Rita Hagl-Kehl, SPD-Mitglied im Ernährungsausschuss des Bundestags, hat in Sachen Kinderlebensmittelwerbeverbot (KLWG) eine beachtliche Kehrtwende hingelegt. Nachdem sie das Verbotsvorhaben aus dem Haus von Cem Özdemir im vergangenen Jahr noch öffentlich beworben hatte, ließ sie Table.Briefings kürzlich wissen, der Entwurf sei nicht „brauchbar“ und drohe zu scheitern. Auf die Frage, ob diese Kehrtwende auf den Einfluss der Firma Südzucker im niederbayerischen Plattling zurückgehen könnte, wollte Hagl-Kehl, zu deren Wahlkreis Plattling gehört, „aus internen Gründen“ nicht antworten.
Auf Hagl-Kehls Website wird der Pressesprecher von Südzucker unwidersprochen zitiert, dass „Zucker als Nährstoff an sich nicht schädlich“ sei, sondern „wissenschaftlich erwiesenermaßen“ nur die Kalorienanzahl zähle.
Diese von der Zuckerindustrie verbreitete Aussage gilt als überholt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Deutsche Adipositas Gesellschaft und die Deutsche Diabetes Gesellschaft raten dringend zu maßvollem Zuckerkonsum wegen des Diabetes-Risikos. Max-Planck-Forscher fanden heraus, dass sich das Gehirn durch regelmäßigen Konsum von fett- und zuckerhaltigen Snacks verändert und einen Teufelskreislauf in Gang setzt: Es befiehlt dann quasi den Griff zu ungesunden Lebensmitteln. Auf Anfrage heißt es in der SPD-Fraktion, die zuständige Berichterstatterin sei nicht Hagl-Kehl, sondern Peggy Schierenbeck. Es gelte die Aussage des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Matthias Miersch, wonach die Fraktion das Vorhaben, an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte stärker zu regulieren, „nachdrücklich“ unterstütze. Die Vorschläge „einzelner Abgeordneter“, so Miersch, spiegelten „nicht unbedingt die Haltung der Gesamtfraktion wider“.