Analyse
Erscheinungsdatum: 08. Mai 2025

Bauen und Wohnen: Die größten Baustellen von Verena Hubertz

Mit der Aussage „Die Bagger müssen wieder rollen“ gab die neue Bauministerin schon die Richtung vor. Sie wird sich aber auch anderen Themen widmen müssen. Ein Überblick.

Zum Start bekam die neue Bauministerin von ihrer Vorgängerin Klara Geywitz einen Helm. Was sie dabei sagte, ist nicht bekannt, weil die Amtsübergabe nicht öffentlich war. Für die nach Reem Alabali-Radovan (35) mit 37 Jahren jüngste Ministerin der Regierung ist der Bereich jedenfalls nicht neu: Als stellvertretende Fraktionsvorsitzende war Verena Hubertz schon in der vergangenen Legislaturperiode für Bauen und Wohnen zuständig. Die ersten Reaktionen aus Interessensverbänden der Branche waren daher auch recht positiv. Neben großen Projekten wie der angekündigten Reform des Gebäudeenergiegesetzes und der Schaffung von Wohnraum allgemein wird sich die Rheinland-Pfälzerin auch kleineren Themen widmen müssen. Eine Auswahl:

Die Ende 2025 auslaufende Mietpreisbremse als bisher eher ineffektives Instrument soll um vier Jahre, also bis 2029, verlängert werden. Das hatte schon die Ampel-Koalition vor, wurde dabei aber von der FDP gestoppt. Denn das Mietrecht verantwortet das Justizministerium. Da diesmal beide Häuser bei einer Partei liegen, sollte es zumindest an dieser Front keine Probleme geben. Der Mieterbund (DMB) gratulierte denn auch gleich sowohl Hubertz als auch Stefanie Hubig zu ihrem neuen Amt. Direkt bei ihrer ersten Amtsansprache kündigte Hubig an, die Verlängerung schnell auf den Weg bringen zu wollen.

„Mini-Reförmchen oder faule Kompromisse wie in der Vergangenheit werden nicht reichen, sind aber zum Glück auch nicht vorgesehen“, hieß es von DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Wobei wie in anderen Politikfeldern auch hier absehbare Konflikte in eine Kommission verschoben wurden: Bis Ende 2026 soll eine Expertengruppe unter anderem die Einführung eines Bußgelds für Mietpreisbremsen-Verstöße und eine Reform des Mietwucher-Paragrafen im Wirtschaftsstrafgesetz vorbereiten.

„Wucher“ liegt bei einer Miete vor, wenn sie mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Der dazugehörige Paragraf kommt wegen bürokratischer Hürden nach mehreren Gerichtsurteilen kaum mehr zur Anwendung. Um das zu ändern, legte der Bundesrat bereits 2022 einen Gesetzentwurf vor, bei dem das BMJ wiederum verfassungsrechtliche Probleme sieht. Der Mieterbund seinerseits präsentierte im vergangenen Jahr ein Gutachten, wonach diese Bedenken unbegründet seien. Auch andere vom DMB angemahnten Punkte will die Koalition angehen, bleibt hier aber vage. Sich je nach Inflation erhöhende Indexmieten sowie möbliert und nur für kurze Zeit vermietete Wohnungen sollen einer „erweiterten Regulierung unterworfen“ werden, die Nebenkosten für Mieter „transparenter und einfacher nachvollziehbar“ sein.

Konkreter ist es bei den sogenannten Schonfristzahlungen: Kündigt ein Vermieter den Vertrag wegen ausbleibender Mietzahlungen, kann der Mieter innerhalb von zwei Monaten nachzahlen. Das hebt bisher aber nur die fristlose Kündigung auf, nicht die oft parallel ausgesprochene ordentliche Kündigung. Künftig soll das anders sein, zumindest einmalig. Das soll helfen, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Apropos: Der 2024 verabschiedete Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit „wird umgesetzt“, heißt es im Koalitionsvertrag. Mehr steht dazu nicht drin.

Auch hier dominieren in der Vereinbarung von Union und SPD Schlagwörter mit wenig Tiefenschärfe. Den Wohnungsbau wollen sie durch eine „Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive“ ankurbeln. Immerhin liegt die für die ersten 100 Tage angekündigte Reform des Baugesetzbuchs schon fertig in der Schublade, das Kabinett hatte sie im September 2024 verabschiedet. Die Novelle soll aber in zwei Schritten erfolgen. Der Fokus liegt zunächst auf der Einführung eines sogenannten Bauturbos: In „angespannten Wohnungsmärkten“ soll das Bauen ohne Erlass beziehungsweise Änderung eines Bebauungsplans möglich werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Ein zweiter Schritt soll dann eine „grundlegende Reform zur Beschleunigung des Bauens“ bringen.

