Table.Briefing: Europe

„Zwangssanierungen“ + Spitzenkandidaten + Data Act

Liebe Leserin, lieber Leser,

mitten in der Verbotsdebatte um fossile Heizungen im Bund wird auch die europäische Gebäuderichtlinie auf einmal zum medialen Aufreger. Manuel Berkel zeigt in seiner Analyse, welche Ziele die EU-Initiative verfolgt und wie sie mit der deutschen Diskussion ums Gebäudeenergiegesetz zusammenhängt.

Der Trilog in Sachen Data Act rückt näher. Heute wird das Parlament über den entsprechenden Entwurf des ITRE abstimmen. Und auch auf Arbeitsebene der Mitgliedsstaaten soll es nun ganz schnell gehen. Aus deutscher Sicht gibt es unter anderem beim Thema Geschäftsgeheimnisse noch Nachbesserungsbedarf, berichtet Corinna Visser.

Spitzenkandidaten? Dieses Prinzip war nach der vergangenen Europawahl ziemlich schnell nur noch schöne Wahlkampffolklore. Für die anstehende Wahl 2024 wollen die Parteien das Prinzip wiederbeleben. Doch wer käme infrage? Till Hoppe und Markus Grabitz sondieren schon einmal das Feld möglicher Kandidaten.

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Alina Leimbach
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Analyse

“Zwangssanierungen” entzweien das Europaparlament

Seit Tagen tobt ein heftiger medialer Streit um die europäische Gebäuderichtlinie. “Der ganze Ansatz ist panne”, schimpfte etwa der FDP-Abgeordnete Andreas Glück vorab in der “Bild“. Heute stimmt das Parlament über seine Position für den Trilog ab, dort gibt es 67 Änderungsanträge zum Kompromissvorschlag – viele von deutschen Abgeordneten.

Bei einer letzten Plenardebatte am Montagabend schlug manche Parlamentarier in die gleiche Kerbe, – wenn auch mit gewählteren Worten. Mit der Gebäuderichtlinie, wie sie zur Abstimmung stehe, sei man auf dem falschen Weg, sagte Angelika Niebler (CSU) in Straßburg und klagte über “Zwangsrenovierungen und Verbote“. Doch worum geht es eigentlich bei der Novelle der Gebäuderichtlinie (EPBD)? Ein Überblick:

Verbietet die Gebäuderichtlinie Öl- und Gasheizungen?

Das in der Bundesregierung umstrittene Aus für Öl- und Gasheizungen schreibt die Gebäuderichtlinie nicht im Detail vor. Allerdings schafft die Änderung des Artikel 11 die europarechtliche Grundlage für nationale Regelungen. “Die Mitgliedstaaten können Anforderungen in Bezug auf die Treibhausgasemissionen oder die Art des von Wärmeerzeugern genutzten Brennstoffs festlegen, sofern diese Anforderungen keine ungerechtfertigte Marktbarriere darstellen“, heißt es im Kommissionsentwurf.

Zuvor habe es Rechtsunsicherheit gegeben, ob solche Verbote durch die Ökodesign-Richtlinie und die Binnenmarktbestimmungen in den europäischen Verträgen gedeckt seien.

Das Parlament will die Mitgliedstaaten nach dem Kompromissentwurf (Table.Media berichtete) sogar verpflichten, Verbote für fossile Heizungen zu erlassen. Die Ausgestaltung bliebe aber weiter den nationalen Regierungen überlassen. Den Grundsatz der Technologieneutralität hat das Parlament dabei explizit aufgenommen.

Gibt es einen “Sanierungszwang”?

Die “ideologische Zwangssanierung” durch die Gebäuderichtlinie sei ein “Anschlag auf den ländlichen Raum“, wetterte in der “Bild” der CDU-Abgeordnete Markus Pieper. Auf individueller Ebene gibt es Sanierungspflichten in Deutschland seit Jahrzehnten – nämlich dann, wenn ohnehin größere Reparaturen durchgeführt werden. Das Neue an der EU-Novelle sind verpflichtende Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS), also den Energieverbrauch von Gebäuden. Solche MEPS mussten die Mitgliedstaaten zwar schon vorher aufstellen, aber weil die bummelten, soll die Richtlinie nun konkrete Ziele festschreiben.

