Table.Briefing: Research

China: Unter Generalverdacht + Vorteil Quantencomputer + Standpunkt: CSC-Stipendium

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Ministerin, die andere Forschende aufgrund ihrer Herkunft zunächst einmal unter Generalverdacht stellt, sorgt in diesen Stunden für mannigfaltige Reaktionen – von Kopfschütteln bis Entsetzen. “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die kommunistische Partei verbergen, darüber müssen wir uns klar sein”, sagte Bettina Stark-Watzinger der “Welt”. Der härtere Ton, den in diesen Tagen viele in Berlin anschlagen, hat offenbar auch das Forschungsministerium erreicht. Tim Gabel analysiert die sich zuspitzende Debatte.

Während Bettina Stark-Watzinger wiederholt zu mehr Wachsamkeit bei Forschungskooperationen mit China aufruft, steht die Frage im Raum, ob seitens des BMBF eigentlich gangbare Lösungsvorschläge gemacht werden. Die beiden Würzburger China-Experten Doris Fischer und Hannes Gohli mahnen, dass etwa eine Aussetzung der CSC-Stipendien nicht automatisch alle Probleme löse – im Gegenteil, es würden neue entstehen.

Quantencomputer sollen Aufgaben lösen, die für klassische Rechner viel zu komplex sind. Doch eingelöst ist trotz langer und breiter Forschung bislang noch nichts bis wenig. Das könnte sich bald ändern, weiß Christian J. Meier: Schon in wenigen Jahren wollen mehrere Firmen und Forschergruppen einen “Quantenvorteil” erzielen. So könnte etwa die Logistik von Firmen profitieren, erklärt Experte Benedikt Fauseweh. Selbst wenn die Logistik dadurch nur geringfügig effizienter würde, “kann die Konkurrenz gute Nacht sagen.”

Wenn auch Sie gerade schlecht schlafen, weil die Zeitumstellung mal wieder alle Routinen durcheinander gebracht hat, sei Ihnen aus gesundheitlichen Gründen gesagt: Die durchgängige Normalzeit (Winterzeit) gilt nach bisherigen Erkenntnissen als Königsweg. Mehr erfahren Sie in diesem Briefing.

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Nicola Kuhrt
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Analyse

China-Debatte: Forschungsministerin stellt chinesische Forschende unter Generalverdacht

Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat zum wiederholten Male zur Wachsamkeit bei Kooperationen mit China im Wissenschaftsbetrieb aufgerufen. “Hinter jedem chinesischen Forscher kann sich die kommunistische Partei verbergen, darüber müssen wir uns klar sein”, sagte die FDP-Politikerin der “Welt”. Notwendig sei daher eine Überprüfung bestehender Kooperationsbeziehungen auch von Hochschulen, gerade bei Stipendiaten des staatlichen China Scholarship Council.

Öffentlich wollte sich auf Anfrage von Table.Media dazu gestern zunächst niemand äußern, aus Kreisen wissenschaftlicher Institutionen und Hochschulen waren allerdings deutliche Kritik und Populismus-Vorwürfe zu vernehmen. Im Hintergrund äußerten Gesprächspartner Erschrecken darüber, dass die Forschungsministerin mit solchen Aussagen alle Forschenden aus China unter Generalverdacht stelle. Das sei sowohl für konstruktive Beziehungen als auch für den Aufbau von dringend erforderlicher China-Kompetenz hinderlich.

“Debatte über Forschungssicherheit gerade erst begonnen”

Experten der Uni Würzburg sehen derweil eine große Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet. Zudem könne die pauschale Ablehnung von CSC-Doktorandinnen und Doktoranden zu einem ungewollten “social profiling” werden, schreiben die China-Forschenden Doris Fischer und Hannes Gohli in ihrem Standpunkt, den sie ebenfalls in der heutigen Ausgabe des Research.Table lesen. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler unter Generalverdacht der Spionage stellen würden, seien aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern. 

Stark-Watzinger warnte im Welt-Interview, China werde immer mehr zum systemischen Rivalen. “Bei globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel sollte es weiter Zusammenarbeit geben. Auch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China ist grundsätzlich wünschenswert.” Anders sehe es in sensiblen Bereichen aus, die militärische Relevanz hätten oder Menschenrechte beträfen, etwa Gesichtserkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz.

Debatte nimmt auch innerhalb der Community an Fahrt auf

“Wir haben die Debatte mit der Wissenschaft über Forschungssicherheit begonnen”, sagte Stark-Watzinger. Es gebe von Hochschulen und Forschungseinrichtungen den Wunsch nach Orientierung und Unterstützung. “Hier machen wir Angebote. Welche Maßnahmen darüber hinaus sinnvoll sind, erarbeiten wir gemeinsam mit der Wissenschaft”, sagte sie. Welche konkreten Angebote und Konzepte das BMBF für Hochschulen und Forschungsinstitute anbietet, darüber gab das Interview keinen Aufschluss.

Auch in der Community wird die Brisanz des Themas unterschiedlich eingeschätzt. Wer konkrete Einblicke in das Thema Forschungssicherheit habe, müsse sagen, dass klare Ansagen notwendig wären, hatte Nicolas Lunz, Exportkontrollbeauftragter der RWTH Aachen bereits in der vergangenen Woche Table.Media gesagt. Er verwies auf die Situation an deutschen Hochschulen: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung. Diese Doktoranden haben oft freien Zugang zu sensiblen Bereichen wie Halbleiter, Robotik, Quantencomputing.”

Wissenschaftliche Institutionen betonen Wissenschaftsfreiheit

Wissenschaftliche Institutionen wie die HRK und die DFG haben dem Naivitätsvorwurf dagegen in den vergangenen Tagen widersprochen. Forschungseinrichtungen seien “viel sensibler bezüglich der Risiken geworden”, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber dem Fachmagazin ScienceBusiness. Man sei “von dem naiven Ansatz” weggekommen und habe das ambivalente Verhältnis zu China besser verstanden.   Auch die DFG sieht die Verantwortung für die Bewertung bei den einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Hochschulen selbst.

Die Debatte hatte nach einer HRK-Veranstaltung an Fahrt aufgenommen, in der unter anderen auch Bettina Stark-Watzinger und ihr niederländischer Amtskollege Robertus Henricus Dijkgraaf, Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, teilnahmen. Dijkgraaf der gemeinsam mit Stark-Watzinger von der “Welt” interviewt wurde, verantwortet derzeit ein Gesetzesvorhaben, das die grundsätzliche Überprüfung von Nicht-EU-Akademikern vorsieht, die in den Niederlanden forschen wollen.

Stark-Watzinger: Keine Screening-Pläne in Deutschland

Auf die Frage, warum das Gesetzesvorhaben derzeit stockt, sagte Dijkgraaf der “Welt”, der Teufel liege im Detail. “Wir müssen sehr fein sezieren, um die Chancen der internationalen Zusammenarbeit nicht unnötig zu beschneiden und nicht mit zu viel Bürokratie zu belasten”. Das Screening in den Niederlanden solle eine Kombination des persönlichen Hintergrunds des jeweiligen Forschers, seines Forschungsgebiets und seines Einsatzorts sein. “Wir achten darauf, länderneutral vorzugehen, wollen nicht einzelne Länder ausschließen”, betonte Dijkgraaf.

Stark-Watzinger erteilte einem Screening von Forschungskooperationen in Deutschland in dem Interview eine Absage. Sie verwies darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland Verfassungsrang habe. Damit sei aber auch eine Verantwortung der Einrichtungen und der Forschenden verbunden. Das Risikobewusstsein in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei bereits stark gestiegen. “Zudem unterliegt auch das Wissenschaftssystem der Exportkontrolle. Das ist besonders für Dual-Use-Güter wichtig”, sagte die Bundesforschungsministerin.

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Experten sehen Quantencomputer kurz vor ersten praktischen Einsätzen 

Quantencomputer sollen nützliche Aufgaben lösen, die für klassische Rechner viel zu komplex sind, etwa neue Materialien designen oder Logistik optimieren. Doch eingelöst ist trotz vieler Jahre Forschung noch nichts davon. Das könnte sich bald ändern: Schon in wenigen Jahren wollen mehrere Firmen und akademische Forschergruppen einen “Quantenvorteil” erzielen, also erste praxisrelevante Problem per Quantencomputer lösen. 

