China ist der weltgrößte Emittent klimaschädlicher Treibhausgase. Da löst die Nachricht Besorgnis aus, das Land baue derzeit Dutzende neuer Kohlekraftwerke. Doch der gewaltige Zubau neuer Kraftwerke bedeutet nicht zwingend eine Abkehr vom Klimaschutz und eine rasante Steigerung der chinesischen CO₂-Emissionen, analysiert Nico Beckert.
Mehr Kraftwerke erhöhen natürlich die Gefahr, dass Peking seine eigenen Klimaziele reißt. Doch kommt eine neue Studie zu dem Schluss, dass Chinas spezifische Gegebenheiten das Schlimmste verhindern. Zum Beispiel sind viele Kohlekraftwerke schon jetzt nicht ausgelastet, manche Projekte dienen vor allem als Beschäftigungsprogramm für den angeschlagenen Bausektor.
Infrastrukturvorhaben wie Kraftwerke sind auch Markenzeichen der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI), auch Neue Seidenstraße genannt. Mit dem Mammutprojekt finanziert China Projekte in aller Welt – auch in Europa. Meist handelt es sich dabei um Einzelprojekte, doch 2019 unterzeichnete Italien als erstes und einziges Land der G7-Staaten eine Kooperationsvereinbarung mit der BRI.
Die neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist indes kein Fan des Infrastrukturprogramms. Sie hat vor, aus der Partnerschaft mit China auszusteigen, berichtet Amelie Richter. Die Entscheidung darüber steht im Laufe dieses Jahres an.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Es ist ein Bauboom, der für westliche Verhältnisse unvorstellbar ist. China hat 2022 im Durchschnitt jede Woche mit dem Bau eines neuen Kohlekraftwerks begonnen: Der Bau von 50 Gigawatt an neuer Kraftwerkskapazität wurde gestartet. Insgesamt bewilligten die Behörden im vergangenen Jahr Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 106 Gigawatt, circa 100 große Kohlemeiler. Eine Vervierfachung im Vergleich zum Jahr 2021, wie eine neue Erhebung des Global Energy Monitors (GEM) und des Centres for Research on Energy and Clean Air (CREA) zeigt. Im selben Zeitraum wurden nur 4,1 Gigawatt an Kraftwerkskapazität stillgelegt.
Der Bauboom klingt wie der Todesstoß für Chinas Klimaziele, auch die internationalen Anstrengungen sind damit in Gefahr. Chinas Präsident Xi Jinping hatte eine Abnahme des Kohleverbrauchs für den Zeitraum von 2026 bis 2030 versprochen. Auf den ersten Blick scheint das durch einen massiven Ausbau der Kraftwerkskapazität kaum noch möglich. Doch so einfach ist die Situation nicht. “Der massive Zubau neuer Kohlekraftwerke bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Kohleverbrauch oder die CO₂-Emissionen des Stromsektors in China zunehmen werden“, schreiben die Studienautoren.
Einige China-spezifische Faktoren sprechen gegen einen starken Anstieg der CO₂-Emissionen:
Trotzdem kommt der Bauboom nicht ohne Klimarisiken. Über 100 neue Kohlekraftwerke “machen das Erreichen der Klimaziele komplizierter und kostenintensiver”, so das Fazit der GEM-CREA-Studie. Die Kohleindustrie verfügt über großen politischen Einfluss. Sie versorgt mehrere Millionen Menschen direkt oder indirekt mit Arbeitsplätzen und gehört in einigen Provinzen zu den größten Steuerzahlern.
Im schlimmsten Fall führe der Bau neuer Kohlekraftwerke dazu, sie dann auch auszulasten und den Ausbau der Erneuerbaren zu verlangsamen, befürchten die Studienautoren. Das könnte zu einem starken Anstieg von Chinas CO₂-Emissionen führen. Der politische Spielraum dafür ist teils vorhanden.
Zwar hat Xi Jinping versprochen, die Kohlenutzung herunterzufahren und 2030 den Höchststand bei den CO₂-Emissionen zu erreichen. Doch es wurde nicht definiert, welchen absoluten Level die CO₂-Emissionen erreichen dürfen. Gleichzeitig ist sich die Führung aber bewusst, dass die langfristigen Klimaziele schwerer zu erreichen sind, wenn die Emissionen noch bis zum Jahr 2030 stark wachsen.
Die neuen Kohlekraftwerke dienen indessen nicht nur als Konjunkturprogramm, um schnelles Wachstum zu erreichen und die darbende Bauindustrie des Landes zu unterstützen. Auch die Sicherung der Energieversorgung wird als Argument für den Bauboom angeführt:
Italien war das einzige G7-Land, das sich offiziell Chinas Belt-and-Road-Initiative angeschlossen hat. Nun könnte Rom bald einen öffentlichen Rückzieher machen. Die Kooperationsvereinbarung, ein Memorandum of Understanding (MoU), läuft im März 2024 aus, also in gut einem Jahr. Die Regierung der rechtspopulistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni muss sich also überlegen, ob sie die Vereinbarung leise weiterlaufen lässt – oder ob sie einen offenen Bruch mit Peking vollziehen möchte.
Das MoU wurde für fünf Jahre unterschrieben. Das Abkommen besagt, dass es “automatisch um weitere fünf Jahre verlängert wird, sofern es nicht von einer der Parteien durch schriftliche Mitteilung an die andere Partei mindestens drei Monate im Voraus gekündigt wird”. Das bedeutet: Bereits bis Weihnachten dieses Jahres muss die Regierung in Rom entscheiden, ob das im März 2019 unterzeichnete Abkommen verlängert wird oder nicht. Für die Europäische Union würde ein solcher BRI-Exit Italiens ein starkes politisches Signal bedeuten – und höchstwahrscheinlich eine negative Reaktion Pekings auslösen.
