die Finanzwelt pflegt einige lustige Spitznamen für ihre Produkte. Dim Sum sind daher nicht nur leckere Spezialitäten aus Guangdong. Sondern auch eine besondere Art von Anleihen. Kreditnehmer aus Südchina können sich damit am internationalen Finanzmarkt mit Geld versorgen. Jetzt hat die Stadt Shenzhen eine solche Anleihe an Investoren im Ausland ausgeben – und damit Neuland betreten. Denn bisher durften sich Gemeinden kein Geld außerhalb der Landesgrenzen leihen.
Frank Sieren analysiert, warum diese Anleihe ein historischer Einschnitt für die Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts ist. Die Durchlässigkeit wird künftig in beide Richtungen zunehmen. Der Yuan wird so doch noch zur Weltwährung.
In unserer zweiten Analyse geht es heute ebenfalls um internationale Geldflüsse. Doch die Flussrichtung des Kapitals geht in eine ganz andere Richtung. Es geht um Chinas Ausgaben für Entwicklungshilfe. Forscher haben durchleuchtet, von welchen Akteuren in China sie kommen, wo sie hingehen und an welche Bedingungen sie geknüpft sind. Peking lässt immerhin Hilfskredite im Wert von 85 Milliarden Dollar pro Jahr vergeben.
Eine Veranstaltung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) kommt nun zu dem Schluss: Die Darlehen an einkommensschwache Länder werden oft zu marktüblichen Konditionen vergeben. Doch die chinesische Bürokratie dahinter erinnert an das Byzantinische Reich.
Noch ein Service-Hinweis: Am Wochenende ist Zeitumstellung. Bitte denken Sie daran, wenn Sie am Montag Ihre chinesischen Kontakte anfunken: Die Differenz ist dann sieben statt sechs Stunden.

Die Lokalregierung der südchinesischen Tech-Metropole Shenzhen und die Provinzregierung der südlichen Provinz Guangdong haben diesen Monat erstmals Yuan-Offshore-Anleihen in den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao ausgegeben:
Die Laufzeiten betragen zwei, drei und fünf Jahre. Bei den Bonds mit Laufzeiten von drei und fünf Jahren handelt es sich um sogenannte Green Bonds, deren Erlös zur Finanzierung von Umweltschutzprojekten verwendet werden soll.
Es ist das erste Mal, dass eine Stadt beziehungsweise eine Provinzregierung vom Festland die Erlaubnis erhält, solche Offshore-Anleihen zu emittieren. Peking gab Ende September grünes Licht für den “Southbound Link” nach Hongkong. Die nördliche Route des Programms, die es internationalen Anlegern ermöglicht, auf dem Anleihenmarkt des chinesischen Festlandes zu handeln, wurde 2017 eingeführt. Damals war es Städten aber noch nicht erlaubt, auf solche Instrumente zurückzugreifen.
China hat schon lange vor, seine Finanzmärkte zu öffnen. Die Führung zögerte damit zugleich jedoch immer wieder. Eine Verflechtung mit den internationalen Kapitalmärkten schafft Unsicherheiten, die nicht bestehen, wenn die Kreditvergabe eine rein innere Angelegenheit ist. Staatsbanken lassen sich notfalls anweisen, bei der Rückzahlung Gnade walten zu lassen. Zudem sind die Wirbelstürme globaler Krisen bisher immer an China vorbeigezogen, weil es eben keine enge Verflechtung mit dem Rest der Welt gab. Großanleger neigen dazu, ihre Mittel bei einem Wetterwechsel wieder abzuziehen. Das schafft Instabilität – und die hassen Chinas Wirtschaftsplaner.
Dennoch war das Interesse auf beiden Seiten riesig. Investoren weltweit wollen am Aufstieg Chinas teilhaben und stehen bereit, Geld ins Land zu pumpen. Da es weltweit für sichere Anlagen kaum noch Zinsen gibt, wäre auch eine Teilhabe am chinesischen Anleihemarkt hochattraktiv. China mit seiner großen Wirtschaftskraft und dem hohen Maß an staatlicher Absicherung könnte sich wie Deutschland oder Japan als sicherer Hafen für festverzinsliche Geldanlagen positionieren.
Chinas Zurückhaltung bei der Gemeindefinanzierung auf dem internationalen Parkett hat auch historische Gründe, die mehr als fast ein Vierteljahrhundert zurückliegen. Damals hatten sich die bankähnlichen Institutionen der Städte und Regionen international verschuldet. Peking wusste davon, hatte das Vorgehen aber offiziell nicht genehmigt.
Doch als die Asienkrise 1997 begann, wollten die internationalen Investoren ihr Geld zurück. Schuldner waren Institutionen wie der Guangdong International Trust and Investment Corporation (GITIC), damals Chinas zweitgrößtes Investmenthaus. Der Zentralstaat musste plötzlich und hart durchgreifen.
In zähen Verhandlungen, die vom späteren Anti-Korruptionschef Wang Qishan geleitet wurden, bekamen die westlichen Banken nur einen Bruchteil ihrer Einlagen zurück und GITIC wurde geschlossen. So konnte Peking verhindern, dass die Asienkrise auch China in die Knie zwang. Der chinesische Yuan musste nicht dramatisch abgewertet werden. China konnte umgekehrt als Retter anderer Länder auftreten. Peking hat über den IWF sogar Thailand mit einer Milliarde US-Dollar unter die Arme gegriffen, woran sich das Land bis heute dankbar erinnert.
Doch seitdem war es für Kommunen und Regionen verboten, sich eigenständig auf dem internationalen Kapitalmarkt zu verschulden. Inzwischen ist Chinas Finanzsystem so stabil, dass man es sich wieder traut.
Die Anleger griffen wie erwartet mit Begeisterung zu. Laut Angaben der Provinzregierung in Guangdong wurden die Bonds in Hongkong von in- und ausländischen Investoren um das 2,5-fache überzeichnet, die aus Macao sogar um das Dreifache. Die auch als “Dim Sum Bonds” bezeichneten Anleihen seien von 89 Investoren aus acht Ländern und Regionen, darunter Europa und dem Nahen Osten, gezeichnet worden, darunter Versicherer und Vermögensverwalter.
Für Peking sind die Schuldverschreibungen eine Möglichkeit, den chinesischen Finanzmarkt graduell zu öffnen. Die Regierung will vor allem den Yuan zu internationalisieren. Außerdem will sie die sogenannte Greater Bay Area (GBA), ein 1,65 Billionen US-Dollar schweres Wirtschaftscluster bestehend aus neun Städten und zwei Sonderverwaltungsregionen in Südchina, als globalen Drehkreuz zwischen internationalen Devisenmärkten und dem Yuan etablieren. Shenzhen ist die reichste der neun Städte in der Provinz Guangdong, hier sitzen viele wichtige Start-ups und Technik-Giganten wie Tencent und Huawei.
Anfang September bereits startete Peking denn auch ein grenzübergreifendes Wealth Management Connect-Programm, (WMC), das es Hongkongern ermöglichen soll, in der Greater Bay Area zu investieren. Zugleich soll es Festlandbewohnern in der GBA die Möglichkeit bieten soll, in bestimmte Anlagen und Finanzprodukte zu investieren, die von Banken in Hongkong und Macao über den “Southbound Link” verkauft werden. Dazu zählen vor allem Anlagen mit geringem und mittlerem Risiko. Das sind Fonds und Anleihen, die von der Hongkonger Wertpapieraufsichtsbehörde dafür genehmigt wurden. Im Rahmen bestimmter Bank-Partnerschaften können Anleger ein Offshore-Anlagekonto eröffnen und Kapital aus der Ferne überweisen.
Hier zeigt sich, dass die Finanzmarktöffnung in beide Richtungen gehen soll. Mit der Anleiheausgabe von Shenzhen bietet China internationalen Investoren einen Zugang zu Kreditnehmern aus China. Doch auch chinesische Anleger sollen mehr Gelegenheit haben, ihr Geld außerhalb der Landesgrenzen anzulegen.
Zielgruppe des Testprogramms in der Greater Bay Area sind daher Mittelstandkunden, die ihr Anlageportfolio diversifizieren wollen. Bislang hatten die Chinesen aufgrund von Chinas strengen Kapitalkontrollen wenig Möglichkeiten, ihre Vermögenswerte zu streuen. Deshalb haben Immobilien mit einem Anteil von 70 Prozent ein gefährlich hohes Gewicht in den Haushaltsvermögen der Chinesen. In den USA sind es nur 30 Prozent. Peking ist dennoch vorsichtig.
Die Obergrenze für die Investition einer Person wird nun auf eine Million Yuan eingeschränkt, umgerechnet sind das gut 130.000 Euro. Insgesamt dürfen nicht mehr als 150 Milliarden Yuan (gut 20 Milliarden Euro) in jeweils eine Richtung fließen. Anleger vom Festland müssen zudem über mindestens zwei Jahre Anlageerfahrung und ein privates Nettofinanzvermögen von mindestens einer Million Yuan verfügen.
