Baidu und ChatGPT – zwei Spieler im KI-Spielfeld. Obwohl Baidu und ChatGPT in unterschiedlichen Teilen der Welt entstanden sind, haben sie beide ein gemeinsames Ziel: die künstliche Intelligenz weiter voranzutreiben. Es wird spannend sein zu sehen, wie Baidu und ChatGPT dazu beitragen werden.
Diese ersten Zeilen, die Sie gerade gelesen haben, hat keine menschliche Redakteurin geschrieben. Sondern die künstliche Intelligenz ChatGPT, die mit dem Auftrag “Write an editorial about Baidu and ChatGPT in German” gefüttert wurde. Der Chatbot wurde vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt und erfährt derzeit wegen seines Potenzials für Hausaufgaben- oder Seminararbeiten-Schreiben für Faule und Findige auch Kritik.
Für die Tech-Riesen wie Google und Baidu birgt der Bot jedoch ganz andere Gefahren, die sogar das Geschäftsmodell bedrohen. Mit Baidu geht nun das erste chinesische Unternehmen in die Offensive: Eine eigene Software und ChatGPT-Konkurrenz soll zeitnah veröffentlicht werden, berichtet unser Team aus China. Die Entwicklung neuer Chatbot-Varianten dürfte den Wettlauf zwischen den USA und China um die globale KI-Vorherrschaft weiter anheizen.
In unserer zweiten Analyse blicken wir heute in die chinesische Hauptstadt, wo das Ende einer Institution, bekannt vor allem bei Expats im Diplomaten-Viertel, ansteht: Die Bar Street in Sanlitun wird abgerissen.
Begonnen hatte Chinas erste Vergnügungsmeile der Nach-Mao-Ära irgendwann Mitte der 1980er-Jahren mit ein paar Marktständen junger Wanderarbeiterinnen, die Jeanshosen und T-Shirts verkauften, die eigentlich für den Export vorgesehen waren. Young Fashion gab es in Peking ansonsten damals noch nicht. Dann eröffneten in den Straßen zwischen den Botschaften die ersten Cafés und Pubs. Auch das war in Peking ein Novum.
Bereits im vergangenen Jahrzehnt hatte das Viertel aber an Charme verloren, nachdem die Bars zunehmend von der Zuhälter-Szene und der lokalen Drogenmafia übernommen wurden. Dass nun auch die letzten Schuppen dichtmachen, ist daher kein Verlust. Dennoch lohnt sich der Blick zurück auf eine Straße, auf der viele von uns im stressigen Pekinger Arbeitsleben ein kühles Bier bestellt haben.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Der chinesische Internetkonzern Baidu will in das Rennen um den leistungsfähigsten Chatbot auf Basis künstlicher Intelligenz einsteigen. Wie unter anderem Bloomberg und das Wall Street Journal unter Berufung auf interne Quellen berichten, wird der chinesische Suchmaschinenbetreiber im März seine Antwort auf die US-Software ChatGPT vorstellen.
ChatGPT ist eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software, die mit riesigen Text- und Datenmengen darauf trainiert wurde, die menschliche Sprechweise zu imitieren. Das von der US-amerikanischen Firma OpenAI im November vergangenen Jahres der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Tool hat ein sehr breites Anwendungsspektrum und hat in letzter Zeit aufgrund seiner selbst für viele Experten überraschenden Fähigkeiten einen regelrechten Hype ausgelöst.
In einer Art Chat-Feld kann man dem Programm Fragen stellen und Antworten erhalten. Auch Arbeitsanweisungen sind möglich – etwa einen Brief oder einen Aufsatz auf Basis einiger Stichworte zu schreiben. Bis zu einem gewissen Grad beherrscht ChatGPT auch das Schreiben von Programmcode oder journalistischen Artikeln.
Baidu hat in den vergangenen Jahren Milliarden in die KI-Forschung investiert. Seine Plattform ERNIE -ein massives KI-System, das mit großen Datenmengen trainiert wird – soll den Berichten zufolge als Basis für das eigene, ChatGPT-ähnliches Tool dienen. Dass es der chinesische Konzern mit der Veröffentlichung eilig hat, verwundert nicht. Auch bei der US-Konkurrenz herrscht Alarmstimmung.
ChatGPT macht zwar noch viele Fehler, ist aber aus Sicht von KI-Forschern allein schon deshalb ein Gamechanger, weil sich bereits so kurz nach der Veröffentlichung Millionen von Nutzern weltweit für die Software begeistern konnten. Während Microsoft mit einer Beteiligung an OpenAI gut aufgestellt ist, soll der Google-Mutterkonzern Alphabet wegen ChatGPT sogar intern “Code Red” ausgerufen haben. Demnach wird die Software als ernsthafte Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell angesehen. US-Berichten zufolge wird Google demnächst auch die eigenen Karten auf den Tisch legen und ebenfalls eine ChatGPT-Variante veröffentlichen.
Mögliche chinesische Kandidaten, die ebenfalls in das Chatbot-Rennen einsteigen könnten, sind die Internetgiganten Tencent und Alibaba, die ebenfalls große Teams für die Entwicklung von KI-Anwendungen beschäftigen. Auch eine ganze Reihe chinesischer Start-ups ist in diesem Bereich aktiv. Die Entwicklung neuer ChatGPT-Varianten dürfte den Wettlauf zwischen den USA und China um die globale KI-Vorherrschaft weiter anheizen. Zwar führen die USA in den meisten globalen KI-Rankings vor China. Das Rennen gilt jedoch als knapp.
Während die USA in der Grundlagenforschung die Nase vorn haben, gelten chinesische Unternehmen in der praktischen Anwendung als erfolgreicher. Nirgendwo sonst setzen so viele Firmen maschinelles Lernen ein. Auch bei der Aggregation und Nutzung von Daten liegt China vor dem Rest der Welt.
Noch große Fragezeichen stehen hinter den möglichen Fähigkeiten einer chinesischen Variante von ChatGPT. OpenAI hat bisher nicht öffentlich gemacht, welche Daten genau für das Training seiner Anwendung verwendet wurden, aber das Unternehmen sagt, dass es generell das Internet durchforstet und archivierte Bücher und Wikipedia verwendet hat.
Für chinesische Unternehmen dürften die Zensurbestimmungen in China eine zusätzliche Herausforderung bei der Entwicklung darstellen. Ein Chatbot, der sich kritisch über die Kommunistische Partei äußert, wäre auf dem chinesischen Markt undenkbar. Gleichzeitig können globale Nutzer wenig mit einer KI anfangen, die auf die Bedürfnisse der chinesischen Zensurbehörden trainiert wurde.
