was tun, wenn in einem großen Gremium alle Fakten gegen die eigene Position sprechen? China versucht in diesen Tagen, die Vorwürfe der Tibeter im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übertönen. Nicht nur eine besonders große Truppe von offiziellen Vertretern, auch eine ganze Reihe willfähriger Vereine aus der Volksrepublik beanspruchen Redezeit und verdrängen dadurch ernst gemeinte Beiträge. Dabei hängt für Tibet das kulturelle Überleben vom Handeln der internationalen Gemeinschaft ab. Marcel Grzanna berichtet.
Die EU-Kammer in China kommt derweil wieder etwas aus ihrer schlechten Stimmung heraus. Im vergangenen Jahr waren die Äußerungen des Wirtschaftsverbands von Doom und Gloom geprägt, also von Schwarzmalerei und Untergangsstimmung. Das galt besonders für den Kammer-Ableger in Shanghai, der damals im irren Lockdown festhing. Jetzt rechnet er wieder mit einem Aufschwung, wie Christiane Kühl schreibt. Das wäre für die deutsche Wirtschaft besonders wichtig. Im Großraum Shanghai sitzen 60.000 internationale Unternehmen. Dort wird richtig Geld verdient, wenn es gut läuft.
China muss am heutigen Mittwoch vor dem Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) Stellung zu Menschenrechtsfragen nehmen. Vier Jahre lang hat die Volksrepublik das förmliche Prozedere ignoriert und ihre Berichtspflicht zur Umsetzung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte hinausgezögert.
Seit Montag bereits laufen informelle Briefings, bei denen Nichtregierungsorganisationen ihre Bedenken und Informationen mit dem Ausschuss teilen können, ehe am Mittwoch chinesische Regierungsbeamte vor dem Gremium sprechen müssen. Seit 2019 warten die Vereinten Nationen auf ausführliche Stellungnahmen zu 31 Punkten, die sie bei Chinas Umsetzung des UN-Sozialpaktes als problematisch ausgemacht haben.
Besondere Aufmerksamkeit erhält in Genf die systematische Zerstörung der tibetischen Kultur. Vier UN-Sonderberichterstatter werfen der Volksrepublik die erzwungene Angleichung der Tibeter an die dominierende Han-Kultur vor.
Der Verteidigungswall, den China aufgebaut hat, um jegliche Vorwürfe ins Reich der Fabeln verweisen zu können, ist jedoch hoch. So will China die Anwesenden durch schiere zahlenmäßige Überlegenheit beeindrucken. Peking wird offenbar Dutzende Regierungsvertreter in die Schweiz schicken. Üblich sind eine Handvoll Repräsentanten.
Flankiert werden die offiziellen Vertreter Chinas von rund 20 sogenannten Gongos – Governmental-Non-Governmental Organisations. Unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlicher Interessen verkleiden sich staatliche gelenkte chinesische Organisationen, die bei den UN als Nichtregierungsorgane akkreditiert sind.
Gongos manipulieren den Austausch über das chinesische Gebaren, indem sie den Vorwürfen der Menschenrechtler widersprechen und dadurch legitime Redner verdrängen. Denn je mehr Gongos sich um Redezeit in den informellen Briefings durch die Zivilgesellschaft bewerben, desto weniger Zeit bleibt den kritischen Beobachtern. Die in wenigen Monaten folgende Beurteilung durch den Sozialausschuss der chinesischen Einlassungen dürften durch die chinesische Litanei aus allen Rohren beeinflusst werden.
Dennoch hoffen die Tibeter, dass die dramatisch wachsende Gefahr einer systematischen Auslöschung ihrer Kultur viel stärker ins Bewusstsein der Welt rücken wird. Angesichts der chinesischen Verschleppung, die Vorwürfe zu adressieren, spüren sie eine zunehmend wachsende Existenzangst.
Als Mittel dazu gilt unter anderem ein Internatssystem, in das bis zu 900.000 tibetische Kinder gepresst werden, um diese für die längste Zeit des Jahres von ihren sprachlichen und kulturellen Wurzeln fernzuhalten. Der Exil-Präsident der Tibeter, Penpa Tsering, hatte im Interview mit China.Table kürzlich Alarm geschlagen und auch die Bundesregierung um größeres Engagement gegen chinesische Praktiken gebeten.
Zwangsumsiedlungen und Arbeitsprogramme für die tibetische Bevölkerung beschleunigen die Sinisierung rasant. Seit vielen Jahren werden tibetische Gemeinden – vor allem aus den Hochtälern oberhalb von 4.000 Metern – aus ihren Heimatdörfern vertrieben. Um die Maßnahmen auch vor dem CESCR besser rechtfertigen zu können, erzwingen die chinesischen Behörden einen vermeintlichen Konsens mit vielen Dorfbewohnern.
Die International Campagin for Tibet (ICT) berichtet von einem systematischen Entzug der Lebensgrundlage für die Betroffenen. Erst werden Schulen geschlossen, dann die Rathäuser und medizinischen Einrichtungen, und schließlich wird auch der rechtliche Spielraum für kommerzielle Selbstversorgung eingeschränkt, um den Menschen ihren Alltag so schwer wie möglich zu machen.
“Nach Jahren der räumlichen Isolation von staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen geben die meisten Menschen zermürbt auf und stimmen einer Umsiedlung zu”, sagt Geschäftsführer Kai Müller von ICT Deutschland. Vor der UN wird China diese Zustimmung dann als beiderseitiges Übereinkommen bezeichnen.
Um eine große Einigkeit der Tibeter mit dem Zentralstaat vorzugaukeln, weist China auf das Fehlen rechtlicher Einwände durch betroffene Ethnien selbst hin. Tatsächlich gibt es nur wenige Fälle, in denen juristisch gegen erzwungene Umsiedlungen vorgegangen wird. Müller überrascht das nicht. “Die Tibeter wissen, dass ihnen Repressionen drohen, wenn sie den formellen Rechtsweg einschlagen wollen. Dieses Risiko geht kaum jemand ein”, sagt er.
Auch zu diesem Vorwurf wird sich China unter Punkt 4 der UN-Problemliste detailliert im Palais Wilson in Genf äußern müssen. Dort verlangt der Sozialausschuss eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen, dass es zu “Einschüchterung von Anwälten und Kanzleien” in China komme.
