Table.Briefing: China

Auto Shanghai: Flugtaxis + ZF + Mahle

  • Flugtaxis – die Senkrechtstarter der Shanghaier Automesse
  • Studie: Chinas Heimvorteil bedroht die Wirtschaftskraft Europas
  • Auto Shanghai: ZF präsentiert Hochleistungscomputer
  • Mahle: Umsatzrekord in China
  • China will Impfstoffproduktion hochfahren
  • Zentralbank: Finanzrisiken durch Klimawandel eindämmen
  • Yu Yongding: Durch expansive Wirtschaftspolitik Wachstum sichern
  • Im Portrait: Gerd Kaminski
Liebe Leserin, lieber Leser,

Science-Fiction wird zu Wirklichkeit. Das zeigt die derzeitige Automesse in Shanghai auf der Frank Sieren sich das Flugtaxi eines deutschen Anbieters genauer angeschaut hat. Funktionieren wird dieses Gefährt der Zukunft nur mit 5G-Technologie, womit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es zuerst in China auf den Markt kommt.

China ist der Elefant im Raum, wenn die EU sich überlegt, welche Werkzeuge sie braucht, um besser gegen den ökonomischen Druck von außen agieren zu können. Amelie Richter hat die wichtigsten Punkte einer Studie des Brüsseler Thinktanks European Council on Foreign Relations zusammengefasst, die vor Nachteilen der Europäer in den strategisch wichtigen Sektoren Solar, Telekommunikation und Schienennetz warnt und der EU-Kommission Vorschläge für eine bessere Abwehr der wirtschaftlichen Angriffe der im geschützten heimischen Markt Chinas großgezogenen Unternehmen macht.

Was derzeit auf dem Boao-Forum im Süden Chinas besprochen wird, können Sie in unseren News verfolgen: Staats- und Parteichef Xi Jinping verspricht der Welt, chinesische Impfstoffe zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen und Peking will die Produktion hochfahren. Chinas Zentralbankpräsident Yi Gang verkündete auf dem Boao-Forum, seine Behörde werde die Finanzrisiken des Klimawandels in Zukunft genauer analysieren – zudem will die Zentralbank mehr Mittel in grüne Anleihen investieren. Das könnte der EU zupasskommen.

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Ning Wang
Bild von Ning  Wang

Presseschau

In China, Delivery Workers Struggle Against a Rigged System SUPCHINA
China Needs Structural Reform For Economy, Ex-IMF-Offical says BLOOMBERG PAY
China’s Solar Dominance Presents Biden’s With Human Rights Dilemma NYT PAY
Oppression of journalists in China ‘may have been factor in Covid pandemic’ THE GUARDIAN
Xi warns against economic decoupling and calls for new world order FT
Chinese official blames US politics for lack of auditing agreement for US-listed companies SCMP
Wie chinesische E-Autos deutschen Herstellern Konkurrenz machen FAZ PAY
Chinas Start-ups greifen an TAGESSCHAU
Digitaler Yuan: China könnte wieder die Welt des Geldes verändern MANAGER MAGAZIN
Chinas Ex-Premier äußert in einem Essay versteckte Gesellschaftskritik RND

Analyse

Flugtaxis – die Senkrechtstarter der Shanghaier Automesse

Das innovativste Fahrzeug auf der Auto Shanghai ist kein Auto im klassischen Sinne, sondern ein autonomes Flugtaxi, das mit batteriebetriebenen Rotoren angetrieben wird. Es wird auf dem Stand von Geely präsentiert, einem der größten Autohersteller der Welt, dem Volvo gehört und der größter Einzelinvestor bei Daimler ist. Das Flugtaxi ist ein deutscher Hidden Champion und stammt von der Firma Volocopter aus Bruchsal. Unter der Führung von Geely hat Volocopter in einer Finanzierungsrunde 2019 50 Millionen Euro eingesammelt. Geely hält damit etwa zehn Prozent an dem deutschen Unternehmen. Daimler ist schon bei einer vorherigen Runde bei Volocopter eingestiegen. Geely und Volocopter arbeiten an einem “Urban Air Mobility Concept”. “Geely wandelt sich vom Autohersteller in ein Mobilitätstechnologie-Unternehmen,” sagt Geely Gründer Li Shufu, “Unser Gemeinschaftsunternehmen mit Volocopter unterstreicht unsere Zuversicht in Lufttaxis als die nächste große Herausforderung von batteriebetriebenen Mobilitätskonzepten.”

Und tatsächlich scheint es in China jetzt loszugehen. Der Wettbewerber von Volocopter, Ehang aus dem südchinesischen Guangzhou hat dieser Tage angekündigt, dass die Civil Aviation Administration of China (CAAC) ein Team zusammengestellt hat, um autonome Flugtaxis zu zertifizieren. Zuerst geht es dabei um den Zweisitzer EH216. Doch die Nachricht gilt als Signal für die ganze Branche der “Autonomous Aerial Vehicle” (AAV). Die Zertifizierungsphase kann allerdings durchaus zwei Jahre dauern, wenn die Politik keinen Druck macht. Das ist auch eine gute Nachricht für ein anderes deutsches Start-up: Lilium. Daran ist der Serieninvestor Frank Thelen beteiligt, aber auch der Tencent-Konzern aus dem südchinesischen Shenzhen. Lilium wird im zweiten Quartal dieses Jahres an der New Yorker Nasdaq-Börse gelistet. Das Münchner Unternehmen fusioniert dazu mit der Qell Acquisition Corporation. Lilium rechnet dadurch mit Einnahmen von 830 Millionen US-Dollar, um sein Flugauto weiterzuentwickeln.

Auf den ersten Blick wirken die Flugtaxis mit ihren Propellern wie Drohnen. Und wie Drohnen können die sogenannten VTOL-Flugzeuge (“Vertical Take-Off and Landing”) senkrecht abheben und landen. In der Praxis funktionieren sie also wie Kleinhubschrauber. Sie sind jedoch leiser, einfacher zu steuern und weitaus günstiger.

Der Zukunftsmarkt der Flugtaxis ist eine der großen Investoren-Wetten dieses Jahrzehnts. Bei der Investmentbank Morgan Stanley geht man davon aus, dass der Markt bereits 2023 weltweit ein Volumen von 49 Milliarden US-Dollar hat. Im vergangenen Jahr floss mehr als eine Milliarde Dollar Risikokapital in die Branche, deutlich mehr als je zuvor. Manfred Hader, Partner der Beratungsgesellschaft Roland Berger, kalkuliert das Marktpotenzial bis 2050 auf jährlich 90 Milliarden US-Dollar: “Wir schätzen, dass 2050 etwa 160.000 kommerzielle Flugtaxis in der Luft sein werden.”

Deutscher Champion

Neben Geely und Daimler sind Unternehmen wie Japan Airlines, Intel Capital, DB Schenker oder Micron Technology an dem Start-up Volocopter beteiligt. Diesen März erhielt das Start-up weitere 200 Millionen Euro von Investoren, darunter der Continental AG, dem Vermögensverwalter Blackrock, Avala Capital, Atlantia, NTT und Tokyo Century. Volocopter hat nun insgesamt fast 390 Millionen US-Dollar gesammelt. Die Bewertung des Unternehmens wird nach Daten von PitchBook auf 624 Millionen US-Dollar beziffert. 

Mit dem frischen Geld will Volocopter die ersten kommerziellen Flugtaxistrecken für seinen “VoloCity” einrichten. Der “VoloCity” ist ein zweisitziges, vollelektrisch angetriebenes Modell, das mit einer Reichweite von 35 Kilometern und einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h für den innerstädtischen Raum optimiert ist.

Den ersten bemannten Senkrechtflug vollzog das Fluggerät bereits 2011, den ersten Flug eines Prototyps 2013 und den ersten autonomen Flug 2017. Das dazugehörige Ökosystem heißt VoloIQ, es soll ein Netzwerk aus Haltestellen, sogenannten VoloPorts, an strategisch wichtigen Punkten bieten, zum Beispiel im Stadtkern und an Flughäfen. VoloIQ soll das zentrale Bindeglied zwischen dem Start-up und den Behörden, Verkehrsbetrieben und anderen Mobilitätsanbietern innerhalb der städtischen Infrastruktur sein, sagt Volocopter-CDO Alexander Oelling“Sind die Flugtaxis dadurch einfach zugänglich, wird sich eine höhere Flugfrequenz als bei Helikoptern einstellen.” Volocopter hat im Dezember bei der amerikanischen Luftaufsichtsbehörde FAA die Zulassung des VoloCity-Taxis beantragt, parallel läuft die Musterzulassung bei der europäischen EASA. Auch eine Logistikdrohne hat Volocopter in der Entwicklung. “Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Zulassung bis Ende 2022 bekommen werden”, sagt Volocopter-CEO Florian Reuter. In Europa will man bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris erste Flüge anbieten. Weitere erste Strecken sollen in Singapur, China und Japan eingerichtet werden. 

Nicht ohne den chinesischen Markt 

Der 5G-Mobilfunkstandard spiele für einen reibungslosen Einsatz der Flugtaxi-Technologie eine zentrale Rollesagt Oelling. Auch deswegen ist es wahrscheinlich, dass sich der Volocopter zuerst in China statt in Europa durchsetzt. Der Druck, den Nahverkehr in die Luft zu verlagern, ist in China zudem viel größer als in Deutschland. Kurz: Mindestens genauso wichtig wie das Geld von Geely ist für Volocopter der Zugang zum chinesischen Markt. 

Doch der ist nicht unbedingt auf die Ausländer angewiesen. Weltweit arbeiteten geschätzt über 200 Start-ups an Flugtaxi-Projekten. Allein aus China kommen rund 150, darunter das schon erwähnte Unternehmen Ehang aus Guangzhou. Mit der Passagierdrohne Ehang 184 und dem Zweisitzer Ehang 216 hat die Firma zwei der bislang ausgereiftesten Modelle entwickelt. Ehang hat bereits über 10.000 Testflüge bei sämtlichen Wetterbedingungen durchgestanden. Einen ähnlich großen Erfahrungsschatz hat sonst kaum ein Unternehmen. Und Ehang hat starke Partner: Das Unternehmen wird von der staatlichen Flugzeugbaugesellschaft Avic kontrolliert und kooperiert gleichzeitig mit dem österreichischen Boeing- und Airbus-Zulieferer FACC AG. Das Unternehmen hat laut Daten des Lufthansa Innovation Hub bislang rund 92 Millionen US-Dollar eingesammelt. Bei der Zahl der aktiven Patente liegt Ehang mit 143 weit vorne. Volocopter kommt momentan auf 21. 

