Table.Briefing: China

CAI-Abkommen auf Eis + Sinovac + Darwin + Huarong

  • EU-Kommission: EU-China-Beziehungen gefährden CAI-Ratifizierung
  • Der Sinovac-Impfstoff muss zeigen, was er kann
  • China-Korrespondentinnen für den Nannen-Preis nominiert
  • USA fordern bevorzugte Belieferung mit Auto-Chips von Taiwan
  • Raketentrümmer drohen unkontrolliert abzustürzen
  • Hafen in Darwin: Australien fürchtet um nationale Sicherheit
  • Huarong: Können Schulden bedienen
  • Im Portrait: Genia Kostka
Liebe Leserin, lieber Leser,

auf den Abbau von Marktzugangsbeschränkungen und bessere Investitionsbedingungen werden europäische Unternehmen in China noch eine Weile warten müssen. Denn das Investitionsabkommen CAI zwischen der EU und China liegt auf Eis. Am Dienstagabend sprach EU-Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis aus, was in Brüssel seit Tagen die Runde macht: Das Umfeld “für eine Ratifizierung des Abkommens ist derzeit nicht günstig”. Finn Mayer-Kuckuk hat die Hintergründe.

Dass das erstarkte China das Selbstbewusstsein der westlichen Demokratien infrage stellt, wurde beim Treffen der G7-Außenminister in London erneut deutlich. Zur Erinnerung: Die G7 sind ein Bollwerk der alten Weltordnung. Sie stammen aus der Zeit des Eisernen Vorhangs und der Mao-Jacke. Angesichts der Provokationen durch Wladimir Putin und Xi Jinping formiert sich nun eine neue Front der westlichen Demokratien gegen die autoritär regierten Länder im Osten. Heiko Maas und sein US-Kollege Antony Blinken waren sich jedenfalls in einer Weise einig, an die wir nach vier Jahren Trump gar nicht mehr gewöhnt sind.

Wie gut wirkt Sinovac? An dieser Frage rätseln Experten aus verschiedenen Weltgegenden schon seit der Markteinführung des Impfstoffs herum. Die chinesischen Vakzine funktionieren grundsätzlich, doch die hochtechnische Konkurrenz aus Europa und den USA hat die Messlatte für die Wirksamkeitsrate sehr hoch gehängt. Ob China deswegen bewusst höhere Wirksamkeitsraten genannt hat, als der Impfstoff tatsächlich schafft, muss nun unter anderem die Europäische Arzneimittel-Agentur klären. Bei der Behörde in Amsterdam beginnt ein formales Zulassungsverfahren für das chinesische Vakzin.

Die Agenturen Moody’s und Fitch hatten vergangene Woche die Bonität des Vermögensverwalters Huarong herabgestuft. Nun regiert das Unternehmen in Staatsbesitz und beruhigt ausländische Investoren. Denn die erwarten noch in diesem Jahr die Rückzahlung von rund 3,7 Milliarden Dollar an Anleihen von Huarong, berichtet Ning Wang.

Ihre
Antje Sirleschtov
Bild von Antje  Sirleschtov

Presseschau

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Analyse

EU-Kommission: Sanktionen gefährden Ratifizierung des CAI

Das EU-China Comprehensive Agreement on Investment (CAI) sollte europäischen Unternehmen den Zugang zum chinesischen Markt erleichtern (China.Table berichtete) und gilt als Vorstufe zum Freihandel. Nun ist sein Inkrafttreten auf unbestimmte Zeit verschoben. Denn mit Valdis Dombrovskis, dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, sprach der erste hochrangige EU-Politiker am Dienstagabend offen aus, was in Brüssel längst klar war: Angesichts der Stimmung gegen das Abkommen hat es im Parlament ohnehin kaum noch eine Chance.

Die Unterzeichnung des Abkommens durch die Kommission im Dezember war zunächst ein PR-Erfolg für Peking: Während die USA das Land mit Handelssanktionen unter Druck setzen, öffnete sich die EU für eine weitreichende Wirtschaftskooperation. Kritische Fragen wie Menschenrechte und Arbeitsbedingungen spricht das CAI zwar an, sieht aber keinen echten Kontrollmechanismus für die Durchsetzung von EU-Standards vor. Deutschland gehörte zu den Befürwortern des Abkommens. Tatsächlich gehört der Abschluss eines Investitionsvertrages seit einem Jahrzehnt zu den ausdrücklichen Wünschen der Bundesregierung gegenüber Peking.

Sanktionen sind der Hauptgrund für die Kehrtwende

Dombrovskis nannte als Grund für seine Befürchtungen die jüngsten diplomatischen Zerwürfnisse mit Peking. Angesichts von gegenseitigen Sanktionen sei das Umfeld “für eine Ratifizierung des Abkommens derzeit nicht günstig”, sagte er am Dienstagabend der Nachrichtenagentur AFP. Damit setzt er die Aussetzung klar in Beziehung zu den Sanktionen, mit denen China europäische Politiker und Akademiker belegt hat.

Die Aussage Dombrovskis löste kurzfristig große Aufregung aus. Die Entwicklung kommt indessen für Beobachter nicht unerwartet (China.Table berichtete). Kurz nach Unterzeichnung des Abkommens durch die EU-Kommission und die chinesische Regierung im Dezember fingen die gleichen Akteure an, sich heftig zu beharken. Die EU belegte zunächst chinesische Funktionäre, die für Repressalien in der Provinz Xinjiang verantwortlich sein sollen, mit Reisebeschränkungen. Peking schlug prompt zurück – und setzt die Gegensanktionen noch einmal deutlich breiter an. Die Einreiseverbote betrafen nicht nur kritische EU-Parlamentarier wie Bütikofer, sondern beispielsweise auch das Forschungsinstitut Merics in Berlin.

In diesem Umfeld könnte die Äußerung Dombrovskis auch dazu dienen, das Gesicht zu wahren – und dem Abkommen doch noch eine Chance zu geben. Wenn das Parlament sich ausdrücklich gegen das CAI entschieden hätte, wäre es vorerst vom Tisch gewesen. So hängt es in der Schwebe. Der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer sagte dem China.Table, es sei klar, dass es keine Mehrheit für einen Kooperationsvertrag mit einem Land gebe, das die eigenen Parlamentarier mit Sanktionen belegt. “Für die Bundeskanzlerin wird ihr Eintreten für das Investitionsabkommen trotz aller Kritik zur Blamage.” Um so deutlicher sei es, dass Deutschland nach Merkel eine neue Chinapolitik brauche.

G7 geben China ebenfalls Kontra

Die immer größeren Bauchschmerzen im Umgang mit China zeigen sich auch beim Treffen der G7-Außenminister in London. Zwei Themen beherrschten den Gipfel: Russland und China. Die Front zwischen den autoritär regierten Staaten und den alten westlichen Demokratien verhärtet sich auch hier deutlich. US-Außenminister Antony Blinken und Heiko Maas zeigten traute Einigkeit – was unter Trump nicht möglich gewesen wäre.

Die Außenminister betonten, Menschenrechtsfragen künftig wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen und hier möglichst mit einer Stimme zu sprechen. “Wirtschaftsinteressen gibt es überall, aber Fragen der Menschenrechte und der Freiheitsrechte müssen größeren Raum bekommen, wenn es um China geht”, sagte Maas am Dienstag. Blinken klang ganz ähnlich: “Wir versuchen, die auf internationalen Regeln basierende Ordnung aufrechtzuerhalten, in die unsere Länder in so vielen Jahrzehnten so viel investiert haben”, so Blinken.

