster Träger der Kultur ist die eigene Sprache. Statt das lokale Brauchtum zu fördern, lässt der Staat Kinder in Internaten unterrichten, wo sie ohne den Kontakt mit ihren Eltern vor allem Mandarin verwenden. Tibets Kinder verlernen Tibetisch, schreibt Marcel Grzanna in seiner Analyse. Exil-Präsident Penpa Tsering bittet im Gespräch mit Table.Media die Bundesregierung um Unterstützung.

    “Die Gedanken sind frei” – vielleicht braucht der Liedtext irgendwann eine Neufassung. Informationen aus menschlichen Gehirnen auslesen zu können, ist nicht nur ein häufiges Plot-Element in Science-Fiction-Geschichten. Es wäre auch der absolute Traum der Machthaber in autoritären Systemen. Damit ließen sich kritische Gedanken aufspüren, bevor sie ausgesprochen werden oder Handlungen nach sich ziehen. Präventivhaft würde sicher sehr zur sozialen Stabilität beitragen. China erprobt das maschinelle Gedankenlesen zunächst an Studenten, die sich Pornografie ansehen, schreibt Frank Sieren. Aber jede neue Technologie fängt einfach an.

    Ihr
    Finn Mayer-Kuckuk
    Bild von Finn  Mayer-Kuckuk

    Analyse

    Tibets Kinder verlernen ihre Sprache

    Kinder in Tibet bekommen immer weniger Chance, ihre Sprache zu sprechen.
    Tibetische Kinder im südwestlichen von Lhasa gelegenen Gangdoi bei den Hausaufgaben.

    Die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen lassen nicht locker. Erneut haben sie die chinesische Regierung um Stellungnahme in einer menschenrechtlichen Angelegenheit gebeten. Die UN-Beobachter rücken diesmal die dramatische Situation in Tibet in den Blickpunkt.

    Die Vereinten Nationen verfügen demnach über Informationen, “die auf eine Politik der Akkulturation und Assimilation der tibetischen Kultur an die dominante Han-chinesische Mehrheit durch eine Reihe von Unterdrückungsmaßnahmen” hinwiesen, heißt es in dem Anschreiben an das chinesische Außenministerium vom November vergangenen Jahres, das jetzt öffentlich zugänglich ist.

    Sprache und Kultur marginalisieren

    Im Klartext lautet der Vorwurf: Peking wolle die Tibeter kulturell entwurzeln. Die vier verantwortlichen Sonderberichterstatter für Minderheitenfragen, kulturelle Rechte, das Recht auf Bildung sowie für Religions- und Glaubensfreiheit werfen der Regierung systematische politische Maßnahmen und die Einführung von Gesetzen vor, “die die tibetische Sprache und Kultur marginalisieren.”

    Ihr Papier soll Mitte Februar bei der anstehenden Session des UN-Komitees zur Konvention über kulturelle, wirtschaftliche und soziale Rechte (CESCR) in Genf intensiv diskutiert werden. China fährt bereits die Verteidigung hoch: Rund 20 vermeintliche Nichtregierungsorganisationen aus China haben Berichte in die anstehende Diskussion eingereicht, um im Sinne Pekings alle Vorwürfe ins Reich der Fabel zu verweisen.

    Kinder zu Besuch von Internaten genötigt

    Diese in Wahrheit staatlich organisierten NGOs werden versuchen, glaubhaft zu begründen, weshalb im Rahmen der Schulfusionen “tibetische Grundschulen in ländlichen Regionen geschlossen oder in größere Schulen mit Han-chinesischem Unterricht integriert” werden. Denn viele tibetische Kinder werden durch die Schließungen zum Besuch von weiter entfernt gelegenen Internaten genötigt – mit drastischen Folgen, wie der tibetische Exil-Präsident Penpa Tsering in Gespräch mit China.Table erklärt.

