CEO.Table
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Professional Briefing
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#30 / 12. Juli 2025
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Executive.Summary: „Made for Germany“ – wer profitiert vom Vorstoß der Wirtschaftschefs?
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CEO.Talk: „Riester ist genauso ein Skandal wie Cum-Ex“
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CEO.Picks: Q4 – das Stiefkind des Controllings
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CEO.News: Die Boom-Branchen 2025 – „Investoren folgen keiner Ideologie“
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Transformation: So zögerlich agieren die fünf größten Automobilhersteller
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Nachhaltigkeit: Axel Springer löst ESG-Abteilung auf
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CEO.Trend: Drohnen als Treiber für die Luft- und Raumfahrt
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CEO.Economics: Die Ökonomie der Verteidigung
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CEO.Presseschau: Huang führt Nvidia zum Börsenwert-Rekord + US-Unternehmen vor wachsender Führungskrise + Griechenlands langer Weg zurück
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CEO.Personnel: Krebber bleibt RWE-Vorstandschef + Yaccarino tritt als CEO von X zurück + Rose übernimmt Führung bei WPP
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CEO.Standpunkt: Die Sozialwirtschaft ist ein Zukunftsmarkt
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Executive.Summary
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„Made for Germany“ – wer profitiert vom Vorstoß der Wirtschaftschefs?
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Von
Alexander Wiedmann und Alex Hofmann
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Christian Sewing und Roland Busch stehen hinter der Initiative „Made for Germany“, die mehr Investitionen in Deutschland verspricht
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Allein mit der „Made for Germany“-Allianz wird Deutschland die Krise nicht überwinden: „Die konjunkturellen Effekte der Allianz auf die deutsche Wirtschaftsleistung halte ich für überschaubar“, sagt Lars Feld, Leiter des Walter-Eucken-Instituts, zu Table.Briefings. Er erklärt: „Große Unternehmen demonstrieren damit ihre Unterstützung für die Wirtschaftspolitik von Friedrich Merz – doch der Mittelstand wird davon kaum profitieren.“ Hinter der Offensive „Made for Germany“ stehen Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, Siemens-Chef Roland Busch sowie Kommunikationsberater Alexander Geiser von der Agentur FGS. Nach Informationen von Table.Briefings gehört im Hintergrund auch Springer-Chef Mathias Döpfner zu den Initiatoren. Diese hätten sich schon seit einiger Zeit auf die Initiative eingeschworen, aber erst einmal abwarten wollen, welche Schritte die neue Regierung nach der Wahl geht. Am 21. Juli soll nun ein Treffen im Kanzleramt stattfinden – dabei wird auch die Initiative vorgestellt. Bis dahin haben sich die Initiatoren zu Stillschweigen verpflichtet. In der Zwischenzeit sollen sich auch andere Unternehmen und Finanzinvestoren anschließen. Bislang seien Zusagen in einer Größenordnung von etwa 300 Milliarden Euro über drei Jahre zusammengekommen, wie das Handelsblatt zuerst berichtete. Insider erwähnten im Gespräch mit Table.Briefings „mehrere Hundert Milliarden Euro“. Darin enthalten sind offenbar jedoch auch bereits geplante Investitionen. Wie groß die Effekte auf die Wirtschaft letztlich sind, hängt davon ab, ob tatsächlich nennenswerte neue Investitionen hinzukommen. Christian Rammer, Projektleiter im Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ am ZEW, zeigt sich im Gespräch mit Table.Briefings optimistischer, was die konjunkturellen Effekte betrifft: „Wenn große Unternehmen in Deutschland koordiniert handeln, können sie gesamtwirtschaftlich viel bewegen. Dann reden wir über mehrere Prozentpunkte beim Bruttoinlandsprodukt. Es kommt allerdings darauf an, inwieweit es sich bei den genannten 300 Milliarden Euro um ohnehin geplante oder um zusätzliche Ausgaben handelt.“ Wie wichtig private Investitionen zur Belebung der Konjunktur sind, zeigt der Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am BIP: Während der staatliche Anteil im vergangenen Jahr bei 2,9 Prozent lag, betrug der nicht-staatliche Anteil 17,9 Prozent.
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Für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist es daher entscheidend, dass die privaten Investitionen wieder steigen. Einen Beitrag hierfür könnte auch das am Freitag vom Bundesrat beschlossene Investitionssofortprogramm leisten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle ifo-Studie, die Table.Briefings exklusiv vorab vorliegt. Demnach würde eine Senkung der Körperschaftsteuer um fünf Prozentpunkte zu einem einmaligen Investitionsimpuls von rund 15 Prozent führen. Langfristig würde der gesamtwirtschaftliche Kapitalstock um etwa 1,25 Prozent steigen. Auch die Einführung der degressiven Abschreibung hätte laut Modell einen deutlichen Effekt: Je nach Annahmen steigt der Kapitalstock um 0,37 Prozent bis 0,71 Prozent – insbesondere bei langlebigen Investitionsgütern und höheren Zinssätze.