Zudem ist eine Debatte über mögliche Gefahren durch von China kontrollierte ChatGPT-ähnliche Anwendungen zu erwarten. Schließlich kann KI nicht nur zur Produktivitätssteigerung eingesetzt werden. Auch Fake News und Propaganda lassen sich mit wenigen Anweisungen in Sekundenschnelle erstellen und über soziale Netzwerke weltweit verbreiten. Jörn Petring
Ein letztes Mal leuchten die grellen Neon-Fassaden in die Pekinger Nacht. Unzählige Schaulustige ziehen an diesem Dienstagabend durch die Sanlitun Bar Street, um belustigt Selfies zu schießen, ehe die Kulisse der ikonischen Ausgehmeile verschwinden wird. Mit neugierigen Augen spähen sie durch die angestaubten Glasfassaden der Kneipen, als handele es sich um museale Relikte einer lange vergessen geglaubten Vergangenheit.
In gewisser Hinsicht stimmt das auch: Die letzten verbliebenen Bars, die unbeholfene Namen wie “Red Moon Club”, “Power Station” oder “Swings” haben, wirken auf geradezu absurde Weise aus der Zeit gefallen: Statt “Craft Beer” werden hier Flaschen im Sechser-Pack serviert, und aus den Lautsprecherboxen dröhnt seit Jahren “Hotel California” in Dauerschleife.
Seit 1995 wird in Pekings erster “westliche” Bar-Meile gefeiert und getrunken. Nach den schnelllebigen Maßstäben der chinesischen Hauptstadt ist dies zweifelsohne eine halbe Ewigkeit. Anfang Februar jedoch sollen die Abrissbirnen anrollen, um den Straßenzug zu planieren. Und damit verschwindet auch das letzte Überbleibsel des alten Sanlitun-Viertels; einer Gegend, die sich immer wieder gehäutet hat – und längst im Chinesischen zum Synonym für Glamour, Konsum und Internationalität geworden ist.
“Als ich damals frisch nach Peking gekommen bin, war das praktisch die einzige Straße, in der überhaupt irgendwas los war“, erinnert sich Jim Boyce, der über Bars und Restaurants in der chinesischen Hauptstadt bloggt. Der Kanadier ist bestens vernetzt mit lokalen Weinhändlern und Pub-Besitzern. Doch mit der “Sanlitun Bar Street” ist er nie warm geworden: “Für mich sehen die Bars in etwa so aus, als wären sie für Leute gemacht, die im Grunde noch nie in einer richtigen Bar gewesen waren”, sagt er.
Und in der Tat lässt sich mittlerweile nur mehr schwer erahnen, warum jene Ausgehmeile, die eher an Kleinstadt denn 20-Millionen-Metropole erinnert, einst die Diplomaten, Touristen und gut betuchten Einheimischen gleichermaßen angezogen hatte.
Um darauf eine Antwort zu finden, muss man einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen. Einst war Sanlitun nichts weiter als eine Einöde außerhalb der alten Pekinger Stadtmauern. Entlang der staubigen Straßen reihten sich einstöckige Hütten, landwirtschaftliche Felder und kleine Autowerkstätten. Genau hier, weit entfernt vom Platz des Himmlischen Friedens, siedelte Mao Tse-tung kurz nach Gründung der Volksrepublik das neue Diplomatenviertel an.
Die Ausländer feierten damals vor allem in den Gärten ihrer Botschaften. Die strenge Segregation zwischen “Waiguoren”, wie die Fremden im Chinesischen heißen, und der Lokalbevölkerung war vor allem politisch gewollt – insbesondere während der paranoiden Periode der Kulturrevolution (1966-76). Wer damals mit einem “Waiguoren” auf der Straße sprach, etwa um den Weg zu weisen, konnte sich schnell illegaler Spionage verdächtig machen.
Der Schriftsteller Dai Ming, der in den 1960er-Jahren in Sanlitun aufwuchs, erinnerte sich einst in einem Pekinger Lokalmedium an seine Kindheit: “Unsere Lehrer und Eltern haben uns erzählt, dass wir so viel Abstand wie möglich vor ihnen halten sollen”. In der Schule wurde den Kindern eingetrichtert, dass sie im Botschaftsviertel stets mit ernstem Blick und gerader Haltung gehen sollten. Denn Ausländer würden, so erzählte man sich damals, Süßigkeiten auf den Boden werfen, um dann die bückenden Kinder zu fotografieren. Die Bilder davon würden in ihren Zeitungen veröffentlicht, “um unser Land zu diffamieren”.
Spätestens mit Maos Tod und den ökonomischen Reformen der 1980er-Jahre verschwanden die alten Denkmuster. Die meist gut betuchten Expats wurden fortan vor allem als wirtschaftliche Möglichkeit betrachtet. Erst kamen Wanderarbeiter und boten an Marktständen Jeanshosen und T-Shirts an, Ausschussware aus den Fabriken im Süden des Landes, die eigentlich für den Export vorgesehen waren. In allen anderen Geschäften in Peking überwog noch die Einheitskleidung aus Mao-Zeiten.
Dann entstanden die ersten Cafés – außerhalb großer Hotels in China damals ein Novum. Und so dauerte es nicht lange, bis aus der Nachfrage auch nach nächtlicher Unterhaltung schlussendlich ein Angebot entstand: Die “Sanlitun Bar Street” war geboren. Und als sich 1996 auch der lokale Fußballclub “FC Guoan” im benachbarten Arbeiterstadion ansiedelte, gesellten sich am Wochenende nach den Matches auch die einheimischen Fans zu den Expats.
Thorsten, ein lang gewachsener Mann mit blauer Daunenweste und zurückgekämmten Haaren, schwelgt noch heute in Erinnerungen aus jener Zeit. Ende der 1990er kam der Deutsche erstmals nach Peking, arbeitete damals für die Botschaft. Wenn die Diplomaten und Expats nach Feierabend ein paar Bier trinken wollten, dann gingen sie natürlich nach Sanlitun – in die unzähligen Dart-Kneipen und Irish Pubs. Und danach ließ man sich in den Garküchen und Straßengrills, bereits weit nach Mitternacht, Nudeln braten oder Lammspieße grillen. Sanlitun wurde zum Vorbild für Ausgehviertel auch in anderen chinesischen Städten. Viele der Alternativ-Cafés und Bars der ersten Stunde wurden jedoch verdrängt von anrüchigen Clubs mit Prostitution und Drogenhandel.