Alternativ könnte Meloni die Angelegenheit aber auch unter den Teppich kehren und das Abkommen ohne viel Aufsehens einfach automatisch weiterlaufen lassen, um Spannungen zu vermeiden. Rom könnte das MoU theoretisch ignorieren: Da die Kooperationsvereinbarung “kein internationales Abkommen darstellt, aus dem Rechte und Pflichten nach dem Völkerrecht abgeleitet werden können”, ist Italien eigentlich auf der sicheren Seite.
Doch wozu ein Abkommen verlängern, aus der bisher nicht besonders viele Ergebnisse entsprungen sind? Italien hatte mit Peking darin unter anderem vereinbart, die Konnektivität zwischen den beiden Ländern zu verbessern. Dazu sollte auch mit der AIIB zusammengearbeitet werden, um verschiedene Projekte zu finanzieren. Im Fokus stand dabei, das italienische Verkehrssystem und auch das Transeuropäische Netz mit der Neuen Seidenstraße zu verbinden.
Dazu wurden zwar Absichtserklärungen zwischen der Chinese Communications Construction Company (CCCC) und den Häfen von Triest und Genua unterzeichnet – diese führten jedoch nicht zu konkreten Entwicklungen. Der viel beachtete Bau eines Terminals unter chinesischer Federführung im Hafen von Vado Ligure in der Nähe von Genua entstammte einer älteren Vereinbarung aus dem Jahr 2016. Nämlich der Gründung des Joint Ventures APM Terminals Vado Ligure Spa, in dem allerdings nicht CCCC, sondern Cosco und Qingdao Port eingebunden sind.
Auch die Zusammenarbeit zwischen der italienischen Weltraumbehörde und der chinesischen nationalen Raumfahrtbehörde für die Mission “China Seismo-Electromegnatic Satellite 02” geht auf die Zeit vor der BRI-Unterzeichnung zurück.
Erfolgreicher ist die Bilanz eher in den Softpower-Bereichen als in der harten Infrastruktur: So gab Italien im Rahmen der Absichtserklärung 796 archäologische Artefakte an China zurück. Außerdem gab es eine Zusammenarbeit zwischen der italienischen Handelsagentur (ITA) und der Alibaba Group, um eine italienische Version der Shopping-Plattform zu schaffen. Italiens Nachrichtenagentur Ansa und Chinas Staatsagentur verständigten sich auf eine Zusammenarbeit.
Mit dem Amtsantritt Mario Draghis im Februar 2021 drehte sich der Wind der China-Politik jedoch deutlich: Draghi ließ nicht nur die Ansa-Xinhua-Kooperation beenden. Seine Regierung bediente sich auch zunehmend der “Golden Power”-Regel. Diese erlaubt der italienischen Regierung gewisse Mitspracherechte bei Firmenübernahmen in strategisch wichtigen Sektoren wie dem Banken-, Technologie-, Medizin- oder Telekom-Sektor.
Bei Melonis Einzug im Palazzo Chigi herrschte zunächst eher Unklarheit, wie die Rechtspopulistin die Außenpolitik gegenüber China gestalten wird. Schon während des Wahlkampfs im Herbst hatte sie das MoU “einen großen Fehler” genannt. Im November betonte Verteidigungsminister Guido Crosetto dann, dass es “unwahrscheinlich” sei, dass die italienische Seite die Vereinbarung erneuern werde. “Wir werden bei dem bleiben, was wir gesagt haben, als andere dieses Memorandum unterzeichnen wollten”, sagte Crosetto. Er bezog sich damit auf die Position der von ihm und Meloni gegründeten Partei Fratelli d’Italia, die das MoU im Jahr 2019 scharf kritisiert hat.
Peking wird das Projekt aber nicht so schnell aufgegeben und bleibt am Ball. So ist die Neue Seidenstraße eines der Hauptthemen für den neuen chinesischen Botschafter in Rom, Jia Guide. Der 56-Jährige hat theoretisch die diplomatischen Fähigkeiten, Italien davon zu überzeugen, die Kooperationsvereinbarung nicht aufzugeben. Zwischen 2015 und 2019 war Jia chinesischer Botschafter in Peru – und während seines Dienstes in Lima trat die Regierung trotz anfänglicher Skepsis der BRI bei.
Die Karriere von Jia ist bemerkenswert. Bereits seit den 1990er-Jahren arbeitet er für die chinesische Diplomatie, wechselte zwischen verschiedenen Positionen im Außenministerium in Peking und auf Auslandsposten. Bevor er nach Italien kam, war er in Peking Direktor der Abteilung für Rechtsfragen im Zusammenhang mit auswärtigen Angelegenheiten und internationalem Recht.
Jia kommt nun mit Zuckerbrot und Peitsche nach Rom. “Ich glaube, dass zwei große Nationen wie die unsere über die Fähigkeiten und die Weisheit verfügen, die notwendig sind, um im Lauf der Geschichte die richtigen Entscheidungen zu treffen, damit dieser Weg der Zusammenarbeit und Freundschaft immer breiter werden kann”, sagte Jia im ersten Interview mit Ansa.
Er machte klar, was für Italien auf dem Spiel steht: China habe trotz der Corona-Pandemie seine Position als Italiens führender Handelspartner in Asien behauptet, betonte Jia. Was das MoU angeht, sollte die kritische Rhetorik darüber lieber den Fakten weichen, so Jia.
Überzeugungsarbeit wird auch von weitaus höheren Stellen geleistet: Außenpolitik-Zar Wang Yi soll die Erneuerung des MoU bei seinem Besuch in Italien vor gut eineinhalb Wochen angesprochen haben. Im Gespräch mit dem italienischen Außenminister Antonio Tajani sei es auch um “bilaterale Abkommen” gegangen, hieß es nach dem Treffen.
