Table.Briefing: China

Covid-Tsunami + Millionen für Guben

  • Hunderttausende Corona-Tote befürchtet
  • Batterie-Recycling in Brandenburg
  • Bildungsministerin plant Taiwan-Reise
  • USA sanktionieren Tibet-Kader
  • Chip-Bann findet neue Unterstützung
  • Zeekr nimmt Börsengang in New York ins Visier
  • Fu Cong wird Pekings neuer Mann in der EU
  • Standpunkt: Zur Bedeutung des persönlichen Austauschs
Liebe Leserin, lieber Leser,

drei Jahre lang hat die chinesische Regierung den 1,4 Milliarden Bürgerinnen und Bürgern ihre strengen Corona-Regeln als Akt der Fürsorge verkauft. Jahrelang haben die Menschen im Land weitgehend widerstandslos alles über sich ergehen lassen, was die Null-Covid-Order aus Peking verlangte.

Ihnen muss es jetzt bestenfalls grotesk vorkommen, dass die Leiden der Lockdowns der vergangenen Jahre völlig umsonst gewesen sind und Fürsorge offenbar keine Rolle mehr spielt. Denn in den kommenden Wochen und Monaten werden Hunderttausende von ihnen mit dem Virus sterben, nachdem sich die Regierung zu einer 180-Grad-Wende entschieden hat, wie Fabian Kretschmer aus Peking berichtet.

Tote haben zwar auch westliche Staaten zwangsläufig in Kauf genommen. Die haben aber nicht jahrelang alles auf eine Karte gesetzt. Ausgerechnet China, das sich fortwährend als Gewinner der Corona-Pandemie stilisiert hat, stehen ungewisse Monate bevor. Dort, wo die Pandemie ihren Anfang nahm, schließt sich nun der Kreis. Dem chinesischen Gesundheitssystem droht ein Kollaps. Innenpolitisch wäre das eine derbe Schlappe für Präsident Xi.

Derweil freut sich ein kleiner Ort in Brandenburg auf chinesische Millionen. In Guben will ein Batterie-Recycler aus Suzhou in die grüne Wiese investieren. “Anscheinend” ist das Unternehmen sehr erfolgreich in China, teilt die Gubener Lokalpolitik mit. Tja, schon der Anschein öffnet eben Türen. Womit ein großer Trumpf chinesischer Strategie bestens beschrieben wäre.

Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache. Amelie Richter moderiert am Mittwoch (10.30 Uhr) die letzte China.Table-Veranstaltung des Jahres. Unsere Gäste diskutieren die Frage, wie es um den Einfluss und das Ansehen der Volksrepublik in Mittel- und Osteuropa bestellt ist. Welcher Staat könnte als Nächstes aus dem Kooperationsbündnis 17+1 aussteigen? Und tut die EU genug, um den Westbalkan nicht an China zu verlieren? Hier geht’s zur Teilnahme.

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

Der Covid-Tsunami trifft China unvorbereitet

Ein Patient in Peking wird im Rettungswagen abgeholt.

In Peking zeigt sich, wie unvorbereitet und hastig die Regierung die Öffnung des Landes eingeleitet hat: Die letzte Bastion von Null-Covid hat sich in nur wenigen Tagen zum weltweit größten Corona-Hotspot entwickelt. Medien beschreiben die Corona-Welle in China zu Recht als “wütenden Tsunami”. Sie hat sich enorm schnell aufgebaut und verursacht erhebliche Schäden in Wirtschaft und Gesellschaft.

Die politischen Folgen der überhasteten Öffnung werden der Führung um den KP-Generalsekretär Xi Jinping nun erhebliche Probleme bereiten. Schließlich hat sie sich als Beschützer des Volkes vor Corona stilisiert. In den kommenden Wochen und Monaten werden jedoch auch nach konservativen Schätzungen hunderttausende Menschen an dem Virus sterben (China.Table berichtete).

Hoher Krankenstand in der Hauptstadt

In Krankenhäusern von Peking über Chengdu bis nach Guangzhou zeigen sich erste Anzeichen für eine Gesundheitskatastrophe. Ärztinnen und Ärzte müssen Corona-positiv zur Arbeit gehen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Selbst das kann nicht verhindern, dass die Leute vor den Notaufnahmen mehrere Stunden auf Einlass warten müssen. Ausgerechnet in Wuhan ist die Situation derart kritisch, dass ein Krankenhaus seinen Patienten intravenöse Infusionen in geparkten Autos am Straßenrand verabreicht.

Die Angestellte eines Staatsunternehmens im Stadtzentrum berichtet, dass in ihrer Abteilung derzeit über die Hälfte ihrer Kollegen an Corona-Symptomen leiden. Ein ausländischer Rechtsanwalt bestätigt: In seiner Kanzlei sei derzeit mindestens ein Drittel des Personals entweder positiv oder habe einen Covid-Fall im Haushalt. Die Berichte vom hohen Krankenstand häufen sich aus allen Branchen. Sogar die Versorgung der Haushalte durch Lieferkuriere auf ihren bunten E-Scootern könnte bald kippen: Im zentralen Bezirk Dongcheng liegen bereits Paketberge am Straßenrand.

Die Reise-App ist entmachtet

Doch neben einer tiefen Verunsicherung macht sich auch ein Gefühl des Aufatmens unter vielen Chinesen breit: Nachdem die Regierung bereits zu Beginn des Monats ihre rigiden Lockdown-Maßnahmen aufgegeben hat, verabschiedet sie sich nun auch noch von der sogenannten Reise-App (Tongxin), die in der Nacht auf Dienstag deaktiviert wurde. Die bereits gespeicherten Bewegungsprofile sollen gelöscht werden. Jeder im Land musste sie verpflichtend vorzeigen, um Zugang zu Hotels, Bahnhöfen und dergleichen zu erhalten. Die Bürger fürchteten den Moment, in dem der grüne Pfeil der Reise-App auf Rot umgesprungen ist.

Die örtlichen Gesundheits-Apps bleiben jedoch weiterhin im Einsatz. Jede Provinz und sogar jede größere Stadt hat zusätzlich zur Reise-App ihre eigene Smartphone-Anwendung entwickelt. Deren Datenbanken sind nicht untereinander vernetzt und ihr Einsatz liegt in der Kontrolle der örtlichen Regierungen.

Einreise soll ausgerechnet jetzt einfacher werden

Nun also können die Chinesen in ihrem Land wieder ohne Angst vor Zwangsquarantäne andere Provinzen besuchen. Und schon bald soll auch der internationale Reiseverkehr nachziehen, wie Chinas US-Botschafter Qin Gang in einer Rede in Chicago andeutet: “Ich glaube, dass in der nahen Zukunft weitere Anpassungen vorgenommen werden, die auch den internationalen Reiseverkehr betreffen.”

In Fachkreisen kursiert das Gerücht, dass China spätestens Mitte Januar die verpflichtende Einreisequarantäne durch ein dreitägiges Gesundheitsmonitoring ersetzen könnte. Doch derzeit ist an Reisen noch nicht zu denken. Momentan trauen sich die meisten Pekinger nicht einmal vor die eigene Haustür. Zu groß ist die Angst vor einer Infektion. Damit passiert nun freiwillig, was vorher befohlen war.

Es mangelt an Tests, Masken und Impfungen

In der Volksrepublik treten dieser Tage die Schwachstellen des Systems offen zutage. Der Vergleich mit Japan, Taiwan und Südkorea legt zumindest nahe, dass sich mit guter Vorbereitung eine stufenweise Lockerung auch ohne schlimme Folgen bewerkstelligen lässt. Doch die KP-Führung war so in der Null-Covid-Denke gefangen, dass diese Vorbereitungen ausgeblieben sind.