    “Dadurch wird den Kindern der tägliche Kontakt mit ihren Eltern verwehrt, und sie haben keine Möglichkeit, ihre Muttersprache zu nutzen“, sagt Tsering. Denn in den Schulen ist Tibetisch kategorisch verboten. Mandarin ist rund um die Uhr Pflicht. “Wir sind an einem Punkt, an dem tibetische Kinder in den Ferien nach Hause kommen und nicht mehr in der Lage sind, sich mit ihren Eltern fließend zu unterhalten. Sie haben das Tibetische verlernt, während Mutter und Vater zu schlecht Mandarin sprechen”, sagt Tsering.

    Appell an die Bundesregierung

    Auch außerschulische Angebote zur Bewahrung der tibetischen Sprache und Kultur würden durch die Behörden radikal unterdrückt und ihre Initiatoren inhaftiert. Beispielsweise sprach im Vorjahr ein Gericht in Sichuan einen zweifachen Familienvater wegen angeblicher “separatistischer Aktivitäten” und der “Schaffung gesellschaftlicher Unordnung” schuldig. Er wurde zu knapp viereinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er sich für den Erhalt der tibetischen Sprache eingesetzt und über soziale Medien seine Übersetzungen von englisch- oder chinesischsprachigen Texten ins Tibetische verbreitet hatte.

    Die dramatische Entwicklung ist das Resultat jahrelanger Unterdrückungspolitik. Schon im Jahr 2000 verabschiedete die Regierung das Gesetz zur gemeinsamen nationalen Sprache. Doch mit dem Verlust der eigenen Sprache gehe auch die eigene Identität verloren, monieren Kritiker. Gegenüber der Bundesregierung dringt Tsering darauf, Peking zur Beendigung seiner anti-tibetischen Schulpolitik aufzufordern. “Ich bitte die Bundesregierung, Einfluss auf Peking zu nehmen, damit diese Praxis schnellstmöglich ein Ende hat”, sagt er.

    “Sie werden komplett sinisiert.”

    Dass die UN-Beobachter das Thema auf die Agenda setzen, ist nicht neu. Mit ihrem jüngsten Vorstoß weisen sie bereits zum neunten Mal seit 2010 auf die Zustände in Tibet hin. Achtmal schon hat die chinesische Regierung geantwortet, wie es das Protokoll verlangt. Verbessert hat sich offenbar nichts. “Wir bleiben angesichts der jüngsten Entwicklungen besorgt”, schreiben die Sonderberichterstatter.

    Besonders die Jüngeren verlernen nicht nur ihre Sprache, sondern verlieren langfristig den Zugang zu ihren eigenen Traditionen und Wurzeln. “Die Kinder sind in den Schulen ausschließlich chinesischer Sprache, Geschichte und Propaganda ausgesetzt. Sie werden geistig komplett sinisiert. Die Konsequenzen für die tibetische Kultur sind katastrophal”, sagt Tsering. Betroffen seien derzeit mehr als 800.000 Schülerinnen und Schüler. Nur in wenigen Orten seien lokale Schulen überhaupt noch geöffnet.

    Engagement für den Erhalt ihrer Kultur gering

    Die Folgen der Sinisierung einer ganzen Generation sind kaum abzusehen. Ohne sprachliche Verbindung zur eigenen Kultur, ohne Verständnis für ihre Herkunft und Vergangenheit bemerken die jungen Tibeter kaum, dass sie einer massiven Gehirnwäsche unterzogen werden. Ihr Verständnis für die Tragik dahinter und ihr Engagement für den Erhalt ihrer eigenen Kultur dürfte entsprechend gering ausfallen.

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    Forscher arbeiten am Auslesen von Gedanken

    Ein auf Künstliche Intelligenz spezialisiertes Forschungsteam von der Beijing Jiaotong Universität hat einen Helm hergestellt, der es ermöglicht “Gedanken zu überwachen” – zumindest wenn der Träger des Helms Pornografie konsumiert.

    Der Helm überwacht anhand von Gehirnwellen-Ausschlägen die Reaktionen des Trägers, und zieht daraus Rückschlüsse, welche Inhalte dieser gerade konsumiert. Für eine erste Testreihe wurden fünfzehn männliche Studenten im Alter zwischen 20 und 25 Jahren vor einen Computerbildschirm gesetzt. Jedes Mal, wenn ein Foto mit entsprechenden Inhalten erschien, löste der Helm einen Alarm aus. Die Treffsicherheit lag bei 80 Prozent.