In den vier Jahren der Präsidentschaft Donald Trumps haben die G7 als Gruppe nicht funktioniert. Trump hatte eine Show daraus gemacht, die Politik der einstigen Partner zu unterlaufen. Zugleich hat er einseitig eine besonders harte Handelspolitik gefahren und unabgestimmt Sanktionen gegen China erlassen. Europa, Japan und Kanada haben angesichts seines Verhaltens nur wenig Bereitschaft gezeigt, mitzuziehen. Nun sieht es so aus, als seien es mehr die Person und der Stil Trumps gewesen als die Sachfragen, die zum Auseinanderdriften der europäischen und amerikanischen Position geführt haben. In der Ära nach Trump treten wieder die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund.

Blinken will die alte Ordnung verteidigen

Trotz der größeren Einigkeit wirken die G7 jedoch als Institution überholt. Kein Wunder, schließlich sind sie ein Zusammenschluss wichtiger Staaten der Weltordnung des 20. Jahrhunderts. Mitglieder sind die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Diese Zusammensetzung bildet schon lange nicht mehr den tatsächlichen Einfluss auf das Weltgeschehen ab. Brasilien, Russland, Indien und China (also die sogenannten “Brics-Staaten”) haben von der Größe ihrer Bevölkerung, dem Einfluss auf Umwelt und Klima und anderen Faktoren her mindestens ebenso viel mitzureden. Insbesondere China und Indien haben größere Volkswirtschaften als viele G7-Staaten. Südkorea und Indien sind immerhin als Gäste eingeladen und sitzen mit am Tisch. Die G7 sind dennoch so etwas wie ein Bollwerk der alten Industrienationen. Das stellte Blinken recht schnell klar: Wenn ein Land wie China die vorhandene Ordnung unter Führung der Demokratien infrage stelle, “werden wir aufstehen und die Ordnung verteidigen”.

Auch hier klang Maas sehr ähnlich: “Immer mehr versuchen autoritäre Staaten oder autoritäre Staatenlenker, ihr Modell gegen das der liberalen Demokratien zu stellen.” Die G7 sollten gemeinsame Werte definieren und gemeinsame Strategien entwickeln. “Wir, die G7, sind die freie Welt, und wir wollen freien Handel, statt Knebelverträge, wie wir es von anderen kennen.” Am gleichen Tag wie Maas’ Bekenntnis zum freien Handel in London fuhr nun jedoch das CAI in Brüssel aufs Abstellgleis. Bei ähnlichen Absichten widerspricht sich so die konkrete Politik. Trotz aller Schwächen ist das CAI ein Vertrag zur Liberalisierung des Handels.

Die Grünen als Einflussfaktor?

Aus angelsächsischer Sicht spielt bei diesen Vorgängen auch der Aufstieg der Grünen in der deutschen Politik eine Rolle. Mit der absehbaren Regierungsbeteiligung der Öko-Partei ab Herbst könnte das Thema Menschenrechte im größten EU-Land an Prominenz gewinnen, während Wirtschaftsinteressen an Priorität verlieren. Die Unterzeichnung des CAI erfolgte dieser Sichtweise zufolge zu dem letztmöglichen Zeitpunkt, zu dem das noch möglich war. Trump hatte die Europäer gegen sich aufgebracht und Merkel mit ihrer kooperationsorientierten Politik hat noch den Ton angegeben. Die Forderung Bütikofers nach einer neuen, grün mitgeprägten China-Politik “post Merkel” stützt nun die These, dass es solche Verträge künftig schwerer haben werden.

Die Aussetzung der Bemühungen, das CAI gegen Widerstände durch das Parlament zu peitschen, passt damit zu der antizipierten Nachjustierung in der deutschen Chinapolitik, die sich in den positiven Umfragewerten für die Grünen abzeichnet. Dennoch wird es fast sicher keinen abrupten Wechsel geben. Deutsche Außenpolitik wandelt sich unabhängig von der Parteipolitik nur sehr langsam. Mitarbeit: Amelie Richter

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Der Sinovac-Impfstoff muss zeigen, was er kann

Die europäische Arzneibehörde EMA will in den kommenden Monaten prüfen, ob sie den Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac in der EU zulassen wird. “Wir werden bewerten, inwieweit die EU-Standards für Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität eingehalten werden”, teilte die EMA am Dienstag in Amsterdam mit. Sie gab jedoch keinen Zeitpunkt an, wann mit einer finalen Entscheidung zu rechnen ist.

Dem Vorgang ist großes Interesse sicher. Denn je nach Weltgegend und Studie schwanken die Werte für die Wirksamkeitsrate des Produkts zwischen 51 und 82 Prozent. Die größte Enttäuschung im Zusammenhang mit Sinovac betrifft jedoch die Wirksamkeit nach der ersten Dosis. Während Biontech, Astrazeneca, Moderna und viele andere Wettbewerber hier bereits auf hohe Werte um 70 Prozent kommen, weisen Daten aus Südamerika für Sinovac (China.Table berichtete) auf eher schwache Raten im Bereich von 16 Prozent hin. Es sind also wirklich beide Dosen nötig, um überhaupt einen sinnvollen Impfschutz herzustellen.

WHO prüft Notfallzulassung

Der Frage nach der tatsächlichen Wirksamkeit des Sinovac-Impfstoffs geht derzeit auch die Weltgesundheitsorganisation WHO nach. Hier geht es sowohl um Sinovac als auch um den Konkurrenten Sinopharm. Die WHO prüft derzeit die Möglichkeit einer Notfallzulassung. Das wäre ein wichtiges Signal für Behörden weltweit, auf das chinesische Vakzin nicht zu verzichten. Eine Ablehnung wäre ein Gesichtsverlust für die chinesische Pharmabranche. Die Weltgesundheitsorganisation wird voraussichtlich Ende dieser Woche eine Entscheidung über den Impfstoff treffen. Es wäre die fünfte Zulassung eines Covid19-Impfstoffs durch die WHO neben den Vakzinen von Pfizer und Biontech, Astrazeneca, Moderna und Johnson & Johnson.

Für Peking sind Impfstoffe derzeit hochpolitisch. Schließlich präsentiert sich China als der Retter der Länder des Globalen Südens (China.Table berichtete) – und zwar nicht zu Unrecht. Die USA haben bisher erst wenige Millionen Impfdosen ausgeführt. Erst Ende April kündigten sie an, in den kommenden Monaten 60 Millionen Dosen Astrazeneca zu exportieren. Die EU hat zwar mehr Vakzine exportiert als die USA, aber auch hierzulande wird jede Ausfuhr kritisch beäugt. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen in benachteiligten Ländern explosionsartig an (China.Table berichtete) und viele Länder des Globalen Südens müssen Prognosen zufolge bis ins Jahr 2023 warten, bevor eine flächendeckende Impfabdeckung erreicht wird. Wenn Sinovac weniger wirksam wäre als versprochen, dann könnte es bei der weltweiten Versorgung mit Impfstoffen sogar einen herben Rückschlag geben.

