Führende Wirtschaftsverbände und CEOs fordern von Union und SPD eine rasche Regierungsbildung sowie eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. Siemens-Vorstandschef Roland Busch sowie Martin Herrenknecht, CEO der Herrenknecht AG, erwarten von der Großen Koalition vor allem eine schnelle Umsetzung der Reformen. BDI-Präsident Peter Leibinger mahnt zudem an, dass „die Parteien jetzt beweisen müssen, dass sie den Ernst der Lage verstanden“ haben. Und VDMA-Präsident Bertram Kawlath verlangt ein „Standort-Upgrade“.
„Deutschland braucht einen wirtschaftspolitischen Neustart – und zwar zügig“, sagt Martin Herrenknecht dem CEO.Table. Der Standort habe vor allem wegen lähmender Bürokratie, maroder Infrastruktur und fehlender Anreize für Innovationen an Attraktivität verloren. „Wir müssen Genehmigungs- und Planungsverfahren beschleunigen, um Unternehmen nicht länger auszubremsen. Gleichzeitig braucht es massive Investitionen in Bahn und Straßen, denn eine leistungsfähige Infrastruktur ist das Rückgrat einer starken Wirtschaft“, sagt Herrenknecht weiter. Siemens-CEO Busch postet auf Linkedin: „Wir brauchen keine weiteren Diskussionen, denn die Probleme sind hinlänglich bekannt – wir brauchen jetzt Umsetzung. Denn der Rest der Welt wartet nicht auf uns – und der Handlungsdruck in Deutschland insbesondere mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit ist enorm hoch.“
Auch BDI-Präsident Leibinger fordert ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Dazu gehören neben dem Bürokratieabbau wirkungsvolle Steuerentlastungen, die Senkung der Energiekosten sowie ein mutiger strategischer Plan für mehr Investitionen und die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes. „Die gefährliche Abwärtsspirale aus ausbleibenden Investitionen und Wachstumsschwäche muss gestoppt werden“, sagt Leibinger.
Der Fachkräftemangel ist aus Sicht des VDMA eine der dringlichsten Aufgaben. VDMA-Präsident Kawlath sprach sich im Gespräch mit dem CEO.Table dafür aus, Anreize für Mehrarbeit zu setzen. Neben geringeren Steuern und Abgaben müssten Fehlanreize wie die Rente mit 63 abgeschafft werden. „Um unsere Unternehmen am Laufen zu halten, brauchen wir mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland. Hierzu müssen die richtigen Weichen gestellt werden. Dazu gehört auch, dass das Zeitarbeitsverbot in der Fachkräfteeinwanderung fallen muss“, sagt Kawlath.
Die Sondierungen zwischen Union und SPD für eine gemeinsame Bundesregierung sind gestern gestartet. Sowohl die Sozialdemokraten als auch CDU/CSU haben je neun Verhandelnde für die Gespräche benannt. Über die Inhalte ist Vertraulichkeit vereinbart worden. Vor allem Unionsspitzenkandidat Friedrich Merz drückt dabei auf das Tempo. Bereits mehrfach hat er angekündigt, dass er bis Ostern eine neue Bundesregierung bilden will. bos/jmv