Das Sanlitun-Viertel hat sich bereits seit der Jahrtausendwende immer wieder neu erfunden. Die alten Kneipen wurden Block für Block der Sanierung freigegeben. Nachts kamen die Vertreter der Lokalregierung, die mit weißer Kreide das chinesische Schriftzeichen “Chai”, also “Abriss”, auf die Hausfassaden schrieben. Widerrede war nutzlos, denn die meisten der Gebäude wurden, wie damals üblich, ohne offizielle Genehmigung errichtet. Und so rollten nur wenige Wochen später bereits die Raupenbagger an. So ist es vielen Ausgehvierteln der ersten Stunde ergangen – in Peking und anderen Städten in China.
Den Behörden geht es stets darum, die Stadt zu “verschönern” und von seinen Schmuddelecken zu befreien. Man wollte keine anrüchigen “Lady Bars” mehr, keine billigen Imbissstuben und DVD-Shops voller Raubkopien. Und gleichzeitig wurden immer auch die Nischen der Subkultur demoliert: Die Rock-Clubs und unabhängigen Bücherläden verschwanden ebenfalls.
An dessen Stelle traten internationale Investoren:. Adidas, Apple und Uniqlo siedelten sich mit riesigen Flagship-Stores an, es folgten Luxus-Boutiquen, internationale Café-Ketten und beliebige Cocktail-Bars. Nirgendwo in ganz China gibt es mittlerweile eine höhere Dichte an Ferraris und Prominenten.
Nur so lässt sich verstehen, dass nun die Pekinger einem Ort hinterher trauern, den sie doch seit Jahren bereits stets gemieden haben: Die “Sanlitun Bar Street” stand für ein Stück nostalgischer Vergangenheit, die rückblickend gar nicht so schlecht erschien. Oder, wie der deutsche Gastronom Thorsten sagt: “Die Straße war noch der letzte Fleck mit altem Flair. Jetzt schließt sich die Geschichte vollständig”. Fabian Kretschmer
Die Führung in Peking hält auch weiter an ihrer Kritik am atlantischen Verteidigungsbündnis fest. Die Nato “fabriziert eine chinesische Bedrohung“, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Mittwoch in Peking, anlässlich des Besuchs von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Japan und Südkorea.
Die Sprecherin warf der Nato vor, ihre Beziehungen zu asiatisch-pazifischen Ländern stärken und ihre Einflusssphäre jenseits seiner traditionellen Verteidigungszone auszudehnen – obwohl sie vorgebe, eine regionale Allianz zu sein. Die asiatisch-pazifische Region sei “nicht das Schlachtfeld für geopolitischen Wettbewerb“, betonte Mao Ning. Eine “Mentalität des Kalten Krieges und der Block-Konfrontation” sei nicht wünschenswert.
Stoltenberg hatte sich bei seinem Besuch in Tokio am Dienstag mit Japans Ministerpräsidenten Fumio Kishida getroffen. “China baut seine Streitkräfte, einschließlich Atomwaffen, erheblich aus, schikaniert seine Nachbarn und bedroht Taiwan”, wird Stoltenberg von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Peking beobachte genau den Umgang des Westens mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine und lerne “Lehren, die seine zukünftigen Entscheidungen beeinflussen können”, warnte Stoltenberg. “Was heute in Europa passiert, könnte morgen in Ostasien passieren.” flee
China muss mit dramatischen Hitzerekorden und gewaltigen Niederschlagsmengen rechnen, wenn die Welt das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen verfehlt. Bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad würden neuen Forschungsergebnissen zufolge sieben Prozent von 369 untersuchten Städten einen neuen Zustand extremer Hitze erreichen, wie der Fachdienst Carbon Brief am Mittwoch berichtete. 65 Prozent der Städte würden zumindest deutlich heißer werden.
Eine weitere Methode, sich das künftige Klima eines Ortes vorstellbar zu machen, ist der Vergleich mit geografischen Punkten, die das künftige Klima schon jetzt erleben. Auf der Nordhalbkugel liegen diese Punkte weiter südlich, und somit näher am Äquator, als der geografische Ort der betreffenden Stadt. Zum Beispiel: München könnte in der Zukunft das heutige Klima einer norditalienischen Stadt bekommen. In China wird sich den Angaben des Berichtes zufolge die Menge der Niederschläge bei 64 Prozent der nördlichen Städte in China so stark erhöhen, wie es den heutigen Regenfällen in Orten entspricht, die 530 Kilometer weiter südlich liegen.
21 Prozent der südlich gelegenen Städte würden Regenfälle wie in heutigen extremen Niederschlagszonen bekommen. Das 1,5-Grad-Ziel gilt als kaum noch erreichbar; und auch die zwei Grad sind keineswegs sicher. ck
Der Chef des Schweizer Pharmariesen Novartis, Vasant Narasimhan, sieht in China trotz der schrumpfenden Bevölkerung große Wachstumschancen. “Wenn man sich den ungedeckten Bedarf in China für die Behandlung vieler chronischer Krankheiten ansieht, ist er beträchtlich”, sagte Narasimhan.
Die Bevölkerung altere, die Regierung sei bereit, die Zulassung von Medikamenten zu beschleunigen, und dank Kostenvergütung im Rahmen des NRDL-Systems hätten breitere Bevölkerungsschichten Zugang zu neuen Arzneien. “Wir denken also, dass China mittelfristig ein sehr attraktiver Markt bleiben wird, der zweitgrößte Pharmamarkt der Welt”, sagte der Novartis-Chef. “Das sind große Chancen für uns, weiterzuwachsen.”
Der Konzern hat China zu einem seiner vier Schlüsselmärkte erklärt – neben den USA, Japan und Deutschland. Novartis hat Narasimhan zufolge in China stark in die Präsenz investiert, nicht nur in Großstädten, sondern auch in kleineren Agglomerationen. Das Unternehmen setze in dem Land vor allem auf Therapien gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurologische Leiden.
Im dominierenden Geschäft mit patentgeschützten Arzneien erzielte Novartis im Jahr 2022 in China einen Umsatz von 2,9 Milliarden US-Dollar – unter Ausschluss von Wechselkursschwankungen ein Plus von sieben Prozent. Konzernweit wuchsen die Verkaufserlöse in der Innovative Medicines genannten Sparte währungsbereinigt um vier Prozent auf 41,3 Milliarden Dollar. rtr
Im Tesla-Werk in Shanghai soll die Produktion nach internen Plänen wegen der angeheizten Nachfrage steigen. Der weltgrößte Elektroautobauer will im Februar und März durchschnittlich fast 20.000 Fahrzeuge pro Woche in seiner wichtigsten Fabrik produzieren, wie aus einem Planungsprotokoll hervorgeht, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Mit diesem Produktionsniveau würde das Werk in etwa so viel produzieren, wie im September.
