Brinkhaus: „Unsere Demokratie ist in einer kritischen Situation“. Der frühere CDU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus kritisiert die Einigung der Ampel als „große verpasste Chance“. Es sei zwar wichtig, dass es überhaupt eine Einigung gebe, weil das Chaos der letzten Wochen für viel Verunsicherung gesorgt habe. Überzeugen könne das Paket aber nicht. „Eine konsequente Priorisierung sehe ich nicht“, sagte Brinkhaus Table.Media. Die Einigung beinhalte zu viel „Weiter so“ und zu wenig Mut, echte Schwerpunkte zu setzen.
Zugleich mahnt Brinkhaus mehr Vernunft und Kooperation zwischen den demokratischen Parteien an. „Die vier Parteien, die dieses Land tragen, also die Union, die SPD, die Grünen und die FDP, müssen alle ein großes Interesse daran haben, dass dieses Land funktioniert“, so Brinkhaus. „Und wir müssen alle vier verstehen, dass es überhaupt nicht gut ist, wenn irgendjemand von uns da versagt oder nicht liefert.“ Aus diesem Grund werbe er dafür, ein paar Sachen gemeinsam anzupacken. „Unsere Demokratie ist in einer kritischen Situation.“ Alle vier Parteien müssten lernen, „dass wir konkurrieren, aber gleichzeitig im Sinne der Sache und im Sinne der Demokratie kooperieren müssen“. Diese Ambiguität müsse man aushalten, damit das demokratische System nicht insgesamt in Misskredit gerate.
Brinkhaus sieht das Wirtschaftssystem „unter Feuer“. Zum einen, weil nicht etwa Deutschland schlechter, aber viele andere Länder und ihre Unternehmen besser geworden seien. Zum anderen, weil die Zeit vorbei sei, in der alle die klassischen Regeln der WTO akzeptieren würden. „Deswegen brauchen wir auch eine Zeitenwende in der Industriepolitik“, so Brinkhaus. „Wenn die anderen nicht nach den Regeln spielen, kann ich auch nicht nach den Regeln spielen.“ Chinesen und Amerikaner würden sich derzeit nicht mehr an die Regeln halten. „Deswegen kann ich nicht sagen: Egal, ich bleibe trotzdem bei der reinen ordnungspolitischen Lehre.“
Der CDU-Politiker hofft auf die Kraft einer offenen Gesellschaft Deutschland. Brinkhaus hält im Falle eines Wahlsieges von Donald Trump einen Braindrain Richtung Europa für möglich. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich kreative Köpfe in der Welt einer sich verfestigenden Trump-Administration in den USA wohlfühlen werden.“ Deshalb glaube er, dass es eine Flucht der ideenreichen Köpfe geben werde. „Unsere Botschaft muss sein: Wir sind eine Gesellschaft, die euch nicht einengt und euch nicht vorschreibt, wie ihr zu leben habt.“ Warum Brinkhaus aktuell Russland am meisten fürchtet und welche Reaktion er sich auf die AfD wünscht, lesen Sie im Interview von Stefan Braun.