Im politischen Berlin erhofft man sich in diesen Tagen überdies auch einen psychologischen Effekt für die Wirtschaft. Gemeint ist damit, dass positive Erwartungen, Ankündigungen oder Stimmungen das Verhalten von Unternehmen und Konsumenten beeinflussen können – etwa bei Investitionen oder Konsum –, selbst wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen faktisch nicht verändert haben. Ökonom Feld glaubt nicht an einen solchen Effekt: „Wir befinden uns seit zwei Jahren in einer konjunkturellen Seitwärtsbewegung. Da reichen psychologische Impulse, die derzeit durch Berlin geistern, nicht aus. Wir brauchen dauerhafte Standortverbesserungen für die Unternehmen.“
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CEO.Talk
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„Riester ist genauso ein Skandal wie Cum-Ex“
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Von
Alex Hofmann
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Scalable Capital-Gründer Erik Podzuweit (rechts) im Gespräch mit CEO.Table-Redaktionsleiter Alex Hofmann.
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Erik Podzuweit spart nicht an klaren Worten: Der Mitgründer des Neobrokers Scalable Capital, der mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet ist, sieht die Riester-Rente als „teuer, intransparent und seit 20 Jahren renditelos“ an – und damit als einen politischen Sündenfall, der dem Cum-Ex-Skandal in nichts nachstehe. Podzuweit erkennt die Bundesrepublik im Gespräch mit Table.Briefings zwar als „drittgrößte Volkswirtschaft der Erde“ und „sehr, sehr guten Markt“ für Fintechs an. Doch bremse die Politik mit Regelwut und einem veralteten Rentensystem das Potenzial aus. Wie Podzuweit sich ein gutes Rentensystem vorstellt: Vorsorge-Depot: Die steuerlichen Vorteile von Riester und Rürup sollen auf ein breit gestreutes ETF-Depot übertragbar sein – ähnlich wie 401(k) in den USA. Steuerlogik nutzen: Investitionen vor Steuern ermöglichen und für einkommensschwache Familien Zuschläge zahlen. Regulatorische Atempause: Drei bis vier Jahre ohne neue EU-Vorgaben, um „erst einmal bestehende Regeln umzusetzen und zu entrümpeln“.
Warum das Thema jetzt drängt: „3.000 Milliarden Euro liegen hierzulande unverzinst auf Giro- und Sparkonten“ – Podzuweit bezeichnet das als die größte „Anlageklasse des Nichtstuns“. Ein Gesetzentwurf für das Vorsorge-Depot lag bereits im November vor, scheiterte jedoch am Koalitionsstreit. Länder wie die USA, Kanada, Australien und Großbritannien zeigen, dass kapitalmarktoffene Rentensysteme tiefere und liquidere Märkte schaffen.
Gelingt der Politik keine Reform, drohe Deutschland Innovationen an anderen Finanzplätzen zu verlieren, sagt Podzuweit. „Wir sollten uns nicht mit schönen Regelwerken zufriedengeben, während die wirkliche Innovation anderswo stattfindet.“ Scalable Capital will in drei Jahren das verwaltete Vermögen von 30 auf 100 Milliarden Euro steigern und wartet bereits seit einiger Zeit auf die Erteilung einer Vollbanklizenz. Einen Börsengang seines Unternehmens hält er „in drei bis fünf Jahren“ für denkbar – notfalls außerhalb Deutschlands. Das ganze Gespräch mit Erik Podzuweit hören Sie im Table Today-Podcast.
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CEO.Picks
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Q4 – das Stiefkind des Controllings
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Von
Oliver Binz
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Oliver Binz, Associate Professor of Accounting an der ESMT Berlin
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Das vierte Quartal ist in vielen Unternehmen kein normaler Abschluss, sondern eine Phase der Korrekturen. Bei der Betrachtung der Gewinne von US-Unternehmen über einen Zeitraum von 35 Jahren zeigt sich: Diese brechen im vierten Quartal systematisch ein, im Durchschnitt um fast 50 Prozent gegenüber den Vorquartalen. Ursache sind durchweg verzerrte Schätzwerte für Aufwände im Jahresverlauf. Das führt zu einem verzerrten Bild, das erst am Jahresende korrigiert wird. Die Folge: Die Zahlen sinken auffällig, Märkte reagieren negativ, obwohl das operative Geschäft stabil ist. Für CEOs ist das ein unterschätzter Risikofaktor. Wenn die Strategie auf fehlerhaften Zahlen beruht, können Entscheidungen ineffizient oder sogar kontraproduktiv sein. Verzerrte Ergebnisse erschweren nicht nur Entscheidungen auf Vorstandsebene. Auch Fachbereiche und Budgetverantwortliche steuern an einem Bild vorbei, das rückblickend nicht trägt. So entstehen operative Brüche, die sich erst spät auflösen lassen. Gleichzeitig wird unnötig Vertrauen am Kapitalmarkt verspielt, weil Analysten und Investoren die Logik der Korrekturen oft nicht nachvollziehen. Und das, obwohl die Kurse sich meist schnell wieder erholen. Statt das vierte Quartal als bloßen Abschluss zu sehen, sollten CEOs es als Prüfstein nutzen: Stimmen die Annahmen? Ist die Verteilung von Aufwänden über das Jahr realistisch? Wer hier ansetzt, erhöht die Steuerbarkeit der eigenen Organisation. Und schützt die Glaubwürdigkeit seines Unternehmens.