Doch es geht noch eine Stufe höher: Meloni selbst wurde von Chinas Staatschef Xi Jinping beim G20-Treffen auf Bali persönlich nach Peking eingeladen. Ein Termin für die Reise steht noch nicht fest. Aber mit Sicherheit wird das Thema bei einem etwaigen Gipfeltreffen auf der Agenda stehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der Chef von Volkswagen in China, Ralf Brandstätter, hat dem umstrittenen Werk des Konzerns in Xinjiang Mitte Februar einen Besuch abgestattet. Nun weist er Kritik am Engagement des deutschen Großunternehmens in der Uigurenregion zurück. “Wir haben keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in diesem Werk”, sagte er Agenturberichten zufolge. Das Management bemühe sich um ein gutes Betriebsklima.
VW werde weiter an dem Standort festhalten, betonte Brandstätter. Von einem globalen Konzern erwarte China Vertragstreue. Er nehme aber die kritischen Berichte über die Zustände in Xinjiang “sehr ernst”.
Der Vorwurf, dass direkt auf dem Gelände von VW Menschenrechtsverletzungen stattfinden, stand nie im Raum. Die Kritik bezieht sich darauf, durch die Präsenz eines teilstaatlichen deutschen Unternehmens zur Legitimierung der chinesischen Politik in der muslimisch geprägten Region beizutragen. Die Regierung unterdrückt dort mit brutalen Methoden die Kultur des Volks der Uiguren. fin
Die Pro-Kopf-Ausgaben der Verbraucher in China sind im vergangenen Jahr real um 0,2 Prozent gesunken. Das berichtete das Nationale Statistikamt am Dienstag. Schuld waren demnach die strengen Covid-Maßnahmen, da sie die Kauflust der Verbraucher gedämpft haben. Es ist erst der dritte Rückgang dieser Art seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1980. Zuletzt verzeichnete China im Jahr 2020 während der ersten Phase der Coronavirus-Pandemie ein ähnliches Minus, damals von sogar vier Prozent. 2021 erholte sich die Wirtschaft und damit die Pro-Kopf-Ausgaben, die um 12,6 Prozent zulegten.
Chinas Wirtschaft war 2022 nur um schwache drei Prozent gewachsen. Infolgedessen stiegen die Einkommen real nur noch um 2,9 Prozent, der zweitniedrigste Anstieg seit 1989. Das unbereinigte Pro-Kopf-Einkommen lag demnach 2022 bei 36.883 Yuan (5.310 US-Dollar), während die Pro-Kopf-Ausgaben auf 24.538 Yuan (3.533 US-Dollar) stiegen. Die Einzelhandelsumsätze gingen um 0,2 Prozent zurück, das zweitschlechteste Ergebnis seit 1968.
Ländliche Gebiete schnitten dabei besser ab als städtische Gebiete: Die Einkommen der ländlichen Haushalte stiegen im Jahresverlauf real um 4,2 Prozent, während sie in den Städten real um nur 1,9 Prozent zunahmen. Die Einkommen von Stadt- und Landbewohnern wuchsen 2022 jedoch deutlich langsamer als im Jahr zuvor. 2021 hatten die Einkommen von Stadtbewohnern real um 7,7 Prozent und die der Haushalte auf dem Land um 9,7 Prozent zugelegt. rtr
Der Geheimdienstchef des ukrainischen Verteidigungsministeriums Kyrylo Budanow sieht derzeit keine Anzeichen für mögliche chinesische Waffenlieferungen an Russland. “Im Moment glaube ich nicht, dass China einer Waffenlieferung an Russland zustimmen wird”, sagte er in einem am Montag in ukrainischer Sprache verbreiteten Interview dem US-Radiosender “Voice of America”. “Ich sehe keinerlei Anzeichen, dass solche Dinge auch nur diskutiert werden.” Zu den entsprechenden US-Vorwürfen sagte Budanow: “Ich teile diese Ansicht nicht.”
US-Geheimdienstchef William Burns hatte am Wochenende laut AFP bekräftigt, dass Washington “überzeugt” davon sei, dass Peking Waffenlieferungen an Russland für den Ukraine-Krieg zumindest in Betracht ziehe. Nach einem Bericht des Wall Street Journal erwägt China, Drohnen und Munition zu liefern. Experten halten aber auch für möglich, dass einzelne Unternehmen oder Militärs in China eigenmächtig darüber nachdenken. Peking bestreitet Pläne für Waffenlieferungen an Russland. ck
Chinas Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) hat Regeln gegen “erpresserische Praktiken durch mobile Apps” erlassen. Nach der am Montag erlassenen Bestimmungen gehören zu den künftig stärker geahndeten Praktiken etwa die automatische Abonnementverlängerung ohne Zustimmung der Nutzenden.
Außerdem plant Peking, Kurzvideo-Apps stärker zu reglementieren, vor allem um Suchtverhalten von Jugendlichen entgegenzuwirken. China wolle eine “einen sauberen Raum für Kurzvideos schaffen, den Jugendschutz verbessern und eine subtile und positive Rolle bei der Aufklärung und der Entwicklung von Trends spielen”, heißt es in einer Erklärung der Nationalen Radio- und Fernsehverwaltung (NRTA) vom Wochenanfang. Details sind noch nicht bekannt.
Chinas Medienaufsichtsbehörden hatten 2022 die Regeln für Livestreaming, Videospiele und Internetnutzung durch Minderjährige bereits erheblich verschärft. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen bestimmte Angebote offiziell nur drei Stunden pro Woche nutzen, um nicht spielsüchtig zu werden.