Seit Dezember 2019 ist Ehang börsennotiert. Die Notierung brachte gerade mal 41 Millionen US-Dollar. Die Bewertung des Unternehmens pendelte sich bei weniger als 700 Millionen US-Dollar ein. Durch den Hype um die Lufttaxis stieg der Wert des Unternehmens seitdem jedoch in Milliardenhöhe. Anfang des Jahres war die Aktie innerhalb von drei Wochen um fast 300 Prozent gestiegen. Nach einem kritischen Bericht des Shortsellers Wolfpack Research, der behauptete, dass ein Teil der Umsätze von Ehang geschönt sei, stürzten die Papiere um mehr als 60 Prozent ab. Seitdem versucht das Unternehmen Vertrauen zurückzugewinnen. Bisher ohne großen Erfolg bei den Aktionären.

Der Markt bleibt wechselhaft. Noch ist offen, wer das Rennen macht. Die Berater von Roland Berger glauben, dass am Ende nur 10 bis 15 Prozent der heutigen Flugtaxi-Projekte kommerziell durchstarten werden. Der Volocopter hat als deutsch-chinesisches Projekt sicherlich gute Chancen. Dass Geely das deutsche Flugtaxi auf der Automesse in Shanghai macht deutlich, dass sie es Ernst meinen mit der Innovation.

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Studie: Chinas Heimvorteil bedroht die Wirtschaftskraft Europas

Ein geflügeltes Wort, wenn es um das Investitionsabkommen zwischen China und der EU (CAI) geht, ist das “level playing field”, ein ausgeglichenes Spielfeld für beide Seiten. Das CAI soll europäischen Firmen einen (besseren) Zugang zum Markt in China garantieren. Die EU-Kommission habe bei ihrer Handelspolitik mit der Volksrepublik, auch beim CAI, bisher jedoch einen wichtigen Punkt außer Acht gelassen, warnt der Thinktank European Council on Foreign Relations (ECFR) in einer Studie, die gemeinsam mit der Rhodium Group erstellt wurde: Der extrem geschützte und riesige chinesische Heimatmarkt habe es Firmen dort ermöglicht, allein durch die Größe des Marktes zu wachsen, Gewinne zu erzielen und ihre Produktqualität zu verbessern – ohne oder mit nur begrenztem Druck durch ausländische Mitbewerber. Die in China hochgezogenen Firmen könnten wiederum den Markt im Ausland in Angriff nehmen. Die Verfasserinnen der Studie warnen vor “schwerwiegenden Folgen” für mehrere Sektoren, die entscheidend für die Zukunft der EU sind.

Wo liegt das Problem?

  • Solar: China fördert offiziell ausländische Beteiligungen an seiner Solarbranche, starke informelle Barrieren hätten jedoch zu einer absoluten Dominanz der einheimischen Solarmodulhersteller geführt, die mittlerweile fast 100 Prozent des heimischen Marktes beliefern. Die heimischen Produzenten haben der Studie zufolge mehrere Vorteile: Da China der größte weltweite Markt für Solarmodule ist, erzielten chinesische Unternehmen dort erhebliche interne Skaleneffekte. Da die Photovoltaikfabriken in China in der Regel viermal größer als in den USA seien, könnten chinesische Solarunternehmen ihre Maschinen intensiver nutzen, Produkte standardisieren und Produktionsprozesse optimieren. In Kombination mit staatlichen Subventionen, niedrigen Eingangspreisen in China und einem bevorzugten Zugang zu Krediten hätten diese Vorteile es chinesischen Solarphotovoltaikherstellern ermöglicht, die Produktionskosten und damit die Weltmarktpreise drastisch zu senken, heißt es in der Studie. Bisher sei es den europäischen Regulierungsbehörden nicht gelungen, das Problem durch die bestehenden Mechanismen für Antidumping- und Antisubventionsfälle zu lösen. Im CAI gebe es nun zumindest den Ansatz, chinesische Investitionen in dem Sektor in Europa von einer gegenseitigen Öffnung des chinesischen Marktes abhängig zu machen.
  • Telekommunikation: Auch in diesem Bereich macht allein die Größe des chinesischen Marktes der Studie zufolge einen wichtigen Unterschied. Allein die Hälfte der 4G-Basisstationen weltweit ist in China installiert, die Volksrepublik hat zudem bereits 700.000 5G-Basisstationen gebaut. Peking erlaubt aber nur eine begrenzte Beteiligung ausländischer Akteure: Die Regierung habe den staatlichen chinesischen Telekommunikationsbetreibern informelle Anweisungen gegeben, nicht weniger als 70 Prozent der 4G-Bestellungen an Huawei und ZTE zu vergeben, so die Studie. Für die chinesischen Telekommunikationsriesen bedeutet das: Durch Gewinne aus Inlandsverkäufen können sie attraktivere Pakete im Ausland anbieten, beispielsweise durch niedrigere Preise. Zudem kann hoch in die technologische Forschung und Entwicklung investiert werden. Mit dem starken Auftreten und der Erfolgsbilanz im Heimatland erhöhe Huawei seine Glaubwürdigkeit bei ausländischen Kunden. Hinzu kommen staatliche Subventionen, Steuervergünstigungen und Exportkredite sowie politische Unterstützung für Aktivitäten im Ausland. Europäische Anbieter müssten deshalb nun in einem strategisch wichtigen Sektor in einem “uneven playing field” antreten, warnen die Verfasserinnen der Studie.
  • Schienenverkehr: Ausländische Unternehmen dürfen sich in diesem Sektor offiziell beteiligen. Die Realität ist der Studie zufolge aber komplexer – Chinas wichtigster Hersteller von Schienenfahrzeugen, die China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), verfügt demnach über 86 Prozent des gesamten chinesischen Marktvolumens an Schienenfahrzeugen und nahezu 100 Prozent des Marktes für Hochgeschwindigkeitsschienenfahrzeuge. Grund dafür sei die Präferenz des staatlichen Eisenbahnunternehmens China Railway, das seine Züge am liebsten von heimischen Produzenten erwerbe. Auch in diesem Industriesektor führe die schiere Größe des chinesischen Marktes zu Vorteilen für CRRC, das massiv skalieren kann – denn CRRC ist der Studie zufolge viermal größer als seine beiden Hauptkonkurrenten. Das größte Werk ist demnach sechsmal größer als das des europäischen Eisenbahngiganten Alstom. CRRC könne deshalb seine Produkte standardisieren und die Herstellungsprozesse optimieren. Zwar seien die Effekte des geschützten chinesischen Marktes in diesem Sektor weniger drastisch als die im Telekommunikations- und Solarbereich, schreibt ECFR, die Auswirkungen auf europäische Akteure könnte demnach aber auf lange Sicht erheblich sein, insbesondere in Drittmärkten: In Schwellenländern sind europäische Schienenfahrzeugunternehmen einem harten Wettbewerb ausgesetzt und verlieren Marktanteile an CRRC.

Was wird empfohlen?

Um der Entwicklung entgegenzuwirken, schlägt der Thinktank der EU-Kommission verschiedene Ansätze vor:

  • Mehr Druck für Marktöffnung und ein EU-Beschaffungsinstrument: Die Brüsseler Behörde müsse in Zukunft neben einer genauen Kontrolle der im CAI zugesagten Marktöffnungen auch den Druck auf China erhöhen, andere Bereiche wie die Beschaffungsmärkte zu öffnen. Eine Schlüssel-Position nimmt dabei auch das geplante internationale EU-Beschaffungsinstrument ein, an dem Brüssel derzeit arbeitet.
  • Schutz und Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit: Brüssel sollte die nationalen Ausschreibungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten ermutigen, EU-Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen in Fällen, in welchen chinesische Unternehmen für öffentliche Aufträge zu niedrigen Preisen bieten, stärker zu nutzen. Auch die Antidumping-Instrumente der EU könnten häufiger zum Einsatz gebracht werden. Erwartungen gebe es auch an das geplante EU-Instrument für ausländische Subventionen.
  • Mit Partnern zusammenarbeiten und Unternehmen unterstützen: Die Studie schlägt vor, dass EU-Politiker:innen darüber nachdenken, europäischen Firmen in strategisch für die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas wichtigen Sektoren, die vom chinesischen Heimvorteil betroffen sein könnten, unter die Arme zu greifen – zumindest temporär. Der Thinktank empfiehlt außerdem eine enge Zusammenarbeit mit transatlantischen und indopazifischen Partnern.
  • Stärkung des Binnenmarktes und Abbau von Barrieren: Die EU stellt in betroffenen Sektoren den zweit- oder drittgrößten Markt, nach China und USA, betont die Studie. Innereuropäische Marktbarrieren wie Vorschriften, Standards, Fragmentierung und Sprachunterschiede erschwerten europäischen Unternehmen jedoch das Geschäft im heimischen Markt. Die Beseitigung dieser Hindernisse sei entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu erhalten. Die Stärkung des europäischen Binnenmarktes sei nicht nur eine Abwehrmaßnahme, sondern auch ein proaktiver Schritt zur Verbesserung des europäischen Einflusses und strategischer Souveränität, schlussfolgern die Verfasserinnen.

Woran arbeitet Brüssel?

Im Bereich der Marktöffnung Chinas ist das CAI derzeit der vielversprechendste Schritt – wegen der Sanktionen aus Peking ist die Arbeit des Europaparlaments an der Vereinbarung derzeit aber auf Eis gelegt. Die Brüsseler Denkfabrik Bruegel lobte jüngst jedoch in einer Analyse im CAI festgehaltene Vereinbarungen über Subventionen und Staatsfirmen. In einer diese Woche veröffentlichten Studie des Polnischen Instituts für Internationale Beziehungen (PISM), die von dem Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer in Auftrag gegeben wurde, warnen die Autoren aber, dass Brüssel keine Rechtsmittel in der Hand habe, um die im CAI gemachten Zugeständnisse Chinas auch einzufordern. Mit mehr wirtschaftlicher Macht könne die Volksrepublik auch weniger davor zurückschrecken, Abkommen willkürlich zu brechen, so die Studie.

Die EU will sich deshalb wappnen: Ein Gesetzentwurf für das geplante EU-Instrument zu ausländischen Investitionen soll in den kommenden Wochen vorgelegt werden. Die Regeln sollen verhindern, dass europäische Firmen von hochsubventionierten ausländischen Unternehmen übernommen werden und dass Staatskonzerne aus dem Ausland der EU-Konkurrenz öffentliche Aufträge wegschnappen können. Bis Ende des Jahres will die EU-Kommission auch ein neues Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang vorlegen, aus dem Europäischen Parlament gibt es die Forderung, den Prozess dafür zu beschleunigen. Das geplante EU-Instrument für Beschaffung (IPI) steckt derzeit noch im EU-Rat fest. Dass es hier in der kommenden Zeit eine Entwicklung geben wird, ist EU-Kreisen zufolge eher unwahrscheinlich.

