Analyse
Erscheinungsdatum: 03. Juni 2025

Koalitionsschonende Kritik: Wie Justizministerin Hubig auf die Grenz-Baustelle des Innenministers blickt

Trotz wegweisendem Gerichtsurteil, Alexander Dobrindt bleibt hart im Kurs der Asylpolitik. Justizministerin Stefanie Hubig mahnt zur Mäßigung und Respekt.

In der Diskussion um die rechtliche Zulässigkeit von Zurückweisungen an der Grenze stellt sich Bundesjustizministerin Stefanie Hubig im Podcast Table.Today vor die Justiz: „Es ist mir wichtig, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts befolgt wird. Es ist klar, dass wir Respekt haben müssen vor den Gerichten.“ Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am Montag entschieden, dass die Zurückweisung von drei Somaliern rechtswidrig war. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt kündigte anschließend an, auch nach dieser Entscheidung weiter Asylbewerber an den Grenzen zurückzuweisen.

Hubig weist darauf hin, dass das Verwaltungsgericht nicht entschieden habe, dass künftig alle Asylbewerber ins Land gelassen werden müssten. „Diese Entscheidung sagt nur, dass die drei Antragssteller das Dublin-III-Verfahren durchlaufen müssen. Und das hat der Innenminister zugesagt.“ Hubig verwies darauf, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Europarecht hoch seien und sieht das BMI nun in der Pflicht. „Wenn das BMI die Karte zieht, wird es das jetzt auch begründen müssen.“

Einen offenen Konflikt mit Dobrindt will Hubig vermeiden. Innen- und Justizministerium müssten „miteinander sachlich und fachlich gut umgehen“, so Hubig. „Es ist wirklich wichtig, jetzt nicht wieder in alte Rollen zu verfallen. Es ist total einfach, sich jetzt hinzustellen und zu sagen, ‚Ich habe das immer schon gesagt‘.“ Die Bundesjustizministerin unterstrich den gemeinsamen Willen der Koalition, die illegale Migration einzudämmen. Ob Zurückweisungen der richtige Weg sind? „Darüber diskutieren wir jetzt. Da hat jetzt das Gericht einen wichtigen Beitrag geliefert.“

Die Unionsseite bemühte sich am Dienstag darum, Dobrindt den Rücken zu stärken. Der Bundeskanzler erklärte, durch die Gerichtsentscheidung seien die Möglichkeiten zwar vielleicht etwas eingeengt worden. „Aber die Spielräume sind nach wie vor da. Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können“, sagte Friedrich Merz. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann erklärte, CDU und CSU hätten nie ein Hehl daraus gemacht, dass man am Ende eine rechtliche Klärung brauche. Man respektierte das Berliner Urteil, rücke aber nicht von der Überzeugung ab, dass Dublin III längst dysfunktional sei. Hoffmann betonte, es könne nicht sein, dass gleich mehrere EU-Staaten sich von Dublin verabschiedet hätten, sich also nicht mehr an die Regeln hielten, Deutschland umgekehrt aber gezwungen werden solle, sich an Dublin zu halten. Wenn eine rechtliche Regelung faktisch keine Wirkung mehr entfalte, dann sei sie auch für niemanden mehr bindend, sagte Hoffmann.

Auch der erste PGF der Fraktion, Steffen Bilger, versicherte Dobrindt der „vollen Unterstützung der Unionsfraktion“. Er sagte, es könne und dürfe nicht sein, dass die Regierung „wegen eines Einzelverfahrens eines Berliner Verwaltungsgerichts“ gleich seine ganze Politik ändere. „Dass es zu schwierigen rechtlichen Fragen kommen würde, war uns allen bewusst“, so Bilger. Aber wenn man immer nur auf die hören würde, die rechtliche Bedenken äußern, würde in der Migrationspolitik gar nichts vorangehen. „Wenn ein Innenminister immer nur das machen würde, was null Risiko birgt, dann wäre er fehl am Platze“, so Bilger. Hoffmann und Bilger äußerten die Hoffnung, dass das BMI im Hauptsacheverfahren überzeugende Argumente vorbringen werde. Ob es überhaupt ein Hauptsacheverfahren geben wird, war zunächst unklar, weil dafür eine Klage der Somalier erforderlich ist; diese haben ihr Ziel – den Grenzübertritt nach Deutschland – aber bereits durch die einstweilige Anordnung erreicht. In einem der Verfahren (VG 6 L 191/25) war neben dem Antrag auf eine einstweilige Anordnung aber auch Klage gegen den Bescheid erhoben worden, mit dem die Einreise verweigert wurde. Darum dürfte es in diesem Fall zu einer Entscheidung in der Hauptsache kommen. Den Podcast mit Stefanie Hubig hören Sie ab 5 Uhr hier.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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