Table.Briefing: Bildung

Netzwerk zu Lernen mit KI + EdTechs entdecken ChatGPT + KI-Assistenz von Fobizz

Liebe Leserin, lieber Leser,

die kürzlich veröffentlichte vierte ChatGPT-Version unterstreicht: Die Entwicklung von KI-Modellen ist rasant. So rasend schnell, dass Hunderte Experten und Unternehmer – darunter Tesla-Chef Elon Musk und Historiker Yuval Noah Harari – sie nun für sechs Monate ruhen lassen möchten. Wie die Zeit berichtet, wollen sie das Moratorium nutzen, gemeinsame Sicherheitsprotokolle zu entwickeln und politische Regulierung anzustoßen. Grund genug, in dieser Spezialausgabe einen Blick auf die neusten KI-Entwicklungen zu werfen.

Ein neues wissenschaftsbasiertes Netzwerk will Lehrer dabei unterstützen, Künstliche Intelligenz im Unterricht gewinnbringend einzusetzen. Christian Füller hat sich zwei zentrale Akteure hinter dem Kompetenzzentrum angesehen: den revolutionär anmutenden Lehrer Hendrik Haverkamp aus Gütersloh und Doris Weßels, die deutsche Expertin, wenn es darum geht, wie Chatbots und KI unser Bildungssystem umstülpen.

Vor rund zwei Wochen “flashte” die Wirtschaftsinformatikerin die Kultusminister der Länder mit einer Demonstration des KI-Bots. Anfang nächster Woche präsentiert Weßels ihre Analysen und Beispiele bei Table.Media im Live.Briefing, zu dem ich Sie herzlich einladen möchte. Seien Sie am kommenden Montag, 3. April, von 10 bis 11 Uhr dabei und diskutieren Sie mit, welche Folgen das für Bildung und Politik hat!

Bis es so weit ist, lesen Sie in dieser Ausgabe, wie EdTechs ChatGPT für sich nutzen wollen. Sie finden einen Standpunkt von Lehrer und Digitalvorreiter Thomas Raue, der von den Kultusministern sichere und kostenlose KI-Zugänge für Schüler fordert. Und Sie erfahren, welche Assistenz das Start-up Fobbiz für KI-Anwendungen Schulen anbietet.

Eine erkenntnisreiche Lektüre wünscht,

Ihre
Anna Parrisius
Bild von Anna  Parrisius

Analyse

Zentrum für Bildungsrevolution

Es mutete an wie eine der Hunderten von Videokonferenzen, die mit Beginn der Pandemie einsetzten. Lehrer und Hochschullehrer aus ganz Deutschland schalteten sich vergangene Woche in Breakout-Rooms zusammen und dachten über das neue Lernen nach – das Lernen unter den Bedingungen der Digitalität. Doch diesmal war es ein bisschen anders. Denn es ging um den Digital-Turbo ChatGPT, die Künstliche Intelligenz im Chatbot.

Und, das Besondere: Die Gründer um die deutsche KI-Päpstin Doris Weßels hinken ihrer Zeit nicht etwa hinterher. Sie haben das “Kompetenzzentrum Schreiben, Lernen, Lehren mit KI” bereits im September 2022 angeleiert, eigentlich schon früher. 

Es gibt ein Video mit Doris Weßels, Professorin an der FH Kiel und momentan die meistgefragte Expertin Deutschlands. Darin sagt sie im Jahr 2021 voraus, was die Bundesbürger gerade erleben: Wir sind nicht mehr allein beim Schreiben. Wir haben Schreibpartnerinnen und Schreibpartner – und es macht Spaß, viel mehr Spaß.

Damit waren die wichtigsten Stichworte genannt, die inzwischen die halbe Nation dazu bringen, sich mit dem extrem leistungsfähigen und niedrigschwelligen Chatbot zu unterhalten. Es ist so einfach, es bereitet Freude. Ihm Aufträge (Prompts) zu erteilen. Ihn Hausaufgaben und -arbeiten schreiben zu lassen. Ihn Bilder zeichnen zu lassen oder mit ihm Websites zu programmieren. Und es macht auch – Angst

ChatGPT halluziniert fröhlich drauflos

Angst, das hat Doris Weßels stets gesagt, ist der falsche Zugang zu so genannten generativen Sprachmodellen. Das hat diese freundliche, aufgeräumte und präzise Gesprächspartnerin – geboren 1962, Mathematikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Managerin, und nun, seit 2004, Professorin für Wirtschaft – deutlich gemacht. Weßels hat ein paar wunderbare Formeln gewählt, die den Umgang mit dieser Künstlichen Intelligenz seitdem geprägt haben: Sie halluziniere. Sie flunkere fröhlich drauflos. Und sie sei auch gefährlich. “Wenn wir in einer Welt der Künstlichen Intelligenzen leben, sollten wir auch bestmöglich verstehen, was macht diese KI eigentlich – um nicht zu Opfern zu werden.” So sagt es Weßels in ihrem Video von 2021, in dem sie fünf Gründe für Sprachintelligenz erläutert.

Und die Expertin empfahl damals bereits das, was Elon Musk, Apple-Gründer Steve Wozniak und andere vor zwei Tagen ultimativ forderten: einen weltweiten Entwicklungs-Stopp von KI-Sprachmodellen für sechs Monate. “Should we risk loss of control of our civilization?” Weßels sagte schon vor zwei Jahren: “Wir müssen in einem weltweiten Verbund die Risiken kanalisieren, wo wir sagen, da geht es wirklich zu weit.” 

https://youtu.be/Rv9sgyKmmuI

Doris Weßels ist eine Frau, die alle Aspekte des Themas KI-Sprachmodelle auf der Pfanne hat – und sie alle auf eine sehr verbindliche und doch fröhliche Art loswird. Das ist ein kommunikativer Vorteil. Und es hat natürlich auch einen kleinen Mangel. Schon im ersten Gespräch mit Table.Media, kurz nach Erscheinen von ChatGPT, mahnte die Professorin. Es sei wichtig, die Hochschullehrer und die Lehrer nicht mit dieser Technologie alleine zu lassen. Es brauche Regeln, Infrastruktur und unbedingt Fortbildungen. Passiert ist seitdem wenig. Man kann nicht sagen, dass niemand auf Doris Weßels gehört hätte. Aber die Geschwindigkeit, die die Firma Open-AI mit ChatGPT an den Tag legt, ist noch einmal höher als die anderer digitaler Anwendungen. 

Digitaler Tsunami, der über Schulen schwappt

Das Kompetenzzentrum für KI in Bildung und Wissenschaft muss man sich nicht als ein Gebäude in Kiel vorstellen, in dem Dutzende von schlauen Menschen KI-Übungen erstellen. Nein, es ist ein virtuelles Kompetenzzentrum, das von der Eigeninitiative einer Doris Weßels abhängt – und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Einer von ihnen ist Hendrik Haverkamp, ein Lehrer, der sich – ähnlich wie Weßels – auf den Moment, als der Tsunami ChatGPT über die Bildung schwappte, lange vorbereitet hat. Haverkamp ist der Leiter für digitale Entwicklung am Evangelisch Stiftischen Gymnasium in Gütersloh. 

Wenn man ihn dort besuchte während der Pandemie, bekam man ein bisschen Angst, ob die Schulbehörden in NRW, die für ihren Metternichismus berühmt sind, ihn wohl demnächst festnehmen und füsilieren würden. Denn was Haverkamp, sein Schulleiter und die Lehrer um ihn herum taten, ist spektakulär und revolutionär. “Viele meiner Kollegen fragen sich inzwischen, wie sie 15 Jahre ihre Lebens vergeuden konnten, um einem wilhelminischen Gymnasium nachzulaufen.” Das ist so ein Satz, den der Sport- und Deutschlehrer der Süddeutschen Zeitung sagte, als die Nation noch gar nichts von ChatGPT wusste. 

Wie eine Dorfschule im 17. Jahrhundert

Das Interessante an Haverkamp ist, dass er lauter so verrückte und umstürzlerische Dinge sagt, und trotzdem wie ein cooler Oberstudienrat wirkt. Bei der Gründungskonferenz des virtuellen Kompetenzzentrums etwa produzierte er am Fließband Sätze, die sich wie Abrissbirnen für Schulen anfühlen: 

“Schule steht sich bei Prüfungen oft selbst im Weg. Kollaboration und Kommunikation sind in Prüfungen nicht 21st-Century Skills, sondern Täuschungsversuche.” 

