Fast 50 Gesetze hat der Bundesrat in der Ampel-Ära auf den Weg gebracht: Das zeigt eine Auswertung der Länderkammer für Table.Briefings. In diesem Jahr gehörte dazu etwa eine Änderung der Strafprozessordnung, mit der die sogenannte Laienverteidigung beschränkt werden sollte. Derzeit können auch Nichtjuristen als Verteidiger gewählt werden, wenn das Gericht dies genehmigt. Das birgt aus Sicht der Länder die Gefahr, dass darunter Anhänger einer extremistischen oder staatsfeindlichen Weltanschauung sind, die den Prozess „als Plattform für öffentlichkeitswirksame Propaganda“ nutzen wollen. Die Bundesregierung wies den Vorstoß zurück: Die Laienverteidigung komme kaum vor, zudem könne das Gericht eine Zulassung wieder entziehen.
Schon lange umstritten ist die Beseitigung sogenannter Rüstungsaltlasten aus der NS-Zeit. Seit 2003 forderten die Länder mehrmals, dass der Bund die Kosten dafür vollständig übernimmt. Nach „bisheriger Staatspraxis“ zahle er nicht, wenn es um Kampfmittel der damaligen Alliierten geht. Das beklagten die Länder auch in dieser Legislaturperiode wieder. Es überfordere laut Entwurf manche Bundesländer finanziell, sodass sich die Räumung potenziell gefährlicher Flächen verzögere und diese solange gesperrt werden müssten.
Daher die Forderung: Als Altlasten sollten einfach alle Grundstücke zählen, auf denen zwischen „Machtergreifung“ und Kriegsende mit entsprechenden Stoffen hantiert wurde. Der Bund hat eine eigene Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten, ging auf die Forderungen bisher aber nicht ein. Bereits in den Neunzigerjahren sorgte das Thema für Streit. Ursprüngliche Forderungen, die Waffenindustrie zur Kasse zu bitten, fanden damals keine Mehrheit unter den Ländern.
Bereits mehrmals Gegenstand von Forderungen seitens des Bundesrats war auch der sogenannte digitale Hausfriedensbruch: „Derzeit sind sogar Fahrräder besser geschützt als Computer mit höchstpersönlichen Daten“, heißt es in dem Entwurf von 2022. Daher sollten Rechtsgedanken aus der analogen Welt – hinsichtlich Hausfriedensbruchs und des unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs – auf den digitalen Raum übertragen und im Strafgesetzbuch verankert werden. Bis zu 40 Prozent aller internetfähigen Systeme im Land seien Fachleuten zufolge mit Schadsoftware verseucht und dadurch potenziell durch Dritte aus der Ferne steuerbar, so die Länder.
Die Bundesregierung lehnte den Vorstoß ab. Sie sah keine schwerwiegenden Strafbarkeitslücken und äußerte Bedenken zu der geplanten hohen Strafandrohung von mindestens einem bis zu zehn Jahren Gefängnis. Gleichzeitig sagte sie zu, mögliche Anpassungen zu prüfen. Seitdem hat sie im Bereich kritische Infrastruktur verschiedene Verbesserungen auf den Weg gebracht, die bisher aber nicht verabschiedet wurden. Dazu gehört auch das Kritis-Dachgesetz und die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie der EU.
Neben Gesetzentwürfen kann der Bundesrat auch sogenannte Entschließungen beschließen, um auf Probleme aufmerksam zu machen. Seit 2021 waren das mehr als 90. Zuletzt ging es etwa um die Sicherung von Arbeitsplätzen und Investitionen in der Automobilindustrie, einen Elterngeld-Anspruch für Pflegeeltern und die Einführung eines gestaffelten Mutterschutzes bei Fehlgeburten. Als Willenserklärung klingt das stark, aber es ist nicht viel daraus geworden.