Extrem schnelles Rechnen ist dank der Gesetze der Quantenphysik möglich. Winzige Teilchen können in einer Überlagerung zweier Zustände existieren. Damit lassen sich Quantenbits, kurz Qubits, realisieren, die die beiden Bitwerte 0 und 1 simultan aufnehmen können. Fügt man weitere Qubits hinzu, explodiert die Zahl der parallel darstellbaren Werte. Schon rund 70 Qubits können theoretisch mehr Werte verarbeiten, als es Atome auf der Erde gibt. Daher die Hoffnung, dass Quantencomputer im Handumdrehen die beste Lösung in einer gigantischen Anzahl an Möglichkeiten finden, wofür ein klassischer Rechner Jahrzehnte bräuchte. 

Ära der mittelgroßen verrauschten Quantencomputer erwartet 

Firmen wie IBM oder Google bieten Forschern per Cloud Zugriff auf Quantenprozessoren mit bis zu 433 Qubits (IBMs Prozessor “Osprey”). Diese haben bislang noch keinen Quantenvorteil erzielt. Dafür sind die Qubits noch zu fehleranfällig; bereits eine winzige Störung aus der Umwelt kann die Überlagerung von 0 und 1 zerstören. Verfahren, die Fehler zu korrigieren, stecken noch in den Kinderschuhen. Doch einige Aufgaben könnten schon lösbar sein, wenn man Fehler nur reduziert, statt zu korrigieren, glauben viele Experten. Sie erwarten eine “Noisy intermediate-scale quantum era”, kurz NISQ, auf Deutsch etwa “Ära der mittelgroßen verrauschten Quantencomputer”. 

“Für erste NISQ-Anwendungen braucht man mindestens 100 Qubits, die lange genug stabil sind, um mindestens 100 Rechenschritte auszuführen”, sagt Björn Pötter von der finnisch-deutschen Firma IQM. Welcher von vielen möglichen Wegen zu diesem Ziel führt, ist noch offen. Das lässt sich schon daran erkennen, dass neben großen Tech-Firmen weltweit über 70 Start-Ups an Quantencomputern arbeiten. Sie nutzen verschiedene Arten, um Qubits zu realisieren. IQM etwa baut auf supraleitende Schaltkreise. Aber auch elektrisch neutrale oder geladene Atome (Ionen), Photonen, oder in speziellen Halbleiterstrukturen gefangene Elektronen dienen als Qubits. 

Zusätzliche Qubits sollen Fehler reduzieren 

“Wir müssen alle diese Plattformen anschauen”, sagt Benedikt Fauseweh vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Denn jede Plattform hat ihre Vor- und Nachteile. Supraleitende Quantenprozessoren etwa lassen sich ähnlich fertigen wie Halbleiterchips. Deshalb arbeiten etwa Google oder IBM mit ihnen. Doch sie sind fehleranfälliger als etwa Ionen-Qubits. Photonische Qubits wiederum sind mobil, können also Information transportieren. “Welche Anwendungen auf welchen Plattformen am besten laufen, ist im Vorhinein schwer zu sagen”, sagt Fauseweh. Das DLR verfolge mehrere Ansätze, sagt er. “Ich bin optimistisch, dass wir in kurzer Zeit etwas Nützliches liefern.” 

Derzeit scheinen supraleitende Qubits die Nase vorn zu haben. IBM will noch in diesem Jahr einen Chip mit über tausend Qubits vorstellen. Doch die Masse allein genügt nicht, genauso wichtig ist die Qualität der Qubits. Benachbarte Qubits beeinflussen sich gegenseitig, was Fehler verursacht. Selbst in NISQ-Geräten dürfe ein Qubit aber nur 0,01 Prozent seiner Rechenschritte falsch machen, schätzt Pötter. “Das ist eine Herausforderung, die aber in den nächsten Jahren zu meistern ist”, sagt er. IQM baut in seine Chips zusätzliche Qubits ein, die Fehler reduzieren. Die Firma will bis 2025 einen Quantenvorteil erzielen. 

Übergangsmetall in Simulation 

Ihren ersten Nutzen werden NISQ-Rechner beim Simulieren von Molekülen und Festkörpern haben, erwarten die meisten Experten. “Das sind oft Anwendungen, die mit klassischen Rechnern gar nicht gehen”, sagt Michael Marthaler vom Karlsruher Startup “HQS Quantum Simulations“. Quantencomputer sind prädestiniert für das Simulieren von Materialien, da sie die vielen quantenphysikalischen Überlagerungen in diesen direkt abbilden können. Klassischen Rechnern fehlt hierfür bei weitem die Speicherkapazität.  

HQS Quantum Simulations entwickelt Software für solche Quantensimulationen, die diese auch für Industrieunternehmen nutzbar machen. Als Beispiele nennt Marthaler die Simulation von sogenannten Übergangsmetallen, die für diverse technische Anwendungen essentiell sind, darunter Solarzellen oder Batterien. 

Ein Vorteil bei Optimierungsproblemen könnte bis 2026 erzielt werden, schätzt Pötter. Ein Beispiel ist das geplante Be- und Entladen von Millionen E-Fahrzeugen, um Schwankungen bei Wind- und Sonnenstrom auszugleichen, aber so, dass die Batterien immer genug geladen sind, wenn das Auto gebraucht wird. Auch die Logistik von Firmen könnte profitieren. “Selbst wenn der Quantencomputer die Logistik nur geringfügig effizienter macht, kann die Konkurrenz gute Nacht sagen”, meint Fauseweh. Das DLR will NISQ-Rechner selbst nutzen, um Raummissionen effizienter zu planen. 

Viele Gruppen arbeiten am Quantenvorteil 

NISQ-Geräte sollen nicht immer allein arbeiten, sondern im Tandem mit klassischen Rechnern. “Normale Rechner sind sehr stark, wir wollen sie nicht komplett ersetzen”, sagt Fauseweh. So genannte Quanten-Co-Prozessoren sollen nur die Schwächen von klassischen Rechnern ausgleichen. 

Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching bei München testet im Projekt “Q-Exa” die Integration der zwei Arten von Computer. Derzeit werden dort verschiedene Quantencomputer installiert. “Wir wollen ausloten, wie Quantencomputer die klassischen Rechner unterstützen können, etwa bei der Analyse der Daten von Erdbeobachtungssatelliten”, sagt LRZ-Leiter Dieter Kranzlmüller

Da viele Gruppen mit Hochdruck am Quantenvorteil arbeiten, ist es wahrscheinlich, dass er in den nächsten paar Jahren auch erreicht wird. Wegen der immer noch vorhandenen Ungewissheiten bleibt es spannend, wer diesen Durchbruch zuerst erzielt. Es ist lange nicht ausgemacht, dass es einer der großen Tech-Konzerne sein wird. 

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Termine

1.-10. November 2023, Berlin
Wissenschaftsfestival Berlin Science Week Mehr

6. November 2023, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin
Impuls, Podiumsdiskussion “Brücken bauen – Studierende und Wissenschaft Säulen des Gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Integration” Mehr

7. November 2023, Akademie der Wissenschaften, Berlin
Akademientag Was ist gerecht? – Gerechtigkeitsvorstellungen im globalen Vergleich Mehr

7. November 2023, 10-14 Uhr, Kosmos, Berlin
Konferenz Zukunftsforum24: Innovationen – Treibstoff für den Wohlstand von morgen Mehr

7.-9. November 2023, Berlin
Konferenz Falling Walls Science Summit 2023 Mehr

15.-17. November 2023, Bielefeld
Konferenz Forum Wissenschaftskommunikation – Kontrovers, aber fair – Impulse für eine neue Debattenkultur Mehr

16. November 2023, Wilhelm Büchner Hochschule, Darmstadt
Tagung WBH Wissenschaftsforum 2023 – “Transformation gestalten” Mehr

16. November 2023, 17:00-18:30 Uhr, Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin und Online
Diskussion Holistischer Helfer oder befangene Blackbox? Chancen und Risiken von KI in der Hochschullehre Mehr