Angekurbelt wurde die Nachfrage durch die jüngsten Preissenkungen von Tesla. Die Bestellungen seien im Januar etwa doppelt so hoch gewesen wie die Produktion, sagte Konzernchef Elon Musk vergangene Woche auf einer Telefonkonferenz. Die Auslieferungen 2023 könnten dem Firmengründer zufolge die Marke von zwei Millionen Fahrzeugen erreichen, sofern es keine externen Störungen gebe.
Im Dezember hatte Tesla die Produktion in Shanghai gegenüber November um etwa ein Drittel gekürzt und die Bänder rund um das chinesische Neujahrsfest angehalten, um mit den steigenden Lagerbeständen fertig zu werden. Danach hatte der Autobauer seine Preise in China mehrfach gesenkt und damit einen Preiskampf entfacht, dem bereits einige Hersteller gefolgt sind. rtr
Der Vorstandsvorsitzende des US-Flugzeugbauers Boeing, Dave Calhoun, zeigt sich in Bezug auf neue Bestellungen aus China optimistisch. Die Nachfrage aus der Volksrepublik nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ziehe stark an, sagte Calhoun Bloomberg TV. “Sie brauchen Flugzeuge. Zuallererst müssen wir die Flugzeuge, die sie bereits besitzen, wieder in die Luft bringen.”
Boeing hält 138 Flugzeuge des Typs 737 MAX für chinesische Fluggesellschaften vor, die aufgrund der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China nicht ausliefert werden konnten. Er hoffe, dass der bevorstehende Besuch des US-Außenministers Antony Blinken in China schließlich zu “robusten” Flugzeugbestellungen führen werde, erklärte Calhoun. ari/rtr
In der Fremde zu Hause zu sein, ist für Ruth Schimanowski Normalität. “Ich habe mich von klein auf als Ausländerin erlebt, als Gast.” Die Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking wuchs in Tansania als Missionarstochter auf. An Fremdsprachen beherrscht sie Kiswahili, Schwedisch, Französisch, Englisch und natürlich auch Chinesisch. Eine besondere Freude hat sie daran, Gemeinsamkeiten in den kulturellen und sprachlichen Differenzen zu finden: “Man wirft im Chinesischen zwar keine Perlen vor die Säue, spielt aber die Zither für das Rind”, erklärt sie zu den Redewendungen.
Trotz aller Hindernisse durch die Pandemie in den vergangenen Jahren beinhaltet ihre Arbeit immer noch die Kernaufgaben des DAAD: den Studien- und Forschungsstandort Deutschland zu bewerben und die deutschen DAAD-Stipendiatinnen im Ausland zu unterstützen. Allerdings sind von denen im Moment nur eine knappe Handvoll in China. Für Schimanowski kein Grund zum Unmut: “Offensichtlich ist der akademische Austausch in eine Schieflage geraten, stellenweise zusammengebrochen – aber das macht unsere Arbeit doch nur noch wichtiger.”
Mit dem ständigen Schielen aufs kriselnde Ganze laufe man aber Gefahr, die Bäume vor lauter Wald nicht mehr zu sehen. So entwickeln sich etwa bei den verschiedenen deutschen China-Zentren durchaus vielversprechende Initiativen, betont Schimanowski. Jedoch tun sich auch neue Probleme auf. Im eingeübten Dreiklang von “Partner-Wettbewerber-Rivalität” werde derzeit die Rivalität überbetont. Die Erfolgschancen für Visaanträge chinesischer Wissenschaftlerinnen seien in den vergangenen Jahren durch verschärfte Sicherheitsüberprüfungen deutlich geringer geworden, sagt Schimanowski.
Die ehrgeizigen Ziele und Erfolge der Partei werden indes immer noch unterschätzt: “Noch ist die Forschungsinfrastruktur in Deutschland und in Europa attraktiv. Aber das kann in einigen Jahren schon ganz anders aussehen und deutsche Forschungsorganisationen mahnen schon jetzt, dass der Zugang zu den chinesischen Anlagen und Forschungssystemen wichtig ist.”
Bei alledem verschweigt Schimanowski nicht, dass die Lage in China im Moment düster ist. Auch wenn die Abschaffung der Null-Covid-Politik Anfang Dezember den Lebensalltag in China komplett geändert hat: Vieles bleibt schwierig und voller Unwägbarkeiten. Zwar sei China nie einfach gewesen. Vor fünf Jahren musste man noch jeden Morgen auf das Smartphone schauen, um zu sehen, wie gesundheitsschädlich die Luftqualität im Verlauf des Tages sein wird. Und bis vor Kurzem schielte man frühmorgens auf das Handy in der Furcht, dass einen der Health Code doch noch in die Quarantäne schießt. Schimanowski beobachtet jedoch, dass die Stimmung und die finanziellen Ressourcen in ihrem professionellen Umfeld beträchtlich unter den vergangenen zwei Jahren gelitten haben.
Dabei sind es gerade Lokalität und Präsenz, die den Stellenwert der im German Centre Beijing angesiedelten DAAD-Außenstelle ausmachen. “Bei mir geht es zu wie einem Taubenschlag”, erzählt Schimanowski. “Links von mir hat Helmholtz sein Büro, rechts die Wirtschaftsabteilung des Berliner Senats und den Gang runter die ZfA und Fraunhofer.” Für alle diese Institutionen sei das Büro genauso ansprechbar wie für die chinesischen Partner und Interessenten. Gleichzeitig in China vor Ort und gesprächsbereit zu sein, das sei das bisherige Erfolgsrezept gewesen. Julius Schwarzwälder
Benjamin Creutzfeldt ist neuer Geschäftsführer des Konfuzius-Instituts in Leipzig. Der Sinologe war zuvor Dozent an der Georg-August-Universität Göttingen. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf den Beziehungen zwischen Lateinamerika und China.
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Noch handelt es sich nur um eine Generalprobe für den Drachentanz beim Laternenfest, das erst am Sonntag begangen wird. Aber diese Artisten in dem Ort Jieyang in der Provinz Guangdong geben schon jetzt alles. Und wenn’s ums Böllern geht, sind eh alle Dämme gebrochen.