“Man muss das so brutal feststellen: Deutsche Schulen sind näher an der Dorfschule des 17. Jahrhunderts als an den zeitgemäßen Schulen, die es auf dieser Welt gibt.” 

“Kein Projektmanager würde sich für 90 Minuten in sein Büro einschließen, das WLAN ausstöpseln, sich nicht mehr mit Kollegen austauschen – um dann seinen Vorgesetzten ein wichtiges Projekt vorzustellen. Keiner außerhalb von Schule arbeitet so. Aber wir zwingen unsere Schüler – weil das justiziabel sein muss – solche Prüfungen abzuhalten.”

Eine Guillotine für verstockte Schulräte

Haverkamp hat einen beeindruckenden Vorlauf. Er baut zusammen mit dem Lehrkräfte-Team das ESG schrittweise um. Haverkamp ist immer im Austausch mit Lehrern aus ganz Deutschland. Er ist Vorsitzender des sogenannten “Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur“. Aber Haverkamp hat eben auch Voraussetzungen, die nicht überall gegeben sind.

Das Stiftische Gymnasium ist eine Art staatliche Privatschule, sie hat also viel mehr Freiheiten. Schulleiter Martin Fugmann brachte aus dem Silicon Valley nicht nur ein Lernmanagementsystem mit nach Gütersloh, sondern auch einen anderen Führungsstil: Er lässt die Haverkamps seiner Schule einfach machen. Und wenn es eine Revolution gäbe, dann stünde Fugmann wahrscheinlich ganz oben auf der Barrikade, um eine Guillotine für verstockte Schulräte zu errichten. 

Leute wie Doris Weßels und Hendrik Haverkamp sind ein Geschenk für das deutsche Bildungswesen. Und dennoch fließt eine Träne, wenn man an diese fantastischen (Hochschul-)Lehrer denkt. Warum ist das Evangelisch Stiftische Gymnasium nicht heute schon der Prototyp für die Schule des 21. Jahrhunderts?

  • Doris Weßels

ChatGPT für EdTechs “heißes Thema”

Nach dem öffentlichen Launch von ChatGPT im vergangenen Jahr, reagierten Schulen und Universitäten zunächst besorgt: Der Chatbot könnte für die Schüler und Studenten Essays und Hausarbeiten schreiben, so die Angst. Doch die KI-Technologie ist für den Bildungssektor genauso eine Chance – und das hat die Start-up-Szene bereits bemerkt. 

“ChatGPT ist für viele Start-ups aus der EdTech-Branche ein heißes Thema”, sagt Julia Steger, Chief Operating Officer bei Eduvation – eine Initiative, die Gründer berät. Sie rät dennoch, sich von der GPT-Technologie nicht blenden zu lassen. “Es ist noch nicht ganz klar, wohin sich die öffentliche Debatte zu ChatGPT entwickelt.” Sie vermutet, es seien erstmal private Anwender, die ChatGPT verwenden. 

Smarte Schüler nutzen den Chatbot

Schon jetzt können sich Schüler vom KI-Chatbot helfen lassen. “Ein smarter Schüler wird früher oder später auf die Idee kommen, ChatGPT bei den Hausaufgaben zu nutzen”, sagt Steger. “Als das Internet für uns noch neu war, wurde Schülern beigebracht, sich nicht nur auf Wikipedia zu verlassen. Für Lehrer wird es nun eine zusätzliche Herausforderung, Schülern dabei zu helfen, ChatGPT vernünftig zu nutzen.”

Lehrer profitieren genauso: “ChatGPT kann dabei helfen, Unterrichtsinhalte zu erstellen”, so Steger. Mit der Software lassen sich Aufgaben und andere Lerninhalte schneller und effizienter erstellen – was natürlich auch die EdTech-Branche neugierig macht. So können sich Lehrer von der KI Arbeitsblätter mit passenden Grafiken entwickeln lassen und diese als Vorlage nutzen. ChatGPT kann Schulbuchverlagen genauso wie Nachhilfe-Startups bei der Produktion von Content viel Arbeit abnehmen. Das spart Zeit und Geld.

Kostenvorteil für EdTechs

Bislang hat wohl noch kein bekanntes deutsches Start-up ChatGPT ernsthaft in sein Produkt integriert; doch das scheint nur eine Frage der Zeit. Stephan Bayer, Gründer der Online-Lernplattform Sofatutor, sagt gegenüber Table.Media: “Sofatutor ist ein sehr content-lastiges Produkt. Ich kann mir gut vorstellen, dass uns ChatGPT hier viel Arbeit abnehmen könnte.” Bislang sei GPT-Technologie noch fehleranfällig, doch beim Brainstorming könnte die Technologie helfen. “Das würde Anbietern wie uns einen Kostenvorteil bringen”, sagt Bayer. 

Sofatutor setzt bisher keine KI-Technologie ein, dennoch sieht Bayer das Potenzial: etwa bei Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Matheaufgaben. Derzeit bietet Sofatutor noch klassische Ausklapp-Lösungen an – heißt, die Nutzer können sich beim Bearbeiten von Übungsaufgaben schrittweise die Lösung anzeigen lassen. “Viele Schüler haben Angst vor Folgefehlern”, sagt Bayer. “Ein KI-Chatbot kann dann agieren wie ein Lehrer, der dem Schüler über die Schulter sieht und ihn vorsichtig darauf hinweist, hier doch lieber die PQ-Formel zu nutzen.”

Eine Funktion, die vielen Schülern das Lernen erleichtern würde: So ergab 2019 eine Studie, die die Leistungen von Schülern in MINT-Fächern in verschiedenen Ländern untersucht hat, dass sich in Deutschland etwa 33 Prozent der Schüler der achten Klasse beim Mathematiklernen unsicher oder frustriert fühlen. Für dieses überforderte Drittel kann ChatGPT eine Chance sein, die Inhalte zu Hause in Ruhe nachzuarbeiten.

Informatikerin fordert Marktanalyse

Vor knapp zwei Wochen veröffentlichte OpenAI ein Update seiner Sprach-KI. Die Ergebnisse verbesserten sich mit jeder Softwareversion, sagt Bayer. “So kann zum Beispiel GPT-4 auch Bilder oder Handschrift erkennen. Durch Bilderkennung bieten sich auch für digitale Bildungsanbieter ganz neue Möglichkeiten.” 

Die Informatik-Professorin Doris Weßels, die vergangene Woche die KMK über die KI-Disruption informierte, sieht ebenfalls Potenzial für intelligente Tutorial-Systeme. Nur sie fürchtet die Trägheit der Bildungsverwaltung. “Es geht um Schnelligkeit. Wenn wir die Potenziale für den Schulunterricht nutzen wollen, brauchen wir kontinuierliche, eng getaktete Schulungsangebote für die Lehrenden und eine permanente Marktanalyse – wir müssen wissen, welche Tools es gibt und wofür sie genutzt werden können”, sagte Weßels dem Tagesspiegel

Lesen Sie auch: Der KI-Vortrag, der die KMK flashte

Das US-amerikanische EdTech Edgi Learning hat bereits erkannt, dass ChatGPT zu einem digitalen Nachhilfelehrer entwickeln kann. Seit Mai vergangenen Jahres bietet das Unternehmen den “Edgi Bot” an, der Schülern Fragen zu ihren Hausaufgaben beantwortet. Der Bot basierte zunächst auf der GPT-3-Technologie, doch seitdem OpenAI im November GPT-3.5 und die darauf aufbauende ChatGPT-Lösung herausgebracht hat, hat Edgi Learning auch sein Modell verbessern können.

“Edgi Bot” liefert Schülern Kontext und Begriffserklärungen

CEO und Mitgründer Josh Shapiro befasst sich schon seit langer Zeit mit der GPT-Technologie. “Wir waren unter den Ersten, die zu den Möglichkeiten dieser KI ein TikTok-Video herausbrachten, das viral ging.” Seitdem behielt er OpenAI im Auge. Den ersten Chatbot, der auf GPT-3 basierte, testete er in einem Kanal auf dem Onlinedienst Discord, in dem sich Schüler über ihre Hausaufgaben austauschen konnten. “Sie begannen schnell, den Chatbot für Fragen zu ihren Hausaufgaben zu nutzen”, sagt Shapiro. Dann entwickelte Edgi Learning den Bot weiter, sodass ihn Schüler auch per SMS oder iMessage nutzen konnten.