Erst jetzt, Monate zu spät, beginnen die Staatsunternehmen wieder mit der Produktion von hochwertigen N95-Masken, dem Gegenstück zu FFP-Masken. Bislang waren in China vorwiegend OP-Masken üblich. Auch Antigen-Tests und fiebersenkende Medikamente sind derzeit Mangelware. Und auch die überfällige Zulassung ausländischer mRNA-Vakzine ist nicht absehbar. Dabei könnten diese viele Todesfälle abwenden. Bei den über 80-Jährigen liegt die Booster-Rate nach wie vor unter 40 Prozent (China.Table berichtete). 

Die Regierung untergräbt ihre Glaubwürdigkeit

Vor allem aber zeigt sich, wie schwierig es für das chinesische System ist, gesundheitspolitische Transparenz zuzulassen. Am Montagmorgen meldete die nationale Gesundheitskommission für die vergangenen 24 Stunden weniger als 9.000 neue Ansteckungen und null Virustote landesweit, für Peking sind es sogar nur rund 1.000 Fälle. Die absurd irreführenden Zahlen könnten Senioren in falscher Sicherheit wiegen, statt Anreize zu schaffen, sich endlich impfen zu lassen.

Es ist jedoch zu befürchten, dass auch künftig die hohen Sterbezahlen nicht offiziell berichtet werden, um einen Gesichtsverlust zu vermeiden. “Wir werden einen vollständigen Bankrott des Vertrauens in die kommunistische Partei erleben”, spekuliert Desmond Shum, Immobilienentwickler und Regime-Kritiker im Londoner Exil, auf Twitter. Fabian Kretschmer

  • Coronavirus
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Botree Cycling investiert 100 Millionen in Guben

Recycling wird ein immer wichtigerer Bestandteil der Wertschöpfungskette von Batterien. Hier ein Blick in eine Wiederverwertungsanlage in Jieshou in Anhui.

Guben an der Neiße kann in den nächsten Jahren einer der wichtigen Standorte für Batterie-Recycling in Brandenburg werden. Das chinesische Unternehmen “Botree Cycling” will eine Demonstrationsanlage errichten: Diese Nachricht ließ vor zwei Wochen aufhorchen (China.Table berichtete). Da gaben das Unternehmen und die Stadtverwaltung bekannt, dass sie schon Mitte November eine Absichtserklärung unterzeichnet hatten. 100 Arbeitsplätze sollen entstehen in einem begehrten und hoch geförderten Technologiefeld der Automobilindustrie. 

Die 16.000-Einwohner-Stadt liegt am östlichsten Rand Brandenburgs. Dass die Chinesen ausgerechnet hier ihre erste Filiale in Europa gründen wollen, ist für Bürgermeister Fred Mahro noch immer ein unverhofftes Glück. “Sie haben nach einer Liste von Kriterien einen Standort gesucht”, sagte der CDU-Politiker China.Table. “Dann gab es die Entscheidung, dass es Guben sein soll.” Auf knapp vier Hektar im Gubener Industriegebiet will das Recycling-Unternehmen aus Peking in den nächsten Jahren 100 Millionen Euro investieren. Viel weiß Bürgermeister Mahro noch nicht über die Investoren: “Man kann es als Startup bezeichnen. Botree ist in China anscheinend sehr erfolgreich.”  

Komplettlösungen für kritische Batteriematerialien

Botree Cycling ist ein junges chinesisches Unternehmen, das ins globale Batterie-Geschäft strebt. Es sieht sich als Anbieter von Komplettlösungen für das Recycling von kritischen Batteriematerialien für Elektrofahrzeuge. CEO Xiao Lin ist Mitglied des Nationalen Technischen Komitees für die Entsorgung ausgedienter Chemikalien der chinesischen Normungsverwaltung. Er will seine “Erfahrungen von Recyclingprojekten für Lithiumbatterien in Europa und Nordamerika einbringen und dabei die Zusammenarbeit in Deutschland und speziell in Guben stärken”, sagte Xiao. 

Die Ansiedlung kam zustande durch Vermittlung der Germany Trade & Invest (GTAI) und der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB). “Offenbar hat das Unternehmen die finanziellen Möglichkeiten und den Willen, eine solche Großproduktion in Deutschland aufzubauen”, sagte der China-Direktor der GTAI, Robert Herzner, zu China.Table. Auf einer Messe 2020 ist Herzner auf das Unternehmen aufmerksam geworden, dem er nun einen Standort an der deutsch-polnischen Grenze vermitteln konnte. 

Hohe Subventionen für Chinas Akku-Industrie    

Chinas Batterie-Branche ist geprägt vom Recycling für Elektroroller. Auf diese allgegenwärtigen Fahrzeuge haben sich viele Firmen spezialisiert. China hat praktisch unbegrenzten Zugang zu den Rohstoffen für die Batterieherstellung. Herzner beobachtet auf dem chinesischen Markt die Tendenz, dass die Verantwortung für Recycling bei den Herstellern von Autos und Batterien landen wird. Botree Cycling liefert die entsprechenden Systeme. 

Das Unternehmen ist erst vor wenigen Jahren gegründet worden, betreibt aber schon eine gigantische Produktionsanlage in Suzhou nahe Shanghai. Dieses schnelle Wachstum dürfte auch den hohen Subventionen zu verdanken sein, mit denen die chinesische Regierung in den Markt der Elektroautos vordringen will. Schätzungen zufolge betrugen diese Subventionen allein 2016 um die 12,5 Milliarden Dollar. Inzwischen kommen von den Top-10-Unternehmen der Akku-Industrie sechs aus China. Der größte chinesische Batteriehersteller CATL (Contemporary Amperex Technology) hat sich bereits 2019 in Erfurt angesiedelt – und startet demnächst die Produktion (China.Table berichtete). Die thüringische Fabrik soll bis zu 2000 Menschen beschäftigen.

Ostdeutschland im Fokus der Chinesen  

In Brandenburg ist Botree Cycling die 25. chinesische Investition, die die Wirtschaftsförderung des Landes begleitet hat. “Deutsche Standorte in der Nähe von großen Industrieparks sind für die Chinesen interessant”, betont Robert Herzner. “Da gibt es ganz viel in Ostdeutschland, etwa in Brandenburg oder in Sachsen-Anhalt.” Im brandenburgischen Ludwigsfelde investierte der Batterie-Hersteller “Microvast”, der Eigentümern aus den USA, Deutschland und China gehört. Bei Microvast wie auch CATL dürfte die Nähe zu Tesla eine Rolle gespielt haben (China.Table berichtete). 

Elon Musks Gigafactory im brandenburgischen Grünheide wirkt wie ein Magnet für Zulieferer, die sich auf Recycling spezialisiert haben. In Guben will sich neben Botree Cycling auch der kanadische Lithiumhydroxid-Hersteller “Rock Tech” niederlassen. In der Kleinstadt, die früher ein Zentrum der Textilindustrie und später der Faserchemie war, kann ein Ballungsraum für Batterien entstehen. 

