Direkt zu Beginn des neuen Jahres nehmen der Rat, die Kommission und das Parlament die Trilogverhandlungen über die EU-Verpackungsverordnung auf. Wegen der kontroversen Positionen zu dem Gesetz ist ungewiss, wie lang die Verhandlungen dauern werden. Die Verhandler streben eine Einigung vor dem Ende der Legislaturperiode an.
Das Parlament hatte im November seine Position angenommen, die den Kommissionsentwurf in vielen Bereichen deutlich abschwächt. Der Umweltrat, der Anfang der Woche seine allgemeine Ausrichtung beschlossen hat, hält die Ambitionen des Kommissionsentwurfs hingegen weitestgehend aufrecht.
„Der größte Knackpunkt in den Trilogverhandlungen wird mit Sicherheit die Frage sein, mit welchen Maßnahmen sich die Müllberge reduzieren lassen “, sagte Delara Burkhardt (S D) Table.Media. Die Sozialdemokratin hat als Schattenberichterstatterin die Parlamentsposition mitverhandelt. „Das betrifft insbesondere die Verbote von unnötigen Einwegverpackungen, zum Beispiel beim Verzehr von Speisen und Getränken in Gaststätten, Mehrwegquoten für Getränke und Transportverpackungen und Vorgaben gegen übergroße Verpackungen, die mehr Luft als Produkt enthalten.“
Die EU-Umweltministerinnen hätten hier die Umweltambitionen des Kommissionsvorschlags zum Glück weitestgehend intakt gehalten, sagte Burkhardt. „Das lässt sich vom Europäischen Parlament leider nicht behaupten.“ Eine rechte Mehrheit des Europäischen Parlaments habe fast jedem Lobbywunsch nachgegeben. „Zahlreiche Streichungen und Ausnahmeregeln lassen mich daran zweifeln, ob mit der Parlamentsposition die angestrebte Abfallreduktion überhaupt erreicht werden kann.“ Burkhardt hofft deshalb, dass das finale Gesetz in den Bereichen Verpackungsminimierung und Mehrweg der Position des Rates näher sein wird.
Konkret geht es zum einen um Artikel 22, in dem die Kommission ein Verbot bestimmter Einwegverpackungsformate vorschlägt. Das sind etwa Plastikverpackungen für Getränke-Sixpacks, frisches Obst und Gemüse unter einem Gewicht von 1,5 Kilogramm und Einwegbehälter in der Gastronomie für Speisen zum Mitnehmen.
Das Parlament streicht in seiner Position mehrere dieser Verbote und fügt dafür andere Verbote ein. Das sind zum Beispiel Verbote von Einweg-Schrumpfverpackungen für Koffer und von unnötigen Sekundärverpackungen wie der Pappschachtel, die eine Zahnpastatube umhüllt. Es fügt eine Ausnahmeklausel hinzu für Unternehmen, die 85 Prozent der Einwegverpackungsabfälle für die stoffliche Verwertung sammeln und anhand einer Lebenszyklusanalyse nachweisen können, dass die Einwegverpackung umweltfreundlicher ist. Die Kommission soll außerdem nicht die Möglichkeit erhalten, über delegierte Rechtsakte neue Verbote hinzuzufügen.
Der Rat übernimmt in seiner Ausrichtung die Vorschläge der Kommission mit einigen Änderungen: Das Einwegverbot für Obst und Gemüse zum Beispiel soll nur für Plastikverpackungen gelten; die Kommission soll neue Verbote hinzufügen können, jedoch nur über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.
Zum anderen geht es um Artikel 26 aus dem Kommissionsentwurf, der Mehrwegquoten für einige Verpackungsformate vorsieht. Das Parlament streicht die Quoten für den Take-away-Sektor und ergänzt weitreichende Ausnahmen für die anderen Sektoren. Diese machen den Artikel nahezu bedeutungslos.
Der Rat übernimmt die Vorschläge der Kommission und ergänzt etwa eine Ausnahme für Wein sowie die Möglichkeit für Unternehmen, sich zu dritt zusammenzutun, um die Mehrwegquoten für Getränke zu erreichen.
Hier warten also sehr kleinteilige Verhandlungen auf die drei EU-Institutionen. Eine Einigung über die beiden Artikel wird sehr schwer zu erreichen sein.
Nicht einfach wird darüber hinaus die Verhandlung über die chemischen Substanzen, die sich in Verpackungsmaterialien befinden dürfen. Das Parlament fordert ein Verbot von gesundheitsschädlichen Ewigkeitschemikalien (PFAS) und Bisphenol A in Verpackungen, die mit Lebensmitteln und damit auch mittelbar mit Menschen in Kontakt kommen. Der Rat fordert zunächst eine Untersuchung durch die Kommission, um diese Chemikalien möglicherweise in der Zukunft zu verbieten.
Die Trilogverhandlungen sollen im Januar beginnen. Nach Informationen von Table.Media ist das erste politische Treffen für den 10. Januar geplant, allerdings noch nicht offiziell bestätigt.
Mit Ausnahme der „rechten Seite des Europäischen Parlaments“ seien sich alle drei Institutionen einig, dass sie die Verhandlungen schnell abschließen und noch vor den Europawahlen im Juni abstimmen wollen, berichtet Delara Burkhardt. „So schaffen wir schnell Planungssicherheit für die Unternehmen, die die ersten Ziele der Verordnung schon in wenigen Jahren erfüllen müssen.“