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Eine kleine EU-Mission in Niger ist das richtige Signal

Von Ulf Laessing
Porträtfoto von Ulf Laessing mit Brille und blau-weißem Hemd.
Ulf Laessing leitet das Regionalprogramm Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung in Mali.

Niger ist derzeit die einzige Hoffnung der westlichen Partner in der Sahelregion, wo Dschihadisten, Putschisten und Russland auf dem Vormarsch sind. Das Land leidet wie Mali und andere Sahelstaaten unter schwacher Staatlichkeit, einem rasanten Bevölkerungswachstum und steigender Armut. Das alles spielt Dschihadisten und anderen kriminellen Gruppen in die Hände.

Anders als in Mali und in Burkina Faso mit seinen Militärregierungen gibt es mit Präsident Mohamed Bazoum in Niger einen gewählten Regierungschef, der auf den Westen als Partner setzt. Aber auch in Niger gibt es ein starkes antifranzösisches Sentiment, das pro-russische Trolls in den sozialen Medien ausnutzen, um Stimmung gegen Bazoums Kurs zu machen.

Neue Mission deutlich kleiner als EUTM

Die neue Niger-Mission soll eine Aufklärungseinheit der nigrischen Armee, eine technische Schule sowie weitere Kräfte ausbilden und basiert somit auf den Erfahrungen, der im Dezember ausgelaufenen deutschen Ausbildungsmission, wo die Bundeswehr in Tillia im Nordwesten des Landes eine Ausbildungsakademie gebaut hat. In der Hauptstadt wurde zudem eine Aufklärungseinheit ausgebildet und mit Drohnen und Nachtsichtgeräten ausgerüstet. Der Niger-Einsatz wird deutlich kleiner als die bisherige EU-Ausbildungsmission EUTM, die von 2013 bis 2022 tausende malische Soldaten ausgebildet hatte – ohne erkennbare Resultate.

Die malischen Streitkräfte sind immer noch in denkbar schlechtem Zustand – dies liegt zwar hauptsächlich an der Korruption innerhalb der malischen Armee. Die EU-Idee, wahllos Soldaten aus verschiedenen Einheiten in Grundfähigkeiten der Infanterie mit Spielzeuggewehren anstelle von richtigen Waffen auszubilden, war aber auch von Anfang an wenig erfolgversprechend. Trotzdem wurde das Mandat der Mission Jahr für Jahr erneuert und das Training erst beendet, als sich Mali russische Söldner als Partner ins Land holte.

Vorbild ist die bisherige Bundeswehr-Mission

Erfolge gab es hingegen bei der Ausbildung nigrischer Streitkräfte durch die Bundeswehr in den vergangenen Jahren – Deutschland hatte wie andere EU-Mitglieder jeweils eine Spezialkräfte-Einheit ausgebildet, die bessere Vorkenntnisse als die malischen Soldaten hatte. Man übte zudem mit scharfen Waffen und campierte zusammen in der Wüste.

Die Bundeswehr übergab zum Abschluss eine Ausbildungsakademie und ließ wie andere Europäer Personal da, um das Training und die über Jahre aufgebauten persönlichen Beziehungen fortzusetzen. Die nigrischen Kräfte einschließlich der Aufklärungseinheit werden seit ihrer Ausbildung im Dreiländereck mit Mali und Burkina Faso gegen Dschihadisten eingesetzt. Niger soll zudem Waffen und Ausrüstung im Wert von 40 Millionen Euro bekommen – dies wurde letzte Woche von ursprünglich 25 Millionen Euro heraufgesetzt.

Dieser Ansatz eines persönlichen Trainings mit geringem Personal soll der Leitgedanke der neuen EU-Mission werden. Der Einsatz geht zunächst mit zehn Mann an den Start – der erste deutsche Teilnehmer ist bereits in Niamey eingetroffen. Kommandeur ist ein Italiener und Chief of Staff ein Franzose. Die Mission wird viel mit mobilen Trainern arbeiten und daher mit einem Minimum an Personal erst einmal vor Ort auskommen – die Mission wird also viel kleiner als der Mali-Einsatz. Dort ist die Bundeswehr auch bis Mai 2024 noch mit 1200 Soldatinnen und Soldaten an einer Blauhelm-Mission beteiligt. Bei EUTM stellte die Bundeswehr bis 2022 bis zu 300 Mann.

Niger wird mit ausländischen Hilfen überschüttet

Ein anderer wichtiger Grund, warum die EU mit einer kleinen Mission in Niger startet, ist eine zunehmende anti-französische Stimmung in der Bevölkerung. Die Opposition lehnt die Stationierung ausländischer Truppen ab, es gab bereits Demonstrationen. Mehr als 2000 französische Truppen sind schon im Land, die zum Teil aus Nord-Mali dorthin verlegt wurden.

Französische Offizielle hatten nach dem Ende des Anti-Terror-Einsatzes im Nachbarland leichtfertig eine Verlegung nach Niger angekündigt und dann schnell zurückgerudert nach einem Aufschrei der Opposition. Niger macht zudem ungern multilaterale Abkommen und wollte deswegen wohl auch keine größere EU-Mission akzeptieren. Die Bundeswehr baut parallel ein Lazarett für rund 50 Millionen Euro.

Bei der Entscheidung für eine kleine Mission mag auch eine Rolle gespielt haben, dass Niger derzeit mit ausländischen Hilfen überschüttet wird – militärische Unterstützung, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Westliche Staaten fahren ihr Engagement in Mali und Burkina Faso wegen der dortigen Militärregierungen zurück und verlegen Personal und Hilfeprogramme nach Niger und Senegal, wo es demokratisch legitimierte Regierungen gibt.

Aufstockung hängt von Trainingsverlauf ab

In Niger, das zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, hat dies den unerwünschten Nebeneffekt, dass Korruption in die Höhe schießt, da es kaum staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure gibt, die die Hilfsprogramme umsetzen können. Weniger dürfte da eher mehr sein. Bei Bazoums Regierung verfestigt sich zudem die Einstellung, dass Niger als „die Guten“ alles verlangen können.

Niger hat etwa zusätzlich zur EU-Hilfe per bilateraler Abkommen umfangreiche militärische Ausrüstung von westlichen Ländern bekommen – Diplomaten sagen offen, dass zum Teil Material doppelt geliefert wurde, man aber Niger nicht „vor den Kopf stoßen wollte“. Eine kleine EU-Mission dürfte auch an Niger das richtige Signal sein, erst mal abzuwarten, wie das Training anläuft, bevor mehr Soldaten kommen.

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