Die neuen Pläne der Behörde könnten vor allem die beliebte Kurzvideo-Plattform Douyin betreffen. Deren Mutterkonzern Bytedance betreibt auch die weltweit äußerst beliebte App Tiktok. 2021 führte Douyin im Gegensatz zu Tiktok einen “Teenager Modus” ein. User unter 14 können die App in dieser Funktion nur bis zu 40 Minuten pro Tag zwischen 6 und 22 Uhr nutzen. Endloses Scrollen wird durch 5-sekündige Verzögerungen unterbrochen. Außerdem zeigt Douyin jungen Nutzern nur ausgewählten “inspirierender” Content an, etwa wissenschaftliche, bildende und historische Inhalte. fpe
Nach fast 1.000 Tagen gilt in Hongkong ab dem heutigen Mittwoch keine Maskenpflicht mehr. Wie die Regierung der Sonderverwaltungszone am Dienstag mitteilte, müssen Masken nur noch in bestimmten Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen getragen werden. Damit beendet eine der letzten Bastionen in Asien die strikte Maskenpflicht.
Das benachbarte Macau hob die Pflicht am 26. Februar auf, Taiwan am Montag vor einer Woche. Auch Festlandchinesen müssen im Freien keine Masken mehr tragen. Die Behörden der Volksrepublik fordern sie jedoch nach wie vor dazu auf, in öffentlichen Gebäuden eine Maske aufzusetzen.
Hongkong hatte während der Covid-19-Pandemie eine der weltweit strengsten Regelungen zur Maskenpflicht. Menschen, die etwa auf der Straße oder in öffentlichen Gebäuden ohne Mund-Nasen-Schutz erwischt wurden, drohte eine Strafe von bis zu umgerechnet 600 Euro. Sogar kleine Kinder ab zwei Jahren mussten Masken tragen. fpe
Von deutschen Gewerkschaftern hört man normalerweise recht wenig über China. Wolfgang Müller war da eine Ausnahme. 14 Jahre betreute er bei der IG Metall Siemens, Schaeffler und andere in China engagierte Unternehmen – und baute ein Netzwerk für Betriebsräte aus Unternehmen mit chinesischer Beteiligung auf. Aber woher nahm ein Niedersachse aus dem katholischen Eichsfeld diese China-Expertise?
In den späten 1960er-Jahren studierte Müller Sozialwissenschaften in Göttingen und Konstanz, engagierte sich in Basisgruppen und ging schließlich als wissenschaftlicher Assistent an die Universitäten in Bremen und Oldenburg. Ein paar Jahre später endete seine Hochschul-Karriere schlagartig: Ernst Albrecht, der damalige niedersächsische Ministerpräsident, erteilte ihm ein Berufsverbot. Er hatte zu den Bundestagswahlen für den Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) kandidiert.
Der KBW nutzte damals Müllers berufliche Krise und schickte ihn nach Peking – als Verbindungsmann zur KP. “China hatte mich bis dato kaum interessiert, ich sprach kein einziges Wort Chinesisch”, erinnert er sich. In China angekommen, gab es als KBW-Kontaktperson wenig zu tun. Hauptberuflich arbeitete Müller deshalb mehrere Jahre in der Deutschen Redaktion von Radio Peking. “Die Jahre in China haben mich geprägt und bedeuten mir sehr viel”, sagt er heute. “Ich hatte das Glück, den Übergang von der Zeit der Kulturrevolution zur Öffnungspolitik zu erleben. Es war eine spannende Zeit.”
Zurück in Deutschland arbeitete Müller als Softwareentwickler und Betriebsrat für US-Computerfirmen, bis 1999 die IG Metall bei ihm anrief. Die Hauptsorge der Gewerkschaft war damals die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach China. “Aber das hat sich geändert”, sagt Müller – auch durch Betriebsräte wie ihn, die einen anderen Blick auf China vermitteln. “Die Gewerkschaftsmitglieder begreifen, dass gute China-Beziehungen für die deutsche Industrie enorm wichtig sind.”
Seit seiner Pensionierung 2014 ist Müller als Berater für Arbeitnehmervertreter und Aufsichtsräte tätig: “Etwa, wenn chinesische Investoren Übernahmen planen oder das Management eine neue China-Strategie diskutiert.” Nebenher hat er mehrere Bücher über China geschrieben, sein neuestes trägt den Titel “China: neuer Hauptfeind des Westens?”; es erscheint im Frühjahr im VSA Verlag. Darin setzt er sich mit der Frage auseinander, ob China als Großmacht verantwortungsvoll handelt. “Ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Position als größte Wirtschaftsmacht heißt für mich zum Beispiel: keine ungleichen Verträge mit anderen Ländern; keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten; keine Hegemonialpolitik.”
Und warum braucht es so ein Buch? “Weil der dominante China-Diskurs etwas hysterisch und leider ziemlich faktenfrei ist”, findet Müller. Svenja Napp
Jürgen Pietsch ist seit Februar Senior Manager Battery Industrialization bei Daimler China. Für seinen Posten ist Pietsch von Stuttgart nach Zhenjiang in der Provinz Jiangsu gezogen. Es ist nicht sein erster China-Einsatz. Zwischen 2016 und 2020 war der Diplom-Ingenieur bereits als technischer Projektleiter in Daimlers RD Tech Center in Peking tätig.
Axel Barth hat bei VW den Posten des General Manager China Projects & Technical Project Management Touareg übernommen. Zu Barths Aufgaben zählen die Steuerung und Umsetzung China-spezifischer Fahrzeugbauvorschriften und die Bündelung verschiedener Fachgruppen zur technischen Implementierung. Barths Tätigkeitsort ist momentan Wolfsburg. Er war in der Vergangenheit aber bereits sieben Jahre für VW in Chengdu und Peking im Einsatz.
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Bewohnerinnen des Dorfes Zhouwo treten zum Musikfestival an. Die nordchinesische Region Wuqiang, in dem das 900-Seelen-Örtchen liegt, ist für seine “Musikindustrie” bekannt. Über 60 Produzenten von Instrumenten haben sich hier angesiedelt. Über 10.000 Menschen arbeiten in den Fabriken, die ihre Pauken und Posaunen in die ganze Welt ausliefern.