    Das Team konnte selbst Reaktionen im Gehirn messen, wenn die Porno-Bilder nur für eine halbe Sekunde in einem Fluss anderer Bilder zu sehen waren. Die Forscher betonen, ihre Entwicklung sei deswegen so wichtig, weil das Auge und das Gehirn bestimmte Bilder noch besser erkennen können als die fortschrittlichste künstliche Intelligenz, besonders, wenn es Bilder vor komplexem Hintergrund sind.

    Die Armee interessiert sich für die Hirn-Schnittstelle

    Das Gerät ist so fortschrittlich, dass es sich an die Gehirnwellen der Probanden anpassen und andere Gehirnwellen, die durch Ängste oder andere Gefühle ausgelöst werden können, herausfiltern kann. Seine Versuche stellte das Team in dem chinesischen Fachmagazin Journal of Electronic Measurement and Instrumentation vor. Eine internationale Bewertung fehlt noch.

    Die Technologie könnte dem chinesischen Staat zwar potenziell helfen, seine Zensur zu perfektionieren. Die Testreihe der chinesischen Forscher stand jedoch gerade wegen der Zensur vor großen Herausforderungen. So konnten aufgrund der gesetzlichen Lage in China nur bereits zensierte Inhalte verwendet werden. Zudem nahmen keine Frauen an der Studie teil, obwohl viele Online-Zensoren in China Frauen sind. Ob sie anders auf die Inhalte reagieren würden als die männlichen Teilnehmer, konnte somit bislang nicht geprüft werden.

    Angeblich forscht die Volksbefreiungsarmee ebenfalls an einer Mensch-Maschine-Schnittstelle. Sie soll es Soldaten ermöglichen, ihre Waffen mit nie gekannter Geschwindigkeit zu steuern. Einige Fabriken in China sollen bereits seit 2014 Geräte zur Überwachung von Gehirnwellen einsetzen, um Arbeitsunfälle zu vermeiden, indem sie das Aufmerksamkeitslevel der Arbeiter kontrollieren.

    Heißer Zukunftsmarkt

    Die sogenannten Hirn-Computer-Schnittstellen (BCI: Brain-Computer-Interfaces) sind ein wichtiger Zukunftsmarkt. Mit seinem Unternehmen Neuralink will etwa Tesla-Gründer Elon Musk elektronische Implantate ins Gehirn einsetzen. Neuronen im Gehirn werden dann mit winzigen elektrischen Impulsen stimuliert, die dann unterschiedliche Effekte erzielen sollen. Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg forscht an einem Gedankenhelm. Doch das ist tatsächlich noch Zukunftsmusik.

    In Deutschland arbeitet beispielsweise ein Team an der Berliner Uniklinik Charité an Auslesen und Interpretieren von Gehirnwellen. Dort gibt es einen eigenen Lehrstuhl für Klinische Neurotechnologie, der sich mit dem Thema beschäftigt. In Südkorea hat die Firma iMedisync bereits einen angeblich marktreifen Helm vorgestellt. Auch japanische Forscher sind an der Technik dran. Am Advanced Telecommunications Research Institute (ATR) in Kyoto gibt es eine Abteilung für die Entwicklung einer Hirn-Computer-Schnittstelle. Die erste Anwendung soll Hilfe für gelähmte Patienten sein. Auch die Privatfirmen Nissan und Honda arbeiten an solchen Technologien. All das sind nur Beispiele für die vielen Projekte, die weltweit laufen.

    Die Partei könnte die Loyalität der Bürger messen

    Im Falle Chinas öffnen solche Geräte natürlich Tür und Tor für dystopische Überwachungsszenarien. Verbrecher könnten mit Gehirnschnittstellen überführt werden, noch bevor sie die Tat begangen haben, allein schon dadurch, dass in ihrem Gehirn die Absicht herumschwirrt. Menschen könnten auf ihre Loyalität gegenüber der Partei geprüft werden.

