Table.Briefing: China

Expansion von BYD + Kosten eines Handelskriegs

  • BYD strebt auf den europäischen Markt
  • Florian Dorn über die Kosten der Abkopplung von China
  • Baidu macht nächsten Schritt bei selbstfahrenden Taxis
  • Verband erwartet höheren E-Auto-Abasatz
  • Taiwan verbietet Foxconn Beteiligung an chinesischer Chip-Firma
  • Deutsche Exporte legen zu
  • Standpunkt: Politologe Minxin Pei zur Taiwan-Krise
  • Personalien: Hannes Ruoff wird CEO von Porsche Asia Pacific in Singapur
Liebe Leserin, lieber Leser,

selbstverständlich nutzen wir Laptops “Made in China” und Smartphones von chinesischen Marken. Doch ein Auto aus der Volksrepublik kaufen? Das konnten sich noch im vergangenen Jahr fast 70 Prozent der Befragten einer China.Table-Umfrage nicht vorstellen.

Der chinesische Autobauer “Build your Dreams” (BYD) lässt sich von solchen Zahlen nicht irritieren. Ab Herbst will BYD erste Modelle in Deutschland verkaufen. Bisher geht die Expansion nach Europa eher in Trippelschritten voran. BYD sucht noch Vertriebspartner und wird so schnell keine allzu großen Mengen in der EU absetzen. Sollte der Markteinstieg aber trotz aller Hürden gelingen, könnte sich das Unternehmen zu einem “Global Player” mit einigen Stärken entwickeln, schreibt Christian Domke Seidel in seiner Analyse.

Dabei sind die Abhängigkeiten der deutschen Wirtschaft von China nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine ohnehin wieder stärker in den Fokus gerückt. Wie das Beispiel des russischen Gases und derzeit zeigt, können wirtschaftliche Abhängigkeiten einer Gesellschaft von einem unberechenbaren autoritären Staat sehr schaden. Wie kostspielig wäre es für Deutschland, sich von China unabhängiger zu machen? Das Ifo-Institut hat diese Frage in mehreren Szenarien durchgerechnet. Wir sprachen mit dem Mitautor der Studie, Florian Dorn, über die hohen Kosten und welche Branchen besonders betroffen wären. Und der Ifo-Forscher rät deutschen Unternehmen: Diversifiziert rasch eure Lieferketten!

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr
Felix Lee
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Analyse

BYD strebt nach Deutschland

Den japanischen Markt hat BYD bereits erschlossen. Nun will der chinesische Elektroautobauer auch nach Deutschland.
Den japanischen Markt hat BYD bereits erschlossen. Nun will der chinesische Elektroautobauer auch nach Deutschland.

Es ist ein Markenname, der großes verspricht: “Build your dreams” (BYD). Der chinesische Autobauer hat in den vergangenen Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn die Marke fährt wirtschaftlich auf der Überholspur. Zwei Zahlen belegen das sehr deutlich. Zum einen: 300 Prozent. So stark wuchs im ersten Halbjahr 2022 der Fahrzeugabsatz. Trotz Lockdown, Chipmangel und Störungen der Lieferketten. Der chinesische Anbieter setzte über 641.000 Fahrzeuge ab, fast 80.000 mehr als der vermeintliche Klassenbeste Tesla.

Die zweite Zahl: neun Milliarden Dollar. So viel sind mittlerweile die Anteile an BYD wert, die Warren Buffett im Jahr 2008 für 235 Millionen Dollar gekauft hatte. Mittlerweile ist die Marke an der Börse mehr wert als Volkswagen und hat den deutschen Konzern in Sachen Elektromobilität in China abgehängt (China.Table berichtete).

Derzeit feiert BYD diese Erfolge noch hauptsächlich im Heimatmarkt China. Doch das Unternehmen will auch auf westlichen Märkten heimisch werden. Es geht die Expansion zwar zunächst noch in bedächtigen Schritten an. Doch wenn es gelingt, sich in traditionellen Auto-Ländern wie Deutschland und den USA zu etablieren, dann hätte BYD es geschafft – und wäre zum globalen Autobauer aufgestiegen. Das ist unter den asiatischen Anbietern zuletzt der südkoreanischen Marke Hyundai gelungen.

BYD: Bislang nur ein Händler in Deutschland

BYD hat jüngst einen Vertriebspartner für Deutschland und Schweden gefunden: die Hedin Mobility Group. 235 Standorte hat das Unternehmen. In Deutschland liegt davon aber nur einer, und zwar in Bremerhaven. Im Jahr 2021 hat dort laut Geschäftsbericht ein einzelner Angestellter insgesamt elf Autos der Marke Dodge verkauft. Um den Europastart von BYD gab es in Fachkreisen zwar einen Hype. Dabei geht allerdings unter, dass das Unternehmen gerade erst dabei ist, Händler anzuwerben

BYDs Erfolg in China geht auf die breite Aufstellung der Chinesen zurück. Es besteht bereits seit 1995. Damals stellte BYD noch Akkus für Handys und MP3-Player her. Erst im Jahr 2003 diversifizierte Unternehmensgründer Wang Chuanfu sein Unternehmen und begann Elektroautos zu entwickeln. Die Akku- und E-Auto-Sparten liefen so erfolgreich, dass BYD mittlerweile zu den weltgrößten Herstellern von Akkus gehört. Außerdem stammt jedes vierte elektrifizierte Auto in China – reine Elektroautos und Hybride – von BYD. Der einzige Grund, warum der Anteil nicht noch größer ist, ist die fehlende Produktionskapazität. Ein Flaschenhals, den die jüngst eröffnete fünfte Fabrik zumindest etwas entschärft. Dank ihr kann die Marke zukünftig 3,4 Millionen Autos pro Jahr produzieren. 

Anders als viele Konkurrenten verfügt BYD über eine recht sichere Rohstoffversorgung. Denn das Unternehmen hat nicht nur seine eigenen Batteriefabriken, sondern besitzt seit Anfang des Jahres auch Förderrechte für Lithium in Chile. In Afrika will die Marke sechs weitere Minen übernehmen. Die Akkus von BYD kommen zudem ohne Kobalt aus. Abbau und Produktion sind derart reibungslos und das Endprodukt auf so hohem Niveau, dass sogar Tesla zukünftig bei dem Wettbewerber Batterien kaufen möchte. 

Kostenvorteil für BYD

Dank des Tochterunternehmens BYD Semiconductor hat die Marke auch den Chipmangel im Griff. Die Firma produziert auch Halbleiter für Automobilsysteme. Aktuell verhandelt BYD mit der chinesischen Börsenaufsicht über einen Börsengang. So sollen Geldmittel für Forschung und Entwicklung eingesammelt werden. 