Dieses Jahr will die EU-Handelskammer wieder nach vorne blicken. Das zeigte die Tonlage des am Dienstag präsentierten Positionspapiers des Shanghaier Ortsverbands, des ersten einer Reihe geplanter Lokalausgaben. Im vergangenen Jahr war die Stellungnahme der Europäischen Handelskammer in China (EUCCC) noch von Frust und Enttäuschung über Chinas Null-Covid-Politik und eine zunehmende Politisierung des Geschäftsumfelds geprägt.
Die EUCCC betont in dem neuen Papier zwar weiterhin viele Unsicherheiten. Sie lässt aber zugleich einen vorsichtigen Optimismus durchscheinen. Es könne eine Erholung bevorstehen, nachdem das Geschäft 2022 von einem schockierend erratisch umgesetzten Hardcore-Lockdown verdorben worden war. Davon sollen auch EU-Firmen profitieren. Ein Neustart in Shanghai kann nach Ansicht der Kammer aufs ganze Land hinaus wirken. Die Metropole sei “Vorzeigestadt” für eine Erholung in ganz China, betonte EUCCC-Vizepräsidentin Bettina Schön-Behanzin, Leiterin des Shanghaier Kammer-Ablegers.
Das Image der Metropole hatte schwer gelitten unter dem Lockdown vom Frühjahr 2022; das Vertrauen in die Politik war auf einen historischen Tiefstand gesunken. “Ein Aufschwung ist keine Selbstverständlichkeit”, betonte Schön-Behanzin. Wenn man sich ansehe, wie andere Städte mit Null-Covid umgegangen sind, werde klar, “dass Shanghai ein Problem hat”, sagt auch EUCCC-Präsident Jörg Wuttke. Es stimme zwar, dass Peking der Stadtführung Shanghais den harten Anti-Covid-Kurs aufgezwungen hat. “Doch Peking regiert eben auch die anderen Städte.”
Shanghais Regierung müsse das Vertrauen wiederherstellen, vor allem durch transparente Kommunikation mit der Geschäftswelt und verlässliche Bedingungen, forderte Schön-Behanzin. Dass die Kammer dafür eine Chance sieht, zeigen Formulierungen im Vorwort, in dem von guten Beziehungen zur Lokalregierung die Rede ist und von “konstruktiven Empfehlungen”, die man ihr gebe.
Dazu gehören konkrete Forderungen:
Die Lokalregierung sei interessiert an Gesprächen und Feedback, sagte Schön-Behanzin.
Doch die Kammer gab der Stadt Shanghai auch eine Warnung mit: “Shanghai hat es als selbstverständlich betrachtet, die Nummer Eins zu sein. Das ist nicht mehr der Fall”, betonte Wuttke. Andere Städte drängelten geradezu danach, wieder Investitionen anzuziehen – etwa Chongqing, wo Wuttke am Donnerstag vom lokalen KP-Chef Yuan Jiajun empfangen wird. Als Innovationszentrum für Hochtechnologie gilt inzwischen Shenzhen, das ein zunehmend harter Konkurrent für Shanghai werden könnte.
Nicht alles kann Shanghai selbst entscheiden; den großen Wirtschaftsrahmen setzt Peking. Doch über Dinge wie das Umfeld für Expats, Schulen oder Gesundheitsversorgung kann die Stadt selbst bestimmen, sagte Schön-Behanzin – Themen, die entscheidend sind, um die Abwanderung ausländischer Talente zu stoppen, die für den Austausch zwischen China und der Welt so wichtig sind. Etwa jeder Vierte aus der großen deutschen Community Shanghais sei gegangen, sowie ein Fünftel der bei ihren jeweiligen Konsulaten registrierten Italiener und Franzosen.
Wenn die Stadt ihre ehrgeizigen Ziele erreichen will – wie etwa den Aufbau einer “Wirtschaft der Hauptquartiere” für ausländische Firmen im Lauf des 14. Fünfjahresplans (2021-25) – muss sie ihre Anziehungskraft wieder erhöhen. Vom Verlust der Strahlkraft Shanghais profitiere derzeit Singapur, das immer mehr Firmen als Standort für Asien-Pazifik-Hauptquartiere wählen, wie Schön-Behanzin betonte. Doch sie hat durchaus Hoffnung. “Wenn die Wirtschaft wieder anspringt, kann das Vertrauen zurückkehren. Der Mensch vergisst schnell.”
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die EU und China nehmen in dieser Woche ihren seit Jahren ausgesetzten Menschenrechtsdialog wieder auf. Ein Treffen im Rahmen des Dialogs sei für diesen Freitag geplant, bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission China.Table am Dienstag. Die EU erwarte, dass die Wiederaufnahme eine “gezielte Diskussionen über ein breites Themenspektrum ermöglichen wird”, sagte die Kommissionssprecherin.
“Die EU und China haben in diesem Bereich unterschiedliche Ansichten, aber genau deshalb ist dieser Dialog wichtig: um eine offene Diskussion zu führen”, ergänzte sie.
Das nun geplante Treffen am Freitag wird das 38. im Rahmen des Dialogs sein. Das Letzte in dieser Form hatte im April 2019 stattgefunden. Während der Corona-Pandemie gab es kein Dialogtreffen. Beide Seiten hatten sich bereits nach dem EU-China-Gipfel im vergangenen April darauf verständigt, das Format wiederzubeleben.
Peking fährt derzeit eine Charmeoffensive in Europa und schickt unter anderem Chef-Diplomat Wang Yi zur Münchner Sicherheitskonferenz. Den chinesischen Ansichten gegenwirkend sahen Besucher deshalb eine geplante Reise des Gouverneurs von Xinjiang, Erkin Tuniyaz. Dieser soll in dieser Woche mehrere europäische Länder bereisen und dort Politik-Vertreter treffen. Tuniyaz soll zunächst nach Großbritannien reisen. Ob er dort bereits angekommen ist, war lokalen Medienberichten zufolge unklar.
Das Reiseziel Brüssel soll der Gouverneur indes gestrichen haben. Der Besuch sei abgesagt, schrieb unter anderem der Grünen-Europapolitiker und China-Experte Reinhard Bütikofer auf Twitter. Eine offizielle Bestätigung der Absage gab es zunächst nicht. Tuniyaz soll jedoch weiterhin Paris besuchen. Der Gouverneur steht in den USA auf einer schwarzen Liste und darf dort nicht einreisen. Menschenrechtsorganisationen und Politiker fordern auch ein Einreiseverbot für Tuniyaz in Europa. ari
Ein hochrangiger Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes rechnet mit der Fertigstellung einer vereinheitlichten China-Strategie der Bundesregierung voraussichtlich bis zu Jahresmitte. “Wir verfassen sie auch für die Regierung in China, um klarzustellen, wodurch systemische Konkurrenz definiert ist”, sagte Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bei einer Konferenz des Aspen-Instituts in Berlin.