Um das Risiko von Kapitalabflüssen zu verringern, werden die Gelder in einem “geschlossenen Kreislauf” durch eine Bündelung von Überweisungskonto und Anlagekonto abgewickelt. Transaktionen, sowohl in Richtung Norden als auch in Richtung Süden, laufen über das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS), Chinas grenzüberschreitendes Clearing- und Abwicklungssystem für auf Yuan lautende Transaktionen.
Für Hongkonger Investoren erweitert das Programm Cross-boundary Wealth Management Connect Scheme (WMC) nach der Pandemie den Zugang zu Vermögenswerten in aufstrebenden Industrien auf dem Festland, etwa dem Online-Handel oder dem Gesundheitswesen. “WMC wird der Entwicklung der Finanzindustrie in Hongkong und Macau neue Vitalität verleihen und die Entwicklung Hongkongs als internationales Finanzzentrum fördern”, sagt Pan Gongsheng, stellvertretender Gouverneur der chinesischen Zentralbank.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam erklärte: “Dies wird Hongkongs Rolle als internationales Finanzzentrum und als Offshore-Yuan-Handelszentrum stärken.” Damit verstärkt sich ein Trend in Hongkong, der auch auf dem chinesischen Festland zu beobachten ist: Während der politische Spielraum der Zivilgesellschaft immer enger wird, öffnet sich das Finanzsystem immer weiter.
China ist selbst offiziell noch ein Schwellenland – zugleich aber der weltweit größte Geldgeber im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit. Vor allem im Kontext “Neue Seidenstraße” leiht das Land enorme Summen. Die Details der Geldflüsse sind jedoch erschreckend wenig transparent. “Sogar staatliche chinesische Akteure haben meist keinen Überblick”, sagt Entwicklungsökonom Brad Parks von AidData, einer Forschungsgruppe, die Datenrecherchen zur Entwicklungshilfe vornimmt. Parks hat am Donnerstag aktuelle Forschungsergebnisse seiner Gruppe auf einer Veranstaltung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) vorgestellt.
Es gibt weder in China noch auf internationaler Ebene eine übersichtliche Datenbank, welche chinesischen Geschäfts- und Förderbanken welche Projekte in anderen Ländern finanzieren. Parks sieht in dem Mangel an Daten ein erhebliches Problem. Die Politik könne in Hinblick auf Chinas Entwicklungsinitiativen nur aufgrund von Fakten die richtigen Entscheidungen fällen. Auch die Öffentlichkeit und Medien können Chinas Aktivitäten nur einordnen, wenn ihr Umfang und die Ausgestaltung bekannt seien. AidData will hier Abhilfe schaffen.
Das Projekt ist am College of William & Mary angesiedelt, einer Universität in den USA. Es sammelt akribisch alle öffentlich verfügbaren Informationen zu Krediten, die China an Empfängerländer vergibt. Zu den Datenquellen gehören Verlautbarungen von Zentralregierungen, Gebietskörperschaften, Projekten oder den Banken selbst. Daraus setzt AidData mit den Mitteln moderner Datenanalyse ein Gesamtbild zusammen.
Die Forscher haben bereits mehr als 13.000 Projekte erfasst, für die China 843 Milliarden Dollar bereitgestellt hat. In einem durchschnittlichen Jahr überweist China demnach rund 85 Milliarden Dollar an Entwicklungsfinanzierung. AidData hat damit erstmals eine halbwegs verlässliche Zahl zum tatsächlichen Umfang der Seidenstraßeninitiative zutage gefördert. Es gibt dazu keine offiziellen Veröffentlichungen der Volksrepublik.
Die Analyse der Projekte bringt noch weitere wertvolle Erkenntnisse. “Nicht nur die Höhe der Hilfe spielt eine Rolle, auch deren Färbung”, sagt Parks. Fast die gesamte Summe wird in Form von Krediten vergeben, nicht als Geschenk. Es fällt auf, dass diese Darlehen nicht – wie zu erwarten wäre – zu herausragend günstigen Konditionen vergeben werden. Der durchschnittliche Zinssatz liegt bei 4,2 Prozent. Hilfskredite von Deutschland, Frankreich und Japan kommen auf 1,1 Prozent. Chinas Hilfsdarlehen erfolgen also eher zu marktüblichen Konditionen von normalen Banken. Die Empfänger müssen zudem Sicherheiten stellen.
Warum nehmen die betreffenden Länder zu diesen Bedingungen überhaupt die Kredite an? Oft handelt es sich um Schuldner mit höheren Ausfallrisiken, die sich eben nicht so leicht mit Geld versorgen können. Zudem kommen die Kredite im Bündel mit chinesischer Expertise für Projekte.
China selbst profitiert laut Parks gleich mehrfach von der Strategie, sich mit hohen Summen zu engagieren. Es handelt sich dabei um eine Anwendung für die hohen Dollar-Vorräte, die auf den Handelsüberschuss zurückgehen. Außerdem löst die Entwicklung von neuen Überseemärkten das Problem mit Überkapazitäten und Überproduktion.
Chinas Regierungsstellen machen sich ihrerseits mehr und mehr Sorgen um die Qualität der vergebenen Kredite (China.Table berichtete). Besonders im Finanzministerium gilt der Frage von versteckten Schulden große Aufmerksamkeit. Dort gebe es Bestrebungen, das System zu reformieren. Doch auch die Beamten auf der ausführenden Ebene leiden am Mangel an aufbereiteten Daten. “Deren internes Statistiksystem ist oft nicht ausgefeilt genug, um Chinas Beamte selbst mit den Daten zu versorgen, die sie brauchen”, hat Parks beobachtet. Zuweilen fragen sie AidData um Hilfe – ohne jedoch bereit zu sein, die Zahlen des eigenen Hauses mit den Amerikanern zu teilen.
Auf der IfW-Veranstaltung hat die Sinologin Marina Rudyak von der Uni Heidelberg einen Einblick in die Gründe für die Intransparenz gegeben. Im Pekinger Regierungsapparat mischen Dutzende von Akteuren an den Seidenstraßenkrediten mit. Dazu gehören Ministerium, Behörden, Kommissionen – und nicht zuletzt Parteigremien, die letztlich den meisten Einfluss haben.
So ist unter dem Handelsministerium Mofcom die China International Development Cooperation Agency (CIDCA) als Behörde angesiedelt, die die Aktivitäten koordinieren soll. Die CIDCA sollte zudem für mehr Professionalität sorgen. Sie konkurriert jedoch mit dem Außenministerium und dem Finanzministerium um Kontrolle über die Geldmittel. Und am Ende haben Parteigremien für internationale Zusammenarbeit das letzte Wort.
Die konkrete Vergabe erfolgt dann über zwei verschiedene Förderbanken und mehrere staatliche Geschäftsbanken. Das alles führe zu komplexen Prozessen zwischen den verschiedenen Stellen, so Rudyak. Auch hier hat niemand so recht einen Überblick, wer was an wen verliehen hat. Spiegelbildlich listen viele Empfängerländer die Geber auch einfach als “China” auf, ohne zwischen den verschiedenen Kanälen zu unterscheiden.
Die Intransparenz führt Parks und Rudyak zufolge zu zahlreichen Fehleinschätzungen in Bezug auf Chinas Hilfsprogramme. Oft handele es sich auch nicht um Entwicklungshilfe nach internationaler Definition, sondern eher um Projektkredite zu Markt-ähnlichen Bedingungen. Manchmal stehen auch schlicht Geschäftsinteressen im Vordergrund.
Die Forscher wünschen sich von China hier künftig besseren Zugang zu Informationen und die Schaffung einer einheitlichen Datenbank. Das nütze allen Seiten. China habe besseren Überblick über seine Zahlungen, und der Rest der Welt könne seine Initiativen objektiver beurteilen.
China.Table ist Medienpartner der IfW-Veranstaltungsreihe Global China Conversations. Das nächste der Fachgespräche findet am 25. November statt. Thema ist “Innovation Made in China” – Wie wirksam ist Pekings Innovationspolitik?
Aggressive “Wolfskrieger”-Diplomaten wettern auf Twitter. Videos über Xinjiang lassen dort eitel Sonnenschein vermuten. Vermeintliche Privatpersonen erheben vehement Gegenrede bei allem, was auch nur ansatzweise China-kritisch ist. Desinformationskampagnen und Falschinformationen der Volksrepublik in westlichen sozialen Medien haben verschiedene Gesichter. Richtig erfolgreich ist Peking mit seinem Engagement nach Ansicht von Experten damit bisher allerdings nicht.
Bei einem Webinar des German Marshall Fund zu chinesischen Desinformationskampagnen in ost- und mitteleuropäischen Staaten gaben Nato-Kommunikations-Direktor Jānis Sārts, der Leiter des litauischen Cyber-Sicherheitszentrums, Rytis Rainys, und die polnische China-Analystin Alicja Bachulska Einblicke in ihre Beobachtungen.
Es gebe auf chinesischer Seite offenbar zu wenig Kenntnis über die Zielgruppe, die angesprochen werden soll, erklärte Sārts. Denn bisher seien Aktionen aus der Volksrepublik in westlichen sozialen Medien eher kontraproduktiv gewesen. Die geteilten Inhalte kommen laut Sārts primär von offiziellen staatlichen Konten und laden geradezu zu einer “starken Gegenreaktion” ein. Die erhofften positive Reaktionen auf solche Inhalte gab es also weniger. Zudem werde die vorhandene Cyber-Infrastruktur nicht sonderlich raffiniert genutzt, sagte Sārts. Die Urheber seien einfacher nachzuverfolgen als es bei Kampagnen aus Russland der Fall sei. Chinas vor allem technologische Fähigkeiten würden die Russlands derzeit jedoch toppen.