Baidu und ChatGPT – zwei Spieler im KI-Spielfeld. Obwohl Baidu und ChatGPT in unterschiedlichen Teilen der Welt entstanden sind, haben sie beide ein gemeinsames Ziel: die künstliche Intelligenz weiter voranzutreiben. Es wird spannend sein zu sehen, wie Baidu und ChatGPT dazu beitragen werden.
Diese ersten Zeilen, die Sie gerade gelesen haben, hat keine menschliche Redakteurin geschrieben. Sondern die künstliche Intelligenz ChatGPT, die mit dem Auftrag “Write an editorial about Baidu and ChatGPT in German” gefüttert wurde. Der Chatbot wurde vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt und erfährt derzeit wegen seines Potenzials für Hausaufgaben- oder Seminararbeiten-Schreiben für Faule und Findige auch Kritik.
Für die Tech-Riesen wie Google und Baidu birgt der Bot jedoch ganz andere Gefahren, die sogar das Geschäftsmodell bedrohen. Mit Baidu geht nun das erste chinesische Unternehmen in die Offensive: Eine eigene Software und ChatGPT-Konkurrenz soll zeitnah veröffentlicht werden, berichtet unser Team aus China. Die Entwicklung neuer Chatbot-Varianten dürfte den Wettlauf zwischen den USA und China um die globale KI-Vorherrschaft weiter anheizen.
In unserer zweiten Analyse blicken wir heute in die chinesische Hauptstadt, wo das Ende einer Institution, bekannt vor allem bei Expats im Diplomaten-Viertel, ansteht: Die Bar Street in Sanlitun wird abgerissen.
Begonnen hatte Chinas erste Vergnügungsmeile der Nach-Mao-Ära irgendwann Mitte der 1980er-Jahren mit ein paar Marktständen junger Wanderarbeiterinnen, die Jeanshosen und T-Shirts verkauften, die eigentlich für den Export vorgesehen waren. Young Fashion gab es in Peking ansonsten damals noch nicht. Dann eröffneten in den Straßen zwischen den Botschaften die ersten Cafés und Pubs. Auch das war in Peking ein Novum.
Bereits im vergangenen Jahrzehnt hatte das Viertel aber an Charme verloren, nachdem die Bars zunehmend von der Zuhälter-Szene und der lokalen Drogenmafia übernommen wurden. Dass nun auch die letzten Schuppen dichtmachen, ist daher kein Verlust. Dennoch lohnt sich der Blick zurück auf eine Straße, auf der viele von uns im stressigen Pekinger Arbeitsleben ein kühles Bier bestellt haben.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Der chinesische Internetkonzern Baidu will in das Rennen um den leistungsfähigsten Chatbot auf Basis künstlicher Intelligenz einsteigen. Wie unter anderem Bloomberg und das Wall Street Journal unter Berufung auf interne Quellen berichten, wird der chinesische Suchmaschinenbetreiber im März seine Antwort auf die US-Software ChatGPT vorstellen.
ChatGPT ist eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software, die mit riesigen Text- und Datenmengen darauf trainiert wurde, die menschliche Sprechweise zu imitieren. Das von der US-amerikanischen Firma OpenAI im November vergangenen Jahres der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Tool hat ein sehr breites Anwendungsspektrum und hat in letzter Zeit aufgrund seiner selbst für viele Experten überraschenden Fähigkeiten einen regelrechten Hype ausgelöst.
In einer Art Chat-Feld kann man dem Programm Fragen stellen und Antworten erhalten. Auch Arbeitsanweisungen sind möglich – etwa einen Brief oder einen Aufsatz auf Basis einiger Stichworte zu schreiben. Bis zu einem gewissen Grad beherrscht ChatGPT auch das Schreiben von Programmcode oder journalistischen Artikeln.
Baidu hat in den vergangenen Jahren Milliarden in die KI-Forschung investiert. Seine Plattform ERNIE -ein massives KI-System, das mit großen Datenmengen trainiert wird – soll den Berichten zufolge als Basis für das eigene, ChatGPT-ähnliches Tool dienen. Dass es der chinesische Konzern mit der Veröffentlichung eilig hat, verwundert nicht. Auch bei der US-Konkurrenz herrscht Alarmstimmung.
ChatGPT macht zwar noch viele Fehler, ist aber aus Sicht von KI-Forschern allein schon deshalb ein Gamechanger, weil sich bereits so kurz nach der Veröffentlichung Millionen von Nutzern weltweit für die Software begeistern konnten. Während Microsoft mit einer Beteiligung an OpenAI gut aufgestellt ist, soll der Google-Mutterkonzern Alphabet wegen ChatGPT sogar intern “Code Red” ausgerufen haben. Demnach wird die Software als ernsthafte Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell angesehen. US-Berichten zufolge wird Google demnächst auch die eigenen Karten auf den Tisch legen und ebenfalls eine ChatGPT-Variante veröffentlichen.
Mögliche chinesische Kandidaten, die ebenfalls in das Chatbot-Rennen einsteigen könnten, sind die Internetgiganten Tencent und Alibaba, die ebenfalls große Teams für die Entwicklung von KI-Anwendungen beschäftigen. Auch eine ganze Reihe chinesischer Start-ups ist in diesem Bereich aktiv. Die Entwicklung neuer ChatGPT-Varianten dürfte den Wettlauf zwischen den USA und China um die globale KI-Vorherrschaft weiter anheizen. Zwar führen die USA in den meisten globalen KI-Rankings vor China. Das Rennen gilt jedoch als knapp.
Während die USA in der Grundlagenforschung die Nase vorn haben, gelten chinesische Unternehmen in der praktischen Anwendung als erfolgreicher. Nirgendwo sonst setzen so viele Firmen maschinelles Lernen ein. Auch bei der Aggregation und Nutzung von Daten liegt China vor dem Rest der Welt.
Noch große Fragezeichen stehen hinter den möglichen Fähigkeiten einer chinesischen Variante von ChatGPT. OpenAI hat bisher nicht öffentlich gemacht, welche Daten genau für das Training seiner Anwendung verwendet wurden, aber das Unternehmen sagt, dass es generell das Internet durchforstet und archivierte Bücher und Wikipedia verwendet hat.
Für chinesische Unternehmen dürften die Zensurbestimmungen in China eine zusätzliche Herausforderung bei der Entwicklung darstellen. Ein Chatbot, der sich kritisch über die Kommunistische Partei äußert, wäre auf dem chinesischen Markt undenkbar. Gleichzeitig können globale Nutzer wenig mit einer KI anfangen, die auf die Bedürfnisse der chinesischen Zensurbehörden trainiert wurde.
