Ein knappe Woche nach der Einigung im Streit um den Haushalt 2025 wird in allen Ressorts immer noch gerechnet, umgeschichtet und neu priorisiert. Doch nun werden die ersten Konsequenzen konkret. Den politischen Stiftungen etwa verordnet das BMZ eine Mittelkürzung in Höhe von rund 30 Millionen Euro im Vergleich zu 2024. Von rund 355 Millionen Euro, die das Schulze-Ressort noch 2021 ausschüttete, sollen im kommenden Jahr nur noch 300 Millionen bleiben. Als die Stiftungsvorsitzenden, die untereinander eng vernetzt sind, unlängst bei Svenja Schulze und Außenministerin Annalena Baerbock vorsprachen, war der Haushalt noch nicht geeint, und die Ministerinnen versprachen, für ihre Etats – und damit auch für die Stiftungsgelder – zu kämpfen.
Ihr Kampf war vergeblich, das Ergebnis ist bekannt: Beide Häuser müssen mit deutlichen Kürzungen zurecht kommen. Am Mittwochabend und Donnerstag informierte das BMZ die Stiftungen. Nun hat die Unruhe, die in allen Stiftungen seit Wochen rumort, eine reale Grundlage. Im BMZ wiederum, das überall bittere Wahrheiten aussprechen muss, der GIZ und den NGOs gegenüber genauso wie gegenüber den Kirchen und den Stiftungen, heißt es: „Wir sparen bei den Hungerprojekten und belassen bei den Stiftungen alles beim Alten? Das wäre schwer vermittelbar."
Bei den Stiftungen stellt sich nun die Frage: Welche Büros sollen geschlossen werden? Welche Projekte sollen entfallen? Wo sind noch Potenziale, um homöopathisch zu kürzen? Und vor allem: Gibt es noch eine Chance wie in früheren Jahren, in den Haushaltsverhandlungen der Parlamentarier bis November das eine oder andere Projekt zu retten?
Führende Vertreter der größeren Fraktionen sollen untereinander und mit ihren Haushältern bereits Kontakt aufgenommen haben, um die ärgsten Einschnitte zu verhindern. Dazu muss man wissen: Im Auslandsbereich unterhalten die Stiftungen in vielen Ländern Kontakte, wo sich die offizielle Diplomatie längst zurückgezogen hat oder auch gar nicht anschlussfähig ist. Die Stiftungen bereiten Auslandsreisen ihrer jeweiligen Abgeordneten vor, stellen Kontakte her und begleiten sie gegebenenfalls auch.
Besonders ausgeprägt ist der finanzielle Druck bei der Friedrich-Ebert-, der Friedrich-Naumann- und auch der Rosa-Luxemburg-Stiftung, wo schlechte Umfrageergebnisse ein schlechtes Wahlergebnis 2025 befürchten lassen – und damit zusätzliche Nachteile im Verteilungsschlüssel. Auch bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung soll es um eine Stellenzahl im zweistelligen Bereich gehen. Auffällig auch: Intern sind die fälligen Kürzungen in allen Stiftungen seit Wochen zwar Tuschelthema Nummer eins, nach außen will sich aber niemand zitieren lassen.
Konkret heißt das etwa für die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), dass von den derzeit rund 560 Stellen bis zu 80 auf der Kippe stehen, was rund 15 Prozent der Beschäftigten beträfe. Noch brisanter: Die Stellen sollen bis Ende 2025 entfallen, der Druck ist also hoch. Die Unruhe entlud sich Ende Juni auf einer Betriebsversammlung in Berlin, in der zahlreiche Fragen formuliert wurden, die Geschäftsführung aber eher ausweichend reagierte. Immerhin, so die Ansage, soll es möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen abgehen. Das Rezept: Vorruhestand und befristete Verträge, von denen es einige gibt, nicht verlängern. „Wir fahren jetzt auf Normalmaß zurück“, heißt es intern. Soll heißen, auf die Stellenzahl vor der Corona-Krise.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass alle Stiftungen fette Jahre hinter sich haben. Haushaltsmittel waren reichlich vorhanden, ihre Arbeit wurde wertgeschätzt, weil sie bei vielen Auslandsreisen hilfreich zur Seite standen, und wenn es an der einen oder anderen Stelle klemmte, schichteten die Haushälter aller Fraktionen in der novemberlichen Bereinigungssitzung noch einmal hilfreich um. Das ist vorbei. Nun ist Sparen angesagt, und auch das neue Stiftungsfinanzierungsgesetz erschwert Umschichtungen.