Der Nato-Kommunikationsexperte verzeichnet generell einen starken Anstieg der Desinformationskampagnen aus China, vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie. So sieht es auch Analystin Bachulska, die einen Blick auf polnische Netzwerke wirft. Dort sei jedoch auch schon vor der Pandemie versucht worden, das Image der Volksrepublik in den sozialen Medien zu verbessern.
Die Umsetzung ist Bachulska zufolge jedoch oft mangelhaft: In schlechtem Polnisch oder Englisch werde von vermeintlichen Nutzern die offizielle Linie Pekings verbreitet. Die schlechten Sprachkenntnisse legten nahe, dass hier zumeist Bots am Werk seien, erklärte Bachulska. Der öffentlichen Meinung zu China habe das keinen Gefallen getan. Sie habe sich eher verschlechtert.
Sorge bereitet Sārts und Bachulska der aggressive Ton in den Reaktionen auf China-kritische Inhalte in westlichen Medien. “Es wird gesagt: ‘So kannst du nicht über China sprechen’”, erklärte Nato-Kommunikationsexperte Sārts. Solche öffentlichen Interventionen könnten Einfluss auf Werte und Freiheiten in Debatten in Europa haben. Auch eine künftig zunehmende Abhängigkeit von chinesischer Technologie bereitet den Expertinnen und Experten Sorge.
Ein solches Beispiel wurde zuletzt in Litauen präsentiert: Dort hatte das staatliche Zentrum für Cybersicherheit eingebaute Zensurfunktionen in chinesischen Mobiltelefonen von Xiaomi und Huawei gefunden (China.Table berichtete). Für die Untersuchung seien mehr als drei Monate lang die Telefone durchleuchtet worden, erklärte nun der Leiter des Zentrums das Vorgehen. Beim Download von Anwendungen aus App-Stores seien Listen mit blockierten Begriffen auf die Telefone gelangt. Diese Liste sei für die Smartphones EU-weit zwar inaktiv, dennoch aber auf dem Telefon gewesen, so Rainys.
Mittlerweile sei auf die Vorwürfe gegen Xiaomi und Huawei reagiert worden, sagte Rainys. Für den EU-Raum befänden sich keine Begriffe mehr auf den Listen. Dies sei ein gutes Beispiel dafür, dass auch das Verhalten der chinesischen Tech-Riesen beeinflusst werden kann. Seine Behörde werde weiterhin Untersuchungen von chinesischen Smartphones durchführen, so Rainys. Er rechnet mit einer Zunahme von Cyberattacken in Litauen, auch im Zusammenhang mit dem Disput über die taiwanische Handelsvertretung in Vilnius (China.Table berichtete).
Das Fazit der drei Fachleute: Die Europäische Union muss sich unabhängiger von chinesischer Technologie machen und ihr Können im Tech-Bereich ausbauen. Um laufenden Desinformationskampagnen aus China zu begegnen, brauche es außerdem vermehrt Aufklärung für Bürgerinnen und Bürger.
01.11.2021, 09:00 Uhr (16:00 Beijing Time)
Webinar/ Dezan Shira: China’s Personal Information Protection Law: What to Know and How to Prepare Mehr
01.11.2021, 15:00-17:00 Uhr (22:00-00:00 Uhr Beijing Time)
Vortrag/ IHK Hanau: How to do business with and in China Mehr
01.11.2021, 17:00-18:30 Uhr (00:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ Harvard Fairbank Center: Panel Discussion: Overcoming Challenges in the Research Environment in China Mehr
01.11.2021, 18:00-19:30 Uhr (01:00-02:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ SOAS China Institute: Biden’s China Policy: Old Wine in New Bottles? Mehr
02.11.2021, 15:00-16:00 Uhr (22:00-23:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ CSIS: Looking Ahead: The Quad’s Strategic Approach to China, Taiwan, and the Indo-Pacific Mehr
02.11.2021, 21:00 Uhr (04:00 Uhr Beijing Time)
Talk/ Harvard Fairbank Center: The Ideograph and a Cantonese Pun Mehr
04.11.2021, 11:00 Uhr (18:00 Uhr Beijing Time)
Talk/ Asia Society Hongkong: Dialogue with Uli Sigg: The Journey of a Businessman, Diplomat and Art Collector Mehr
04.11.2021, 11:00 AM AWST / 5:00 Uhr (MEZ)
Webinar/ Dezan Shira: Navigating HR / Staffing issues in China in a world of closed borders Mehr
04.11.2021, 19:00-20:30 Uhr
Hybrid-Vortrag/ KI Nürnberg-Erlangen: Landwirtschaft und Wissenschaften im vormodernen China: Säen, pflügen, rechnen Mehr
Drei Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow hat China als dreizehntes von gut 190 Ländern seine nachgeschärften Klimaziele bei den Vereinten Nationen eingereicht, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDC). Chinas NDCs bestehen aus den bereits bekannt gegebenen 30/60-Zielen: Höhepunkt der Treibhausgas-Emissionen vor 2030, Klimaneutralität ab 2060. Der von manchen erhoffte große Wurf Chinas vor dem Gipfel blieb also aus.
Nachgeschärft im Sinne des Pariser Klimaabkommens sind diese Ziele dennoch, denn sie gehen über jene Zielmarken hinaus, zu denen China sich bei der Unterschrift unter das Abkommen in 2015 verpflichtet hatte. Damals hatte das Land sich nur auf einen Höhepunkt “um 2030” verpflichten lassen sowie auf einen Emissionsrückgang relativ zur Wirtschaftsleistung.
Der Emissions-Höhepunkt ist nun aber bestenfalls um eine Nuance vorgezogen worden, von “um 2030” auf “vor 2030”. Das lässt China einen großen Spielraum. Zu Klimaneutralität hatte China 2015 allerdings kein Wort verloren; das 2020 abgegebene Bekenntnis zu “net zero” ist daher der größte Fortschritt. Das Ziel zur relativen Reduktion der Emissionen ist mehr oder weniger unverändert geblieben: Aus 60-65 Prozent sind inzwischen 65 Prozent geworden. Der Anteil erneuerbarer Energien soll bis 2030 auf 25 Prozent statt 20 Prozent steigen. Und das Volumen chinesischer Wälder soll um sechs Milliarden Kubikmeter statt 4,5 Milliarden Kubikmeter gegenüber 2005 zunehmen.
Erst vor wenigen Tagen hatte China in einem sogenannten “1+N-Rahmenplan” einige Details und Zwischenschritte für diese Ziele veröffentlicht (China.Table berichtete). Die “1” steht für den Klimaplan, das “N” für eine bestimmte Anzahl an Aktionsplänen. Einer der N-Pläne liegt bereits vor, weitere sollen folgen. China steckt mitten in einer schweren Energiekrise und betonte zuletzt allerdings auch wieder stärker das Thema Energiesicherheit.
Die Enttäuschung ist nun groß. Dass China nur Altbekanntes vorlege, erhärte die Erwartung, dass sich die Nationen beim COP26 nicht auf schnellere Aktionen zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels werden einigen können, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg. Und das, obwohl es zuletzt mehrere beunruhigende Berichte verschiedener Forschergruppen gab. “Der Planet kann es sich nicht leisten, dass dies das letzte Wort ist”, twitterte der Energieexperte Li Shuo von Greenpeace East Asia. China habe eine Gelegenheit verstreichen lassen, Ambition zu demonstrieren. Peking müsse bessere Umsetzungspläne vorlegen, um einen Emissions-Höhepunkt schon vor 2025 zu gewährleisten.” Li Shuo geht allerdings auch mit den westlichen Staaten ins Gericht: Chinas Mangel an Entschlossenheit verkörpere letztlich den Mangel an Entschlossenheit, mit dem alle entwickelten Staaten ans Werk gingen.
Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua ist mit seiner Delegation bereits in London zu Vorgesprächen mit den wichtigsten Klimapartnern eingetroffen. Am Mittwoch sprach er unter anderem mit EU-Umweltkommissar Frans Timmermans. Details zu dem Treffen gab es zunächst nicht, Timmermans twitterte aber lediglich ein Foto der Begegnung. ck
Ausländische Arbeitskräfte in China können möglicherweise bald ihre Familien nachholen – zumindest nach Peking. Lokale Regierungsbehörden der Hauptstadt erlauben wieder die Bewerbung für und Ausstellung von sogenannten PU-Letters, also Einladungsbriefen für Angehörige. Das teilte die US-Handelskammer in China mit. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür bisher allerdings nicht. Noch ist auch unklar, ob die Möglichkeit für Angehörige aller Nationalitäten besteht.