„Das Wichtigste ist: bauen, bauen, bauen“, sagte Peter Hübner, Mitglied des Vorstands der STRABAG AG und Präsident der Deutschen Bauindustrie, im Podcast Table.Today. Alles andere müsse dem untergeordnet werden. Viele Fachleute außerhalb der Wirtschaft sehen das anders und fordern, auch der Bestand müsse in den Fokus rücken. Immer wieder genannt werden dabei ein Mietendeckel und eine längere Belegungsbindung für Sozialwohnungen. Die Ampel-Koalition hatte weder die angekündigten 100.000 Sozialwohnungen noch die berühmt-berüchtigten 400.000 Wohnungen pro Jahr insgesamt erreicht.

Im März stellte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) nun eine neue Prognose vor. Demnach braucht es für den Zeitraum 2023 bis 2030 jährlich etwa 320.000 Wohneinheiten. Berlin steht mit 23.000 an der Spitze, gefolgt von München (11.000), Hamburg (10.000) und Köln (5.000). Das Institut empfiehlt, die in den Ballungsgebieten zur Verfügung stehenden Flächen systematisch zu ermitteln und zu „aktivieren“. Gleichzeitig weist das Institut darauf hin, dass es wie in der Vergangenheit „unvorhersehbare Ereignisse“ geben könne, die sich auf die Nachfrage auswirken – etwa den starken Zuzug von Flüchtlingen.Die Prognose beruht auf dem Zensus von 2022 und besteht aus vier Komponenten. Mit 160.000 Wohnungen pro Jahr macht der „demografische Zusatzbedarf“ die größte aus. Hier geht es etwa um einen erwarteten leichten Bevölkerungsanstieg sowie die Zunahme von kleineren Haushalten. Der sich aus dem Alter von Gebäuden ergebende „Ersatzbedarf“ wird auf 110.000 geschätzt, der „Nachholbedarf“ (60.000) bezieht sich auf die Lücke zwischen Bevölkerungsentwicklung und Bautätigkeit. Davon abgezogen werden 10.000 Wohneinheiten pro Jahr, was sich laut BBSR durch den Leerstand in „nachfrageschwächeren Regionen“ ergibt. 2022 standen demnach fast zwei Millionen Wohnungen leer, wobei rechnerisch nur rund die Hälfte davon kurzfristig bezugsfähig sei.

Das BMWSB legte bereits im Januar eine Strategie zur sogenannten Leerstandsaktivierung vor, auf die sich auch die Prognose bezieht. Demnach könnte beispielsweise eine verbesserte ÖPNV-Anbindung dabei helfen, betroffene Regionen im Umfeld von Städten attraktiver zu machen. Manche Länder und Kommunen erwägen außerdem eine Leerstandssteuer oder erheben die seit Januar mögliche „Grundsteuer C“.

Der dritte Namensbestandteil des BMWSB steht öffentlich meist nicht im Fokus, betrifft aber zentrale Fragen wie die nach der Zukunft der Innenstädte. Weitere Aspekte betreffen beispielsweise Verbesserungen in der generellen Stadtplanung und die Anpassung von Städten und Gemeinden an den Klimawandel. Dazu kommen Angebote in Sachen Mobilität und Kultur sowie Unterstützung des sozialen Zusammenhalts durch Quartiersprojekte.

2024 wurde das brandenburgische Wittenberge als Standort für eine sogenannte Kleinstadt-Akademie ausgewählt. Es soll als bundesweites Netzwerk fungieren und ein „Schaufenster für innovative, praxistaugliche Lösungen“ werden. Ende Juni findet zum ersten Mal vor Ort auch der „Kleinstadt-Kongress“ statt. Am 10. Mai ist außerdem „Tag der Städtebauförderung“ im Rahmen einer gemeinsamen Initiative mit der Bauministerkonferenz, dem Städtetag sowie dem Städte- und Gemeindebund. Manche Veranstaltungen in dem Zusammenhang finden erst Mitte Mai statt.

Wichtiges Thema in dem Zusammenhang ist auch die im Koalitionsvertrag verankerte Vereinfachung von Förderprogrammen. Derzeit gibt es fast ein Dutzend KfW-Instrumente für Einzelpersonen und Familien. Künftig soll es nur noch zwei Programme geben, eines für den Neubau und eines für die Modernisierung. Schon lange klagen Kommunen, dass die Förderpraxis des Bundes allgemein zu komplex und von Misstrauen geprägt sei. Im Koalitionsvertrag versprechen die Regierungsparteien daher auch die Vereinfachung von Antrags- und Nachweisverfahren, eine zentrale Förderplattform sowie schnellere Entscheidungen über Zusagen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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