China ist der weltgrößte Emittent klimaschädlicher Treibhausgase. Da löst die Nachricht Besorgnis aus, das Land baue derzeit Dutzende neuer Kohlekraftwerke. Doch der gewaltige Zubau neuer Kraftwerke bedeutet nicht zwingend eine Abkehr vom Klimaschutz und eine rasante Steigerung der chinesischen CO₂-Emissionen, analysiert Nico Beckert.
Mehr Kraftwerke erhöhen natürlich die Gefahr, dass Peking seine eigenen Klimaziele reißt. Doch kommt eine neue Studie zu dem Schluss, dass Chinas spezifische Gegebenheiten das Schlimmste verhindern. Zum Beispiel sind viele Kohlekraftwerke schon jetzt nicht ausgelastet, manche Projekte dienen vor allem als Beschäftigungsprogramm für den angeschlagenen Bausektor.
Infrastrukturvorhaben wie Kraftwerke sind auch Markenzeichen der chinesischen Belt and Road Initiative (BRI), auch Neue Seidenstraße genannt. Mit dem Mammutprojekt finanziert China Projekte in aller Welt – auch in Europa. Meist handelt es sich dabei um Einzelprojekte, doch 2019 unterzeichnete Italien als erstes und einziges Land der G7-Staaten eine Kooperationsvereinbarung mit der BRI.
Die neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist indes kein Fan des Infrastrukturprogramms. Sie hat vor, aus der Partnerschaft mit China auszusteigen, berichtet Amelie Richter. Die Entscheidung darüber steht im Laufe dieses Jahres an.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Es ist ein Bauboom, der für westliche Verhältnisse unvorstellbar ist. China hat 2022 im Durchschnitt jede Woche mit dem Bau eines neuen Kohlekraftwerks begonnen: Der Bau von 50 Gigawatt an neuer Kraftwerkskapazität wurde gestartet. Insgesamt bewilligten die Behörden im vergangenen Jahr Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 106 Gigawatt, circa 100 große Kohlemeiler. Eine Vervierfachung im Vergleich zum Jahr 2021, wie eine neue Erhebung des Global Energy Monitors (GEM) und des Centres for Research on Energy and Clean Air (CREA) zeigt. Im selben Zeitraum wurden nur 4,1 Gigawatt an Kraftwerkskapazität stillgelegt.
Der Bauboom klingt wie der Todesstoß für Chinas Klimaziele, auch die internationalen Anstrengungen sind damit in Gefahr. Chinas Präsident Xi Jinping hatte eine Abnahme des Kohleverbrauchs für den Zeitraum von 2026 bis 2030 versprochen. Auf den ersten Blick scheint das durch einen massiven Ausbau der Kraftwerkskapazität kaum noch möglich. Doch so einfach ist die Situation nicht. “Der massive Zubau neuer Kohlekraftwerke bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Kohleverbrauch oder die CO₂-Emissionen des Stromsektors in China zunehmen werden“, schreiben die Studienautoren.
Einige China-spezifische Faktoren sprechen gegen einen starken Anstieg der CO₂-Emissionen:
Trotzdem kommt der Bauboom nicht ohne Klimarisiken. Über 100 neue Kohlekraftwerke “machen das Erreichen der Klimaziele komplizierter und kostenintensiver”, so das Fazit der GEM-CREA-Studie. Die Kohleindustrie verfügt über großen politischen Einfluss. Sie versorgt mehrere Millionen Menschen direkt oder indirekt mit Arbeitsplätzen und gehört in einigen Provinzen zu den größten Steuerzahlern.
Im schlimmsten Fall führe der Bau neuer Kohlekraftwerke dazu, sie dann auch auszulasten und den Ausbau der Erneuerbaren zu verlangsamen, befürchten die Studienautoren. Das könnte zu einem starken Anstieg von Chinas CO₂-Emissionen führen. Der politische Spielraum dafür ist teils vorhanden.
Zwar hat Xi Jinping versprochen, die Kohlenutzung herunterzufahren und 2030 den Höchststand bei den CO₂-Emissionen zu erreichen. Doch es wurde nicht definiert, welchen absoluten Level die CO₂-Emissionen erreichen dürfen. Gleichzeitig ist sich die Führung aber bewusst, dass die langfristigen Klimaziele schwerer zu erreichen sind, wenn die Emissionen noch bis zum Jahr 2030 stark wachsen.
Die neuen Kohlekraftwerke dienen indessen nicht nur als Konjunkturprogramm, um schnelles Wachstum zu erreichen und die darbende Bauindustrie des Landes zu unterstützen. Auch die Sicherung der Energieversorgung wird als Argument für den Bauboom angeführt:
Italien war das einzige G7-Land, das sich offiziell Chinas Belt-and-Road-Initiative angeschlossen hat. Nun könnte Rom bald einen öffentlichen Rückzieher machen. Die Kooperationsvereinbarung, ein Memorandum of Understanding (MoU), läuft im März 2024 aus, also in gut einem Jahr. Die Regierung der rechtspopulistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni muss sich also überlegen, ob sie die Vereinbarung leise weiterlaufen lässt – oder ob sie einen offenen Bruch mit Peking vollziehen möchte.
Das MoU wurde für fünf Jahre unterschrieben. Das Abkommen besagt, dass es “automatisch um weitere fünf Jahre verlängert wird, sofern es nicht von einer der Parteien durch schriftliche Mitteilung an die andere Partei mindestens drei Monate im Voraus gekündigt wird”. Das bedeutet: Bereits bis Weihnachten dieses Jahres muss die Regierung in Rom entscheiden, ob das im März 2019 unterzeichnete Abkommen verlängert wird oder nicht. Für die Europäische Union würde ein solcher BRI-Exit Italiens ein starkes politisches Signal bedeuten – und höchstwahrscheinlich eine negative Reaktion Pekings auslösen.