Der Durchschnitt der Wohngebäude bildet die Effizienzklasse E, allerdings liegen unsanierte Einfamilienhäuser laut Verbraucherzentrale typischerweise in den ineffizientesten Klassen G oder H und verbrauchen bis zu achtmal so viel Energie wie sparsame Neubauten in der Klasse A. Nach dem Kompromissentwurf des Parlaments sollen bis 2030 alle Bestandsgebäude auf den Standard E saniert werden und bis 2033 auf D. Bis 2050 müsste allerdings auch der Gebäudebestand in der EU klimaneutral sein.

Verbindliche Sanierungsziele würden der Bauwirtschaft einen verlässlichen Rahmen geben, um die benötigten Ausbildungs- und Fertigungskapazitäten zu schaffen, argumentierte am Montag das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Auf die Flexibilität der EU-Staaten bei der Umsetzung der Richtlinie verweist die Abgeordnete Jutta Paulus (Grüne): In Frankreich zum Beispiel würden Sanierungspflichten erst bei Verkauf oder Vermietung greifen.

Was bedeuten die Effizienzvorgaben für Hausbesitzer?

Um ein Wohngebäude auf den Effizienzstandard D zu sanieren, braucht es laut Energieberatern keinen Komplettumbau. “Ein oder zwei Sanierungsmaßnahmen reichen meistens”, sagt Mark Steiger, Vorstand des GIH Baden-Württemberg. Etwa die Dämmung von Dach und Fenstern oder von Außenwänden und Fenstern oder eine Umstellung auf erneuerbare Wärme und Photovoltaik.

Den Ansatz der Gebäuderichtlinie, nicht sofort die Komplettsanierung zu Nullemissionsgebäuden zu verlangen, sieht das DIW langfristig sogar als mögliche Belastung für Hauseigentümer: “Dies birgt die Gefahr, dass auf dem Weg zur Klimaneutralität zwei energetische Sanierungen erforderlich sind, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.” Fördergelder dürften deshalb nur für solche Maßnahmen vergeben werden, die in Summe zu einer umfassenden energetischen Sanierung führen.

Was kosten die Sanierungen und wer soll sie finanzieren?

In die Sanierung von Gebäuden müssten pro Jahr EU-weit 275 Milliarden Euro zusätzlich fließen. Das hat die Kommission 2020 für ihre Mitteilung zur Renovierungswelle errechnet. Damals seien bereits 150 Milliarden Euro Fördergelder aus EU-Mitteln bereitgestellt worden, sagt Jutta Paulus (Grüne). In der Folgenabschätzung zur Richtlinie hatte die Kommission zudem gefordert, staatliche Förderung auf die ineffizientesten Gebäude und einkommensschwache Haushalte zu konzentrieren – ein Ansatz, den inzwischen auch das Bundeswirtschaftsministerium verfolgt.

Eine Strategie für niedrigere Kapitalkosten sieht die Kommission in den Pflichten der Richtlinie, Daten über den energetischen Zustand des Gebäudebestands verfügbar zu machen. Für Banken werde es dadurch einfacher, Kredite für Sanierungen bereitzustellen.

Welche Position haben die Mitgliedstaaten?

Die EU-Staaten hatten ihre Position zur Gebäuderichtlinie bereits im vergangenen Oktober beschlossen. Verpflichtungen für einzelne Wohngebäude will die Mehrheit verhindern. Stattdessen soll es verpflichtende Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz ab 2033 nur für den Durchschnitt des Gebäudebestands geben. Für Einfamilienhäuser wollen sich die Mitgliedstaaten außerdem die Möglichkeit offenhalten, sie bei der Berechnung außen vorzulassen. In diesem Fall sollen individuelle Sanierungspflichten nur bei Verkauf oder Neuvermietung gelten.

Beim Aus für Öl- und Gasheizungen will der Rat ebenfalls keine harte Pflicht und stattdessen dem milden Entwurf der Kommission folgen.

Welche Linie verfolgt die Bundesregierung?

Die Bundesregierung hatte im Rat die strengeren Vorschläge der Kommission unterstützt. “Ein Absenken der Ziele für die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz kann nicht die richtige Antwort auf die aktuelle geopolitische Krise und die Ziele des Europäischen Green Deal sein”, schrieben Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande im September 2022 an die anderen Mitgliedstaaten.

