In den Worten „Gedenken an achtzig Jahre seit der Befreiung von Auschwitz“ stecken mehrere markante Begriffe. Auschwitz beschwört mehr als jeder andere Name die Schrecken des Holocausts herauf und symbolisiert den Tiefpunkt der Menschlichkeit, den zwei Völker erleben können. Es ist ein Wort, das zum Synonym für massenhaften industriellen Völkermord geworden ist. Befreiung vermittelt ein dramatisches Gefühl der Erleichterung darüber, dass die Alliierten das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit stoppen konnten, bei dem nicht nur aber doch zum größten Teil Juden ermordet wurden.
Achtzig Jahre repräsentieren den Zeitraum, in dem die Erinnerungen an den Holocaust nicht vergessen werden dürfen. Aber sie zeigen auch, wie zwei Völker beginnen können, sich von einer solch beispiellosen Katastrophe zu erholen. Tatsächlich ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten zu Israels wichtigstem strategischen Partner geworden.
Das Gedenken vervollständigt diesen Gedanken insofern, als dass die gegenwärtige Führung Deutschlands der Verantwortung für den Holocaust nicht aus dem Weg gegangen ist. Dies wurde insbesondere von Angela Merkel 2008 in der Knesset demonstriert, als sie erklärte, die Shoah erfülle die Deutschen mit Scham und die besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsräson, die niemals verhandelbar sein werde. In jüngster Zeit ist Israel in ähnlicher Weise der deutschen Sicherheit verpflichtet, was durch die bilaterale und enge diplomatische, nachrichtendienstliche und verteidigungspolitische Zusammenarbeit gekennzeichnet ist.
Als Botschafter in Deutschland begleitete ich im Januar 2020 Präsident Frank-Walter Steinmeier zur Zeremonie in Yad Vashem in Jerusalem zum 75. Jahrestag der Befreiung, gemeinsam mit anderen großen Persönlichkeiten. Anschließend flogen wir nach Auschwitz zur Gedenkzeremonie, die von der polnischen Regierung ausgerichtet wurde, und Präsident Reuven Rivlin kam aus Israel und schloss sich dem deutschen Präsidenten an. Mich darauf vorzubereiten, zum ersten Mal mit dem deutschen Staatsoberhaupt durch das Tor des Todeslagers zu gehen, das die berüchtigten Worte „Arbeit macht frei“ trägt, war nicht Teil meiner diplomatischen Ausbildung.
Beide Präsidenten reisten anschließend gemeinsam nach Berlin, um an der wichtigsten Holocaust-Gedenkveranstaltung im Deutschen Bundestag teilzunehmen, und das Bild, auf dem sie beide Seite an Seite am Brandenburger Tor stehen, schien diese dramatische Woche zu vervollständigen. Es zeigte mehr als alles andere die tiefe persönliche Freundschaft zwischen den beiden Staatschefs nach einer langen und schwierigen Reise über mehrere Tage, die im Grunde 75 Jahre gedauert hatte.
In den vergangenen zwei Jahren waren Deutschland und Israel erheblichen Herausforderungen und Bedrohungen ihrer jeweiligen nationalen Sicherheit ausgesetzt. Die russische Invasion in der Ukraine beendete den relativen Frieden und die Stabilität in Europa, die über sieben Jahrzehnte geherrscht hatten, und ließ die Schemen weiterer Konflikte auf dem Kontinent erwachen.
Der Anschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 und der darauf folgende Krieg an sieben Fronten sind der verheerendste Bruch der israelischen Sicherheit in der Geschichte des Staates. Die Erinnerung an die Befreiung von Auschwitz fällt in diesen Tagen mit der Freilassung einiger israelischer Geiseln zusammen, die fast 480 Tage lang in Gaza festgehalten wurden.
Während die Schrecken des Holocaust die jüdische Psyche nie verlassen haben, hat die brutale Ermordung von 1828 israelischen Bürgern und Soldaten seit dem 7. Oktober und die Entführung von über 250 Geiseln unserem kollektiven Gedächtnis ein neues Trauma hinzugefügt. In diesen Zeiten ist die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Ländern stark geblieben. Die unerschütterliche Unterstützung und die Bemühungen Deutschlands, die Freilassung der Geiseln zu erreichen und ihren Familien und Israel in unseren dunkelsten Stunden beizustehen und Mut zu machen, sind Teil einer alternativen Erzählung, die die Geschichte der letzten achtzig Jahren möglich gemacht hat.
In der Tat hat mich mein Leben in Deutschland zu der Schlussfolgerung gebracht, dass wir die Geschichte zwar nie ändern können, die Geschichte aber uns selbst verändern kann. Beide Länder und Völker haben gelernt, eine Balance zwischen dem Gedanken des Niemals-Vergessens und der Frage der Vergebung zu finden.Amos Oz, einer der großen israelischen Autoren, beschrieb einst eine Familiendebatte zu genau dieser Frage. Seine Mutter Fania sagte nach dem Holocaust: „Wenn die Deutschen sich selbst nie vergeben, dann könnte sie ihnen vielleicht irgendwann vergeben. Aber wenn sie sich selbst vergeben, könnte sie ihnen nie vergeben.“
Letztendlich ist aufrichtiges und respektvolles Gedenken für beide Völker von entscheidender Bedeutung, um einen Weg zu finden, nicht nur gemeinsam das Leid der Opfer und den Mut der Überlebenden anzuerkennen, sondern auch den jüngsten Generationen von Deutschen zu helfen, diese schreckliche Last der Geschichte anzuerkennen und zu tragen. Versuche, dieses empfindliche Gleichgewicht zu stören, würden eine einzigartige Annäherung zwischen beiden Ländern untergraben. Sie könnten auch eine neue deutsche Identität zerstören, die aus der Nachkriegszeit entstanden ist und die nie wieder durch die Geißel von Antisemitismus und Intoleranz zerrissen werden sollte.
Jeremy Issacharoff war Botschafter Israels in Deutschland von 2017 bis 2022.