    Aber auch ohne den Teufel an die Wand zu malen werfen Hirn-Computer-Schnittstellen viele neue Rechtsfragen und ethische Diskussionsfelder auf: Wie und von wem werden diese höchst intimen personenbezogenen Informationen gespeichert und verarbeitet? Ist die Autonomie und freie Entfaltung der Persönlichkeit noch garantiert, wenn Maschinen und infolgedessen auch Firmen Einfluss auf das menschliche Gehirn ausüben können? Auch gesellschaftlich entstünden schnell große Unterschiede zwischen Menschen, die sich eine Gehirnoptimierung leisten können und solchen, die noch mit herkömmlicher Geisteskraft unterwegs sind.

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    Kanada stimmt für Aufnahme von Uiguren

    Das kanadische Parlament hat sich einstimmig für die Aufnahme und Niederlassung von bis zu 10.000 Exil-Uiguren mit chinesischer Staatsangehörigkeit ausgesprochen. Die Abgeordneten beschlossen mit 322:0 Stimmen einen entsprechenden Antrag des uigurisch-stämmigen Abgeordneten Sameer Zuberi. Das Votum ist für die Regierung von Premierminister Justin Trudeau rechtlich zwar nicht bindend, die geschlossene Unterstützung des Parlaments setzt seine Minderheitsregierung allerdings unter Handlungsdruck.

    Profitieren sollen besonders Uiguren, die in Drittstaaten gestrandet sind, wo sie vorerst zwar vor chinesischer Verfolgung sicher sind, aber langfristig kaum Perspektiven haben. Beispielsweise in der Türkei, aber auch in Thailand haben uigurische Flüchtlinge meist keinen Zugang zum Sozialversicherungssystem. In Kanada soll ihnen dieser Zugang jetzt ermöglicht werden. Zuberi sprach von einem “historischen Moment”. Über Twitter drückte er seine Dankbarkeit für die geschlossene Unterstützung durch seine Parlamentskollegen aus. grz

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    Neuer Anlauf für ein faires Hukou-System

    Die chinesische Regierung hat zum wiederholten Mal die Vereinfachung des Systems zur Haushaltsregistrierung angekündigt. In einem Schreiben vom Wochenende erklärte ein Verbund aus 19 staatlichen Institutionen, die Erteilung der urbanen Hukou von Zugezogenen aus ländlichen Regionen deutlich beschleunigen zu wollen. An den Erhalt der Hukou am jeweiligen Wohnort sind zahlreiche Sozialleistungen geknüpft wie der Zugang zum örtlichen Gesundheitssystem oder dem Bildungswesen.

    Integriert in das Schreiben sind unter anderem die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), das Finanzministerium und die chinesische Zentralbank. Dort heißt es auch, dass die Beschäftigungsaussichten und die Lebensbedingungen in kleinen und mittleren Städten verbessert werden sollen, um die Umsiedlung zu fördern. Die Urbanisierung gilt als wichtige Stellschraube der Regierung, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

    2022 lebten rund zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung in den urbanen Gebieten. Binnen eines Jahrzehnts stieg die Quote damit um rund zwölf Prozent in die Höhe geschnellt. Allerdings klafft zwischen der Anzahl der Stadtbevölkerung und all jenen, die eine entsprechende Haushaltsregistrierung besitzen, eine riesige Lücke. Deutlich weniger als die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger des Landes (45 Prozent) sind dort offiziell anerkannt. grz

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    Botschafter stößt Erstliga-Spiel an

    Chinesischer Botschafter stößt Fußballspiel in Paris an.
    Sein Anstoß brachte Auxerre kein Glück: Botschafter Lu Shaye.

    Auf die Finanzspritzen seines chinesischen Besitzers, James Zhou, folgt für den französischen Fußball-Erstligist AJ Auxerre nun die politische Vereinnahmung. Am Sonntag führte der streitbare chinesische Botschafter in Paris, Lu Shaye, auf Einladung des Klubchefs den symbolischen Anstoß zum Punktspiel gegen den SC Montpellier aus. Lu gilt als einer der aggressivsten Wolfskrieger unter Chinas Diplomaten.