Doch Edgi Bot sei nicht nur eine Assistenz zur Lösung von Matheaufgaben. Seine Stärken lägen vielmehr darin, komplizierte Begriffe durch Analogien zu erklären oder historische Zusammenhänge herauszusuchen – also zu einem bestimmten Ereignis den geschichtlichen Kontext zu liefern. Zukünftig möchte Shapiro auch Youtube-Lerninhalte integrieren. “Der Bot schlägt dann ein hilfreiches Video vor, das die Frage des Schülers am besten beantwortet.” 

“ChatGPT ist Weckruf für den Bildungssektor”

ChatGPT habe natürlich noch ein paar Macken, so Shapiro. Der Bot gebe teilweise falsche Antworten und erfinde Zusammenhänge. Die Qualität der Inhalte variiere stark, je nachdem, welche Fragen die Nutzer eingeben.

Der Gründer unterrichtet selbst an der New York University. Die Angst, seine Studenten könnten künftig ganze Essays mithilfe der KI-Technologie schreiben, teilt er nicht. “Ich habe meinen Unterricht angepasst und lasse meine Studenten nun über persönlichere Themen schreiben und ermutige sie, diese KI-Tools zu nutzen und zu lernen.” ChatGPT, sagt Shapiro, sei ein Weckruf für den Bildungssektor: Wenn die KI eine Aufgabe beantworten kann, ist es vielleicht keine Fragestellung, die einen Schüler wirklich weiterbringt. Judith Henke

  • ChatGPT
  • EdTech
  • Künstliche Intelligenz
  • MINT

Standpunkt

Wer K sagt muss auch I sagen

KI NRW Schule
Tobias Raue: Die KI im Klassenzimmer sollte eine landeseigene sein.

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Beitrag ist kein weiteres Pamphlet über die Potenziale von AI im Unterricht. Ich will nicht über alternative Aufgabenstellungen oder materialgerechte Prompts schreiben. Ich richte mich an die Adresse Dienstherren von uns Lehrerinnen und Lehrern: die Schulministerien der Länder. Statt sich allein auf amerikanische Software wie ChatGPT zu verlassen, sollten die Bundesländer damit beginnen, eigene KI-Anwendungen zu entwickeln.

Seit Ende November bestimmt ChatGPT den Bildungsdiskurs. Rekordverdächtig schnell hat sich etwa das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen der Herausforderung ‘Künstliche Intelligenz’ gestellt. (Bildung.Table berichtete.) Eine Arbeitsgruppe hat ein hilfreiches Paket geschnürt. Flankiert hat das Ministerium dies durch einen Fachvortrag, eine Präsentation und einen Selbstlernkurs konzipierte das Ministerium eine Handreichung für die Lehrkräfte im Land.

Geist der Offenheit der KI-Handreichung NRW

Der Geist des Papiers – und das ist bemerkenswert – ist von Offenheit geprägt. “Ein Verbot des Einsatzes von KI ist realitätsfern und nicht durchhaltbar, es gilt stattdessen die Potentiale und auch die Risiken für das Lehren und Lernen auszuarbeiten.” Chapeau! So wünscht man sich einen schulministeriellen Zugang.

Aber auch ein reiner Metadiskurs reicht dem Ministerium nicht. Anders als bei früheren Initiativen zu Cybermobbing oder Robotik soll es nicht bei einer rein theoretischen Begegnung über Screenshots und Arbeitsblätter bleiben. Im Gegenteil: Es sei, so schreibt mein Dienstherr, Aufgabe von Schule, “gemeinsam im geschützten Raum zu erfahren, wie KI-basierte Textgeneratoren funktionieren.”

“Hands On”, das ist das Motto. Den Ball nehme ich auf – und spiele ihn zurück an meinen Dienstherrn. Denn die Verantwortung, die das Ministerium den Schulen überträgt, möchte ich als Lehrkraft nicht übernehmen.

(1) Datenschutz: So wird etwa der Staffelstab für die Beurteilung des Datenschutzes in die Hände der Schule gelegt. Angesichts der Dynamik, die die Autoren im Papier selbst betonen, ein Ding der Unmöglichkeit. Wer möchte sich schon als Lehrer oder Schulleitung durch die endlosen Weiten der (fremdsprachigen) AGB kämpfen – um die KI im Unterricht zu fragen, wie das Gretchen es mit der Religion halte?

(2) Persönliche Daten: Einige Lehrer:innen werden sich weigern, ihre persönlichen Daten wie Mailadresse, Handynummer und Telemetriedaten einer datenbasierten KI und den finanzierenden Konzernen zur Verfügung zu stellen.

(3) Geschäftsmodelle: Freemium-KI, also teilweise kostenpflichtige Angebote, führen absehbar dazu, dass Schüler:innen aus einkommensstärkeren Haushalten mehr Unterstützung im Lernprozess erhalten als Jugendliche, die ohnehin schon die finanziellen Herausforderungen der Familie schulisch (über)kompensieren müssen. Sobald KI in der Lage ist, individuelle Unterstützungsangebote, analog zur Nachhilfe, anzubieten, verstärkt sich dieses Phänomen weiter.

Länder müssen sichere KI-Anwendungen bieten

Ich bin überzeugt, dass die Schulen oder das Land selbst KI-Anwendungen zur Text-, Bild- und Videoproduktion, zur Textübersetzung und -überarbeitung zur Verfügung stellen müssen – kostenfrei, datenschutzkonform und intuitiv nutzbar.

Diese können beispielsweise über OpenSource-Lösungen in die landeseigenen LMS-Systeme integriert werden. Gegebenenfalls müssten Schnittstellen zu kommerziellen Anbietern von Lernplattformen geschaffen werden. Die Schüler:innen könnten sich per Single-Sign-On direkt innerhalb der KI-Tools bewegen. Sie erstellen Texte, überarbeiten und übersetzen sie, sammeln Ideen per Brainstorming, vergleichen Textpassagen oder kreieren Bilder und Grafiken für den Unterricht

Das Feld nicht US-Unternehmen überlassen

Wir sollten das Feld einmal nicht den amerikanischen Unternehmen überlassen. Begeben wir uns nicht in die Deutungshoheit undemokratischer Interessenskonglomerate. Steuern wir selbst eine KI, die nicht “ethisch-moralisch fragwürdig” erscheint und durch “Eloquenz statt Wahrheit” glänzt. So formuliert es das Schulministerium in NRW in seinem Leitfaden. Bestimmen wir selbst den Zugang zur KI, die Datenbasis und die Algorithmen.

Warum nicht nach OpenSource-Software, Kooperationspartnern oder Initiativen an deutschen Hochschulen und Softwareschmieden suchen? Wie wäre es mit einer Integration in die Lernplattform LogineoLMS oder die Bildungsmediathek NRW?

Ein dickes Paket? Ja. Für ein Land möglich? Ja.

Tobias Raue ist Lehrer an den Kaufmännischen Schulen in Rheine. Er war Lehrer des Jahres 2021 und gilt als Vorreiter digitalen Lernens.

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  • Digitales Lernen
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  • NRW

News

Internationales Baccalaureate erlaubt ChatGPT

Absolventen des International Baccalaureate (IB) dürfen ChatGPT künftig regulär bei schriftlichen Schularbeiten nutzen. Die Lehrer und Schüler sollten die KI nicht fürchten, sondern sich freuen, sagen die Verantwortlichen. Das IB ist eine weltweit verbreitete Alternative zum herkömmlichen Abitur. In seinen Bildungsgängen kommt ein Verbot von ChatGPT und anderen KI-Tools für die Schüler nicht infrage. Die Schulen sollten stattdessen anerkennen, dass sie Teil des alltäglichen Lebens werden – ähnlich wie Taschenrechner und Rechtschreibprüfung. Nun müsse man lernen, sie produktiv und ethisch vertretbar zu nutzen.

Die KI stelle die Grundlagen von Lernen, Lehren und Bewerten auf den Kopf, betont Matt Glanville von der IB-Organisation in einem Text in der Times. Er legt für das IB die Bewertungsgrundsätze fest. Texte, die mithilfe von KI verfasst werden, seien künftig nicht mehr als eigenständige Leistung zu bewerten. Glanville hat aber andere Szenarien für die Anwendung von ChatGPT im Blick als klassische Klausuren. Die Schüler könnten mit dem Chatbot etwa Beispielarbeiten erstellen, die sie dann beurteilen und kritisieren können. Dazu müsse den Schülern vermittelt werden, wie sie die KI mit den richtigen “Prompts” füttern oder die generierten Antworten verfeinern können.