News

DFG: Belegmaterial soll in die Sammlungen

Die Senatskommission für Erdsystemforschung (SKE) und die Ständige Senatskommission für Grundsatzfragen der biologischen Vielfalt (SKBV) sprechen sich gemeinsam für einen nachhaltigen Umgang mit biologischem Belegmaterial in wissenschaftlichen Sammlungen aus. Hierzu werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gebeten, bereits bei der Beantragung von Forschungsprojekten einen verantwortungsvollen Umgang mit dem zu sammelnden Tier- und Pflanzenmaterial zu planen und dadurch einen nachhaltigen Mehrwert anzustreben, schreiben die Kommissionen. Als Hilfestellung werde eine Listung der Minimaldaten zu gesammeltem Belegmaterial, die für die Hinterlegung in etablierten Sammlungen nötig ist, bereitgestellt.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich im Rahmen der CBD (Convention On Biological Diversity) verpflichtet, an der Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt mitzuwirken. Naturwissenschaftliche Museen spielten dabei als Forschungs- und Serviceeinrichtungen mit ihren komplementären Forschungskompetenzen und Sammlungsschwerpunkten neben vielen weiteren Institutionen eine zentrale Rolle, heißt es in einer Erklärung. Die Museen verfügen bereits über umfangreiches wissenschaftliches Sammlungsmaterial, dessen Beforschung künftig vor dem Hintergrund des Nagoya-Protokolls sowie der Übereinkunft zu Access and Benefit Sharing (ABS) an Bedeutung zunehmen werde. nik

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Experten kritisieren weltweite Vorbereitung auf Pandemien

Viele Länder sind nach wie vor schlecht auf eine mögliche Pandemie vorbereitet, mahnt die unabhängige Beobachtungsstelle Gesundheits-Krisenvorsorge (GPMB) am Montag. Die Organisation macht mehrere Vorschläge, um die Krisenvorsorge weltweit zu verbessern, Forschung und Entwicklung an neuen Medikamenten dürfe nicht wie bei Corona auf wenige Ländern konzentriert sein.

Im Jahr 2020 traf die Corona-Pandemie die Welt unvorbereitet. Noch immer sei die Krisenvorsorge mangelhaft, kritisiert nun die GPMB in einem Bericht. 2018 hatten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltbank diese eingerichtet, unter anderem als Reaktion auf einen verheerenden Ebola-Ausbruch in Westafrika. Die Beobachtungsstelle soll die Vorbereitungen in der Welt analysieren und Empfehlungen machen. Im Zuge der Corona-Pandemie sei einiges getan worden, hält sie fest, aber manche Länder hätten ihre Vorkehrungen, um auf ähnliche Krisen schnell reagieren zu können, wieder zurückgefahren und in anderen Ländern gebe es kaum Fortschritte.

F&E darf nicht in wenigen Ländern konzentriert sein

Die Organisation macht mehrere Vorschläge, um die Krisenvorsorge weltweit zu verbessern. Länder müssten ihre Überwachung stärken, um neue Krankheiten frühzeitig erkennen zu können. Dazu müssten Datenerhebung und Analysekapazität verbessert werden. Ärmere Länder brauchten finanzielle Unterstützung und einen Schuldenaufschub, um Ressourcen bereitstellen zu können. Ein geplanter Fonds mit zehn Milliarden Dollar für Pandemievorbeugung und -vorbereitung müsse dringend finanziert werden.

Die Zivilgesellschaft müsse in alle Vorbereitungen besser eingebunden werden. Die Co-Vorsitzende der Organisation, die frühere kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović sagte, mangelndes Vertrauen zwischen Ländern und zwischen Bürgern und Behörden mache gute Pandemievorbereitung schwierig. “Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs, diese Spaltungen zu überwinden und einen neuen Weg einzuschlagen, der auf der gemeinsamen Erkenntnis beruht, dass unsere künftige Sicherheit von sinnvollen Reformen und einem Höchstmaß an politischem Engagement für die gesundheitliche Notfallvorsorge abhängt.” nik / dpa

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Postdocs sind unzufrieden mit Bezahlung und Perspektiven

In der deutschen Debatte, um die Gesetzesnovelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) stehen sie und ihre Arbeitsbedingungen derzeit im Mittelpunkt: die Postdocs. Das Journal “Nature” hat jetzt in einer repräsentativen Umfrage Postdocs aus 93 Ländern zu ihrer Zufriedenheit befragt. Die Nachwuchswissenschaftler durften Stellung dazunehmen, wie zufrieden sie mit ihrer Arbeit sind – und wie optimistisch sie ihre Zukunft sehen. Zwar sind die Postdocs sowohl in der Wissenschaft (53 Prozent) als auch in der Industrie (65 Prozent) grundsätzlich mit ihrem Job zufrieden, deutliche Abzüge gibt es aber in der “B”- wie Beschäftigungsnote.

Nachholbedarf bei Zukunftsperspektiven

Demnach sind nur 29 Prozent der Postdocs mit der “Jobsicherheit” zufrieden. Ob das weltweit an Kettenverträgen und zu wenigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten liegt, hat die Studie zwar nicht erhoben, trotzdem sprechen Zahlen und Aussagen der Postdocs dafür, dass es im Bereich der Perspektiven Nachholbedarf gibt. Die eigene Zukunftsperspektive wird immerhin im Jahr 2023 schon wieder deutlich positiver beurteilt, als in der letzten Umfrage dieser Art, die noch zur Zeit der Corona-Pandemie stattgefunden hatte. Trotzdem ist eine knappe Mehrheit der Befragten (42 Prozent) skeptisch, was ihre berufliche Zukunft angeht. 41 Prozent der Befragten glaubt an eine positive Perspektive. Der Rest wollte sich dazu nicht äußern.

Mit ihrem Gehalt und den Vorgesetzten bzw. Führungskräften in ihrer Organisation sind die Postdocs zum überwiegenden Teil nicht zufrieden. Dagegen beurteilen sie das Interesse an der eigenen Arbeit (mit dem 75 Prozent aller Postdocs zufrieden sind), den Grad ihrer Unabhängigkeit (73 Prozent), aber auch die Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen (71 Prozent) zu großen Teilen positiv. An der Befragung von “Nature” haben insgesamt 3.838 Menschen teilgenommen. tg

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Standpunkt

CSC-Stipendium: Aussetzung ist kein Garant für Sicherheit

Von Doris Fischer und Hannes Gohli

Die Entscheidung der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Nürnberg-Erlangen bis auf Weiteres keine Promotionsstipendiat:innen des China Scholarship Council (CSC) mehr aufzunehmen, hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Laut Medienberichten werden vom CSC geförderte Doktorand:innen aufgrund von Sicherheitsbedenken vorerst keinen Zugang zur Forschung an der FAU bekommen.

Die Entscheidung der FAU folgt offenbar einer Kritik durch das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) hinsichtlich der Umsetzung von Regeln des BAFA im Zusammenhang mit der Zulassung von CSC-Stipendiatinnen und Stipendiaten. Dabei wird die Entscheidung auch in den Kontext der von der Bundesregierung erlassenen Chinastrategie gestellt, die erhöhte Vorsicht im Umgang mit chinesischen Hochschulen fordert.

Ministerin äußert Spionageverdacht gegenüber Forschenden

Entsprechend betonte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger in einem im August erschienen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ganz aktuell in der Montagausgabe der “Welt” die Risiken der Kooperation mit China. Unter anderem sprach sie über den möglichen Missbrauch von Forschung, ausländische Einflussnahme und den ungewollten Abfluss von Know-how und Technologie ins Ausland.

Von CSC-Stipendiatinnen und Stipendiaten wird befürchtet, dass sie, weil sie ein staatliches Stipendium erhalten, unter besonderem Druck stehen, an den Staat zu berichten. Dabei ist die Befürchtung, dass diese Berichtspflicht sich nicht auf ihre Forschungsfortschritte beschränkt, sondern dass sie auch Forschungsgeheimnisse berichten sollen, die ihnen aus der Mitarbeit in Forschungsteams deutscher Hochschulen zugänglich werden.

Spionage ist nicht an Nationalität und Stipendium gebunden

In einem solchen Fall ist der Unterschied zur Spionage nicht mehr groß, gleichzeitig stellt die vermutete Druckausübung ein ethisches Problem dar, da sie nicht vereinbar ist mit unseren Vorstellungen von Forschungsfreiheit. So weit, so einfach. Allerdings gilt es bei genauerer Betrachtung einiges zu bedenken: Spionage kann auf vielen Wegen erfolgen. Sie ist nicht an eine bestimmte Nationalität gebunden.

Auch andere Staaten können Druck auf ihre Stipendiaten ausüben, wenn sie dies für opportun halten. Und Einheimische können – aus welchen Gründen auch immer – geneigt sein, Informationen abzugeben. Ferner ist Spionage nicht an eine bestimmte Finanzierungsform gebunden. Auch anders finanzierte Studierende oder Doktorand:innen können bereit sein, nach Hause zu berichten, sei es, weil sie auch ohne Stipendium staatstreu eingestellt sind, sei es, weil der chinesische Staat andere Wege findet, um Druck auszuüben.