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CEO.News
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Die Boom-Branchen 2025 – „Investoren folgen keiner Ideologie, sondern rechnen“
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Wagniskapitalinvestoren haben in diesem Jahr bereits 996 Millionen Euro in Verteidigungs- und Luftfahrtunternehmen inklusive Raumfahrttechnologie investiert. Das entspricht einer Verzwanzigfachung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024. Damals wurden nur 54 Millionen Euro in dieses Segment gesteckt. So lautet das Ergebnis einer Studie der Technologie-Investmentbank Drake Star, die Table.Briefings vorliegt. „Besonders die Sektoren Luftfahrt und Verteidigung inklusive Raumfahrttechnologie, aber auch weiterhin Enterprise Software und Fintech waren im ersten Halbjahr 2025 bei Investoren beliebt“, sagt Partner Julian Riedlbauer. Er betont dabei, dass die Halbjahresbetrachtung nur als Trend-Indikator zu werten sei, wenige große Finanzierungen im zweiten Halbjahr könnten die Sektorverteilung noch deutlich beeinflussen. Pharma, Logistik oder Halbleiter, die 2024 noch im Fokus standen, werden von den Kapitalgebern derzeit deutlich geringere Zukunftsaussichten zugesprochen. Andere Sektoren hielten sich besser: „Im Sektor Alternative Energy Equipment wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres immerhin noch rund 310 Millionen Euro investiert, nach rund 480 Millionen Euro im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres“, sagt Riedlbauer. Unstrittig ist aus Sicht des Investmentbankers, „dass wir auch in den Bereichen Halbleiter und Pharma beziehungsweise Biotech viel Innovation benötigen“. Dies seien aber Segmente, in denen auch die deutschen Großkonzerne intensiv forschen und bei denen große Budgets und ein langer Atem notwendig sind. Wenige große Finanzierungsrunden prägen das Bild. Der deutsche Hoffnungsträger Black Semiconductor hatte 2024 im ersten Halbjahr eine große Finanzierungsrunde mit öffentlichen und privaten Mitteln abgeschlossen. „Da bestand in diesem ersten Halbjahr 2025 eben noch kein Bedarf für eine weitere Finanzierung. Das verzerrt natürlich die Statistik.“ Dennoch spiegle die Erhebung eine generelle Investoren-Stimmung wider: Gerade dort, wo politische Strategie und Investitionsrealität auseinander driften – etwa in der Chipindustrie – zeige sich: „Lippenbekenntnisse reichen nicht. Investoren folgen keiner Ideologie, sondern rechnen. Wenn Sektoren trotz aller politischen Ankündigungen keine Wachstumsfantasie mehr bieten, bleibt das Kapital fern.“ Das habe eine enorme Signalwirkung auf andere Marktteilnehmer. Die gute Nachricht: Insgesamt ist das Investitionsvolumen stabil geblieben, etwas mehr als 4,5 Milliarden Euro stellten Wagniskapitalgeber jeweils im ersten Halbjahr 2024 und 2025 bereit. Allerdings hat sich die Zahl der Deals halbiert. Will heißen: Wer Investoren überzeugt, bekommt mehr Geld – allerdings schauen die genauer hin. Hinzu kommt, dass Unternehmen in den neuen Boom-Branchen zunächst verstärkt in Forschung und Entwicklung investieren müssen – hier schnell zu sein, ist teuer. Alex Hofmann
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Transformation: So zögerlich agieren die fünf größten Automobilhersteller
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Vier der fünf größten Autohersteller unternehmen laut einem neuen Bericht zu wenig, um ihre selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen. Volkswagens Weg zur Klimaneutralität bis 2050 sei beispielsweise „nicht ehrgeizig und unkonkret“. Ähnliches gelte auch für die Ziele der Branchengrößen Ford, General Motors und Toyota, zeigt der Bericht von New Climate Institute und Carbon Market Watch im jährlichen Corporate Climate Responsibility Monitor (CCRM). Einzig Stellantis habe demnach eine „moderate“ Klimastrategie – jene von Toyota sei hingegen „sehr schlecht“. Zudem seien die Transformationsziele aller fünf Unternehmen nicht ausreichend: Unglaubwürdige Netto-null-Ziele: Ausgenommen von Stellantis seien die Klimaziele unglaubwürdig. Es fehle an klaren Plänen oder Verpflichtungen zur tatsächlichen Emissionsreduktion, etwa durch die schrittweise Abschaffung („phasing out“) von Verbrennungsmotoren. Zu niedriger Absatz von Elektroautos: Die Neuzulassungszahlen seien inkompatibel mit einem 1,5-Grad-Pfad. Die Autoren äußern Zweifel, ob die Verkaufsziele für E-Autos für den Zeitraum bis 2030 erreicht werden können. Fehlende Verpflichtungen: Ford und General Motors hätten sich zwar verpflichtet, kohlenstoffarmen Stahl und Aluminium zu beschaffen. Doch die Themen Emissionsreduktion in der Batterieherstellung sowie die Verbesserung der Energieeffizienz von Elektroautos werden weitgehend ignoriert.