Zudem ist eine Debatte über mögliche Gefahren durch von China kontrollierte ChatGPT-ähnliche Anwendungen zu erwarten. Schließlich kann KI nicht nur zur Produktivitätssteigerung eingesetzt werden. Auch Fake News und Propaganda lassen sich mit wenigen Anweisungen in Sekundenschnelle erstellen und über soziale Netzwerke weltweit verbreiten. Jörn Petring
Ein letztes Mal leuchten die grellen Neon-Fassaden in die Pekinger Nacht. Unzählige Schaulustige ziehen an diesem Dienstagabend durch die Sanlitun Bar Street, um belustigt Selfies zu schießen, ehe die Kulisse der ikonischen Ausgehmeile verschwinden wird. Mit neugierigen Augen spähen sie durch die angestaubten Glasfassaden der Kneipen, als handele es sich um museale Relikte einer lange vergessen geglaubten Vergangenheit.
In gewisser Hinsicht stimmt das auch: Die letzten verbliebenen Bars, die unbeholfene Namen wie “Red Moon Club”, “Power Station” oder “Swings” haben, wirken auf geradezu absurde Weise aus der Zeit gefallen: Statt “Craft Beer” werden hier Flaschen im Sechser-Pack serviert, und aus den Lautsprecherboxen dröhnt seit Jahren “Hotel California” in Dauerschleife.
Seit 1995 wird in Pekings erster “westliche” Bar-Meile gefeiert und getrunken. Nach den schnelllebigen Maßstäben der chinesischen Hauptstadt ist dies zweifelsohne eine halbe Ewigkeit. Anfang Februar jedoch sollen die Abrissbirnen anrollen, um den Straßenzug zu planieren. Und damit verschwindet auch das letzte Überbleibsel des alten Sanlitun-Viertels; einer Gegend, die sich immer wieder gehäutet hat – und längst im Chinesischen zum Synonym für Glamour, Konsum und Internationalität geworden ist.
“Als ich damals frisch nach Peking gekommen bin, war das praktisch die einzige Straße, in der überhaupt irgendwas los war“, erinnert sich Jim Boyce, der über Bars und Restaurants in der chinesischen Hauptstadt bloggt. Der Kanadier ist bestens vernetzt mit lokalen Weinhändlern und Pub-Besitzern. Doch mit der “Sanlitun Bar Street” ist er nie warm geworden: “Für mich sehen die Bars in etwa so aus, als wären sie für Leute gemacht, die im Grunde noch nie in einer richtigen Bar gewesen waren”, sagt er.
Und in der Tat lässt sich mittlerweile nur mehr schwer erahnen, warum jene Ausgehmeile, die eher an Kleinstadt denn 20-Millionen-Metropole erinnert, einst die Diplomaten, Touristen und gut betuchten Einheimischen gleichermaßen angezogen hatte.
Um darauf eine Antwort zu finden, muss man einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen. Einst war Sanlitun nichts weiter als eine Einöde außerhalb der alten Pekinger Stadtmauern. Entlang der staubigen Straßen reihten sich einstöckige Hütten, landwirtschaftliche Felder und kleine Autowerkstätten. Genau hier, weit entfernt vom Platz des Himmlischen Friedens, siedelte Mao Tse-tung kurz nach Gründung der Volksrepublik das neue Diplomatenviertel an.
Die Ausländer feierten damals vor allem in den Gärten ihrer Botschaften. Die strenge Segregation zwischen “Waiguoren”, wie die Fremden im Chinesischen heißen, und der Lokalbevölkerung war vor allem politisch gewollt – insbesondere während der paranoiden Periode der Kulturrevolution (1966-76). Wer damals mit einem “Waiguoren” auf der Straße sprach, etwa um den Weg zu weisen, konnte sich schnell illegaler Spionage verdächtig machen.
Der Schriftsteller Dai Ming, der in den 1960er-Jahren in Sanlitun aufwuchs, erinnerte sich einst in einem Pekinger Lokalmedium an seine Kindheit: “Unsere Lehrer und Eltern haben uns erzählt, dass wir so viel Abstand wie möglich vor ihnen halten sollen”. In der Schule wurde den Kindern eingetrichtert, dass sie im Botschaftsviertel stets mit ernstem Blick und gerader Haltung gehen sollten. Denn Ausländer würden, so erzählte man sich damals, Süßigkeiten auf den Boden werfen, um dann die bückenden Kinder zu fotografieren. Die Bilder davon würden in ihren Zeitungen veröffentlicht, “um unser Land zu diffamieren”.
Spätestens mit Maos Tod und den ökonomischen Reformen der 1980er-Jahre verschwanden die alten Denkmuster. Die meist gut betuchten Expats wurden fortan vor allem als wirtschaftliche Möglichkeit betrachtet. Erst kamen Wanderarbeiter und boten an Marktständen Jeanshosen und T-Shirts an, Ausschussware aus den Fabriken im Süden des Landes, die eigentlich für den Export vorgesehen waren. In allen anderen Geschäften in Peking überwog noch die Einheitskleidung aus Mao-Zeiten.
Dann entstanden die ersten Cafés – außerhalb großer Hotels in China damals ein Novum. Und so dauerte es nicht lange, bis aus der Nachfrage auch nach nächtlicher Unterhaltung schlussendlich ein Angebot entstand: Die “Sanlitun Bar Street” war geboren. Und als sich 1996 auch der lokale Fußballclub “FC Guoan” im benachbarten Arbeiterstadion ansiedelte, gesellten sich am Wochenende nach den Matches auch die einheimischen Fans zu den Expats.
Thorsten, ein lang gewachsener Mann mit blauer Daunenweste und zurückgekämmten Haaren, schwelgt noch heute in Erinnerungen aus jener Zeit. Ende der 1990er kam der Deutsche erstmals nach Peking, arbeitete damals für die Botschaft. Wenn die Diplomaten und Expats nach Feierabend ein paar Bier trinken wollten, dann gingen sie natürlich nach Sanlitun – in die unzähligen Dart-Kneipen und Irish Pubs. Und danach ließ man sich in den Garküchen und Straßengrills, bereits weit nach Mitternacht, Nudeln braten oder Lammspieße grillen. Sanlitun wurde zum Vorbild für Ausgehviertel auch in anderen chinesischen Städten. Viele der Alternativ-Cafés und Bars der ersten Stunde wurden jedoch verdrängt von anrüchigen Clubs mit Prostitution und Drogenhandel.