Ablehnung von CSC-Doktorand:innen: ungewolltes “social profiling”

Um es etwas drastisch zu formulieren: Kinder reicher Parteikader sind nicht auf staatliche Stipendien angewiesen. Die Aussetzung der Annahme von CSC geförderten Doktorandinnen und -doktoranden ist also kein Garant für die Vermeidung von Risiken. Sie birgt zugleich die Gefahr, interessante junge Wissenschaftler:nnen und Wissenschaftler, die auf Stipendien angewiesen sind, ungerechtfertigt pauschal zu verdächtigen. Neben der Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet, kann die Ablehnung von CSC-Doktorand:innen zu einem ungewollten “social profiling” werden. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler:innen unter Generalverdacht der Espionage stellen, sind aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern. 

Risiken können in den komplexen Interessensverflechtungen, die in globalen (nicht nur chinesischen) Forschungskooperationen vorherrschen, nie ganz beigelegt werden. Bei der Aufgabe, die Chancen und Risiken der transnationalen Forschung zu evaluieren, geht es also darum, bestehende Risiken zu identifizieren, zukünftige Risiken zu antizipieren und Forscher:innen zu sensibilisieren. Die deutsche Wissenschaftslandschaft ist aktuell gut gewappnet, mit Risiken umzugehen.

Deutsche Wissenschaft ist gut gewappnet

Einzelne Hochschulen, wie auch die Universität Würzburg, haben dezidierte China-Kompetenzzentren geschaffen, die Forscher:innen bei der Kooperation mit chinesischen Partner:innen (sowohl auf individueller, als auch institutioneller Ebene) zur Seite stehen. In regelmäßigen Treffen des Verbunds der Chinazentren an Deutschen Hochschulen tauschen sich Vorstandsmitglieder der einzelnen Kompetenzzentren mit Verwaltungspersonal von International Offices, der Ausfuhrkontrolle und der Kommissionen für Ethische Fragen aus.

Auch Leitfragen (HRK), Wegweiser (KIWI Kompass), Anweisungen (DVCS), Informationsbroschüren (Gemeinsamer Ausschuss) und Handbücher zur Exportkontrolle (BAFA) wurden entwickelt, um Lösungsansätze für Fragen, die in der Kooperation mit China entstehen, zu bieten. Neue Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Programm “RegioChina” gefördert werden, zielen darauf, über diverse Formate Forscher:innen und Verwaltungspersonal zu sensibilisieren und besser für die Kooperation mit China vorzubereiten.

Deutschland profitiert vom Forschungsaustausch mit China

In den vielen Diskussionen, die sich in den vorgenannten Austauschforen entwickelt haben, besteht weitgehend Konsens, dass es nicht darum gehen kann, die Kooperation mit China in Forschung und Lehre aufzukündigen. Keiner ist gezwungen, mit China zu kooperieren, aber es ist auch nicht zu verkennen, dass die Kooperation in vielen Forschungsbereichen attraktiv ist. Neben dem fachlichen Wissensaustausch profitieren deutsche und chinesische Wissenschaftler:innen von der “Horizonterweiterung”, die mit Forschungsaufenthalten im jeweils anderen Land einhergehen.

Gewappnet mit Werkzeugen der Risikominimierung und des fachübergreifenden Austausches profitiert die deutsche Wissenschaft daher nicht nur fachlich, sondern auch menschlich vom Austausch mit China. Daraus ergibt sich das Fazit, dass es neben Fortbildungen darauf ankommt, den Einzelfall zu prüfen. Jedoch sind Einzelfallentscheidungen aufwendig und leichter an Hochschulen zu organisieren, die über Chinakompetenzzentren und/oder Sinologien verfügen.

Pauschale Maßnahmen blenden möglichen Gewinn aus

Für andere Hochschulen und Forschungseinrichtungen bedarf es zusätzlicher und längerfristig angelegter Unterstützung. Obwohl die Chinastrategie der Bundesregierung die Notwendigkeit des Kompetenzaufbaus im Umgang mit China unterstreicht, wird nicht deutlich, wie diese Unterstützung längerfristig organisatorisch und finanziell gewährleistet werden soll. Damit besteht die Sorge, dass Institutionen und Wissenschaftler:innen sich angesichts des wiederholten Aufrufs, nicht “naiv” mit China zusammenzuarbeiten, allein gelassen fühlen und die Zusammenarbeit einfach einstellen.

Wir wollen die vorhandenen Risiken keineswegs negieren; in der Forschung in und mit autoritären Regimen gelten besondere Regeln, es müssen also gesonderte Sicherheitsmechanismen und institutionalisierte Evaluierungsstrukturen geschaffen werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch an den möglichen Gewinn aus Forschungskooperation mit China erinnern, den pauschale Maßnahmen wie der Ausschluss von CSC geförderten Doktoranden ausblenden.

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Personalien

Michael Hoch ist vom Deutschen Hochschulverband (DHV) als “Rektor des Jahrzehnts” geehrt worden.  Der Entwicklungsbiologe ist seit 2015 Rektor der Universität Bonn und neuer Präsident der Studienstiftung.

Holger Hanselka wird am 9. November als langjähriger Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) verabschiedet. Für den neuen Fraunhofer-Präsidenten gibt es ab 15 Uhr ein feierliches Symposium.

Giorgio Sangiovanni übernimmt die Exzellenz-Professur “Computational Quantum Materials” am Würzburg-Dresdner-Exzellenzcluster ct.qmat.

Friederike Otto ist mit dem Deutschen Umweltpreis 2023 ausgezeichnet worden. 2015 hat Otto die Initiative World-Weather-Attribution (WWA) mit begründet.

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Geburtstage

Geburtstage 231031

Samstag, 4. November

Katrin Staffler (CDU), MdB im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, 41

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Dessert

Wie fühlen Sie sich heute? Erholter durch die eine Stunde zusätzlichen Schlaf vom Wochenende oder durcheinander, weil das Zeitgefühl nicht mehr zur Tageszeit passt? Froh über mehr Licht beim Weg zur Arbeit oder Frust über den frühen Sonnenuntergang? Hinlänglich bekannt ist, dass die Deutschen die Zeitumstellung inzwischen mehrheitlich ablehnen. Das sagt zumindest die letzte große repräsentative Umfrage aus diesem Jahr. Allerdings wurde sie im März durchgeführt, was soll man denn da bitte sonst antworten?

Auch die EU hat schon abstimmen lassen. Im Jahr 2018 waren 84 Prozent der Befragten für ein Ende der Zeitumstellung. Aber auch hier Einspruch: Die Befragten stimmten zwar immerhin im jahreszeitlichen Niemannsland Juli und August ab, aber dafür war die Umfrage nicht repräsentativ. Das Fazit: Vielen Europäern ist das Thema gelinde gesagt egal und die, die sich genervt fühlen und eine Veränderung wollen, nehmen an solchen Umfragen vermutlich eher teil. Die meisten Befragten wollten übrigens am liebsten in einer ganzjährigen Sommerzeit leben.

Wissenschaft favorisiert die Normalzeit

Doch wissen die Menschen wirklich selbst am besten, was gut für sie ist? Was sagt denn die Wissenschaft dazu? Hier muss auch der aktuell wegen der geschenkten Stunde dankbare Sommerzeit-Fan anerkennen: Die Meinung ist ziemlich einhellig. Aus gesundheitlichen Gründen ist eine durchgängige Normalzeit (Winterzeit) nach bisherigen Erkenntnissen der Königsweg. Kurz gefasst liegt das daran, dass die Normalzeit noch am ehesten zum Biorhythmus passt, gegen den man besser nicht anleben sollte.

Dagegen gibt es wenig Evidenz dafür, dass die Zeitumstellung Energiesparen hilft. Hier scheint es eher so zu sein, dass die Energieersparnis von weniger künstlichem Licht am Abend durch früheres Heizen am Morgen wieder ausgeglichen wird. Auch ökonomisch gesehen, gibt es zur Abschaffung der Sommerzeit keine gravierenden wissenschaftlichen Widersprüche. Im Gegenteil halten Ökonomen die Flexibilisierung der Arbeit und Arbeitszeiten durch Corona für ein weiteres Argument, die Zeitumstellung jetzt abzuschaffen, weil Geschäftszeiten nicht mehr so starr sind wie früher.