Alternativ könnte Meloni die Angelegenheit aber auch unter den Teppich kehren und das Abkommen ohne viel Aufsehens einfach automatisch weiterlaufen lassen, um Spannungen zu vermeiden. Rom könnte das MoU theoretisch ignorieren: Da die Kooperationsvereinbarung “kein internationales Abkommen darstellt, aus dem Rechte und Pflichten nach dem Völkerrecht abgeleitet werden können”, ist Italien eigentlich auf der sicheren Seite.
Doch wozu ein Abkommen verlängern, aus der bisher nicht besonders viele Ergebnisse entsprungen sind? Italien hatte mit Peking darin unter anderem vereinbart, die Konnektivität zwischen den beiden Ländern zu verbessern. Dazu sollte auch mit der AIIB zusammengearbeitet werden, um verschiedene Projekte zu finanzieren. Im Fokus stand dabei, das italienische Verkehrssystem und auch das Transeuropäische Netz mit der Neuen Seidenstraße zu verbinden.
Dazu wurden zwar Absichtserklärungen zwischen der Chinese Communications Construction Company (CCCC) und den Häfen von Triest und Genua unterzeichnet – diese führten jedoch nicht zu konkreten Entwicklungen. Der viel beachtete Bau eines Terminals unter chinesischer Federführung im Hafen von Vado Ligure in der Nähe von Genua entstammte einer älteren Vereinbarung aus dem Jahr 2016. Nämlich der Gründung des Joint Ventures APM Terminals Vado Ligure Spa, in dem allerdings nicht CCCC, sondern Cosco und Qingdao Port eingebunden sind.
Auch die Zusammenarbeit zwischen der italienischen Weltraumbehörde und der chinesischen nationalen Raumfahrtbehörde für die Mission “China Seismo-Electromegnatic Satellite 02” geht auf die Zeit vor der BRI-Unterzeichnung zurück.
Erfolgreicher ist die Bilanz eher in den Softpower-Bereichen als in der harten Infrastruktur: So gab Italien im Rahmen der Absichtserklärung 796 archäologische Artefakte an China zurück. Außerdem gab es eine Zusammenarbeit zwischen der italienischen Handelsagentur (ITA) und der Alibaba Group, um eine italienische Version der Shopping-Plattform zu schaffen. Italiens Nachrichtenagentur Ansa und Chinas Staatsagentur verständigten sich auf eine Zusammenarbeit.
Mit dem Amtsantritt Mario Draghis im Februar 2021 drehte sich der Wind der China-Politik jedoch deutlich: Draghi ließ nicht nur die Ansa-Xinhua-Kooperation beenden. Seine Regierung bediente sich auch zunehmend der “Golden Power”-Regel. Diese erlaubt der italienischen Regierung gewisse Mitspracherechte bei Firmenübernahmen in strategisch wichtigen Sektoren wie dem Banken-, Technologie-, Medizin- oder Telekom-Sektor.
Bei Melonis Einzug im Palazzo Chigi herrschte zunächst eher Unklarheit, wie die Rechtspopulistin die Außenpolitik gegenüber China gestalten wird. Schon während des Wahlkampfs im Herbst hatte sie das MoU “einen großen Fehler” genannt. Im November betonte Verteidigungsminister Guido Crosetto dann, dass es “unwahrscheinlich” sei, dass die italienische Seite die Vereinbarung erneuern werde. “Wir werden bei dem bleiben, was wir gesagt haben, als andere dieses Memorandum unterzeichnen wollten”, sagte Crosetto. Er bezog sich damit auf die Position der von ihm und Meloni gegründeten Partei Fratelli d’Italia, die das MoU im Jahr 2019 scharf kritisiert hat.
Peking wird das Projekt aber nicht so schnell aufgegeben und bleibt am Ball. So ist die Neue Seidenstraße eines der Hauptthemen für den neuen chinesischen Botschafter in Rom, Jia Guide. Der 56-Jährige hat theoretisch die diplomatischen Fähigkeiten, Italien davon zu überzeugen, die Kooperationsvereinbarung nicht aufzugeben. Zwischen 2015 und 2019 war Jia chinesischer Botschafter in Peru – und während seines Dienstes in Lima trat die Regierung trotz anfänglicher Skepsis der BRI bei.
Die Karriere von Jia ist bemerkenswert. Bereits seit den 1990er-Jahren arbeitet er für die chinesische Diplomatie, wechselte zwischen verschiedenen Positionen im Außenministerium in Peking und auf Auslandsposten. Bevor er nach Italien kam, war er in Peking Direktor der Abteilung für Rechtsfragen im Zusammenhang mit auswärtigen Angelegenheiten und internationalem Recht.
Jia kommt nun mit Zuckerbrot und Peitsche nach Rom. “Ich glaube, dass zwei große Nationen wie die unsere über die Fähigkeiten und die Weisheit verfügen, die notwendig sind, um im Lauf der Geschichte die richtigen Entscheidungen zu treffen, damit dieser Weg der Zusammenarbeit und Freundschaft immer breiter werden kann”, sagte Jia im ersten Interview mit Ansa.
Er machte klar, was für Italien auf dem Spiel steht: China habe trotz der Corona-Pandemie seine Position als Italiens führender Handelspartner in Asien behauptet, betonte Jia. Was das MoU angeht, sollte die kritische Rhetorik darüber lieber den Fakten weichen, so Jia.
Überzeugungsarbeit wird auch von weitaus höheren Stellen geleistet: Außenpolitik-Zar Wang Yi soll die Erneuerung des MoU bei seinem Besuch in Italien vor gut eineinhalb Wochen angesprochen haben. Im Gespräch mit dem italienischen Außenminister Antonio Tajani sei es auch um “bilaterale Abkommen” gegangen, hieß es nach dem Treffen.