Länder wie die Türkei oder Indonesien setzten stark auf die Lieferungen aus China. Für die jeweiligen Regierungschefs steht viel auf dem Spiel. Sie haben für die Wirksamkeit und die Sicherheit der Lieferungen aus China geworben. Wenn sich herausstellt, dass die Spritzen nicht gut schützen, würde ihnen das in der öffentlichen Wahrnehmung schaden.

Geringe Wirksamkeit nach erster Dosis

Sicher ist schon jetzt, dass die Impfstoffe von Sinopharm und Sinovac grundsätzlich funktionieren. Von Anfang an war jedoch auch klar, dass sie nicht an die überragende Wirkung heranreichen, die sich mit der Hightech-Medizin auf Basis von mRNA oder Vektoren erzielen lässt. Die Impfstoffe von Biontech, Moderna und Curevac gehen hier besonders raffiniert vor. Sie präsentieren den zuständigen Immunzellen direkt Virenteile und bedienen sich dazu gentechnischer Methoden. Die Zellen steigen daraufhin ohne Umwege in die Massenproduktion von Antikörpern ein.

Die Totimpfstoffe von Sinopharm und Sinovac enthalten dagegen einfach das Sars-Coronavirus 2 – bloß in abgetöteter Form. Das Immunsystem muss diese inaktiven Viren erst finden, als Fremdkörper identifizieren, den zuständigen Zellen präsentieren und kann dann erst Antikörper produzieren. Um diesen Prozess anzuregen, ist die zweifache Stimulierung nötig.

Auch eine Wirksamkeitsrate von 50 Prozent wäre dabei völlig ausreichend, um einen Unterschied zu machen. Die Zahl bedeutet nicht, dass die Hälfte der Geimpften trotzdem krank wird. Es handelt sich um die Prozentzahl, um die die sichtbare Krankheit in der geimpften Gruppe seltener wird. Ganz entscheidend ist aber, dass schwere Krankheitsverläufe, Krankenhauseinweisungen, Übertragungen an andere und Todesfälle gegen null gedrückt werden. Das leisten dem Anschein nach auch die chinesischen Produkte – zumindest nach der zweiten Dosis.

Die EMA und die WHO werden die vorhandenen Daten nun wissenschaftlich unabhängig auswerten. Es gibt Kriterien dafür, was eine gut gemachte Impfstudie ausmacht und wie die Daten zu lesen sind. Wenn die von den Herstellern zu erbringenden Informationen Lücken oder Unstimmigkeiten aufweisen, wird es keine Zulassung geben. Finn Mayer-Kuckuk / Nico Beckert

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News

Halbleiter – US-Handelsministerium drängt Taiwan, US-Automobilhersteller zu priorisieren

Die US-Handelsministerin Gina Raimondo fordert von Taiwan, die US-Autoindustrie vorrangig mit Chips zu beliefern. “Wir arbeiten hart daran, um zu sehen, ob wir die Taiwaner und TSMC dazu bringen können, die Bedürfnisse unserer Autounternehmen zu priorisieren, da so viele amerikanische Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen“, sagte Raimondo am Dienstag laut Reuters. TSMC ist der weltweit führende Hersteller von Halbleitern für die Fahrzeugindustrie.

Die USA plant zudem, die eigenen Produktionskapazitäten zu vergrößern und die Abhängigkeit von China und Taiwan zu verringern, so die Handelsministerin laut Bloomberg. Sie warb für Präsident Joe Bidens Vorschlag eines 50-Milliarden-Dollar-Fonds für die Halbleiterproduktion. Die Autohersteller drängen darauf, dass ein Teil des Geldes für Chips in für die Automobilindustrie reserviert wird. Sie warnen vor einem potenziellen Produktionsausfall von 1,3 Millionen Autos und leichten Nutzfahrzeugen in den USA in diesem Jahr, wenn ihrer Industrie keine Priorität eingeräumt wird. nib

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China-Korrespondentinnen für den Nannen-Preis nominiert

Einfach war die Arbeit als China-Korrespondent schon früher nicht. Auf der Rangliste der Pressefreiheit rangierte die Volksrepublik stets auf den hinteren Plätzen. Doch so schwierig wie im vergangenen Pandemiejahr war die Arbeit für Journalisten aus dem Ausland im Reich der Mitte noch nie. Auf Recherchen wurden sie behindert, ihre Gesprächspartner eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, teils wochenlang mussten die ausländischen Reporter aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen mehrfach in Quarantäne, ihnen wurde die Ein- und Ausreise erschwert, ihre Angehörigen durften gar nicht einreisen. Und selbst als Recherchereisen im Inland offiziell wieder erlaubt waren, wurden sie von der Staatssicherheit verfolgt und überwacht. 

Dass sie trotz dieser massiv erschwerten Umstände weiter so ausführlich und kenntnisreich aus dem autoritär regierten Land berichtet haben, hat die Jury des Nannen-Preises unter Vorsitz von Ulrich Wickert dazu bewogen, die China-Korrespondentinnen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Süddeutsche Zeitung und der Wochenzeitung Die Zeit für den renommierten Nannen-Preis der neu geschaffenen Kategorie “Republik” zu nominieren. 

“Herausragende Auslandsberichterstattung vermittelt tiefes Verständnis von Gesellschaften und Kulturen und fungiert als publizistisches Korrektiv zu ideologisch motivierten Zerrbildern”, heißt es in der Begründung. Trotzdem, oder gerade deswegen, werde die Arbeit von Auslandskorrespondenten zunehmend erschwert und behindert. Und kaum irgendwo werde das derzeit so deutlich wie in China. Und weiter: “Die furchtlose Arbeit von Friederike Böge, Lea Deuber und Xifan Yang in China steht stellvertretend für den Mut und die Hartnäckigkeit von Korrespondenten weltweit.” flee

  • Zivilgesellschaft

Raketentrümmer drohen unkontrolliert abzustürzen

Ein 20 Tonnen schweres Teil einer chinesischen Trägerrakete droht in den kommenden Tagen unkontrolliert zurück auf die Erde zu stürzen. Es sei unklar, wo und wann die Raketentrümmer abstürzen. Die Rakete wurde vor wenigen Tagen ins All gestartet, um den Bau der chinesischen Weltraumstation “Tiangong – Himmelspalast” einzuleiten (China.Table berichtete).

Zwar werde ein großer Teil des Schrotts beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen, doch es könnten genug Bruchstücke übrig bleiben, um Schaden anzurichten, berichtet die SCMP. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass die Teile auf unbewohntes Land oder ins Meer stürzen, so das Fachportal SpaceNews. Beim ersten Flug einer baugleichen Rakete (“Langer Marsch 5B”) gingen Trümmerteile über der Elfenbeinküste nieder und beschädigten mehrere Häuser in Dörfern.

Als Ursache für den unkontrollierten Wiedereintritt wird das Design der Rakete genannt. Der Hauptteil sei nicht steuerbar und könne nicht in eine Flugbahn manövriert werden, was als Grundbedingung für den kontrollierten Absturz gilt. Die Raketen anderer Länder seien in dieser Frage weiter. Für den Bau der Raumstation sind weitere Starts des gleichen Raketentyps vorgesehen. nib

  • Nachhaltigkeit
  • Raumfahrt
  • Technologie
  • Tiangong
  • Verschmutzung

Hafen in Darwin: Australien fürchtet um nationale Sicherheit

Die australische Regierung erwägt die Auflösung eines Leasingvertrags mit einem chinesischen Hafenbetreiber im nordaustralischen Darwin. Aus Sorge um die nationale Sicherheit will das Verteidigungsministerium prüfen, ob der chinesischen Landbridge Group die Nutzungsrechte entzogen werden. Grundlage dafür ist das 2020 reformierte Gesetz für Auslandsinvestitionen. Das Öl- und Logistikunternehmen hatte sich 2015 für knapp 400 Millionen US-Dollar die Nutzungsrechte über eine Dauer von 99 Jahren gesichert.