Internationale Mitarbeiter von Firmen könnten also wahrscheinlich demnächst auch wieder mit ihren Familien nach Peking umziehen. Wer schon ohne seine Familie in der Stadt ist, hat nun offenbar eine Chance, diese nachzuholen. Aufgrund der strengen Einreiseregeln seit Beginn der Corona-Pandemie war die Einreise für Angehörige ausländischer Arbeitnehmer in China mehr als ein Jahr fast unmöglich. Details zu der neuen Regelung sind bisher nicht bekannt. ari/fin
Der Konflikt zwischen den USA und China über Taiwan spitzt sich zu: Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bestätigte nun, dass eine kleine Zahl von US-Soldaten auf der Insel präsent ist, und die taiwanesischen Sicherheitskräften eine militärische Ausbildung erhalten. Es gebe Kooperationen mit den USA mit dem Ziel, “unsere Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen”, sagte Tsai dem US-Fernsehsender CNN. Auf die Frage, wie viele US-Soldaten in Taiwan im Einsatz seien, sagte sie nur, es seien “nicht so viele, wie man dachte”. Taiwanesische und internationale Medien berichteten bereits über gemeinsame Übungen. Die offizielle Bestätigung durch Tsai könnte das Verhältnis zu Peking nun aber weiter verschlechtern.
Pekings Außenministerium reagierte prompt auf die Aussagen Tsais: “Wir lehnen jede Form von offiziellem Austausch und militärischen Kontakten zwischen den USA und Taiwan entschieden ab”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, einem AFP-Bericht zufolge. China lehne “die Einmischung der USA in Chinas innere Angelegenheiten und Versuche, Ärger zu provozieren und zu schüren” ab. Er warnte, die USA sollten die “starke Entschlossenheit des chinesischen Volkes, die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen” nicht unterschätzen.
Wang verurteilte zudem die Entscheidung Washingtons, einer Tochter des chinesischen Telekommunikationsanbieters China Telecom die Lizenz zu entziehen (China.Table berichtete). Das Vorgehen sei eine “böswillige Unterdrückung eines chinesischen Unternehmens” und werde die US-China-Beziehungen schädigen.
Während sich das Säbelrasseln zwischen Washington und Peking verstärkt, tourt Taiwans Außenminister durch Europa. Joseph Wu wurde zum Ende der Woche von Taiwan-nahen Organisationen nach Italien eingeladen. Dort beginnt am Samstag der G20-Gipfel. Ob Wu wirklich anreist, war noch offen. Einem Medienbericht zufolge sollte Wu auch Brüssel besuchen, eine offizielle Bestätigung für die Reise gab es auch hier zunächst nicht. Auch nähere Details dazu, wen Wu in Brüssel treffen könnte, blieben unklar. ari
Der chinesische Staatsrat gewährt kleinen und mittleren Unternehmen einen dreimonatigen Steueraufschub. Die Maßnahme wird ab November gültig und soll möglichen Liquiditätsengpässen der Firmen vorbeugen. Durch steigende Rohstoff- und Produktionskosten sind viele Betriebe unter Druck geraten. Die Stundung gilt unter anderem für die Mehrwertsteuer und die Körperschaftssteuer.
Der Aufschub ist in zwei Klassen gestaffelt. Firmen mit einem Jahresumsatz bis zu 400 Millionen Yuan (54 Millionen Euro) müssen in diesem Zeitraum nur 50 Prozent der steuerlichen Forderungen abtreten. Kleine Unternehmen, die nicht mehr als 20 Millionen Yuan (2,7 Millionen Euro) Umsatz im Jahr generieren, erhalten sogar einen Aufschub in Höhe von 100 Prozent. Darüber hinaus gewährt die Regierung Kohlekraftwerken und Anbietern von Heizenergie einen Aufschub ihrer Steuerschuld in Höhe von insgesamt 200 Milliarden Yuan.
Die Erleichterung für die Firmen soll keine Einmalmaßnahme sein. “Angesichts der ernsten und komplexen nationalen und internationalen Situation müssen wir umgehend die nächste groß angelegte Steuersenkungspolitik für Marktunternehmen prüfen”, zitiert die Nachrichtenagentur Xinhua eine Erklärung des Staatsrats, der unter der Leitung von Premierminister Li Keqiang zusammengekommen war. grz

Auch in China können die Mühlen der Bürokratie ähnlich wie in Deutschland bisweilen langsam mahlen. Klaus Zenkel ist seit April dieses Jahres Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Südchina und vertritt die Interessen der Mitglieder in der Region. Besonders die Energieknappheit hat den europäischen Unternehmen in China in den vergangenen Monaten zugesetzt. “Es ist extrem, dass die Firmen teilweise in den vergangenen zwei Wochen nur drei Tage in Betrieb sein konnten”, erklärt Zenkel.
Der 63-Jährige ist als Geschäftsführer des chinesischen Ablegers der Imedco Technology schon lange Mitglied der Kammer. Das Schweizer Unternehmen stellt Abschirmungen für Medizintechnik her. Zum Einsatz kommen die Produkte zum Beispiel bei Kernspintomografen in Krankenhäusern. Für einen Produzenten wie Imedco sind die erzwungenen Blackouts durch die Stromknappheit ärgerlich, aber verschmerzbar. Ganz anders sei das für Unternehmen, die mit sensiblen Stoffen arbeiteten. Dort könnten im schlimmsten Fall giftige Gase austreten.
Die Hintergründe für die Energiekrise sind vielfältig. Dürren schwächen die Wasserkraft, der Kohleausstieg erhöht die Preise. Stromausfälle kennt Zenkel schon aus der Anfangszeit von Imedco in China. “Damals hatten wir uns einen Dieselgenerator angeschafft”, sagt Zenkel. Mit dem rasanten chinesischen Aufschwung wurde das Netz stabil und Imedco schaffte den Generator ab. “Dass es jetzt wieder Engpässe gibt, erstaunt uns schon ein wenig”, meint Zenkel. Aus europäischer Sicht wirkt die Holzhammermethode mit Energierationalisierung befremdlich. “Wenn man aber lange in China lebt, wundert man sich nicht mehr über den Pragmatismus. Da wird eben der Strom abgestellt”, sagt Zenkel. Darunter leiden ausländische Firmen wie chinesische gleichermaßen.
Dabei kennt der gebürtige Mittelfranke auch die positive Seite des chinesischen Pragmatismus. Seit 2002 lebt er in Shenzhen. “Damals gab es hier noch keine U-Bahn und nur ein westliches Einkaufszentrum”, sagt Zenkel. Die Entwicklung, die folgte, war allerdings rasant. Die frühen Hochhäuser von Siemens oder des Telekommunikationsunternehmens ZTE werden längst von einer neuen, noch höheren Skyline verschluckt.
Klaus Zenkels erste Station in China war allerdings Hongkong in der Mitte der 1990er-Jahre. Auch damals schon in der Healthcare-Branche, allerdings bei Siemens. Es folgen zwei Jahre in Malaysia. “Zurück in Deutschland habe ich aber gemerkt, es fehlt was”, erzählt Zenkel. Vieles sei in Asien einfacher. “Dazu kommt das angenehme Klima und das gute Essen.” Daher nahm er die erste Chance wahr und ging 2002 wieder zurück.
Am Standort Shenzhen beschäftigt Imedco rund 50 Mitarbeiter. Das Problem des Fachkräftemangels ist auch in China nicht unbekannt. Der Grund ist allerdings ein anderer als in Deutschland. “Unser Prinzip ist es, auf Qualität zu achten, trotzdem gibt es eine ähnliche Ausbildung wie in Deutschland noch nicht”, sagt Zenkel. Häufig gelte noch Learning-On-The-Job. In China will man sich ein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland etablieren. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. “Mitarbeiter zu finden, die schon eine entsprechende Vorausbildung haben, ist fast unmöglich. Wir achten daher vor allem darauf, ob jemand gewissenhaft arbeitet”, erklärt Zenkel. Know-how und Qualität in der Verarbeitung sind in dem umkämpften Markt für Imedco noch immer ein Vorteil gegenüber den Wettbewerbern. David Renke
Lars Bäumann ist für Volkswagen von Mexiko nach Shanghai umgezogen. Bäumann trägt dort den Titel eines Global Executive Advisors. Er arbeitet seit 41 Jahren für VW.
André Segismundo leitet seit Oktober die Forschung und Entwicklung bei Daimler Trucks China in Peking. Er war zuvor in Stuttgart der Head of Quality Engineering Entire Vehicles.
Carsten Hinne wechselt von der Deutschen Bahn zu Duisport, dem Duisburger Hafen, einem der wichtigsten Endpunkte der neuen Seidenstraße.

Chinas Landwirtschaftsministerium sagt dem Hamstern von Gemüse den Kampf an. Der Grund sind rapide steigende Preise. Wasserspinat kostet 157 Prozent mehr als im vergangenen Monat, Blumenkohl und Brokkoli wurden 50 Prozent teurer. Auf dem Xinfadi-Markt in Peking kostet ein halbes Kilo Salat oder Wasserspinat bereits acht Yuan. Es bleibt die Frage, was Haushalte mit ihrem gehamsterten Gemüse machen. Wenn sie es schön aufessen, solange es noch frisch ist, müsste eigentlich alles in Ordnung sein.
die Finanzwelt pflegt einige lustige Spitznamen für ihre Produkte. Dim Sum sind daher nicht nur leckere Spezialitäten aus Guangdong. Sondern auch eine besondere Art von Anleihen. Kreditnehmer aus Südchina können sich damit am internationalen Finanzmarkt mit Geld versorgen. Jetzt hat die Stadt Shenzhen eine solche Anleihe an Investoren im Ausland ausgeben – und damit Neuland betreten. Denn bisher durften sich Gemeinden kein Geld außerhalb der Landesgrenzen leihen.