Thema der Konferenz war eigentlich das Verhältnis zu den USA, wobei auch China zur Sprache kam. Lindner ist Mitglied der Grünen und einer der Verteidigungsexperten seiner Partei. Als Staatssekretär ist er einer der engsten Mitarbeiter von Außenministerin Annalena Baerbock. In ihrem Auftrag reiste er Ende vergangenen Jahres in die Ukraine.
Die China-Strategie befindet sich derzeit in Abstimmung zwischen den Ministerien, dem Kanzleramt und weiteren Akteuren wie Verbänden. Das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium haben bereits umfangreiche Entwürfe vorgelegt. Beide Ressorts werden jedoch von Politikern der Grünen verantwortet; von Seiten der SPD ist noch kein Entwurf bekannt. fst/fin
Die US-Marine hat nach mehr als einer Woche erste Elektronikteile des abgeschossenen mutmaßlichen Spionageballons vom Meeresgrund heraufgeholt. “Unsere Teams konnten wichtige Trümmerteile bergen”, teilte die US-Armee am Dienstag mit. Darunter befinden sich auch die entscheidenden Sensoren, die der geheimdienstlichen Aufklärung gedient haben könnten.
Wegen schlechten Wetters hatten Kräne und Taucher in den vergangenen Tagen nur eingeschränkt arbeiten können. Daher kamen schließlich Unterwasserdrohnen zum Einsatz. Spezialisten des FBI sollen nun übernehmen und die Fähigkeiten des Ballons bewerten.
Parallel läuft die Bergung von Teilen eines Flugobjekts, das die Vereinigten Staaten am Montag über dem Huronsee an der Grenze zu Kanada abgeschossen haben. Ein Ursprung aus China wurde den drei in den vergangenen Tagen neu entdeckten Objekten zunächst nicht unterstellt. Es gibt aber einen Zusammenhang der Entdeckungen mit dem Ballon, der die USA in der vorvergangenen Woche überquert hatte. Nach seiner Entdeckung hat die Luftüberwachung ihr Radar auf langsamere, kleinere Objekte neu geeicht. fin
Ein chinesisches Schiff soll ein Boot der philippinischen Küstenwache mit einem militärischen Laser attackiert haben. Der Vorfall habe sich knapp 20 Kilometer von einem Stützpunkt der philippinischen Marine auf den Spratly-Inseln entfernt ereignet, teilte die philippinische Küstenwache am Montag mit. Durch den Laserstrahl seien einige Besatzungsmitglieder der “BRP Malapascua” vorübergehend erblindet. Zudem habe das chinesische Schiff “gefährliche Manöver” in der Nähe des philippinischen Bootes durchgeführt. Erst vor wenigen Wochen hatte der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. Gesprächsmechanismen zwischen den Außenministerien beider Länder zur Konfliktlösung in umstrittenen Seegebieten vorgeschlagen.
China beansprucht große Teile des Südchinesischen Meeres für sich. Schiffe der Volksrepublik hatten in der Vergangenheit immer wieder philippinische Boote bedrängt. Dies sei jedoch der erste Fall gewesen, bei dem chinesische Schiffe einen Laser mit militärischem Standard gegen philippinische Seeleute eingesetzt haben, erklärte Küstenwachensprecher Armand Balilo der Nachrichtenagentur AP. Das philippinische Außenministerium legte am Dienstag Protest bei der chinesischen Botschaft in Manila ein. Die Aktionen der chinesischen Küstenwache stellte “eine Bedrohung für die philippinische Souveränität und Sicherheit als Staat” dar. fpe
Die China Gezhouba Group Corporation hat einen knapp 110 Kilometer langen Streckenabschnitt der namibischen Eisenbahn modernisiert. Dies meldete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Die Eisenbahnstrecke verbindet die Bergbaustadt Arandis mit der Walfischbucht. Wo bisher nur 40 Kilometer pro Stunde Reisegeschwindigkeit möglich waren, ist die Bahn nun doppelt so schnell unterwegs. Derzeit wird ein weiterer Abschnitt zwischen Arandis und Kranzberg modernisiert. Der Streckenausbau ist Teil des Vision 2030 Programms der namibischen Regierung. ajs
Trotz seiner geringen Größe von weniger als 24 Millionen Einwohnern, oder 0,3 Prozent der Weltbevölkerung, gehört Taiwan zu den weltweit führenden Volkswirtschaften im globalen Handel. Ein Anteil von fast zwei Prozent des globalen Warenhandels platziert Taiwan 2021 auf Rang 16 aller Volkswirtschaften der Welt – verglichen mit gerade einmal Rang 57 der bevölkerungsreichsten Staaten. Wichtigster Absatzmarkt ist mit rund 42 Prozent China (inklusive Hongkong), gefolgt von den Asean-Staaten (16 Prozent), den USA (15 Prozent), der EU (7 Prozent) und Japan (7 Prozent).
Besonders erfolgreich ist Taiwan in der Elektronikindustrie. Rund die Hälfte der Warenexporte Taiwans entfallen auf elektrische und elektrotechnische Güter. Neben vielen erfolgreichen kleinen und mittleren Unternehmen stecken dahinter auch einige Großunternehmen, die zu Weltmarktführern in ihren Bereichen zählen.
TSMC ist für mehr als die Hälfte der globalen Auftragsfertigung von Halbleitern verantwortlich und nahezu konkurrenzloser Technologieführer bei der Produktion von Halbleitern mit besonders kleiner Strukturbreite. Mediatek hatte 2022 einen weltweiten Marktanteil bei Smartphone-Prozessoren von rund 40 Prozent und im selben Jahr stammten rund 14 Prozent aller weltweit verkauften PCs von den beiden taiwanesischen Firmen Asus und Acer.