Vorteilhaft, um Botree nach Guben zu locken, war die verfügbare Fläche, die sofort bebaut werden kann. Platz zum Erweitern ist auch da. Solarfelder in der Umgebung liefern den Zugang zu grünem Strom, ohne die sich kaum ein Industrie-Investor mehr niederlässt. 90 Prozent der Fläche gehören den Stadtwerken, die Anfang kommenden Jahres über einen möglichen Verkauf oder Teilverkauf entscheiden wollen. Christine Keilholz

  • Autoindustrie

News

Ministerin Stark-Watzinger plant Reise nach Taiwan

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will im Frühjahr offenbar nach Taiwan reisen. Das sagte am Montag der FDP-Bundestagsabgeordnete Peter Heidt bei einer Veranstaltung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Es wäre die erste Reise eines deutschen Bundesministers nach Taiwan seit 1997, als der damalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt in Taipeh war.

Taiwans Außenminister Joseph Wu hatte im Dezember vergangenen Jahres unter anderem Tschechien und die Slowakei bereist (China.Table berichtete), war aber seitens der Bundesregierung nicht willkommen, berichtet Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, auf der Veranstaltung. Umso wichtiger sei der anstehende Besuch von Ministerin Stark-Watzinger. China übt regelmäßig Druck auf Länder aus, mit denen Taiwan hochrangige Kontakte pflegt. fin/flee

  • Deutschland
  • Geopolitik
  • Taiwan

Sanktionen gegen Tibet-Funktionäre

Die US-Regierung hat den früheren Generalsekretär der Kommunistischen Partei und den Polizeichef der autonomen Region Tibet sanktioniert. Washington beschuldigt Wu Yingjie und Zhang Hongbo schwerer Menschenrechtsverletzungen im Rahmen ihrer Amtsausführung. Beiden ist unter Executive Order 13818 die Einreise in die USA ab sofort untersagt. Etwaige Vermögenswerte der beiden werden eingefroren.

Die Amerikaner werfen Wu und Zhang vor, verantwortlich zu sein für “außergerichtliche Tötungen, körperliche Misshandlungen, willkürliche Verhaftungen und Massenverhaftungen“. Weitere Verstöße seien Zwangssterilisationen und -abtreibungen, Einschränkungen der religiösen und politischen Freiheiten und die Folterung von Gefangenen.

Peking wies die Anschuldigungen am Montag zurück und bezeichnete die Sanktionen als illegal und schädlich für die Beziehungen beider Länder. Die International Campaign for Tibet (ICT) forderte die Bundesregierung auf, sich für vergleichbare Maßnahmen durch die EU einzusetzen. “Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Europäische Union, sollte dem Beispiel der USA folgen und gerade auch KP-Funktionäre in Tibet zur Verantwortung ziehen. Die Bundesregierung sollte sich dafür auf EU-Ebene einsetzen”, sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. grz

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  • USA

Japan und Niederlande wollen sich Chip-Bann anschließen

Japan und die Niederlande haben sich darauf geeinigt, sich dem amerikanischen Chip-Bann anzuschließen. Das berichtet die Finanz-Nachrichtendienst Bloomberg und beruft sich dabei auf die mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Konkret wollen die USA die Kontrollen über den Export fortschrittlicher Chipherstellungsmaschinen nach China verschärfen.

Sollten sich Japan und die Niederlande tatsächlich dem US-Vorgehen anschließen, wäre das ein harter Schlag für Chinas Technologie-Ambitionen. Durch die Drei-Länder-Allianz würde es China nahezu unmöglich, Ausrüstung zu kaufen, die für die Herstellung von Spitzenchips erforderlich ist.

Laut Bloomberg werden Japan und die Niederlande in den kommenden Wochen bekannt geben, dass sie zumindest einige der weitreichenden US-Maßnahmen mittragen werden.

Bislang beschränken die US-Vorschriften die Lieferungen der amerikanischen Ausrüstungslieferanten Applied Materials Inc., Lam Research Corp. und KLA Corp. Zudem dürfen US-Bürger nicht mehr in der Entwicklung oder Herstellung von Mikrochips in China tätig sein, ohne zuvor eine Sondergenehmigung zu beantragen (China.Table berichtete). Um die Sanktionen tatsächlich wirksam werden zu lassen, benötigen die USA die Kooperation der japanischen Firma Tokyo Electron Ltd. und des niederländischen Chip-Giganten ASML. rad

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  • Technologie

Zeekr will an New Yorker Börse

Die chinesische Automarke Zeekr will an die US-Börse. Zeekr peile eine Bewertung von mehr als zehn Milliarden Dollar an, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die nötigen Unterlagen seien bereits eingereicht worden, der Börsengang in New York werde für das zweite Quartal 2023 angestrebt.

Es wäre die erste größere Emission eines chinesischen Unternehmens seit Juli 2021. Damals hatte die Regierung in Peking die Kontrolle über im Ausland notierte chinesische Firmen verschärft. In diesem Jahr haben lediglich fünf chinesische Unternehmen den Weg an die US-Börse eingeschlagen und dabei insgesamt 162,5 Millionen Dollar aufgenommen. Zum Vergleich: 2021 waren bei solchen Börsengängen noch 12,8 Milliarden Dollar zusammengekommen.

Zeekr hat vor kurzem zusammen mit der amerikanischen Alphabet-Tochter Waymo ein autonomes Elektro-Taxi vorgestellt. Im Gegensatz zu Modellen anderer Firmen besitzt dieses Gefährt kein Lenkrad mehr (China.Table berichtete). Zeekr gehört zum chinesischen Autokonzern Geely. Mit Zeekr will Geely das Premium-Segment für E-Autos neu aufrollen (China.Table berichtete). rad

  • Autoindustrie
  • Börse
  • Finanzen
  • Geely
  • Zeekr

Neuer EU-Botschafter tritt Posten an

Nach fast einem Jahr der Vakanz hat der neue chinesische Botschafter bei der Europäischen Union seinen Posten angetreten. “Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen China und der EU mit geteilter Anstrengung von beiden Seiten eine bessere Zukunft haben werden”, schrieb Fu Cong in einer ersten Botschaft auf der Internetseite der chinesischen EU-Vertretung. Die EU sei “ein wichtiger Partner im Prozess der chinesischen Modernisierung”. Der 57-Jährige ist ein erfahrener Diplomat. Er war zuletzt Generaldirektor der Abteilung für Rüstungskontrolle im chinesischen Außenministerium.

Fu folgt Zhang Ming nach, der jetzt Generalsekretär der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) ist. Zhang reiste Ende Dezember 2021 aus Brüssel ab – seither hatte es keinen Ersatz für ihn gegeben (China.Table berichtete). Dass Peking die wichtige Position des EU-Botschafters so lange unbesetzt lies, werteten Beobachter auch als Zeichen für die sich verschlechternden EU-China-Beziehungen. ari

  • Diplomatie
  • Europa

Presseschau

Chinas Krankenhäuser nach Ende der Null-Covid-Strategie überlastet ZEIT
Corona in China: Dramatische Szenen – Infusionen am Straßenrand MORGENPOST
China beendet Zero-Covid-Strategie: “Vielleicht sollten ältere Menschen weniger nach draußen gehen” SPIEGEL
China schaltet Corona-Reise-App ab ZEIT
Gäste hauptsächlich aus China: Tote und Verletzte nach Anschlag auf Hotel in Kabul TAGESSPIEGEL
Erster deutscher Ministerbesuch seit 26 Jahren: Bildungsministerin Stark-Watzinger will 2023 nach Taiwan reisen TAGESSPIEGEL
China, US Officials Discuss Taiwan During ‘In-Depth’ Talks BLOOMBERG
Taiwan asks state-owned banks to “appropriately handle” China exposure CHANNELNEWSASIA
Chip-Produktion: Südkorea und Taiwan profitieren vom Umbau der Lieferketten CASH-ONLINE
Japan to Join US Effort to Tighten Chip Exports to China BLOOMBERG
Indian and Chinese troops clash on disputed border FT
Gipfeltreffen in Washington: Amerikas Wettstreit mit China um Afrika TAGESSPIEGEL
China May Partly Open HK Border by Late January, Reports Say BLOOMBERG
China: Erneut Rekordernte an Getreide AGRARZEITUNG
Google refused Hong Kong request over protest anthem – HK official REUTERS
Globale Forschungskooperation: Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit China sollte weitergeführt werden TAGESSPIEGEL
Police in China arrest gang who laundered $1.7 billion via crypto even after Beijing’s crackdown CNBC
Beijing and northern China hit by winter sandstorm CNN
China Maps Out Plans to Put Astronauts on the Moon and on Mars NYTIMES

Standpunkt

Persönliche Kontakte für Mittelstand unerlässlich

von Julia Güsten
Julia Güsten ist Miteigentümerin und Geschäftsführerin von Sharehouse in Nanjing.

