Ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, soll nach Medienberichten wegen mutmaßlicher Spionage für China in Dresden festgenommen worden sein. Der 43 Jahre alte Mann soll für China die dortige Oppositionsbewegung ausspioniert haben. Zudem soll er Informationen aus dem Europäischen Parlament weitergegeben haben.
Der Generalbundesanwalt habe die Ermittlungen übernommen und werfe dem Beschuldigten geheimdienstliche Agententätigkeit vor. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um den gebürtigen Chinesen Jian G., der mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft habe und nach seinem Studium in Deutschland als Geschäftsmann arbeitete. Table.Briefings berichtete bereits im Oktober 2023 über G. und seine engen Verbindungen zu Organisationen der chinesischen Einheitsfront. G. hatte in den vergangenen Jahren mutmaßlich immer wieder dafür gesorgt, dass der AfD-Politiker in China hofiert wurde und sich ihm prominente Plattformen als Redner boten. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der „Silk Road Think Tank Association“ (SRTA), die im Auftrag der Internationalen Abteilung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (IDCPC) Kontakte ins Ausland knüpft.
Krah holte G. als Assistenten in sein Brüssler Team, als er 2019 ins Europaparlament einzog. G. wohnt mit seiner Frau und Familie in Dresden. Dort hatte ihn auch der AfD-Politiker Maximilian Krah kennengelernt. Krah fiel in den vergangenen Jahren wiederholt damit auf, dass er repressive chinesische Politik in Xinjiang oder Hongkong rechtfertigte oder Taiwan als Teil des chinesischen Staatsgebietes bezeichnete.
In der AfD-Bundestagsfraktion spalten sich die Meinungen nach der Festnahme von Jian G.Die „blaue Blase“, wie ein Mitglied die Partei-Hardliner gegenüber Table.Briefings nennt, sehe „böse Anschuldigungen“ gegen „den armen Max“. In parteiinternen Chats kursieren Verschwörungserzählungen darüber, dass die Festnahme lediglich eine Reaktion auf das Podcast-Gespräch sei, das Maximilian Krah der Plattform Jung und Naiv vergangenen Freitag gab; am Montag jubilierte Krah noch, die zu dem Zeitpunkt 516.000 Aufrufe seines "Marathon-Interviews" seien Beleg für großes Politikinteresse. Fraktionsmitglieder, die Krah weniger nahe stehen, zeigen sich von der Festnahme überhaupt nicht überrascht. Einen positiven Einfluss für China habe Krah schon früher erwirken wollen und er sei für die Nähe zu der Autokratie bekannt.
Das EU-Parlament reagierte nach den Vorwürfen und hat G. suspendiert. „Nach der Entscheidung der deutschen Justizbehörden, eine Person festzunehmen, die derzeit als akkreditierter Assistent (APA) im Europäischen Parlament tätig ist, und in Anbetracht der Schwere der Enthüllungen, hat das Parlament die betreffende Person mit sofortiger Wirkung suspendiert“, teilte die Behörde am Dienstag auf Anfrage mit. Das Parlament werde mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und entsprechende Folgemaßnahmen ergreifen.
Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es am Dienstag: „Die Meldungen über die Verhaftung eines Mitarbeiters von Herrn Krah wegen Spionageverdachts sind sehr beunruhigend. Da uns derzeit noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten.“ Ein AfD-Sprecher sagt, die Partei werde alles unternehmen, um die Aufklärung zu unterstützen.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte: „Sollte sich der Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Spionagevorwürfe „äußerst schwerwiegend“. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, es sei traurigerweise nicht überraschend, „dass wir in den letzten Monaten vermehrt sehen, was vorher schon viele wussten, dass Antidemokraten weltweit versuchen, Demokratien auch von innen auszuhöhlen durch unterschiedliche Mittel“.
Am Montag war außerdem bekannt geworden, dass Chinas Staatssicherheit offenbar auch drei Personen in Deutschland angeworben hat, um sich technische Geheimnisse zu verschaffen. Das hatte der Bundesverfassungsschutz aufgedeckt. Die Polizei hat die drei Verdächtigen festgenommen, denen die Bundesanwaltschaft in den Haftbefehlen vorwirft, „militärisch nutzbare innovative Technologien“ ausspioniert zu haben. Konkret werden Forschungsarbeiten zum Stand von Schiffsantrieben und Lasertechnik genannt. Mehr dazu lesen Sie in der Analyse von Table.Briefings. lg/fk/rtr/dpa