Executive Summary
Erscheinungsdatum: 15. März 2025

Wettlauf um Seltene Erden: Wie Sachsen den Bergbau wiederbeleben will

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will den Bergbau im Erzgebirge wiederbeleben. Er setzt sich dafür ein, dass die größten Vorkommen an strategischen Rohstoffen in Mitteleuropa zur Sicherung des europäischen Bedarfs erschlossen und abgebaut werden. „Europa muss unabhängiger werden. Ostdeutschland und Sachsen können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die EU in keine erpressbare Situation gerät“, sagte Kretschmer dem CEO.Table. Der sächsische Regierungschef reagierte damit auf die Drohungen von US-Präsident Donald Trump, der Grönland unter anderem wegen seiner Vorkommen an Seltenen Erden besetzen will. Darüber hinaus will sich Trump von der Ukraine für die militärische Hilfe im Krieg gegen Russland über ein Abkommen durch strategische Rohstoffe entlohnen lassen.

Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) sind die 17 von der EU als strategisch definierten Rohstoffe (darunter Kobalt, Lithium und Nickel) zentral für die deutsche Industrieproduktion,Zukunftstechnologien und Innovationsfähigkeit sowie für unsere nationale Sicherheit. „Die Versorgungssicherheit bei den meisten der strategischen Rohstoffe gestaltet sich immer schwieriger. Deutschland und Europa sind bei den mineralischen Rohstoffen insbesondere von China viel abhängiger als sie es bei Öl und Gas von Russland waren“, sagt BDI-Rohstoffexperte Wolfgang Niedermark.

Seit August 2023 hat die chinesische Regierung fortlaufend Exportkontrollmaßnahmen für Metalle erlassen. Sie sind sowohl für die Halbleiterindustrie als auch für die grünen Technologien von Bedeutung, so etwa für Gallium, Germanium, Grafit und Antimon. In die USA ist der Export von Gallium, Germanium und Antimon sogar verboten. Derzeit in Prüfung befinden sich Exportbeschränkungen für Technologien zur Herstellung von LIB-Kathodenmaterialien und zur Gewinnung von Lithium. Ziel ist es, den Know-how-Transfer dieser Technologien, bei denen China weltweit führend ist, ins Ausland einzuschränken. Die EU hat wegen der hohen Abhängigkeit im Critical Raw Materials Act (CRMA) das Ziel formuliert, bis 2030 zehn Prozent des jährlichen Bedarfs an strategisch kritischen Rohstoffen durch heimische Gewinnung zu decken.

Bei einigen Metallen ist bis 2030 mit Marktengpässen zu rechnen. Die Energy Transitions Commission geht davon aus, dass das Angebot nicht schnell genug gesteigert werden kann, um die wachsende Nachfrage im Zuge der grünen Transformation zu decken. Angebotsdefizite werden unter anderem bei Lithium und Kupfer (jeweils zehn Prozent), Nickel (15 Prozent), Kobalt (40 Prozent), Grafit (45 Prozent) und Neodym (30 Prozent) erwartet. Hinzu kommt, dass China strategische Rohstoffe vermehrt als politisches Druckmittel einsetzt. Sollte die Volksrepublik etwa den Lithium-Export nach Europa einstellen, drohen allein in Deutschland Verluste in der Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe in Höhe von bis zu 115 Milliarden Euro.

Deutschland sollte laut dem BDI Deutschland darauf mit einer Drei-Säulen-Strategie antworten: Importe diversifizieren, heimische Rohstoffproduktion erhöhen und Recyclingkapazitäten stärken. „Eine neue Bundesregierung sollte die heimische Rohstoffförderung insgesamt mit günstigen Rahmenbedingungen bei Planung und Genehmigung, Energiepreisen und über den Rohstofffonds unterstützen sowie in der Bevölkerung aktiv dafür werben. Heimische Rohstoffproduktion kann einen sehr wichtigen Beitrag als Rückversicherung bei Lieferausfällen leisten“, sagt Niedermark.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer geht noch einen Schritt weiter. „Deutschland als größte Industrienation Europas muss sich überlegen, ein Bergbauunternehmen zu gründen oder sich an einem zu beteiligen, das national und international die Exploration und Förderung strategischer Rohstoffe betreibt.“ Eine staatliche Beteiligung wie bei dem Radar- und Sensorspezialisten Hensoldt mit einer Sperrminorität sei sinnvoll. „Sie schützt vor feindlichen Übernahmen“, sagte der CDU-Politiker.

Bislang wird im Erzgebirge noch nicht abgebaut. Als eins von 170 Unternehmen hat sich das Unternehmen Zinnwald Lithium bei der EU-Kommission um den Status als „strategisches Projekt“ beworben, das von einer beschleunigten Abbaugenehmigung profitieren soll. Geschäftsführer Marko Uhlig rechnet mit einer Entscheidung Ende des Monats. „Die Produktion können wir dann Ende 2029 oder Anfang 2030 aufnehmen. Durch das Projekt entstehen zwischen 300 und 400 direkte Jobs“, sagt Uhlig dem CEO.Table. Als drittgrößte Lithium-Lagerstätte Europas könne das Projekt zu einer der größten europäischen Produktionen werden.

Vor den Toren Dresdens wollen die Sachsen dann zwischen 16.000 und 18.000 Tonnen LCE jährlich fördern. Bei einer von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) prognostizierten jährlichen europäischen Nachfrage in 2030 von rund 386.000 Tonnen könnte das Unternehmen so rund vier Prozent des EU-Bedarfs decken. Das wäre genug Lithium für bis zu 800.000 E-Auto-Batterien pro Jahr. Nach Angaben des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LFULG) lagern in Sachsen große Mengen kritischer Rohstoffe, darunter zum Beispiel 23 Millionen Tonnen Aluminium oder 2,8 Millionen Tonnen Flussspat. Das sächsische Bundesland gilt also als einer der größten Lagerorte kritischer Rohstoffe in Europa.

Briefings wie CEO.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

Teilen
Kopiert!