Entscheidungen zu einem Engagement in China sind beim deutschen Mittelstand in der Regel Chefsache. Gerade kleineren Unternehmen fehlen Spezialisten, die Analysen über den Markt, geeignete Standorte und kompetente Partner zur Verfügung stellen. Wird ein Lieferant von seinem Kunden ‘genötigt’, ihm als Zulieferer nach China zu folgen, hat das Vorteile.

Die Standortwahl fällt leicht, und man startet mit einem existierenden Geschäftsvolumen. Aber wie findet man sonst den idealen Ort für die eigene Investition in einem Land, welches in etwa die Größe von Europa hat und auch heute noch durch seine Sprache, kulturellen Unterschiede und Entfernung für viele in Europa schwer zugänglich ist?

Mittelstand muss sich mit Randgebieten begnügen

Versprochen wird viel von Wirtschaftszonen, die um ausländische Investitionen werben. Gehalten werden diese Versprechen nicht immer, insbesondere wenn es sich um “kleine” Investitionen handelt. In China gilt man mit bis zu 300 Mitarbeitern noch als kleines Unternehmen. Mittlere Unternehmen haben zwischen 250 und 2000 Mitarbeiter. Entsprechend sind für den Mittelstand bestimmte Standardwerkhallen vollkommen überdimensioniert für einen schrittweisen Markteinstieg.

Viel zu oft kühlt der Enthusiasmus eines Wirtschaftsstandortes rapide ab, sobald klar wird, dass potenzielle Investoren nicht gleich in Millionenhöhe investieren wollen. Attraktive Standorte nahe Ballungszentren bleiben so den großen Konzernen vorbehalten. Kleine Investitionen werden in Randgebiete und ins Landesinnere verdrängt.

Arbeitnehmer zieht es zu bekannten Firmen

Damit verstärkt sich ein weiterer Wettbewerbsnachteil, den kleine Unternehmen im Markt haben: deren Attraktivität als Arbeitgeber. In den jährlichen Umfragen der Deutschen Außenhandelskammer in China gehören Suche und Bindung von qualifiziertem Personal seit Jahren zu den größten Herausforderungen im operativen Geschäft.

Chinesische Arbeitnehmer zieht es zu international bekannten Namen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie von dem Hidden Champion aus dem Schwarzwald oder dem international erfolgreichen Familienunternehmen aus der Oberpfalz Kenntnis haben, ist gering. Entsprechend hoch ist der Aufwand, den ein solches Unternehmen betreiben muss, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und diese dann nachhaltig an sich zu binden. Modernes Personalmanagement, Flexibilität und Kreativität sind notwendig, um der zunehmenden Bedeutung von Work-Life-Balance bei chinesischen Arbeitnehmern gerecht zu werden.

Corona verhinderte Schulungen für Chinesen in Deutschland

Beispiele, weshalb der Weg nach China für den Mittelstand über die offensichtlichen Barrieren hinaus beschwerlich ist, lassen sich fortführen. Drei Jahre Einschränkungen wegen Covid haben diese noch verstärkt. Der so dringend notwendige Austausch auf geschäftlicher und technischer Ebene konnte nur noch über den Bildschirm erfolgen. Unternehmen, die zu Beginn der Corona-Krise bereits etabliert waren, konnten immerhin auf dem bereits bestehenden Vertrauen zu ihren Angestellten vor Ort aufbauen.

Für manche lokale Mitarbeiter entpuppte sich die Situation sogar als Chance, sich zu emanzipieren und mehr Verantwortung zu übernehmen. Aber für gerade gestartete Unternehmungen in China bedeuteten die Reisebeschränkungen, dass sie nie die Chance hatten, ihr Personal nach Deutschland zu Schulungen zu holen und sie mit ihrer Firmenkultur vertraut zu machen.

Realistische Erwartungen sichern Erfolg einer Investition

Ebenso wenig konnte technisches Servicepersonal nach China entsandt werden. Wer vor Ort ausländische Führungskräfte hatte, musste darum bangen oder hinnehmen, dass diese nach fast drei Jahren Beschränkungen das Land verlassen. Ganz aktuell lässt die plötzliche Abkehr von der Null-Covid-Politik darauf hoffen, dass der auf allen Ebenen so dringend benötigte menschliche Austausch im kommenden Jahr wieder stattfinden kann.

Und trotzdem haben sich mehr als 5.000 deutsche Unternehmen in China erfolgreich angesiedelt. Hilfreich ist dafür sicherlich ein breites Netz von Dienstleistern vor Ort, Außenhandelskammern, German Centres und Ländervertretungen. Auch private Dienstleister haben sich darauf spezialisiert, den Mittelstand beim Markteintritt in China zu unterstützen. Das Erfolgsgeheimnis liegt vielleicht aber genau in der Tatsache begründet, dass beim Mittelstand diese Entscheidungen Chefsache sind. Gute Vorbereitung, eine realistische Erwartungshaltung und eine schrittweise Herangehensweise sichern den nachhaltigen Erfolg ihrer Investitionen.

Julia Güsten ist geschäftsführende Gesellschafterin der Sharehouse (Nanjing) Co., Ltd. Sie lebt seit 1994 in China. Vor der Gründung von Sharehouse war sie unter anderem 17 Jahre lang in Nanjing als Repräsentantin des Landes Baden-Württemberg und Geschäftsführerin von Baden-Württemberg International tätig. Sharehouse bietet eine Anlaufstelle für Unternehmen, die in China eine kleine Niederlassung einrichten wollen.  

Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag, 15. Dezember 2022 (11.00 Uhr MEZ) diskutieren Güsten und Claudia Gläser von der Gläser GmbH über das Thema: “Deutscher Mittelstand im chinesischen Markt: Was sind die aktuellen Chancen und Herausforderungen?”. China.Table ist der Medienpartner der Veranstaltungsreihe.