Durch die Diversifikation entlang der Wertschöpfungskette hat BYD neben der Versorgungssicherheit enorme Kostenvorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Zwar werden Batterien seit Jahren immer günstiger, sie machen aber immer noch etwa ein Drittel der Kosten eines Elektroautos aus. BYD kommt außerdem ein Gesetz entgegen. In China müssen Elektroauto-Bauer Batterien wieder einsammeln. Der Autobauer hat aber auch hier diversifiziert und als einziger Autohersteller auch gleich eine Recyclingfabrik eröffnet (China.Table berichtete).

Auf diese Vorteile wird sich BYD auch beim Marktstart in Europa verlassen und einen langen Atem haben müssen. Neue Marken tun sich vor allem in Deutschland erfahrungsgemäß schwer. Lexus kam nie über eine Nischenrolle hinaus und Infiniti stellte seinen Betrieb ganz ein, obwohl mit Toyota und Nissan Europa-erfahrene Konzerne dahinterstecken. Doch BYD schreckt das nicht ab. Im Gegenteil. Im Jahr 2022 will die Marke 20.000 Autos in Europa verkaufen. Vor dem Hintergrund, dass es 2021 gerade einmal 1.000 Stück waren, ist das ein sehr ambitionierter Plan. Selbst von den ursprünglichen einmal ausgegebenen 200.000 Stück im Jahr 2023 – eine Expansions-Fantasie aus der Vor-Corona-Zeit – ist Wang nie abgerückt. 

  • Autoindustrie

“Weniger China, mehr USA”

Florian Dorn, Ökonom am ifo Institut über die Kosten eines Handelskriegs mit China für Deutschland.
Florian Dorn, Ökonom am ifo Institut

Herr Dorn, Ihrer Studie zufolge würde ein Handelskrieg mit China die Deutschen fast sechsmal so viel kosten wie der Brexit. Die deutsche Wirtschaft büßte im Zuge des Brexits rund 0,14 Prozent an Wirtschaftsleistung ein. Warum halten Sie einen BIP-Verlust von knapp 0,9 Prozent im Falle eines Handelskriegs mit China dennoch für dramatisch?

Das klingt zwar wenig. Die Prozentwerte beziehen sich aber auf einen langfristigen Niveaueffekt der Wirtschaftsleistung. Die realen Wachstumsverluste in der Übergangsphase im Falle eines Handelskriegs mit China würden weitaus größer ausfallen. Deutschland als Exportnation müsste sein Geschäftsmodell neu ausrichten. Ganze Branchen würden Einbrüche erleben. 

Welche Branchen wären besonders betroffen?

Insbesondere Branchen im verarbeitenden Gewerbe, die stark im internationalen Handel verflochten sind. Die größten Verlierer wäre die Automobilindustrie. Hier würde es einen Wertschöpfungsverlust von rund 8,3 Milliarden Dollar geben, das entspricht einem Minus von rund 8,5 Prozent. Auch die Maschinenbauer mit einem Minus von über 5 Milliarden Dollar und Unternehmen, die Transportausrüstung herstellen, wären massiv betroffen. Sie müssten auf günstige Vorleistungsgüter aus China verzichten, die sie dann teurer aus anderen Ländern beziehen müssten. Zugleich würde der große Absatzmarkt Chinas für sie wegbrechen. 

VW, BASF oder Siemens produzieren für den chinesischen Markt zum großen Teil vor Ort. Würde ein Handelskrieg wirklich so viele Arbeitsplätze hierzulande vernichten?

Zwar produzieren diese Unternehmen in China. Aber trotzdem beziehen sie viele Vorprodukte von Fabriken und Zulieferern hier in Deutschland. Fallen diese Aufträge weg, würde das auch hier viele Arbeitsplätze kosten.

Für wie wahrscheinlich halten Sie das Szenario eines Handelskriegs?

Darüber mag ich nicht spekulieren. Was wichtig ist – und das hat nicht zuletzt der Ukraine-Krieg gezeigt: Dass wir auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet sind. Die aktuellen Spannungen zwischen China und Taiwan, beziehungsweise China und den USA zeigen, wie groß das Konfliktpotenzial ist. Und Deutschland und Europa könnten da schnell mit einbezogen werden. Insofern sollten die Unternehmen lieber schon jetzt mit der Diversifizierung beginnen, um einseitige und kritische Abhängigkeiten von bestimmten Märkten und autoritären Regimen zu verringern.

Ist die Studie nicht Beleg dafür, dass die deutsche Abhängigkeit von China längst zu groß ist und wir uns deswegen auf keinen Fall an einem Handelskrieg beteiligen sollten? 

Natürlich wäre es wünschenswert, Handelskriege zu vermeiden. De-Globalisierung oder Handelskriege machen immer ärmer. Aber man sollte nicht blauäugig in die Zukunft blicken und sagen: Das wird schon nicht passieren, denn das schadet ja beiden Seiten. Die Entscheidung eines Handelskriegs wird aber nicht allein von Deutschland getroffen, sondern ein Handelskrieg kann auch umgekehrt von China gestartet werden. Sicherlich sollten sich Unternehmen nicht ohne Not von wichtigen Handelspartnern abwenden. Ich würde parallel dennoch bereits jetzt stärker auf Freihandelsabkommen mit gleichgesinnten Nationen wie etwa den USA setzen. Das sollte das Ziel der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik sein.

Wäre eine Rückverlagerung vieler Betriebe aus China, also eine Nationalisierung von Lieferketten, nicht eine Lösung?

Nein, im Gegenteil: Eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland, die EU oder auch in benachbarte Regionen, würde noch deutlich höhere Kosten für die Wertschöpfung in Deutschland bedeuten. Das liegt daran, dass die Produktion dadurch deutlich teurer wird. Wir würden in Wirtschaftsbereichen die Produktion und Beschäftigung hochfahren, die im Vergleich zu anderen Branchen hierzulande unproduktiv wären. Außerdem würden wir die Preise unserer Produkte im Welthandel nach oben treiben und an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Im Endeffekt würde es dabei zu weniger Nachfrage im In- und Ausland nach vielen dieser Waren kommen. Durch Rückverlagerung würde die deutsche reale Wirtschaftsleistung im Niveau um etwa 9,9 Prozent sinken. Wir würden also deutlich an Wertschöpfung und Wohlstand verlieren.

Was wären dann die Alternativen zu China?

In einem Szenario haben wir die Entkopplung der westlichen Länder von China simuliert, kombiniert mit einem Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Ein solches US-europäisches Handelsabkommen könnte die negativen Auswirkungen der Entkopplung des Westens von China zwar nicht vollständig ausgleichen. Durch die erwarteten Gewinne im Handel mit dem großen Markt der USA würden die Kosten netto aber auf einem ähnlichen Niveau liegen wie die erwarteten Kosten des Brexits. In diesem Szenario wüssten wir zumindest, was auf uns zukäme.

Florian Dorn, 36, ist Ökonom am ifo-Institut, Direktor von EconPol Europe, und lehrt an der Ludwig-Maximillians-Universität München Finanzwissenschaften und Wirtschaftspolitik.

