Analyse
Erscheinungsdatum: 25. Juni 2025

Nach dem Nato-Gipfel: Jetzt geht es um mehr Personal, mehr Waffen und mehr Einigkeit

Die 32 Staats- und Regierungschefs der Nato einigen sich einstimmig darauf, die Verteidigungsausgaben bis 2035 auf fünf Prozent zu erhöhen. Doch trotz aller Einigkeit bleiben zentrale Fragen vorerst unbeantwortet. Allen voran: Woher soll das nötige Geld kommen?

Der Gipfel verlief harmonisch, ohne Eklat und damit ganz nach dem Skript von Mark Rutte. Selbst Donald Trump schwärmte nach dem Treffen: „Wir haben einen großen Sieg erzielt.“ Doch mit dem Beschluss der 32 Staats- und Regierungschefs, die neue Nato-Zielmarke auf fünf Prozent zu erhöhen, geht die wahre Arbeit erst richtig los. Und das Ganze wird ein Kraftakt: Die Nato-Armeen müssen mit dem richtigen Material und ausreichend Personal ausgestattet werden, um das Bündnisgebiet baldmöglichst gegen einen potenziellen russischen Angriff verteidigen zu können.

Schwierig wird es vor allem für die sieben bis acht Länder, die bis Anfang des Jahres nicht einmal die bisher verpflichtenden zwei Prozent erreicht haben. Die Länder stünden vor schwierigen Entscheidungen, sagte Nato-Generalsekretär Rutte. Spanien hat auch in Den Haag noch einmal deutlich gemacht, dass es die Fähigkeitsziele mit weniger Geld erreichen will. Deutschland hat dieses Problem durch die Öffnung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben nicht mehr.

Hinter verschlossenen Türen brachten verschiedene Staats- und Regierungschefs vor allem aus dem südlichen Europa auch das Thema gemeinsame Schulden auf den Tisch. Ein Vorschlag, dem Friedrich Merz eine klare Absage erteilen wird. Zu erwarten ist trotzdem, dass diese Debatte nach dem Nato-Gipfel auf europäischer Ebene erst richtig losgehen dürfte. Dabei ist die reine Geldsumme kein Selbstzweck. Sie muss mit einer eindeutigen Steigerung der Fähigkeiten einhergehen.

Das bedeutet viel mehr Personal und viel mehr Waffen. Allein die Bundeswehr wird nach Angaben von Boris Pistorius bis zu 60.000 zusätzliche aktive Soldaten brauchen, um die neuen Nato-Vorgaben zu erfüllen. Dazu kommt laut Rutte das große Thema Luftverteidigung; hier müssen die Verbündeten das Potenzial nach seiner Einschätzung um 400 Prozent erhöhen. Auch davon wird Deutschland einen großen Teil übernehmen müssen. Das ist freilich noch längst nicht alles. Ebenso auf der Liste zwingender Einkäufe: weitere Fregatten, Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Raketensysteme und Munition.

Der britische Premierminister Keir Starmer forderte Teilnehmern zufolge eine bessere Verzahnung der europäischen Verteidigungsstrukturen. Die Länder müssten mehr gemeinsam beschaffen und die Interoperabilität der Armeen verstärken. Ähnlich die Botschaft von Merz: Die Nato-Staaten könnten jetzt nicht so viel mehr Geld ausgeben, ohne dass sich das auch in einer deutlichen Steigerung der Fähigkeiten auswirke. Eine Skalierung, Vereinfachung und Systematisierung der Rüstungsbeschaffungen sei nötig.

Und am Ende müssen die Regierungen ihrer Bevölkerung vermitteln, weshalb so viel Geld für Rüstung nötig geworden ist. Nicht überall wird die Bedrohung ähnlich real empfunden wie entlang der Ostflanke. Der Kontinent sei nach 20 Jahren der Friedensdividende bei seiner Verteidigung praktisch blank gewesen, hieß es aus Gipfelkreisen. Entsprechend groß sei die kommunikative Aufgabe, der sich nun alle widmen müssten, hieß es. Sollte der Schutz in einigen Jahren nicht glaubhaft vorhanden sein, werde die Gefahr eines Angriffs real. Welche Aufgaben auf das Militärbündnis zukommen, lesen Sie im Security.Table.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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