Die Studienautoren empfehlen etwa einen glaubwürdigen Zeitplan für die Abschaffung von Verbrennungsmotoren. Dies müsse vonseiten der Politik durch einen geeigneten Rahmen gestützt werden. Auch brauche es Pläne zur Beschaffung von kohlenstoffarmem Stahl und Aluminium – etwa über die First Mover Coalition, der Ford, General Motors und Volvo im Juni beigetreten sind. Lukas Bayer
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Nachhaltigkeit: Axel Springer löst ESG-Abteilung auf
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Das Berliner Medienunternehmen stellt zum Ende des Monats die Arbeit seiner ESG-Abteilung ein. Wie eine Sprecherin Table.Briefings bestätigte, wird es bei Klima und Nachhaltigkeit keine zentralen Vorgaben mehr geben. Stattdessen wolle man die Themen dezentral organisieren. Alle Unternehmensbereiche sollen sich eigenständig Ziele setzen und diese verwirklichen. In der Vergangenheit hatte Vorstandschef Mathias Döpfner erklärt, dass Axel Springer ein „Pionier“ und ein „Vorbild für die Branche“ sein wolle. Im letzten, 2024 veröffentlichten ESG-Report wurden zudem konkrete CO₂-Reduktionsziele angekündigt sowie die Tatsache, dass sich das Unternehmen an die strengen Vorgaben der Science Based Targets Initiative binden wolle. Ein Bekenntnis dazu wollte eine Sprecherin von Axel Springer jetzt nicht mehr abgeben. Die vollständige Analyse lesen Sie im ESG.Table. Marc Winkelmann
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Jedes zweite Unternehmen benötigt Hilfe bei der Förderung leistungsschwacher Azubis
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55 Prozent der Personalverantwortlichen in Ausbildungsbetrieben benötigen externe Unterstützung, um Jugendliche mit Schwächen beim Lesen, Schreiben, Rechnen oder anderen Defiziten zu fördern. Gleichzeitig unterstützen bereits fast drei Viertel der Betriebe leistungsschwächere Auszubildende, so eine Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa). Die Bundesagentur für Arbeit bietet Förderprogramme wie die „Assistierte Ausbildung flexibel“ (AsA flex) an. Laut den Studienautoren fehlt jedoch vielen Unternehmen das Vertrauen in diese Programme. Wo Betriebe konkret Unterstützung wünschen, steht im Bildung.Table. Anna Parrisius Lernen Sie alle Table.Briefings in voller Länge kostenlos kennen: Vier Wochen, ohne automatische Verlängerung, ohne Zahldaten – und informiert wie die Topentscheider.
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CEO.Trend
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„Jede Technologie kann beides: Fortschritt bringen oder von Kriminellen missbraucht werden“
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Von
Nana Brink
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Die Drohnen-Industrie boomt. In Deutschland setzten Airbus oder Rheinmetall, aber auch Start-ups wie Helsing oder Quantum Systems auf diese Zukunftsbranche. Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des BDLI, sieht die Entwicklung militärischer Drohnen als Treiber für die Branche.
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Marie-Christine von Hahn, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI).
