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Erscheinungsdatum: 15. Dezember 2023

Bundestag setzt für 2023 Schuldenbremse aus – Union hat verfassungsrechtliche Bedenken

Der Bundestag hat in der Sitzung zum Nachtragshaushalt eine außergewöhnliche Notsituation erklärt und die Schuldenbremse für das laufende Haushaltsjahr ausgesetzt – zur Begründung wird der Ukrainekrieg angeführt. Außerdem wird die Erhöhung des CO₂-Preises beim Tanken und Heizen ab 2024 beschlossen.

Der Bundestag hat am Freitag eine Ausnahme der Schuldenbremse für das Haushaltsjahr 2023 beschlossen. Damit reagiert das Parlament auf das Karlsruher Haushaltsurteil und schafft die Voraussetzung für einen Nachtragshaushalt, über den ebenfalls noch am Freitag abgestimmt werden soll. Bereits aufgenommene Kredite unter anderem für die Energiepreisbremsen werden so nachträglich rechtlich abgesichert. Die geplante Neuverschuldung liegt dann insgesamt bei 70,61 Milliarden Euro und damit 44,8 Milliarden Euro über der zulässigen Kreditaufnahme.

Der Bundestag setzt die Schuldenbremse zum vierten Mal in Folge aus. Das Grundgesetz sieht nach Artikel 115 ausdrücklich vor, dass zusätzliche Kredite aufgenommen werden können – und zwar im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, „die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“.

Die Ampel-Regierung argumentierte damit, dass die tiefgreifenden humanitären, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs die staatliche Finanzlage beeinträchtigten. Zudem seien Schäden von der Flutkatastrophe aus dem Sommer 2021 noch nicht beseitigt.

Die Bundesregierung will mit dem Nachtragshaushalt bereits ausgezahlte Mittel insbesondere für die Gas- und Strompreisbremse sowie Fluthilfen nachträglich rechtlich absichern. Es geht um rund 45 Milliarden Euro, die aus Krediten finanziert wurden. „Wir stellen damit die Strom- und Gaspreisbremse auf ein sicheres juristisches Fundament. Wir sichern die Hilfen im Ahrtal ab – das ist richtig und das ist wichtig“, sagte der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, am Freitag im Bundestag.

Seit dem Karlsruher Haushaltsurteil ist klar, dass der Bund diese Kredite ohne Weiteres nicht hätte aufnehmen dürfen. Sie waren 2021 und 2022 genehmigt worden, als die Schuldenbremse wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs ausgesetzt war. Die Ampel-Regierung hatte geplant, das Geld auch 2023 und 2024 noch zu nutzen. Die Karlsruher Richter entschieden jedoch, dass der Bund sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen darf. Ohne den Nachtragshaushalt hätte im Etat für 2023 ein Verfassungsbruch gedroht.

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ist umstritten, weil sie dem Bund nur einen bestimmten Spielraum zur Aufnahme von Krediten gibt. Für eine von SPD und Grünen geforderte Reform ist sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die FDP und weite Teile der Union stemmen sich aber dagegen.

Die Union hat in der Sitzung verfassungsrechtliche Bedenken mit Blick auf den Nachtragshaushalt der Ampel-Regierung für das laufende Jahr geäußert. In Teilen des Etats werde noch immer eine falsche Buchungssystematik angewendet, sagte Fraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) am Freitag im Bundestag. „Und deswegen bleiben verfassungsrechtliche Bedenken auch an ihrem Nachtragshaushalt heute.“

CDU-Politiker Middelberg ließ auch kein gutes Haar an der Einigung der Ampel-Koalition für das Haushaltsjahr 2024. „Das ist kein guter Kompromiss für dieses Land. Es ist eher der Versuch, den Riss in ihrer Ampel zu kitten“, sagte er. Die Einigung sei ein Rettungspaket für die Ampel-Regierung. „Mehr ist es leider nicht.“

Der Bundestag hat in der Sitzung am Freitag auch beschlossen, den CO₂-Preis, der auf Sprit, Gas und Heizöl anfällt, anzuheben. Das Parlament beschloss, dass ab Januar 4 5 Euro pro Tonne ausgestoßenes CO₂ fällig werden. Aktuell sind es 30 Euro. Damit setzte der Bundestag den ersten Teil des großen Haushaltspakets der Ampel-Regierung um.

Eigentlich wollte die Ampel wegen der hohen Energiepreise zum Jahreswechsel den CO₂-Preis nur auf 40 Euro erhöhen. Doch nach dem Haushaltsurteil kehrt man nun auf den steileren Pfad zurück, den die große Koalition vor Jahren schon festgelegten hatte.Die Einnahmen aus dem CO₂-Preis fließen in den Klima- und Transformationsfonds, aus dem Projekte unter anderem für Klimaschutz finanziert werden.

Verbraucher müssen nun mit steigenden Sprit-, Öl- und Gaspreisen rechnen. Nach Angaben des ADAC könnte der Liter Benzin zum Jahreswechsel um rund 4,3 Cent teurer. Diesel-Fahrer müssten mit einem Plus von rund 4,7 Cent rechnen. Gas verteuert sich nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox um 0,39 Cent die Kilowattstunde, Heizöl um 4,8 Cent pro Liter. Eine Musterfamilie mit einem Heizbedarf von 20.000 Kilowattstunden habe dadurch jährliche Mehrkosten von 78 Euro beim Gas und 96 Euro bei einer Ölheizung. (dpa)

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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