    Lu hat als Botschafter in Paris den Ton gegenüber Kritikern verschärft. Unter anderem hatte er das Presseteam der Botschaft einen französischen Akademiker als “kleinen Schläger” und “verrückte Hyäne” bezeichnen lassen. Eine folgende Einbestellung durch das französische Außenministerium ignorierte Lu. Kürzlich sagte er in einem Interview, dass er sich geehrt fühle, als Wolfskrieger bezeichnet zu werden.

    Investitionen in Fußballklubs mit Geld aus autoritär geführten Staaten wie China, Saudi-Arabien, Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen in Europa immer häufiger vor. Der AJ Auxerre befindet sich seit 2016 in chinesischer Hand. Damals übernahm der der chinesische Verpackungskonzern ORG Packagingdie Mehrheit der Anteile an der AJA Football SAOS, unter deren Dach der AJ Auxerre seinen Profifußball organisierten

    Glück brachte der symbolische Anstoß von Lu Shaye dem Tabellenvorletzten der Ligue 1 derweil nicht. Der Aufsteiger verlor 0:2 und bleibt tief im Abstiegskampf stecken. grz

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    Fidschi beendet Polizei-Kooperation

    Fidschi hat die Zusammenarbeit mit China bei der Polizei-Ausbildung beendet. Es bestehe kein Bedarf für chinesisches Staatssicherheitspersonal, weiter mit der Polizei des Südpazifik-Staats zu arbeiten, sagte Premierminister Sitiveni Rabuka laut Fiji Times. Als Grund dafür nannte Rabuka unterschiedliche politische Systeme. “Unser System der Demokratie und der Justiz ist anders”, sagte Rabuka demnach. Er äußerte die Absicht, sich eher Australien und Neuseeland in der Polizei-Zusammenarbeit zuzuwenden.

    Rabuka bezog sich damit auf eine Absichtserklärung zwischen der fidschianischen Polizei und dem chinesischen Ministerium für öffentliche Sicherheit, die 2011 unterzeichnet worden war. Im Rahmen der Erklärung wurden Polizeibeamte aus Fidschi in China ausgebildet, im Gegenzug wurden auch chinesische Beamte für drei bis sechs Monate in den Inselstaat entsandt. Der Inselstaat im Pazifik sucht derzeit seine Linie zwischen chinesischem und westlichem Einfluss. ari

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    Standpunkt

    Neujahrsfest unter Pandemie-Bedingungen

    Als China am 7. Dezember die Covid-Maßnahmen abrupt aufhob, gab es Befürchtungen: Die anstehende Reisewelle und das Zusammentreffen von Familien während der chinesischen Neujahrsfeiertage könne die Pandemie erheblich verschärfen. Beim Silvesteressen am vergangenen Samstag schien jedoch fast jeder in China bereits infiziert und wieder genesen zu sein – oder verstorben. 

    Verwandte und Freunde tauschten ihre Erfahrungen mit der Krankheit aus und trauerten um die Toten. Doch die Angst ist verflogen. Den Leuten wurde eine große Last genommen. Auf jeden Fall haben sie das Gefühl: Die schwere Zeit ist jetzt vorbei.

    Dies ist das erste Mal seit drei Jahren, dass chinesische Familien ein fast normales Neujahrsfest feiern können. Nach dem Kummer der letzten Jahre schienen Familienmitglieder und Verwandte freundlicher zueinander geworden zu sein – oder emotional distanzierter, je nachdem, wie man es sieht. 

    Covid dämpfte den Familienstress

    Die Feiertage, die eigentlich ein Anlass für freudige und besinnliche Treffen sein sollen, sind oft auch die Zeit für Familienkrach. Generationskonflikte, Fehden zwischen Geschwistern, Unzufriedenheit über die Verteilung des Vermögens und der familiären Verpflichtungen – all das bricht durch, wenn alle beisammen sind.

    In den vergangenen zehn Jahren wurden in den sozialen Medien Beschwerden junger Menschen über nervige Verwandte lauter. Sie stammen oft von Arbeiterinnen und Arbeitern, die weit entfernt von ihrem Heimatort leben und sich darüber ärgern, zum Heiraten und Kinderkriegen gedrängt zu werden.