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Wie hat sich die deutsche Drohnen-Industrie entwickelt? Unser aktueller Branchenmonitor verzeichnet hohe, teilweise zweistellige Zuwachsraten. Die Nachfrage bei uns als Lobby-Verband steigt im Gleichschritt. Neben den mittlerweile bekannten Start-ups sind auch die etablierten Luftfahrtunternehmen sehr aktiv. Bei den Beschäftigten ist ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar: ein Plus von 23 Prozent. Die Exportquote liegt aktuell bei 22 Prozent. Die Hersteller sind derzeit zu 70 Prozent im militärischen Sektor und zu 30 Prozent im zivilen Sektor tätig. Das zeigt uns: Auch bei der unbemannten Luftfahrt agieren wir ingenieurgetrieben, wir entwickeln Spitzentechnologie. Laut einer Umfrage haben immer noch zwei Drittel der Bevölkerung Angst vor Terroranschlägen. Wie begegnen Sie diesen? Unser Bild von fliegenden Drohnen wird derzeit stark durch die Nachrichten aus der Ukraine beeinflusst, insofern kann ich diese sehr menschlichen Bedenken erst einmal nachempfinden. Sogenannte unbemannte Flugsysteme (UAS – Uncrewed Aerial Systems) für kommerzielle Zwecke, also zum Beispiel für die Landwirtschaft oder Transporte, haben damit aber selbstverständlich nichts zu tun. Trotz alledem, unterm Strich brauchen wir dafür klare gesetzliche Regelungen in puncto Sicherheit und müssen Vertrauen in der Gesellschaft aufbauen. Seit 2022 gibt es vermehrt Drohnenüberflüge über Militärstandorte wie Einrichtungen der kritischen Infrastruktur. Bislang gibt es keine effektive Drohnenabwehr. Haben Sie Vorschläge? Der Staat muss sich selbstverständlich in die Lage versetzen, bei all diesen Herausforderungen handlungsfähig und vor allem auch „up to date“ zu sein. Gerade bei Letzterem können wir unterstützen, denn die Innovationszyklen bei Flugsystemen sind derzeit so rasant, dass der Austausch mit der Branche insbesondere geboten ist. Denn nur mit den Informationen aus der Praxis können zum Beispiel Detektion und Abwehr auch wirkungsvoll greifen. Wie schätzen Sie den missbräuchlichen Umgang (zum Beispiel Diebstahl, Schmuggel) auch im Bereich der zivilen Drohnen ein? Jede Technologie kann beides: Fortschritt bringen oder von Kriminellen missbraucht werden. Beispiel: Die Cyberkriminalität steigt schwindelerregend an. Schalten wir das Internet deswegen ab? Nein, weil die Vorteile klar überwiegen. So auch beim Einsatz ziviler Drohnen. Der Staat muss konsequent gegen den Missbrauch vorgehen und ist daher auch gut beraten, entsprechend bei Ausrüstung und Know-how Schritt zu halten. Muss es deshalb eine nationale Drohnen-Strategie geben? Klares Ja. Eine nationale UAS-Strategie ist von zentraler Wichtigkeit, um Sicherheit und Vertrauen zu schaffen sowie die gewaltigen Potenziale dieser Zukunftsbranche auch ausrollen zu können. Die unbemannte Luftfahrt, ob zivil oder militärisch, wird in vielerlei Hinsicht gewinnbringend für unsere Gesellschaft und unseren Wohlstand werden. Das sollte sich unser Land nicht entgehen lassen.
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CEO.Economics
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Aufrüstung als Industriepolitik
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Von
Moritz Schularick
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Jetzt ist es also offiziell: Deutschland wird künftig 3,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung und Sicherheit ausgeben. Hinzu kommen weitere 1,5 Prozent für Investitionen in Infrastruktur. So lautet das Ergebnis des Nato-Gipfels in Den Haag.
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In keinem anderen Bereich wird Deutschland in den kommenden Jahren so viel Geld in die Hand nehmen. Und in keinem anderen Bereich wird es so entscheidend sein, dass dieses Geld sinnvoll eingesetzt wird – für unsere Sicherheit, aber auch für unsere Wirtschaft. Dennoch geistern viele Missverständnisse über die Ökonomie der Verteidigung durchs Land. Je weiter man sich politisch nach links bewegt, desto lauter werden die Überzeugungen: Verteidigungsausgaben seien totes Geld – bestenfalls ein kurzes konjunkturelles Strohfeuer beim Schweißen von Stahl. Sobald die Panzer aber im Depot rosten und nicht gebraucht werden, sei klar, dass man mit dem Geld Besseres hätte anfangen können. Doch es gibt eine andere Perspektive, die militärische Notwendigkeiten und ökonomische Chancen zusammendenkt. Die militärischen Erfordernisse sind klar: Wenn wir in Europa auch künftig in Sicherheit leben wollen, müssen wir technologisch mit den Besten mithalten können. Wir brauchen autonome Systeme wie KI-gestützte Drohnen, satellitengestützte Kommunikation und Aufklärung, intelligente Software zur präzisen Bedrohungsanalyse inmitten der Datenflut sowie moderne Raketentechnologien und Sensorik, um den Himmel über unseren Köpfen zu schützen. Konkret: Wir brauchen große Fortschritte bei autonomen Flug- und Fahrzeugsystemen, in der künstlichen Intelligenz und bei unseren Fähigkeiten im Weltraum. Und wenn Sie sich fragen, in welchen Bereichen Europa in den letzten zwei Jahrzehnten gegenüber den USA und China besonders stark ins Hintertreffen geraten ist – genau in diesen Bereichen. Aber: In der Verteidigung ist Abgehängtsein keine Option. Es geht um unsere Sicherheit. Wir müssen also aufholen – und die Ressourcen, das Know-how und den Fleiß unserer Ingenieurinnen und Ingenieure in Technologien investieren, die diese Sicherheit bringen und zugleich den dringend benötigten Innovationsschub liefern können, um wieder ganz oben in der globalen Technologieliga mitzuspielen. Diese Chance müssen Deutschland und Europa jetzt nutzen. Dazu braucht es moderne Beschaffungsprozesse und eine kluge Planung, die sicherheitspolitische und wirtschaftliche Ziele miteinander verbindet. Wir haben in Deutschland viel über Industriepolitik diskutiert – die Herausforderung der kommenden Jahre besteht darin, die sicherheitspolitisch notwendige Aufrüstung auch als industriepolitische Chance zu begreifen. Drei Prinzipien sind dabei zentral: Wir müssen so schnell wie möglich Ressourcen bündeln und die notwendigen Fähigkeiten in Europa aufbauen. Wer weiter im amerikanischen Waffensupermarkt einkauft, verlängert nur die Abhängigkeit – und stärkt nicht die eigene Wirtschaft. Der Schlüssel zu positiven ökonomischen Effekten – auch jenseits des Militärischen – liegt in einem massiven Ausbau des Forschungs- und Entwicklungsbudgets der Bundeswehr. Derzeit fließen weniger als fünf Prozent des Bundeswehrhaushalts in Forschung und Entwicklung. In den USA und Israel liegen die Anteile im zweistelligen Bereich. Hier braucht es ein Umdenken: Die Verteidigung der Zukunft ist Hightech, nicht Panzer-Testfahrt. Europa muss endlich einen gemeinsamen Binnenmarkt für Verteidigung entwickeln. Nur dann lassen sich Stückzahlen erhöhen, Systeme integrieren und Skaleneffekte realisieren. Die heutige nationale Zersplitterung ist eines der größten Hindernisse für eine leistungsfähige Rüstungsindustrie.
