Die Grünen hadern noch mit den jüngsten Niederlagen. Gleichzeitig beginnen sie, sich auf das vorzubereiten, was in großen Schritten näherkommt: die nächsten Wahlen. Nach Informationen von Table.Briefings soll Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, die Wahlkampfleiterin werden. Die Baden-Württembergerin ist Realo-Koordinatorin in der Bundestagsfraktion und kümmert sich im Ministerium um die Außenwirtschaftspolitik und Europapolitik. Sie gilt als durchsetzungsstark. Auf dem Parteitag Mitte November soll Robert Habeck als Kanzlerkandidat nominiert werden, spätestens Anfang November will er diese Entscheidung verkünden. Bis dahin sollen die wichtigsten Personalien stehen, außerdem bereitet die Parteispitze gerade die inhaltliche Positionierung vor.
Auch die inhaltlichen Schmerzpunkte werden erörtert, zum Beispiel in der Migrationspolitik. Denn eins ist klar: Habeck braucht den Rückhalt der Parteiführung. Das Verhältnis zu Außenministerin Annalena Baerbock soll sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert haben. Dazu kommen die Lehren aus den drei Wahlen: Europa, Sachsen und Thüringen. Wenn man in die Partei hineinhört, ob im Bund oder in den Ländern, wächst die Zahl derer, die von der Partei auch eine Neuaufstellung für den Wahlkampf erwarten. „Nicht umstürzend, aber so, dass wir wieder schlagkräftig sind“, sagt ein Mitglied aus der erweiterten Führung.
Noch aber sind nicht alle so weit. Ein Teil kämpft noch mit der Niederlage, der andere will loslegen. Hier ohne Verletzungen schnell voranzukommen, dürfte zur ersten großen Bewährungsprobe für Habeck werden. Was ihm dabei helfen könnte: Spätestens seit der Europawahl gibt es intern immer deutlichere Kritik an der Parteizentrale. Nicht so sehr an Ricarda Lang und Omid Nouripour, wohl aber an Bundesgeschäftsführerin Emily Büning. Hinzu kommt in vielen Ländern der Eindruck, dass in der Parteizentrale zu wenig Lebenserfahrung aus dem Alltag außerhalb der Hauptstadt vertreten sei. „Zu viel Berliner Blase, zu viele junge Leute aus der immergleichen Welt – das kann nicht gut gehen“, sagt eine hohe ostdeutsche Funktionärin.
Längst zeigen sich die Folgen der Regierungsbeteiligungen in Bund und Ländern. Zahlreiche fähige Leute sind in Ministerien gewechselt; die Löcher habe die Partei nur unbefriedigend stopfen können. Als die Partei in Hessen wieder in die Opposition wechselte, hätte das auch sein Gutes gehabt: Dass wieder erfahrene Leute für parteiliche Aufgaben in Berlin zur Verfügung stehen. Rufe nach einer Ablösung von Büning gibt es nur hinter vorgehaltener Hand. Als sie nach der Europawahl mal lauter gefordert wurde, folgte eine ostentative Solidarisierung vieler Grüner mit Büning. Brantner soll sie nicht ersetzen, sondern eine eigene Rolle bekommen, heißt es. Wie groß die Schmerzen noch immer sind und wie Partei und Fraktion diesen begegnen wollen, lesen Sie in der Analyse.