Auch das Verbot für Öl- und Gasheizungen befürwortete die Bundesregierung: “Wir unterstützen auch Regelungen zum Ersatz von fossilen Wärmeerzeugern in bestehenden Gebäuden durch nachhaltige Alternativen, wenn diese erneuert oder ersetzt werden müssen.”

Bei den MEPS zeigte sich Deutschland allerdings kompromissbereit. Die Unterzeichner wollten die Beschränkung der Mindestvorgaben auf den Durchschnitt des Bestands akzeptieren, wenn die EU-Staaten die Zielerreichung 2030 und 2040 nach objektiven Kriterien nachweisen können.

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Europawahl: Die Kandidatensuche läuft an

Was bezweckte Manfred Weber, als er Ende Januar EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola als mögliche Spitzenkandidatin der Christdemokraten ins Gespräch brachte? Falls der EVP-Partei- und Fraktionschef Ursula von der Leyen mit dem Zug die Kandidatur für eine zweite Amtszeit verwehren wollte, so hat er sich verhoben.

Weber erwähnt den Namen Metsolas nicht mehr, seitdem ihn CDU-Parteichef Friedrich Merz im Bundesvorstand zurückpfiff und von der Leyen seine volle Unterstützung signalisierte. Selbst der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, den Weber als engen Verbündeten betrachtet, machte deutlich, für wie abwegig er das Manöver hielt.

An von der Leyen führen wenige Wege vorbei

Der erste echte Machtkampf im Vorfeld der Europawahl 2024 scheint damit entschieden. Von der Leyen wird Kandidatin der EVP – wenn sie es denn will. Vieles deutet darauf hin, aber entschieden hat sich die 64-Jährige offenbar noch nicht. Sollte sie für das Europaparlament kandidieren, würde sie dies vermutlich im Landesverband Niedersachsen bis zur Sommerpause anmelden.

Die EVP würde damit einen ersten Pflock einschlagen. Bis zur Wahl, die voraussichtlich Ende Mai 2024 stattfinden wird, kann noch viel passieren. Doch Vertreter der anderen Parteienfamilien räumen ein: An von der Leyen würden nur wenige Wege vorbeiführen.

Im Kreis der Staats- und Regierungschefs wird sie als tatkräftige Lenkerin in Krisenzeiten geschätzt, nicht nur bei den konservativen Vertretern. Emmanuel Macron hievte von der Leyen bereits 2019 ins Amt und er dürfte wenig Anlass sehen, ihr die Unterstützung zu entziehen. Als SPD-Vizekanzler hatte Olaf Scholz Angela Merkel noch dazu gebracht, sich bei der Wahl von der Leyens im Rat zu enthalten. Inzwischen haben die einstigen Kabinettskollegen aber ein gutes Arbeitsverhältnis, wie die Einladung der Kommissionspräsidentin zur Kabinettsklausur in Meseberg zeigte.

Spitzenkandidatin – ohne Platz auf dem Wahlzettel?

Für das Europaparlament wiederum hätte die Wahl von der Leyens den Reiz, das ramponierte Spitzenkandidatenprinzip zu festigen. 2019 hatten die Sozialdemokraten dem Sieger Manfred Weber noch am Wahlabend die Unterstützung verweigert – und damit einen wochenlangen Machtkampf ausgelöst, an dessen Ende der Rat von der Leyen aus dem Hut zauberte.

In der CDU wird aber auch für möglich gehalten, dass von der Leyen zwar Spitzenkandidatin werden möchte, aber sich nicht um einen Sitz im Europaparlament bemüht. “Entscheidend wäre, dass 400 Millionen Wahlberechtigte in Europa wissen, dass von der Leyen die Spitzenkandidatin der Christdemokraten ist”, sagt ein ranghoher Europapolitiker. Nicht so wichtig sei da, ob ihr Name auch auf den Wahlzetteln von sechs Millionen Wahlberechtigten in Niedersachsen stehe. Zumal die Politikerin ihr Mandat umgehend wieder zurückgeben müsste, wenn sie nicht ihr Amt als Kommissionspräsidentin niederlegen wollte: Die Wahl ist im Mai, und die reguläre Amtszeit als Kommissionspräsidentin geht bis Dezember 2024.  