Nach dem Gipfel in Den Haag ist klar: Am Geld wird es nicht scheitern. Europa hat die ökonomischen und finanziellen Möglichkeiten, sich aus eigener Kraft so stark zu machen, dass es potenzielle Angreifer abschrecken kann. Aber wenn wir es ernst meinen, müssen wir vor allem unsere technologische Rückständigkeit überwinden. Das ist eine Einsicht, die Europa zu lange verdrängt hat: Nur wer technologisch ganz vorne mitspielt, lebt auch in Sicherheit. Moritz Schularick ist Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW).
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CEO.Presseschau
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Manager Magazin
Nvidia-Chef Jensen Huang führt Unternehmen zum Börsenwert-Rekord
Nvidia hat am 9. Juli 2025 als erstes Unternehmen weltweit einen Börsenwert von mehr als vier Billionen US-Dollar erreicht. Der Aktienkurs stieg im frühen Handel an der New Yorker Börse um bis zu 2,8 Prozent auf 164,42 Dollar. Die starke Nachfrage nach Nvidias Chips für Anwendungen der künstlichen Intelligenz, insbesondere bei Unternehmen wie Google, Meta und OpenAI, trieb das Wachstum des Konzerns in den vergangenen Jahren an.
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Forbes
US-Unternehmen stehen vor wachsender Führungskrise
Zahlreiche Führungskräfte wollen in den kommenden 18 Monaten ihre Posten verlassen und der Nachwuchs fehlt. Gründe sind unter anderem der demografische Wandel, neue Arbeitsmodelle und die Überforderung durch moderne Anforderungen wie Digitalisierung und die Führung vielfältiger Teams. Veraltete Entwicklungsprogramme reichen nicht mehr aus, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Unternehmen müssen gezielt in die Entwicklung und Bindung von Führungstalenten investieren, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.
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Spiegel
Bundesregierung stellt sich gegen Übernahmeversuch der Commerzbank durch UniCredit
Finanzminister Lars Klingbeil fordert die italienische UniCredit auf, ihren Übernahmeversuch der Commerzbank einzustellen und betont die Bedeutung einer eigenständigen Commerzbank. UniCredit hat ihren Anteil an der Commerzbank auf rund 20 Prozent erhöht und ist damit größter Anteilseigner vor dem Bund. Die Regierung lehnt das Vorgehen von UniCredit als unabgestimmt und unfreundlich ab und will ihre eigenen Anteile nicht verkaufen. UniCredit zeigt sich bislang unbeeindruckt vom Widerstand aus Berlin und plant, weitere Anteile zu erwerben.
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Wirtschaftswoche
Saudischer Staatsfonds fordert Millionen von Benko zurück
Der österreichische Unternehmer René Benko steht im Verdacht, Galeria Kaufhof gezielt finanziell ausgezehrt zu haben, um saudische Investoren für eigene Projekte zu gewinnen. Interne Dokumente zeigen, dass Gelder aus dem Warenhauskonzern abgeflossen sein sollen, während gleichzeitig der saudische Staatsfonds PIF in Benkos Firmenimperium investierte. Nach dem Zusammenbruch der Signa-Gruppe fordert der saudische Fonds nun Hunderte Millionen Euro zurück und drängt auf die Räumung von Benkos Villa in Innsbruck.
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Financial Times
Griechenlands langer Weg zurück
Die griechische Schuldenkrise führte ab 2009 zu massiven wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen, die das Land an den Rand des Zusammenbruchs brachten. Griechenland gelang in den letzten zehn Jahren eine wirtschaftliche Erholung, das Land verzeichnet heute solides Wachstum und einen Haushaltsüberschuss. Dennoch bleibt das Pro-Kopf-Einkommen deutlich unter dem EU-Durchschnitt, die Produktivität ist niedrig und fast ein Drittel der Bevölkerung ist von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Experten mahnen, dass sowohl Griechenland als auch die EU weitere Strukturreformen und Investitionen benötigen, um künftigen Krisen besser begegnen zu können.