Frank Sieren analysiert, warum diese Anleihe ein historischer Einschnitt für die Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts ist. Die Durchlässigkeit wird künftig in beide Richtungen zunehmen. Der Yuan wird so doch noch zur Weltwährung.
In unserer zweiten Analyse geht es heute ebenfalls um internationale Geldflüsse. Doch die Flussrichtung des Kapitals geht in eine ganz andere Richtung. Es geht um Chinas Ausgaben für Entwicklungshilfe. Forscher haben durchleuchtet, von welchen Akteuren in China sie kommen, wo sie hingehen und an welche Bedingungen sie geknüpft sind. Peking lässt immerhin Hilfskredite im Wert von 85 Milliarden Dollar pro Jahr vergeben.
Eine Veranstaltung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) kommt nun zu dem Schluss: Die Darlehen an einkommensschwache Länder werden oft zu marktüblichen Konditionen vergeben. Doch die chinesische Bürokratie dahinter erinnert an das Byzantinische Reich.
Noch ein Service-Hinweis: Am Wochenende ist Zeitumstellung. Bitte denken Sie daran, wenn Sie am Montag Ihre chinesischen Kontakte anfunken: Die Differenz ist dann sieben statt sechs Stunden.

Die Lokalregierung der südchinesischen Tech-Metropole Shenzhen und die Provinzregierung der südlichen Provinz Guangdong haben diesen Monat erstmals Yuan-Offshore-Anleihen in den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao ausgegeben:
Die Laufzeiten betragen zwei, drei und fünf Jahre. Bei den Bonds mit Laufzeiten von drei und fünf Jahren handelt es sich um sogenannte Green Bonds, deren Erlös zur Finanzierung von Umweltschutzprojekten verwendet werden soll.
Es ist das erste Mal, dass eine Stadt beziehungsweise eine Provinzregierung vom Festland die Erlaubnis erhält, solche Offshore-Anleihen zu emittieren. Peking gab Ende September grünes Licht für den “Southbound Link” nach Hongkong. Die nördliche Route des Programms, die es internationalen Anlegern ermöglicht, auf dem Anleihenmarkt des chinesischen Festlandes zu handeln, wurde 2017 eingeführt. Damals war es Städten aber noch nicht erlaubt, auf solche Instrumente zurückzugreifen.
China hat schon lange vor, seine Finanzmärkte zu öffnen. Die Führung zögerte damit zugleich jedoch immer wieder. Eine Verflechtung mit den internationalen Kapitalmärkten schafft Unsicherheiten, die nicht bestehen, wenn die Kreditvergabe eine rein innere Angelegenheit ist. Staatsbanken lassen sich notfalls anweisen, bei der Rückzahlung Gnade walten zu lassen. Zudem sind die Wirbelstürme globaler Krisen bisher immer an China vorbeigezogen, weil es eben keine enge Verflechtung mit dem Rest der Welt gab. Großanleger neigen dazu, ihre Mittel bei einem Wetterwechsel wieder abzuziehen. Das schafft Instabilität – und die hassen Chinas Wirtschaftsplaner.
Dennoch war das Interesse auf beiden Seiten riesig. Investoren weltweit wollen am Aufstieg Chinas teilhaben und stehen bereit, Geld ins Land zu pumpen. Da es weltweit für sichere Anlagen kaum noch Zinsen gibt, wäre auch eine Teilhabe am chinesischen Anleihemarkt hochattraktiv. China mit seiner großen Wirtschaftskraft und dem hohen Maß an staatlicher Absicherung könnte sich wie Deutschland oder Japan als sicherer Hafen für festverzinsliche Geldanlagen positionieren.
Chinas Zurückhaltung bei der Gemeindefinanzierung auf dem internationalen Parkett hat auch historische Gründe, die mehr als fast ein Vierteljahrhundert zurückliegen. Damals hatten sich die bankähnlichen Institutionen der Städte und Regionen international verschuldet. Peking wusste davon, hatte das Vorgehen aber offiziell nicht genehmigt.
Doch als die Asienkrise 1997 begann, wollten die internationalen Investoren ihr Geld zurück. Schuldner waren Institutionen wie der Guangdong International Trust and Investment Corporation (GITIC), damals Chinas zweitgrößtes Investmenthaus. Der Zentralstaat musste plötzlich und hart durchgreifen.
In zähen Verhandlungen, die vom späteren Anti-Korruptionschef Wang Qishan geleitet wurden, bekamen die westlichen Banken nur einen Bruchteil ihrer Einlagen zurück und GITIC wurde geschlossen. So konnte Peking verhindern, dass die Asienkrise auch China in die Knie zwang. Der chinesische Yuan musste nicht dramatisch abgewertet werden. China konnte umgekehrt als Retter anderer Länder auftreten. Peking hat über den IWF sogar Thailand mit einer Milliarde US-Dollar unter die Arme gegriffen, woran sich das Land bis heute dankbar erinnert.
Doch seitdem war es für Kommunen und Regionen verboten, sich eigenständig auf dem internationalen Kapitalmarkt zu verschulden. Inzwischen ist Chinas Finanzsystem so stabil, dass man es sich wieder traut.
Die Anleger griffen wie erwartet mit Begeisterung zu. Laut Angaben der Provinzregierung in Guangdong wurden die Bonds in Hongkong von in- und ausländischen Investoren um das 2,5-fache überzeichnet, die aus Macao sogar um das Dreifache. Die auch als “Dim Sum Bonds” bezeichneten Anleihen seien von 89 Investoren aus acht Ländern und Regionen, darunter Europa und dem Nahen Osten, gezeichnet worden, darunter Versicherer und Vermögensverwalter.
Für Peking sind die Schuldverschreibungen eine Möglichkeit, den chinesischen Finanzmarkt graduell zu öffnen. Die Regierung will vor allem den Yuan zu internationalisieren. Außerdem will sie die sogenannte Greater Bay Area (GBA), ein 1,65 Billionen US-Dollar schweres Wirtschaftscluster bestehend aus neun Städten und zwei Sonderverwaltungsregionen in Südchina, als globalen Drehkreuz zwischen internationalen Devisenmärkten und dem Yuan etablieren. Shenzhen ist die reichste der neun Städte in der Provinz Guangdong, hier sitzen viele wichtige Start-ups und Technik-Giganten wie Tencent und Huawei.
Anfang September bereits startete Peking denn auch ein grenzübergreifendes Wealth Management Connect-Programm, (WMC), das es Hongkongern ermöglichen soll, in der Greater Bay Area zu investieren. Zugleich soll es Festlandbewohnern in der GBA die Möglichkeit bieten soll, in bestimmte Anlagen und Finanzprodukte zu investieren, die von Banken in Hongkong und Macao über den “Southbound Link” verkauft werden. Dazu zählen vor allem Anlagen mit geringem und mittlerem Risiko. Das sind Fonds und Anleihen, die von der Hongkonger Wertpapieraufsichtsbehörde dafür genehmigt wurden. Im Rahmen bestimmter Bank-Partnerschaften können Anleger ein Offshore-Anlagekonto eröffnen und Kapital aus der Ferne überweisen.
Hier zeigt sich, dass die Finanzmarktöffnung in beide Richtungen gehen soll. Mit der Anleiheausgabe von Shenzhen bietet China internationalen Investoren einen Zugang zu Kreditnehmern aus China. Doch auch chinesische Anleger sollen mehr Gelegenheit haben, ihr Geld außerhalb der Landesgrenzen anzulegen.
Zielgruppe des Testprogramms in der Greater Bay Area sind daher Mittelstandkunden, die ihr Anlageportfolio diversifizieren wollen. Bislang hatten die Chinesen aufgrund von Chinas strengen Kapitalkontrollen wenig Möglichkeiten, ihre Vermögenswerte zu streuen. Deshalb haben Immobilien mit einem Anteil von 70 Prozent ein gefährlich hohes Gewicht in den Haushaltsvermögen der Chinesen. In den USA sind es nur 30 Prozent. Peking ist dennoch vorsichtig.
Die Obergrenze für die Investition einer Person wird nun auf eine Million Yuan eingeschränkt, umgerechnet sind das gut 130.000 Euro. Insgesamt dürfen nicht mehr als 150 Milliarden Yuan (gut 20 Milliarden Euro) in jeweils eine Richtung fließen. Anleger vom Festland müssen zudem über mindestens zwei Jahre Anlageerfahrung und ein privates Nettofinanzvermögen von mindestens einer Million Yuan verfügen.
Um das Risiko von Kapitalabflüssen zu verringern, werden die Gelder in einem “geschlossenen Kreislauf” durch eine Bündelung von Überweisungskonto und Anlagekonto abgewickelt. Transaktionen, sowohl in Richtung Norden als auch in Richtung Süden, laufen über das Cross-Border Interbank Payment System (CIPS), Chinas grenzüberschreitendes Clearing- und Abwicklungssystem für auf Yuan lautende Transaktionen.
