Analyse
Erscheinungsdatum: 03. Dezember 2024

Einflussnahme von Eli Lilly: Fraktionen fordern Aufklärung von Karl Lauterbach 

Welchen Einfluss hatte das US-Pharmaunternehmen auf die Einführung von Geheimpreisen für Medikamente? Diese Frage ist am Mittwoch Thema im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Vertrauliche Unterlagen des Ministeriums werfen bei den Fachpolitikern Fragen auf.

Der Gesundheitsausschuss des Bundestags befasst sich am Mittwochmorgen erneut mit der Frage, inwiefern das US-Pharmaunternehmen Eli Lilly Einfluss auf die Einführung von Geheimpreisen für Medikamente genommen hat. Das Bundesgesundheitsministerium hat den Fachpolitikerin in dieser Woche vertrauliche Unterlagen übermittelt, über die im Oktober zuerst WDR, NDR, SZ und das Rechercheteam Investigate Europe berichtet hatten.

Daraus geht hervor, dass Eli Lilly die Investitionen für sein Werk in Rheinland-Pfalz an eine Bedingung knüpfte : Pharmaunternehmen sollen den Preis, den sie für Arzneimittel von den Krankenkassen erstattet bekommen, geheim halten dürfen. Die Hersteller müssen einen Rabatt gewähren, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss zu dem Ergebnis kommt, dass ein neues Präparat keinen nachweisbaren Zusatznutzen gegenüber bereits verfügbaren Medikamenten hat. Dieser Rabattpreis war bislang öffentlich. Mit der Verabschiedung des Medizinforschungsgesetzes hat die Ampel-Koalition diese Veröffentlichungspflicht abgeschafft. Eli Lilly könnte davon besonders profitieren: Das Unternehmen hat Ende letzten Jahres die Abnehmspritze Mounjaro auf den Markt gebracht, die gegen Diabetes hilft. Mit der Spritze Ozempic von Novo Nordisk gibt es jedoch bereits ein ähnliches Produkt.

In den Dokumenten zu Gesprächen mit Eli-Lilly-CEO Dave Ricks wird die Bedingung mehrfach erwähnt: „Eli Lilly knüpft seine Investitionsentscheidung an die Zusage der Bundesregierung, vertrauliche Rabatte bei innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen“, notierte der Leiter der Arzneimittel-Abteilung im BMG nach einem Gespräch mit Ricks am 30. August 2023. Mitarbeiter des Ministeriums warnten vor diesem Schritt. Karl Lauterbach entschied trotzdem anders. In den vorbereitenden Notizen für ein Gespräch mit Ricks am 15. September 2023 heißt es, dem CEO könne mitgeteilt werden, „dass das BMG dem Wunsch von Eli Lilly nachkommt und im Rahmen des MFG plant, vertrauliche Rabatte für den Herstellerpreis zu ermöglichen“.

Union und FDP fordern weitere Aufklärung. „Der Eindruck, die Bundesregierung könnte Auftragsarbeiter für ein einzelnes Unternehmen sein, ist fatal“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, Table.Briefings. Er nimmt neben Lauterbach jedoch auch das Bundeskanzleramt ins Visier. Sowohl Olaf Scholz als auch sein damaliger Staatssekretär und heutiger Finanzminister Jörg Kukies sollen Gespräche mit dem CEO von Eli Lilly geführt haben. „Über deren Inhalte konnte oder wollte bisher keiner der Vertreter der Bundesregierung im Gesundheitsausschuss Auskunft geben“, erklärt Sorge. Kristine Lütke, FDP-Obfrau im Gesundheitsausschuss, meint ebenfalls, Lauterbach gebe „in dieser Angelegenheit kein gutes Bild ab“. Sein Vorschlag sei „ohnehin erstaunlich“ gewesen, da eine komplette Vertraulichkeit unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen gehabt hätte. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren seien diese „glücklicherweise an strengere Bedingungen“ geknüpft worden.

Das BMG verteidigt die Entscheidung hingegen und betont, dass der Bau des Eli-Lilly-Werks in Alzey für die Rabattregel „keine Rolle“ gespielt habe. „Bei der Entscheidung ging es um die Sache“, erklärt ein Sprecher. Deutschland sei Referenzmarkt für viele andere europäische Staaten, die jedoch nicht transparent mit ihren Arzneimittelpreisen umgingen. „Heißt: Bei uns setzen die Unternehmen die Preise tendenziell höher an, um Rabatte im Ausland geben zu können“, so der Sprecher. Die neue Regel im Medizinforschungsgesetz sieht vor, dass Unternehmen im Gegenzug für vertrauliche Erstattungsbeiträge einen Preisnachlass von 9 Prozent gewähren und Arzneimittelforschung in Deutschland nachweisen müssen. Daher könnten durch die neue Konstruktion Beitragsgelder gespart und die Forschung gefördert werden.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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