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CEO.Personnel
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Wirtschaftswoche
Markus Krebber bleibt Vorstandschef von RWE bis 2031
Der Vertrag des RWE-Chefs wurde vorzeitig um fünf Jahre verlängert. Krebber habe RWE erfolgreich auf die Herausforderungen der Energiewende vorbereitet, erklärte Aufsichtsratschef Frank Appel. Der 52-Jährige ist seit 2021 Vorstandsvorsitzender und wechselte 2012 von der Commerzbank zu RWE. Mit der Vertragsverlängerung soll Krebber die strategische Neuausrichtung des Konzerns weiter vorantreiben.
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Zeit
Linda Yaccarino tritt als CEO von X zurück
Linda Yaccarino hat nach zwei Jahren überraschend ihren Rücktritt als Chef von X angekündigt. Yaccarino, zuvor Werbechefin bei NBC, war geholt worden, um das Werbegeschäft nach Musks Übernahme zu stabilisieren. Während ihrer Amtszeit verteidigte sie den von Musk eingeschlagenen Kurs der Deregulierung und Lockerung der Inhaltskontrollen. Zuletzt geriet X durch Kontroversen um den Chatbot Grok und rückläufige Geschäftszahlen unter Druck. Gründe für ihren Rücktritt nannte Yaccarino nicht; die Suche nach einer neuen Führung für X läuft.
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Börse Express
Rutger Wijburg verlässt Infineon – Alexander Gorski übernimmt operative Führung
Der Chief Operations Officer und Architekt der aktuellen Expansionsstrategie, verlässt das Unternehmen bereits zum Ende September und damit ein halbes Jahr früher als geplant. Sein Abgang fällt in eine kritische Phase, da milliardenschwere Fabrikprojekte in Kulim und Dresden in die entscheidende Hochlaufphase gehen. Seine Nachfolge übernimmt Alexander Gorski, der seit 1998 im Unternehmen tätig ist; zuletzt als Executive Vice President für Frontend Operations.
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Manager Magazin
Susanne Wiegand wird Aufsichtsrat und Vorsitz im Prüfungsausschuss bei Volkswagen
Die ehemalige Chefin des Panzergetriebeherstellers Renk übernimmt im Aufsichtsrat der Volkswagen AG den Sitz von Marianne Heiß und wird direkt Vorsitzende des Prüfungsausschusses. Wiegand bringt über 20 Jahre Führungserfahrung aus verschiedenen Industrien mit und hatte Renk erfolgreich an die Börse geführt. Volkswagen setzt auf ihre Expertise in den Bereichen Transformation, Risikomanagement und Compliance.
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Lebensmittelzeitung
Kirk Tanner wird neuer CEO bei Hershey
Der US-Schokoladenhersteller Hershey hat den bisherigen Chef von Wendy’s und langjährigen PepsiCo-Manager zum neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt. Das Unternehmen betont Tanners umfassende Erfahrung in den Bereichen Snacks, Getränke und Unternehmensführung, die Hershey für die Zukunft stärken soll. Tanner folgt auf Michele Buck, die nach fast acht Jahren an der Spitze des Unternehmens in den Ruhestand geht. Buck wird Tanner in einer beratenden Funktion beim Übergang unterstützen.
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NDR
Niclas Hübner und Ulrike Deike übernehmen Geschäftsführung bei NDR Media
Der Aufsichtsrat der NDR Media hat Niclas Hübner zum neuen Geschäftsführer ab Januar 2026 berufen. Gleichzeitig übernimmt NDR-Verwaltungsdirektorin Ulrike Deike die Geschäftsführung für den Bereich Beteiligungen. Die beiden treten die Nachfolge von Carsten Neitzel an, der das Unternehmen nach Ablauf seines Vertrags verlässt. Hübner bringt umfangreiche Erfahrung aus Vertrieb und Business Development mit, Deike ist eine ausgewiesene Expertin für Beteiligungsmanagement.
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Handelsblatt
Cindy Rose übernimmt Führung bei WPP
Der britische Werbekonzern WPP hat Cindy Rose zur neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt. Die bisherige Microsoft-Managerin und langjährige WPP-Aufsichtsrätin tritt ihr Amt am 1. September an und löst Mark Read ab, der das Unternehmen früher als geplant verlässt. Rose verfügt über umfangreiche Führungserfahrung in den Bereichen Technologie, Medien und Telekommunikation, unter anderem bei Microsoft, Vodafone und Virgin Media. Die Ernennung erfolgt in einer Phase wirtschaftlicher Unsicherheit: WPP hat kürzlich seine Umsatz- und Gewinnziele für 2025 gesenkt. Der bisherige CEO Mark Read wird den Übergang bis Ende des Jahres begleiten.