Für Hongkonger Investoren erweitert das Programm Cross-boundary Wealth Management Connect Scheme (WMC) nach der Pandemie den Zugang zu Vermögenswerten in aufstrebenden Industrien auf dem Festland, etwa dem Online-Handel oder dem Gesundheitswesen. “WMC wird der Entwicklung der Finanzindustrie in Hongkong und Macau neue Vitalität verleihen und die Entwicklung Hongkongs als internationales Finanzzentrum fördern”, sagt Pan Gongsheng, stellvertretender Gouverneur der chinesischen Zentralbank.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam erklärte: “Dies wird Hongkongs Rolle als internationales Finanzzentrum und als Offshore-Yuan-Handelszentrum stärken.” Damit verstärkt sich ein Trend in Hongkong, der auch auf dem chinesischen Festland zu beobachten ist: Während der politische Spielraum der Zivilgesellschaft immer enger wird, öffnet sich das Finanzsystem immer weiter.
China ist selbst offiziell noch ein Schwellenland – zugleich aber der weltweit größte Geldgeber im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit. Vor allem im Kontext “Neue Seidenstraße” leiht das Land enorme Summen. Die Details der Geldflüsse sind jedoch erschreckend wenig transparent. “Sogar staatliche chinesische Akteure haben meist keinen Überblick”, sagt Entwicklungsökonom Brad Parks von AidData, einer Forschungsgruppe, die Datenrecherchen zur Entwicklungshilfe vornimmt. Parks hat am Donnerstag aktuelle Forschungsergebnisse seiner Gruppe auf einer Veranstaltung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) vorgestellt.
Es gibt weder in China noch auf internationaler Ebene eine übersichtliche Datenbank, welche chinesischen Geschäfts- und Förderbanken welche Projekte in anderen Ländern finanzieren. Parks sieht in dem Mangel an Daten ein erhebliches Problem. Die Politik könne in Hinblick auf Chinas Entwicklungsinitiativen nur aufgrund von Fakten die richtigen Entscheidungen fällen. Auch die Öffentlichkeit und Medien können Chinas Aktivitäten nur einordnen, wenn ihr Umfang und die Ausgestaltung bekannt seien. AidData will hier Abhilfe schaffen.
Das Projekt ist am College of William & Mary angesiedelt, einer Universität in den USA. Es sammelt akribisch alle öffentlich verfügbaren Informationen zu Krediten, die China an Empfängerländer vergibt. Zu den Datenquellen gehören Verlautbarungen von Zentralregierungen, Gebietskörperschaften, Projekten oder den Banken selbst. Daraus setzt AidData mit den Mitteln moderner Datenanalyse ein Gesamtbild zusammen.
Die Forscher haben bereits mehr als 13.000 Projekte erfasst, für die China 843 Milliarden Dollar bereitgestellt hat. In einem durchschnittlichen Jahr überweist China demnach rund 85 Milliarden Dollar an Entwicklungsfinanzierung. AidData hat damit erstmals eine halbwegs verlässliche Zahl zum tatsächlichen Umfang der Seidenstraßeninitiative zutage gefördert. Es gibt dazu keine offiziellen Veröffentlichungen der Volksrepublik.
Die Analyse der Projekte bringt noch weitere wertvolle Erkenntnisse. “Nicht nur die Höhe der Hilfe spielt eine Rolle, auch deren Färbung”, sagt Parks. Fast die gesamte Summe wird in Form von Krediten vergeben, nicht als Geschenk. Es fällt auf, dass diese Darlehen nicht – wie zu erwarten wäre – zu herausragend günstigen Konditionen vergeben werden. Der durchschnittliche Zinssatz liegt bei 4,2 Prozent. Hilfskredite von Deutschland, Frankreich und Japan kommen auf 1,1 Prozent. Chinas Hilfsdarlehen erfolgen also eher zu marktüblichen Konditionen von normalen Banken. Die Empfänger müssen zudem Sicherheiten stellen.
Warum nehmen die betreffenden Länder zu diesen Bedingungen überhaupt die Kredite an? Oft handelt es sich um Schuldner mit höheren Ausfallrisiken, die sich eben nicht so leicht mit Geld versorgen können. Zudem kommen die Kredite im Bündel mit chinesischer Expertise für Projekte.
China selbst profitiert laut Parks gleich mehrfach von der Strategie, sich mit hohen Summen zu engagieren. Es handelt sich dabei um eine Anwendung für die hohen Dollar-Vorräte, die auf den Handelsüberschuss zurückgehen. Außerdem löst die Entwicklung von neuen Überseemärkten das Problem mit Überkapazitäten und Überproduktion.
Chinas Regierungsstellen machen sich ihrerseits mehr und mehr Sorgen um die Qualität der vergebenen Kredite (China.Table berichtete). Besonders im Finanzministerium gilt der Frage von versteckten Schulden große Aufmerksamkeit. Dort gebe es Bestrebungen, das System zu reformieren. Doch auch die Beamten auf der ausführenden Ebene leiden am Mangel an aufbereiteten Daten. “Deren internes Statistiksystem ist oft nicht ausgefeilt genug, um Chinas Beamte selbst mit den Daten zu versorgen, die sie brauchen”, hat Parks beobachtet. Zuweilen fragen sie AidData um Hilfe – ohne jedoch bereit zu sein, die Zahlen des eigenen Hauses mit den Amerikanern zu teilen.
Auf der IfW-Veranstaltung hat die Sinologin Marina Rudyak von der Uni Heidelberg einen Einblick in die Gründe für die Intransparenz gegeben. Im Pekinger Regierungsapparat mischen Dutzende von Akteuren an den Seidenstraßenkrediten mit. Dazu gehören Ministerium, Behörden, Kommissionen – und nicht zuletzt Parteigremien, die letztlich den meisten Einfluss haben.
So ist unter dem Handelsministerium Mofcom die China International Development Cooperation Agency (CIDCA) als Behörde angesiedelt, die die Aktivitäten koordinieren soll. Die CIDCA sollte zudem für mehr Professionalität sorgen. Sie konkurriert jedoch mit dem Außenministerium und dem Finanzministerium um Kontrolle über die Geldmittel. Und am Ende haben Parteigremien für internationale Zusammenarbeit das letzte Wort.
Die konkrete Vergabe erfolgt dann über zwei verschiedene Förderbanken und mehrere staatliche Geschäftsbanken. Das alles führe zu komplexen Prozessen zwischen den verschiedenen Stellen, so Rudyak. Auch hier hat niemand so recht einen Überblick, wer was an wen verliehen hat. Spiegelbildlich listen viele Empfängerländer die Geber auch einfach als “China” auf, ohne zwischen den verschiedenen Kanälen zu unterscheiden.
Die Intransparenz führt Parks und Rudyak zufolge zu zahlreichen Fehleinschätzungen in Bezug auf Chinas Hilfsprogramme. Oft handele es sich auch nicht um Entwicklungshilfe nach internationaler Definition, sondern eher um Projektkredite zu Markt-ähnlichen Bedingungen. Manchmal stehen auch schlicht Geschäftsinteressen im Vordergrund.
Die Forscher wünschen sich von China hier künftig besseren Zugang zu Informationen und die Schaffung einer einheitlichen Datenbank. Das nütze allen Seiten. China habe besseren Überblick über seine Zahlungen, und der Rest der Welt könne seine Initiativen objektiver beurteilen.
China.Table ist Medienpartner der IfW-Veranstaltungsreihe Global China Conversations. Das nächste der Fachgespräche findet am 25. November statt. Thema ist “Innovation Made in China” – Wie wirksam ist Pekings Innovationspolitik?
Aggressive “Wolfskrieger”-Diplomaten wettern auf Twitter. Videos über Xinjiang lassen dort eitel Sonnenschein vermuten. Vermeintliche Privatpersonen erheben vehement Gegenrede bei allem, was auch nur ansatzweise China-kritisch ist. Desinformationskampagnen und Falschinformationen der Volksrepublik in westlichen sozialen Medien haben verschiedene Gesichter. Richtig erfolgreich ist Peking mit seinem Engagement nach Ansicht von Experten damit bisher allerdings nicht.
Bei einem Webinar des German Marshall Fund zu chinesischen Desinformationskampagnen in ost- und mitteleuropäischen Staaten gaben Nato-Kommunikations-Direktor Jānis Sārts, der Leiter des litauischen Cyber-Sicherheitszentrums, Rytis Rainys, und die polnische China-Analystin Alicja Bachulska Einblicke in ihre Beobachtungen.
Es gebe auf chinesischer Seite offenbar zu wenig Kenntnis über die Zielgruppe, die angesprochen werden soll, erklärte Sārts. Denn bisher seien Aktionen aus der Volksrepublik in westlichen sozialen Medien eher kontraproduktiv gewesen. Die geteilten Inhalte kommen laut Sārts primär von offiziellen staatlichen Konten und laden geradezu zu einer “starken Gegenreaktion” ein. Die erhofften positive Reaktionen auf solche Inhalte gab es also weniger. Zudem werde die vorhandene Cyber-Infrastruktur nicht sonderlich raffiniert genutzt, sagte Sārts. Die Urheber seien einfacher nachzuverfolgen als es bei Kampagnen aus Russland der Fall sei. Chinas vor allem technologische Fähigkeiten würden die Russlands derzeit jedoch toppen.