Ändern wird sich vermutlich trotzdem erstmal nichts. Von einer politischen Einigung ist Europa momentan weit weg und Zeitinseln, also Alleingänge, soll es nicht geben. Sie lesen uns daher sicher im nächsten März wieder dazu! Tim Gabel

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Research.Table Redaktion

RESEARCH.TABLE REDAKTION

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    Während Bettina Stark-Watzinger wiederholt zu mehr Wachsamkeit bei Forschungskooperationen mit China aufruft, steht die Frage im Raum, ob seitens des BMBF eigentlich gangbare Lösungsvorschläge gemacht werden. Die beiden Würzburger China-Experten Doris Fischer und Hannes Gohli mahnen, dass etwa eine Aussetzung der CSC-Stipendien nicht automatisch alle Probleme löse – im Gegenteil, es würden neue entstehen.

    Quantencomputer sollen Aufgaben lösen, die für klassische Rechner viel zu komplex sind. Doch eingelöst ist trotz langer und breiter Forschung bislang noch nichts bis wenig. Das könnte sich bald ändern, weiß Christian J. Meier: Schon in wenigen Jahren wollen mehrere Firmen und Forschergruppen einen “Quantenvorteil” erzielen. So könnte etwa die Logistik von Firmen profitieren, erklärt Experte Benedikt Fauseweh. Selbst wenn die Logistik dadurch nur geringfügig effizienter würde, “kann die Konkurrenz gute Nacht sagen.”

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    Öffentlich wollte sich auf Anfrage von Table.Media dazu gestern zunächst niemand äußern, aus Kreisen wissenschaftlicher Institutionen und Hochschulen waren allerdings deutliche Kritik und Populismus-Vorwürfe zu vernehmen. Im Hintergrund äußerten Gesprächspartner Erschrecken darüber, dass die Forschungsministerin mit solchen Aussagen alle Forschenden aus China unter Generalverdacht stelle. Das sei sowohl für konstruktive Beziehungen als auch für den Aufbau von dringend erforderlicher China-Kompetenz hinderlich.

    “Debatte über Forschungssicherheit gerade erst begonnen”

    Experten der Uni Würzburg sehen derweil eine große Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet. Zudem könne die pauschale Ablehnung von CSC-Doktorandinnen und Doktoranden zu einem ungewollten “social profiling” werden, schreiben die China-Forschenden Doris Fischer und Hannes Gohli in ihrem Standpunkt, den sie ebenfalls in der heutigen Ausgabe des Research.Table lesen. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler unter Generalverdacht der Spionage stellen würden, seien aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern. 

    Stark-Watzinger warnte im Welt-Interview, China werde immer mehr zum systemischen Rivalen. “Bei globalen Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel sollte es weiter Zusammenarbeit geben. Auch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China ist grundsätzlich wünschenswert.” Anders sehe es in sensiblen Bereichen aus, die militärische Relevanz hätten oder Menschenrechte beträfen, etwa Gesichtserkennung mithilfe Künstlicher Intelligenz.

    Debatte nimmt auch innerhalb der Community an Fahrt auf

    “Wir haben die Debatte mit der Wissenschaft über Forschungssicherheit begonnen”, sagte Stark-Watzinger. Es gebe von Hochschulen und Forschungseinrichtungen den Wunsch nach Orientierung und Unterstützung. “Hier machen wir Angebote. Welche Maßnahmen darüber hinaus sinnvoll sind, erarbeiten wir gemeinsam mit der Wissenschaft”, sagte sie. Welche konkreten Angebote und Konzepte das BMBF für Hochschulen und Forschungsinstitute anbietet, darüber gab das Interview keinen Aufschluss.

    Auch in der Community wird die Brisanz des Themas unterschiedlich eingeschätzt. Wer konkrete Einblicke in das Thema Forschungssicherheit habe, müsse sagen, dass klare Ansagen notwendig wären, hatte Nicolas Lunz, Exportkontrollbeauftragter der RWTH Aachen bereits in der vergangenen Woche Table.Media gesagt. Er verwies auf die Situation an deutschen Hochschulen: “Wir haben hinter den chinesischen Doktoranden einen sehr strategischen Staat, der auch durch die Stipendienausgabe klare Anweisungen mitgibt, wie zum Beispiel eine regelmäßige Berichterstattung. Diese Doktoranden haben oft freien Zugang zu sensiblen Bereichen wie Halbleiter, Robotik, Quantencomputing.”

    Wissenschaftliche Institutionen betonen Wissenschaftsfreiheit

    Wissenschaftliche Institutionen wie die HRK und die DFG haben dem Naivitätsvorwurf dagegen in den vergangenen Tagen widersprochen. Forschungseinrichtungen seien “viel sensibler bezüglich der Risiken geworden”, sagte HRK-Präsident Walter Rosenthal gegenüber dem Fachmagazin ScienceBusiness. Man sei “von dem naiven Ansatz” weggekommen und habe das ambivalente Verhältnis zu China besser verstanden.   Auch die DFG sieht die Verantwortung für die Bewertung bei den einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Hochschulen selbst.

    Die Debatte hatte nach einer HRK-Veranstaltung an Fahrt aufgenommen, in der unter anderen auch Bettina Stark-Watzinger und ihr niederländischer Amtskollege Robertus Henricus Dijkgraaf, Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft, teilnahmen. Dijkgraaf der gemeinsam mit Stark-Watzinger von der “Welt” interviewt wurde, verantwortet derzeit ein Gesetzesvorhaben, das die grundsätzliche Überprüfung von Nicht-EU-Akademikern vorsieht, die in den Niederlanden forschen wollen.

    Stark-Watzinger: Keine Screening-Pläne in Deutschland

    Auf die Frage, warum das Gesetzesvorhaben derzeit stockt, sagte Dijkgraaf der “Welt”, der Teufel liege im Detail. “Wir müssen sehr fein sezieren, um die Chancen der internationalen Zusammenarbeit nicht unnötig zu beschneiden und nicht mit zu viel Bürokratie zu belasten”. Das Screening in den Niederlanden solle eine Kombination des persönlichen Hintergrunds des jeweiligen Forschers, seines Forschungsgebiets und seines Einsatzorts sein. “Wir achten darauf, länderneutral vorzugehen, wollen nicht einzelne Länder ausschließen”, betonte Dijkgraaf.

    Stark-Watzinger erteilte einem Screening von Forschungskooperationen in Deutschland in dem Interview eine Absage. Sie verwies darauf, dass die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland Verfassungsrang habe. Damit sei aber auch eine Verantwortung der Einrichtungen und der Forschenden verbunden. Das Risikobewusstsein in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei bereits stark gestiegen. “Zudem unterliegt auch das Wissenschaftssystem der Exportkontrolle. Das ist besonders für Dual-Use-Güter wichtig”, sagte die Bundesforschungsministerin.

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    Experten sehen Quantencomputer kurz vor ersten praktischen Einsätzen 

    Quantencomputer sollen nützliche Aufgaben lösen, die für klassische Rechner viel zu komplex sind, etwa neue Materialien designen oder Logistik optimieren. Doch eingelöst ist trotz vieler Jahre Forschung noch nichts davon. Das könnte sich bald ändern: Schon in wenigen Jahren wollen mehrere Firmen und akademische Forschergruppen einen “Quantenvorteil” erzielen, also erste praxisrelevante Problem per Quantencomputer lösen. 

    Extrem schnelles Rechnen ist dank der Gesetze der Quantenphysik möglich. Winzige Teilchen können in einer Überlagerung zweier Zustände existieren. Damit lassen sich Quantenbits, kurz Qubits, realisieren, die die beiden Bitwerte 0 und 1 simultan aufnehmen können. Fügt man weitere Qubits hinzu, explodiert die Zahl der parallel darstellbaren Werte. Schon rund 70 Qubits können theoretisch mehr Werte verarbeiten, als es Atome auf der Erde gibt. Daher die Hoffnung, dass Quantencomputer im Handumdrehen die beste Lösung in einer gigantischen Anzahl an Möglichkeiten finden, wofür ein klassischer Rechner Jahrzehnte bräuchte. 

