Obwohl psychologische Sicherheit als wichtiger Faktor für Innovation und Leistung gilt, zeigt meine Forschung ein überraschendes Paradoxon: Führungskräfte im mittleren Management fühlen sich oft weniger psychologisch sicher als ihre eigenen Teams und ihre Vorgesetzten im Top-Management. Während sie Offenheit und Vertrauen fördern sollen, haben sie selbst Hürden, ihre Meinung zu äußern, Risiken einzugehen oder Fehler einzugestehen. Das wirft eine zentrale Frage auf: Warum schaffen diese Führungskräfte psychologische Sicherheit, wenn sie sie nicht selbst erleben?
Bei der Analyse von Daten von über 1.000 Führungskräften aus verschiedenen Branchen hat sich ergeben, dass die psychologische Sicherheit und Performance positiv korrelieren. Führungskräfte haben also durchaus ein Interesse, diese in ihren Teams sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass auch Top-Führungskräfte gezielt daran arbeiten müssen, psychologische Sicherheit im mittleren Management zu stärken.
Ich habe dieses Thema für meinen CEO.Pick gewählt, um zu zeigen, dass wir herkömmliche Annahmen zur Führung infrage stellen sollten. Die Daten zeigen, dass die Akzeptanz des Konzepts der psychologischen Sicherheit bei Führungskräften weiter verbreitet ist, als vielleicht vermutet, aber vor allem die Rahmenbedingungen im mittleren Management verbessert werden sollten. Unternehmen müssen dieses Paradoxon fokussieren und überwinden, um Leistung, Innovation und organisatorische Widerstandsfähigkeit zu fördern.
Jan Hagen ist Professor of Management Practice an der ESMT Berlin.