Die EU-Kommission hat sich bei ihrer Neuausrichtung der internationalen Handelspolitik generell auch für einen durchsetzungsfähigeren Ansatz ausgesprochen. Zuletzt machte die Brüsseler Behörden auch Ernst und erließ Antidumping-Zölle und vorläufige Antidumping-Zölle auf verschiedene Aluminium-Produkte aus China.

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Auto Shanghai: ZF präsentiert Hochleistungscomputer

Der deutsche Automobilzulieferer ZF hat auf der Auto Shanghai die neueste Generation seines Spezialcomputers für autonomes Fahren sowie ein nach eigener Aussage weltweit neuartiges System für automatisiertes Parken präsentiert. Anwesend war auch der für Asien-Pazifik zuständige Vorstand Holger Klein – was zeigt, dass die Auto Shanghai auch unter Pandemie-Bedingungen eine wichtige Leitmesse ist – und zwar auch für die deutsche Zulieferindustrie. Das liegt natürlich an dem attraktiven chinesischen Markt – im technikaffinen China gibt es ein riesiges Interesse an allen Lösungen für selbstfahrende Autos. Peking fördert die Technologie und will bis 2025 die Massenproduktion von Autos, die automatisiertes Fahren der Stufe 3 können. Solche Autos können unter bestimmten Bedingungen allein fahren, brauchen aber einen Menschen am Steuer, der stets eingreifen kann.

Der neue Supercomputer ZF ProAI baut auf seinen Vorgängern auf, hat aber laut ZF deutlich mehr Rechenleistung bei 70 Prozent weniger Energieverbrauch und einer geringeren Größe. Die Künstliche Intelligenz (KI) des Computers sei für Deep Learning optimiert, was unter anderem für mehr Sicherheit sorge. “Konzipiert für die Anforderungen Software-definierter Fahrzeuge und deren neue Elektrik-/Elektronik-Architekturen, kann dieser KI-fähige Hochleistungsrechner als Domänen-, Zonen- oder Zentralcontroller dienen”, teilte ZF mit. Der Rechner biete eine “Grafikprozessor-gesteuerte 360°-Fusion aller verfügbaren Sensordaten, einschließlich Umgebungsmessdaten von Radaren, LiDARs, Kameras und Audiomustern” – im chinesischen Verkehrsgewühl durchaus nützlich. Klein bezeichnete den neuen Rechner als “flexibelsten, skalierbarsten und leistungsstärksten” Auto-Supercomputer der Welt. Der neue ZF ProAI soll 2024 in Serie gehen und ist laut ZF tauglich für alle Stufen des autonomen Fahrens von 2 bis 5.

Das in Shanghai präsentierte automatisierte Einpark-System ist nach Angaben von ZF deshalb einmalig, weil es sich nur auf die Sensoren des Autos verlässt und damit unabhängig ist von der jeweiligen Parkhaus-Infrastruktur. Die neueTechnologie namens “Visual Simultaneous Localization and Mapping” (vSLAM) ermögliche mithilfe von Kamaras, Radar und Ultraschall eine zentimetergenaue Lokalisierung und Kartenerstellung in Echtzeit. “Das gesamte System wird in China entwickelt und kommt Ende 2022 erstmals bei einem chinesischen Automobilhersteller zum Einsatz”, sagt Renee Wang, Präsidentin von ZF China und Senior Vice President Operations für die Region Asien-Pazifik. “Wir glauben, dass dieses infrastrukturunabhängige System zum automatisierten Parken eine kosteneffiziente Lösung für viele globale Automobilhersteller sein wird.” ck

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Mahle erzielt 2020 Umsatzrekord in China

Der Automobilzulieferer Mahle GmbH hat nach eigenen Angaben im Chinageschäft 2020 eine Umsatzsteigerung von rund vier Prozent verzeichnet. Wie das Unternehmen mitteilte, brachte von den 1.3 Milliarden Euro Gesamtumsatz in China der Bereich Thermomanagement mit ca. 370 Millionen Euro den größten Anteil. Die stärkste Entwicklung verzeichnete hingegen die Abteilung Filtration und Motorperipherie mit einem Anstieg von rund zehn Prozent auf 335 Millionen Euro. Die 2020 neu gegründete Sparte Elektronik und Mechatronik konnte im ersten Jahr einen Umsatz von 170 Millionen Euro erwirtschaften.

Auf der Automesse in Shanghai stellt Mahle einen neuen Hochvolt-PTC-Heizer vor, der mit einer Wärmepumpe kombiniert eine Reichweitenverlängerung von 20 Prozent bei E-Fahrzeugen ermöglichen solle. Außerdem verspricht der Konzern eine Weiterentwicklung im Bereich Batterieklimatisierung zu präsentieren: Mit einem neuen elektrischen Kompressor könne sowohl eine erhöhte Batterielebensdauer und Reichweite ermöglicht, als auch die Ladezeit verkürzt werden. bw

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China will Impfstoffproduktion hochfahren

Peking will trotz wenig internationaler Erfahrung auf dem Impfstoffmarkt zu einem globalen Impfstoffanbieter aufsteigen. Dafür soll die Pharmaindustrie des Landes ihre bisherigen Produktionskapazitäten massiv ausweiten, berichtet die South China Morning Post.

“China baut 18 Produktionslinien und jede große Produktionslinie ist wie der Bau einer neuen China National Biotec Group”, kündigte der Leiter der chinesischen Impfbehörde in Peking, Feng Duojia, an und bezog sich dabei auf einen der größten Impfstoffhersteller des Landes. Biotec, eine Tochtergesellschaft der staatlichen China National Pharmaceutical Group (Sinopharm), und Sinovac haben bisher 250 Millionen Dosen Covid-19-Vakzine produziert. Davon sind mehr als 100 Millionen im Zuge der Impfdiplomatie ins Ausland und vor allem an Länder, die keinen Zugang zu mRNA-Vakzinen haben, exportiert worden.

Bis Ende nächsten Jahres sei das Ziel fünf Milliarden Covid-19-Impfdosen herzustellen, so Feng. Erst gestern betonte Chinas Präsident Xi Jinping in seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum Boao, dass China seine Verpflichtung einhalten werde, Impfstoffe zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen. Peking erhofft sich durch seine Impfstoffdiplomatie auch, seine Beziehungen zu Entwicklungsländern zu stärken, wie China.Table berichtete.

Zuletzt musste der Leiter der Seuchenbehörde öffentlich einräumen, dass die chinesischen Impfstoffe weitaus weniger wirksam sind als die von Biontech oder Moderna. Peking erwägt verschiedene Corona-Impfstofftypen zu mischen, um die Wirksamkeit seiner Vakzine zu steigern.

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) haben die chinesischen Hersteller bisher noch kein grünes Licht für ihre Vakzine erhalten. Es sei eine “große Herausforderung”, die anvisierten Mengen zu produzieren und “sicherzustellen, dass die Produktqualität internationalen oder noch höheren Standards entspricht”, räumt auch Feng ein. niw

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Zentralbank: Finanzrisiken durch Klimawandel eindämmen

Chinas Zentralbank will die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzstabilität stärker beachten und in Zukunft einen größeren Teil seiner Devisenreserven in grüne Anleihen investieren. Das sagte der chinesische Zentralbankpräsident, Yi Gang, in einer Rede auf dem Boao-Forum. China könnte dementsprechend in grüne EU-Anleihen investieren, die im Herbst in Höhe von 250 Milliarden Euro auf den Markt gebracht und einen Teil des EU-Corona-Fonds finanzieren sollen.

Man wolle Finanzinstitutionen dazu drängen, so “früh wie möglich” in Richtung Kohlenstoffneutralität umzusteigen, sagte Yi. Die Zentralbank wolle Anreize für Banken schaffen, damit sie Projekte zur Reduktion von Kohlenstoffemissionen finanziell unterstützen. Auch werde man Klimafaktoren mit in die Banken-Stresstests aufnehmen.

Die Finanzrisiken der CO2-intensiven Industrien und Unternehmen Chinas betont auch der Green Finance-Experte und ehemalige hochrangige Mitarbeiter der Zentralbank Ma Yun, wie Bloomberg berichtet. Der Umstieg auf saubere Energien und eine saubere Produktion führe dazu, dass Unternehmen in CO2-intensiven Sektoren mit einem Umsatzrückgang konfrontiert sein werden, was wiederum zu einem höheren Risiko für Kreditausfälle führe, so Ma. Bei Kohlekraftwerksbetreibern könnte die Kreditausfallrate bis 2030 auf 22 Prozent steigen – von derzeit 3 Prozent, wie aus Berechnungen von Ma hervorgeht.

Die chinesische Zentralbank sei dabei, die Standards für grüne Anleihen zu verbessern, betonte Yi. Bisher dürfen die Einnahmen aus grünen Anleihen in China noch immer für fossile Projekte verwendet werden (China.Table berichtete). Ein Ausschluss von fossilen Investitionen wurde schon im Sommer 2020 abgekündigt. Die Zentralbank arbeite zudem auf internationaler Ebene daran, die unterschiedlichen Vorschriften für grüne Investitionen verschiedener Staaten und Staatengemeinschaften aufeinander abzustimmen, so Yi. Man werde das Thema auch auf dem G20-Gipfel im Oktober in Rom behandeln. nib

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Standpunkt

Durch expansive Wirtschaftspolitik Wachstum sichern

Von Yu Yongding
Yu Yongding schreibt über die expansive Wirtschaftspolitik Chinas.

Die chinesische Wirtschaft wuchs im vierten Quartal 2020 um 6,5 Prozent und lieferte damit ein starkes Indiz dafür, dass sie sich vom Covid-19-Schock erholt hat. Der Marktkonsens geht davon aus, dass das BIP-Wachstum aufgrund von Basiseffekten im ersten Quartal 2021 auf mehr als 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr hochschnellte und in den verbleibenden drei Quartalen des Jahres stetig sinken wird, bevor es sich schließlich stabilisiert.

In seiner Rede auf der diesjährigen Sitzung des Nationalen Volkskongresses im vergangenen Monat verkündete Ministerpräsident Li Keqiang, dass Chinas Wachstumsziel für 2021 “über sechs Prozent” liegt. Während die Wachstumsdynamik der Wirtschaft im Moment stark aussieht, gibt es Anzeichen dafür, dass China riskiert, die Fiskal- und Geldpolitik zu früh zu straffen.