Nun ist guter Rat teuer, in ziemlicher Eile werden die Prioritäten neu definiert. Bei der FES etwa ist klar, dass die Auslandsbüros da und dort vielleicht abspecken müssen, aber nach Möglichkeit erhalten werden sollen. Denn alle wissen: Ein Büro, das einmal geschlossen ist, wird so schnell nicht wieder eröffnet werden. Die Auslandsarbeit hat bei den Ebert-Leuten nicht nur Tradition, sie wird auch in der Partei hochgeschätzt, und nicht umsonst übte Parteichef Lars Klingbeil zwar intern, aber dafür mehrfach und deutlich Kritik an den Kürzungen in den BMZ- und AA-Etats. Abstriche wird es mittelfristig deshalb wohl eher im Inland geben, in Bereichen wie dem FES-Managerkreis oder bei Themen wie Demokratieförderung und Gendergerechtigkeit.
Andere Schwerpunkte setzt die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Von einer „massiven Kürzung“ ist auch dort die Rede und von einer „Dimension, die man nicht mal eben auffangen kann“. Weil es auch bei der KAS schon für 2024 Kürzungen gab, entschied sich die Stiftungsleitung, unter anderem die Büros in Rangun (Myanmar) und Harare (Zimbabwe) zu schließen, weil sie jeweils nicht nur teuer waren, sondern auch erfolgreiche Projekte kaum mehr möglich schienen. Die regionalen Rechtsstaatsprogramme in Senegal und Kenia sollen zusammengelegt werden.
Unabhängig von der jüngsten Haushaltsentscheidung waren bei der Adenauer-Stiftung schon vorher Sondermittel gestrichen worden, so dass auch die vier regionalen Klima- und Energieprogramme in Hongkong, Marokko, Kenia und Peru eingestellt worden sind. Die Thematik soll auch künftig eine Rolle spielen, so heißt es von Seiten der Stiftung, aber eigenständige Projektlinien könnten damit nicht mehr aufrechterhalten werden. Wie in den anderen Stiftungen hält man die gesamte Sparoperation auch bei der Adenauer-Stiftung für grundfalsch: „In dieser geopolitischen Situation sollte man nicht ausgerechnet da kürzen, wo es um die politische Zusammenarbeit geht.“
Nicht ganz so aufgeregt war man zuletzt – noch – bei der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Fünf Büros unterhält sie im subsaharischen Afrika. Für 2024 seien keine Veränderungen für die Programmlinien oder Standorte vorgesehen, ließ eine Sprecherin wissen. Für das heikle kommende Jahr und die Perspektiven wollte die Stiftung dann, als ob sie überrascht worden wäre, keine Auskunft mehr erteilen. Große Zurückhaltung legt auch die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) an den Tag. Sollte es zu Kürzungen im derzeit geplanten Umfang kommen, „werden wir unser Engagement zurückfahren müssen“, kündigt ein hochrangiger HSS-Vertreter an. Auch er möchte lieber anonym bleiben. Auch über Details allfälliger Kürzungen will er wegen der anstehenden Verhandlungen zwischen Bundesregierung und den Haushältern des Bundestages nicht sprechen. Er hoffe aber, dass die Budgets für die Stiftungen am Ende nicht ganz so stark schrumpfen wie derzeit befürchtet.
Korrektur: Die derzeit schlechten Umfragen und ein möglicherweise schwaches Wahlergebnis 2025 bereiten vor allem SPD und FDP Sorgen; weniger den Grünen, die derzeit nur wenig unter dem Ergebnis von 2021 liegen. Wir haben die entsprechende Passage korrigiert.