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CEO.Standpunkt
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Investieren, bevor es zu spät ist – die Sozialwirtschaft ist ein Zukunftsmarkt
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Von
Harald Schmitz
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Die finanzielle Schieflage der Krankenkassen dominiert die Debatte um die Finanzierung des Gesundheitswesens. Dadurch gerät ein massives Problem weiter aus dem Blick: der Investitionsstau in der sozialen Infrastruktur. Über Jahrzehnte wurde zu wenig in Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Kitas und andere Einrichtungen investiert. Die Folgen: marode Gebäude, veraltete Technik, Digitalisierungsrückstand – und eine wachsende Zahl von Insolvenzen bei Trägern, die dem Druck nicht mehr standhalten. Einzelne Bereiche wie Kitas oder Digitalisierung sind im Sondervermögen der Bundesregierung berücksichtigt. Das ist ein erster Schritt, aber kein Durchbruch – zumal dafür teilweise im Bundeshaushalt gekürzt wurde. Das von der Politik angestrebte und von der Bevölkerung erwartete Versorgungsniveau lässt sich so nicht aufrechterhalten. Die soziale Infrastruktur erodiert. Und der Zeitpunkt ist denkbar schlecht. Denn der Bedarf an gesundheits- und sozialwirtschaftlichen Leistungen wird weiter steigen. Die demografische Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten. Also müssen wir den Umgang damit neu gestalten. Strategien sind gefragt, nicht kurzfristige Reparaturen. Und wir müssen den Mut fassen, neue Wege zu gehen. Wir müssen die Bürokratie entschlacken und mehr Innovation zulassen. Wer heute in eine Pflegeeinrichtung investieren will, betritt einen Dschungel aus Antragsverfahren, Förderbedingungen und Zuständigkeiten. Wir brauchen ein Klima des Vertrauens in die Subsidiarität und in die Problemlösungskompetenz der Akteure vor Ort. Die soziale Infrastruktur ist das Rückgrat unseres Gemeinwesens. Ihre Erneuerung duldet keinen Aufschub. Es braucht Programme, die nicht nur auf Anschubfinanzierung setzen, sondern langfristige Perspektiven bieten. Die Refinanzierung muss verlässlich gesichert sein – auch angesichts steigender Bau- und Betriebskosten sowie zusätzlicher Ausgaben für Digitalisierung und energetische Sanierung. Wir müssen Reformvorhaben entschlossen umsetzen. Mit der Krankenhausreform wurde eine überfällige Weichenstellung vorgenommen. Nun muss auch eine bedarfsgerechte Umsetzung erfolgen. Eine umfassende Pflegereform ist ebenso dringend. Brauchbare Vorschläge liegen vor – was fehlt, ist der politische Mut. Beide Themen erfordern unpopuläre Entscheidungen und viel Aufklärung, vor allem vor Ort. Eine verantwortungsvolle Politik muss sich dem stellen. Träger von Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen haben das gleiche Problem: Sie müssen investieren, aber darauf sind weder die Vergütungslogik für die Leistungserbringung noch das Gemeinnützigkeitsrecht ausgerichtet. Um ihre Aufgaben auch künftig zu erfüllen, brauchen sie Zugang zu langfristigem, stabilem Kapital. Versorgungskassen, Versicherungen und Pensionsfonds weltweit suchen nach sicheren, auch sozial nachhaltigen Anlagemöglichkeiten. Dafür muss eine adäquate Rendite ermöglicht werden, ohne die Gemeinnützigkeit, in deren Rechtsrahmen die weitaus überwiegende Zahl der Träger agiert, zu gefährden. Unser subsidiäres System ist vom Dreiklang frei-gemeinnütziger, privater und öffentlicher Organisationen geprägt. Letztere sind im Kapitalzugang im Vorteil, frei-gemeinnützige Träger dagegen sehr benachteiligt. Dabei stehen gerade sie für die Balance zwischen Effizienz und gesellschaftlicher Fürsorge.
Die Herausforderungen sind groß. Aber sie sind lösbar – wenn wir jetzt handeln. Die Akteure der Sozialwirtschaft nehmen sie an – durch Spezialisierung, Professionalisierung und betriebswirtschaftliche Kompetenz. Hören wir also endlich auf, die Sozial- und Gesundheitswirtschaft nur als Kostenfaktor zu sehen. Sie ist vielmehr ein Zukunftssektor, dessen Wachstum demografiegestützt über Jahrzehnte garantiert ist. Die Politik allein hat es in der Hand, daraus eine Win-Win-Win-Situation für Gesellschaft, Leistungsträger und Kapitalgeber zu machen. Durch weniger Bürokratie, mehr Mut bei Reformen und bessere Bedingungen für Investitionen. Nur wer heute handelt, sichert Teilhabe, Würde und gesellschaftlichen Zusammenhalt für morgen. Harald Schmitz ist Vorstandsvorsitzender der SozialBank AG
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CEO.Quote
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CEO Redaktion
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