Nach Angaben des Finanzministeriums werden die allgemeinen Haushaltseinnahmen in diesem Jahr um 8,1 Prozent steigen, während die allgemeinen Haushaltsausgaben nur um 1,8 Prozent wachsen werden. Es kommt selten vor, dass die Staatsausgaben so viel langsamer wachsen als die Haushaltseinnahmen. Und obwohl die von der Regierung für 2021 geplante Emission von Staatsanleihen in Höhe von 7,2 Billionen CN¥ (1,1 Billionen US-Dollar) immer noch hoch ist, ist sie wesentlich geringer als die 8,5 Billionen CN¥, die im letzten Jahr emittiert wurden. Gleichzeitig dürfte die chinesische Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) ihren geldpolitischen Kurs beibehalten, wenn nicht sogar straffen.

Acht Prozent Wachstum erreichen

Die vorsichtige Haltung der chinesischen Regierung gegenüber einer expansiven makroökonomischen Politik spiegelt ihre Wachsamkeit gegenüber Inflations- und Finanzrisiken wider – insbesondere letztere. Auch wenn sich die Inflation in naher Zukunft etwas verschlimmern könnte, ist es unwahrscheinlich, dass sie wirtschaftlich destabilisierend wirkt. China sollte dem Problem der hohen Verschuldung zwar besondere Aufmerksamkeit widmen, doch die finanzielle Anfälligkeit des Landes wurde übertrieben. Es ist schwer vorstellbar, wie eine wachstumsstarke Volkswirtschaft mit einer hohen Sparquote, die über riesige staatliche Vermögenswerte verfügt und deren Auslandsverschuldung begrenzt ist, durch eine systemische Finanzkrise infolge eines hohen Verschuldungsgrades zu Fall gebracht werden kann (China.Table berichtete).

Meiner Ansicht nach sollte sich Chinas makroökonomische Politik im Jahr 2021 daher darauf konzentrieren, das Wachstum im Einklang mit der potenziellen Wachstumsrate der Wirtschaft anzukurbeln, und nicht auf die Stabilisierung oder Senkung des Verschuldungsgrades. Ausgehend von der Annahme, dass Chinas potenzielle Wachstumsrate sechs Prozent beträgt, zeigen Überschlagsrechnungen, dass die Wirtschaft unter Berücksichtigung des Basiseffekts in diesem Jahr um mehr als acht Prozent wachsen sollte.

Chinas Wachstum im Jahr 2020 wurde von Anlageinvestitionen und Exporten getragen. Dieses Muster ist nicht ideal. Doch sofern der stetige Anstieg der verfügbaren Einkommen infolge des starken BIP-Wachstums die chinesischen Verbraucher nicht davon überzeugt hat, dass die sonnigen Zeiten von Dauer sind, dürften die Haushalte nicht mehr ausgeben und ihre Ersparnisse aufbrauchen. Tatsächlich hat sich das Ausgabenwachstum der Haushalte, gemessen an den gesamten Einzelhandelsumsätzen mit Konsumgütern, in den ersten beiden Monaten des Jahres 2021 abgeschwächt. Darüber hinaus werden die Exporte 2021 wahrscheinlich weniger zum BIP-Wachstum Chinas beitragen als im vergangenen Jahr, was auf die globale wirtschaftliche Erholung und Basiseffekte zurückzuführen ist.

Anlageinvestitionen, die drei Hauptkategorien – Immobilien, Produktion und Infrastruktur – umfassen, sind stark gewachsen, aber ihre aufeinanderfolgende Wachstumsrate hat begonnen zu sinken. Der Großteil des Wachstums der Anlageinvestitionen im Jahr 2020 entfiel auf Immobilieninvestitionen, aber dies wird sich 2021 wahrscheinlich nicht wiederholen. Und es ist höchst ungewiss, ob Investitionen in die Produktion zum Hauptstandbein des Investitionswachstums werden können.

Investitionen in Infrastruktur steigern

Um die fehlende Gesamtnachfrage zu kompensieren, bleibt der Regierung also nichts anderes übrig, als Infrastrukturinvestitionen durch eine expansive Fiskal- und Geldpolitik zu unterstützen. Im Jahr 2020 wuchsen die Infrastrukturinvestitionen lediglich um 0,9 Prozent, verglichen mit mehr als 40 Prozent im Jahr 2009.

Ob der Haushaltsplan einer Regierung angemessen ist, hängt vom indikativen oder verbindlichen Wachstumsziel des Landes ab. Um ein jährliches Wachstum von acht Prozent im Jahr 2021 zu erreichen, braucht China einen viel größeren Anstieg der Infrastrukturinvestitionen als im vergangenen Jahr. Außerdem sollten solche Investitionen direkt über den Staatshaushalt finanziert werden und nicht durch Bankkredite an subnationale Behörden.

Als quantitative Lockerung den Zinssatz senken

Im Nachhinein betrachtet, hätte die Zentralregierung genügend Anleihen emittieren sollen, um das Konjunkturpaket in Höhe von vier Billionen CN¥ in den Jahren 2008-10 zu finanzieren, anstatt es lokalen Regierungen zu überlassen, sich bei den Banken zu verschulden, um Infrastrukturinvestitionen über lokale staatliche Finanzierungsgesellschaften zu finanzieren. Dies hätte die finanzielle Anfälligkeit vermieden, die durch die Schulden der Lokalregierungen und die Aktivitäten des Schattenbankwesens entstanden ist, und dem chinesischen Markt für Staatsanleihen eine ideale Gelegenheit zur Entwicklung gegeben. Im Jahr 2021 wird die Regierung möglicherweise mehr Anleihen ausgeben müssen als geplant, und die PBoC muss möglicherweise den Zinssatz senken, um dies zu ermöglichen – wenn nötig, indem sie so weit geht, eine Variante der quantitativen Lockerung durchzuführen.

Es ist unnötig zu erwähnen, dass makroökonomische Politik allein nicht ausreichen wird. Die Behörden sollten viele weitere Strukturreformen durchführen, damit alle Wirtschaftsakteure, insbesondere die lokalen Regierungen, die richtigen Anreize haben, aktiv und vernünftig auf die Konjunkturmaßnahmen zu reagieren. Aber um die Wachstumsdynamik nach der Pandemie im Jahr 2021 zu konsolidieren, sollte China den Ausstieg aus der expansiven Fiskal- und Geldpolitik nicht überstürzen.

Yu Yongding, ehemaliger Vorsitzender der Chinesischen Gesellschaft für Weltwirtschaft und Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik bei der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, war von 2004 bis 2006 beim Ausschuss für Geldpolitik der Chinesischen Volksbank tätig. Aus dem Englischen von Sandra Pontow.

Copyright: Project Syndicate, 2021.
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Portrait

Gerd Kaminski

Gerd Kaminski ist Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft.
Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft

Dass Österreich und China dieses Jahr das 50. Jubiläum ihrer diplomatischen Beziehungen feiern, ist auch der Verdienst von Gerd Kaminski. “Ich habe damals völkerrechtlich nachgewiesen, warum es in Ordnung ist, diplomatische Beziehungen mit China aufzunehmen“, sagt der österreichische Rechtswissenschaftler. Sein Artikel zur Anerkennung der Regierung in Peking erschien 1971 in der österreichischen Zeitschrift für Außenpolitik. “Das war zweifellos ein wichtiger Beitrag”, sagt er. Das österreichische Außenministerium berät er auch heute noch in China-Fragen.

Seine Begeisterung für China entdeckt Gerd Kaminski sehr früh. Mit etwa 13 Jahren hat er die ersten chinesischen Gedichte gelesen, damals noch als Übersetzungen. Seither war es um ihn geschehen. Neben seinem Jura-Studium lernte er die chinesische Sprache und reiste 1972 für seine Habilitation zum ersten Mal hin. Damals mitten in der Kulturrevolution sei die Stimmung in Peking allerdings recht düster gewesen: “An den Universitäten gab es keine chinesischen Professoren mehr, weil alle irgendwo Unkraut gejätet haben”, erzählt der 79-jährige. Die Wissenschaft sei damals sozusagen abgeschafft worden, in der Überzeugung das Maos Werke reichen würden zum Studieren.

Ein Crashkurs mit Gerd Kaminski

Wer mit Gerd Kaminski über China spricht, findet sich schnell in einem Crashkurs zu chinesischer Geschichte wieder. Mittlerweile forscht und arbeitet er seit mehr als 60 Jahren zu dem Land. Sein Hauptschwerpunkt ist die chinesische Völkerrechtskonzeption und Chinas Haltung zu den Menschenrechten (China.Table berichtet). Aber auch die chinesische Kultur und Lebensweise haben es ihm angetan. “Ich bin nicht der, der mit irgendwelchen Großkopferten herumgeht, mir geht’s schon um den Kontakt mit den einfachen Leuten in den Dörfern”.

Mehr als 80 Bücher hat er bisher zu China verfasst oder herausgegeben. Zudem ist er Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft. Mit hochrangigen Delegationsaustauschen, die er bereits 1973 organisiert habe, setze er sich für gute Beziehungen zwischen beiden Ländern ein. Österreich und China seien beide sehr alte Kulturen und das verbinde, so Gerd Kaminski. Besonders das Neujahrskonzert habe es den Menschen in China angetan. Außerdem stünde auf fast jedem hohen chinesischen Berg eine Seilbahnanlage aus Österreich. Und unter Umständen könne Österreich bald von der Seidenstraße profitieren, sofern von Kärnten aus unverzollte Ware in Europa verteilt würden.

Ab und an erfahre Gerd Kaminski aber auch Misstrauen aus China. Denn sowohl von den Anhänger:innen des Konfuzius-Fiebers als auch denen des Mao-Fiebers werde “eine gewisse Auslandsskepsis” artikuliert. So müsse er das Manuskript für seine Vorträge an der Universität in Peking und Wuhan vorher vorlegen. “Und was besonders weh tut: Freunde aus China werden vorsichtiger im Umgang“. Um das zu überwinden, müssten jedoch China und Europa Vorurteile abbauen und “aufhören sich gegenseitig zu belehren”. Lisa Winter

  • Kultur
  • Menschenrechte
  • Neue Seidenstraße
  • Österreich

Dessert

Science-Fiction-Fantasien als Werbung. 1500 Drohnen haben am Nachthimmel von Shanghai einen scannbaren QR-Code zum einjährigen Jubiläum des Techunternehmens Bilibili gezaubert.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:

    • Flugtaxis – die Senkrechtstarter der Shanghaier Automesse
    • Studie: Chinas Heimvorteil bedroht die Wirtschaftskraft Europas
    • Auto Shanghai: ZF präsentiert Hochleistungscomputer
    • Mahle: Umsatzrekord in China
    • China will Impfstoffproduktion hochfahren
    • Zentralbank: Finanzrisiken durch Klimawandel eindämmen
    • Yu Yongding: Durch expansive Wirtschaftspolitik Wachstum sichern
    • Im Portrait: Gerd Kaminski
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Science-Fiction wird zu Wirklichkeit. Das zeigt die derzeitige Automesse in Shanghai auf der Frank Sieren sich das Flugtaxi eines deutschen Anbieters genauer angeschaut hat. Funktionieren wird dieses Gefährt der Zukunft nur mit 5G-Technologie, womit die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass es zuerst in China auf den Markt kommt.

