Gesundheitsweiser: „Bevölkerung hat zu viele Arztkontakte“. Jonas Schreyögg, Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheitswesen, wirft der Politik vor, Probleme im Gesundheitswesen in der Vergangenheit mit Geld übertüncht zu haben. Dieses Geld stehe heute nicht mehr zur Verfügung, und das sei für viele Akteure „schmerzhaft“, sagte Schreyögg zu Table.Media. „Unser eigentliches Problem heißt aber nicht Geld, sondern Fachkräfte.“ Dazu mache der Sachverständigenrat gerade ein Gutachten. Ein Ergebnis: Die Zahl der stationären Ärzte habe sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. „Das Kernproblem ist: Ein Teil des medizinischen Personals arbeitet in Krankenhäusern, die wir gar nicht benötigen“, so der Gesundheitsweise. Dabei hätte Deutschland pro Einwohner eigentlich „eine komfortable Zahl an Fachkräften“. Nötig sei, dass diese besser verteilt würden – und die hohe Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen reduziert werde. Denn: „Die gesamte Bevölkerung hat zu viele Arztkontakte.“ Einige Menschen hätten sogar zwei Hausärzte.
Krankenhausinsolvenzen seien Zeichen eines nötigen Umstrukturierungsprozesses. „Das sind überwiegend Eigen- und Schutzschirminsolvenzen von Kliniken, die seit Jahren Strukturprobleme haben“, erklärte Schreyögg. „Die gehen nicht von heute auf morgen Pleite, sondern führen Insolvenzverfahren durch, um schneller umstrukturieren zu können.“ Dadurch könnten Krankenhäuser Abteilungen abbauen, hätten andere Kündigungsfristen. „Das ist in anderen Branchen seit längerem Usus.“ Ob bei den aktuellen Insolvenzen am Ende wirklich mehr Kliniken pro Jahr vom Netz gingen als früher, bezweifle er. „Bisher zeigen die Zahlen das nicht.“ Aus Schreyöggs Sicht müsste der Bund niedergelassenen Ärzten Anreize geben, ins unternehmerische Risiko zu gehen und größere ambulante Zentren zu gründen. Warum das eine Trendwende bringen könnte, lesen Sie im Interview von Annette Bruhns.