Zumindest auf dem Papier unterstützen die meisten Parteienfamilien das Spitzenkandidatenprinzip, das helfen soll, Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Beim Kongress im Oktober beschlossen etwa die europäischen Sozialdemokraten, einen “Wahlkampf mit einem gemeinsamen Spitzenkandidaten zu führen”. Auch die Ampel-Parteien in Berlin verpflichteten sich im Koalitionsvertrag, ein “verbindliches Spitzenkandidatensystem” zu unterstützen. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen dies in einer Stellungnahme nochmals bekräftigen. Sie bemühen sich derzeit, CDU und CSU mit ins Boot zu holen.

Liberale wollen Bewerber stellen

Die Liberalen, die dritte Kraft im Europaparlament, scheinen auf den Kurs der anderen Parteienfamilien einzuschwenken. 2019 waren sie noch mit einem siebenköpfigen Spitzenteam angetreten, Begründung: Ohne länderübergreifende Wahllisten gebe es auch keine echten Spitzenkandidaten.

Transnationale Listen dürfte es auch 2024 noch nicht geben. Der Chef der Renew-Fraktion im Europaparlament, Stéphane Séjourné, ließ aber durchblicken, womöglich einzelne Persönlichkeiten ins Rennen schicken zu wollen: “Ich werde meiner politischen Familie vorschlagen, auch einen Kandidaten zur Wahl stellen zu lassen”, sagte er bei einem Besuch in Madrid. Zudem sollten die Liberalen auch potenzielle Bewerber für die Spitzenämter von Europaparlament und Rat nominieren. Christdemokraten und Sozialdemokraten müssten “verstehen, dass sie keine Mehrheit mehr haben”.

Kein Automatismus für Wahlsieger

Tatsächlich könnte ein breites Bündnis nötig sein, um nach der Wahl die nötigen Stimmen zusammenzubekommen – was wiederum Sprengstoff birgt. Für die Ampel-Parteien ist klar: Kommissionspräsidentin oder -präsident wird, wer die Mehrheit auf sich vereinen kann. Das muss nicht zwingend die Bewerberin der stärksten Partei sein – laut den heutigen Umfragen wahrscheinlich erneut die EVP. Der Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, mahnt daher: “Wir sollten für den Tag nach der Wahl gerüstet sein, damit sich das Europaparlament in der Frage des Spitzenkandidaten nicht erneut auseinanderdividieren lässt.”

In den Parteienfamilien ist die Suche nach geeignetem Spitzenpersonal für die Wahl längst angelaufen. Bei den Sozialdemokraten hat der neue Parteichef Stefan Löfven aus Schweden den Auftrag, im Laufe des Jahres eine geeignete Kandidatin oder Kandidaten zu finden. Die- oder derjenige soll dann bei einem Parteikongress im Januar 2024 bestätigt werden.

Sozialdemokraten: Mehrere Namen gehandelt

Während SPD-Chefin Saskia Esken bereits Katarina Barley für Platz eins der deutschen Liste vorgeschlagen hat, ist das Feld auf EU-Ebene noch offen. Barley wird gelegentlich auch als Spitzenkandidatin gehandelt, wäre aber aus dem Rennen, falls die EVP mit von der Leyen eine andere deutsche Politikerin ins Rennen schickte.

Kommissionsvize Frans Timmermans, 2019 der Spitzenkandidat, orientiere sich wahrscheinlich eher in Richtung Den Haag, heißt es in Brüssel. S&D-Fraktionschefin Iratxe García Pérez werden Ambitionen nachgesagt. Allerdings zweifeln nicht wenige daran, ob sie das Format für die Kommissionsspitze hätte.

Die Regierungserfahrung, die García Pérez fehlt, würden zwei andere Persönlichkeiten mitbringen, die in Brüssel und Straßburg gehandelt werden: Sanna Marin und António Costa. Die finnische Premierministerin Marin, seit der Debatte um ihre Partyvideos europaweit bekannt, muss sich am 2. April zur Wahl stellen – die Umfragen deuten auf ein enges Rennen hin. Sollte sie ihr Amt verlieren, stünde sie womöglich für die Europawahl zur Verfügung.

Zweifel an Thierry Breton

Der portugiesische Regierungschef Costa hat Interesse an einem europäischen Spitzenjob signalisiert, wenngleich eher an dem des Ratspräsidenten. Angesichts der sinkenden Popularität seiner Regierung steht der Sozialist aber unter Druck, bis zum Ende seiner Amtszeit 2026 in Lissabon zu bleiben.