  • Geopolitik
  • Handel
  • USA

News

Baidu erhält erste Lizenz für fahrerlose Robo-Taxis

Der chinesische Technologie-Konzern Baidu hat als erste Firma in der Volksrepublik grünes Licht für den Betrieb von völlig autonom agierenden Robotaxis im öffentlichen Straßenverkehr erhalten. Die Lizenzen gelten ab sofort in den zwei chinesischen Metropolen Chongqing und Wuhan, wie der Google-Konkurrent am Montag mitteilte. Dort könnten Robotaxis Passagiere nun ohne zusätzliche Sicherheitsfahrer befördern.

Das sei ein Wendepunkt im Umgang mit selbstfahrenden Autos, erklärte Baidu. Der Betrieb der Robotaxis ist zunächst auf bestimmte Zeiträume tagsüber eingeschränkt. Baidu startet mit jeweils fünf Wagen in den zwei Städten und verhandelt bereits über eine Ausweitung des Angebots auf Millionenstädte wie Peking und Shanghai. Inzwischen hat die Robo-Sparte des chinesischen Konzerns nach eigenen Angaben mehr als eine Million Fahrten in zehn chinesischen Städten absolviert.

Baidu konkurriert mit dem von Toyota mitfinanzierten Startup Pony.ai. Das darf Robotaxis in Peking bereits eingeschränkt einsetzen, muss aber weiterhin einen Begleiter auf dem Beifahrersitz haben. Erst vor wenigen Tagen hat Pony.ai den Service in Peking gestartet. In einem 60 Quadratkilometer großen Gebiet im südlichen Peking können Kunden seit Anfang August Robo-Taxis buchen. Allerdings können die Kunden noch nicht an jedem beliebigen Ort zu- oder aussteigen, sondern an 250 ausgewählten Standorten.

Weltweit stecken Autokonzerne und Technologiefirmen Milliarden in die Entwicklung und den Betrieb selbstfahrender Autos. China wie auch die USA sind bei den Genehmigungen weiter als andere. In San Francisco sind bereits Robotaxis ohne Fahrer des Startups Cruis auf ausgewählten Straßen unterwegs. nib/rtr

  • Autoindustrie
  • Start-ups

Mehr E-Auto-Verkäufe erwartet

Die China Passenger Car Association hat ihre Prognose zum Absatz von E-Autos für das Jahr 2022 von 5,5 auf sechs Millionen angehoben. Im Juli wurden demnach 486.000 E-Autos verkauft, was einen Anteil von über 27 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht. Einheimische Hersteller konnten ihren Marktanteil im Juli bei elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 73 Prozent erhöhen.

Im vergangenen Jahr wurden in China fast drei Millionen elektrisch betriebene Autos verkauft – darunter fallen auch Hybrid-Autos (New Energy Vehicles, NEV). Laut Bloomberg-Prognosen könnten in diesem Jahr in der EU 3,2 Millionen und in den USA 1,2 Millionen elektrische Fahrzeuge verkauft werden. nib

  • Autoindustrie

Taiwan verbietet Foxconns Beteiligung an Chip-Hersteller

Taiwanische Sicherheitsbehörden lehnen einem Bericht zufolge eine Beteiligung Foxconns an dem chinesischen Chiphersteller Tsinghua Unigroup ab. Die 800-Millionen-Dollar-Investition des Apple-Zulieferers in China werde “definitiv nicht zustande kommen”, zitierte die Financial Times einen hochrangigen taiwanischen Regierungsbeamten am Mittwoch. Foxconn hatte im Juli erklärt, über eine Reihe von Tochterfirmen mit rund 20 Prozent an dem chinesischen Halbleiter-Konglomerat beteiligt zu sein. Taiwans Kabinettsausschuss müsse die Investition noch formell prüfen, heißt es in dem Zeitungsbericht. Wegen der zunehmenden Spannungen wolle Taiwans Nationaler Sicherheitsrat den Deal blockieren. Foxconn erklärte lediglich, es sei in Gesprächen mit Regierungsvertretern.

Der taiwanische Konzern konnte jahrzehntelang ungestört in China produzieren. Mehr als eine Million Arbeitsplätze hat der Apple-Zulieferer auf dem chinesischen Festland geschaffen und ist damit der größte ausländische Arbeitgeber in der Volksrepublik. Doch die anhaltenden Spannungen zwischen China und Taiwan setzen offenbar nun auch dem weltgrößten Auftragshersteller von Elektronik gewaltig zu.

In den 1990er- und 2000er-Jahren zählten taiwanische Unternehmer noch zu den größten Investoren in der Volksrepublik. Aus Angst vor Technologieabwanderung verbietet es die taiwanische Regierung Unternehmen inzwischen, Produktionsanlagen in China zu bauen. Foxconn hat mit der Diversifizierung zwar begonnen und Fabriken auch in andere Länder verlagert. China bleibt für den taiwanischen Konzern aber der zentrale Produktionsstandort. flee/rtr

  • Chips
  • Foxconn
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  • Halbleiter
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  • Nationaler Sicherheitsrat
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  • USA

Deutsche Exporte auf Rekordniveau

Die deutschen Exporteure haben im ersten Halbjahr wegen der guten Nachfrage aus den EU-Ländern, den USA und China eine Rekordeinnahme verbucht. Die Ausfuhren wuchsen allein im Juni um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat und summierten sich damit auf 134,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das ist bereits der dritte Anstieg in Folge nach plus 1,3 Prozent im Mai und plus 4,6 Prozent im April. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten diesmal lediglich mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet.

Die Exporte in die Volksrepublik China stiegen um 2,4 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wurden Waren im Wert von 72,9 Milliarden Euro exportiert und damit um 3,9 Prozent mehr als im Vormonat. Die meisten deutschen Exporte gingen im Juni in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden kalender- und saisonbereinigt 6,2 Prozent mehr Waren exportiert als im Mai, insgesamt summierten sich die US-Exporte damit auf 14,2 Milliarden Euro.

Ökonomen warnen jedoch vor zu viel Euphorie. “Preiserhöhungen können das nominale Exportvolumen erhöhen, ohne dass real tatsächlich mehr exportiert wurde”, warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. “Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben”, sagte auch der Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger. “Der Außenhandel bleibt vorerst ein konjunkturelles Sorgenkind.”

Die Importe legten im Juni bereits den fünften Monat in Folge zu, allerdings fiel das Plus mit 0,2 Prozent deutlich schwächer aus als in den Vormonaten. Die Handelsbilanz – Exporte minus Importe – wies im Juni wieder ein deutliches Plus von 6,4 Milliarden Euro aus. Im Mai hatte es lediglich bei 0,8 Milliarden Euro gelegen. rtr/nib

  • Deutschland
  • EU
  • Export
  • Handel

Standpunkt

Die nächste Taiwan-Krise

Von Minxin Pei
Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien
Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien

Wie zu erwarten war, hat der Taiwanbesuch der Sprecherin des US-Repräsentenhauses Nancy Pelosi in China heftige Reaktionen ausgelöst. Die aktuell sehr aufgeheizte Atmosphäre in diesem Konflikt lässt sich jedoch kaum Pelosi anlasten. Selbst wenn sie bei ihrer Asienrundreise auf einen Besuch Taipeis verzichtet hätte, hätte sich die Feindseligkeit Chinas gegenüber Taiwan weiter verstärkt und womöglich in naher Zukunft eine andere Krise in der Formosastraße ausgelöst.