    China ist der Elefant im Raum, wenn die EU sich überlegt, welche Werkzeuge sie braucht, um besser gegen den ökonomischen Druck von außen agieren zu können. Amelie Richter hat die wichtigsten Punkte einer Studie des Brüsseler Thinktanks European Council on Foreign Relations zusammengefasst, die vor Nachteilen der Europäer in den strategisch wichtigen Sektoren Solar, Telekommunikation und Schienennetz warnt und der EU-Kommission Vorschläge für eine bessere Abwehr der wirtschaftlichen Angriffe der im geschützten heimischen Markt Chinas großgezogenen Unternehmen macht.

    Was derzeit auf dem Boao-Forum im Süden Chinas besprochen wird, können Sie in unseren News verfolgen: Staats- und Parteichef Xi Jinping verspricht der Welt, chinesische Impfstoffe zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen und Peking will die Produktion hochfahren. Chinas Zentralbankpräsident Yi Gang verkündete auf dem Boao-Forum, seine Behörde werde die Finanzrisiken des Klimawandels in Zukunft genauer analysieren – zudem will die Zentralbank mehr Mittel in grüne Anleihen investieren. Das könnte der EU zupasskommen.

    Ihre
    Ning Wang
    Bild von Ning  Wang

    Presseschau

    In China, Delivery Workers Struggle Against a Rigged System SUPCHINA
    China Needs Structural Reform For Economy, Ex-IMF-Offical says BLOOMBERG PAY
    China’s Solar Dominance Presents Biden’s With Human Rights Dilemma NYT PAY
    Oppression of journalists in China ‘may have been factor in Covid pandemic’ THE GUARDIAN
    Xi warns against economic decoupling and calls for new world order FT
    Chinese official blames US politics for lack of auditing agreement for US-listed companies SCMP
    Wie chinesische E-Autos deutschen Herstellern Konkurrenz machen FAZ PAY
    Chinas Start-ups greifen an TAGESSCHAU
    Digitaler Yuan: China könnte wieder die Welt des Geldes verändern MANAGER MAGAZIN
    Chinas Ex-Premier äußert in einem Essay versteckte Gesellschaftskritik RND

    Analyse

    Flugtaxis – die Senkrechtstarter der Shanghaier Automesse

    Das innovativste Fahrzeug auf der Auto Shanghai ist kein Auto im klassischen Sinne, sondern ein autonomes Flugtaxi, das mit batteriebetriebenen Rotoren angetrieben wird. Es wird auf dem Stand von Geely präsentiert, einem der größten Autohersteller der Welt, dem Volvo gehört und der größter Einzelinvestor bei Daimler ist. Das Flugtaxi ist ein deutscher Hidden Champion und stammt von der Firma Volocopter aus Bruchsal. Unter der Führung von Geely hat Volocopter in einer Finanzierungsrunde 2019 50 Millionen Euro eingesammelt. Geely hält damit etwa zehn Prozent an dem deutschen Unternehmen. Daimler ist schon bei einer vorherigen Runde bei Volocopter eingestiegen. Geely und Volocopter arbeiten an einem “Urban Air Mobility Concept”. “Geely wandelt sich vom Autohersteller in ein Mobilitätstechnologie-Unternehmen,” sagt Geely Gründer Li Shufu, “Unser Gemeinschaftsunternehmen mit Volocopter unterstreicht unsere Zuversicht in Lufttaxis als die nächste große Herausforderung von batteriebetriebenen Mobilitätskonzepten.”

    Und tatsächlich scheint es in China jetzt loszugehen. Der Wettbewerber von Volocopter, Ehang aus dem südchinesischen Guangzhou hat dieser Tage angekündigt, dass die Civil Aviation Administration of China (CAAC) ein Team zusammengestellt hat, um autonome Flugtaxis zu zertifizieren. Zuerst geht es dabei um den Zweisitzer EH216. Doch die Nachricht gilt als Signal für die ganze Branche der “Autonomous Aerial Vehicle” (AAV). Die Zertifizierungsphase kann allerdings durchaus zwei Jahre dauern, wenn die Politik keinen Druck macht. Das ist auch eine gute Nachricht für ein anderes deutsches Start-up: Lilium. Daran ist der Serieninvestor Frank Thelen beteiligt, aber auch der Tencent-Konzern aus dem südchinesischen Shenzhen. Lilium wird im zweiten Quartal dieses Jahres an der New Yorker Nasdaq-Börse gelistet. Das Münchner Unternehmen fusioniert dazu mit der Qell Acquisition Corporation. Lilium rechnet dadurch mit Einnahmen von 830 Millionen US-Dollar, um sein Flugauto weiterzuentwickeln.

    Auf den ersten Blick wirken die Flugtaxis mit ihren Propellern wie Drohnen. Und wie Drohnen können die sogenannten VTOL-Flugzeuge (“Vertical Take-Off and Landing”) senkrecht abheben und landen. In der Praxis funktionieren sie also wie Kleinhubschrauber. Sie sind jedoch leiser, einfacher zu steuern und weitaus günstiger.

    Der Zukunftsmarkt der Flugtaxis ist eine der großen Investoren-Wetten dieses Jahrzehnts. Bei der Investmentbank Morgan Stanley geht man davon aus, dass der Markt bereits 2023 weltweit ein Volumen von 49 Milliarden US-Dollar hat. Im vergangenen Jahr floss mehr als eine Milliarde Dollar Risikokapital in die Branche, deutlich mehr als je zuvor. Manfred Hader, Partner der Beratungsgesellschaft Roland Berger, kalkuliert das Marktpotenzial bis 2050 auf jährlich 90 Milliarden US-Dollar: “Wir schätzen, dass 2050 etwa 160.000 kommerzielle Flugtaxis in der Luft sein werden.”

    Deutscher Champion

    Neben Geely und Daimler sind Unternehmen wie Japan Airlines, Intel Capital, DB Schenker oder Micron Technology an dem Start-up Volocopter beteiligt. Diesen März erhielt das Start-up weitere 200 Millionen Euro von Investoren, darunter der Continental AG, dem Vermögensverwalter Blackrock, Avala Capital, Atlantia, NTT und Tokyo Century. Volocopter hat nun insgesamt fast 390 Millionen US-Dollar gesammelt. Die Bewertung des Unternehmens wird nach Daten von PitchBook auf 624 Millionen US-Dollar beziffert. 

    Mit dem frischen Geld will Volocopter die ersten kommerziellen Flugtaxistrecken für seinen “VoloCity” einrichten. Der “VoloCity” ist ein zweisitziges, vollelektrisch angetriebenes Modell, das mit einer Reichweite von 35 Kilometern und einer Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h für den innerstädtischen Raum optimiert ist.

    Den ersten bemannten Senkrechtflug vollzog das Fluggerät bereits 2011, den ersten Flug eines Prototyps 2013 und den ersten autonomen Flug 2017. Das dazugehörige Ökosystem heißt VoloIQ, es soll ein Netzwerk aus Haltestellen, sogenannten VoloPorts, an strategisch wichtigen Punkten bieten, zum Beispiel im Stadtkern und an Flughäfen. VoloIQ soll das zentrale Bindeglied zwischen dem Start-up und den Behörden, Verkehrsbetrieben und anderen Mobilitätsanbietern innerhalb der städtischen Infrastruktur sein, sagt Volocopter-CDO Alexander Oelling“Sind die Flugtaxis dadurch einfach zugänglich, wird sich eine höhere Flugfrequenz als bei Helikoptern einstellen.” Volocopter hat im Dezember bei der amerikanischen Luftaufsichtsbehörde FAA die Zulassung des VoloCity-Taxis beantragt, parallel läuft die Musterzulassung bei der europäischen EASA. Auch eine Logistikdrohne hat Volocopter in der Entwicklung. “Wir gehen bisher davon aus, dass wir die Zulassung bis Ende 2022 bekommen werden”, sagt Volocopter-CEO Florian Reuter. In Europa will man bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris erste Flüge anbieten. Weitere erste Strecken sollen in Singapur, China und Japan eingerichtet werden. 

    Nicht ohne den chinesischen Markt 

    Der 5G-Mobilfunkstandard spiele für einen reibungslosen Einsatz der Flugtaxi-Technologie eine zentrale Rollesagt Oelling. Auch deswegen ist es wahrscheinlich, dass sich der Volocopter zuerst in China statt in Europa durchsetzt. Der Druck, den Nahverkehr in die Luft zu verlagern, ist in China zudem viel größer als in Deutschland. Kurz: Mindestens genauso wichtig wie das Geld von Geely ist für Volocopter der Zugang zum chinesischen Markt. 

    Doch der ist nicht unbedingt auf die Ausländer angewiesen. Weltweit arbeiteten geschätzt über 200 Start-ups an Flugtaxi-Projekten. Allein aus China kommen rund 150, darunter das schon erwähnte Unternehmen Ehang aus Guangzhou. Mit der Passagierdrohne Ehang 184 und dem Zweisitzer Ehang 216 hat die Firma zwei der bislang ausgereiftesten Modelle entwickelt. Ehang hat bereits über 10.000 Testflüge bei sämtlichen Wetterbedingungen durchgestanden. Einen ähnlich großen Erfahrungsschatz hat sonst kaum ein Unternehmen. Und Ehang hat starke Partner: Das Unternehmen wird von der staatlichen Flugzeugbaugesellschaft Avic kontrolliert und kooperiert gleichzeitig mit dem österreichischen Boeing- und Airbus-Zulieferer FACC AG. Das Unternehmen hat laut Daten des Lufthansa Innovation Hub bislang rund 92 Millionen US-Dollar eingesammelt. Bei der Zahl der aktiven Patente liegt Ehang mit 143 weit vorne. Volocopter kommt momentan auf 21. 

