Analyse
Erscheinungsdatum: 25. Juni 2023

Norbert Röttgen zu Prigoschins Putschversuch: Der Sieger heißt Alexander Lukaschenko

Norbert Röttgen Politiker 05/23 her Norbert Röttgen am 9. Mai 2023 in Markus Lanz , ZDF TV Fernsehen Talkshow Talk Show Deutschland deutsch deutscher Mann CDU Außenpolitikexperte Politik german male politician quer Porträt lächelnd *** Norbert Röttgen politician 05 23 her Norbert Röttgen on 9 May 2023 in Markus Lanz , ZDF TV television talk show talk show Germany German German man CDU foreign policy expert politics German male politician cross portrait smiling
Ein Putschversuch, der Wladimir Putin schwächt, Yevgeni Prischogin stark hält und Alexander Lukascheno plötzlich mächtig macht – Norbert Röttgen mit einer Kurzanalyse für Table.Media.

Wie lesen Sie die Ereignisse in Russland?

Wladimir Putin hat durch Yevgeni Prigoschins Putschversuch an Autorität verloren. Er ist angreifbar und hat nervös reagiert. Es bedurfte nicht nur der Vermittlung des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko, der eigentlich völlig abhängig von Putin ist, um Prigoschin zum Einlenken zu bewegen. Putin musste noch dazu auch auf die Bestrafung Prigoschins verzichten, nachdem er ihn kurz zuvor als Hochverräter bezeichnet und vom Dolchstoß gesprochen hatte. So verhält sich kein Gewinner, sondern jemand, der die volle Kontrolle verloren hat und dem keine andere Option mehr bleibt.

Sehen Sie bei alledem einen Profiteur?

Lukaschenko hat gestern einen Sieg davongetragen. Der belarussische Machthaber, der nur Dank Putin noch im Amt ist, hat eben jenem den Hals gerettet. Die beiden sind nun fürs Erste quitt.

Wie groß ist die Gefahr, dass der geschwächte Herrscher im Kreml noch aggressiver wird?

Putin bräuchte jetzt Erfolge. Das wird schwierig. Ganz praktisch stellt sich zum Beispiel die Frage, wer für ihn nun die Drecksarbeit macht, nachdem Prigoschin und seine Wagner-Truppen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Verändern die Ereignisse die Gefechtslage im Krieg in der Ukraine?

Unmittelbar wird sich durch die Erschütterungen im Inneren erstmal an der Front nichts verändern. Es stellt sich aber die Frage, wie sich die Ereignisse auf die ohnehin schon sehr niedrige Motivation der russischen Kämpfer auswirken werden. Keiner riskiert gerne sein Leben für einen Kriegsherrn, der angezählt ist, und für einen Krieg, der Grund für einen Militärputsch war.

Halten Sie es für möglich, dass die ganze Sache nur dazu führen sollte, Prigoschin nach Belarus zu schicken? Womöglich, um von dort eine weitere Front zu eröffnen?

Putin hat durch die Aktion zu viel Schaden genommen, als dass ich bei Prigoschin ein anderes Motiv als die tatsächliche Machtherausforderung sehen würde. Diesen Schaden wird Putin nicht mehr komplett reparieren können.

Was bedeutet das alles für EU und Nato?

Für die EU und NATO ändert sich wenig. Russland ist eine Gefahr, der bis auf Weiteres nur mit glaubhafter Abschreckung begegnet werden kann. Darum halte ich die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine für unverzichtbar, sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen. Bisher stößt dies allerdings noch auf den Widerstand der USA und auch der Bundesregierung.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
Teilen
Kopiert!