Die bedeutende Rolle Taiwans im Welthandel ist umso bemerkenswerter, als es aufgrund der von China vehement verfochtenen “Ein-China-Politik” bisher nur sehr wenige bi- oder multilaterale Investitions- oder Handelsabkommen abschließen konnte. Allerdings konnte Taiwan 2002 – mit Zustimmung Chinas – der Welthandelsorganisation WTO beitreten und ist auch Mitglied wichtiger plurilateraler WTO-Abkommen. Dies gilt insbesondere für das globale WTO-Informationstechnologie-Abkommen (ITA), das den vollständigen Abbau von Zöllen für zahlreiche Produkte im für die taiwanesische Wirtschaft so wichtigen Bereich der Informationstechnologie vorsieht.
Die Mitgliedschaft in WTO und ITA haben taiwanesischen Unternehmen geholfen, sich auch ohne bilaterale oder regionale Freihandelsabkommen eine zentrale Rolle innerhalb des “Produktionsnetzwerks Asien” (“Factory Asia”) und globaler Liefer- und Produktionsketten insbesondere im Elektronik- und IT-Bereich zu erarbeiten. Verschiedene aktuelle Entwicklungen haben jedoch dazu geführt, dass sich die Nachteile, die sich für Taiwans Unternehmen aus dem Fehlen regionaler und bilateraler Handels- und Investitionsabkommen ergeben, erheblich zunehmen.
Die Verschärfung geopolitischer Konflikte und die damit einhergehende Schwächung der globalen regelbasierten Wirtschaftsordnung erhöhen die Unsicherheit, denen sich Taiwans Unternehmen in ihren außenwirtschaftlichen Aktivitäten ausgesetzt sehen. Zugleich führen die zahlreichen neuen bilateralen und regionalen Handelsabkommen zwischen Taiwans Handelspartnern und Konkurrenten im indopazifischen Raum, zu einer zunehmenden Benachteiligung taiwanesischer Unternehmen bei der Reorganisation regionaler und globaler Produktionsnetzwerke.
Als Nichtmitglied partizipiert Taiwan nicht an den in diesen Abkommen vereinbarten Handelsliberalisierungen und wirkt nicht mit an der Weiterentwicklung der darin vereinbarten Regeln und Standards. Zudem erschwert das Fehlen eigener Handelsabkommen Taiwans Bemühungen, seine wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu reduzieren.
Für Taiwan wäre ein Beitritt zu den regionalen Handelsabkommen ebenso wie ein Abschluss bilateraler Handels- oder Investitionsabkommen mit seinen wichtigsten Handelspartnern daher von erheblichem wirtschaftlichem Vorteil. Ein Beitritt Taiwans zur RCEP scheint aber auf absehbare Zeit ausgeschlossen, da dieser die Zustimmung aller Mitglieder des Abkommens und somit auch Chinas erfordern würde. Ein Beitritt Taiwans zur CPTPP scheint grundsätzlich denkbar. Sowohl Taiwan als auch China haben bereits einen Beitrittsantrag gestellt.
Selbst ein gemeinsamer Beitritt von Taiwan und China wird von China jedoch vehement abgelehnt. Eine Aufnahme Taiwans würde jedoch ein einstimmiges Votum aller elf derzeitigen CPTPP-Mitglieder voraussetzen, was gegen den Widerstand Chinas nicht realistisch erscheint. Auch der Abschluss bilateraler Handels- oder Investitionsabkommen mit der EU, den USA oder anderen wichtigen Handelspartnern würde wohl auf scharfe Ablehnung seitens Chinas stoßen. Solche Abkommen wären somit nur möglich, wenn Taiwan und seine potenziellen Vertragspartner bereit wären, die zu erwartenden Gegenmaßnahmen seitens Chinas in Kauf zu nehmen.
Sowohl für Taiwan als auch für seine Partner wäre eine zunehmende Isolation Taiwans mit erheblichen Kosten verbunden. Die technologischen und wirtschaftlichen Potenziale Taiwans insbesondere im Bereich der Elektronikindustrie gingen der Welt verloren. Eine langfristige wirtschaftliche Schwächung Taiwans könnte die Insel zudem wirtschaftlich noch abhängiger von China machen, möglicherweise auf Kosten der über Jahrzehnte aufgebauten demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen.
Daher gilt es seitens der Partnerländer Taiwans sorgfältig zu prüfen, über welche Möglichkeiten und Spielräume sie verfügen, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Taiwan aufrechterhalten oder weiter zu stärken? Mit welchen diplomatischen, wirtschaftlichen oder gar militärischen Gegenmaßnahmen China müssten sie rechnen? Wie ließen sich die damit verbundenen Risiken minimieren?
Frank Bickenbach ist Stellvertretender Leiter des Forschungszentrums “Internationaler Handel und Investitionen” und ein Senior Researcher im Forschungszentrum “Innovation und internationaler Wettbewerb” am Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Silas Dreier ist Koordinator der Global China Conversations an der China-Initiative des Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er studiert außerdem den Master in China Business and Economics an der Universität Würzburg.
Wan-Hsin Liu ist eine Senior Researcherin in den Forschungszentren “Internationaler Handel und Investitionen” und “Innovation und internationaler Wettbewerb” am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Sie ist zudem Koordinatorin des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (11.00 Uhr, MEZ) diskutieren Shin-Horng Chen, Vizepräsident der Chung-Hua Institution für Wirtschaftsforschung, und Sarah Kirchberger, Leiterin des Bereichs Asien-Pazifik-Strategie und Sicherheit am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, über das Thema: “Spannungen um Taiwan: Wie ist die aktuelle Situation und welche Herausforderungen ergeben sich für Unternehmen und die Wirtschaft?” China.Table ist der Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Peter Catterall ist neuer Korrespondent für China und die Mongolei für die Nachrichtenagentur AFP. Catterall arbeitet von Peking aus. Er war zuvor Journalist bei der Tech-Media-Plattform Pandaily.
Peking hat mehrere Botschafter in afrikanischen Staaten ernannt: Li Qinfeng wird Nachfolger von Chen Dong als Botschafter in der Zentralafrikanischen Republik. Wang Qing wurde zum Botschafter in Sierra Leone ernannt und ersetzt Hu Zhangliang. Zhao Weiping wird der Nachfolger von Zhang Yiming in Namibia.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Sie hat Ja gesagt! Der Herr links im Bild hat seiner Freundin gerade einen Heiratsantrag gemacht – stilecht am Valentinstag, der auch in China am 14. Februar begangen wird. Die beiden stehen in einer Röhre in einem riesigen Aquarium. Der Ort des romantischen Rituals ist Zhongtai Ocean World in Changchun.
was tun, wenn in einem großen Gremium alle Fakten gegen die eigene Position sprechen? China versucht in diesen Tagen, die Vorwürfe der Tibeter im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übertönen. Nicht nur eine besonders große Truppe von offiziellen Vertretern, auch eine ganze Reihe willfähriger Vereine aus der Volksrepublik beanspruchen Redezeit und verdrängen dadurch ernst gemeinte Beiträge. Dabei hängt für Tibet das kulturelle Überleben vom Handeln der internationalen Gemeinschaft ab. Marcel Grzanna berichtet.