  • Handel
  • Industrie

Personalie

Evan Sha ist neuer Präsident der China-Tochter der Messe München in Shanghai. Der 51-Jährige war zuletzt als COO für das operative Geschäft von GL events in China verantwortlich. Sha wird zudem stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats. Die Messe München Shanghai veranstaltet etliche Leitmessen in China wie die Bauma China, die Analytica China, Electronica China, Productronica China, ISPO Beijing oder ISPO Shanghai.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Mit dem Sieg des Wallachs Romantic Warrior endete am Sonntag eines der größten Galopprenn-Ereignisse Asiens. Beim renommierten Hongkong Cup auf dem Kurs in Sha Tin brachte der 1,8:1-Favorit seinen neuseeländischen Jockey James McDonald als Erstes ins Ziel. Das Rennen über 2000 Meter war mit 4,1 Millionen Euro dotiert.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
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    • Chip-Bann findet neue Unterstützung
    • Zeekr nimmt Börsengang in New York ins Visier
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    drei Jahre lang hat die chinesische Regierung den 1,4 Milliarden Bürgerinnen und Bürgern ihre strengen Corona-Regeln als Akt der Fürsorge verkauft. Jahrelang haben die Menschen im Land weitgehend widerstandslos alles über sich ergehen lassen, was die Null-Covid-Order aus Peking verlangte.

    Ihnen muss es jetzt bestenfalls grotesk vorkommen, dass die Leiden der Lockdowns der vergangenen Jahre völlig umsonst gewesen sind und Fürsorge offenbar keine Rolle mehr spielt. Denn in den kommenden Wochen und Monaten werden Hunderttausende von ihnen mit dem Virus sterben, nachdem sich die Regierung zu einer 180-Grad-Wende entschieden hat, wie Fabian Kretschmer aus Peking berichtet.

    Tote haben zwar auch westliche Staaten zwangsläufig in Kauf genommen. Die haben aber nicht jahrelang alles auf eine Karte gesetzt. Ausgerechnet China, das sich fortwährend als Gewinner der Corona-Pandemie stilisiert hat, stehen ungewisse Monate bevor. Dort, wo die Pandemie ihren Anfang nahm, schließt sich nun der Kreis. Dem chinesischen Gesundheitssystem droht ein Kollaps. Innenpolitisch wäre das eine derbe Schlappe für Präsident Xi.

    Derweil freut sich ein kleiner Ort in Brandenburg auf chinesische Millionen. In Guben will ein Batterie-Recycler aus Suzhou in die grüne Wiese investieren. “Anscheinend” ist das Unternehmen sehr erfolgreich in China, teilt die Gubener Lokalpolitik mit. Tja, schon der Anschein öffnet eben Türen. Womit ein großer Trumpf chinesischer Strategie bestens beschrieben wäre.

    Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache. Amelie Richter moderiert am Mittwoch (10.30 Uhr) die letzte China.Table-Veranstaltung des Jahres. Unsere Gäste diskutieren die Frage, wie es um den Einfluss und das Ansehen der Volksrepublik in Mittel- und Osteuropa bestellt ist. Welcher Staat könnte als Nächstes aus dem Kooperationsbündnis 17+1 aussteigen? Und tut die EU genug, um den Westbalkan nicht an China zu verlieren? Hier geht’s zur Teilnahme.

    Ihr
    Marcel Grzanna
    Bild von Marcel  Grzanna

    Analyse

    Der Covid-Tsunami trifft China unvorbereitet

    Ein Patient in Peking wird im Rettungswagen abgeholt.

    In Peking zeigt sich, wie unvorbereitet und hastig die Regierung die Öffnung des Landes eingeleitet hat: Die letzte Bastion von Null-Covid hat sich in nur wenigen Tagen zum weltweit größten Corona-Hotspot entwickelt. Medien beschreiben die Corona-Welle in China zu Recht als “wütenden Tsunami”. Sie hat sich enorm schnell aufgebaut und verursacht erhebliche Schäden in Wirtschaft und Gesellschaft.

    Die politischen Folgen der überhasteten Öffnung werden der Führung um den KP-Generalsekretär Xi Jinping nun erhebliche Probleme bereiten. Schließlich hat sie sich als Beschützer des Volkes vor Corona stilisiert. In den kommenden Wochen und Monaten werden jedoch auch nach konservativen Schätzungen hunderttausende Menschen an dem Virus sterben (China.Table berichtete).

    Hoher Krankenstand in der Hauptstadt

    In Krankenhäusern von Peking über Chengdu bis nach Guangzhou zeigen sich erste Anzeichen für eine Gesundheitskatastrophe. Ärztinnen und Ärzte müssen Corona-positiv zur Arbeit gehen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Selbst das kann nicht verhindern, dass die Leute vor den Notaufnahmen mehrere Stunden auf Einlass warten müssen. Ausgerechnet in Wuhan ist die Situation derart kritisch, dass ein Krankenhaus seinen Patienten intravenöse Infusionen in geparkten Autos am Straßenrand verabreicht.

    Die Angestellte eines Staatsunternehmens im Stadtzentrum berichtet, dass in ihrer Abteilung derzeit über die Hälfte ihrer Kollegen an Corona-Symptomen leiden. Ein ausländischer Rechtsanwalt bestätigt: In seiner Kanzlei sei derzeit mindestens ein Drittel des Personals entweder positiv oder habe einen Covid-Fall im Haushalt. Die Berichte vom hohen Krankenstand häufen sich aus allen Branchen. Sogar die Versorgung der Haushalte durch Lieferkuriere auf ihren bunten E-Scootern könnte bald kippen: Im zentralen Bezirk Dongcheng liegen bereits Paketberge am Straßenrand.

    Die Reise-App ist entmachtet

    Doch neben einer tiefen Verunsicherung macht sich auch ein Gefühl des Aufatmens unter vielen Chinesen breit: Nachdem die Regierung bereits zu Beginn des Monats ihre rigiden Lockdown-Maßnahmen aufgegeben hat, verabschiedet sie sich nun auch noch von der sogenannten Reise-App (Tongxin), die in der Nacht auf Dienstag deaktiviert wurde. Die bereits gespeicherten Bewegungsprofile sollen gelöscht werden. Jeder im Land musste sie verpflichtend vorzeigen, um Zugang zu Hotels, Bahnhöfen und dergleichen zu erhalten. Die Bürger fürchteten den Moment, in dem der grüne Pfeil der Reise-App auf Rot umgesprungen ist.

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    Einreise soll ausgerechnet jetzt einfacher werden

    Nun also können die Chinesen in ihrem Land wieder ohne Angst vor Zwangsquarantäne andere Provinzen besuchen. Und schon bald soll auch der internationale Reiseverkehr nachziehen, wie Chinas US-Botschafter Qin Gang in einer Rede in Chicago andeutet: “Ich glaube, dass in der nahen Zukunft weitere Anpassungen vorgenommen werden, die auch den internationalen Reiseverkehr betreffen.”

    In Fachkreisen kursiert das Gerücht, dass China spätestens Mitte Januar die verpflichtende Einreisequarantäne durch ein dreitägiges Gesundheitsmonitoring ersetzen könnte. Doch derzeit ist an Reisen noch nicht zu denken. Momentan trauen sich die meisten Pekinger nicht einmal vor die eigene Haustür. Zu groß ist die Angst vor einer Infektion. Damit passiert nun freiwillig, was vorher befohlen war.

    Es mangelt an Tests, Masken und Impfungen

    In der Volksrepublik treten dieser Tage die Schwachstellen des Systems offen zutage. Der Vergleich mit Japan, Taiwan und Südkorea legt zumindest nahe, dass sich mit guter Vorbereitung eine stufenweise Lockerung auch ohne schlimme Folgen bewerkstelligen lässt. Doch die KP-Führung war so in der Null-Covid-Denke gefangen, dass diese Vorbereitungen ausgeblieben sind.