Bei den Liberalen gibt es noch keine klaren Favoriten. In der FDP genießt Kommissionsvize Margrethe Vestager weiterhin Sympathie, allerdings ist der Stern der Dänin in ihrer zweiten Amtszeit etwas gesunken. Der französische Industriekommissar Thierry Breton verhehlt seine Ambitionen kaum, doch seine interventionistische Politik stößt dem marktliberalen Lager auf. Auch unter den Renaissance-Abgeordneten gibt es Zweifel an der Eignung des 68-Jährigen.

Luxemburgs Premier Xavier Bettel wiederum wird in seiner Heimat Interesse am Amt des Ratspräsidenten nachgesagt. Der 50-Jährige muss sich im Oktober einer Parlamentswahl stellen. Bei einem “Leaders Summit” am 29. Juni wollen die liberalen Staats- und Regierungschefs, Parteivorsitzenden und Europaabgeordneten über die Aufstellung für die Europawahl diskutieren.

Grüne: Terry Reintke hat beste Chancen

Bei den Grünen werden der Co-Fraktionsvorsitzenden Terry Reintke beste Aussichten auf die weibliche Spitzenrolle zugesprochen. Noch offen ist, wer ihr männliches Pendant werden könnte – europaweit wie in Deutschland. Interesse an der deutschen Spitzenposition haben vier Abgeordnete angemeldet, Rasmus Andresen, Michael Bloss, Sergey Lagodinsky und Daniel Freund. Lagodinsky gilt als leichter Favorit.    

Die besten Aussichten auf den deutschen Kommissarsposten hätten die Spitzenkandidaten aber nicht, wie in Kreisen der Partei betont wird. Die Grünen haben sich in den Koalitionsverhandlungen das Vorschlagsrecht dafür gesichert, gehandelt werden in erster Linie Regierungsmitglieder aus Berlin – Franziska Brantner etwa, Sven Giegold oder auch Cem Özdemir. Allerdings könnte auch ihnen Ursula von der Leyen einen Strich durch die Rechnung machen: Die Grünen dürfen den nächsten Kommissar nur entsenden, so steht es im Koalitionsvertrag, “sofern die Kommissionspräsidentin nicht aus Deutschland stammt”. Mit Markus Grabitz

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Data Act: Kurz vor dem Trilog bleiben Geschäftsgeheimnisse Streitpunkt

Rat und Parlament sind bald bereit für den Trilog im Data Act. Das Parlament wird am heutigen Dienstag in Straßburg bereits über den Entwurf der Berichterstatterin Pilar del Castillo Vera (EVP) aus dem Industrieausschuss (ITRE) abstimmen. Aber auch die Mitgliedstaaten stehen wohl in der Arbeitsgruppe Telekommunikation des Rates kurz vor einer Einigung. Beobachter erwarten jedoch, dass die Arbeitsgruppe noch einmal über das Thema Geschäftsgeheimnisse diskutieren wird. Deutschland jedenfalls sieht noch immer Verbesserungsbedarf.

Vergangene Woche hatte Schweden ein sechstes Kompromisspapier vorgelegt, das Table.Media vorliegt. Die Idee ist, den Kompromiss auf Arbeitsebene im Rat formell zu bestätigen und ihn dann für eine Diskussion auf der Ebene der Ständigen Vertreter (AStV) vorzubereiten, die für den 22. März geplant ist. Es wird erwartet, dass sich die Vertreter der Mitgliedstaaten dort auf ein Verhandlungsmandat einigen, das es der schwedischen Präsidentschaft ermöglicht, in den Trilog mit Parlament und Kommission einzutreten.

Trilog zum Data Act könnte am 28. März beginnen

Wenn alles wie geplant verläuft, könnte der Trilog bereits am 28. März beginnen. Diesen Termin hat Schweden für ein mögliches erstes Treffen genannt. Berichterstatterin del Castillo hofft, die interinstitutionellen Verhandlungen noch unter der schwedischen Ratspräsidentschaft, also vor dem 30. Juni, abschließen zu können.

Ob Deutschland den Kompromiss im Rat mittragen wird, entscheidet sich voraussichtlich erst in Hinblick auf die Mandatserteilung im AStV. Deutschland möchte Änderungen vor allem – aber nicht nur – bei der Formulierung zu Geschäftsgeheimnissen und dem Recht auf Datenzugang von Behörden außerhalb von öffentlichen Notständen.