Anders als die meisten Kommentatoren meinen, ist der Grund dafür nicht, dass Xi während seiner Amtszeit Taiwan unbedingt in die Volksrepublik eingliedern will. Obwohl die Wiedervereinigung tatsächlich sein langfristiges Ziel ist – und sein Lebenswerk und die Arbeit der Kommunistischen Partei Chinas krönen würde – wäre jeder Versuch, dieses Ziel mit Gewalt zu erreichen, enorm kostspielig. Und er wäre sogar mit einem existenziellen Risiko für das Regime verbunden, weil die Partei eine gescheiterte Militäraktion womöglich nicht überleben würde.

China ist noch nicht so weit, einen Angriff wagen zu können

Eine chinesische Invasion Taiwans hätte erst dann gute Erfolgschancen, wenn China seine Wirtschaft von den Folgen westlicher Sanktionen isoliert und ausreichend militärische Kapazitäten aufgebaut hat, die Amerika zuverlässig von einer eigenen Militärbeteiligung abhalten. Jeder dieser Prozesse würde mindestens zehn Jahre dauern.

Die wichtigsten Gründe für Chinas Säbelrasseln in jüngster Zeit sind viel direkter. Die chinesische Regierung signalisiert der Führung Taiwans und deren Unterstützern im Westen, dass sich deren Beziehungen zueinander und zu China in eine inakzeptable Richtung bewegen. Sie sollen verstehen, dass China keine andere Wahl hat, als den Konflikt zu eskalieren, wenn sie ihren Kurs nicht ändern.

Bis vor gar nicht so langer Zeit fand die chinesische Führung die Situation in der Formosastraße problematisch, aber erträglich. Solange Taiwan von der traditionell chinafreundlichen Partei Kuomintang (KMT) regiert wurde, konnte sich China eine langfristige Strategie leisten und versuchen, Taiwan durch wirtschaftliche und diplomatische Integration sowie militärischen Druck schrittweise zur friedlichen Wiedervereinigung zu drängen.

Im Januar 2016 kam jedoch die für die Unabhängigkeit von China eintretende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wieder an die Macht und brachte Chinas Pläne ins Wanken. Die KMT vertritt die Position, Taiwan und China würden den Konsens von 1992 – die Übereinkunft, die vor 30 Jahren zwischen der Partei und Vertretern der Volksrepublik erzielt wurde und das Konzept des “einen China” bestätigt – nur unterschiedlich auslegen, wogegen die DDP diesen Konsens insgesamt ablehnt.

DPP lässt “Wiedervereinigung” in die Ferne rücken

Es lässt sich schwer sagen, ab welchem Punkt der neue Status quo für China unerträglich wurde. Ein wichtiger Wendepunkt war vermutlich der Januar 2020, als die Präsidentin Taiwans Tsai Ing-wen von der DPP mühelos wiedergewählt wurde und ihre Partei der KMT bei den Parlamentswahlen eine vernichtende Niederlage beibrachte. Je stärker sich die politische Dominanz der DPP verfestigt, umso weiter rückt der chinesische Traum von einer friedlichen Wiedervereinigung in die Ferne.

Und die schrittweisen Verschiebungen in der amerikanischen Taiwan-Politik machten die Sache auch nicht besser. In Donald Trumps Amtszeit erlaubten die USA wieder Kontakte zwischen US-Offiziellen und ihren taiwanischen Amtskollegen, es gab subtile Veränderungen in der Formulierung der amerikanischen “Ein-China”-Politik, bei der die Verpflichtungen der USA gegenüber Taiwan stärker betont wurden, und das Land verlegte hochmoderne Waffensysteme auf die Insel. Und auch in Bidens Regierungszeit setzten sich diese Provokationen fort. Vergangenes Jahr führten die US-Marines ganz offen eine Ausbildungsmission für taiwanische Soldaten durch. Und im Mai kündigte Biden an, die USA würden bei einem chinesischen Angriff auf Taiwan militärisch eingreifen (auch wenn das Weiße Haus diese Aussage schnell relativierte).

Der Krieg in der Ukraine hat bei den westlichen Staats- und Regierungschefs nun anscheinend das Gefühl geweckt, Taiwan sei in ernster und akuter Gefahr. Sie scheinen zu glauben, nur eine massive und lautstarke Unterstützung, zu der auch hochrangige Besuche und Militär-Hilfen gehören, könnte einen chinesischen Angriff noch verhindern. Dabei erkennen sie nicht, dass ihre Unterstützung Taiwans aus chinesischer Sicht vor allem wie der Versuch aussieht, China zu demütigen. Deshalb ist sie eher Provokation als Abschreckung.

Xi muss reagieren, damit er nicht schwach erscheint

China befürchtet, dass ihm die Situation aus der Hand gleitet, wenn die Führung der DPP und ihre Verbündeten im Westen nicht für ihre Affronts büßen müssen. Das würde nicht nur Xis Chancen schmälern, sein langfristiges Ziel – die Wiedervereinigung – zu erreichen, sondern könnte ihn auch schwach erscheinen lassen und dadurch seine Position innerhalb und außerhalb Chinas untergraben.

China plant vermutlich keinen schnellen und vorsätzlichen Angriff auf Taiwan. Aber womöglich wird es die USA in der Formosastraße zu einer fatalen Mutprobe herausfordern. Form und Zeitpunkt einer solchen Konfrontation lassen sich nicht exakt vorhersagen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass sie extrem gefährlich wäre, weil China glaubt, dass nur beim Spiel mit dem Feuer alle Spieler mit voller Konzentration dabei sind.

Wie die Kubakrise im Jahr 1962 könnte auch eine neue Formosa-Krise am Ende den Status quo stabilisieren – wenn auch nach ein paar nervenaufreibenden Tagen. Womöglich ist genau das Chinas Plan. Ein solches Gambit könnte aber auch fürchterlich schiefgehen. Wir sollten nicht vergessen, dass im Jahr 1962 nur mit viel Glück ein Atomkrieg verhindert wurde.

Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Der Text wurde vor Abschluss des aktuellen Militärmanövers geschrieben.

Copyright: Project Syndicate, 2022.
www.project-syndicate.org

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  • Taiwan
  • USA

Personalien

Hannes Ruoff wird ab 1. Oktober CEO von Porsche Asia Pacific in Singapur. Ruoff war zuvor Bereichsleiter Asien-Pazifik, Australien und Schwellenländer-Märkte.

Ma Chuan wird ab dem 1. September neuer Präsident der China-Tochter des Autozulieferers Faurecia. Er ist der erste Chinese in dieser Rolle. Ma arbeitet seit 2009 für das Unternehmen. Er folgt auf Francois Tardif, der künftig von Japan aus Faurecia Asia leiten soll.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unserer Personal-Rubrik an heads@table.media!