    Seit Dezember 2019 ist Ehang börsennotiert. Die Notierung brachte gerade mal 41 Millionen US-Dollar. Die Bewertung des Unternehmens pendelte sich bei weniger als 700 Millionen US-Dollar ein. Durch den Hype um die Lufttaxis stieg der Wert des Unternehmens seitdem jedoch in Milliardenhöhe. Anfang des Jahres war die Aktie innerhalb von drei Wochen um fast 300 Prozent gestiegen. Nach einem kritischen Bericht des Shortsellers Wolfpack Research, der behauptete, dass ein Teil der Umsätze von Ehang geschönt sei, stürzten die Papiere um mehr als 60 Prozent ab. Seitdem versucht das Unternehmen Vertrauen zurückzugewinnen. Bisher ohne großen Erfolg bei den Aktionären.

    Der Markt bleibt wechselhaft. Noch ist offen, wer das Rennen macht. Die Berater von Roland Berger glauben, dass am Ende nur 10 bis 15 Prozent der heutigen Flugtaxi-Projekte kommerziell durchstarten werden. Der Volocopter hat als deutsch-chinesisches Projekt sicherlich gute Chancen. Dass Geely das deutsche Flugtaxi auf der Automesse in Shanghai macht deutlich, dass sie es Ernst meinen mit der Innovation.

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    Studie: Chinas Heimvorteil bedroht die Wirtschaftskraft Europas

    Ein geflügeltes Wort, wenn es um das Investitionsabkommen zwischen China und der EU (CAI) geht, ist das “level playing field”, ein ausgeglichenes Spielfeld für beide Seiten. Das CAI soll europäischen Firmen einen (besseren) Zugang zum Markt in China garantieren. Die EU-Kommission habe bei ihrer Handelspolitik mit der Volksrepublik, auch beim CAI, bisher jedoch einen wichtigen Punkt außer Acht gelassen, warnt der Thinktank European Council on Foreign Relations (ECFR) in einer Studie, die gemeinsam mit der Rhodium Group erstellt wurde: Der extrem geschützte und riesige chinesische Heimatmarkt habe es Firmen dort ermöglicht, allein durch die Größe des Marktes zu wachsen, Gewinne zu erzielen und ihre Produktqualität zu verbessern – ohne oder mit nur begrenztem Druck durch ausländische Mitbewerber. Die in China hochgezogenen Firmen könnten wiederum den Markt im Ausland in Angriff nehmen. Die Verfasserinnen der Studie warnen vor “schwerwiegenden Folgen” für mehrere Sektoren, die entscheidend für die Zukunft der EU sind.

    Wo liegt das Problem?

    • Solar: China fördert offiziell ausländische Beteiligungen an seiner Solarbranche, starke informelle Barrieren hätten jedoch zu einer absoluten Dominanz der einheimischen Solarmodulhersteller geführt, die mittlerweile fast 100 Prozent des heimischen Marktes beliefern. Die heimischen Produzenten haben der Studie zufolge mehrere Vorteile: Da China der größte weltweite Markt für Solarmodule ist, erzielten chinesische Unternehmen dort erhebliche interne Skaleneffekte. Da die Photovoltaikfabriken in China in der Regel viermal größer als in den USA seien, könnten chinesische Solarunternehmen ihre Maschinen intensiver nutzen, Produkte standardisieren und Produktionsprozesse optimieren. In Kombination mit staatlichen Subventionen, niedrigen Eingangspreisen in China und einem bevorzugten Zugang zu Krediten hätten diese Vorteile es chinesischen Solarphotovoltaikherstellern ermöglicht, die Produktionskosten und damit die Weltmarktpreise drastisch zu senken, heißt es in der Studie. Bisher sei es den europäischen Regulierungsbehörden nicht gelungen, das Problem durch die bestehenden Mechanismen für Antidumping- und Antisubventionsfälle zu lösen. Im CAI gebe es nun zumindest den Ansatz, chinesische Investitionen in dem Sektor in Europa von einer gegenseitigen Öffnung des chinesischen Marktes abhängig zu machen.
    • Telekommunikation: Auch in diesem Bereich macht allein die Größe des chinesischen Marktes der Studie zufolge einen wichtigen Unterschied. Allein die Hälfte der 4G-Basisstationen weltweit ist in China installiert, die Volksrepublik hat zudem bereits 700.000 5G-Basisstationen gebaut. Peking erlaubt aber nur eine begrenzte Beteiligung ausländischer Akteure: Die Regierung habe den staatlichen chinesischen Telekommunikationsbetreibern informelle Anweisungen gegeben, nicht weniger als 70 Prozent der 4G-Bestellungen an Huawei und ZTE zu vergeben, so die Studie. Für die chinesischen Telekommunikationsriesen bedeutet das: Durch Gewinne aus Inlandsverkäufen können sie attraktivere Pakete im Ausland anbieten, beispielsweise durch niedrigere Preise. Zudem kann hoch in die technologische Forschung und Entwicklung investiert werden. Mit dem starken Auftreten und der Erfolgsbilanz im Heimatland erhöhe Huawei seine Glaubwürdigkeit bei ausländischen Kunden. Hinzu kommen staatliche Subventionen, Steuervergünstigungen und Exportkredite sowie politische Unterstützung für Aktivitäten im Ausland. Europäische Anbieter müssten deshalb nun in einem strategisch wichtigen Sektor in einem “uneven playing field” antreten, warnen die Verfasserinnen der Studie.
    • Schienenverkehr: Ausländische Unternehmen dürfen sich in diesem Sektor offiziell beteiligen. Die Realität ist der Studie zufolge aber komplexer – Chinas wichtigster Hersteller von Schienenfahrzeugen, die China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), verfügt demnach über 86 Prozent des gesamten chinesischen Marktvolumens an Schienenfahrzeugen und nahezu 100 Prozent des Marktes für Hochgeschwindigkeitsschienenfahrzeuge. Grund dafür sei die Präferenz des staatlichen Eisenbahnunternehmens China Railway, das seine Züge am liebsten von heimischen Produzenten erwerbe. Auch in diesem Industriesektor führe die schiere Größe des chinesischen Marktes zu Vorteilen für CRRC, das massiv skalieren kann – denn CRRC ist der Studie zufolge viermal größer als seine beiden Hauptkonkurrenten. Das größte Werk ist demnach sechsmal größer als das des europäischen Eisenbahngiganten Alstom. CRRC könne deshalb seine Produkte standardisieren und die Herstellungsprozesse optimieren. Zwar seien die Effekte des geschützten chinesischen Marktes in diesem Sektor weniger drastisch als die im Telekommunikations- und Solarbereich, schreibt ECFR, die Auswirkungen auf europäische Akteure könnte demnach aber auf lange Sicht erheblich sein, insbesondere in Drittmärkten: In Schwellenländern sind europäische Schienenfahrzeugunternehmen einem harten Wettbewerb ausgesetzt und verlieren Marktanteile an CRRC.

    Was wird empfohlen?

    Um der Entwicklung entgegenzuwirken, schlägt der Thinktank der EU-Kommission verschiedene Ansätze vor:

    • Mehr Druck für Marktöffnung und ein EU-Beschaffungsinstrument: Die Brüsseler Behörde müsse in Zukunft neben einer genauen Kontrolle der im CAI zugesagten Marktöffnungen auch den Druck auf China erhöhen, andere Bereiche wie die Beschaffungsmärkte zu öffnen. Eine Schlüssel-Position nimmt dabei auch das geplante internationale EU-Beschaffungsinstrument ein, an dem Brüssel derzeit arbeitet.
    • Schutz und Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit: Brüssel sollte die nationalen Ausschreibungsbehörden der EU-Mitgliedsstaaten ermutigen, EU-Richtlinien für das öffentliche Beschaffungswesen in Fällen, in welchen chinesische Unternehmen für öffentliche Aufträge zu niedrigen Preisen bieten, stärker zu nutzen. Auch die Antidumping-Instrumente der EU könnten häufiger zum Einsatz gebracht werden. Erwartungen gebe es auch an das geplante EU-Instrument für ausländische Subventionen.
    • Mit Partnern zusammenarbeiten und Unternehmen unterstützen: Die Studie schlägt vor, dass EU-Politiker:innen darüber nachdenken, europäischen Firmen in strategisch für die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas wichtigen Sektoren, die vom chinesischen Heimvorteil betroffen sein könnten, unter die Arme zu greifen – zumindest temporär. Der Thinktank empfiehlt außerdem eine enge Zusammenarbeit mit transatlantischen und indopazifischen Partnern.
    • Stärkung des Binnenmarktes und Abbau von Barrieren: Die EU stellt in betroffenen Sektoren den zweit- oder drittgrößten Markt, nach China und USA, betont die Studie. Innereuropäische Marktbarrieren wie Vorschriften, Standards, Fragmentierung und Sprachunterschiede erschwerten europäischen Unternehmen jedoch das Geschäft im heimischen Markt. Die Beseitigung dieser Hindernisse sei entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu erhalten. Die Stärkung des europäischen Binnenmarktes sei nicht nur eine Abwehrmaßnahme, sondern auch ein proaktiver Schritt zur Verbesserung des europäischen Einflusses und strategischer Souveränität, schlussfolgern die Verfasserinnen.

    Woran arbeitet Brüssel?

    Im Bereich der Marktöffnung Chinas ist das CAI derzeit der vielversprechendste Schritt – wegen der Sanktionen aus Peking ist die Arbeit des Europaparlaments an der Vereinbarung derzeit aber auf Eis gelegt. Die Brüsseler Denkfabrik Bruegel lobte jüngst jedoch in einer Analyse im CAI festgehaltene Vereinbarungen über Subventionen und Staatsfirmen. In einer diese Woche veröffentlichten Studie des Polnischen Instituts für Internationale Beziehungen (PISM), die von dem Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer in Auftrag gegeben wurde, warnen die Autoren aber, dass Brüssel keine Rechtsmittel in der Hand habe, um die im CAI gemachten Zugeständnisse Chinas auch einzufordern. Mit mehr wirtschaftlicher Macht könne die Volksrepublik auch weniger davor zurückschrecken, Abkommen willkürlich zu brechen, so die Studie.

    Die EU will sich deshalb wappnen: Ein Gesetzentwurf für das geplante EU-Instrument zu ausländischen Investitionen soll in den kommenden Wochen vorgelegt werden. Die Regeln sollen verhindern, dass europäische Firmen von hochsubventionierten ausländischen Unternehmen übernommen werden und dass Staatskonzerne aus dem Ausland der EU-Konkurrenz öffentliche Aufträge wegschnappen können. Bis Ende des Jahres will die EU-Kommission auch ein neues Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang vorlegen, aus dem Europäischen Parlament gibt es die Forderung, den Prozess dafür zu beschleunigen. Das geplante EU-Instrument für Beschaffung (IPI) steckt derzeit noch im EU-Rat fest. Dass es hier in der kommenden Zeit eine Entwicklung geben wird, ist EU-Kreisen zufolge eher unwahrscheinlich.