Insgesamt betonen die Schweizer Verantwortlichen die erweiterten Möglichkeiten für Lehrer und Schüler. “Die KI wird dazu führen, dass wir mehr Zeit mit dem Verstehen, Beschreiben und Analysieren von Problemen verbringen. Das ist etwas, was wir feiern können, anstatt es zu fürchten”, schreibt Glanville. Torben Bennink

  • ChatGPT

Regierung weitet außerbetriebliche Ausbildung ab August 2024 aus

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Ausbildungsgarantie auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung (zum Download) sieht unter anderem ab April eine verstärkte Einstiegsqualifizierung und betriebliche Orientierungspraktika für Schulabgänger vor. Wer eine Ausbildung in einer entfernten Region antritt, soll einen Mobilitätszuschuss erhalten.

Ab August soll allen Jugendlichen, die regulär keine Ausbildung finden, ein außerbetrieblicher Ausbildungsplatz angeboten werden. Die Regierung begründet die Verzögerung mit dem “operativen Anpassungsbedarf” für die Bundesagentur für Arbeit. Außerbetriebliche Ausbildungsplätze sollen “Ultima Ratio” bleiben; der Entwurf veranschlagt jährlich 7.000 Plätze. Bisher gab es die außerbetriebliche Ausbildung nur für Menschen, die schon sogenannte Übergangsmaßnahmen durchlaufen haben. 2021 waren es 11.000 laut Berufsbildungsbericht 2022.

In welchen Regionen und für welche Berufe die außerbetriebliche Ausbildung nun offensteht, ermitteln die Agenturen für Arbeit. Dabei sollen sie die Sozialpartner einbeziehen, optional auch Kammern oder Länder. Als mögliche Berufsfelder führt der Gesetzentwurf neben Berufen, die für Energiewende von besonderer Bedeutung sind, Pflegeberufe an.

DGB fordert Ausgleichsfonds

DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker sagte, für “eine echte Ausbildungsgarantie” bräuchte es mehr Ausbildungsplätze in den Betrieben. “Das geht, wenn tarifvertragliche Ausgleichsfonds, wie im Bauhauptgewerbe, gefördert werden und die Verbundausbildung gestärkt wird. Dass diese Maßnahmen aktuell fehlen, ist ein großer Fehler.” ZDH-Präsident Jörg Dittrich kritisierte, der geplante Ausbau außerbetrieblicher Ausbildungsplätze drohe, kleine und mittlere Handwerksbetriebe vom Ausbildungsmarkt zu verdrängen.

Daneben will die Ampel-Koalition die Weiterbildung stärken: Beschäftigte, die bei einem vom Strukturwandel betroffenen Betrieb arbeiten, sollen künftig für eine Weiterqualifizierung freigestellt werden. Von der Bundesagentur für Arbeit können sie ein Qualifizierungsgeld erhalten. ZDH-Präsident Dittrich befürchtet jedoch, dass Handwerksbetriebe das Geld “aufgrund der komplexen Vorgaben” eher weniger nutzen werden.

Heil verzichtet vorerst auf Bildungszeit

Vorerst ausgenommen wurde die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angekündigte Bildungszeit nach österreichischem Vorbild. Sie ermöglicht es Beschäftigten, sich ein Jahr bezahlt weiterzubilden. Ein weiteres Gesetz dazu soll offenbar folgen.

Die Regierung hat außerdem eine Reform des Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes auf den Weg gebracht (zum Download). Der Entwurf enthält Erleichterungen beim Familiennachzug und bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen für Menschen aus Drittstaaten. Eine “Chancenkarte” soll qualifizierten Ausländern ein Jahr Zeit geben, um einen Arbeitsplatz zu finden.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger beurteilt die Reform positiv, sieht allerdings Handlungsbedarf in der Umsetzung. In den deutschen Visastellen und Ausländerbehörden müssten die Abläufe schneller, einfacher und digitaler werden, “anstatt weitere bürokratische Luftschlösser zu errichten”. Anna Parrisius

  • Ausbildungsgarantie
  • BMBF
  • Deutscher Gewerkschaftsbund
  • DIHK

Didaktik & Tools

KI-Assistenz als “Spielwiese”

Was ist der pädagogische Vorteil des KI-Assistenten von fobizz?

Ich sehe die Fobizz-KI-Zugänge als eine wunderbare Spielwiese, um mit meinen Schülerinnen und Schülern Tools wie GPT ausprobieren zu können. Sie gehen in die Reflexion. Dabei erkennen sie schnell, dass hier teilweise schlechter Inhalt in sehr schönen Wörtern generiert wird. Wir können so eine Sensibilität schaffen. Der pädagogische Vorteil ist, dass wir den gesellschaftlich-technologischen Wandel durch Künstliche Intelligenz in Schule niedrigschwellig begleiten können. Zwei Aspekte sind dabei entscheidend. Einmal das Lernen mit KI, also wie nutze ich KI-Tools für mein eigenes Lernen. Zum anderen das Lernen über KI, also das Nachdenken über eine neue Technologie, die unser Leben maßgeblich beeinflussen wird. Was können wir Menschen mit unserem logischen Denken diesen Tools entgegenstellen und wo werden wir vielleicht im Vorteil bleiben?

Welche Technik benötigen Schüler für die KI-Tools von Fobizz?

Guter Unterricht bedeutet für mich unter anderem, dass es möglichst wenige Störungen gibt und der rote Faden der Stunde erhalten bleibt. Dazu zählt gerade in digitalen Settings eine ganz einfache und störungsfreie Nutzung von Technologien und Tools. Fobizz hilft uns, das Sprachmodell GPT ganz einfach zu nutzen. Ich eröffne einen Klassenraum, stelle einen QR-Code oder einen Link zur Verfügung – und meine Schülerinnen und Schüler können sofort damit arbeiten. Sie brauchen einfach nur ein digitales Endgerät und einen Internetzugang.

Ist das KI-Tool eher für Präsenz- oder Distanzunterricht?

Das Schöne an dem KI-Tool via Fobizz ist ja, dass man den Schülerinnen und Schülern einen Arbeitsraum eröffnet, in dem sie selbstständig mit der Version GPT-3.5 arbeiten können. Dementsprechend unterscheide ich im sogenannten Blended Learning-Ansatz eigentlich gar nicht mehr zwingend zwischen Klassenraum und zu Hause. Besonders praktisch ist, dass man den virtuellen KI-Raum bei Fobizz für eine bestimmte Zeit öffnen kann. Das heißt, Schülerinnen und Schülern können dann auch in anderen Klassen und Kursen mit weniger erfahrenen KollegInnen das Tool weiter nutzen.

ProTipp:

Lernen mit KI und über KI sind die entscheidenden Punkte für den Unterricht. Gerade in der Oberstufe sehe ich, dass SchülerInnen sehr kritisch sind. Sie stellen sofort die entscheidenden Fragen: Wo kommen diese Informationen eigentlich her? Wenn Informationen verwendet werden, warum werden sie nicht belegt? Schülerinnen und Schüler werden im Grunde zu Faktencheckern, also zu aufgeklärten KI-Nutzern. Diesen auf Reflexion abzielenden Aspekt finde ich sehr spannend für den Unterricht.

Ich bemerke aber auch bei den Lehrpersonen große Fortschritte. Im Spanischunterricht etwa habe ich mit solchen Sprachmodellen praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, Texte zu generieren. Schülerinnen und Schüler liebe solche Aufgaben – die nun kinderleicht herstellbar sind. Jetzt können sie sich auf einmal Alltagssituationen generieren lassen, in denen bestimmte grammatikalische Formen häufig vorkommen. Sie können sich anschauen, in welchen Kontexten sie helfen. Außerdem finde ich es interessant, ChatGPT als Lernbegleiter zu verwenden, zum Beispiel zur Textverarbeitung. Das kam in der Oberstufe bei der Erstellung der Facharbeiten sehr gut an: GPT um Rückmeldungen sprachlicher Art zu bitten. Das kann eine Fehlerkorrektur sein, das können aber auch Hinweise sein, klar und deutlich zu formulieren. Ohne die datensichere Öffnung des KI-Tools durch Fobizz wäre das alles nicht möglich.

Kritik:

Man könnte jetzt kritisieren, dass Nutzer einen Premium-Zugang brauchen. Aber dieses Problem beseitigt Fobizz, das an den Eigentümer von ChatGPT pro Prompt etwas bezahlt.