    Ära der mittelgroßen verrauschten Quantencomputer erwartet 

    Firmen wie IBM oder Google bieten Forschern per Cloud Zugriff auf Quantenprozessoren mit bis zu 433 Qubits (IBMs Prozessor “Osprey”). Diese haben bislang noch keinen Quantenvorteil erzielt. Dafür sind die Qubits noch zu fehleranfällig; bereits eine winzige Störung aus der Umwelt kann die Überlagerung von 0 und 1 zerstören. Verfahren, die Fehler zu korrigieren, stecken noch in den Kinderschuhen. Doch einige Aufgaben könnten schon lösbar sein, wenn man Fehler nur reduziert, statt zu korrigieren, glauben viele Experten. Sie erwarten eine “Noisy intermediate-scale quantum era”, kurz NISQ, auf Deutsch etwa “Ära der mittelgroßen verrauschten Quantencomputer”. 

    “Für erste NISQ-Anwendungen braucht man mindestens 100 Qubits, die lange genug stabil sind, um mindestens 100 Rechenschritte auszuführen”, sagt Björn Pötter von der finnisch-deutschen Firma IQM. Welcher von vielen möglichen Wegen zu diesem Ziel führt, ist noch offen. Das lässt sich schon daran erkennen, dass neben großen Tech-Firmen weltweit über 70 Start-Ups an Quantencomputern arbeiten. Sie nutzen verschiedene Arten, um Qubits zu realisieren. IQM etwa baut auf supraleitende Schaltkreise. Aber auch elektrisch neutrale oder geladene Atome (Ionen), Photonen, oder in speziellen Halbleiterstrukturen gefangene Elektronen dienen als Qubits. 

    Zusätzliche Qubits sollen Fehler reduzieren 

    “Wir müssen alle diese Plattformen anschauen”, sagt Benedikt Fauseweh vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Denn jede Plattform hat ihre Vor- und Nachteile. Supraleitende Quantenprozessoren etwa lassen sich ähnlich fertigen wie Halbleiterchips. Deshalb arbeiten etwa Google oder IBM mit ihnen. Doch sie sind fehleranfälliger als etwa Ionen-Qubits. Photonische Qubits wiederum sind mobil, können also Information transportieren. “Welche Anwendungen auf welchen Plattformen am besten laufen, ist im Vorhinein schwer zu sagen”, sagt Fauseweh. Das DLR verfolge mehrere Ansätze, sagt er. “Ich bin optimistisch, dass wir in kurzer Zeit etwas Nützliches liefern.” 

    Derzeit scheinen supraleitende Qubits die Nase vorn zu haben. IBM will noch in diesem Jahr einen Chip mit über tausend Qubits vorstellen. Doch die Masse allein genügt nicht, genauso wichtig ist die Qualität der Qubits. Benachbarte Qubits beeinflussen sich gegenseitig, was Fehler verursacht. Selbst in NISQ-Geräten dürfe ein Qubit aber nur 0,01 Prozent seiner Rechenschritte falsch machen, schätzt Pötter. “Das ist eine Herausforderung, die aber in den nächsten Jahren zu meistern ist”, sagt er. IQM baut in seine Chips zusätzliche Qubits ein, die Fehler reduzieren. Die Firma will bis 2025 einen Quantenvorteil erzielen. 

    Übergangsmetall in Simulation 

    Ihren ersten Nutzen werden NISQ-Rechner beim Simulieren von Molekülen und Festkörpern haben, erwarten die meisten Experten. “Das sind oft Anwendungen, die mit klassischen Rechnern gar nicht gehen”, sagt Michael Marthaler vom Karlsruher Startup “HQS Quantum Simulations“. Quantencomputer sind prädestiniert für das Simulieren von Materialien, da sie die vielen quantenphysikalischen Überlagerungen in diesen direkt abbilden können. Klassischen Rechnern fehlt hierfür bei weitem die Speicherkapazität.  

    HQS Quantum Simulations entwickelt Software für solche Quantensimulationen, die diese auch für Industrieunternehmen nutzbar machen. Als Beispiele nennt Marthaler die Simulation von sogenannten Übergangsmetallen, die für diverse technische Anwendungen essentiell sind, darunter Solarzellen oder Batterien. 

    Ein Vorteil bei Optimierungsproblemen könnte bis 2026 erzielt werden, schätzt Pötter. Ein Beispiel ist das geplante Be- und Entladen von Millionen E-Fahrzeugen, um Schwankungen bei Wind- und Sonnenstrom auszugleichen, aber so, dass die Batterien immer genug geladen sind, wenn das Auto gebraucht wird. Auch die Logistik von Firmen könnte profitieren. “Selbst wenn der Quantencomputer die Logistik nur geringfügig effizienter macht, kann die Konkurrenz gute Nacht sagen”, meint Fauseweh. Das DLR will NISQ-Rechner selbst nutzen, um Raummissionen effizienter zu planen. 

    Viele Gruppen arbeiten am Quantenvorteil 

    NISQ-Geräte sollen nicht immer allein arbeiten, sondern im Tandem mit klassischen Rechnern. “Normale Rechner sind sehr stark, wir wollen sie nicht komplett ersetzen”, sagt Fauseweh. So genannte Quanten-Co-Prozessoren sollen nur die Schwächen von klassischen Rechnern ausgleichen. 

    Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching bei München testet im Projekt “Q-Exa” die Integration der zwei Arten von Computer. Derzeit werden dort verschiedene Quantencomputer installiert. “Wir wollen ausloten, wie Quantencomputer die klassischen Rechner unterstützen können, etwa bei der Analyse der Daten von Erdbeobachtungssatelliten”, sagt LRZ-Leiter Dieter Kranzlmüller

    Da viele Gruppen mit Hochdruck am Quantenvorteil arbeiten, ist es wahrscheinlich, dass er in den nächsten paar Jahren auch erreicht wird. Wegen der immer noch vorhandenen Ungewissheiten bleibt es spannend, wer diesen Durchbruch zuerst erzielt. Es ist lange nicht ausgemacht, dass es einer der großen Tech-Konzerne sein wird. 

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    Termine

    1.-10. November 2023, Berlin
    Wissenschaftsfestival Berlin Science Week Mehr

    6. November 2023, Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin
    Impuls, Podiumsdiskussion “Brücken bauen – Studierende und Wissenschaft Säulen des Gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Integration” Mehr

    7. November 2023, Akademie der Wissenschaften, Berlin
    Akademientag Was ist gerecht? – Gerechtigkeitsvorstellungen im globalen Vergleich Mehr

    7. November 2023, 10-14 Uhr, Kosmos, Berlin
    Konferenz Zukunftsforum24: Innovationen – Treibstoff für den Wohlstand von morgen Mehr

    7.-9. November 2023, Berlin
    Konferenz Falling Walls Science Summit 2023 Mehr

    15.-17. November 2023, Bielefeld
    Konferenz Forum Wissenschaftskommunikation – Kontrovers, aber fair – Impulse für eine neue Debattenkultur Mehr

    16. November 2023, Wilhelm Büchner Hochschule, Darmstadt
    Tagung WBH Wissenschaftsforum 2023 – “Transformation gestalten” Mehr

    16. November 2023, 17:00-18:30 Uhr, Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin und Online
    Diskussion Holistischer Helfer oder befangene Blackbox? Chancen und Risiken von KI in der Hochschullehre Mehr

    News

    DFG: Belegmaterial soll in die Sammlungen

    Die Senatskommission für Erdsystemforschung (SKE) und die Ständige Senatskommission für Grundsatzfragen der biologischen Vielfalt (SKBV) sprechen sich gemeinsam für einen nachhaltigen Umgang mit biologischem Belegmaterial in wissenschaftlichen Sammlungen aus. Hierzu werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gebeten, bereits bei der Beantragung von Forschungsprojekten einen verantwortungsvollen Umgang mit dem zu sammelnden Tier- und Pflanzenmaterial zu planen und dadurch einen nachhaltigen Mehrwert anzustreben, schreiben die Kommissionen. Als Hilfestellung werde eine Listung der Minimaldaten zu gesammeltem Belegmaterial, die für die Hinterlegung in etablierten Sammlungen nötig ist, bereitgestellt.