Der Hafen in Darwin ist neben seiner kommerziellen Verwendung auch Stützpunkt australischer und US-amerikanischer Marine-Streitkräfte. Landbridge hat lediglich Zugang zum kommerziellen Teil des Geländes und benötigt für Marinebesuche durch Drittstaaten die Genehmigung der örtlichen Behörden. Der Vertragsabschluss zwischen dem Unternehmen und der Regierung des Northern Territory war ohne Rücksprache mit den Amerikanern zustande gekommen, was die US-Regierung in Washington seinerzeit verärgerte. Die Regierung des Northern Territory hatte nach eigenen Angaben zuvor drei Jahrzehnte vergeblich in Canberra um eine Investition in das Hafengelände gebuhlt, bis das chinesische Unternehmen in die Bresche sprang.

Eine Vertragsauflösung würde die australische Regierung teuer zu stehen kommen. Einerseits würden Entschädigungszahlungen an Landbridge fällig, andererseits würde der Staat eine Abstufung seines Bonitätsratings riskieren, was ausländische Investoren abschrecken könnte. Die Überlegungen der australischen Regierung zum jetzigen Zeitpunkt sind auch das Resultat zunehmender Spannungen mit Peking. Die Volksrepublik China sprach im Laufe des vergangenen Jahres Importverbote und hohe Zölle gegen zahlreiche australische Produkte wie Fleisch oder Wein aus, nachdem Canberra Anfang 2020 Anti-Dumping-Untersuchungen gegen chinesische Firmen eingeleitet und wenig später eine unabhängige Aufklärung des Corona-Ausbruchs in Wuhan gefordert hatte. GRZ

  • Geopolitik
  • Militär

Huarong: Können Schulden bedienen

Chinas staatlicher Vermögensverwalter Huarong versicherte seinen Investoren, dass er in der Lage sei, seine Schulden zurückzuzahlen. Xu Yongli, Vizepräsident und Vorstandssekretär von Huarong sagte gegenüber dem Wirtschaftsblatt Shanghai Securities News, dass die jüngsten Herabstufungen von internationalen Ratingagenturen “keine sachliche Grundlage haben” und kritisierte sie “als zu pessimistisch”. Die Agenturen Moody’s und Fitch hatten die Bonität des Unternehmens vergangene Woche herabgestuft. Es sei unklar, ob Huarong die volle Unterstützung der Regierung genieße.

Eine staatliche Rettung könnte nötig werden, die Lage des Unternehmens ist weiterhin ernst. Es geriet im März in finanzielle Schieflage und hat die Veröffentlichung seines Jahresabschlusses überraschend verschoben. Die Anleger stießen daraufhin Anleihen von Huarong ab. Im nächsten Schritt geriet auch die Aktie des Unternehmens ins Rutschen. Laut dem Wirtschaftsportal Caixin ist das Finanzministerium in Peking der größte Anteilseigner des Vermögensverwalters. Staatliche Institutionen hatten sich jüngst darauf vorbereitet, dem Unternehmen unter die Arme zu greifen. Der Vermögensverwalter hat ausländische Anleihen im Volumen von 22,9 Milliarden Dollar ausstehen und muss in diesem Jahr 3,7 Milliarden Dollar davon an die Investoren zurückzahlen. Jetzt schaltet das Unternehmen auf Beschwichtigung um. “Huarong arbeitet aktiv mit Wirtschaftsprüfern zusammen, um die Geschäftsergebnisse für 2020 so schnell wie möglich zu veröffentlichen”, sagte Xu gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua.

Die Zahlungsprobleme haben eine dramatische Vorgeschichte. Huarongs ehemaliger Verwaltungsratschef Lai Xiaomin wurde Anfang des Jahres wegen Korruption zum Tode verurteilt. Zwischen 2008 und 2018 soll Lai Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet etwa 225 Millionen Euro entgegengenommen haben. Das Urteil gegen Lai gilt als eines der härtesten, die ein chinesisches Gericht in jüngster Zeit wegen Wirtschaftskriminalität verhängt hat. niw

  • Finanzen
  • Innenpolitik der KP China
  • KP Chinas
  • Subventionen

Portrait

Genia Kostka

Genia Kostka ist Leiterin des Instituts für Chinastudien an der Freien Universität Berlin.
Leiterin des Instituts für Chinastudien an der Freien Universität Berlin

Man könnte fast denken, die chinesische Politik liegt an den Berliner Universitäten in Familienhand. Genia Kostka leitet seit 2020 das Institut für Chinastudien an der Freien Universität, ihre Frau Sarah Eaton ist Professorin zum gleichen Thema an der Humboldt Universität. Wenn die 42-Jährige bei ihren Forschungen zur Technologiepolitik Chinas mal nicht weiterkommt, dann hat sie mit ihrer Frau eine Sparringpartnerin.

Genia Kostka selbst beschreibt ihren Weg in die Chinaforschung als zufällig. Mit 17 wollte die gebürtige Chemnitzerin unbedingt ihr Abitur im Ausland machen. Ihre erste Wahl wäre Kanada gewesen, doch die Austausch-Organisation schickte sie nach Hongkong. “Heute würde ich das jederzeit lieber wählen”, sagt Kostka. 1996 machte sie sich auf den Weg, verliebte sich in das Land und die Leute.

Damals dachte Genia Kostka noch daran in irgendeiner internationalen Organisation zu arbeiten “weil das sexy klang”. Doch als sie nach ihrem Ökonomie-Master an der Johns Hopkins-Universität in Baltimore als Beraterin bei McKinsey arbeitete, wurde ihr klar, dass an China kein Weg vorbeiführt “im Positiven wie im Negativen”. Sie machte 2009 ihren Doktor in Oxford, forschte in China und wurde Fellow an der Tsinghua Universität in Peking. Seit 2017 spezialisierte sie sich an der Freien Universität Berlin auf Chinas Umweltpolitik. Die vielen technischen Lösungen bei Umweltthemen, wie zum Beispiel scanbare Müllsäcke und Meldeapps für Umweltverschmutzung brachten sie zu ihrem neuen Forschungsgebiet.

Deutschland könne in China viel über digitale Technologien und ihre Vor- und Nachteile lernen, sagt Kostka. Weil dort vieles schneller geht als im bürokratischen Deutschland. Natürlich würde die Technik auch zur Überwachung genutzt und müsse kritisch gesehen werden. “Trotzdem: Man sollte das nicht einfach alles verurteilen, sondern davon lernen.”