Das Sanlitun-Viertel hat sich bereits seit der Jahrtausendwende immer wieder neu erfunden. Die alten Kneipen wurden Block für Block der Sanierung freigegeben. Nachts kamen die Vertreter der Lokalregierung, die mit weißer Kreide das chinesische Schriftzeichen “Chai”, also “Abriss”, auf die Hausfassaden schrieben. Widerrede war nutzlos, denn die meisten der Gebäude wurden, wie damals üblich, ohne offizielle Genehmigung errichtet. Und so rollten nur wenige Wochen später bereits die Raupenbagger an. So ist es vielen Ausgehvierteln der ersten Stunde ergangen – in Peking und anderen Städten in China.
Den Behörden geht es stets darum, die Stadt zu “verschönern” und von seinen Schmuddelecken zu befreien. Man wollte keine anrüchigen “Lady Bars” mehr, keine billigen Imbissstuben und DVD-Shops voller Raubkopien. Und gleichzeitig wurden immer auch die Nischen der Subkultur demoliert: Die Rock-Clubs und unabhängigen Bücherläden verschwanden ebenfalls.
An dessen Stelle traten internationale Investoren:. Adidas, Apple und Uniqlo siedelten sich mit riesigen Flagship-Stores an, es folgten Luxus-Boutiquen, internationale Café-Ketten und beliebige Cocktail-Bars. Nirgendwo in ganz China gibt es mittlerweile eine höhere Dichte an Ferraris und Prominenten.
Nur so lässt sich verstehen, dass nun die Pekinger einem Ort hinterher trauern, den sie doch seit Jahren bereits stets gemieden haben: Die “Sanlitun Bar Street” stand für ein Stück nostalgischer Vergangenheit, die rückblickend gar nicht so schlecht erschien. Oder, wie der deutsche Gastronom Thorsten sagt: “Die Straße war noch der letzte Fleck mit altem Flair. Jetzt schließt sich die Geschichte vollständig”. Fabian Kretschmer
Die Führung in Peking hält auch weiter an ihrer Kritik am atlantischen Verteidigungsbündnis fest. Die Nato “fabriziert eine chinesische Bedrohung“, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Mittwoch in Peking, anlässlich des Besuchs von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Japan und Südkorea.
Die Sprecherin warf der Nato vor, ihre Beziehungen zu asiatisch-pazifischen Ländern stärken und ihre Einflusssphäre jenseits seiner traditionellen Verteidigungszone auszudehnen – obwohl sie vorgebe, eine regionale Allianz zu sein. Die asiatisch-pazifische Region sei “nicht das Schlachtfeld für geopolitischen Wettbewerb“, betonte Mao Ning. Eine “Mentalität des Kalten Krieges und der Block-Konfrontation” sei nicht wünschenswert.
Stoltenberg hatte sich bei seinem Besuch in Tokio am Dienstag mit Japans Ministerpräsidenten Fumio Kishida getroffen. “China baut seine Streitkräfte, einschließlich Atomwaffen, erheblich aus, schikaniert seine Nachbarn und bedroht Taiwan”, wird Stoltenberg von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Peking beobachte genau den Umgang des Westens mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine und lerne “Lehren, die seine zukünftigen Entscheidungen beeinflussen können”, warnte Stoltenberg. “Was heute in Europa passiert, könnte morgen in Ostasien passieren.” flee
China muss mit dramatischen Hitzerekorden und gewaltigen Niederschlagsmengen rechnen, wenn die Welt das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen verfehlt. Bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad würden neuen Forschungsergebnissen zufolge sieben Prozent von 369 untersuchten Städten einen neuen Zustand extremer Hitze erreichen, wie der Fachdienst Carbon Brief am Mittwoch berichtete. 65 Prozent der Städte würden zumindest deutlich heißer werden.
Eine weitere Methode, sich das künftige Klima eines Ortes vorstellbar zu machen, ist der Vergleich mit geografischen Punkten, die das künftige Klima schon jetzt erleben. Auf der Nordhalbkugel liegen diese Punkte weiter südlich, und somit näher am Äquator, als der geografische Ort der betreffenden Stadt. Zum Beispiel: München könnte in der Zukunft das heutige Klima einer norditalienischen Stadt bekommen. In China wird sich den Angaben des Berichtes zufolge die Menge der Niederschläge bei 64 Prozent der nördlichen Städte in China so stark erhöhen, wie es den heutigen Regenfällen in Orten entspricht, die 530 Kilometer weiter südlich liegen.
21 Prozent der südlich gelegenen Städte würden Regenfälle wie in heutigen extremen Niederschlagszonen bekommen. Das 1,5-Grad-Ziel gilt als kaum noch erreichbar; und auch die zwei Grad sind keineswegs sicher. ck
Der Chef des Schweizer Pharmariesen Novartis, Vasant Narasimhan, sieht in China trotz der schrumpfenden Bevölkerung große Wachstumschancen. “Wenn man sich den ungedeckten Bedarf in China für die Behandlung vieler chronischer Krankheiten ansieht, ist er beträchtlich”, sagte Narasimhan.
Die Bevölkerung altere, die Regierung sei bereit, die Zulassung von Medikamenten zu beschleunigen, und dank Kostenvergütung im Rahmen des NRDL-Systems hätten breitere Bevölkerungsschichten Zugang zu neuen Arzneien. “Wir denken also, dass China mittelfristig ein sehr attraktiver Markt bleiben wird, der zweitgrößte Pharmamarkt der Welt”, sagte der Novartis-Chef. “Das sind große Chancen für uns, weiterzuwachsen.”
Der Konzern hat China zu einem seiner vier Schlüsselmärkte erklärt – neben den USA, Japan und Deutschland. Novartis hat Narasimhan zufolge in China stark in die Präsenz investiert, nicht nur in Großstädten, sondern auch in kleineren Agglomerationen. Das Unternehmen setze in dem Land vor allem auf Therapien gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurologische Leiden.
Im dominierenden Geschäft mit patentgeschützten Arzneien erzielte Novartis im Jahr 2022 in China einen Umsatz von 2,9 Milliarden US-Dollar – unter Ausschluss von Wechselkursschwankungen ein Plus von sieben Prozent. Konzernweit wuchsen die Verkaufserlöse in der Innovative Medicines genannten Sparte währungsbereinigt um vier Prozent auf 41,3 Milliarden Dollar. rtr
Im Tesla-Werk in Shanghai soll die Produktion nach internen Plänen wegen der angeheizten Nachfrage steigen. Der weltgrößte Elektroautobauer will im Februar und März durchschnittlich fast 20.000 Fahrzeuge pro Woche in seiner wichtigsten Fabrik produzieren, wie aus einem Planungsprotokoll hervorgeht, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Mit diesem Produktionsniveau würde das Werk in etwa so viel produzieren, wie im September.