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Taiwan verbietet Foxconn Beteiligung an chinesischer Chip-Firma
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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    selbstverständlich nutzen wir Laptops “Made in China” und Smartphones von chinesischen Marken. Doch ein Auto aus der Volksrepublik kaufen? Das konnten sich noch im vergangenen Jahr fast 70 Prozent der Befragten einer China.Table-Umfrage nicht vorstellen.

    Der chinesische Autobauer “Build your Dreams” (BYD) lässt sich von solchen Zahlen nicht irritieren. Ab Herbst will BYD erste Modelle in Deutschland verkaufen. Bisher geht die Expansion nach Europa eher in Trippelschritten voran. BYD sucht noch Vertriebspartner und wird so schnell keine allzu großen Mengen in der EU absetzen. Sollte der Markteinstieg aber trotz aller Hürden gelingen, könnte sich das Unternehmen zu einem “Global Player” mit einigen Stärken entwickeln, schreibt Christian Domke Seidel in seiner Analyse.

    Dabei sind die Abhängigkeiten der deutschen Wirtschaft von China nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine ohnehin wieder stärker in den Fokus gerückt. Wie das Beispiel des russischen Gases und derzeit zeigt, können wirtschaftliche Abhängigkeiten einer Gesellschaft von einem unberechenbaren autoritären Staat sehr schaden. Wie kostspielig wäre es für Deutschland, sich von China unabhängiger zu machen? Das Ifo-Institut hat diese Frage in mehreren Szenarien durchgerechnet. Wir sprachen mit dem Mitautor der Studie, Florian Dorn, über die hohen Kosten und welche Branchen besonders betroffen wären. Und der Ifo-Forscher rät deutschen Unternehmen: Diversifiziert rasch eure Lieferketten!

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    Ihr
    Felix Lee
    Bild von Felix  Lee

    Analyse

    BYD strebt nach Deutschland

    Den japanischen Markt hat BYD bereits erschlossen. Nun will der chinesische Elektroautobauer auch nach Deutschland.
    Den japanischen Markt hat BYD bereits erschlossen. Nun will der chinesische Elektroautobauer auch nach Deutschland.

    Es ist ein Markenname, der großes verspricht: “Build your dreams” (BYD). Der chinesische Autobauer hat in den vergangenen Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn die Marke fährt wirtschaftlich auf der Überholspur. Zwei Zahlen belegen das sehr deutlich. Zum einen: 300 Prozent. So stark wuchs im ersten Halbjahr 2022 der Fahrzeugabsatz. Trotz Lockdown, Chipmangel und Störungen der Lieferketten. Der chinesische Anbieter setzte über 641.000 Fahrzeuge ab, fast 80.000 mehr als der vermeintliche Klassenbeste Tesla.

    Die zweite Zahl: neun Milliarden Dollar. So viel sind mittlerweile die Anteile an BYD wert, die Warren Buffett im Jahr 2008 für 235 Millionen Dollar gekauft hatte. Mittlerweile ist die Marke an der Börse mehr wert als Volkswagen und hat den deutschen Konzern in Sachen Elektromobilität in China abgehängt (China.Table berichtete).

    Derzeit feiert BYD diese Erfolge noch hauptsächlich im Heimatmarkt China. Doch das Unternehmen will auch auf westlichen Märkten heimisch werden. Es geht die Expansion zwar zunächst noch in bedächtigen Schritten an. Doch wenn es gelingt, sich in traditionellen Auto-Ländern wie Deutschland und den USA zu etablieren, dann hätte BYD es geschafft – und wäre zum globalen Autobauer aufgestiegen. Das ist unter den asiatischen Anbietern zuletzt der südkoreanischen Marke Hyundai gelungen.

    BYD: Bislang nur ein Händler in Deutschland

    BYD hat jüngst einen Vertriebspartner für Deutschland und Schweden gefunden: die Hedin Mobility Group. 235 Standorte hat das Unternehmen. In Deutschland liegt davon aber nur einer, und zwar in Bremerhaven. Im Jahr 2021 hat dort laut Geschäftsbericht ein einzelner Angestellter insgesamt elf Autos der Marke Dodge verkauft. Um den Europastart von BYD gab es in Fachkreisen zwar einen Hype. Dabei geht allerdings unter, dass das Unternehmen gerade erst dabei ist, Händler anzuwerben

    BYDs Erfolg in China geht auf die breite Aufstellung der Chinesen zurück. Es besteht bereits seit 1995. Damals stellte BYD noch Akkus für Handys und MP3-Player her. Erst im Jahr 2003 diversifizierte Unternehmensgründer Wang Chuanfu sein Unternehmen und begann Elektroautos zu entwickeln. Die Akku- und E-Auto-Sparten liefen so erfolgreich, dass BYD mittlerweile zu den weltgrößten Herstellern von Akkus gehört. Außerdem stammt jedes vierte elektrifizierte Auto in China – reine Elektroautos und Hybride – von BYD. Der einzige Grund, warum der Anteil nicht noch größer ist, ist die fehlende Produktionskapazität. Ein Flaschenhals, den die jüngst eröffnete fünfte Fabrik zumindest etwas entschärft. Dank ihr kann die Marke zukünftig 3,4 Millionen Autos pro Jahr produzieren. 

    Anders als viele Konkurrenten verfügt BYD über eine recht sichere Rohstoffversorgung. Denn das Unternehmen hat nicht nur seine eigenen Batteriefabriken, sondern besitzt seit Anfang des Jahres auch Förderrechte für Lithium in Chile. In Afrika will die Marke sechs weitere Minen übernehmen. Die Akkus von BYD kommen zudem ohne Kobalt aus. Abbau und Produktion sind derart reibungslos und das Endprodukt auf so hohem Niveau, dass sogar Tesla zukünftig bei dem Wettbewerber Batterien kaufen möchte. 

    Kostenvorteil für BYD

    Dank des Tochterunternehmens BYD Semiconductor hat die Marke auch den Chipmangel im Griff. Die Firma produziert auch Halbleiter für Automobilsysteme. Aktuell verhandelt BYD mit der chinesischen Börsenaufsicht über einen Börsengang. So sollen Geldmittel für Forschung und Entwicklung eingesammelt werden. 

    Durch die Diversifikation entlang der Wertschöpfungskette hat BYD neben der Versorgungssicherheit enorme Kostenvorteile im Vergleich zur Konkurrenz. Zwar werden Batterien seit Jahren immer günstiger, sie machen aber immer noch etwa ein Drittel der Kosten eines Elektroautos aus. BYD kommt außerdem ein Gesetz entgegen. In China müssen Elektroauto-Bauer Batterien wieder einsammeln. Der Autobauer hat aber auch hier diversifiziert und als einziger Autohersteller auch gleich eine Recyclingfabrik eröffnet (China.Table berichtete).