  • ChatGPT
  • Fobizz
  • Künstliche Intelligenz

BILDUNG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die kürzlich veröffentlichte vierte ChatGPT-Version unterstreicht: Die Entwicklung von KI-Modellen ist rasant. So rasend schnell, dass Hunderte Experten und Unternehmer – darunter Tesla-Chef Elon Musk und Historiker Yuval Noah Harari – sie nun für sechs Monate ruhen lassen möchten. Wie die Zeit berichtet, wollen sie das Moratorium nutzen, gemeinsame Sicherheitsprotokolle zu entwickeln und politische Regulierung anzustoßen. Grund genug, in dieser Spezialausgabe einen Blick auf die neusten KI-Entwicklungen zu werfen.

    Ein neues wissenschaftsbasiertes Netzwerk will Lehrer dabei unterstützen, Künstliche Intelligenz im Unterricht gewinnbringend einzusetzen. Christian Füller hat sich zwei zentrale Akteure hinter dem Kompetenzzentrum angesehen: den revolutionär anmutenden Lehrer Hendrik Haverkamp aus Gütersloh und Doris Weßels, die deutsche Expertin, wenn es darum geht, wie Chatbots und KI unser Bildungssystem umstülpen.

    Vor rund zwei Wochen “flashte” die Wirtschaftsinformatikerin die Kultusminister der Länder mit einer Demonstration des KI-Bots. Anfang nächster Woche präsentiert Weßels ihre Analysen und Beispiele bei Table.Media im Live.Briefing, zu dem ich Sie herzlich einladen möchte. Seien Sie am kommenden Montag, 3. April, von 10 bis 11 Uhr dabei und diskutieren Sie mit, welche Folgen das für Bildung und Politik hat!

    Bis es so weit ist, lesen Sie in dieser Ausgabe, wie EdTechs ChatGPT für sich nutzen wollen. Sie finden einen Standpunkt von Lehrer und Digitalvorreiter Thomas Raue, der von den Kultusministern sichere und kostenlose KI-Zugänge für Schüler fordert. Und Sie erfahren, welche Assistenz das Start-up Fobbiz für KI-Anwendungen Schulen anbietet.

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    Ihre
    Anna Parrisius
    Bild von Anna  Parrisius

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    Zentrum für Bildungsrevolution

    Es mutete an wie eine der Hunderten von Videokonferenzen, die mit Beginn der Pandemie einsetzten. Lehrer und Hochschullehrer aus ganz Deutschland schalteten sich vergangene Woche in Breakout-Rooms zusammen und dachten über das neue Lernen nach – das Lernen unter den Bedingungen der Digitalität. Doch diesmal war es ein bisschen anders. Denn es ging um den Digital-Turbo ChatGPT, die Künstliche Intelligenz im Chatbot.

    Und, das Besondere: Die Gründer um die deutsche KI-Päpstin Doris Weßels hinken ihrer Zeit nicht etwa hinterher. Sie haben das “Kompetenzzentrum Schreiben, Lernen, Lehren mit KI” bereits im September 2022 angeleiert, eigentlich schon früher. 

    Es gibt ein Video mit Doris Weßels, Professorin an der FH Kiel und momentan die meistgefragte Expertin Deutschlands. Darin sagt sie im Jahr 2021 voraus, was die Bundesbürger gerade erleben: Wir sind nicht mehr allein beim Schreiben. Wir haben Schreibpartnerinnen und Schreibpartner – und es macht Spaß, viel mehr Spaß.

    Damit waren die wichtigsten Stichworte genannt, die inzwischen die halbe Nation dazu bringen, sich mit dem extrem leistungsfähigen und niedrigschwelligen Chatbot zu unterhalten. Es ist so einfach, es bereitet Freude. Ihm Aufträge (Prompts) zu erteilen. Ihn Hausaufgaben und -arbeiten schreiben zu lassen. Ihn Bilder zeichnen zu lassen oder mit ihm Websites zu programmieren. Und es macht auch – Angst

    ChatGPT halluziniert fröhlich drauflos

    Angst, das hat Doris Weßels stets gesagt, ist der falsche Zugang zu so genannten generativen Sprachmodellen. Das hat diese freundliche, aufgeräumte und präzise Gesprächspartnerin – geboren 1962, Mathematikerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Managerin, und nun, seit 2004, Professorin für Wirtschaft – deutlich gemacht. Weßels hat ein paar wunderbare Formeln gewählt, die den Umgang mit dieser Künstlichen Intelligenz seitdem geprägt haben: Sie halluziniere. Sie flunkere fröhlich drauflos. Und sie sei auch gefährlich. “Wenn wir in einer Welt der Künstlichen Intelligenzen leben, sollten wir auch bestmöglich verstehen, was macht diese KI eigentlich – um nicht zu Opfern zu werden.” So sagt es Weßels in ihrem Video von 2021, in dem sie fünf Gründe für Sprachintelligenz erläutert.

    Und die Expertin empfahl damals bereits das, was Elon Musk, Apple-Gründer Steve Wozniak und andere vor zwei Tagen ultimativ forderten: einen weltweiten Entwicklungs-Stopp von KI-Sprachmodellen für sechs Monate. “Should we risk loss of control of our civilization?” Weßels sagte schon vor zwei Jahren: “Wir müssen in einem weltweiten Verbund die Risiken kanalisieren, wo wir sagen, da geht es wirklich zu weit.” 

    https://youtu.be/Rv9sgyKmmuI

    Doris Weßels ist eine Frau, die alle Aspekte des Themas KI-Sprachmodelle auf der Pfanne hat – und sie alle auf eine sehr verbindliche und doch fröhliche Art loswird. Das ist ein kommunikativer Vorteil. Und es hat natürlich auch einen kleinen Mangel. Schon im ersten Gespräch mit Table.Media, kurz nach Erscheinen von ChatGPT, mahnte die Professorin. Es sei wichtig, die Hochschullehrer und die Lehrer nicht mit dieser Technologie alleine zu lassen. Es brauche Regeln, Infrastruktur und unbedingt Fortbildungen. Passiert ist seitdem wenig. Man kann nicht sagen, dass niemand auf Doris Weßels gehört hätte. Aber die Geschwindigkeit, die die Firma Open-AI mit ChatGPT an den Tag legt, ist noch einmal höher als die anderer digitaler Anwendungen. 

    Digitaler Tsunami, der über Schulen schwappt

    Das Kompetenzzentrum für KI in Bildung und Wissenschaft muss man sich nicht als ein Gebäude in Kiel vorstellen, in dem Dutzende von schlauen Menschen KI-Übungen erstellen. Nein, es ist ein virtuelles Kompetenzzentrum, das von der Eigeninitiative einer Doris Weßels abhängt – und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Einer von ihnen ist Hendrik Haverkamp, ein Lehrer, der sich – ähnlich wie Weßels – auf den Moment, als der Tsunami ChatGPT über die Bildung schwappte, lange vorbereitet hat. Haverkamp ist der Leiter für digitale Entwicklung am Evangelisch Stiftischen Gymnasium in Gütersloh. 

    Wenn man ihn dort besuchte während der Pandemie, bekam man ein bisschen Angst, ob die Schulbehörden in NRW, die für ihren Metternichismus berühmt sind, ihn wohl demnächst festnehmen und füsilieren würden. Denn was Haverkamp, sein Schulleiter und die Lehrer um ihn herum taten, ist spektakulär und revolutionär. “Viele meiner Kollegen fragen sich inzwischen, wie sie 15 Jahre ihre Lebens vergeuden konnten, um einem wilhelminischen Gymnasium nachzulaufen.” Das ist so ein Satz, den der Sport- und Deutschlehrer der Süddeutschen Zeitung sagte, als die Nation noch gar nichts von ChatGPT wusste. 

    Wie eine Dorfschule im 17. Jahrhundert

    Das Interessante an Haverkamp ist, dass er lauter so verrückte und umstürzlerische Dinge sagt, und trotzdem wie ein cooler Oberstudienrat wirkt. Bei der Gründungskonferenz des virtuellen Kompetenzzentrums etwa produzierte er am Fließband Sätze, die sich wie Abrissbirnen für Schulen anfühlen: 

    “Schule steht sich bei Prüfungen oft selbst im Weg. Kollaboration und Kommunikation sind in Prüfungen nicht 21st-Century Skills, sondern Täuschungsversuche.” 