Die EU-Kammer in China kommt derweil wieder etwas aus ihrer schlechten Stimmung heraus. Im vergangenen Jahr waren die Äußerungen des Wirtschaftsverbands von Doom und Gloom geprägt, also von Schwarzmalerei und Untergangsstimmung. Das galt besonders für den Kammer-Ableger in Shanghai, der damals im irren Lockdown festhing. Jetzt rechnet er wieder mit einem Aufschwung, wie Christiane Kühl schreibt. Das wäre für die deutsche Wirtschaft besonders wichtig. Im Großraum Shanghai sitzen 60.000 internationale Unternehmen. Dort wird richtig Geld verdient, wenn es gut läuft.
China muss am heutigen Mittwoch vor dem Sozialausschuss der Vereinten Nationen (CESCR) Stellung zu Menschenrechtsfragen nehmen. Vier Jahre lang hat die Volksrepublik das förmliche Prozedere ignoriert und ihre Berichtspflicht zur Umsetzung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte hinausgezögert.
Seit Montag bereits laufen informelle Briefings, bei denen Nichtregierungsorganisationen ihre Bedenken und Informationen mit dem Ausschuss teilen können, ehe am Mittwoch chinesische Regierungsbeamte vor dem Gremium sprechen müssen. Seit 2019 warten die Vereinten Nationen auf ausführliche Stellungnahmen zu 31 Punkten, die sie bei Chinas Umsetzung des UN-Sozialpaktes als problematisch ausgemacht haben.
Besondere Aufmerksamkeit erhält in Genf die systematische Zerstörung der tibetischen Kultur. Vier UN-Sonderberichterstatter werfen der Volksrepublik die erzwungene Angleichung der Tibeter an die dominierende Han-Kultur vor.
Der Verteidigungswall, den China aufgebaut hat, um jegliche Vorwürfe ins Reich der Fabeln verweisen zu können, ist jedoch hoch. So will China die Anwesenden durch schiere zahlenmäßige Überlegenheit beeindrucken. Peking wird offenbar Dutzende Regierungsvertreter in die Schweiz schicken. Üblich sind eine Handvoll Repräsentanten.
Flankiert werden die offiziellen Vertreter Chinas von rund 20 sogenannten Gongos – Governmental-Non-Governmental Organisations. Unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlicher Interessen verkleiden sich staatliche gelenkte chinesische Organisationen, die bei den UN als Nichtregierungsorgane akkreditiert sind.
Gongos manipulieren den Austausch über das chinesische Gebaren, indem sie den Vorwürfen der Menschenrechtler widersprechen und dadurch legitime Redner verdrängen. Denn je mehr Gongos sich um Redezeit in den informellen Briefings durch die Zivilgesellschaft bewerben, desto weniger Zeit bleibt den kritischen Beobachtern. Die in wenigen Monaten folgende Beurteilung durch den Sozialausschuss der chinesischen Einlassungen dürften durch die chinesische Litanei aus allen Rohren beeinflusst werden.
Dennoch hoffen die Tibeter, dass die dramatisch wachsende Gefahr einer systematischen Auslöschung ihrer Kultur viel stärker ins Bewusstsein der Welt rücken wird. Angesichts der chinesischen Verschleppung, die Vorwürfe zu adressieren, spüren sie eine zunehmend wachsende Existenzangst.
Als Mittel dazu gilt unter anderem ein Internatssystem, in das bis zu 900.000 tibetische Kinder gepresst werden, um diese für die längste Zeit des Jahres von ihren sprachlichen und kulturellen Wurzeln fernzuhalten. Der Exil-Präsident der Tibeter, Penpa Tsering, hatte im Interview mit China.Table kürzlich Alarm geschlagen und auch die Bundesregierung um größeres Engagement gegen chinesische Praktiken gebeten.
Zwangsumsiedlungen und Arbeitsprogramme für die tibetische Bevölkerung beschleunigen die Sinisierung rasant. Seit vielen Jahren werden tibetische Gemeinden – vor allem aus den Hochtälern oberhalb von 4.000 Metern – aus ihren Heimatdörfern vertrieben. Um die Maßnahmen auch vor dem CESCR besser rechtfertigen zu können, erzwingen die chinesischen Behörden einen vermeintlichen Konsens mit vielen Dorfbewohnern.
Die International Campagin for Tibet (ICT) berichtet von einem systematischen Entzug der Lebensgrundlage für die Betroffenen. Erst werden Schulen geschlossen, dann die Rathäuser und medizinischen Einrichtungen, und schließlich wird auch der rechtliche Spielraum für kommerzielle Selbstversorgung eingeschränkt, um den Menschen ihren Alltag so schwer wie möglich zu machen.
“Nach Jahren der räumlichen Isolation von staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen geben die meisten Menschen zermürbt auf und stimmen einer Umsiedlung zu”, sagt Geschäftsführer Kai Müller von ICT Deutschland. Vor der UN wird China diese Zustimmung dann als beiderseitiges Übereinkommen bezeichnen.
Um eine große Einigkeit der Tibeter mit dem Zentralstaat vorzugaukeln, weist China auf das Fehlen rechtlicher Einwände durch betroffene Ethnien selbst hin. Tatsächlich gibt es nur wenige Fälle, in denen juristisch gegen erzwungene Umsiedlungen vorgegangen wird. Müller überrascht das nicht. “Die Tibeter wissen, dass ihnen Repressionen drohen, wenn sie den formellen Rechtsweg einschlagen wollen. Dieses Risiko geht kaum jemand ein”, sagt er.
Auch zu diesem Vorwurf wird sich China unter Punkt 4 der UN-Problemliste detailliert im Palais Wilson in Genf äußern müssen. Dort verlangt der Sozialausschuss eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen, dass es zu “Einschüchterung von Anwälten und Kanzleien” in China komme.