    Auf diese Vorteile wird sich BYD auch beim Marktstart in Europa verlassen und einen langen Atem haben müssen. Neue Marken tun sich vor allem in Deutschland erfahrungsgemäß schwer. Lexus kam nie über eine Nischenrolle hinaus und Infiniti stellte seinen Betrieb ganz ein, obwohl mit Toyota und Nissan Europa-erfahrene Konzerne dahinterstecken. Doch BYD schreckt das nicht ab. Im Gegenteil. Im Jahr 2022 will die Marke 20.000 Autos in Europa verkaufen. Vor dem Hintergrund, dass es 2021 gerade einmal 1.000 Stück waren, ist das ein sehr ambitionierter Plan. Selbst von den ursprünglichen einmal ausgegebenen 200.000 Stück im Jahr 2023 – eine Expansions-Fantasie aus der Vor-Corona-Zeit – ist Wang nie abgerückt. 

    • Autoindustrie

    “Weniger China, mehr USA”

    Florian Dorn, Ökonom am ifo Institut über die Kosten eines Handelskriegs mit China für Deutschland.
    Florian Dorn, Ökonom am ifo Institut

    Herr Dorn, Ihrer Studie zufolge würde ein Handelskrieg mit China die Deutschen fast sechsmal so viel kosten wie der Brexit. Die deutsche Wirtschaft büßte im Zuge des Brexits rund 0,14 Prozent an Wirtschaftsleistung ein. Warum halten Sie einen BIP-Verlust von knapp 0,9 Prozent im Falle eines Handelskriegs mit China dennoch für dramatisch?

    Das klingt zwar wenig. Die Prozentwerte beziehen sich aber auf einen langfristigen Niveaueffekt der Wirtschaftsleistung. Die realen Wachstumsverluste in der Übergangsphase im Falle eines Handelskriegs mit China würden weitaus größer ausfallen. Deutschland als Exportnation müsste sein Geschäftsmodell neu ausrichten. Ganze Branchen würden Einbrüche erleben. 

    Welche Branchen wären besonders betroffen?

    Insbesondere Branchen im verarbeitenden Gewerbe, die stark im internationalen Handel verflochten sind. Die größten Verlierer wäre die Automobilindustrie. Hier würde es einen Wertschöpfungsverlust von rund 8,3 Milliarden Dollar geben, das entspricht einem Minus von rund 8,5 Prozent. Auch die Maschinenbauer mit einem Minus von über 5 Milliarden Dollar und Unternehmen, die Transportausrüstung herstellen, wären massiv betroffen. Sie müssten auf günstige Vorleistungsgüter aus China verzichten, die sie dann teurer aus anderen Ländern beziehen müssten. Zugleich würde der große Absatzmarkt Chinas für sie wegbrechen. 

    VW, BASF oder Siemens produzieren für den chinesischen Markt zum großen Teil vor Ort. Würde ein Handelskrieg wirklich so viele Arbeitsplätze hierzulande vernichten?

    Zwar produzieren diese Unternehmen in China. Aber trotzdem beziehen sie viele Vorprodukte von Fabriken und Zulieferern hier in Deutschland. Fallen diese Aufträge weg, würde das auch hier viele Arbeitsplätze kosten.

    Für wie wahrscheinlich halten Sie das Szenario eines Handelskriegs?

    Darüber mag ich nicht spekulieren. Was wichtig ist – und das hat nicht zuletzt der Ukraine-Krieg gezeigt: Dass wir auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet sind. Die aktuellen Spannungen zwischen China und Taiwan, beziehungsweise China und den USA zeigen, wie groß das Konfliktpotenzial ist. Und Deutschland und Europa könnten da schnell mit einbezogen werden. Insofern sollten die Unternehmen lieber schon jetzt mit der Diversifizierung beginnen, um einseitige und kritische Abhängigkeiten von bestimmten Märkten und autoritären Regimen zu verringern.

    Ist die Studie nicht Beleg dafür, dass die deutsche Abhängigkeit von China längst zu groß ist und wir uns deswegen auf keinen Fall an einem Handelskrieg beteiligen sollten? 

    Natürlich wäre es wünschenswert, Handelskriege zu vermeiden. De-Globalisierung oder Handelskriege machen immer ärmer. Aber man sollte nicht blauäugig in die Zukunft blicken und sagen: Das wird schon nicht passieren, denn das schadet ja beiden Seiten. Die Entscheidung eines Handelskriegs wird aber nicht allein von Deutschland getroffen, sondern ein Handelskrieg kann auch umgekehrt von China gestartet werden. Sicherlich sollten sich Unternehmen nicht ohne Not von wichtigen Handelspartnern abwenden. Ich würde parallel dennoch bereits jetzt stärker auf Freihandelsabkommen mit gleichgesinnten Nationen wie etwa den USA setzen. Das sollte das Ziel der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik sein.

    Wäre eine Rückverlagerung vieler Betriebe aus China, also eine Nationalisierung von Lieferketten, nicht eine Lösung?

    Nein, im Gegenteil: Eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland, die EU oder auch in benachbarte Regionen, würde noch deutlich höhere Kosten für die Wertschöpfung in Deutschland bedeuten. Das liegt daran, dass die Produktion dadurch deutlich teurer wird. Wir würden in Wirtschaftsbereichen die Produktion und Beschäftigung hochfahren, die im Vergleich zu anderen Branchen hierzulande unproduktiv wären. Außerdem würden wir die Preise unserer Produkte im Welthandel nach oben treiben und an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Im Endeffekt würde es dabei zu weniger Nachfrage im In- und Ausland nach vielen dieser Waren kommen. Durch Rückverlagerung würde die deutsche reale Wirtschaftsleistung im Niveau um etwa 9,9 Prozent sinken. Wir würden also deutlich an Wertschöpfung und Wohlstand verlieren.

    Was wären dann die Alternativen zu China?

    In einem Szenario haben wir die Entkopplung der westlichen Länder von China simuliert, kombiniert mit einem Handelsabkommen zwischen der EU und den USA. Ein solches US-europäisches Handelsabkommen könnte die negativen Auswirkungen der Entkopplung des Westens von China zwar nicht vollständig ausgleichen. Durch die erwarteten Gewinne im Handel mit dem großen Markt der USA würden die Kosten netto aber auf einem ähnlichen Niveau liegen wie die erwarteten Kosten des Brexits. In diesem Szenario wüssten wir zumindest, was auf uns zukäme.

    Florian Dorn, 36, ist Ökonom am ifo-Institut, Direktor von EconPol Europe, und lehrt an der Ludwig-Maximillians-Universität München Finanzwissenschaften und Wirtschaftspolitik.

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    News

    Baidu erhält erste Lizenz für fahrerlose Robo-Taxis

    Der chinesische Technologie-Konzern Baidu hat als erste Firma in der Volksrepublik grünes Licht für den Betrieb von völlig autonom agierenden Robotaxis im öffentlichen Straßenverkehr erhalten. Die Lizenzen gelten ab sofort in den zwei chinesischen Metropolen Chongqing und Wuhan, wie der Google-Konkurrent am Montag mitteilte. Dort könnten Robotaxis Passagiere nun ohne zusätzliche Sicherheitsfahrer befördern.