    Die Bundesrepublik Deutschland hat sich im Rahmen der CBD (Convention On Biological Diversity) verpflichtet, an der Erforschung, Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt mitzuwirken. Naturwissenschaftliche Museen spielten dabei als Forschungs- und Serviceeinrichtungen mit ihren komplementären Forschungskompetenzen und Sammlungsschwerpunkten neben vielen weiteren Institutionen eine zentrale Rolle, heißt es in einer Erklärung. Die Museen verfügen bereits über umfangreiches wissenschaftliches Sammlungsmaterial, dessen Beforschung künftig vor dem Hintergrund des Nagoya-Protokolls sowie der Übereinkunft zu Access and Benefit Sharing (ABS) an Bedeutung zunehmen werde. nik

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    Experten kritisieren weltweite Vorbereitung auf Pandemien

    Viele Länder sind nach wie vor schlecht auf eine mögliche Pandemie vorbereitet, mahnt die unabhängige Beobachtungsstelle Gesundheits-Krisenvorsorge (GPMB) am Montag. Die Organisation macht mehrere Vorschläge, um die Krisenvorsorge weltweit zu verbessern, Forschung und Entwicklung an neuen Medikamenten dürfe nicht wie bei Corona auf wenige Ländern konzentriert sein.

    Im Jahr 2020 traf die Corona-Pandemie die Welt unvorbereitet. Noch immer sei die Krisenvorsorge mangelhaft, kritisiert nun die GPMB in einem Bericht. 2018 hatten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Weltbank diese eingerichtet, unter anderem als Reaktion auf einen verheerenden Ebola-Ausbruch in Westafrika. Die Beobachtungsstelle soll die Vorbereitungen in der Welt analysieren und Empfehlungen machen. Im Zuge der Corona-Pandemie sei einiges getan worden, hält sie fest, aber manche Länder hätten ihre Vorkehrungen, um auf ähnliche Krisen schnell reagieren zu können, wieder zurückgefahren und in anderen Ländern gebe es kaum Fortschritte.

    F&E darf nicht in wenigen Ländern konzentriert sein

    Die Organisation macht mehrere Vorschläge, um die Krisenvorsorge weltweit zu verbessern. Länder müssten ihre Überwachung stärken, um neue Krankheiten frühzeitig erkennen zu können. Dazu müssten Datenerhebung und Analysekapazität verbessert werden. Ärmere Länder brauchten finanzielle Unterstützung und einen Schuldenaufschub, um Ressourcen bereitstellen zu können. Ein geplanter Fonds mit zehn Milliarden Dollar für Pandemievorbeugung und -vorbereitung müsse dringend finanziert werden.

    Die Zivilgesellschaft müsse in alle Vorbereitungen besser eingebunden werden. Die Co-Vorsitzende der Organisation, die frühere kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović sagte, mangelndes Vertrauen zwischen Ländern und zwischen Bürgern und Behörden mache gute Pandemievorbereitung schwierig. “Wir appellieren an die Staats- und Regierungschefs, diese Spaltungen zu überwinden und einen neuen Weg einzuschlagen, der auf der gemeinsamen Erkenntnis beruht, dass unsere künftige Sicherheit von sinnvollen Reformen und einem Höchstmaß an politischem Engagement für die gesundheitliche Notfallvorsorge abhängt.” nik / dpa

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    Postdocs sind unzufrieden mit Bezahlung und Perspektiven

    In der deutschen Debatte, um die Gesetzesnovelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) stehen sie und ihre Arbeitsbedingungen derzeit im Mittelpunkt: die Postdocs. Das Journal “Nature” hat jetzt in einer repräsentativen Umfrage Postdocs aus 93 Ländern zu ihrer Zufriedenheit befragt. Die Nachwuchswissenschaftler durften Stellung dazunehmen, wie zufrieden sie mit ihrer Arbeit sind – und wie optimistisch sie ihre Zukunft sehen. Zwar sind die Postdocs sowohl in der Wissenschaft (53 Prozent) als auch in der Industrie (65 Prozent) grundsätzlich mit ihrem Job zufrieden, deutliche Abzüge gibt es aber in der “B”- wie Beschäftigungsnote.

    Nachholbedarf bei Zukunftsperspektiven

    Demnach sind nur 29 Prozent der Postdocs mit der “Jobsicherheit” zufrieden. Ob das weltweit an Kettenverträgen und zu wenigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten liegt, hat die Studie zwar nicht erhoben, trotzdem sprechen Zahlen und Aussagen der Postdocs dafür, dass es im Bereich der Perspektiven Nachholbedarf gibt. Die eigene Zukunftsperspektive wird immerhin im Jahr 2023 schon wieder deutlich positiver beurteilt, als in der letzten Umfrage dieser Art, die noch zur Zeit der Corona-Pandemie stattgefunden hatte. Trotzdem ist eine knappe Mehrheit der Befragten (42 Prozent) skeptisch, was ihre berufliche Zukunft angeht. 41 Prozent der Befragten glaubt an eine positive Perspektive. Der Rest wollte sich dazu nicht äußern.

    Mit ihrem Gehalt und den Vorgesetzten bzw. Führungskräften in ihrer Organisation sind die Postdocs zum überwiegenden Teil nicht zufrieden. Dagegen beurteilen sie das Interesse an der eigenen Arbeit (mit dem 75 Prozent aller Postdocs zufrieden sind), den Grad ihrer Unabhängigkeit (73 Prozent), aber auch die Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen (71 Prozent) zu großen Teilen positiv. An der Befragung von “Nature” haben insgesamt 3.838 Menschen teilgenommen. tg

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    Standpunkt

    CSC-Stipendium: Aussetzung ist kein Garant für Sicherheit

    Von Doris Fischer und Hannes Gohli

    Die Entscheidung der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Nürnberg-Erlangen bis auf Weiteres keine Promotionsstipendiat:innen des China Scholarship Council (CSC) mehr aufzunehmen, hat international für Aufmerksamkeit gesorgt. Laut Medienberichten werden vom CSC geförderte Doktorand:innen aufgrund von Sicherheitsbedenken vorerst keinen Zugang zur Forschung an der FAU bekommen.

    Die Entscheidung der FAU folgt offenbar einer Kritik durch das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) hinsichtlich der Umsetzung von Regeln des BAFA im Zusammenhang mit der Zulassung von CSC-Stipendiatinnen und Stipendiaten. Dabei wird die Entscheidung auch in den Kontext der von der Bundesregierung erlassenen Chinastrategie gestellt, die erhöhte Vorsicht im Umgang mit chinesischen Hochschulen fordert.

    Ministerin äußert Spionageverdacht gegenüber Forschenden

    Entsprechend betonte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger in einem im August erschienen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ganz aktuell in der Montagausgabe der “Welt” die Risiken der Kooperation mit China. Unter anderem sprach sie über den möglichen Missbrauch von Forschung, ausländische Einflussnahme und den ungewollten Abfluss von Know-how und Technologie ins Ausland.

    Von CSC-Stipendiatinnen und Stipendiaten wird befürchtet, dass sie, weil sie ein staatliches Stipendium erhalten, unter besonderem Druck stehen, an den Staat zu berichten. Dabei ist die Befürchtung, dass diese Berichtspflicht sich nicht auf ihre Forschungsfortschritte beschränkt, sondern dass sie auch Forschungsgeheimnisse berichten sollen, die ihnen aus der Mitarbeit in Forschungsteams deutscher Hochschulen zugänglich werden.

    Spionage ist nicht an Nationalität und Stipendium gebunden

    In einem solchen Fall ist der Unterschied zur Spionage nicht mehr groß, gleichzeitig stellt die vermutete Druckausübung ein ethisches Problem dar, da sie nicht vereinbar ist mit unseren Vorstellungen von Forschungsfreiheit. So weit, so einfach. Allerdings gilt es bei genauerer Betrachtung einiges zu bedenken: Spionage kann auf vielen Wegen erfolgen. Sie ist nicht an eine bestimmte Nationalität gebunden.

    Auch andere Staaten können Druck auf ihre Stipendiaten ausüben, wenn sie dies für opportun halten. Und Einheimische können – aus welchen Gründen auch immer – geneigt sein, Informationen abzugeben. Ferner ist Spionage nicht an eine bestimmte Finanzierungsform gebunden. Auch anders finanzierte Studierende oder Doktorand:innen können bereit sein, nach Hause zu berichten, sei es, weil sie auch ohne Stipendium staatstreu eingestellt sind, sei es, weil der chinesische Staat andere Wege findet, um Druck auszuüben.