    Erst jetzt, Monate zu spät, beginnen die Staatsunternehmen wieder mit der Produktion von hochwertigen N95-Masken, dem Gegenstück zu FFP-Masken. Bislang waren in China vorwiegend OP-Masken üblich. Auch Antigen-Tests und fiebersenkende Medikamente sind derzeit Mangelware. Und auch die überfällige Zulassung ausländischer mRNA-Vakzine ist nicht absehbar. Dabei könnten diese viele Todesfälle abwenden. Bei den über 80-Jährigen liegt die Booster-Rate nach wie vor unter 40 Prozent (China.Table berichtete). 

    Die Regierung untergräbt ihre Glaubwürdigkeit

    Vor allem aber zeigt sich, wie schwierig es für das chinesische System ist, gesundheitspolitische Transparenz zuzulassen. Am Montagmorgen meldete die nationale Gesundheitskommission für die vergangenen 24 Stunden weniger als 9.000 neue Ansteckungen und null Virustote landesweit, für Peking sind es sogar nur rund 1.000 Fälle. Die absurd irreführenden Zahlen könnten Senioren in falscher Sicherheit wiegen, statt Anreize zu schaffen, sich endlich impfen zu lassen.

    Es ist jedoch zu befürchten, dass auch künftig die hohen Sterbezahlen nicht offiziell berichtet werden, um einen Gesichtsverlust zu vermeiden. “Wir werden einen vollständigen Bankrott des Vertrauens in die kommunistische Partei erleben”, spekuliert Desmond Shum, Immobilienentwickler und Regime-Kritiker im Londoner Exil, auf Twitter. Fabian Kretschmer

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    Botree Cycling investiert 100 Millionen in Guben

    Recycling wird ein immer wichtigerer Bestandteil der Wertschöpfungskette von Batterien. Hier ein Blick in eine Wiederverwertungsanlage in Jieshou in Anhui.

    Guben an der Neiße kann in den nächsten Jahren einer der wichtigen Standorte für Batterie-Recycling in Brandenburg werden. Das chinesische Unternehmen “Botree Cycling” will eine Demonstrationsanlage errichten: Diese Nachricht ließ vor zwei Wochen aufhorchen (China.Table berichtete). Da gaben das Unternehmen und die Stadtverwaltung bekannt, dass sie schon Mitte November eine Absichtserklärung unterzeichnet hatten. 100 Arbeitsplätze sollen entstehen in einem begehrten und hoch geförderten Technologiefeld der Automobilindustrie. 

    Die 16.000-Einwohner-Stadt liegt am östlichsten Rand Brandenburgs. Dass die Chinesen ausgerechnet hier ihre erste Filiale in Europa gründen wollen, ist für Bürgermeister Fred Mahro noch immer ein unverhofftes Glück. “Sie haben nach einer Liste von Kriterien einen Standort gesucht”, sagte der CDU-Politiker China.Table. “Dann gab es die Entscheidung, dass es Guben sein soll.” Auf knapp vier Hektar im Gubener Industriegebiet will das Recycling-Unternehmen aus Peking in den nächsten Jahren 100 Millionen Euro investieren. Viel weiß Bürgermeister Mahro noch nicht über die Investoren: “Man kann es als Startup bezeichnen. Botree ist in China anscheinend sehr erfolgreich.”  

    Komplettlösungen für kritische Batteriematerialien

    Botree Cycling ist ein junges chinesisches Unternehmen, das ins globale Batterie-Geschäft strebt. Es sieht sich als Anbieter von Komplettlösungen für das Recycling von kritischen Batteriematerialien für Elektrofahrzeuge. CEO Xiao Lin ist Mitglied des Nationalen Technischen Komitees für die Entsorgung ausgedienter Chemikalien der chinesischen Normungsverwaltung. Er will seine “Erfahrungen von Recyclingprojekten für Lithiumbatterien in Europa und Nordamerika einbringen und dabei die Zusammenarbeit in Deutschland und speziell in Guben stärken”, sagte Xiao. 

    Die Ansiedlung kam zustande durch Vermittlung der Germany Trade & Invest (GTAI) und der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB). “Offenbar hat das Unternehmen die finanziellen Möglichkeiten und den Willen, eine solche Großproduktion in Deutschland aufzubauen”, sagte der China-Direktor der GTAI, Robert Herzner, zu China.Table. Auf einer Messe 2020 ist Herzner auf das Unternehmen aufmerksam geworden, dem er nun einen Standort an der deutsch-polnischen Grenze vermitteln konnte. 

    Hohe Subventionen für Chinas Akku-Industrie    

    Chinas Batterie-Branche ist geprägt vom Recycling für Elektroroller. Auf diese allgegenwärtigen Fahrzeuge haben sich viele Firmen spezialisiert. China hat praktisch unbegrenzten Zugang zu den Rohstoffen für die Batterieherstellung. Herzner beobachtet auf dem chinesischen Markt die Tendenz, dass die Verantwortung für Recycling bei den Herstellern von Autos und Batterien landen wird. Botree Cycling liefert die entsprechenden Systeme. 

    Das Unternehmen ist erst vor wenigen Jahren gegründet worden, betreibt aber schon eine gigantische Produktionsanlage in Suzhou nahe Shanghai. Dieses schnelle Wachstum dürfte auch den hohen Subventionen zu verdanken sein, mit denen die chinesische Regierung in den Markt der Elektroautos vordringen will. Schätzungen zufolge betrugen diese Subventionen allein 2016 um die 12,5 Milliarden Dollar. Inzwischen kommen von den Top-10-Unternehmen der Akku-Industrie sechs aus China. Der größte chinesische Batteriehersteller CATL (Contemporary Amperex Technology) hat sich bereits 2019 in Erfurt angesiedelt – und startet demnächst die Produktion (China.Table berichtete). Die thüringische Fabrik soll bis zu 2000 Menschen beschäftigen.

    Ostdeutschland im Fokus der Chinesen  

    In Brandenburg ist Botree Cycling die 25. chinesische Investition, die die Wirtschaftsförderung des Landes begleitet hat. “Deutsche Standorte in der Nähe von großen Industrieparks sind für die Chinesen interessant”, betont Robert Herzner. “Da gibt es ganz viel in Ostdeutschland, etwa in Brandenburg oder in Sachsen-Anhalt.” Im brandenburgischen Ludwigsfelde investierte der Batterie-Hersteller “Microvast”, der Eigentümern aus den USA, Deutschland und China gehört. Bei Microvast wie auch CATL dürfte die Nähe zu Tesla eine Rolle gespielt haben (China.Table berichtete). 

    Elon Musks Gigafactory im brandenburgischen Grünheide wirkt wie ein Magnet für Zulieferer, die sich auf Recycling spezialisiert haben. In Guben will sich neben Botree Cycling auch der kanadische Lithiumhydroxid-Hersteller “Rock Tech” niederlassen. In der Kleinstadt, die früher ein Zentrum der Textilindustrie und später der Faserchemie war, kann ein Ballungsraum für Batterien entstehen. 

    Vorteilhaft, um Botree nach Guben zu locken, war die verfügbare Fläche, die sofort bebaut werden kann. Platz zum Erweitern ist auch da. Solarfelder in der Umgebung liefern den Zugang zu grünem Strom, ohne die sich kaum ein Industrie-Investor mehr niederlässt. 90 Prozent der Fläche gehören den Stadtwerken, die Anfang kommenden Jahres über einen möglichen Verkauf oder Teilverkauf entscheiden wollen. Christine Keilholz

    • Autoindustrie

    News

    Ministerin Stark-Watzinger plant Reise nach Taiwan

    Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) will im Frühjahr offenbar nach Taiwan reisen. Das sagte am Montag der FDP-Bundestagsabgeordnete Peter Heidt bei einer Veranstaltung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Es wäre die erste Reise eines deutschen Bundesministers nach Taiwan seit 1997, als der damalige Wirtschaftsminister Günter Rexrodt in Taipeh war.