Der Nato-Kommunikationsexperte verzeichnet generell einen starken Anstieg der Desinformationskampagnen aus China, vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie. So sieht es auch Analystin Bachulska, die einen Blick auf polnische Netzwerke wirft. Dort sei jedoch auch schon vor der Pandemie versucht worden, das Image der Volksrepublik in den sozialen Medien zu verbessern.
Die Umsetzung ist Bachulska zufolge jedoch oft mangelhaft: In schlechtem Polnisch oder Englisch werde von vermeintlichen Nutzern die offizielle Linie Pekings verbreitet. Die schlechten Sprachkenntnisse legten nahe, dass hier zumeist Bots am Werk seien, erklärte Bachulska. Der öffentlichen Meinung zu China habe das keinen Gefallen getan. Sie habe sich eher verschlechtert.
Sorge bereitet Sārts und Bachulska der aggressive Ton in den Reaktionen auf China-kritische Inhalte in westlichen Medien. “Es wird gesagt: ‘So kannst du nicht über China sprechen’”, erklärte Nato-Kommunikationsexperte Sārts. Solche öffentlichen Interventionen könnten Einfluss auf Werte und Freiheiten in Debatten in Europa haben. Auch eine künftig zunehmende Abhängigkeit von chinesischer Technologie bereitet den Expertinnen und Experten Sorge.
Ein solches Beispiel wurde zuletzt in Litauen präsentiert: Dort hatte das staatliche Zentrum für Cybersicherheit eingebaute Zensurfunktionen in chinesischen Mobiltelefonen von Xiaomi und Huawei gefunden (China.Table berichtete). Für die Untersuchung seien mehr als drei Monate lang die Telefone durchleuchtet worden, erklärte nun der Leiter des Zentrums das Vorgehen. Beim Download von Anwendungen aus App-Stores seien Listen mit blockierten Begriffen auf die Telefone gelangt. Diese Liste sei für die Smartphones EU-weit zwar inaktiv, dennoch aber auf dem Telefon gewesen, so Rainys.
Mittlerweile sei auf die Vorwürfe gegen Xiaomi und Huawei reagiert worden, sagte Rainys. Für den EU-Raum befänden sich keine Begriffe mehr auf den Listen. Dies sei ein gutes Beispiel dafür, dass auch das Verhalten der chinesischen Tech-Riesen beeinflusst werden kann. Seine Behörde werde weiterhin Untersuchungen von chinesischen Smartphones durchführen, so Rainys. Er rechnet mit einer Zunahme von Cyberattacken in Litauen, auch im Zusammenhang mit dem Disput über die taiwanische Handelsvertretung in Vilnius (China.Table berichtete).
Das Fazit der drei Fachleute: Die Europäische Union muss sich unabhängiger von chinesischer Technologie machen und ihr Können im Tech-Bereich ausbauen. Um laufenden Desinformationskampagnen aus China zu begegnen, brauche es außerdem vermehrt Aufklärung für Bürgerinnen und Bürger.
01.11.2021, 09:00 Uhr (16:00 Beijing Time)
Webinar/ Dezan Shira: China’s Personal Information Protection Law: What to Know and How to Prepare Mehr
01.11.2021, 15:00-17:00 Uhr (22:00-00:00 Uhr Beijing Time)
Vortrag/ IHK Hanau: How to do business with and in China Mehr
01.11.2021, 17:00-18:30 Uhr (00:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ Harvard Fairbank Center: Panel Discussion: Overcoming Challenges in the Research Environment in China Mehr
01.11.2021, 18:00-19:30 Uhr (01:00-02:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ SOAS China Institute: Biden’s China Policy: Old Wine in New Bottles? Mehr
02.11.2021, 15:00-16:00 Uhr (22:00-23:00 Uhr Beijing Time)
Webinar/ CSIS: Looking Ahead: The Quad’s Strategic Approach to China, Taiwan, and the Indo-Pacific Mehr
02.11.2021, 21:00 Uhr (04:00 Uhr Beijing Time)
Talk/ Harvard Fairbank Center: The Ideograph and a Cantonese Pun Mehr
04.11.2021, 11:00 Uhr (18:00 Uhr Beijing Time)
Talk/ Asia Society Hongkong: Dialogue with Uli Sigg: The Journey of a Businessman, Diplomat and Art Collector Mehr
04.11.2021, 11:00 AM AWST / 5:00 Uhr (MEZ)
Webinar/ Dezan Shira: Navigating HR / Staffing issues in China in a world of closed borders Mehr
04.11.2021, 19:00-20:30 Uhr
Hybrid-Vortrag/ KI Nürnberg-Erlangen: Landwirtschaft und Wissenschaften im vormodernen China: Säen, pflügen, rechnen Mehr
Drei Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow hat China als dreizehntes von gut 190 Ländern seine nachgeschärften Klimaziele bei den Vereinten Nationen eingereicht, die sogenannten Nationally Determined Contributions (NDC). Chinas NDCs bestehen aus den bereits bekannt gegebenen 30/60-Zielen: Höhepunkt der Treibhausgas-Emissionen vor 2030, Klimaneutralität ab 2060. Der von manchen erhoffte große Wurf Chinas vor dem Gipfel blieb also aus.
Nachgeschärft im Sinne des Pariser Klimaabkommens sind diese Ziele dennoch, denn sie gehen über jene Zielmarken hinaus, zu denen China sich bei der Unterschrift unter das Abkommen in 2015 verpflichtet hatte. Damals hatte das Land sich nur auf einen Höhepunkt “um 2030” verpflichten lassen sowie auf einen Emissionsrückgang relativ zur Wirtschaftsleistung.
Der Emissions-Höhepunkt ist nun aber bestenfalls um eine Nuance vorgezogen worden, von “um 2030” auf “vor 2030”. Das lässt China einen großen Spielraum. Zu Klimaneutralität hatte China 2015 allerdings kein Wort verloren; das 2020 abgegebene Bekenntnis zu “net zero” ist daher der größte Fortschritt. Das Ziel zur relativen Reduktion der Emissionen ist mehr oder weniger unverändert geblieben: Aus 60-65 Prozent sind inzwischen 65 Prozent geworden. Der Anteil erneuerbarer Energien soll bis 2030 auf 25 Prozent statt 20 Prozent steigen. Und das Volumen chinesischer Wälder soll um sechs Milliarden Kubikmeter statt 4,5 Milliarden Kubikmeter gegenüber 2005 zunehmen.
Erst vor wenigen Tagen hatte China in einem sogenannten “1+N-Rahmenplan” einige Details und Zwischenschritte für diese Ziele veröffentlicht (China.Table berichtete). Die “1” steht für den Klimaplan, das “N” für eine bestimmte Anzahl an Aktionsplänen. Einer der N-Pläne liegt bereits vor, weitere sollen folgen. China steckt mitten in einer schweren Energiekrise und betonte zuletzt allerdings auch wieder stärker das Thema Energiesicherheit.
Die Enttäuschung ist nun groß. Dass China nur Altbekanntes vorlege, erhärte die Erwartung, dass sich die Nationen beim COP26 nicht auf schnellere Aktionen zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels werden einigen können, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg. Und das, obwohl es zuletzt mehrere beunruhigende Berichte verschiedener Forschergruppen gab. “Der Planet kann es sich nicht leisten, dass dies das letzte Wort ist”, twitterte der Energieexperte Li Shuo von Greenpeace East Asia. China habe eine Gelegenheit verstreichen lassen, Ambition zu demonstrieren. Peking müsse bessere Umsetzungspläne vorlegen, um einen Emissions-Höhepunkt schon vor 2025 zu gewährleisten.” Li Shuo geht allerdings auch mit den westlichen Staaten ins Gericht: Chinas Mangel an Entschlossenheit verkörpere letztlich den Mangel an Entschlossenheit, mit dem alle entwickelten Staaten ans Werk gingen.
Chinas Klimabeauftragter Xie Zhenhua ist mit seiner Delegation bereits in London zu Vorgesprächen mit den wichtigsten Klimapartnern eingetroffen. Am Mittwoch sprach er unter anderem mit EU-Umweltkommissar Frans Timmermans. Details zu dem Treffen gab es zunächst nicht, Timmermans twitterte aber lediglich ein Foto der Begegnung. ck
Ausländische Arbeitskräfte in China können möglicherweise bald ihre Familien nachholen – zumindest nach Peking. Lokale Regierungsbehörden der Hauptstadt erlauben wieder die Bewerbung für und Ausstellung von sogenannten PU-Letters, also Einladungsbriefen für Angehörige. Das teilte die US-Handelskammer in China mit. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür bisher allerdings nicht. Noch ist auch unklar, ob die Möglichkeit für Angehörige aller Nationalitäten besteht.