    Ablehnung von CSC-Doktorand:innen: ungewolltes “social profiling”

    Um es etwas drastisch zu formulieren: Kinder reicher Parteikader sind nicht auf staatliche Stipendien angewiesen. Die Aussetzung der Annahme von CSC geförderten Doktorandinnen und -doktoranden ist also kein Garant für die Vermeidung von Risiken. Sie birgt zugleich die Gefahr, interessante junge Wissenschaftler:nnen und Wissenschaftler, die auf Stipendien angewiesen sind, ungerechtfertigt pauschal zu verdächtigen. Neben der Gefahr, dass die Debatte um China immer mehr in ein “racial profiling” abdriftet, kann die Ablehnung von CSC-Doktorand:innen zu einem ungewollten “social profiling” werden. Aussagen, die chinesische Wissenschaftler:innen unter Generalverdacht der Espionage stellen, sind aber auf keinen Fall konstruktiv, um auf Vertrauen aufbauende Forschungskooperationen zu fördern. 

    Risiken können in den komplexen Interessensverflechtungen, die in globalen (nicht nur chinesischen) Forschungskooperationen vorherrschen, nie ganz beigelegt werden. Bei der Aufgabe, die Chancen und Risiken der transnationalen Forschung zu evaluieren, geht es also darum, bestehende Risiken zu identifizieren, zukünftige Risiken zu antizipieren und Forscher:innen zu sensibilisieren. Die deutsche Wissenschaftslandschaft ist aktuell gut gewappnet, mit Risiken umzugehen.

    Deutsche Wissenschaft ist gut gewappnet

    Einzelne Hochschulen, wie auch die Universität Würzburg, haben dezidierte China-Kompetenzzentren geschaffen, die Forscher:innen bei der Kooperation mit chinesischen Partner:innen (sowohl auf individueller, als auch institutioneller Ebene) zur Seite stehen. In regelmäßigen Treffen des Verbunds der Chinazentren an Deutschen Hochschulen tauschen sich Vorstandsmitglieder der einzelnen Kompetenzzentren mit Verwaltungspersonal von International Offices, der Ausfuhrkontrolle und der Kommissionen für Ethische Fragen aus.

    Auch Leitfragen (HRK), Wegweiser (KIWI Kompass), Anweisungen (DVCS), Informationsbroschüren (Gemeinsamer Ausschuss) und Handbücher zur Exportkontrolle (BAFA) wurden entwickelt, um Lösungsansätze für Fragen, die in der Kooperation mit China entstehen, zu bieten. Neue Projekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Programm “RegioChina” gefördert werden, zielen darauf, über diverse Formate Forscher:innen und Verwaltungspersonal zu sensibilisieren und besser für die Kooperation mit China vorzubereiten.

    Deutschland profitiert vom Forschungsaustausch mit China

    In den vielen Diskussionen, die sich in den vorgenannten Austauschforen entwickelt haben, besteht weitgehend Konsens, dass es nicht darum gehen kann, die Kooperation mit China in Forschung und Lehre aufzukündigen. Keiner ist gezwungen, mit China zu kooperieren, aber es ist auch nicht zu verkennen, dass die Kooperation in vielen Forschungsbereichen attraktiv ist. Neben dem fachlichen Wissensaustausch profitieren deutsche und chinesische Wissenschaftler:innen von der “Horizonterweiterung”, die mit Forschungsaufenthalten im jeweils anderen Land einhergehen.

    Gewappnet mit Werkzeugen der Risikominimierung und des fachübergreifenden Austausches profitiert die deutsche Wissenschaft daher nicht nur fachlich, sondern auch menschlich vom Austausch mit China. Daraus ergibt sich das Fazit, dass es neben Fortbildungen darauf ankommt, den Einzelfall zu prüfen. Jedoch sind Einzelfallentscheidungen aufwendig und leichter an Hochschulen zu organisieren, die über Chinakompetenzzentren und/oder Sinologien verfügen.

    Pauschale Maßnahmen blenden möglichen Gewinn aus

    Für andere Hochschulen und Forschungseinrichtungen bedarf es zusätzlicher und längerfristig angelegter Unterstützung. Obwohl die Chinastrategie der Bundesregierung die Notwendigkeit des Kompetenzaufbaus im Umgang mit China unterstreicht, wird nicht deutlich, wie diese Unterstützung längerfristig organisatorisch und finanziell gewährleistet werden soll. Damit besteht die Sorge, dass Institutionen und Wissenschaftler:innen sich angesichts des wiederholten Aufrufs, nicht “naiv” mit China zusammenzuarbeiten, allein gelassen fühlen und die Zusammenarbeit einfach einstellen.

    Wir wollen die vorhandenen Risiken keineswegs negieren; in der Forschung in und mit autoritären Regimen gelten besondere Regeln, es müssen also gesonderte Sicherheitsmechanismen und institutionalisierte Evaluierungsstrukturen geschaffen werden. Gleichzeitig wollen wir aber auch an den möglichen Gewinn aus Forschungskooperation mit China erinnern, den pauschale Maßnahmen wie der Ausschluss von CSC geförderten Doktoranden ausblenden.

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    Personalien

    Michael Hoch ist vom Deutschen Hochschulverband (DHV) als “Rektor des Jahrzehnts” geehrt worden.  Der Entwicklungsbiologe ist seit 2015 Rektor der Universität Bonn und neuer Präsident der Studienstiftung.

    Holger Hanselka wird am 9. November als langjähriger Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) verabschiedet. Für den neuen Fraunhofer-Präsidenten gibt es ab 15 Uhr ein feierliches Symposium.

    Giorgio Sangiovanni übernimmt die Exzellenz-Professur “Computational Quantum Materials” am Würzburg-Dresdner-Exzellenzcluster ct.qmat.

    Friederike Otto ist mit dem Deutschen Umweltpreis 2023 ausgezeichnet worden. 2015 hat Otto die Initiative World-Weather-Attribution (WWA) mit begründet.

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    Geburtstage

    Geburtstage 231031

    Samstag, 4. November

    Katrin Staffler (CDU), MdB im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, 41

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    Wie fühlen Sie sich heute? Erholter durch die eine Stunde zusätzlichen Schlaf vom Wochenende oder durcheinander, weil das Zeitgefühl nicht mehr zur Tageszeit passt? Froh über mehr Licht beim Weg zur Arbeit oder Frust über den frühen Sonnenuntergang? Hinlänglich bekannt ist, dass die Deutschen die Zeitumstellung inzwischen mehrheitlich ablehnen. Das sagt zumindest die letzte große repräsentative Umfrage aus diesem Jahr. Allerdings wurde sie im März durchgeführt, was soll man denn da bitte sonst antworten?

    Auch die EU hat schon abstimmen lassen. Im Jahr 2018 waren 84 Prozent der Befragten für ein Ende der Zeitumstellung. Aber auch hier Einspruch: Die Befragten stimmten zwar immerhin im jahreszeitlichen Niemannsland Juli und August ab, aber dafür war die Umfrage nicht repräsentativ. Das Fazit: Vielen Europäern ist das Thema gelinde gesagt egal und die, die sich genervt fühlen und eine Veränderung wollen, nehmen an solchen Umfragen vermutlich eher teil. Die meisten Befragten wollten übrigens am liebsten in einer ganzjährigen Sommerzeit leben.

    Wissenschaft favorisiert die Normalzeit

    Doch wissen die Menschen wirklich selbst am besten, was gut für sie ist? Was sagt denn die Wissenschaft dazu? Hier muss auch der aktuell wegen der geschenkten Stunde dankbare Sommerzeit-Fan anerkennen: Die Meinung ist ziemlich einhellig. Aus gesundheitlichen Gründen ist eine durchgängige Normalzeit (Winterzeit) nach bisherigen Erkenntnissen der Königsweg. Kurz gefasst liegt das daran, dass die Normalzeit noch am ehesten zum Biorhythmus passt, gegen den man besser nicht anleben sollte.

    Dagegen gibt es wenig Evidenz dafür, dass die Zeitumstellung Energiesparen hilft. Hier scheint es eher so zu sein, dass die Energieersparnis von weniger künstlichem Licht am Abend durch früheres Heizen am Morgen wieder ausgeglichen wird. Auch ökonomisch gesehen, gibt es zur Abschaffung der Sommerzeit keine gravierenden wissenschaftlichen Widersprüche. Im Gegenteil halten Ökonomen die Flexibilisierung der Arbeit und Arbeitszeiten durch Corona für ein weiteres Argument, die Zeitumstellung jetzt abzuschaffen, weil Geschäftszeiten nicht mehr so starr sind wie früher.

    Ändern wird sich vermutlich trotzdem erstmal nichts. Von einer politischen Einigung ist Europa momentan weit weg und Zeitinseln, also Alleingänge, soll es nicht geben. Sie lesen uns daher sicher im nächsten März wieder dazu! Tim Gabel

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