Das Bundesfinanzministerium soll in der Vergangenheit in mehreren Fällen ohne Rechtsgrundlage eigenmächtig Regelungen mit finanziellen Konsequenzen erlassen und seine Befugnisse damit weit überschritten haben. Diesen Vorwurf erhebt der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der Table.Briefings vorliegt. „Das BMF greift immer wieder in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers über“, heißt es darin. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass das Ministerium „durch Verwaltungsregelungen ohne Rechtsgrundlage gesetzliche Regelungen erweitert, korrigiert oder Sachverhalte außerhalb des Gesetzes regelt“.
Schwerpunkt des Berichts sind BMF-Schreiben, für die es im Finanzverwaltungsgesetz eine Grundlage gibt. Demnach kann das Ministerium mit diesen Schreiben in Absprache mit den obersten Finanzbehörden Weisungen erteilen und dafür sorgen, dass die Gesetze bundesweit einheitlich angewandt werden. Die Schreiben werden auch im Bundessteuerblatt veröffentlicht und sollen so Transparenz für Steuerzahler schaffen.
Dass die Verwaltung Gesetze auslegt, hält der Rechnungshof für zulässig. Nicht zulässig seien aber „Gesetzeserweiterungen, Gesetzeskorrekturen sowie Entscheidungen außerhalb und gegen das Gesetz“. Das aber sei mehrfach passiert, kritisieren die Autoren des Berichts. Sie führen dazu mehrere Beispiele an, die in die Verantwortung der Finanzminister Olaf Scholz und Christian Lindner fallen. Darunter:
Die Folgen sind laut Rechnungshof gravierend. Das Vorgehen habe in der Vergangenheit zu Steuermindereinnahmen für Bund und Länder geführt, die vom Gesetzgeber nicht autorisiert wurden. Außerdem führe die Praxis zu Unsicherheit für Steuerzahler, da BMF-Schreiben für Gerichte nicht bindend sind.
Der Bundesrechnungshof betont, dass er die Vorwürfe nicht zum ersten Mal erhebt. Er führt zahlreiche Beispiele an, in denen er den Haushaltsausschuss in den vergangenen Jahren bereits über die Probleme informiert und das Finanzministerium aufgefordert hat, rechtliche Grundlagen in die Wege zu leiten. Dies könne etwa in Form von Formulierungshilfen für den Bundestag geschehen.
Das BMF weist die Vorwürfe zurück. Es hat gegenüber dem Rechnungshof eine Stellungnahme abgegeben, die in den Bericht eingeflossen ist. Darin erklärt das Ministerium, dass es die Verwaltungsregelungen in den genannten Fällen für ausreichend hält. Außerdem seien die Steuerpflichtigen durch die Regelungen begünstigt worden, weshalb keine Streitfälle zu erwarten seien. Diese Argumente reichen dem Rechnungshof jedoch nicht: Im Ergebnis seien die Vorwürfe „nicht ausgeräumt“.