Zum Beispiel bei der Corona-App der Chinesen. Während bei uns noch diskutiert wird, habe die App in China schon lange einen QR-Code für Geimpfte, um Zugang zu öffentlichen Orten zu ermöglichen. “Es würde der Wirtschaft helfen, wenn wir das auch einführen”, sagt Genia Kostka. In den aktuellen Studien, die sie zum Thema gemacht hat, zeigte sich, dass die Technologie vor allem effektiv sein muss und die Menschen ihre persönlichen Vorteile darin sehen müssen, damit es funktioniert. Auch bei der fehlenden Transparenz der Technologien könne Deutschland vom Negativ-Beispiel China lernen.

Im Moment erarbeitet Kostka eine Datenbank über digitale Projekte in Chinas Lokalregierungen. Leider ohne Interviews im Land. Das akademische “Decoupling”, das gerade stattfinde und es ausländischen Forschern schwierig mache, macht Kostka Sorgen. “Ich würde gerne wieder hinfahren, um dazu beizutragen, dass es nicht noch schwerer wird”, sagt sie. Vielleicht dann auch mal mit ihren vier Kindern. Die waren nämlich noch nie da. Marita Wehlus

  • Apps
  • Decoupling
  • Nachhaltigkeit
  • Technologie
  • Umwelt

Personalien

Zhang Jun, China’s ambassador to the United Nations, took over the chairmanship of the UN Security Council in May by rotation. Zhang, 60, has been China’s representative in New York since 2019. At the start of China’s UN presidency, Zhang spoke out against sanctions on Myanmar. He fears that this will only worsen the humanitarian situation and sees above all the association of Southeast Asian states Asean as responsible. Zhang also advocates an end to the sanctions imposed by the United States on Iran. To save the nuclear agreement with Iran, Germany, Great Britain, and France, together with Russia and China, are trying to mediate between the US and Iran. The chairmanship of the Security Council changes monthly.

  • ASEAN

Dessert

Etwas Süßes zum Dessert! Covid gilt als überwunden, in China rollt die Mai-Reisewelle, und an den Yungang-Grotten in Nordchina hält ein Tourist sein Eis am Stil hoch. Verblüffend, wie detailgetreu der Gefrier-Künstler die Höhlen nachgebildet hat.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Analyse

    EU-Kommission: Sanktionen gefährden Ratifizierung des CAI

    Das EU-China Comprehensive Agreement on Investment (CAI) sollte europäischen Unternehmen den Zugang zum chinesischen Markt erleichtern (China.Table berichtete) und gilt als Vorstufe zum Freihandel. Nun ist sein Inkrafttreten auf unbestimmte Zeit verschoben. Denn mit Valdis Dombrovskis, dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, sprach der erste hochrangige EU-Politiker am Dienstagabend offen aus, was in Brüssel längst klar war: Angesichts der Stimmung gegen das Abkommen hat es im Parlament ohnehin kaum noch eine Chance.

    Die Unterzeichnung des Abkommens durch die Kommission im Dezember war zunächst ein PR-Erfolg für Peking: Während die USA das Land mit Handelssanktionen unter Druck setzen, öffnete sich die EU für eine weitreichende Wirtschaftskooperation. Kritische Fragen wie Menschenrechte und Arbeitsbedingungen spricht das CAI zwar an, sieht aber keinen echten Kontrollmechanismus für die Durchsetzung von EU-Standards vor. Deutschland gehörte zu den Befürwortern des Abkommens. Tatsächlich gehört der Abschluss eines Investitionsvertrages seit einem Jahrzehnt zu den ausdrücklichen Wünschen der Bundesregierung gegenüber Peking.

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    Dombrovskis nannte als Grund für seine Befürchtungen die jüngsten diplomatischen Zerwürfnisse mit Peking. Angesichts von gegenseitigen Sanktionen sei das Umfeld “für eine Ratifizierung des Abkommens derzeit nicht günstig”, sagte er am Dienstagabend der Nachrichtenagentur AFP. Damit setzt er die Aussetzung klar in Beziehung zu den Sanktionen, mit denen China europäische Politiker und Akademiker belegt hat.

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    In diesem Umfeld könnte die Äußerung Dombrovskis auch dazu dienen, das Gesicht zu wahren – und dem Abkommen doch noch eine Chance zu geben. Wenn das Parlament sich ausdrücklich gegen das CAI entschieden hätte, wäre es vorerst vom Tisch gewesen. So hängt es in der Schwebe. Der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer sagte dem China.Table, es sei klar, dass es keine Mehrheit für einen Kooperationsvertrag mit einem Land gebe, das die eigenen Parlamentarier mit Sanktionen belegt. “Für die Bundeskanzlerin wird ihr Eintreten für das Investitionsabkommen trotz aller Kritik zur Blamage.” Um so deutlicher sei es, dass Deutschland nach Merkel eine neue Chinapolitik brauche.

    G7 geben China ebenfalls Kontra

    Die immer größeren Bauchschmerzen im Umgang mit China zeigen sich auch beim Treffen der G7-Außenminister in London. Zwei Themen beherrschten den Gipfel: Russland und China. Die Front zwischen den autoritär regierten Staaten und den alten westlichen Demokratien verhärtet sich auch hier deutlich. US-Außenminister Antony Blinken und Heiko Maas zeigten traute Einigkeit – was unter Trump nicht möglich gewesen wäre.

    Die Außenminister betonten, Menschenrechtsfragen künftig wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen und hier möglichst mit einer Stimme zu sprechen. “Wirtschaftsinteressen gibt es überall, aber Fragen der Menschenrechte und der Freiheitsrechte müssen größeren Raum bekommen, wenn es um China geht”, sagte Maas am Dienstag. Blinken klang ganz ähnlich: “Wir versuchen, die auf internationalen Regeln basierende Ordnung aufrechtzuerhalten, in die unsere Länder in so vielen Jahrzehnten so viel investiert haben”, so Blinken.

    In den vier Jahren der Präsidentschaft Donald Trumps haben die G7 als Gruppe nicht funktioniert. Trump hatte eine Show daraus gemacht, die Politik der einstigen Partner zu unterlaufen. Zugleich hat er einseitig eine besonders harte Handelspolitik gefahren und unabgestimmt Sanktionen gegen China erlassen. Europa, Japan und Kanada haben angesichts seines Verhaltens nur wenig Bereitschaft gezeigt, mitzuziehen. Nun sieht es so aus, als seien es mehr die Person und der Stil Trumps gewesen als die Sachfragen, die zum Auseinanderdriften der europäischen und amerikanischen Position geführt haben. In der Ära nach Trump treten wieder die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund.

    Blinken will die alte Ordnung verteidigen

    Trotz der größeren Einigkeit wirken die G7 jedoch als Institution überholt. Kein Wunder, schließlich sind sie ein Zusammenschluss wichtiger Staaten der Weltordnung des 20. Jahrhunderts. Mitglieder sind die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada. Diese Zusammensetzung bildet schon lange nicht mehr den tatsächlichen Einfluss auf das Weltgeschehen ab. Brasilien, Russland, Indien und China (also die sogenannten “Brics-Staaten”) haben von der Größe ihrer Bevölkerung, dem Einfluss auf Umwelt und Klima und anderen Faktoren her mindestens ebenso viel mitzureden. Insbesondere China und Indien haben größere Volkswirtschaften als viele G7-Staaten. Südkorea und Indien sind immerhin als Gäste eingeladen und sitzen mit am Tisch. Die G7 sind dennoch so etwas wie ein Bollwerk der alten Industrienationen. Das stellte Blinken recht schnell klar: Wenn ein Land wie China die vorhandene Ordnung unter Führung der Demokratien infrage stelle, “werden wir aufstehen und die Ordnung verteidigen”.