    Taiwans Außenminister Joseph Wu hatte im Dezember vergangenen Jahres unter anderem Tschechien und die Slowakei bereist (China.Table berichtete), war aber seitens der Bundesregierung nicht willkommen, berichtet Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, auf der Veranstaltung. Umso wichtiger sei der anstehende Besuch von Ministerin Stark-Watzinger. China übt regelmäßig Druck auf Länder aus, mit denen Taiwan hochrangige Kontakte pflegt. fin/flee

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    Sanktionen gegen Tibet-Funktionäre

    Die US-Regierung hat den früheren Generalsekretär der Kommunistischen Partei und den Polizeichef der autonomen Region Tibet sanktioniert. Washington beschuldigt Wu Yingjie und Zhang Hongbo schwerer Menschenrechtsverletzungen im Rahmen ihrer Amtsausführung. Beiden ist unter Executive Order 13818 die Einreise in die USA ab sofort untersagt. Etwaige Vermögenswerte der beiden werden eingefroren.

    Die Amerikaner werfen Wu und Zhang vor, verantwortlich zu sein für “außergerichtliche Tötungen, körperliche Misshandlungen, willkürliche Verhaftungen und Massenverhaftungen“. Weitere Verstöße seien Zwangssterilisationen und -abtreibungen, Einschränkungen der religiösen und politischen Freiheiten und die Folterung von Gefangenen.

    Peking wies die Anschuldigungen am Montag zurück und bezeichnete die Sanktionen als illegal und schädlich für die Beziehungen beider Länder. Die International Campaign for Tibet (ICT) forderte die Bundesregierung auf, sich für vergleichbare Maßnahmen durch die EU einzusetzen. “Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Europäische Union, sollte dem Beispiel der USA folgen und gerade auch KP-Funktionäre in Tibet zur Verantwortung ziehen. Die Bundesregierung sollte sich dafür auf EU-Ebene einsetzen”, sagte ICT-Geschäftsführer Kai Müller. grz

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    Japan und Niederlande wollen sich Chip-Bann anschließen

    Japan und die Niederlande haben sich darauf geeinigt, sich dem amerikanischen Chip-Bann anzuschließen. Das berichtet die Finanz-Nachrichtendienst Bloomberg und beruft sich dabei auf die mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Konkret wollen die USA die Kontrollen über den Export fortschrittlicher Chipherstellungsmaschinen nach China verschärfen.

    Sollten sich Japan und die Niederlande tatsächlich dem US-Vorgehen anschließen, wäre das ein harter Schlag für Chinas Technologie-Ambitionen. Durch die Drei-Länder-Allianz würde es China nahezu unmöglich, Ausrüstung zu kaufen, die für die Herstellung von Spitzenchips erforderlich ist.

    Laut Bloomberg werden Japan und die Niederlande in den kommenden Wochen bekannt geben, dass sie zumindest einige der weitreichenden US-Maßnahmen mittragen werden.

    Bislang beschränken die US-Vorschriften die Lieferungen der amerikanischen Ausrüstungslieferanten Applied Materials Inc., Lam Research Corp. und KLA Corp. Zudem dürfen US-Bürger nicht mehr in der Entwicklung oder Herstellung von Mikrochips in China tätig sein, ohne zuvor eine Sondergenehmigung zu beantragen (China.Table berichtete). Um die Sanktionen tatsächlich wirksam werden zu lassen, benötigen die USA die Kooperation der japanischen Firma Tokyo Electron Ltd. und des niederländischen Chip-Giganten ASML. rad

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    Zeekr will an New Yorker Börse

    Die chinesische Automarke Zeekr will an die US-Börse. Zeekr peile eine Bewertung von mehr als zehn Milliarden Dollar an, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die nötigen Unterlagen seien bereits eingereicht worden, der Börsengang in New York werde für das zweite Quartal 2023 angestrebt.

    Es wäre die erste größere Emission eines chinesischen Unternehmens seit Juli 2021. Damals hatte die Regierung in Peking die Kontrolle über im Ausland notierte chinesische Firmen verschärft. In diesem Jahr haben lediglich fünf chinesische Unternehmen den Weg an die US-Börse eingeschlagen und dabei insgesamt 162,5 Millionen Dollar aufgenommen. Zum Vergleich: 2021 waren bei solchen Börsengängen noch 12,8 Milliarden Dollar zusammengekommen.

    Zeekr hat vor kurzem zusammen mit der amerikanischen Alphabet-Tochter Waymo ein autonomes Elektro-Taxi vorgestellt. Im Gegensatz zu Modellen anderer Firmen besitzt dieses Gefährt kein Lenkrad mehr (China.Table berichtete). Zeekr gehört zum chinesischen Autokonzern Geely. Mit Zeekr will Geely das Premium-Segment für E-Autos neu aufrollen (China.Table berichtete). rad

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    Neuer EU-Botschafter tritt Posten an

    Nach fast einem Jahr der Vakanz hat der neue chinesische Botschafter bei der Europäischen Union seinen Posten angetreten. “Ich glaube, dass die Beziehungen zwischen China und der EU mit geteilter Anstrengung von beiden Seiten eine bessere Zukunft haben werden”, schrieb Fu Cong in einer ersten Botschaft auf der Internetseite der chinesischen EU-Vertretung. Die EU sei “ein wichtiger Partner im Prozess der chinesischen Modernisierung”. Der 57-Jährige ist ein erfahrener Diplomat. Er war zuletzt Generaldirektor der Abteilung für Rüstungskontrolle im chinesischen Außenministerium.

    Fu folgt Zhang Ming nach, der jetzt Generalsekretär der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) ist. Zhang reiste Ende Dezember 2021 aus Brüssel ab – seither hatte es keinen Ersatz für ihn gegeben (China.Table berichtete). Dass Peking die wichtige Position des EU-Botschafters so lange unbesetzt lies, werteten Beobachter auch als Zeichen für die sich verschlechternden EU-China-Beziehungen. ari

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    Presseschau

    Chinas Krankenhäuser nach Ende der Null-Covid-Strategie überlastet ZEIT
    Corona in China: Dramatische Szenen – Infusionen am Straßenrand MORGENPOST
    China beendet Zero-Covid-Strategie: “Vielleicht sollten ältere Menschen weniger nach draußen gehen” SPIEGEL
    China schaltet Corona-Reise-App ab ZEIT
    Gäste hauptsächlich aus China: Tote und Verletzte nach Anschlag auf Hotel in Kabul TAGESSPIEGEL
    Erster deutscher Ministerbesuch seit 26 Jahren: Bildungsministerin Stark-Watzinger will 2023 nach Taiwan reisen TAGESSPIEGEL
    China, US Officials Discuss Taiwan During ‘In-Depth’ Talks BLOOMBERG
    Taiwan asks state-owned banks to “appropriately handle” China exposure CHANNELNEWSASIA
    Chip-Produktion: Südkorea und Taiwan profitieren vom Umbau der Lieferketten CASH-ONLINE
    Japan to Join US Effort to Tighten Chip Exports to China BLOOMBERG
    Indian and Chinese troops clash on disputed border FT
    Gipfeltreffen in Washington: Amerikas Wettstreit mit China um Afrika TAGESSPIEGEL
    China May Partly Open HK Border by Late January, Reports Say BLOOMBERG
    China: Erneut Rekordernte an Getreide AGRARZEITUNG
    Google refused Hong Kong request over protest anthem – HK official REUTERS
    Globale Forschungskooperation: Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit China sollte weitergeführt werden TAGESSPIEGEL
    Police in China arrest gang who laundered $1.7 billion via crypto even after Beijing’s crackdown CNBC
    Beijing and northern China hit by winter sandstorm CNN
    China Maps Out Plans to Put Astronauts on the Moon and on Mars NYTIMES

    Standpunkt

    Persönliche Kontakte für Mittelstand unerlässlich

    von Julia Güsten
    Julia Güsten ist Miteigentümerin und Geschäftsführerin von Sharehouse in Nanjing.

