Im Wahlkampf gehörte es zu den großen Themen von CDU und CSU: Die von der Ampel-Koalition eingeführte Cannabis-Legalisierung sollte in einer unionsgeführten Bundesregierung schleunigst wieder rückgängig gemacht werden. Carsten Linnemann hatte im Podcast Table.Today sogar angekündigt, das Gesetz in der ersten Kabinettssitzung wieder abschaffen zu wollen.
In den Koalitionsverhandlungen konnte man sich darauf mit der SPD jedoch nicht einigen. Und so ist die Cannabis-Legalisierung einer der vielen Konfliktpunkte, die in den Gesprächen nicht gelöst, sondern nur vertagt wurden.Im Herbst 2025 soll eine „ergebnisoffene Evaluierung“ des Gesetzes stattfinden. Mehr als dieser eine Satz ist im Koalitionsvertrag nicht zu finden. Und er spiegelt ohnehin kaum mehr als den Status quo wider, da auch im Ampel-Gesetz eine Evaluierung vorgesehen ist – nur zu einem späteren Zeitpunkt.
Viele Beobachter waren überrascht, dass sich die Union in den Verhandlungen vorerst nicht durchsetzen konnte. Denn auch in der SPD gibt es vor allem unter Innenpolitikern zahlreiche Cannabis-Skeptiker. Derzeit halten sich Sozialdemokraten aber bedeckt, was das Thema angeht. Aus Verhandlerkreisen ist zu hören, dass in der Gruppe der Innen- und Rechtspolitiker insbesondere Carmen Wegge die Legalisierung vehement verteidigt habe. Sie hatte das Thema in der Ampel als Berichterstatterin betreut und auch als persönlichen Erfolg gesehen.
In der Union konnte man mit der Formulierung im Koalitionsvertrag erst einmal leben. Zum einen, weil man im Hinterkopf hat, dass sowohl das Gesundheits- als auch das Innenministerium künftig von CDU und CSU geführt werden. Zum anderen aber auch, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse eindeutig seien. „Die Cannabis-Legalisierung war ein Irrweg“, sagt CDU-Rechtspolitiker Günter Krings Table.Briefings. Er ist davon überzeugt, dass die Evaluierung die „vielfach geäußerten Bedenken aus der Justiz, der Polizei und der Medizin“ bestätigen wird. Krings verweist auf aktuelle Studien aus Kanada, wonach es nach der dort erfolgten Legalisierung einen deutlichen Anstieg von Psychosen bei jungen Menschen gegeben habe. Zudem habe die Legalisierung den Schwarzmarkt nicht wie erhofft ausgetrocknet, sondern die Arbeit von Dealern zusätzlich erleichtert, da sie bis zu 25 Gramm mit sich führen können – ohne Sorge, deswegen bestraft zu werden.
Ob eine komplette Abschaffung des Gesetzes rechtlich überhaupt durchsetzbar wäre, ist unter Fachpolitikern umstritten. Zumindest den Besitz und den Anbau von Cannabis zum Eigenbedarf halten viele für strafrechtlich nicht sanktionierbar. Die „Cannabis Social Clubs“ hingegen könnten schon eher auf den Prüfstand gestellt werden. „Wenn Vereine die Möglichkeiten des Cannabis-Freigabe-Gesetzes genutzt haben, haben sie das von Anfang an auf eigenes Risiko getan“, erklärt Krings. Einen Vertrauensschutz auf ewige Weitergeltung beschlossener Normen gebe es nicht.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hofft darauf, dass die neue Bundesregierung nach der Evaluierung zumindest Nachbesserungen am Gesetz vornimmt. „Es ist offensichtlich, dass dieses Gesetz erhebliche Mängel aufweist, insbesondere wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Cannabiskonsums zu schützen“, sagt der CDU-Politiker, der die Verhandlungen der Gesundheits-AG für seine Partei geleitet hat, Table.Briefings. Trotz des Kompromisses im Koalitionsvertrag macht auch er aus seiner grundsätzlichen Haltung kein Hehl: „Am besten wäre es, wenn das Gesetz wieder abgeschafft werden würde.“