    Auch hier klang Maas sehr ähnlich: “Immer mehr versuchen autoritäre Staaten oder autoritäre Staatenlenker, ihr Modell gegen das der liberalen Demokratien zu stellen.” Die G7 sollten gemeinsame Werte definieren und gemeinsame Strategien entwickeln. “Wir, die G7, sind die freie Welt, und wir wollen freien Handel, statt Knebelverträge, wie wir es von anderen kennen.” Am gleichen Tag wie Maas’ Bekenntnis zum freien Handel in London fuhr nun jedoch das CAI in Brüssel aufs Abstellgleis. Bei ähnlichen Absichten widerspricht sich so die konkrete Politik. Trotz aller Schwächen ist das CAI ein Vertrag zur Liberalisierung des Handels.

    Die Grünen als Einflussfaktor?

    Aus angelsächsischer Sicht spielt bei diesen Vorgängen auch der Aufstieg der Grünen in der deutschen Politik eine Rolle. Mit der absehbaren Regierungsbeteiligung der Öko-Partei ab Herbst könnte das Thema Menschenrechte im größten EU-Land an Prominenz gewinnen, während Wirtschaftsinteressen an Priorität verlieren. Die Unterzeichnung des CAI erfolgte dieser Sichtweise zufolge zu dem letztmöglichen Zeitpunkt, zu dem das noch möglich war. Trump hatte die Europäer gegen sich aufgebracht und Merkel mit ihrer kooperationsorientierten Politik hat noch den Ton angegeben. Die Forderung Bütikofers nach einer neuen, grün mitgeprägten China-Politik “post Merkel” stützt nun die These, dass es solche Verträge künftig schwerer haben werden.

    Die Aussetzung der Bemühungen, das CAI gegen Widerstände durch das Parlament zu peitschen, passt damit zu der antizipierten Nachjustierung in der deutschen Chinapolitik, die sich in den positiven Umfragewerten für die Grünen abzeichnet. Dennoch wird es fast sicher keinen abrupten Wechsel geben. Deutsche Außenpolitik wandelt sich unabhängig von der Parteipolitik nur sehr langsam. Mitarbeit: Amelie Richter

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    Der Sinovac-Impfstoff muss zeigen, was er kann

    Die europäische Arzneibehörde EMA will in den kommenden Monaten prüfen, ob sie den Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac in der EU zulassen wird. “Wir werden bewerten, inwieweit die EU-Standards für Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität eingehalten werden”, teilte die EMA am Dienstag in Amsterdam mit. Sie gab jedoch keinen Zeitpunkt an, wann mit einer finalen Entscheidung zu rechnen ist.

    Dem Vorgang ist großes Interesse sicher. Denn je nach Weltgegend und Studie schwanken die Werte für die Wirksamkeitsrate des Produkts zwischen 51 und 82 Prozent. Die größte Enttäuschung im Zusammenhang mit Sinovac betrifft jedoch die Wirksamkeit nach der ersten Dosis. Während Biontech, Astrazeneca, Moderna und viele andere Wettbewerber hier bereits auf hohe Werte um 70 Prozent kommen, weisen Daten aus Südamerika für Sinovac (China.Table berichtete) auf eher schwache Raten im Bereich von 16 Prozent hin. Es sind also wirklich beide Dosen nötig, um überhaupt einen sinnvollen Impfschutz herzustellen.

    WHO prüft Notfallzulassung

    Der Frage nach der tatsächlichen Wirksamkeit des Sinovac-Impfstoffs geht derzeit auch die Weltgesundheitsorganisation WHO nach. Hier geht es sowohl um Sinovac als auch um den Konkurrenten Sinopharm. Die WHO prüft derzeit die Möglichkeit einer Notfallzulassung. Das wäre ein wichtiges Signal für Behörden weltweit, auf das chinesische Vakzin nicht zu verzichten. Eine Ablehnung wäre ein Gesichtsverlust für die chinesische Pharmabranche. Die Weltgesundheitsorganisation wird voraussichtlich Ende dieser Woche eine Entscheidung über den Impfstoff treffen. Es wäre die fünfte Zulassung eines Covid19-Impfstoffs durch die WHO neben den Vakzinen von Pfizer und Biontech, Astrazeneca, Moderna und Johnson & Johnson.

    Für Peking sind Impfstoffe derzeit hochpolitisch. Schließlich präsentiert sich China als der Retter der Länder des Globalen Südens (China.Table berichtete) – und zwar nicht zu Unrecht. Die USA haben bisher erst wenige Millionen Impfdosen ausgeführt. Erst Ende April kündigten sie an, in den kommenden Monaten 60 Millionen Dosen Astrazeneca zu exportieren. Die EU hat zwar mehr Vakzine exportiert als die USA, aber auch hierzulande wird jede Ausfuhr kritisch beäugt. Gleichzeitig steigen die Infektionszahlen in benachteiligten Ländern explosionsartig an (China.Table berichtete) und viele Länder des Globalen Südens müssen Prognosen zufolge bis ins Jahr 2023 warten, bevor eine flächendeckende Impfabdeckung erreicht wird. Wenn Sinovac weniger wirksam wäre als versprochen, dann könnte es bei der weltweiten Versorgung mit Impfstoffen sogar einen herben Rückschlag geben.

    Länder wie die Türkei oder Indonesien setzten stark auf die Lieferungen aus China. Für die jeweiligen Regierungschefs steht viel auf dem Spiel. Sie haben für die Wirksamkeit und die Sicherheit der Lieferungen aus China geworben. Wenn sich herausstellt, dass die Spritzen nicht gut schützen, würde ihnen das in der öffentlichen Wahrnehmung schaden.

    Geringe Wirksamkeit nach erster Dosis

    Sicher ist schon jetzt, dass die Impfstoffe von Sinopharm und Sinovac grundsätzlich funktionieren. Von Anfang an war jedoch auch klar, dass sie nicht an die überragende Wirkung heranreichen, die sich mit der Hightech-Medizin auf Basis von mRNA oder Vektoren erzielen lässt. Die Impfstoffe von Biontech, Moderna und Curevac gehen hier besonders raffiniert vor. Sie präsentieren den zuständigen Immunzellen direkt Virenteile und bedienen sich dazu gentechnischer Methoden. Die Zellen steigen daraufhin ohne Umwege in die Massenproduktion von Antikörpern ein.

    Die Totimpfstoffe von Sinopharm und Sinovac enthalten dagegen einfach das Sars-Coronavirus 2 – bloß in abgetöteter Form. Das Immunsystem muss diese inaktiven Viren erst finden, als Fremdkörper identifizieren, den zuständigen Zellen präsentieren und kann dann erst Antikörper produzieren. Um diesen Prozess anzuregen, ist die zweifache Stimulierung nötig.

    Auch eine Wirksamkeitsrate von 50 Prozent wäre dabei völlig ausreichend, um einen Unterschied zu machen. Die Zahl bedeutet nicht, dass die Hälfte der Geimpften trotzdem krank wird. Es handelt sich um die Prozentzahl, um die die sichtbare Krankheit in der geimpften Gruppe seltener wird. Ganz entscheidend ist aber, dass schwere Krankheitsverläufe, Krankenhauseinweisungen, Übertragungen an andere und Todesfälle gegen null gedrückt werden. Das leisten dem Anschein nach auch die chinesischen Produkte – zumindest nach der zweiten Dosis.