    “Man muss das so brutal feststellen: Deutsche Schulen sind näher an der Dorfschule des 17. Jahrhunderts als an den zeitgemäßen Schulen, die es auf dieser Welt gibt.” 

    “Kein Projektmanager würde sich für 90 Minuten in sein Büro einschließen, das WLAN ausstöpseln, sich nicht mehr mit Kollegen austauschen – um dann seinen Vorgesetzten ein wichtiges Projekt vorzustellen. Keiner außerhalb von Schule arbeitet so. Aber wir zwingen unsere Schüler – weil das justiziabel sein muss – solche Prüfungen abzuhalten.”

    Eine Guillotine für verstockte Schulräte

    Haverkamp hat einen beeindruckenden Vorlauf. Er baut zusammen mit dem Lehrkräfte-Team das ESG schrittweise um. Haverkamp ist immer im Austausch mit Lehrern aus ganz Deutschland. Er ist Vorsitzender des sogenannten “Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur“. Aber Haverkamp hat eben auch Voraussetzungen, die nicht überall gegeben sind.

    Das Stiftische Gymnasium ist eine Art staatliche Privatschule, sie hat also viel mehr Freiheiten. Schulleiter Martin Fugmann brachte aus dem Silicon Valley nicht nur ein Lernmanagementsystem mit nach Gütersloh, sondern auch einen anderen Führungsstil: Er lässt die Haverkamps seiner Schule einfach machen. Und wenn es eine Revolution gäbe, dann stünde Fugmann wahrscheinlich ganz oben auf der Barrikade, um eine Guillotine für verstockte Schulräte zu errichten. 

    Leute wie Doris Weßels und Hendrik Haverkamp sind ein Geschenk für das deutsche Bildungswesen. Und dennoch fließt eine Träne, wenn man an diese fantastischen (Hochschul-)Lehrer denkt. Warum ist das Evangelisch Stiftische Gymnasium nicht heute schon der Prototyp für die Schule des 21. Jahrhunderts?

    • Doris Weßels

    ChatGPT für EdTechs “heißes Thema”

    Nach dem öffentlichen Launch von ChatGPT im vergangenen Jahr, reagierten Schulen und Universitäten zunächst besorgt: Der Chatbot könnte für die Schüler und Studenten Essays und Hausarbeiten schreiben, so die Angst. Doch die KI-Technologie ist für den Bildungssektor genauso eine Chance – und das hat die Start-up-Szene bereits bemerkt. 

    “ChatGPT ist für viele Start-ups aus der EdTech-Branche ein heißes Thema”, sagt Julia Steger, Chief Operating Officer bei Eduvation – eine Initiative, die Gründer berät. Sie rät dennoch, sich von der GPT-Technologie nicht blenden zu lassen. “Es ist noch nicht ganz klar, wohin sich die öffentliche Debatte zu ChatGPT entwickelt.” Sie vermutet, es seien erstmal private Anwender, die ChatGPT verwenden. 

    Smarte Schüler nutzen den Chatbot

    Schon jetzt können sich Schüler vom KI-Chatbot helfen lassen. “Ein smarter Schüler wird früher oder später auf die Idee kommen, ChatGPT bei den Hausaufgaben zu nutzen”, sagt Steger. “Als das Internet für uns noch neu war, wurde Schülern beigebracht, sich nicht nur auf Wikipedia zu verlassen. Für Lehrer wird es nun eine zusätzliche Herausforderung, Schülern dabei zu helfen, ChatGPT vernünftig zu nutzen.”

    Lehrer profitieren genauso: “ChatGPT kann dabei helfen, Unterrichtsinhalte zu erstellen”, so Steger. Mit der Software lassen sich Aufgaben und andere Lerninhalte schneller und effizienter erstellen – was natürlich auch die EdTech-Branche neugierig macht. So können sich Lehrer von der KI Arbeitsblätter mit passenden Grafiken entwickeln lassen und diese als Vorlage nutzen. ChatGPT kann Schulbuchverlagen genauso wie Nachhilfe-Startups bei der Produktion von Content viel Arbeit abnehmen. Das spart Zeit und Geld.

    Kostenvorteil für EdTechs

    Bislang hat wohl noch kein bekanntes deutsches Start-up ChatGPT ernsthaft in sein Produkt integriert; doch das scheint nur eine Frage der Zeit. Stephan Bayer, Gründer der Online-Lernplattform Sofatutor, sagt gegenüber Table.Media: “Sofatutor ist ein sehr content-lastiges Produkt. Ich kann mir gut vorstellen, dass uns ChatGPT hier viel Arbeit abnehmen könnte.” Bislang sei GPT-Technologie noch fehleranfällig, doch beim Brainstorming könnte die Technologie helfen. “Das würde Anbietern wie uns einen Kostenvorteil bringen”, sagt Bayer. 

    Sofatutor setzt bisher keine KI-Technologie ein, dennoch sieht Bayer das Potenzial: etwa bei Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Matheaufgaben. Derzeit bietet Sofatutor noch klassische Ausklapp-Lösungen an – heißt, die Nutzer können sich beim Bearbeiten von Übungsaufgaben schrittweise die Lösung anzeigen lassen. “Viele Schüler haben Angst vor Folgefehlern”, sagt Bayer. “Ein KI-Chatbot kann dann agieren wie ein Lehrer, der dem Schüler über die Schulter sieht und ihn vorsichtig darauf hinweist, hier doch lieber die PQ-Formel zu nutzen.”

    Eine Funktion, die vielen Schülern das Lernen erleichtern würde: So ergab 2019 eine Studie, die die Leistungen von Schülern in MINT-Fächern in verschiedenen Ländern untersucht hat, dass sich in Deutschland etwa 33 Prozent der Schüler der achten Klasse beim Mathematiklernen unsicher oder frustriert fühlen. Für dieses überforderte Drittel kann ChatGPT eine Chance sein, die Inhalte zu Hause in Ruhe nachzuarbeiten.

    Informatikerin fordert Marktanalyse

    Vor knapp zwei Wochen veröffentlichte OpenAI ein Update seiner Sprach-KI. Die Ergebnisse verbesserten sich mit jeder Softwareversion, sagt Bayer. “So kann zum Beispiel GPT-4 auch Bilder oder Handschrift erkennen. Durch Bilderkennung bieten sich auch für digitale Bildungsanbieter ganz neue Möglichkeiten.” 

    Die Informatik-Professorin Doris Weßels, die vergangene Woche die KMK über die KI-Disruption informierte, sieht ebenfalls Potenzial für intelligente Tutorial-Systeme. Nur sie fürchtet die Trägheit der Bildungsverwaltung. “Es geht um Schnelligkeit. Wenn wir die Potenziale für den Schulunterricht nutzen wollen, brauchen wir kontinuierliche, eng getaktete Schulungsangebote für die Lehrenden und eine permanente Marktanalyse – wir müssen wissen, welche Tools es gibt und wofür sie genutzt werden können”, sagte Weßels dem Tagesspiegel

    Lesen Sie auch: Der KI-Vortrag, der die KMK flashte

    Das US-amerikanische EdTech Edgi Learning hat bereits erkannt, dass ChatGPT zu einem digitalen Nachhilfelehrer entwickeln kann. Seit Mai vergangenen Jahres bietet das Unternehmen den “Edgi Bot” an, der Schülern Fragen zu ihren Hausaufgaben beantwortet. Der Bot basierte zunächst auf der GPT-3-Technologie, doch seitdem OpenAI im November GPT-3.5 und die darauf aufbauende ChatGPT-Lösung herausgebracht hat, hat Edgi Learning auch sein Modell verbessern können.

    “Edgi Bot” liefert Schülern Kontext und Begriffserklärungen

    CEO und Mitgründer Josh Shapiro befasst sich schon seit langer Zeit mit der GPT-Technologie. “Wir waren unter den Ersten, die zu den Möglichkeiten dieser KI ein TikTok-Video herausbrachten, das viral ging.” Seitdem behielt er OpenAI im Auge. Den ersten Chatbot, der auf GPT-3 basierte, testete er in einem Kanal auf dem Onlinedienst Discord, in dem sich Schüler über ihre Hausaufgaben austauschen konnten. “Sie begannen schnell, den Chatbot für Fragen zu ihren Hausaufgaben zu nutzen”, sagt Shapiro. Dann entwickelte Edgi Learning den Bot weiter, sodass ihn Schüler auch per SMS oder iMessage nutzen konnten.

