Analyse
Erscheinungsdatum: 12. März 2025

Koalitionsverhandlungen – Wie sich Union und SPD jetzt organisieren

Für die Koalitionsverhandlungen sind die Namen und Arbeitsgruppen bekannt gegeben worden. Wie Union und SPD versuchen, überbordende Vertragslyrik zu vermeiden.

16 Arbeitsgruppen mit je 16 Mitgliedern, dazu eine Steuerungsgruppe und eine Chefrunde – bis Ende nächster Woche sollen rund 270 Vertreterinnen und Vertreter aus Union und SPD das Vertragswerk für die künftige Regierung formulieren. Das klingt nicht mehr nach der ursprünglichen Idee von Friedrich Merz, in kleinem Kreis das Wesentliche konzentriert zu verhandeln. Eher erinnert es an jene zähen Koalitionsverhandlungen früherer Jahre, die viel Prosa, aber oft wenig Überraschendes hervorbrachten.

In einer „Handreichung zu den Koalitionsverhandlungen“ werden die Teilnehmer denn auch vorsorglich zur Ordnung gerufen: Die Zulieferungen sollen „kurz und präzise“ sein. Auf lange „Chapeau-Texte“ – gemeint ist die übliche Vertragslyrik – sei zu verzichten. Bis Sonntag sollen die AGs ihre Tagesordnungen aufsetzen, am Montag, den 24. März, ihre Ergebnisse vorlegen. Die Resultate müssen der Steuerungsgruppe zugeleitet werden. „Kompromisse sollten innerhalb der AGs gefunden werden, die Überweisung von strittigen Punkten die Ausnahme bleiben.“ Rigides gibt es zur Kommunikation: Es darf keine Pressearbeit geben – und keine Selfies. Teil der „Handreichung“ ist zudem eine Tabelle, in die die AGs die Kosten ihrer Beschlüsse, deren Finanzierung und gegebenenfalls Konsolidierungsmaßnahmen eintragen sollen. Zum Ende der Verhandlungen werde ein „Finanzcheck“ vorgenommen. „Erst danach wird verbindlich über finanzwirksame Maßnahmen entschieden.“

Union und SPD wollten möglichst viele einbinden, die sich danach auch fürs Gelingen und Verteidigen einsetzen. So ist es aus den Reihen der Sozialdemokraten zu vernehmen. Man kann am Mittwoch aber auch frühere Regierungsmitglieder aus beiden Lagern treffen, die das als aufgebläht empfundene Verhandlungsformat wahlweise als „idiotisch“ oder „bekloppt“ kritisieren. Die Kritiker hoffen gleichwohl darauf, dass neben der „Handreichung“ vor allem der Zeitdruck die Beteiligten disziplinieren wird. In zehn Tagen müssen sie alles Nötige liefern.

Neben den 16 AGs gibt es eine Arbeitsgruppe 17. Sie fungiert als Steuerungsgruppe, soll Probleme bei den Koalitionsverhandlungen lösen, aber auch Fragen in einer möglichen Koalition klären: Was ist, wenn mehrere Abgeordnete bei einem Thema ausscheren? Mit welchen Namen werden internationale Gremien, die Bafin oder das Bundesverfassungsgericht besetzt? Neben bekannten Namen wie Thorsten Frei, Carsten Linnemann, Alexander Dobrindt und Matthias Miersch stößt der aktuelle Ostbeauftragte Carsten Schneider dazu. Er sitzt seit 1998 im Bundestag, hat in vielen Funktionen die drei großen Koalitionen erlebt und ist einer der erfahrensten Verhandler auf SPD-Seite. Losgehen soll es an diesem Donnerstag mit einem Treffen der Leiterinnen und Leiter aller 17 Arbeitsgruppen um 18 Uhr im Konrad-Adenauer-Haus.

Briefings wie Berlin.Table per E-Mail erhalten

Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

Anmelden

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

Teilen
Kopiert!