    Die EMA und die WHO werden die vorhandenen Daten nun wissenschaftlich unabhängig auswerten. Es gibt Kriterien dafür, was eine gut gemachte Impfstudie ausmacht und wie die Daten zu lesen sind. Wenn die von den Herstellern zu erbringenden Informationen Lücken oder Unstimmigkeiten aufweisen, wird es keine Zulassung geben. Finn Mayer-Kuckuk / Nico Beckert

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    Halbleiter – US-Handelsministerium drängt Taiwan, US-Automobilhersteller zu priorisieren

    Die US-Handelsministerin Gina Raimondo fordert von Taiwan, die US-Autoindustrie vorrangig mit Chips zu beliefern. “Wir arbeiten hart daran, um zu sehen, ob wir die Taiwaner und TSMC dazu bringen können, die Bedürfnisse unserer Autounternehmen zu priorisieren, da so viele amerikanische Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen“, sagte Raimondo am Dienstag laut Reuters. TSMC ist der weltweit führende Hersteller von Halbleitern für die Fahrzeugindustrie.

    Die USA plant zudem, die eigenen Produktionskapazitäten zu vergrößern und die Abhängigkeit von China und Taiwan zu verringern, so die Handelsministerin laut Bloomberg. Sie warb für Präsident Joe Bidens Vorschlag eines 50-Milliarden-Dollar-Fonds für die Halbleiterproduktion. Die Autohersteller drängen darauf, dass ein Teil des Geldes für Chips in für die Automobilindustrie reserviert wird. Sie warnen vor einem potenziellen Produktionsausfall von 1,3 Millionen Autos und leichten Nutzfahrzeugen in den USA in diesem Jahr, wenn ihrer Industrie keine Priorität eingeräumt wird. nib

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    China-Korrespondentinnen für den Nannen-Preis nominiert

    Einfach war die Arbeit als China-Korrespondent schon früher nicht. Auf der Rangliste der Pressefreiheit rangierte die Volksrepublik stets auf den hinteren Plätzen. Doch so schwierig wie im vergangenen Pandemiejahr war die Arbeit für Journalisten aus dem Ausland im Reich der Mitte noch nie. Auf Recherchen wurden sie behindert, ihre Gesprächspartner eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, teils wochenlang mussten die ausländischen Reporter aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen mehrfach in Quarantäne, ihnen wurde die Ein- und Ausreise erschwert, ihre Angehörigen durften gar nicht einreisen. Und selbst als Recherchereisen im Inland offiziell wieder erlaubt waren, wurden sie von der Staatssicherheit verfolgt und überwacht. 

    Dass sie trotz dieser massiv erschwerten Umstände weiter so ausführlich und kenntnisreich aus dem autoritär regierten Land berichtet haben, hat die Jury des Nannen-Preises unter Vorsitz von Ulrich Wickert dazu bewogen, die China-Korrespondentinnen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Süddeutsche Zeitung und der Wochenzeitung Die Zeit für den renommierten Nannen-Preis der neu geschaffenen Kategorie “Republik” zu nominieren. 

    “Herausragende Auslandsberichterstattung vermittelt tiefes Verständnis von Gesellschaften und Kulturen und fungiert als publizistisches Korrektiv zu ideologisch motivierten Zerrbildern”, heißt es in der Begründung. Trotzdem, oder gerade deswegen, werde die Arbeit von Auslandskorrespondenten zunehmend erschwert und behindert. Und kaum irgendwo werde das derzeit so deutlich wie in China. Und weiter: “Die furchtlose Arbeit von Friederike Böge, Lea Deuber und Xifan Yang in China steht stellvertretend für den Mut und die Hartnäckigkeit von Korrespondenten weltweit.” flee

    • Zivilgesellschaft

    Raketentrümmer drohen unkontrolliert abzustürzen

    Ein 20 Tonnen schweres Teil einer chinesischen Trägerrakete droht in den kommenden Tagen unkontrolliert zurück auf die Erde zu stürzen. Es sei unklar, wo und wann die Raketentrümmer abstürzen. Die Rakete wurde vor wenigen Tagen ins All gestartet, um den Bau der chinesischen Weltraumstation “Tiangong – Himmelspalast” einzuleiten (China.Table berichtete).

    Zwar werde ein großer Teil des Schrotts beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen, doch es könnten genug Bruchstücke übrig bleiben, um Schaden anzurichten, berichtet die SCMP. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass die Teile auf unbewohntes Land oder ins Meer stürzen, so das Fachportal SpaceNews. Beim ersten Flug einer baugleichen Rakete (“Langer Marsch 5B”) gingen Trümmerteile über der Elfenbeinküste nieder und beschädigten mehrere Häuser in Dörfern.

    Als Ursache für den unkontrollierten Wiedereintritt wird das Design der Rakete genannt. Der Hauptteil sei nicht steuerbar und könne nicht in eine Flugbahn manövriert werden, was als Grundbedingung für den kontrollierten Absturz gilt. Die Raketen anderer Länder seien in dieser Frage weiter. Für den Bau der Raumstation sind weitere Starts des gleichen Raketentyps vorgesehen. nib

    • Nachhaltigkeit
    • Raumfahrt
    • Technologie
    • Tiangong
    • Verschmutzung

    Hafen in Darwin: Australien fürchtet um nationale Sicherheit

    Die australische Regierung erwägt die Auflösung eines Leasingvertrags mit einem chinesischen Hafenbetreiber im nordaustralischen Darwin. Aus Sorge um die nationale Sicherheit will das Verteidigungsministerium prüfen, ob der chinesischen Landbridge Group die Nutzungsrechte entzogen werden. Grundlage dafür ist das 2020 reformierte Gesetz für Auslandsinvestitionen. Das Öl- und Logistikunternehmen hatte sich 2015 für knapp 400 Millionen US-Dollar die Nutzungsrechte über eine Dauer von 99 Jahren gesichert.

    Der Hafen in Darwin ist neben seiner kommerziellen Verwendung auch Stützpunkt australischer und US-amerikanischer Marine-Streitkräfte. Landbridge hat lediglich Zugang zum kommerziellen Teil des Geländes und benötigt für Marinebesuche durch Drittstaaten die Genehmigung der örtlichen Behörden. Der Vertragsabschluss zwischen dem Unternehmen und der Regierung des Northern Territory war ohne Rücksprache mit den Amerikanern zustande gekommen, was die US-Regierung in Washington seinerzeit verärgerte. Die Regierung des Northern Territory hatte nach eigenen Angaben zuvor drei Jahrzehnte vergeblich in Canberra um eine Investition in das Hafengelände gebuhlt, bis das chinesische Unternehmen in die Bresche sprang.