    Doch Edgi Bot sei nicht nur eine Assistenz zur Lösung von Matheaufgaben. Seine Stärken lägen vielmehr darin, komplizierte Begriffe durch Analogien zu erklären oder historische Zusammenhänge herauszusuchen – also zu einem bestimmten Ereignis den geschichtlichen Kontext zu liefern. Zukünftig möchte Shapiro auch Youtube-Lerninhalte integrieren. “Der Bot schlägt dann ein hilfreiches Video vor, das die Frage des Schülers am besten beantwortet.” 

    “ChatGPT ist Weckruf für den Bildungssektor”

    ChatGPT habe natürlich noch ein paar Macken, so Shapiro. Der Bot gebe teilweise falsche Antworten und erfinde Zusammenhänge. Die Qualität der Inhalte variiere stark, je nachdem, welche Fragen die Nutzer eingeben.

    Der Gründer unterrichtet selbst an der New York University. Die Angst, seine Studenten könnten künftig ganze Essays mithilfe der KI-Technologie schreiben, teilt er nicht. “Ich habe meinen Unterricht angepasst und lasse meine Studenten nun über persönlichere Themen schreiben und ermutige sie, diese KI-Tools zu nutzen und zu lernen.” ChatGPT, sagt Shapiro, sei ein Weckruf für den Bildungssektor: Wenn die KI eine Aufgabe beantworten kann, ist es vielleicht keine Fragestellung, die einen Schüler wirklich weiterbringt. Judith Henke

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    Standpunkt

    Wer K sagt muss auch I sagen

    KI NRW Schule
    Tobias Raue: Die KI im Klassenzimmer sollte eine landeseigene sein.

    Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Beitrag ist kein weiteres Pamphlet über die Potenziale von AI im Unterricht. Ich will nicht über alternative Aufgabenstellungen oder materialgerechte Prompts schreiben. Ich richte mich an die Adresse Dienstherren von uns Lehrerinnen und Lehrern: die Schulministerien der Länder. Statt sich allein auf amerikanische Software wie ChatGPT zu verlassen, sollten die Bundesländer damit beginnen, eigene KI-Anwendungen zu entwickeln.

    Seit Ende November bestimmt ChatGPT den Bildungsdiskurs. Rekordverdächtig schnell hat sich etwa das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen der Herausforderung ‘Künstliche Intelligenz’ gestellt. (Bildung.Table berichtete.) Eine Arbeitsgruppe hat ein hilfreiches Paket geschnürt. Flankiert hat das Ministerium dies durch einen Fachvortrag, eine Präsentation und einen Selbstlernkurs konzipierte das Ministerium eine Handreichung für die Lehrkräfte im Land.

    Geist der Offenheit der KI-Handreichung NRW

    Der Geist des Papiers – und das ist bemerkenswert – ist von Offenheit geprägt. “Ein Verbot des Einsatzes von KI ist realitätsfern und nicht durchhaltbar, es gilt stattdessen die Potentiale und auch die Risiken für das Lehren und Lernen auszuarbeiten.” Chapeau! So wünscht man sich einen schulministeriellen Zugang.

    Aber auch ein reiner Metadiskurs reicht dem Ministerium nicht. Anders als bei früheren Initiativen zu Cybermobbing oder Robotik soll es nicht bei einer rein theoretischen Begegnung über Screenshots und Arbeitsblätter bleiben. Im Gegenteil: Es sei, so schreibt mein Dienstherr, Aufgabe von Schule, “gemeinsam im geschützten Raum zu erfahren, wie KI-basierte Textgeneratoren funktionieren.”

    “Hands On”, das ist das Motto. Den Ball nehme ich auf – und spiele ihn zurück an meinen Dienstherrn. Denn die Verantwortung, die das Ministerium den Schulen überträgt, möchte ich als Lehrkraft nicht übernehmen.

    (1) Datenschutz: So wird etwa der Staffelstab für die Beurteilung des Datenschutzes in die Hände der Schule gelegt. Angesichts der Dynamik, die die Autoren im Papier selbst betonen, ein Ding der Unmöglichkeit. Wer möchte sich schon als Lehrer oder Schulleitung durch die endlosen Weiten der (fremdsprachigen) AGB kämpfen – um die KI im Unterricht zu fragen, wie das Gretchen es mit der Religion halte?

    (2) Persönliche Daten: Einige Lehrer:innen werden sich weigern, ihre persönlichen Daten wie Mailadresse, Handynummer und Telemetriedaten einer datenbasierten KI und den finanzierenden Konzernen zur Verfügung zu stellen.

    (3) Geschäftsmodelle: Freemium-KI, also teilweise kostenpflichtige Angebote, führen absehbar dazu, dass Schüler:innen aus einkommensstärkeren Haushalten mehr Unterstützung im Lernprozess erhalten als Jugendliche, die ohnehin schon die finanziellen Herausforderungen der Familie schulisch (über)kompensieren müssen. Sobald KI in der Lage ist, individuelle Unterstützungsangebote, analog zur Nachhilfe, anzubieten, verstärkt sich dieses Phänomen weiter.

    Länder müssen sichere KI-Anwendungen bieten

    Ich bin überzeugt, dass die Schulen oder das Land selbst KI-Anwendungen zur Text-, Bild- und Videoproduktion, zur Textübersetzung und -überarbeitung zur Verfügung stellen müssen – kostenfrei, datenschutzkonform und intuitiv nutzbar.

    Diese können beispielsweise über OpenSource-Lösungen in die landeseigenen LMS-Systeme integriert werden. Gegebenenfalls müssten Schnittstellen zu kommerziellen Anbietern von Lernplattformen geschaffen werden. Die Schüler:innen könnten sich per Single-Sign-On direkt innerhalb der KI-Tools bewegen. Sie erstellen Texte, überarbeiten und übersetzen sie, sammeln Ideen per Brainstorming, vergleichen Textpassagen oder kreieren Bilder und Grafiken für den Unterricht

    Das Feld nicht US-Unternehmen überlassen

    Wir sollten das Feld einmal nicht den amerikanischen Unternehmen überlassen. Begeben wir uns nicht in die Deutungshoheit undemokratischer Interessenskonglomerate. Steuern wir selbst eine KI, die nicht “ethisch-moralisch fragwürdig” erscheint und durch “Eloquenz statt Wahrheit” glänzt. So formuliert es das Schulministerium in NRW in seinem Leitfaden. Bestimmen wir selbst den Zugang zur KI, die Datenbasis und die Algorithmen.

    Warum nicht nach OpenSource-Software, Kooperationspartnern oder Initiativen an deutschen Hochschulen und Softwareschmieden suchen? Wie wäre es mit einer Integration in die Lernplattform LogineoLMS oder die Bildungsmediathek NRW?

    Ein dickes Paket? Ja. Für ein Land möglich? Ja.

    Tobias Raue ist Lehrer an den Kaufmännischen Schulen in Rheine. Er war Lehrer des Jahres 2021 und gilt als Vorreiter digitalen Lernens.

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    News

    Internationales Baccalaureate erlaubt ChatGPT

    Absolventen des International Baccalaureate (IB) dürfen ChatGPT künftig regulär bei schriftlichen Schularbeiten nutzen. Die Lehrer und Schüler sollten die KI nicht fürchten, sondern sich freuen, sagen die Verantwortlichen. Das IB ist eine weltweit verbreitete Alternative zum herkömmlichen Abitur. In seinen Bildungsgängen kommt ein Verbot von ChatGPT und anderen KI-Tools für die Schüler nicht infrage. Die Schulen sollten stattdessen anerkennen, dass sie Teil des alltäglichen Lebens werden – ähnlich wie Taschenrechner und Rechtschreibprüfung. Nun müsse man lernen, sie produktiv und ethisch vertretbar zu nutzen.

    Die KI stelle die Grundlagen von Lernen, Lehren und Bewerten auf den Kopf, betont Matt Glanville von der IB-Organisation in einem Text in der Times. Er legt für das IB die Bewertungsgrundsätze fest. Texte, die mithilfe von KI verfasst werden, seien künftig nicht mehr als eigenständige Leistung zu bewerten. Glanville hat aber andere Szenarien für die Anwendung von ChatGPT im Blick als klassische Klausuren. Die Schüler könnten mit dem Chatbot etwa Beispielarbeiten erstellen, die sie dann beurteilen und kritisieren können. Dazu müsse den Schülern vermittelt werden, wie sie die KI mit den richtigen “Prompts” füttern oder die generierten Antworten verfeinern können.