    Entscheidungen zu einem Engagement in China sind beim deutschen Mittelstand in der Regel Chefsache. Gerade kleineren Unternehmen fehlen Spezialisten, die Analysen über den Markt, geeignete Standorte und kompetente Partner zur Verfügung stellen. Wird ein Lieferant von seinem Kunden ‘genötigt’, ihm als Zulieferer nach China zu folgen, hat das Vorteile.

    Die Standortwahl fällt leicht, und man startet mit einem existierenden Geschäftsvolumen. Aber wie findet man sonst den idealen Ort für die eigene Investition in einem Land, welches in etwa die Größe von Europa hat und auch heute noch durch seine Sprache, kulturellen Unterschiede und Entfernung für viele in Europa schwer zugänglich ist?

    Mittelstand muss sich mit Randgebieten begnügen

    Versprochen wird viel von Wirtschaftszonen, die um ausländische Investitionen werben. Gehalten werden diese Versprechen nicht immer, insbesondere wenn es sich um “kleine” Investitionen handelt. In China gilt man mit bis zu 300 Mitarbeitern noch als kleines Unternehmen. Mittlere Unternehmen haben zwischen 250 und 2000 Mitarbeiter. Entsprechend sind für den Mittelstand bestimmte Standardwerkhallen vollkommen überdimensioniert für einen schrittweisen Markteinstieg.

    Viel zu oft kühlt der Enthusiasmus eines Wirtschaftsstandortes rapide ab, sobald klar wird, dass potenzielle Investoren nicht gleich in Millionenhöhe investieren wollen. Attraktive Standorte nahe Ballungszentren bleiben so den großen Konzernen vorbehalten. Kleine Investitionen werden in Randgebiete und ins Landesinnere verdrängt.

    Arbeitnehmer zieht es zu bekannten Firmen

    Damit verstärkt sich ein weiterer Wettbewerbsnachteil, den kleine Unternehmen im Markt haben: deren Attraktivität als Arbeitgeber. In den jährlichen Umfragen der Deutschen Außenhandelskammer in China gehören Suche und Bindung von qualifiziertem Personal seit Jahren zu den größten Herausforderungen im operativen Geschäft.

    Chinesische Arbeitnehmer zieht es zu international bekannten Namen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie von dem Hidden Champion aus dem Schwarzwald oder dem international erfolgreichen Familienunternehmen aus der Oberpfalz Kenntnis haben, ist gering. Entsprechend hoch ist der Aufwand, den ein solches Unternehmen betreiben muss, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und diese dann nachhaltig an sich zu binden. Modernes Personalmanagement, Flexibilität und Kreativität sind notwendig, um der zunehmenden Bedeutung von Work-Life-Balance bei chinesischen Arbeitnehmern gerecht zu werden.

    Corona verhinderte Schulungen für Chinesen in Deutschland

    Beispiele, weshalb der Weg nach China für den Mittelstand über die offensichtlichen Barrieren hinaus beschwerlich ist, lassen sich fortführen. Drei Jahre Einschränkungen wegen Covid haben diese noch verstärkt. Der so dringend notwendige Austausch auf geschäftlicher und technischer Ebene konnte nur noch über den Bildschirm erfolgen. Unternehmen, die zu Beginn der Corona-Krise bereits etabliert waren, konnten immerhin auf dem bereits bestehenden Vertrauen zu ihren Angestellten vor Ort aufbauen.

    Für manche lokale Mitarbeiter entpuppte sich die Situation sogar als Chance, sich zu emanzipieren und mehr Verantwortung zu übernehmen. Aber für gerade gestartete Unternehmungen in China bedeuteten die Reisebeschränkungen, dass sie nie die Chance hatten, ihr Personal nach Deutschland zu Schulungen zu holen und sie mit ihrer Firmenkultur vertraut zu machen.

    Realistische Erwartungen sichern Erfolg einer Investition

    Ebenso wenig konnte technisches Servicepersonal nach China entsandt werden. Wer vor Ort ausländische Führungskräfte hatte, musste darum bangen oder hinnehmen, dass diese nach fast drei Jahren Beschränkungen das Land verlassen. Ganz aktuell lässt die plötzliche Abkehr von der Null-Covid-Politik darauf hoffen, dass der auf allen Ebenen so dringend benötigte menschliche Austausch im kommenden Jahr wieder stattfinden kann.

    Und trotzdem haben sich mehr als 5.000 deutsche Unternehmen in China erfolgreich angesiedelt. Hilfreich ist dafür sicherlich ein breites Netz von Dienstleistern vor Ort, Außenhandelskammern, German Centres und Ländervertretungen. Auch private Dienstleister haben sich darauf spezialisiert, den Mittelstand beim Markteintritt in China zu unterstützen. Das Erfolgsgeheimnis liegt vielleicht aber genau in der Tatsache begründet, dass beim Mittelstand diese Entscheidungen Chefsache sind. Gute Vorbereitung, eine realistische Erwartungshaltung und eine schrittweise Herangehensweise sichern den nachhaltigen Erfolg ihrer Investitionen.

    Julia Güsten ist geschäftsführende Gesellschafterin der Sharehouse (Nanjing) Co., Ltd. Sie lebt seit 1994 in China. Vor der Gründung von Sharehouse war sie unter anderem 17 Jahre lang in Nanjing als Repräsentantin des Landes Baden-Württemberg und Geschäftsführerin von Baden-Württemberg International tätig. Sharehouse bietet eine Anlaufstelle für Unternehmen, die in China eine kleine Niederlassung einrichten wollen.  

    Dieser Beitrag entsteht im Rahmen der Veranstaltungsreihe ,,Global China Conversations” des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am Donnerstag, 15. Dezember 2022 (11.00 Uhr MEZ) diskutieren Güsten und Claudia Gläser von der Gläser GmbH über das Thema: “Deutscher Mittelstand im chinesischen Markt: Was sind die aktuellen Chancen und Herausforderungen?”. China.Table ist der Medienpartner der Veranstaltungsreihe.

    • Handel
    • Industrie

    Personalie

    Evan Sha ist neuer Präsident der China-Tochter der Messe München in Shanghai. Der 51-Jährige war zuletzt als COO für das operative Geschäft von GL events in China verantwortlich. Sha wird zudem stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats. Die Messe München Shanghai veranstaltet etliche Leitmessen in China wie die Bauma China, die Analytica China, Electronica China, Productronica China, ISPO Beijing oder ISPO Shanghai.

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    Dessert

    Mit dem Sieg des Wallachs Romantic Warrior endete am Sonntag eines der größten Galopprenn-Ereignisse Asiens. Beim renommierten Hongkong Cup auf dem Kurs in Sha Tin brachte der 1,8:1-Favorit seinen neuseeländischen Jockey James McDonald als Erstes ins Ziel. Das Rennen über 2000 Meter war mit 4,1 Millionen Euro dotiert.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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