Dieses Jahr will die EU-Handelskammer wieder nach vorne blicken. Das zeigte die Tonlage des am Dienstag präsentierten Positionspapiers des Shanghaier Ortsverbands, des ersten einer Reihe geplanter Lokalausgaben. Im vergangenen Jahr war die Stellungnahme der Europäischen Handelskammer in China (EUCCC) noch von Frust und Enttäuschung über Chinas Null-Covid-Politik und eine zunehmende Politisierung des Geschäftsumfelds geprägt.
Die EUCCC betont in dem neuen Papier zwar weiterhin viele Unsicherheiten. Sie lässt aber zugleich einen vorsichtigen Optimismus durchscheinen. Es könne eine Erholung bevorstehen, nachdem das Geschäft 2022 von einem schockierend erratisch umgesetzten Hardcore-Lockdown verdorben worden war. Davon sollen auch EU-Firmen profitieren. Ein Neustart in Shanghai kann nach Ansicht der Kammer aufs ganze Land hinaus wirken. Die Metropole sei “Vorzeigestadt” für eine Erholung in ganz China, betonte EUCCC-Vizepräsidentin Bettina Schön-Behanzin, Leiterin des Shanghaier Kammer-Ablegers.
Das Image der Metropole hatte schwer gelitten unter dem Lockdown vom Frühjahr 2022; das Vertrauen in die Politik war auf einen historischen Tiefstand gesunken. “Ein Aufschwung ist keine Selbstverständlichkeit”, betonte Schön-Behanzin. Wenn man sich ansehe, wie andere Städte mit Null-Covid umgegangen sind, werde klar, “dass Shanghai ein Problem hat”, sagt auch EUCCC-Präsident Jörg Wuttke. Es stimme zwar, dass Peking der Stadtführung Shanghais den harten Anti-Covid-Kurs aufgezwungen hat. “Doch Peking regiert eben auch die anderen Städte.”
Shanghais Regierung müsse das Vertrauen wiederherstellen, vor allem durch transparente Kommunikation mit der Geschäftswelt und verlässliche Bedingungen, forderte Schön-Behanzin. Dass die Kammer dafür eine Chance sieht, zeigen Formulierungen im Vorwort, in dem von guten Beziehungen zur Lokalregierung die Rede ist und von “konstruktiven Empfehlungen”, die man ihr gebe.
Dazu gehören konkrete Forderungen:
Die Lokalregierung sei interessiert an Gesprächen und Feedback, sagte Schön-Behanzin.
Doch die Kammer gab der Stadt Shanghai auch eine Warnung mit: “Shanghai hat es als selbstverständlich betrachtet, die Nummer Eins zu sein. Das ist nicht mehr der Fall”, betonte Wuttke. Andere Städte drängelten geradezu danach, wieder Investitionen anzuziehen – etwa Chongqing, wo Wuttke am Donnerstag vom lokalen KP-Chef Yuan Jiajun empfangen wird. Als Innovationszentrum für Hochtechnologie gilt inzwischen Shenzhen, das ein zunehmend harter Konkurrent für Shanghai werden könnte.
Nicht alles kann Shanghai selbst entscheiden; den großen Wirtschaftsrahmen setzt Peking. Doch über Dinge wie das Umfeld für Expats, Schulen oder Gesundheitsversorgung kann die Stadt selbst bestimmen, sagte Schön-Behanzin – Themen, die entscheidend sind, um die Abwanderung ausländischer Talente zu stoppen, die für den Austausch zwischen China und der Welt so wichtig sind. Etwa jeder Vierte aus der großen deutschen Community Shanghais sei gegangen, sowie ein Fünftel der bei ihren jeweiligen Konsulaten registrierten Italiener und Franzosen.
Wenn die Stadt ihre ehrgeizigen Ziele erreichen will – wie etwa den Aufbau einer “Wirtschaft der Hauptquartiere” für ausländische Firmen im Lauf des 14. Fünfjahresplans (2021-25) – muss sie ihre Anziehungskraft wieder erhöhen. Vom Verlust der Strahlkraft Shanghais profitiere derzeit Singapur, das immer mehr Firmen als Standort für Asien-Pazifik-Hauptquartiere wählen, wie Schön-Behanzin betonte. Doch sie hat durchaus Hoffnung. “Wenn die Wirtschaft wieder anspringt, kann das Vertrauen zurückkehren. Der Mensch vergisst schnell.”
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Die EU und China nehmen in dieser Woche ihren seit Jahren ausgesetzten Menschenrechtsdialog wieder auf. Ein Treffen im Rahmen des Dialogs sei für diesen Freitag geplant, bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission China.Table am Dienstag. Die EU erwarte, dass die Wiederaufnahme eine “gezielte Diskussionen über ein breites Themenspektrum ermöglichen wird”, sagte die Kommissionssprecherin.
“Die EU und China haben in diesem Bereich unterschiedliche Ansichten, aber genau deshalb ist dieser Dialog wichtig: um eine offene Diskussion zu führen”, ergänzte sie.
Das nun geplante Treffen am Freitag wird das 38. im Rahmen des Dialogs sein. Das Letzte in dieser Form hatte im April 2019 stattgefunden. Während der Corona-Pandemie gab es kein Dialogtreffen. Beide Seiten hatten sich bereits nach dem EU-China-Gipfel im vergangenen April darauf verständigt, das Format wiederzubeleben.
Peking fährt derzeit eine Charmeoffensive in Europa und schickt unter anderem Chef-Diplomat Wang Yi zur Münchner Sicherheitskonferenz. Den chinesischen Ansichten gegenwirkend sahen Besucher deshalb eine geplante Reise des Gouverneurs von Xinjiang, Erkin Tuniyaz. Dieser soll in dieser Woche mehrere europäische Länder bereisen und dort Politik-Vertreter treffen. Tuniyaz soll zunächst nach Großbritannien reisen. Ob er dort bereits angekommen ist, war lokalen Medienberichten zufolge unklar.
Das Reiseziel Brüssel soll der Gouverneur indes gestrichen haben. Der Besuch sei abgesagt, schrieb unter anderem der Grünen-Europapolitiker und China-Experte Reinhard Bütikofer auf Twitter. Eine offizielle Bestätigung der Absage gab es zunächst nicht. Tuniyaz soll jedoch weiterhin Paris besuchen. Der Gouverneur steht in den USA auf einer schwarzen Liste und darf dort nicht einreisen. Menschenrechtsorganisationen und Politiker fordern auch ein Einreiseverbot für Tuniyaz in Europa. ari
Ein hochrangiger Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes rechnet mit der Fertigstellung einer vereinheitlichten China-Strategie der Bundesregierung voraussichtlich bis zu Jahresmitte. “Wir verfassen sie auch für die Regierung in China, um klarzustellen, wodurch systemische Konkurrenz definiert ist”, sagte Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bei einer Konferenz des Aspen-Instituts in Berlin.
