Analyse
Erscheinungsdatum: 24. Januar 2023

CO₂-Kosten: BMDV arbeitet mit sehr unterschiedlichen Zahlen

Angesetzte Schadenshöhe pro Tonne CO2
Bei der Co-Finanzierung des Schienen-Nahverkehrs bewertet das Verkehrsministerium jede Tonne eingespartes CO₂ neuerdings mit 670 Euro – wodurch mehr Projekte gefördert werden können. Bei den Fernverkehrsprojekten des Bundesverkehrswegeplans wird pro Tonne CO₂ dagegen nur ein Schaden von 145 Euro angenommen.

Auf die Frage, welchen finanziellen Schaden eine Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid (CO₂) anrichtet, gibt es sehr unterschiedliche Antworten – selbst innerhalb des Bundesverkehrsministeriums. Bei der Berechnung des volkswirtschaftlichen Nutzens von Investitionen in den Schienen-Nahverkehr hat das Haus von Volker Wissing(FDP) diesen Wert im letzten Sommer drastisch erhöht, um Projekte besser rechtfertigen zu können.

Statt wie bisher mit 149 Euro wird der Klimaschaden pro Tonne CO₂ seitdem mit 670 Euro angesetzt. Die Einsparung von CO₂ ist also rein rechnerisch um das Viereinhalbfache wertvoller geworden. Der neue Wert ist weitaus höher als unter der rot-grünen Koalition, die ihn im Jahr 2000 auf 231 Euro erhöht hatte – und sogar deutlich größer als der von Fridays for Future geforderte CO₂-Preis. Das Umweltbundesamt kommt auf diesen höheren Wert, wenn Schäden durch den CO₂-Ausstoß für künftige Generationen genauso hoch bewertet werden wie für die gegenwärtige; beim bisher üblichen Wert ist das nicht der Fall.

Der Bund kann durch die Änderung mehr regionale Schienenprojekte mitfinanzieren. Das ist nur dann zulässig, wenn die sogenannte „Standardisierte Bewertung“ einen volkswirtschaftlichen Nutzen ergibt – und das ist natürlich eher der Fall, wenn der Rückgang der CO₂-Emissionen mehr wert ist als bisher. Speziell die Elektrifizierung von Schienenstrecken mit niedrigen Tunneln, die wegen der hohen Baukosten durch die Tunnelvergrößerung in der Vergangenheit oft knapp an der Wirtschaftlichkeitsschwelle gescheitert ist, kann seitdem leichter mitfinanziert werden.

„Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit fallen nun z.B. die Faktoren Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung und Daseinsvorsorge stärker ins Gewicht“, hatte Verkehrsminister Wissing im Sommer erklärt. Und: „Das ist zeitgemäß.“

Im Fernverkehr rechnet der Bund allerdings noch nicht so „zeitgemäß“. Dort orientieren sich die Investitionen des Bundes am Bundesverkehrswegeplan – und darin wird der finanzielle Schaden pro Tonne CO₂ weiterhin bei nur 145 Euro angesetzt. Straßenprojekte erscheinen dadurch wirtschaftlicher, Schienenprojekte dagegen weniger wirtschaftlich.

Über die Frage, ob auch hier künftig der höhere Wert des UBA genutzt werden soll, gibt es im BMDV noch keine Einigung. Gegen die Änderung spricht dem Vernehmen nach, dass die Planungssicherheit gefährdet würde, wenn der derzeit gültige Verkehrswegeplan verändert würde. Dafür spricht, dass es schwer vermittelbar ist, warum eine eingesparte Tonne CO₂ im Nahverkehr viereinhalbmal so viel Schaden vermeiden sollte wie im Fernverkehr.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
Teilen
Kopiert!