    Die EU-Kommission hat sich bei ihrer Neuausrichtung der internationalen Handelspolitik generell auch für einen durchsetzungsfähigeren Ansatz ausgesprochen. Zuletzt machte die Brüsseler Behörden auch Ernst und erließ Antidumping-Zölle und vorläufige Antidumping-Zölle auf verschiedene Aluminium-Produkte aus China.

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    News

    Auto Shanghai: ZF präsentiert Hochleistungscomputer

    Der deutsche Automobilzulieferer ZF hat auf der Auto Shanghai die neueste Generation seines Spezialcomputers für autonomes Fahren sowie ein nach eigener Aussage weltweit neuartiges System für automatisiertes Parken präsentiert. Anwesend war auch der für Asien-Pazifik zuständige Vorstand Holger Klein – was zeigt, dass die Auto Shanghai auch unter Pandemie-Bedingungen eine wichtige Leitmesse ist – und zwar auch für die deutsche Zulieferindustrie. Das liegt natürlich an dem attraktiven chinesischen Markt – im technikaffinen China gibt es ein riesiges Interesse an allen Lösungen für selbstfahrende Autos. Peking fördert die Technologie und will bis 2025 die Massenproduktion von Autos, die automatisiertes Fahren der Stufe 3 können. Solche Autos können unter bestimmten Bedingungen allein fahren, brauchen aber einen Menschen am Steuer, der stets eingreifen kann.

    Der neue Supercomputer ZF ProAI baut auf seinen Vorgängern auf, hat aber laut ZF deutlich mehr Rechenleistung bei 70 Prozent weniger Energieverbrauch und einer geringeren Größe. Die Künstliche Intelligenz (KI) des Computers sei für Deep Learning optimiert, was unter anderem für mehr Sicherheit sorge. “Konzipiert für die Anforderungen Software-definierter Fahrzeuge und deren neue Elektrik-/Elektronik-Architekturen, kann dieser KI-fähige Hochleistungsrechner als Domänen-, Zonen- oder Zentralcontroller dienen”, teilte ZF mit. Der Rechner biete eine “Grafikprozessor-gesteuerte 360°-Fusion aller verfügbaren Sensordaten, einschließlich Umgebungsmessdaten von Radaren, LiDARs, Kameras und Audiomustern” – im chinesischen Verkehrsgewühl durchaus nützlich. Klein bezeichnete den neuen Rechner als “flexibelsten, skalierbarsten und leistungsstärksten” Auto-Supercomputer der Welt. Der neue ZF ProAI soll 2024 in Serie gehen und ist laut ZF tauglich für alle Stufen des autonomen Fahrens von 2 bis 5.

    Das in Shanghai präsentierte automatisierte Einpark-System ist nach Angaben von ZF deshalb einmalig, weil es sich nur auf die Sensoren des Autos verlässt und damit unabhängig ist von der jeweiligen Parkhaus-Infrastruktur. Die neueTechnologie namens “Visual Simultaneous Localization and Mapping” (vSLAM) ermögliche mithilfe von Kamaras, Radar und Ultraschall eine zentimetergenaue Lokalisierung und Kartenerstellung in Echtzeit. “Das gesamte System wird in China entwickelt und kommt Ende 2022 erstmals bei einem chinesischen Automobilhersteller zum Einsatz”, sagt Renee Wang, Präsidentin von ZF China und Senior Vice President Operations für die Region Asien-Pazifik. “Wir glauben, dass dieses infrastrukturunabhängige System zum automatisierten Parken eine kosteneffiziente Lösung für viele globale Automobilhersteller sein wird.” ck

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    Mahle erzielt 2020 Umsatzrekord in China

    Der Automobilzulieferer Mahle GmbH hat nach eigenen Angaben im Chinageschäft 2020 eine Umsatzsteigerung von rund vier Prozent verzeichnet. Wie das Unternehmen mitteilte, brachte von den 1.3 Milliarden Euro Gesamtumsatz in China der Bereich Thermomanagement mit ca. 370 Millionen Euro den größten Anteil. Die stärkste Entwicklung verzeichnete hingegen die Abteilung Filtration und Motorperipherie mit einem Anstieg von rund zehn Prozent auf 335 Millionen Euro. Die 2020 neu gegründete Sparte Elektronik und Mechatronik konnte im ersten Jahr einen Umsatz von 170 Millionen Euro erwirtschaften.

    Auf der Automesse in Shanghai stellt Mahle einen neuen Hochvolt-PTC-Heizer vor, der mit einer Wärmepumpe kombiniert eine Reichweitenverlängerung von 20 Prozent bei E-Fahrzeugen ermöglichen solle. Außerdem verspricht der Konzern eine Weiterentwicklung im Bereich Batterieklimatisierung zu präsentieren: Mit einem neuen elektrischen Kompressor könne sowohl eine erhöhte Batterielebensdauer und Reichweite ermöglicht, als auch die Ladezeit verkürzt werden. bw

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    China will Impfstoffproduktion hochfahren

    Peking will trotz wenig internationaler Erfahrung auf dem Impfstoffmarkt zu einem globalen Impfstoffanbieter aufsteigen. Dafür soll die Pharmaindustrie des Landes ihre bisherigen Produktionskapazitäten massiv ausweiten, berichtet die South China Morning Post.

    “China baut 18 Produktionslinien und jede große Produktionslinie ist wie der Bau einer neuen China National Biotec Group”, kündigte der Leiter der chinesischen Impfbehörde in Peking, Feng Duojia, an und bezog sich dabei auf einen der größten Impfstoffhersteller des Landes. Biotec, eine Tochtergesellschaft der staatlichen China National Pharmaceutical Group (Sinopharm), und Sinovac haben bisher 250 Millionen Dosen Covid-19-Vakzine produziert. Davon sind mehr als 100 Millionen im Zuge der Impfdiplomatie ins Ausland und vor allem an Länder, die keinen Zugang zu mRNA-Vakzinen haben, exportiert worden.

    Bis Ende nächsten Jahres sei das Ziel fünf Milliarden Covid-19-Impfdosen herzustellen, so Feng. Erst gestern betonte Chinas Präsident Xi Jinping in seiner Rede auf dem Wirtschaftsforum Boao, dass China seine Verpflichtung einhalten werde, Impfstoffe zu einem globalen öffentlichen Gut zu machen. Peking erhofft sich durch seine Impfstoffdiplomatie auch, seine Beziehungen zu Entwicklungsländern zu stärken, wie China.Table berichtete.

    Zuletzt musste der Leiter der Seuchenbehörde öffentlich einräumen, dass die chinesischen Impfstoffe weitaus weniger wirksam sind als die von Biontech oder Moderna. Peking erwägt verschiedene Corona-Impfstofftypen zu mischen, um die Wirksamkeit seiner Vakzine zu steigern.

    Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) haben die chinesischen Hersteller bisher noch kein grünes Licht für ihre Vakzine erhalten. Es sei eine “große Herausforderung”, die anvisierten Mengen zu produzieren und “sicherzustellen, dass die Produktqualität internationalen oder noch höheren Standards entspricht”, räumt auch Feng ein. niw

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    Zentralbank: Finanzrisiken durch Klimawandel eindämmen

    Chinas Zentralbank will die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Finanzstabilität stärker beachten und in Zukunft einen größeren Teil seiner Devisenreserven in grüne Anleihen investieren. Das sagte der chinesische Zentralbankpräsident, Yi Gang, in einer Rede auf dem Boao-Forum. China könnte dementsprechend in grüne EU-Anleihen investieren, die im Herbst in Höhe von 250 Milliarden Euro auf den Markt gebracht und einen Teil des EU-Corona-Fonds finanzieren sollen.

    Man wolle Finanzinstitutionen dazu drängen, so “früh wie möglich” in Richtung Kohlenstoffneutralität umzusteigen, sagte Yi. Die Zentralbank wolle Anreize für Banken schaffen, damit sie Projekte zur Reduktion von Kohlenstoffemissionen finanziell unterstützen. Auch werde man Klimafaktoren mit in die Banken-Stresstests aufnehmen.

    Die Finanzrisiken der CO2-intensiven Industrien und Unternehmen Chinas betont auch der Green Finance-Experte und ehemalige hochrangige Mitarbeiter der Zentralbank Ma Yun, wie Bloomberg berichtet. Der Umstieg auf saubere Energien und eine saubere Produktion führe dazu, dass Unternehmen in CO2-intensiven Sektoren mit einem Umsatzrückgang konfrontiert sein werden, was wiederum zu einem höheren Risiko für Kreditausfälle führe, so Ma. Bei Kohlekraftwerksbetreibern könnte die Kreditausfallrate bis 2030 auf 22 Prozent steigen – von derzeit 3 Prozent, wie aus Berechnungen von Ma hervorgeht.

    Die chinesische Zentralbank sei dabei, die Standards für grüne Anleihen zu verbessern, betonte Yi. Bisher dürfen die Einnahmen aus grünen Anleihen in China noch immer für fossile Projekte verwendet werden (China.Table berichtete). Ein Ausschluss von fossilen Investitionen wurde schon im Sommer 2020 abgekündigt. Die Zentralbank arbeite zudem auf internationaler Ebene daran, die unterschiedlichen Vorschriften für grüne Investitionen verschiedener Staaten und Staatengemeinschaften aufeinander abzustimmen, so Yi. Man werde das Thema auch auf dem G20-Gipfel im Oktober in Rom behandeln. nib

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    Standpunkt

    Durch expansive Wirtschaftspolitik Wachstum sichern

    Von Yu Yongding
    Yu Yongding schreibt über die expansive Wirtschaftspolitik Chinas.

    Die chinesische Wirtschaft wuchs im vierten Quartal 2020 um 6,5 Prozent und lieferte damit ein starkes Indiz dafür, dass sie sich vom Covid-19-Schock erholt hat. Der Marktkonsens geht davon aus, dass das BIP-Wachstum aufgrund von Basiseffekten im ersten Quartal 2021 auf mehr als 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr hochschnellte und in den verbleibenden drei Quartalen des Jahres stetig sinken wird, bevor es sich schließlich stabilisiert.

    In seiner Rede auf der diesjährigen Sitzung des Nationalen Volkskongresses im vergangenen Monat verkündete Ministerpräsident Li Keqiang, dass Chinas Wachstumsziel für 2021 “über sechs Prozent” liegt. Während die Wachstumsdynamik der Wirtschaft im Moment stark aussieht, gibt es Anzeichen dafür, dass China riskiert, die Fiskal- und Geldpolitik zu früh zu straffen.