    Das sei ein Wendepunkt im Umgang mit selbstfahrenden Autos, erklärte Baidu. Der Betrieb der Robotaxis ist zunächst auf bestimmte Zeiträume tagsüber eingeschränkt. Baidu startet mit jeweils fünf Wagen in den zwei Städten und verhandelt bereits über eine Ausweitung des Angebots auf Millionenstädte wie Peking und Shanghai. Inzwischen hat die Robo-Sparte des chinesischen Konzerns nach eigenen Angaben mehr als eine Million Fahrten in zehn chinesischen Städten absolviert.

    Baidu konkurriert mit dem von Toyota mitfinanzierten Startup Pony.ai. Das darf Robotaxis in Peking bereits eingeschränkt einsetzen, muss aber weiterhin einen Begleiter auf dem Beifahrersitz haben. Erst vor wenigen Tagen hat Pony.ai den Service in Peking gestartet. In einem 60 Quadratkilometer großen Gebiet im südlichen Peking können Kunden seit Anfang August Robo-Taxis buchen. Allerdings können die Kunden noch nicht an jedem beliebigen Ort zu- oder aussteigen, sondern an 250 ausgewählten Standorten.

    Weltweit stecken Autokonzerne und Technologiefirmen Milliarden in die Entwicklung und den Betrieb selbstfahrender Autos. China wie auch die USA sind bei den Genehmigungen weiter als andere. In San Francisco sind bereits Robotaxis ohne Fahrer des Startups Cruis auf ausgewählten Straßen unterwegs. nib/rtr

    • Autoindustrie
    • Start-ups

    Mehr E-Auto-Verkäufe erwartet

    Die China Passenger Car Association hat ihre Prognose zum Absatz von E-Autos für das Jahr 2022 von 5,5 auf sechs Millionen angehoben. Im Juli wurden demnach 486.000 E-Autos verkauft, was einen Anteil von über 27 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht. Einheimische Hersteller konnten ihren Marktanteil im Juli bei elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 73 Prozent erhöhen.

    Im vergangenen Jahr wurden in China fast drei Millionen elektrisch betriebene Autos verkauft – darunter fallen auch Hybrid-Autos (New Energy Vehicles, NEV). Laut Bloomberg-Prognosen könnten in diesem Jahr in der EU 3,2 Millionen und in den USA 1,2 Millionen elektrische Fahrzeuge verkauft werden. nib

    • Autoindustrie

    Taiwan verbietet Foxconns Beteiligung an Chip-Hersteller

    Taiwanische Sicherheitsbehörden lehnen einem Bericht zufolge eine Beteiligung Foxconns an dem chinesischen Chiphersteller Tsinghua Unigroup ab. Die 800-Millionen-Dollar-Investition des Apple-Zulieferers in China werde “definitiv nicht zustande kommen”, zitierte die Financial Times einen hochrangigen taiwanischen Regierungsbeamten am Mittwoch. Foxconn hatte im Juli erklärt, über eine Reihe von Tochterfirmen mit rund 20 Prozent an dem chinesischen Halbleiter-Konglomerat beteiligt zu sein. Taiwans Kabinettsausschuss müsse die Investition noch formell prüfen, heißt es in dem Zeitungsbericht. Wegen der zunehmenden Spannungen wolle Taiwans Nationaler Sicherheitsrat den Deal blockieren. Foxconn erklärte lediglich, es sei in Gesprächen mit Regierungsvertretern.

    Der taiwanische Konzern konnte jahrzehntelang ungestört in China produzieren. Mehr als eine Million Arbeitsplätze hat der Apple-Zulieferer auf dem chinesischen Festland geschaffen und ist damit der größte ausländische Arbeitgeber in der Volksrepublik. Doch die anhaltenden Spannungen zwischen China und Taiwan setzen offenbar nun auch dem weltgrößten Auftragshersteller von Elektronik gewaltig zu.

    In den 1990er- und 2000er-Jahren zählten taiwanische Unternehmer noch zu den größten Investoren in der Volksrepublik. Aus Angst vor Technologieabwanderung verbietet es die taiwanische Regierung Unternehmen inzwischen, Produktionsanlagen in China zu bauen. Foxconn hat mit der Diversifizierung zwar begonnen und Fabriken auch in andere Länder verlagert. China bleibt für den taiwanischen Konzern aber der zentrale Produktionsstandort. flee/rtr

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    Deutsche Exporte auf Rekordniveau

    Die deutschen Exporteure haben im ersten Halbjahr wegen der guten Nachfrage aus den EU-Ländern, den USA und China eine Rekordeinnahme verbucht. Die Ausfuhren wuchsen allein im Juni um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat und summierten sich damit auf 134,3 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das ist bereits der dritte Anstieg in Folge nach plus 1,3 Prozent im Mai und plus 4,6 Prozent im April. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten diesmal lediglich mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet.

    Die Exporte in die Volksrepublik China stiegen um 2,4 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro. In die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wurden Waren im Wert von 72,9 Milliarden Euro exportiert und damit um 3,9 Prozent mehr als im Vormonat. Die meisten deutschen Exporte gingen im Juni in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden kalender- und saisonbereinigt 6,2 Prozent mehr Waren exportiert als im Mai, insgesamt summierten sich die US-Exporte damit auf 14,2 Milliarden Euro.

    Ökonomen warnen jedoch vor zu viel Euphorie. “Preiserhöhungen können das nominale Exportvolumen erhöhen, ohne dass real tatsächlich mehr exportiert wurde”, warnte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. “Preisbereinigt dürfte vom Exportzuwachs weniger übrig bleiben”, sagte auch der Chefökonom der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Alexander Krüger. “Der Außenhandel bleibt vorerst ein konjunkturelles Sorgenkind.”

    Die Importe legten im Juni bereits den fünften Monat in Folge zu, allerdings fiel das Plus mit 0,2 Prozent deutlich schwächer aus als in den Vormonaten. Die Handelsbilanz – Exporte minus Importe – wies im Juni wieder ein deutliches Plus von 6,4 Milliarden Euro aus. Im Mai hatte es lediglich bei 0,8 Milliarden Euro gelegen. rtr/nib

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    Standpunkt

    Die nächste Taiwan-Krise

    Von Minxin Pei
    Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien
    Minxin Pei, Professor für Politikwissenschaft am Claremont McKenna College in Kalifornien

    Wie zu erwarten war, hat der Taiwanbesuch der Sprecherin des US-Repräsentenhauses Nancy Pelosi in China heftige Reaktionen ausgelöst. Die aktuell sehr aufgeheizte Atmosphäre in diesem Konflikt lässt sich jedoch kaum Pelosi anlasten. Selbst wenn sie bei ihrer Asienrundreise auf einen Besuch Taipeis verzichtet hätte, hätte sich die Feindseligkeit Chinas gegenüber Taiwan weiter verstärkt und womöglich in naher Zukunft eine andere Krise in der Formosastraße ausgelöst.