    In diesem Jahr sind die Klagen darüber jedoch leiser geworden. “Sie drängen nicht mehr so aggressiv”, sagte eine 33-jährige Freundin von mir aus Zhejiang. Sie ist verheiratet, hat aber kein Kind. “Einige Verwandte fragen zwar immer noch danach, aber der Ton ist höflich, und man kann auch über etwas anderes reden.”

    Plötzlich waren alle gegen Null-Covid

    Auch die Demografie spielt eine Rolle. China hat 1979 die Ein-Kind-Politik eingeführt. Die erste Generation von Einzelkindern ist inzwischen Anfang bis Mitte vierzig. Zusammen mit der Verstädterung hat dies zu einer Verkleinerung der Familien und einer schwächeren Bindung der Großfamilie geführt. Das wiederum bedeutet eine geringere Einmischung ins Privatleben.

    Während der Neujahrsfeiertage der letzten Jahre gab es am Familientisch eine weitere Quelle für Spannungen: unterschiedliche politische Ansichten, etwa über die Covid-Maßnahmen, die gelegentlich auch zu leidenschaftlichen Debatten führen konnten. In diesem Jahr ist von solchen Auseinandersetzungen kaum etwas zu hören. “In meiner Familie und in meinem Freundeskreis in Chengdu lästern inzwischen selbst diejenigen über die Null-Covid-Politik, die sie zuvor noch voll unterstützt haben”, kommentiert ein Mann namens Lacus auf Wechat. 

    Die Regierung gibt launige Feiertagsstimmung vor

    In den Familien, die im vergangenen Monat Angehörige durch den Omikron-Ausbruch verloren haben, ist die Stimmungslage naturgemäß düsterer. Die Regierungsstellen haben dies vorausgesehen und im Vorfeld der Feiertage vorbeugende Richtlinien veröffentlicht, um zu verhindern, dass negative Kommentare vom Esstisch in die Medien überschwappen. 

    Die chinesische Internetsicherheitsbehörde kündigte am 18. Januar den Start einer einmonatigen Kampagne für “sauberen und klaren Cyberspace” an. Ein zentraler Punkt ist die “Verhinderung der Verbreitung düsterer Stimmung … und der dunklen Seiten der Gesellschaft”. Das ist eine vage Definition. Offensichtlich gehören Todesfälle und Schmerzen durch Covid dazu.

    Ein Weg, dies zu verhindern, besteht wie üblich in der Zensur von Artikeln und Beiträgen und sogar der Sperrung von Social-Media-Konten. Es gibt aber noch zahlreiche andere Informationen, deren Verbreitung die Regierung unterdrücken will.  

    Demonstranten wurden verhaftet

    Ebenfalls kurz vor dem Neujahrsfest wurden neun Teilnehmer der regierungsfeindlichen Proteste Ende November in Peking offiziell verhaftet. Vor den Verhaftungen veröffentlichte eine Demonstrantin, Cao Zhixing, eine Videobotschaft im Internet. Sie hatte die Gefahr offenbar geahnt. 

    Ihr Videoclip und die Nachricht über die Verhaftungen zirkulierten auf sozialen Medien außerhalb Chinas. Einige posteten sie auch auf chinesischen Plattformen, die Beiträge wurden aber schnell gelöscht oder ausgeblendet. 

    Die Wut darüber, dass diese jungen Menschen die Feiertage hinter Gittern verbringen müssen und dann höchstwahrscheinlich ins Gefängnis wandern, zeigte sich an den Diskussionen darüber, wie ihnen geholfen werden könnte. 

    Vietnam feiert das Jahr der Katze

    Das Neujahrsfest nach dem Mondkalender wird in vielen Ländern Ostasiens gefeiert. Seinen Ursprung hat es wahrscheinlich in China. Es ist jedoch zu einem festen Bestandteil all dieser lokalen Kulturen geworden.

    Einige dieser Länder haben kleine Änderungen vorgenommen. So wird in Vietnam das neue Jahr zwar nach dem Mondkalender gefeiert. Aber während die Vietnamesen fast die gleichen Tierkreiszeichen zur Bezeichnung der Jahre verwenden, gibt es eine Ausnahme. Chinesen feiern das Jahr des Hasen. In Vietnam ist es das Jahr der Katze.

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    China.Table Redaktion

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