    Nach Angaben des Finanzministeriums werden die allgemeinen Haushaltseinnahmen in diesem Jahr um 8,1 Prozent steigen, während die allgemeinen Haushaltsausgaben nur um 1,8 Prozent wachsen werden. Es kommt selten vor, dass die Staatsausgaben so viel langsamer wachsen als die Haushaltseinnahmen. Und obwohl die von der Regierung für 2021 geplante Emission von Staatsanleihen in Höhe von 7,2 Billionen CN¥ (1,1 Billionen US-Dollar) immer noch hoch ist, ist sie wesentlich geringer als die 8,5 Billionen CN¥, die im letzten Jahr emittiert wurden. Gleichzeitig dürfte die chinesische Zentralbank People’s Bank of China (PBoC) ihren geldpolitischen Kurs beibehalten, wenn nicht sogar straffen.

    Acht Prozent Wachstum erreichen

    Die vorsichtige Haltung der chinesischen Regierung gegenüber einer expansiven makroökonomischen Politik spiegelt ihre Wachsamkeit gegenüber Inflations- und Finanzrisiken wider – insbesondere letztere. Auch wenn sich die Inflation in naher Zukunft etwas verschlimmern könnte, ist es unwahrscheinlich, dass sie wirtschaftlich destabilisierend wirkt. China sollte dem Problem der hohen Verschuldung zwar besondere Aufmerksamkeit widmen, doch die finanzielle Anfälligkeit des Landes wurde übertrieben. Es ist schwer vorstellbar, wie eine wachstumsstarke Volkswirtschaft mit einer hohen Sparquote, die über riesige staatliche Vermögenswerte verfügt und deren Auslandsverschuldung begrenzt ist, durch eine systemische Finanzkrise infolge eines hohen Verschuldungsgrades zu Fall gebracht werden kann (China.Table berichtete).

    Meiner Ansicht nach sollte sich Chinas makroökonomische Politik im Jahr 2021 daher darauf konzentrieren, das Wachstum im Einklang mit der potenziellen Wachstumsrate der Wirtschaft anzukurbeln, und nicht auf die Stabilisierung oder Senkung des Verschuldungsgrades. Ausgehend von der Annahme, dass Chinas potenzielle Wachstumsrate sechs Prozent beträgt, zeigen Überschlagsrechnungen, dass die Wirtschaft unter Berücksichtigung des Basiseffekts in diesem Jahr um mehr als acht Prozent wachsen sollte.

    Chinas Wachstum im Jahr 2020 wurde von Anlageinvestitionen und Exporten getragen. Dieses Muster ist nicht ideal. Doch sofern der stetige Anstieg der verfügbaren Einkommen infolge des starken BIP-Wachstums die chinesischen Verbraucher nicht davon überzeugt hat, dass die sonnigen Zeiten von Dauer sind, dürften die Haushalte nicht mehr ausgeben und ihre Ersparnisse aufbrauchen. Tatsächlich hat sich das Ausgabenwachstum der Haushalte, gemessen an den gesamten Einzelhandelsumsätzen mit Konsumgütern, in den ersten beiden Monaten des Jahres 2021 abgeschwächt. Darüber hinaus werden die Exporte 2021 wahrscheinlich weniger zum BIP-Wachstum Chinas beitragen als im vergangenen Jahr, was auf die globale wirtschaftliche Erholung und Basiseffekte zurückzuführen ist.

    Anlageinvestitionen, die drei Hauptkategorien – Immobilien, Produktion und Infrastruktur – umfassen, sind stark gewachsen, aber ihre aufeinanderfolgende Wachstumsrate hat begonnen zu sinken. Der Großteil des Wachstums der Anlageinvestitionen im Jahr 2020 entfiel auf Immobilieninvestitionen, aber dies wird sich 2021 wahrscheinlich nicht wiederholen. Und es ist höchst ungewiss, ob Investitionen in die Produktion zum Hauptstandbein des Investitionswachstums werden können.

    Investitionen in Infrastruktur steigern

    Um die fehlende Gesamtnachfrage zu kompensieren, bleibt der Regierung also nichts anderes übrig, als Infrastrukturinvestitionen durch eine expansive Fiskal- und Geldpolitik zu unterstützen. Im Jahr 2020 wuchsen die Infrastrukturinvestitionen lediglich um 0,9 Prozent, verglichen mit mehr als 40 Prozent im Jahr 2009.

    Ob der Haushaltsplan einer Regierung angemessen ist, hängt vom indikativen oder verbindlichen Wachstumsziel des Landes ab. Um ein jährliches Wachstum von acht Prozent im Jahr 2021 zu erreichen, braucht China einen viel größeren Anstieg der Infrastrukturinvestitionen als im vergangenen Jahr. Außerdem sollten solche Investitionen direkt über den Staatshaushalt finanziert werden und nicht durch Bankkredite an subnationale Behörden.

    Als quantitative Lockerung den Zinssatz senken

    Im Nachhinein betrachtet, hätte die Zentralregierung genügend Anleihen emittieren sollen, um das Konjunkturpaket in Höhe von vier Billionen CN¥ in den Jahren 2008-10 zu finanzieren, anstatt es lokalen Regierungen zu überlassen, sich bei den Banken zu verschulden, um Infrastrukturinvestitionen über lokale staatliche Finanzierungsgesellschaften zu finanzieren. Dies hätte die finanzielle Anfälligkeit vermieden, die durch die Schulden der Lokalregierungen und die Aktivitäten des Schattenbankwesens entstanden ist, und dem chinesischen Markt für Staatsanleihen eine ideale Gelegenheit zur Entwicklung gegeben. Im Jahr 2021 wird die Regierung möglicherweise mehr Anleihen ausgeben müssen als geplant, und die PBoC muss möglicherweise den Zinssatz senken, um dies zu ermöglichen – wenn nötig, indem sie so weit geht, eine Variante der quantitativen Lockerung durchzuführen.

    Es ist unnötig zu erwähnen, dass makroökonomische Politik allein nicht ausreichen wird. Die Behörden sollten viele weitere Strukturreformen durchführen, damit alle Wirtschaftsakteure, insbesondere die lokalen Regierungen, die richtigen Anreize haben, aktiv und vernünftig auf die Konjunkturmaßnahmen zu reagieren. Aber um die Wachstumsdynamik nach der Pandemie im Jahr 2021 zu konsolidieren, sollte China den Ausstieg aus der expansiven Fiskal- und Geldpolitik nicht überstürzen.

    Yu Yongding, ehemaliger Vorsitzender der Chinesischen Gesellschaft für Weltwirtschaft und Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik bei der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, war von 2004 bis 2006 beim Ausschuss für Geldpolitik der Chinesischen Volksbank tätig. Aus dem Englischen von Sandra Pontow.

    Copyright: Project Syndicate, 2021.
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    Portrait

    Gerd Kaminski

    Gerd Kaminski ist Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft.
    Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft

    Dass Österreich und China dieses Jahr das 50. Jubiläum ihrer diplomatischen Beziehungen feiern, ist auch der Verdienst von Gerd Kaminski. “Ich habe damals völkerrechtlich nachgewiesen, warum es in Ordnung ist, diplomatische Beziehungen mit China aufzunehmen“, sagt der österreichische Rechtswissenschaftler. Sein Artikel zur Anerkennung der Regierung in Peking erschien 1971 in der österreichischen Zeitschrift für Außenpolitik. “Das war zweifellos ein wichtiger Beitrag”, sagt er. Das österreichische Außenministerium berät er auch heute noch in China-Fragen.

    Seine Begeisterung für China entdeckt Gerd Kaminski sehr früh. Mit etwa 13 Jahren hat er die ersten chinesischen Gedichte gelesen, damals noch als Übersetzungen. Seither war es um ihn geschehen. Neben seinem Jura-Studium lernte er die chinesische Sprache und reiste 1972 für seine Habilitation zum ersten Mal hin. Damals mitten in der Kulturrevolution sei die Stimmung in Peking allerdings recht düster gewesen: “An den Universitäten gab es keine chinesischen Professoren mehr, weil alle irgendwo Unkraut gejätet haben”, erzählt der 79-jährige. Die Wissenschaft sei damals sozusagen abgeschafft worden, in der Überzeugung das Maos Werke reichen würden zum Studieren.

    Ein Crashkurs mit Gerd Kaminski

    Wer mit Gerd Kaminski über China spricht, findet sich schnell in einem Crashkurs zu chinesischer Geschichte wieder. Mittlerweile forscht und arbeitet er seit mehr als 60 Jahren zu dem Land. Sein Hauptschwerpunkt ist die chinesische Völkerrechtskonzeption und Chinas Haltung zu den Menschenrechten (China.Table berichtet). Aber auch die chinesische Kultur und Lebensweise haben es ihm angetan. “Ich bin nicht der, der mit irgendwelchen Großkopferten herumgeht, mir geht’s schon um den Kontakt mit den einfachen Leuten in den Dörfern”.

    Mehr als 80 Bücher hat er bisher zu China verfasst oder herausgegeben. Zudem ist er Leiter des Österreichischen Instituts für China- und Südostasienforschung und der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft. Mit hochrangigen Delegationsaustauschen, die er bereits 1973 organisiert habe, setze er sich für gute Beziehungen zwischen beiden Ländern ein. Österreich und China seien beide sehr alte Kulturen und das verbinde, so Gerd Kaminski. Besonders das Neujahrskonzert habe es den Menschen in China angetan. Außerdem stünde auf fast jedem hohen chinesischen Berg eine Seilbahnanlage aus Österreich. Und unter Umständen könne Österreich bald von der Seidenstraße profitieren, sofern von Kärnten aus unverzollte Ware in Europa verteilt würden.

    Ab und an erfahre Gerd Kaminski aber auch Misstrauen aus China. Denn sowohl von den Anhänger:innen des Konfuzius-Fiebers als auch denen des Mao-Fiebers werde “eine gewisse Auslandsskepsis” artikuliert. So müsse er das Manuskript für seine Vorträge an der Universität in Peking und Wuhan vorher vorlegen. “Und was besonders weh tut: Freunde aus China werden vorsichtiger im Umgang“. Um das zu überwinden, müssten jedoch China und Europa Vorurteile abbauen und “aufhören sich gegenseitig zu belehren”. Lisa Winter

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    Dessert

    Science-Fiction-Fantasien als Werbung. 1500 Drohnen haben am Nachthimmel von Shanghai einen scannbaren QR-Code zum einjährigen Jubiläum des Techunternehmens Bilibili gezaubert.

    China.Table Redaktion

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