Thema der Konferenz war eigentlich das Verhältnis zu den USA, wobei auch China zur Sprache kam. Lindner ist Mitglied der Grünen und einer der Verteidigungsexperten seiner Partei. Als Staatssekretär ist er einer der engsten Mitarbeiter von Außenministerin Annalena Baerbock. In ihrem Auftrag reiste er Ende vergangenen Jahres in die Ukraine.
Die China-Strategie befindet sich derzeit in Abstimmung zwischen den Ministerien, dem Kanzleramt und weiteren Akteuren wie Verbänden. Das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium haben bereits umfangreiche Entwürfe vorgelegt. Beide Ressorts werden jedoch von Politikern der Grünen verantwortet; von Seiten der SPD ist noch kein Entwurf bekannt. fst/fin
Die US-Marine hat nach mehr als einer Woche erste Elektronikteile des abgeschossenen mutmaßlichen Spionageballons vom Meeresgrund heraufgeholt. “Unsere Teams konnten wichtige Trümmerteile bergen”, teilte die US-Armee am Dienstag mit. Darunter befinden sich auch die entscheidenden Sensoren, die der geheimdienstlichen Aufklärung gedient haben könnten.
Wegen schlechten Wetters hatten Kräne und Taucher in den vergangenen Tagen nur eingeschränkt arbeiten können. Daher kamen schließlich Unterwasserdrohnen zum Einsatz. Spezialisten des FBI sollen nun übernehmen und die Fähigkeiten des Ballons bewerten.
Parallel läuft die Bergung von Teilen eines Flugobjekts, das die Vereinigten Staaten am Montag über dem Huronsee an der Grenze zu Kanada abgeschossen haben. Ein Ursprung aus China wurde den drei in den vergangenen Tagen neu entdeckten Objekten zunächst nicht unterstellt. Es gibt aber einen Zusammenhang der Entdeckungen mit dem Ballon, der die USA in der vorvergangenen Woche überquert hatte. Nach seiner Entdeckung hat die Luftüberwachung ihr Radar auf langsamere, kleinere Objekte neu geeicht. fin
Ein chinesisches Schiff soll ein Boot der philippinischen Küstenwache mit einem militärischen Laser attackiert haben. Der Vorfall habe sich knapp 20 Kilometer von einem Stützpunkt der philippinischen Marine auf den Spratly-Inseln entfernt ereignet, teilte die philippinische Küstenwache am Montag mit. Durch den Laserstrahl seien einige Besatzungsmitglieder der “BRP Malapascua” vorübergehend erblindet. Zudem habe das chinesische Schiff “gefährliche Manöver” in der Nähe des philippinischen Bootes durchgeführt. Erst vor wenigen Wochen hatte der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. Gesprächsmechanismen zwischen den Außenministerien beider Länder zur Konfliktlösung in umstrittenen Seegebieten vorgeschlagen.
China beansprucht große Teile des Südchinesischen Meeres für sich. Schiffe der Volksrepublik hatten in der Vergangenheit immer wieder philippinische Boote bedrängt. Dies sei jedoch der erste Fall gewesen, bei dem chinesische Schiffe einen Laser mit militärischem Standard gegen philippinische Seeleute eingesetzt haben, erklärte Küstenwachensprecher Armand Balilo der Nachrichtenagentur AP. Das philippinische Außenministerium legte am Dienstag Protest bei der chinesischen Botschaft in Manila ein. Die Aktionen der chinesischen Küstenwache stellte “eine Bedrohung für die philippinische Souveränität und Sicherheit als Staat” dar. fpe
Die China Gezhouba Group Corporation hat einen knapp 110 Kilometer langen Streckenabschnitt der namibischen Eisenbahn modernisiert. Dies meldete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Die Eisenbahnstrecke verbindet die Bergbaustadt Arandis mit der Walfischbucht. Wo bisher nur 40 Kilometer pro Stunde Reisegeschwindigkeit möglich waren, ist die Bahn nun doppelt so schnell unterwegs. Derzeit wird ein weiterer Abschnitt zwischen Arandis und Kranzberg modernisiert. Der Streckenausbau ist Teil des Vision 2030 Programms der namibischen Regierung. ajs
Trotz seiner geringen Größe von weniger als 24 Millionen Einwohnern, oder 0,3 Prozent der Weltbevölkerung, gehört Taiwan zu den weltweit führenden Volkswirtschaften im globalen Handel. Ein Anteil von fast zwei Prozent des globalen Warenhandels platziert Taiwan 2021 auf Rang 16 aller Volkswirtschaften der Welt – verglichen mit gerade einmal Rang 57 der bevölkerungsreichsten Staaten. Wichtigster Absatzmarkt ist mit rund 42 Prozent China (inklusive Hongkong), gefolgt von den Asean-Staaten (16 Prozent), den USA (15 Prozent), der EU (7 Prozent) und Japan (7 Prozent).
Besonders erfolgreich ist Taiwan in der Elektronikindustrie. Rund die Hälfte der Warenexporte Taiwans entfallen auf elektrische und elektrotechnische Güter. Neben vielen erfolgreichen kleinen und mittleren Unternehmen stecken dahinter auch einige Großunternehmen, die zu Weltmarktführern in ihren Bereichen zählen.
TSMC ist für mehr als die Hälfte der globalen Auftragsfertigung von Halbleitern verantwortlich und nahezu konkurrenzloser Technologieführer bei der Produktion von Halbleitern mit besonders kleiner Strukturbreite. Mediatek hatte 2022 einen weltweiten Marktanteil bei Smartphone-Prozessoren von rund 40 Prozent und im selben Jahr stammten rund 14 Prozent aller weltweit verkauften PCs von den beiden taiwanesischen Firmen Asus und Acer.
Die bedeutende Rolle Taiwans im Welthandel ist umso bemerkenswerter, als es aufgrund der von China vehement verfochtenen “Ein-China-Politik” bisher nur sehr wenige bi- oder multilaterale Investitions- oder Handelsabkommen abschließen konnte. Allerdings konnte Taiwan 2002 – mit Zustimmung Chinas – der Welthandelsorganisation WTO beitreten und ist auch Mitglied wichtiger plurilateraler WTO-Abkommen. Dies gilt insbesondere für das globale WTO-Informationstechnologie-Abkommen (ITA), das den vollständigen Abbau von Zöllen für zahlreiche Produkte im für die taiwanesische Wirtschaft so wichtigen Bereich der Informationstechnologie vorsieht.