Doch es geht noch eine Stufe höher: Meloni selbst wurde von Chinas Staatschef Xi Jinping beim G20-Treffen auf Bali persönlich nach Peking eingeladen. Ein Termin für die Reise steht noch nicht fest. Aber mit Sicherheit wird das Thema bei einem etwaigen Gipfeltreffen auf der Agenda stehen.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Der Chef von Volkswagen in China, Ralf Brandstätter, hat dem umstrittenen Werk des Konzerns in Xinjiang Mitte Februar einen Besuch abgestattet. Nun weist er Kritik am Engagement des deutschen Großunternehmens in der Uigurenregion zurück. “Wir haben keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in diesem Werk”, sagte er Agenturberichten zufolge. Das Management bemühe sich um ein gutes Betriebsklima.
VW werde weiter an dem Standort festhalten, betonte Brandstätter. Von einem globalen Konzern erwarte China Vertragstreue. Er nehme aber die kritischen Berichte über die Zustände in Xinjiang “sehr ernst”.
Der Vorwurf, dass direkt auf dem Gelände von VW Menschenrechtsverletzungen stattfinden, stand nie im Raum. Die Kritik bezieht sich darauf, durch die Präsenz eines teilstaatlichen deutschen Unternehmens zur Legitimierung der chinesischen Politik in der muslimisch geprägten Region beizutragen. Die Regierung unterdrückt dort mit brutalen Methoden die Kultur des Volks der Uiguren. fin
Die Pro-Kopf-Ausgaben der Verbraucher in China sind im vergangenen Jahr real um 0,2 Prozent gesunken. Das berichtete das Nationale Statistikamt am Dienstag. Schuld waren demnach die strengen Covid-Maßnahmen, da sie die Kauflust der Verbraucher gedämpft haben. Es ist erst der dritte Rückgang dieser Art seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1980. Zuletzt verzeichnete China im Jahr 2020 während der ersten Phase der Coronavirus-Pandemie ein ähnliches Minus, damals von sogar vier Prozent. 2021 erholte sich die Wirtschaft und damit die Pro-Kopf-Ausgaben, die um 12,6 Prozent zulegten.
Chinas Wirtschaft war 2022 nur um schwache drei Prozent gewachsen. Infolgedessen stiegen die Einkommen real nur noch um 2,9 Prozent, der zweitniedrigste Anstieg seit 1989. Das unbereinigte Pro-Kopf-Einkommen lag demnach 2022 bei 36.883 Yuan (5.310 US-Dollar), während die Pro-Kopf-Ausgaben auf 24.538 Yuan (3.533 US-Dollar) stiegen. Die Einzelhandelsumsätze gingen um 0,2 Prozent zurück, das zweitschlechteste Ergebnis seit 1968.
Ländliche Gebiete schnitten dabei besser ab als städtische Gebiete: Die Einkommen der ländlichen Haushalte stiegen im Jahresverlauf real um 4,2 Prozent, während sie in den Städten real um nur 1,9 Prozent zunahmen. Die Einkommen von Stadt- und Landbewohnern wuchsen 2022 jedoch deutlich langsamer als im Jahr zuvor. 2021 hatten die Einkommen von Stadtbewohnern real um 7,7 Prozent und die der Haushalte auf dem Land um 9,7 Prozent zugelegt. rtr
Der Geheimdienstchef des ukrainischen Verteidigungsministeriums Kyrylo Budanow sieht derzeit keine Anzeichen für mögliche chinesische Waffenlieferungen an Russland. “Im Moment glaube ich nicht, dass China einer Waffenlieferung an Russland zustimmen wird”, sagte er in einem am Montag in ukrainischer Sprache verbreiteten Interview dem US-Radiosender “Voice of America”. “Ich sehe keinerlei Anzeichen, dass solche Dinge auch nur diskutiert werden.” Zu den entsprechenden US-Vorwürfen sagte Budanow: “Ich teile diese Ansicht nicht.”
US-Geheimdienstchef William Burns hatte am Wochenende laut AFP bekräftigt, dass Washington “überzeugt” davon sei, dass Peking Waffenlieferungen an Russland für den Ukraine-Krieg zumindest in Betracht ziehe. Nach einem Bericht des Wall Street Journal erwägt China, Drohnen und Munition zu liefern. Experten halten aber auch für möglich, dass einzelne Unternehmen oder Militärs in China eigenmächtig darüber nachdenken. Peking bestreitet Pläne für Waffenlieferungen an Russland. ck
Chinas Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) hat Regeln gegen “erpresserische Praktiken durch mobile Apps” erlassen. Nach der am Montag erlassenen Bestimmungen gehören zu den künftig stärker geahndeten Praktiken etwa die automatische Abonnementverlängerung ohne Zustimmung der Nutzenden.
Außerdem plant Peking, Kurzvideo-Apps stärker zu reglementieren, vor allem um Suchtverhalten von Jugendlichen entgegenzuwirken. China wolle eine “einen sauberen Raum für Kurzvideos schaffen, den Jugendschutz verbessern und eine subtile und positive Rolle bei der Aufklärung und der Entwicklung von Trends spielen”, heißt es in einer Erklärung der Nationalen Radio- und Fernsehverwaltung (NRTA) vom Wochenanfang. Details sind noch nicht bekannt.
Chinas Medienaufsichtsbehörden hatten 2022 die Regeln für Livestreaming, Videospiele und Internetnutzung durch Minderjährige bereits erheblich verschärft. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen bestimmte Angebote offiziell nur drei Stunden pro Woche nutzen, um nicht spielsüchtig zu werden.