Internationale Mitarbeiter von Firmen könnten also wahrscheinlich demnächst auch wieder mit ihren Familien nach Peking umziehen. Wer schon ohne seine Familie in der Stadt ist, hat nun offenbar eine Chance, diese nachzuholen. Aufgrund der strengen Einreiseregeln seit Beginn der Corona-Pandemie war die Einreise für Angehörige ausländischer Arbeitnehmer in China mehr als ein Jahr fast unmöglich. Details zu der neuen Regelung sind bisher nicht bekannt. ari/fin
Der Konflikt zwischen den USA und China über Taiwan spitzt sich zu: Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bestätigte nun, dass eine kleine Zahl von US-Soldaten auf der Insel präsent ist, und die taiwanesischen Sicherheitskräften eine militärische Ausbildung erhalten. Es gebe Kooperationen mit den USA mit dem Ziel, “unsere Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen”, sagte Tsai dem US-Fernsehsender CNN. Auf die Frage, wie viele US-Soldaten in Taiwan im Einsatz seien, sagte sie nur, es seien “nicht so viele, wie man dachte”. Taiwanesische und internationale Medien berichteten bereits über gemeinsame Übungen. Die offizielle Bestätigung durch Tsai könnte das Verhältnis zu Peking nun aber weiter verschlechtern.
Pekings Außenministerium reagierte prompt auf die Aussagen Tsais: “Wir lehnen jede Form von offiziellem Austausch und militärischen Kontakten zwischen den USA und Taiwan entschieden ab”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, einem AFP-Bericht zufolge. China lehne “die Einmischung der USA in Chinas innere Angelegenheiten und Versuche, Ärger zu provozieren und zu schüren” ab. Er warnte, die USA sollten die “starke Entschlossenheit des chinesischen Volkes, die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen” nicht unterschätzen.
Wang verurteilte zudem die Entscheidung Washingtons, einer Tochter des chinesischen Telekommunikationsanbieters China Telecom die Lizenz zu entziehen (China.Table berichtete). Das Vorgehen sei eine “böswillige Unterdrückung eines chinesischen Unternehmens” und werde die US-China-Beziehungen schädigen.
Während sich das Säbelrasseln zwischen Washington und Peking verstärkt, tourt Taiwans Außenminister durch Europa. Joseph Wu wurde zum Ende der Woche von Taiwan-nahen Organisationen nach Italien eingeladen. Dort beginnt am Samstag der G20-Gipfel. Ob Wu wirklich anreist, war noch offen. Einem Medienbericht zufolge sollte Wu auch Brüssel besuchen, eine offizielle Bestätigung für die Reise gab es auch hier zunächst nicht. Auch nähere Details dazu, wen Wu in Brüssel treffen könnte, blieben unklar. ari
Der chinesische Staatsrat gewährt kleinen und mittleren Unternehmen einen dreimonatigen Steueraufschub. Die Maßnahme wird ab November gültig und soll möglichen Liquiditätsengpässen der Firmen vorbeugen. Durch steigende Rohstoff- und Produktionskosten sind viele Betriebe unter Druck geraten. Die Stundung gilt unter anderem für die Mehrwertsteuer und die Körperschaftssteuer.
Der Aufschub ist in zwei Klassen gestaffelt. Firmen mit einem Jahresumsatz bis zu 400 Millionen Yuan (54 Millionen Euro) müssen in diesem Zeitraum nur 50 Prozent der steuerlichen Forderungen abtreten. Kleine Unternehmen, die nicht mehr als 20 Millionen Yuan (2,7 Millionen Euro) Umsatz im Jahr generieren, erhalten sogar einen Aufschub in Höhe von 100 Prozent. Darüber hinaus gewährt die Regierung Kohlekraftwerken und Anbietern von Heizenergie einen Aufschub ihrer Steuerschuld in Höhe von insgesamt 200 Milliarden Yuan.
Die Erleichterung für die Firmen soll keine Einmalmaßnahme sein. “Angesichts der ernsten und komplexen nationalen und internationalen Situation müssen wir umgehend die nächste groß angelegte Steuersenkungspolitik für Marktunternehmen prüfen”, zitiert die Nachrichtenagentur Xinhua eine Erklärung des Staatsrats, der unter der Leitung von Premierminister Li Keqiang zusammengekommen war. grz

Auch in China können die Mühlen der Bürokratie ähnlich wie in Deutschland bisweilen langsam mahlen. Klaus Zenkel ist seit April dieses Jahres Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Südchina und vertritt die Interessen der Mitglieder in der Region. Besonders die Energieknappheit hat den europäischen Unternehmen in China in den vergangenen Monaten zugesetzt. “Es ist extrem, dass die Firmen teilweise in den vergangenen zwei Wochen nur drei Tage in Betrieb sein konnten”, erklärt Zenkel.
Der 63-Jährige ist als Geschäftsführer des chinesischen Ablegers der Imedco Technology schon lange Mitglied der Kammer. Das Schweizer Unternehmen stellt Abschirmungen für Medizintechnik her. Zum Einsatz kommen die Produkte zum Beispiel bei Kernspintomografen in Krankenhäusern. Für einen Produzenten wie Imedco sind die erzwungenen Blackouts durch die Stromknappheit ärgerlich, aber verschmerzbar. Ganz anders sei das für Unternehmen, die mit sensiblen Stoffen arbeiteten. Dort könnten im schlimmsten Fall giftige Gase austreten.
Die Hintergründe für die Energiekrise sind vielfältig. Dürren schwächen die Wasserkraft, der Kohleausstieg erhöht die Preise. Stromausfälle kennt Zenkel schon aus der Anfangszeit von Imedco in China. “Damals hatten wir uns einen Dieselgenerator angeschafft”, sagt Zenkel. Mit dem rasanten chinesischen Aufschwung wurde das Netz stabil und Imedco schaffte den Generator ab. “Dass es jetzt wieder Engpässe gibt, erstaunt uns schon ein wenig”, meint Zenkel. Aus europäischer Sicht wirkt die Holzhammermethode mit Energierationalisierung befremdlich. “Wenn man aber lange in China lebt, wundert man sich nicht mehr über den Pragmatismus. Da wird eben der Strom abgestellt”, sagt Zenkel. Darunter leiden ausländische Firmen wie chinesische gleichermaßen.
Dabei kennt der gebürtige Mittelfranke auch die positive Seite des chinesischen Pragmatismus. Seit 2002 lebt er in Shenzhen. “Damals gab es hier noch keine U-Bahn und nur ein westliches Einkaufszentrum”, sagt Zenkel. Die Entwicklung, die folgte, war allerdings rasant. Die frühen Hochhäuser von Siemens oder des Telekommunikationsunternehmens ZTE werden längst von einer neuen, noch höheren Skyline verschluckt.
Klaus Zenkels erste Station in China war allerdings Hongkong in der Mitte der 1990er-Jahre. Auch damals schon in der Healthcare-Branche, allerdings bei Siemens. Es folgen zwei Jahre in Malaysia. “Zurück in Deutschland habe ich aber gemerkt, es fehlt was”, erzählt Zenkel. Vieles sei in Asien einfacher. “Dazu kommt das angenehme Klima und das gute Essen.” Daher nahm er die erste Chance wahr und ging 2002 wieder zurück.
Am Standort Shenzhen beschäftigt Imedco rund 50 Mitarbeiter. Das Problem des Fachkräftemangels ist auch in China nicht unbekannt. Der Grund ist allerdings ein anderer als in Deutschland. “Unser Prinzip ist es, auf Qualität zu achten, trotzdem gibt es eine ähnliche Ausbildung wie in Deutschland noch nicht”, sagt Zenkel. Häufig gelte noch Learning-On-The-Job. In China will man sich ein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland etablieren. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. “Mitarbeiter zu finden, die schon eine entsprechende Vorausbildung haben, ist fast unmöglich. Wir achten daher vor allem darauf, ob jemand gewissenhaft arbeitet”, erklärt Zenkel. Know-how und Qualität in der Verarbeitung sind in dem umkämpften Markt für Imedco noch immer ein Vorteil gegenüber den Wettbewerbern. David Renke
Lars Bäumann ist für Volkswagen von Mexiko nach Shanghai umgezogen. Bäumann trägt dort den Titel eines Global Executive Advisors. Er arbeitet seit 41 Jahren für VW.
André Segismundo leitet seit Oktober die Forschung und Entwicklung bei Daimler Trucks China in Peking. Er war zuvor in Stuttgart der Head of Quality Engineering Entire Vehicles.
Carsten Hinne wechselt von der Deutschen Bahn zu Duisport, dem Duisburger Hafen, einem der wichtigsten Endpunkte der neuen Seidenstraße.

Chinas Landwirtschaftsministerium sagt dem Hamstern von Gemüse den Kampf an. Der Grund sind rapide steigende Preise. Wasserspinat kostet 157 Prozent mehr als im vergangenen Monat, Blumenkohl und Brokkoli wurden 50 Prozent teurer. Auf dem Xinfadi-Markt in Peking kostet ein halbes Kilo Salat oder Wasserspinat bereits acht Yuan. Es bleibt die Frage, was Haushalte mit ihrem gehamsterten Gemüse machen. Wenn sie es schön aufessen, solange es noch frisch ist, müsste eigentlich alles in Ordnung sein.