    Insgesamt betonen die Schweizer Verantwortlichen die erweiterten Möglichkeiten für Lehrer und Schüler. “Die KI wird dazu führen, dass wir mehr Zeit mit dem Verstehen, Beschreiben und Analysieren von Problemen verbringen. Das ist etwas, was wir feiern können, anstatt es zu fürchten”, schreibt Glanville. Torben Bennink

    • ChatGPT

    Regierung weitet außerbetriebliche Ausbildung ab August 2024 aus

    Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Ausbildungsgarantie auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung (zum Download) sieht unter anderem ab April eine verstärkte Einstiegsqualifizierung und betriebliche Orientierungspraktika für Schulabgänger vor. Wer eine Ausbildung in einer entfernten Region antritt, soll einen Mobilitätszuschuss erhalten.

    Ab August soll allen Jugendlichen, die regulär keine Ausbildung finden, ein außerbetrieblicher Ausbildungsplatz angeboten werden. Die Regierung begründet die Verzögerung mit dem “operativen Anpassungsbedarf” für die Bundesagentur für Arbeit. Außerbetriebliche Ausbildungsplätze sollen “Ultima Ratio” bleiben; der Entwurf veranschlagt jährlich 7.000 Plätze. Bisher gab es die außerbetriebliche Ausbildung nur für Menschen, die schon sogenannte Übergangsmaßnahmen durchlaufen haben. 2021 waren es 11.000 laut Berufsbildungsbericht 2022.

    In welchen Regionen und für welche Berufe die außerbetriebliche Ausbildung nun offensteht, ermitteln die Agenturen für Arbeit. Dabei sollen sie die Sozialpartner einbeziehen, optional auch Kammern oder Länder. Als mögliche Berufsfelder führt der Gesetzentwurf neben Berufen, die für Energiewende von besonderer Bedeutung sind, Pflegeberufe an.

    DGB fordert Ausgleichsfonds

    DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker sagte, für “eine echte Ausbildungsgarantie” bräuchte es mehr Ausbildungsplätze in den Betrieben. “Das geht, wenn tarifvertragliche Ausgleichsfonds, wie im Bauhauptgewerbe, gefördert werden und die Verbundausbildung gestärkt wird. Dass diese Maßnahmen aktuell fehlen, ist ein großer Fehler.” ZDH-Präsident Jörg Dittrich kritisierte, der geplante Ausbau außerbetrieblicher Ausbildungsplätze drohe, kleine und mittlere Handwerksbetriebe vom Ausbildungsmarkt zu verdrängen.

    Daneben will die Ampel-Koalition die Weiterbildung stärken: Beschäftigte, die bei einem vom Strukturwandel betroffenen Betrieb arbeiten, sollen künftig für eine Weiterqualifizierung freigestellt werden. Von der Bundesagentur für Arbeit können sie ein Qualifizierungsgeld erhalten. ZDH-Präsident Dittrich befürchtet jedoch, dass Handwerksbetriebe das Geld “aufgrund der komplexen Vorgaben” eher weniger nutzen werden.

    Heil verzichtet vorerst auf Bildungszeit

    Vorerst ausgenommen wurde die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angekündigte Bildungszeit nach österreichischem Vorbild. Sie ermöglicht es Beschäftigten, sich ein Jahr bezahlt weiterzubilden. Ein weiteres Gesetz dazu soll offenbar folgen.

    Die Regierung hat außerdem eine Reform des Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes auf den Weg gebracht (zum Download). Der Entwurf enthält Erleichterungen beim Familiennachzug und bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen für Menschen aus Drittstaaten. Eine “Chancenkarte” soll qualifizierten Ausländern ein Jahr Zeit geben, um einen Arbeitsplatz zu finden.

    Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger beurteilt die Reform positiv, sieht allerdings Handlungsbedarf in der Umsetzung. In den deutschen Visastellen und Ausländerbehörden müssten die Abläufe schneller, einfacher und digitaler werden, “anstatt weitere bürokratische Luftschlösser zu errichten”. Anna Parrisius

    • Ausbildungsgarantie
    • BMBF
    • Deutscher Gewerkschaftsbund
    • DIHK

    Didaktik & Tools

    KI-Assistenz als “Spielwiese”

    Was ist der pädagogische Vorteil des KI-Assistenten von fobizz?

    Ich sehe die Fobizz-KI-Zugänge als eine wunderbare Spielwiese, um mit meinen Schülerinnen und Schülern Tools wie GPT ausprobieren zu können. Sie gehen in die Reflexion. Dabei erkennen sie schnell, dass hier teilweise schlechter Inhalt in sehr schönen Wörtern generiert wird. Wir können so eine Sensibilität schaffen. Der pädagogische Vorteil ist, dass wir den gesellschaftlich-technologischen Wandel durch Künstliche Intelligenz in Schule niedrigschwellig begleiten können. Zwei Aspekte sind dabei entscheidend. Einmal das Lernen mit KI, also wie nutze ich KI-Tools für mein eigenes Lernen. Zum anderen das Lernen über KI, also das Nachdenken über eine neue Technologie, die unser Leben maßgeblich beeinflussen wird. Was können wir Menschen mit unserem logischen Denken diesen Tools entgegenstellen und wo werden wir vielleicht im Vorteil bleiben?

    Welche Technik benötigen Schüler für die KI-Tools von Fobizz?

    Guter Unterricht bedeutet für mich unter anderem, dass es möglichst wenige Störungen gibt und der rote Faden der Stunde erhalten bleibt. Dazu zählt gerade in digitalen Settings eine ganz einfache und störungsfreie Nutzung von Technologien und Tools. Fobizz hilft uns, das Sprachmodell GPT ganz einfach zu nutzen. Ich eröffne einen Klassenraum, stelle einen QR-Code oder einen Link zur Verfügung – und meine Schülerinnen und Schüler können sofort damit arbeiten. Sie brauchen einfach nur ein digitales Endgerät und einen Internetzugang.

    Ist das KI-Tool eher für Präsenz- oder Distanzunterricht?

    Das Schöne an dem KI-Tool via Fobizz ist ja, dass man den Schülerinnen und Schülern einen Arbeitsraum eröffnet, in dem sie selbstständig mit der Version GPT-3.5 arbeiten können. Dementsprechend unterscheide ich im sogenannten Blended Learning-Ansatz eigentlich gar nicht mehr zwingend zwischen Klassenraum und zu Hause. Besonders praktisch ist, dass man den virtuellen KI-Raum bei Fobizz für eine bestimmte Zeit öffnen kann. Das heißt, Schülerinnen und Schülern können dann auch in anderen Klassen und Kursen mit weniger erfahrenen KollegInnen das Tool weiter nutzen.

    ProTipp:

    Lernen mit KI und über KI sind die entscheidenden Punkte für den Unterricht. Gerade in der Oberstufe sehe ich, dass SchülerInnen sehr kritisch sind. Sie stellen sofort die entscheidenden Fragen: Wo kommen diese Informationen eigentlich her? Wenn Informationen verwendet werden, warum werden sie nicht belegt? Schülerinnen und Schüler werden im Grunde zu Faktencheckern, also zu aufgeklärten KI-Nutzern. Diesen auf Reflexion abzielenden Aspekt finde ich sehr spannend für den Unterricht.

    Ich bemerke aber auch bei den Lehrpersonen große Fortschritte. Im Spanischunterricht etwa habe ich mit solchen Sprachmodellen praktisch unbegrenzte Möglichkeiten, Texte zu generieren. Schülerinnen und Schüler liebe solche Aufgaben – die nun kinderleicht herstellbar sind. Jetzt können sie sich auf einmal Alltagssituationen generieren lassen, in denen bestimmte grammatikalische Formen häufig vorkommen. Sie können sich anschauen, in welchen Kontexten sie helfen. Außerdem finde ich es interessant, ChatGPT als Lernbegleiter zu verwenden, zum Beispiel zur Textverarbeitung. Das kam in der Oberstufe bei der Erstellung der Facharbeiten sehr gut an: GPT um Rückmeldungen sprachlicher Art zu bitten. Das kann eine Fehlerkorrektur sein, das können aber auch Hinweise sein, klar und deutlich zu formulieren. Ohne die datensichere Öffnung des KI-Tools durch Fobizz wäre das alles nicht möglich.

    Kritik:

    Man könnte jetzt kritisieren, dass Nutzer einen Premium-Zugang brauchen. Aber dieses Problem beseitigt Fobizz, das an den Eigentümer von ChatGPT pro Prompt etwas bezahlt.

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