Die Mitgliedschaft in WTO und ITA haben taiwanesischen Unternehmen geholfen, sich auch ohne bilaterale oder regionale Freihandelsabkommen eine zentrale Rolle innerhalb des “Produktionsnetzwerks Asien” (“Factory Asia”) und globaler Liefer- und Produktionsketten insbesondere im Elektronik- und IT-Bereich zu erarbeiten. Verschiedene aktuelle Entwicklungen haben jedoch dazu geführt, dass sich die Nachteile, die sich für Taiwans Unternehmen aus dem Fehlen regionaler und bilateraler Handels- und Investitionsabkommen ergeben, erheblich zunehmen.
Die Verschärfung geopolitischer Konflikte und die damit einhergehende Schwächung der globalen regelbasierten Wirtschaftsordnung erhöhen die Unsicherheit, denen sich Taiwans Unternehmen in ihren außenwirtschaftlichen Aktivitäten ausgesetzt sehen. Zugleich führen die zahlreichen neuen bilateralen und regionalen Handelsabkommen zwischen Taiwans Handelspartnern und Konkurrenten im indopazifischen Raum, zu einer zunehmenden Benachteiligung taiwanesischer Unternehmen bei der Reorganisation regionaler und globaler Produktionsnetzwerke.
Als Nichtmitglied partizipiert Taiwan nicht an den in diesen Abkommen vereinbarten Handelsliberalisierungen und wirkt nicht mit an der Weiterentwicklung der darin vereinbarten Regeln und Standards. Zudem erschwert das Fehlen eigener Handelsabkommen Taiwans Bemühungen, seine wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu reduzieren.
Für Taiwan wäre ein Beitritt zu den regionalen Handelsabkommen ebenso wie ein Abschluss bilateraler Handels- oder Investitionsabkommen mit seinen wichtigsten Handelspartnern daher von erheblichem wirtschaftlichem Vorteil. Ein Beitritt Taiwans zur RCEP scheint aber auf absehbare Zeit ausgeschlossen, da dieser die Zustimmung aller Mitglieder des Abkommens und somit auch Chinas erfordern würde. Ein Beitritt Taiwans zur CPTPP scheint grundsätzlich denkbar. Sowohl Taiwan als auch China haben bereits einen Beitrittsantrag gestellt.
Selbst ein gemeinsamer Beitritt von Taiwan und China wird von China jedoch vehement abgelehnt. Eine Aufnahme Taiwans würde jedoch ein einstimmiges Votum aller elf derzeitigen CPTPP-Mitglieder voraussetzen, was gegen den Widerstand Chinas nicht realistisch erscheint. Auch der Abschluss bilateraler Handels- oder Investitionsabkommen mit der EU, den USA oder anderen wichtigen Handelspartnern würde wohl auf scharfe Ablehnung seitens Chinas stoßen. Solche Abkommen wären somit nur möglich, wenn Taiwan und seine potenziellen Vertragspartner bereit wären, die zu erwartenden Gegenmaßnahmen seitens Chinas in Kauf zu nehmen.
Sowohl für Taiwan als auch für seine Partner wäre eine zunehmende Isolation Taiwans mit erheblichen Kosten verbunden. Die technologischen und wirtschaftlichen Potenziale Taiwans insbesondere im Bereich der Elektronikindustrie gingen der Welt verloren. Eine langfristige wirtschaftliche Schwächung Taiwans könnte die Insel zudem wirtschaftlich noch abhängiger von China machen, möglicherweise auf Kosten der über Jahrzehnte aufgebauten demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen.
Daher gilt es seitens der Partnerländer Taiwans sorgfältig zu prüfen, über welche Möglichkeiten und Spielräume sie verfügen, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Taiwan aufrechterhalten oder weiter zu stärken? Mit welchen diplomatischen, wirtschaftlichen oder gar militärischen Gegenmaßnahmen China müssten sie rechnen? Wie ließen sich die damit verbundenen Risiken minimieren?
Frank Bickenbach ist Stellvertretender Leiter des Forschungszentrums “Internationaler Handel und Investitionen” und ein Senior Researcher im Forschungszentrum “Innovation und internationaler Wettbewerb” am Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Silas Dreier ist Koordinator der Global China Conversations an der China-Initiative des Kiel Institut für Weltwirtschaft. Er studiert außerdem den Master in China Business and Economics an der Universität Würzburg.
Wan-Hsin Liu ist eine Senior Researcherin in den Forschungszentren “Internationaler Handel und Investitionen” und “Innovation und internationaler Wettbewerb” am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Sie ist zudem Koordinatorin des Kieler Zentrums für Globalisierung.
Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag (11.00 Uhr, MEZ) diskutieren Shin-Horng Chen, Vizepräsident der Chung-Hua Institution für Wirtschaftsforschung, und Sarah Kirchberger, Leiterin des Bereichs Asien-Pazifik-Strategie und Sicherheit am Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, über das Thema: “Spannungen um Taiwan: Wie ist die aktuelle Situation und welche Herausforderungen ergeben sich für Unternehmen und die Wirtschaft?” China.Table ist der Medienpartner dieser Veranstaltungsreihe.
Peter Catterall ist neuer Korrespondent für China und die Mongolei für die Nachrichtenagentur AFP. Catterall arbeitet von Peking aus. Er war zuvor Journalist bei der Tech-Media-Plattform Pandaily.
Peking hat mehrere Botschafter in afrikanischen Staaten ernannt: Li Qinfeng wird Nachfolger von Chen Dong als Botschafter in der Zentralafrikanischen Republik. Wang Qing wurde zum Botschafter in Sierra Leone ernannt und ersetzt Hu Zhangliang. Zhao Weiping wird der Nachfolger von Zhang Yiming in Namibia.
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Sie hat Ja gesagt! Der Herr links im Bild hat seiner Freundin gerade einen Heiratsantrag gemacht – stilecht am Valentinstag, der auch in China am 14. Februar begangen wird. Die beiden stehen in einer Röhre in einem riesigen Aquarium. Der Ort des romantischen Rituals ist Zhongtai Ocean World in Changchun.