Angekurbelt wurde die Nachfrage durch die jüngsten Preissenkungen von Tesla. Die Bestellungen seien im Januar etwa doppelt so hoch gewesen wie die Produktion, sagte Konzernchef Elon Musk vergangene Woche auf einer Telefonkonferenz. Die Auslieferungen 2023 könnten dem Firmengründer zufolge die Marke von zwei Millionen Fahrzeugen erreichen, sofern es keine externen Störungen gebe.
Im Dezember hatte Tesla die Produktion in Shanghai gegenüber November um etwa ein Drittel gekürzt und die Bänder rund um das chinesische Neujahrsfest angehalten, um mit den steigenden Lagerbeständen fertig zu werden. Danach hatte der Autobauer seine Preise in China mehrfach gesenkt und damit einen Preiskampf entfacht, dem bereits einige Hersteller gefolgt sind. rtr
Der Vorstandsvorsitzende des US-Flugzeugbauers Boeing, Dave Calhoun, zeigt sich in Bezug auf neue Bestellungen aus China optimistisch. Die Nachfrage aus der Volksrepublik nach dem Ende der Corona-Beschränkungen ziehe stark an, sagte Calhoun Bloomberg TV. “Sie brauchen Flugzeuge. Zuallererst müssen wir die Flugzeuge, die sie bereits besitzen, wieder in die Luft bringen.”
Boeing hält 138 Flugzeuge des Typs 737 MAX für chinesische Fluggesellschaften vor, die aufgrund der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China nicht ausliefert werden konnten. Er hoffe, dass der bevorstehende Besuch des US-Außenministers Antony Blinken in China schließlich zu “robusten” Flugzeugbestellungen führen werde, erklärte Calhoun. ari/rtr
In der Fremde zu Hause zu sein, ist für Ruth Schimanowski Normalität. “Ich habe mich von klein auf als Ausländerin erlebt, als Gast.” Die Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking wuchs in Tansania als Missionarstochter auf. An Fremdsprachen beherrscht sie Kiswahili, Schwedisch, Französisch, Englisch und natürlich auch Chinesisch. Eine besondere Freude hat sie daran, Gemeinsamkeiten in den kulturellen und sprachlichen Differenzen zu finden: “Man wirft im Chinesischen zwar keine Perlen vor die Säue, spielt aber die Zither für das Rind”, erklärt sie zu den Redewendungen.
Trotz aller Hindernisse durch die Pandemie in den vergangenen Jahren beinhaltet ihre Arbeit immer noch die Kernaufgaben des DAAD: den Studien- und Forschungsstandort Deutschland zu bewerben und die deutschen DAAD-Stipendiatinnen im Ausland zu unterstützen. Allerdings sind von denen im Moment nur eine knappe Handvoll in China. Für Schimanowski kein Grund zum Unmut: “Offensichtlich ist der akademische Austausch in eine Schieflage geraten, stellenweise zusammengebrochen – aber das macht unsere Arbeit doch nur noch wichtiger.”
Mit dem ständigen Schielen aufs kriselnde Ganze laufe man aber Gefahr, die Bäume vor lauter Wald nicht mehr zu sehen. So entwickeln sich etwa bei den verschiedenen deutschen China-Zentren durchaus vielversprechende Initiativen, betont Schimanowski. Jedoch tun sich auch neue Probleme auf. Im eingeübten Dreiklang von “Partner-Wettbewerber-Rivalität” werde derzeit die Rivalität überbetont. Die Erfolgschancen für Visaanträge chinesischer Wissenschaftlerinnen seien in den vergangenen Jahren durch verschärfte Sicherheitsüberprüfungen deutlich geringer geworden, sagt Schimanowski.
Die ehrgeizigen Ziele und Erfolge der Partei werden indes immer noch unterschätzt: “Noch ist die Forschungsinfrastruktur in Deutschland und in Europa attraktiv. Aber das kann in einigen Jahren schon ganz anders aussehen und deutsche Forschungsorganisationen mahnen schon jetzt, dass der Zugang zu den chinesischen Anlagen und Forschungssystemen wichtig ist.”
Bei alledem verschweigt Schimanowski nicht, dass die Lage in China im Moment düster ist. Auch wenn die Abschaffung der Null-Covid-Politik Anfang Dezember den Lebensalltag in China komplett geändert hat: Vieles bleibt schwierig und voller Unwägbarkeiten. Zwar sei China nie einfach gewesen. Vor fünf Jahren musste man noch jeden Morgen auf das Smartphone schauen, um zu sehen, wie gesundheitsschädlich die Luftqualität im Verlauf des Tages sein wird. Und bis vor Kurzem schielte man frühmorgens auf das Handy in der Furcht, dass einen der Health Code doch noch in die Quarantäne schießt. Schimanowski beobachtet jedoch, dass die Stimmung und die finanziellen Ressourcen in ihrem professionellen Umfeld beträchtlich unter den vergangenen zwei Jahren gelitten haben.
Dabei sind es gerade Lokalität und Präsenz, die den Stellenwert der im German Centre Beijing angesiedelten DAAD-Außenstelle ausmachen. “Bei mir geht es zu wie einem Taubenschlag”, erzählt Schimanowski. “Links von mir hat Helmholtz sein Büro, rechts die Wirtschaftsabteilung des Berliner Senats und den Gang runter die ZfA und Fraunhofer.” Für alle diese Institutionen sei das Büro genauso ansprechbar wie für die chinesischen Partner und Interessenten. Gleichzeitig in China vor Ort und gesprächsbereit zu sein, das sei das bisherige Erfolgsrezept gewesen. Julius Schwarzwälder
Benjamin Creutzfeldt ist neuer Geschäftsführer des Konfuzius-Instituts in Leipzig. Der Sinologe war zuvor Dozent an der Georg-August-Universität Göttingen. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf den Beziehungen zwischen Lateinamerika und China.
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Noch handelt es sich nur um eine Generalprobe für den Drachentanz beim Laternenfest, das erst am Sonntag begangen wird. Aber diese Artisten in dem Ort Jieyang in der Provinz Guangdong geben schon jetzt alles. Und wenn’s ums Böllern geht, sind eh alle Dämme gebrochen.