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Erscheinungsdatum: 13. Juni 2025

Wie KI den Kundenservice verändert 

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert den Kundenservice durch Automatisierung und neue Formen der Zusammenarbeit. Immer mehr Unternehmen setzen KI im Kundendialog ein – nicht nur, um Kosten zu senken, sondern auch, um effizienter, schneller und intelligenter zu arbeiten. Laut einer Customer-Service-Tech-Umfrage berichten 61 Prozent der befragten Unternehmen von gestiegener Produktivität durch KI-gestützte Kundenservice-Software. Fast die Hälfte sieht eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit. KI ist längst Realität und verändert den Kundenservice bereits heute grundlegend.

Moderne Systeme verstehen nicht nur Anliegen, sie reagieren kontextsensitiv und in Echtzeit. Der Unterschied zu klassischen Chatbots ist deutlich: Fortschrittliche KI erkennt, ob ein Anliegen einfach oder komplex ist, und entscheidet, wie es weitergeleitet wird. Sie analysiert Zusammenhänge, fordert gezielt fehlende Informationen an und passt ihre Reaktion dem Fall an. Damit entwickelt sich die Technik vom reinen Antwortgeber zum proaktiven Assistenten.

Wer solche Systeme strategisch einsetzt, erschließt echten Geschäftsnutzen. Das betont auch Andreas Klug, Wirtschaftsinformatiker, AI-Evangelist, Co-Founder von ITyX und Berater für KI-Einführung im Kundenservice. Entscheidend sei dabei nicht nur die Präzision der KI, sondern auch ihre Fähigkeit, sich nahtlos in bestehende Prozesse einzugliedern. „Ein guter E-Mail-Bot zum Beispiel erkennt eigenständig, ob alle zur Lösung des Service-Anliegens benötigten Informationen genannt sind. Ist das Anliegen wegen fehlender Angaben nicht bearbeitbar, wird ad hoc per Mail oder SMS nachgefragt.“

Der Mensch bleibt für emotionale Anliegen unverzichtbar. Im Kundenservice unterscheidet man drei Komplexitätsstufen:

  • 1st-Level umfasst einfache, standardisierte Anliegen wie Adressänderungen oder Lieferstatusabfragen.

  • 2nd-Level erfordert fachlichen Kontext – etwa bei Rückfragen zur Rechnung oder Vertragsdetails.

  • 3rd-Level betrifft individuelle oder eskalierte Fälle, die besonders sorgfältige Bearbeitung erfordern.

KI deckt heute zuverlässig Level 1 ab und übernimmt zunehmend Aufgaben im Level 2.

Doch wenn es um Emotionen geht, stößt KI an ihre Grenzen. „Die KI übernimmt die wiederkehrenden Routine-Anliegen. Die Mitarbeitenden können sich so auf die herausfordernden Einzelfälle fokussieren, die Empathie und kreative Gesprächsführung erfordern“, sagt Klug. Besonders deutlich wird das in sensiblen Situationen. Wenn ein Kunde beispielsweise bei einer Versicherung anruft, um einen Trauerfall oder Unfall zu melden, braucht es kein automatisiertes Formular und eine sachliche Antwort reicht nicht aus. In solchen Momenten sind Mitgefühl, Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt – Fähigkeiten, die Maschinen nicht beherrschen. „Eine KI simuliert Kundenfreundlichkeit, sie kann aber keine Freundlichkeit empfinden“, betont Klug. Genau deshalb bleibt der Mensch unersetzlich, wenn es darum geht, in sensiblen Situationen Sicherheit und Orientierung zu geben.

Das Modell der Zukunft ist hybrid – und bereits im Einsatz. Plattformen wie yoummday kombinieren künstliche Intelligenz mit menschlicher Expertise. Während sogenannte Artificial Agents einfache Aufgaben übernehmen, greifen Human Agents ein, sobald Komplexität oder Emotionalität steigen. „Die Mitarbeitenden können von dieser KI-Assistenz profitieren. Denn sie hilft dabei, die eigene Produktivität enorm zu steigern“, erklärt Klug.

Vier Schlüsselelemente entscheiden über den Erfolg von KI im Kundenservice. Klug nennt als zentrale Voraussetzungen für ein funktionierendes System:

  • Kundenzentrierte Service-Strecken sind digitale Abläufe, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden orientieren. Die KI erkennt automatisch, was gebraucht wird, prüft, ob Informationen fehlen, und reagiert sofort – zum Beispiel mit einer Rückfrage oder Lösung.

  • Channel-Hopping ist der nahtlose Wechsel zwischen Kommunikationskanälen. Ein Servicefall kann im Chat beginnen, per E-Mail weiterlaufen und auf dem Smartphone abgeschlossen werden – ohne dass Kunden sich wiederholen oder neu einloggen müssen.

  • BYOM (Bring Your Own Model) bedeutet, dass Unternehmen eigene, speziell trainierte KI-Modelle in bestehende Systeme einbinden können. So bleiben sie flexibel und unabhängig von externen Anbietern.

  • Low-Code heißt, dass Fachabteilungen digitale Prozesse selbst anpassen können – ohne Programmieren und ohne auf die IT warten zu müssen. Das spart Zeit und macht Teams handlungsfähiger.

Diese Struktur ermöglicht es, KI skalierbar und nachhaltig einzusetzen, ohne Prozesse unnötig zu verkomplizieren.

Wer noch mit starren Prozessen arbeitet, wird von dynamischen Systemen überholt. „Dieser Wunsch nach einem Produktivitätsgewinn durch Technisierung ist ganz natürlich. In der Baubranche werden Mitarbeitende auch nicht mehr mit Schaufeln an die Arbeit geschickt, sondern im Führen eines Baggers geschult. Diese Transformation erleben wir jetzt durch die Large Language Model (LLM) in der Kundenservicebranche“, sagt Klug. Starre Prozesse, unflexible Tools und fehlende Skalierbarkeit machen viele Setups überholt – besonders in Zeiten wachsender Komplexität und steigender Kundenerwartungen.

KI ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug zur Zukunftssicherung. Wer das volle Potenzial der Technologie nutzen will, braucht mehr als nur gute Software. Für Klug stehen drei Dinge im Fokus: eine klare KI-Strategie, wirksames Change-Management und gezielte Weiterbildung der Mitarbeitenden. „Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich: Den Entscheidern geht es gar nicht darum, Arbeitsplätze zu streichen. Sie wollen den Output erhöhen und mit gleichem Team zusätzliche Aufgaben erledigen“, sagt Klug. KI ersetzt den Menschen nicht, sie macht ihn produktiver.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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