Die neuen Pläne der Behörde könnten vor allem die beliebte Kurzvideo-Plattform Douyin betreffen. Deren Mutterkonzern Bytedance betreibt auch die weltweit äußerst beliebte App Tiktok. 2021 führte Douyin im Gegensatz zu Tiktok einen “Teenager Modus” ein. User unter 14 können die App in dieser Funktion nur bis zu 40 Minuten pro Tag zwischen 6 und 22 Uhr nutzen. Endloses Scrollen wird durch 5-sekündige Verzögerungen unterbrochen. Außerdem zeigt Douyin jungen Nutzern nur ausgewählten “inspirierender” Content an, etwa wissenschaftliche, bildende und historische Inhalte. fpe
Nach fast 1.000 Tagen gilt in Hongkong ab dem heutigen Mittwoch keine Maskenpflicht mehr. Wie die Regierung der Sonderverwaltungszone am Dienstag mitteilte, müssen Masken nur noch in bestimmten Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen getragen werden. Damit beendet eine der letzten Bastionen in Asien die strikte Maskenpflicht.
Das benachbarte Macau hob die Pflicht am 26. Februar auf, Taiwan am Montag vor einer Woche. Auch Festlandchinesen müssen im Freien keine Masken mehr tragen. Die Behörden der Volksrepublik fordern sie jedoch nach wie vor dazu auf, in öffentlichen Gebäuden eine Maske aufzusetzen.
Hongkong hatte während der Covid-19-Pandemie eine der weltweit strengsten Regelungen zur Maskenpflicht. Menschen, die etwa auf der Straße oder in öffentlichen Gebäuden ohne Mund-Nasen-Schutz erwischt wurden, drohte eine Strafe von bis zu umgerechnet 600 Euro. Sogar kleine Kinder ab zwei Jahren mussten Masken tragen. fpe
Von deutschen Gewerkschaftern hört man normalerweise recht wenig über China. Wolfgang Müller war da eine Ausnahme. 14 Jahre betreute er bei der IG Metall Siemens, Schaeffler und andere in China engagierte Unternehmen – und baute ein Netzwerk für Betriebsräte aus Unternehmen mit chinesischer Beteiligung auf. Aber woher nahm ein Niedersachse aus dem katholischen Eichsfeld diese China-Expertise?
In den späten 1960er-Jahren studierte Müller Sozialwissenschaften in Göttingen und Konstanz, engagierte sich in Basisgruppen und ging schließlich als wissenschaftlicher Assistent an die Universitäten in Bremen und Oldenburg. Ein paar Jahre später endete seine Hochschul-Karriere schlagartig: Ernst Albrecht, der damalige niedersächsische Ministerpräsident, erteilte ihm ein Berufsverbot. Er hatte zu den Bundestagswahlen für den Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) kandidiert.
Der KBW nutzte damals Müllers berufliche Krise und schickte ihn nach Peking – als Verbindungsmann zur KP. “China hatte mich bis dato kaum interessiert, ich sprach kein einziges Wort Chinesisch”, erinnert er sich. In China angekommen, gab es als KBW-Kontaktperson wenig zu tun. Hauptberuflich arbeitete Müller deshalb mehrere Jahre in der Deutschen Redaktion von Radio Peking. “Die Jahre in China haben mich geprägt und bedeuten mir sehr viel”, sagt er heute. “Ich hatte das Glück, den Übergang von der Zeit der Kulturrevolution zur Öffnungspolitik zu erleben. Es war eine spannende Zeit.”
Zurück in Deutschland arbeitete Müller als Softwareentwickler und Betriebsrat für US-Computerfirmen, bis 1999 die IG Metall bei ihm anrief. Die Hauptsorge der Gewerkschaft war damals die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach China. “Aber das hat sich geändert”, sagt Müller – auch durch Betriebsräte wie ihn, die einen anderen Blick auf China vermitteln. “Die Gewerkschaftsmitglieder begreifen, dass gute China-Beziehungen für die deutsche Industrie enorm wichtig sind.”
Seit seiner Pensionierung 2014 ist Müller als Berater für Arbeitnehmervertreter und Aufsichtsräte tätig: “Etwa, wenn chinesische Investoren Übernahmen planen oder das Management eine neue China-Strategie diskutiert.” Nebenher hat er mehrere Bücher über China geschrieben, sein neuestes trägt den Titel “China: neuer Hauptfeind des Westens?”; es erscheint im Frühjahr im VSA Verlag. Darin setzt er sich mit der Frage auseinander, ob China als Großmacht verantwortungsvoll handelt. “Ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Position als größte Wirtschaftsmacht heißt für mich zum Beispiel: keine ungleichen Verträge mit anderen Ländern; keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten; keine Hegemonialpolitik.”
Und warum braucht es so ein Buch? “Weil der dominante China-Diskurs etwas hysterisch und leider ziemlich faktenfrei ist”, findet Müller. Svenja Napp
Jürgen Pietsch ist seit Februar Senior Manager Battery Industrialization bei Daimler China. Für seinen Posten ist Pietsch von Stuttgart nach Zhenjiang in der Provinz Jiangsu gezogen. Es ist nicht sein erster China-Einsatz. Zwischen 2016 und 2020 war der Diplom-Ingenieur bereits als technischer Projektleiter in Daimlers RD Tech Center in Peking tätig.
Axel Barth hat bei VW den Posten des General Manager China Projects & Technical Project Management Touareg übernommen. Zu Barths Aufgaben zählen die Steuerung und Umsetzung China-spezifischer Fahrzeugbauvorschriften und die Bündelung verschiedener Fachgruppen zur technischen Implementierung. Barths Tätigkeitsort ist momentan Wolfsburg. Er war in der Vergangenheit aber bereits sieben Jahre für VW in Chengdu und Peking im Einsatz.
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Bewohnerinnen des Dorfes Zhouwo treten zum Musikfestival an. Die nordchinesische Region Wuqiang, in dem das 900-Seelen-Örtchen liegt, ist für seine “Musikindustrie” bekannt. Über 60 Produzenten von Instrumenten haben sich hier angesiedelt. Über 10.000 Menschen arbeiten in den Fabriken, die ihre Pauken und Posaunen in die ganze Welt ausliefern.