    Anders als die meisten Kommentatoren meinen, ist der Grund dafür nicht, dass Xi während seiner Amtszeit Taiwan unbedingt in die Volksrepublik eingliedern will. Obwohl die Wiedervereinigung tatsächlich sein langfristiges Ziel ist – und sein Lebenswerk und die Arbeit der Kommunistischen Partei Chinas krönen würde – wäre jeder Versuch, dieses Ziel mit Gewalt zu erreichen, enorm kostspielig. Und er wäre sogar mit einem existenziellen Risiko für das Regime verbunden, weil die Partei eine gescheiterte Militäraktion womöglich nicht überleben würde.

    China ist noch nicht so weit, einen Angriff wagen zu können

    Eine chinesische Invasion Taiwans hätte erst dann gute Erfolgschancen, wenn China seine Wirtschaft von den Folgen westlicher Sanktionen isoliert und ausreichend militärische Kapazitäten aufgebaut hat, die Amerika zuverlässig von einer eigenen Militärbeteiligung abhalten. Jeder dieser Prozesse würde mindestens zehn Jahre dauern.

    Die wichtigsten Gründe für Chinas Säbelrasseln in jüngster Zeit sind viel direkter. Die chinesische Regierung signalisiert der Führung Taiwans und deren Unterstützern im Westen, dass sich deren Beziehungen zueinander und zu China in eine inakzeptable Richtung bewegen. Sie sollen verstehen, dass China keine andere Wahl hat, als den Konflikt zu eskalieren, wenn sie ihren Kurs nicht ändern.

    Bis vor gar nicht so langer Zeit fand die chinesische Führung die Situation in der Formosastraße problematisch, aber erträglich. Solange Taiwan von der traditionell chinafreundlichen Partei Kuomintang (KMT) regiert wurde, konnte sich China eine langfristige Strategie leisten und versuchen, Taiwan durch wirtschaftliche und diplomatische Integration sowie militärischen Druck schrittweise zur friedlichen Wiedervereinigung zu drängen.

    Im Januar 2016 kam jedoch die für die Unabhängigkeit von China eintretende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) wieder an die Macht und brachte Chinas Pläne ins Wanken. Die KMT vertritt die Position, Taiwan und China würden den Konsens von 1992 – die Übereinkunft, die vor 30 Jahren zwischen der Partei und Vertretern der Volksrepublik erzielt wurde und das Konzept des “einen China” bestätigt – nur unterschiedlich auslegen, wogegen die DDP diesen Konsens insgesamt ablehnt.

    DPP lässt “Wiedervereinigung” in die Ferne rücken

    Es lässt sich schwer sagen, ab welchem Punkt der neue Status quo für China unerträglich wurde. Ein wichtiger Wendepunkt war vermutlich der Januar 2020, als die Präsidentin Taiwans Tsai Ing-wen von der DPP mühelos wiedergewählt wurde und ihre Partei der KMT bei den Parlamentswahlen eine vernichtende Niederlage beibrachte. Je stärker sich die politische Dominanz der DPP verfestigt, umso weiter rückt der chinesische Traum von einer friedlichen Wiedervereinigung in die Ferne.

    Und die schrittweisen Verschiebungen in der amerikanischen Taiwan-Politik machten die Sache auch nicht besser. In Donald Trumps Amtszeit erlaubten die USA wieder Kontakte zwischen US-Offiziellen und ihren taiwanischen Amtskollegen, es gab subtile Veränderungen in der Formulierung der amerikanischen “Ein-China”-Politik, bei der die Verpflichtungen der USA gegenüber Taiwan stärker betont wurden, und das Land verlegte hochmoderne Waffensysteme auf die Insel. Und auch in Bidens Regierungszeit setzten sich diese Provokationen fort. Vergangenes Jahr führten die US-Marines ganz offen eine Ausbildungsmission für taiwanische Soldaten durch. Und im Mai kündigte Biden an, die USA würden bei einem chinesischen Angriff auf Taiwan militärisch eingreifen (auch wenn das Weiße Haus diese Aussage schnell relativierte).

    Der Krieg in der Ukraine hat bei den westlichen Staats- und Regierungschefs nun anscheinend das Gefühl geweckt, Taiwan sei in ernster und akuter Gefahr. Sie scheinen zu glauben, nur eine massive und lautstarke Unterstützung, zu der auch hochrangige Besuche und Militär-Hilfen gehören, könnte einen chinesischen Angriff noch verhindern. Dabei erkennen sie nicht, dass ihre Unterstützung Taiwans aus chinesischer Sicht vor allem wie der Versuch aussieht, China zu demütigen. Deshalb ist sie eher Provokation als Abschreckung.

    Xi muss reagieren, damit er nicht schwach erscheint

    China befürchtet, dass ihm die Situation aus der Hand gleitet, wenn die Führung der DPP und ihre Verbündeten im Westen nicht für ihre Affronts büßen müssen. Das würde nicht nur Xis Chancen schmälern, sein langfristiges Ziel – die Wiedervereinigung – zu erreichen, sondern könnte ihn auch schwach erscheinen lassen und dadurch seine Position innerhalb und außerhalb Chinas untergraben.

    China plant vermutlich keinen schnellen und vorsätzlichen Angriff auf Taiwan. Aber womöglich wird es die USA in der Formosastraße zu einer fatalen Mutprobe herausfordern. Form und Zeitpunkt einer solchen Konfrontation lassen sich nicht exakt vorhersagen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass sie extrem gefährlich wäre, weil China glaubt, dass nur beim Spiel mit dem Feuer alle Spieler mit voller Konzentration dabei sind.

    Wie die Kubakrise im Jahr 1962 könnte auch eine neue Formosa-Krise am Ende den Status quo stabilisieren – wenn auch nach ein paar nervenaufreibenden Tagen. Womöglich ist genau das Chinas Plan. Ein solches Gambit könnte aber auch fürchterlich schiefgehen. Wir sollten nicht vergessen, dass im Jahr 1962 nur mit viel Glück ein Atomkrieg verhindert wurde.

    Minxin Pei ist Professor für Governance am Claremont McKenna College und Senior Fellow des German Marshall Fund of the United States. Der Text wurde vor Abschluss des aktuellen Militärmanövers geschrieben.

    Copyright: Project Syndicate, 2022.
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    Personalien

    Hannes Ruoff wird ab 1. Oktober CEO von Porsche Asia Pacific in Singapur. Ruoff war zuvor Bereichsleiter Asien-Pazifik, Australien und Schwellenländer-Märkte.

    Ma Chuan wird ab dem 1. September neuer Präsident der China-Tochter des Autozulieferers Faurecia. Er ist der erste Chinese in dieser Rolle. Ma arbeitet seit 2009 für das Unternehmen. Er folgt auf Francois Tardif, der künftig von Japan aus Faurecia Asia leiten soll.

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