    Eine Vertragsauflösung würde die australische Regierung teuer zu stehen kommen. Einerseits würden Entschädigungszahlungen an Landbridge fällig, andererseits würde der Staat eine Abstufung seines Bonitätsratings riskieren, was ausländische Investoren abschrecken könnte. Die Überlegungen der australischen Regierung zum jetzigen Zeitpunkt sind auch das Resultat zunehmender Spannungen mit Peking. Die Volksrepublik China sprach im Laufe des vergangenen Jahres Importverbote und hohe Zölle gegen zahlreiche australische Produkte wie Fleisch oder Wein aus, nachdem Canberra Anfang 2020 Anti-Dumping-Untersuchungen gegen chinesische Firmen eingeleitet und wenig später eine unabhängige Aufklärung des Corona-Ausbruchs in Wuhan gefordert hatte. GRZ

    • Geopolitik
    • Militär

    Huarong: Können Schulden bedienen

    Chinas staatlicher Vermögensverwalter Huarong versicherte seinen Investoren, dass er in der Lage sei, seine Schulden zurückzuzahlen. Xu Yongli, Vizepräsident und Vorstandssekretär von Huarong sagte gegenüber dem Wirtschaftsblatt Shanghai Securities News, dass die jüngsten Herabstufungen von internationalen Ratingagenturen “keine sachliche Grundlage haben” und kritisierte sie “als zu pessimistisch”. Die Agenturen Moody’s und Fitch hatten die Bonität des Unternehmens vergangene Woche herabgestuft. Es sei unklar, ob Huarong die volle Unterstützung der Regierung genieße.

    Eine staatliche Rettung könnte nötig werden, die Lage des Unternehmens ist weiterhin ernst. Es geriet im März in finanzielle Schieflage und hat die Veröffentlichung seines Jahresabschlusses überraschend verschoben. Die Anleger stießen daraufhin Anleihen von Huarong ab. Im nächsten Schritt geriet auch die Aktie des Unternehmens ins Rutschen. Laut dem Wirtschaftsportal Caixin ist das Finanzministerium in Peking der größte Anteilseigner des Vermögensverwalters. Staatliche Institutionen hatten sich jüngst darauf vorbereitet, dem Unternehmen unter die Arme zu greifen. Der Vermögensverwalter hat ausländische Anleihen im Volumen von 22,9 Milliarden Dollar ausstehen und muss in diesem Jahr 3,7 Milliarden Dollar davon an die Investoren zurückzahlen. Jetzt schaltet das Unternehmen auf Beschwichtigung um. “Huarong arbeitet aktiv mit Wirtschaftsprüfern zusammen, um die Geschäftsergebnisse für 2020 so schnell wie möglich zu veröffentlichen”, sagte Xu gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua.

    Die Zahlungsprobleme haben eine dramatische Vorgeschichte. Huarongs ehemaliger Verwaltungsratschef Lai Xiaomin wurde Anfang des Jahres wegen Korruption zum Tode verurteilt. Zwischen 2008 und 2018 soll Lai Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet etwa 225 Millionen Euro entgegengenommen haben. Das Urteil gegen Lai gilt als eines der härtesten, die ein chinesisches Gericht in jüngster Zeit wegen Wirtschaftskriminalität verhängt hat. niw

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    • Innenpolitik der KP China
    • KP Chinas
    • Subventionen

    Portrait

    Genia Kostka

    Genia Kostka ist Leiterin des Instituts für Chinastudien an der Freien Universität Berlin.
    Leiterin des Instituts für Chinastudien an der Freien Universität Berlin

    Man könnte fast denken, die chinesische Politik liegt an den Berliner Universitäten in Familienhand. Genia Kostka leitet seit 2020 das Institut für Chinastudien an der Freien Universität, ihre Frau Sarah Eaton ist Professorin zum gleichen Thema an der Humboldt Universität. Wenn die 42-Jährige bei ihren Forschungen zur Technologiepolitik Chinas mal nicht weiterkommt, dann hat sie mit ihrer Frau eine Sparringpartnerin.

    Genia Kostka selbst beschreibt ihren Weg in die Chinaforschung als zufällig. Mit 17 wollte die gebürtige Chemnitzerin unbedingt ihr Abitur im Ausland machen. Ihre erste Wahl wäre Kanada gewesen, doch die Austausch-Organisation schickte sie nach Hongkong. “Heute würde ich das jederzeit lieber wählen”, sagt Kostka. 1996 machte sie sich auf den Weg, verliebte sich in das Land und die Leute.

    Damals dachte Genia Kostka noch daran in irgendeiner internationalen Organisation zu arbeiten “weil das sexy klang”. Doch als sie nach ihrem Ökonomie-Master an der Johns Hopkins-Universität in Baltimore als Beraterin bei McKinsey arbeitete, wurde ihr klar, dass an China kein Weg vorbeiführt “im Positiven wie im Negativen”. Sie machte 2009 ihren Doktor in Oxford, forschte in China und wurde Fellow an der Tsinghua Universität in Peking. Seit 2017 spezialisierte sie sich an der Freien Universität Berlin auf Chinas Umweltpolitik. Die vielen technischen Lösungen bei Umweltthemen, wie zum Beispiel scanbare Müllsäcke und Meldeapps für Umweltverschmutzung brachten sie zu ihrem neuen Forschungsgebiet.

    Deutschland könne in China viel über digitale Technologien und ihre Vor- und Nachteile lernen, sagt Kostka. Weil dort vieles schneller geht als im bürokratischen Deutschland. Natürlich würde die Technik auch zur Überwachung genutzt und müsse kritisch gesehen werden. “Trotzdem: Man sollte das nicht einfach alles verurteilen, sondern davon lernen.”

    Zum Beispiel bei der Corona-App der Chinesen. Während bei uns noch diskutiert wird, habe die App in China schon lange einen QR-Code für Geimpfte, um Zugang zu öffentlichen Orten zu ermöglichen. “Es würde der Wirtschaft helfen, wenn wir das auch einführen”, sagt Genia Kostka. In den aktuellen Studien, die sie zum Thema gemacht hat, zeigte sich, dass die Technologie vor allem effektiv sein muss und die Menschen ihre persönlichen Vorteile darin sehen müssen, damit es funktioniert. Auch bei der fehlenden Transparenz der Technologien könne Deutschland vom Negativ-Beispiel China lernen.

    Im Moment erarbeitet Kostka eine Datenbank über digitale Projekte in Chinas Lokalregierungen. Leider ohne Interviews im Land. Das akademische “Decoupling”, das gerade stattfinde und es ausländischen Forschern schwierig mache, macht Kostka Sorgen. “Ich würde gerne wieder hinfahren, um dazu beizutragen, dass es nicht noch schwerer wird”, sagt sie. Vielleicht dann auch mal mit ihren vier Kindern. Die waren nämlich noch nie da. Marita Wehlus

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    Personalien

    Zhang Jun, China’s ambassador to the United Nations, took over the chairmanship of the UN Security Council in May by rotation. Zhang, 60, has been China’s representative in New York since 2019. At the start of China’s UN presidency, Zhang spoke out against sanctions on Myanmar. He fears that this will only worsen the humanitarian situation and sees above all the association of Southeast Asian states Asean as responsible. Zhang also advocates an end to the sanctions imposed by the United States on Iran. To save the nuclear agreement with Iran, Germany, Great Britain, and France, together with Russia and China, are trying to mediate between the US and Iran. The chairmanship of the Security Council changes monthly.

    • ASEAN

    Dessert

    Etwas Süßes zum Dessert! Covid gilt als überwunden, in China rollt die Mai-Reisewelle, und an den Yungang-Grotten in Nordchina hält ein Tourist sein Eis am Stil hoch. Verblüffend, wie detailgetreu der Gefrier-Künstler die Höhlen nachgebildet hat.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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