Geschäftsgeheimnisse bleiben in der Diskussion

Die Industrie ist in diesem Punkt ebenfalls noch nicht glücklich, auch wenn der sechste Kompromiss des Rates Verbesserungen gebracht habe. So steht nun in Kapitel II, dass der Dateninhaber den Zugang zu Daten verweigern kann, wenn “mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden” durch die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen entsteht. Dies muss der Dateninhaber entsprechend darlegen. Die Einschränkung “unrechtmäßige Nutzung von geistigem Eigentum” ist gestrichen.

“Positiv ist: Bisherige Unklarheiten im Spannungsfeld von Datenzugang und Geschäftsgeheimnissen sind jetzt präziser gefasst“, meint Dirk Binding, Bereichsleiter Digitale Wirtschaft bei der DIHK. Etwa was die konkretisierten Fälle betreffe, in denen Hersteller die Herausgabe von Daten zurückweisen können. Entscheidend sei nun, dass Parlament und Rat im Trilog die eigentlichen Ziele des Gesetzes – mehr Datennutzung und Innovation in Europa – im Auge behielten. “Dazu ist es notwendig, die an vielen Stellen geschaffene Komplexität wieder deutlich abzubauen. Denn nur dann kann das Gesetz auch in der Praxis erfolgreich angewendet werden”, sagte Binding. Dazu gehöre auch, auf zusätzliche Regelungen zu verzichten, die Haftungsrisiken erweitern.

Die großen Hersteller haben sich Gehör verschafft

Die Frage ist, ob die Formulierungen “hohe Wahrscheinlichkeit” und “schwerwiegender Schaden” tatsächlich für mehr Klarheit und damit Rechtssicherheit bei Unternehmen sorgen, die künftig Daten weitergeben oder nutzen wollen. Der Parlamentarier Damian Boeselager (Grüne/EFA), der einzige deutsche Schattenberichterstatter im ITRE-Ausschuss, jedenfalls befürchtet, dass der Data Act, so wie vom Rat vorgeschlagen, den Austausch von Daten eher verhindert als beflügelt. “Statt Barrieren für das Teilen von Daten abzubauen, meißelt der Data Act eine Art von Dateneigentum für Hersteller in Stein, das auch nach Verkauf des Produktes gilt”, kritisiert Boeselager.

Boeselager beklagt, dass die Verhandlungen zu einer Lobbyschlacht geworden seien. “Leider hat in der Debatte um den Data Act fast nur eine Stimme in Parlament, Rat und Kommission Gehör gefunden: die der großen Hersteller, besonders der von Flugzeugen, Zügen und Autos”, konstatiert er. Die rechnerisch viel größere Zahl der Nutzer oder Eigentümer von vernetzten Produkten habe dagegen nicht mit einer Stimme gesprochen. Insbesondere Unternehmen, die erst in Zukunft Geschäftsmodelle auf Datenbasis entwickeln würden, hätten natürlich überhaupt keine Vertretung.

Das Parlament stellt sich auf intensive Verhandlungen ein

Als eine Stärke des Parlamentsentwurfes zum Data Act sieht Boeselager, dass auch Nutzer und nicht nur die Hersteller eigenständig über das Teilen oder die Vermarktung der Daten aus ihren Produkten entscheiden können. Eine Schwachstelle sei, dass Data Holder auch hier viele Möglichkeiten haben, das Teilen von Daten zu unterbinden. Leider hätten während der Verhandlungen im Parlament auch große internationale Hersteller ihren Einfluss geltend gemacht, sagt Boeselager. So fehle den Nutzern oder Eigentümern der Daten die Rechtssicherheit, was den Datenaustausch behindere.

In jedem Fall stellen sich die Parlamentarier auf intensive Verhandlungen im Trilog ein – und die Schweden haben einen ehrgeizigen Zeitplan. “Ich habe nichts gegen Geschwindigkeit, aber es muss dann auch passen”, sagte Boeselager. Wenn das Parlament in den Verhandlungen nicht erst genommen würde, “könne es auch länger dauern”, meinte Boeselager. “Grundsätzlich hatte ich bei der Datenregulierung aber oft das Gefühl, dass das gemeinsame Arbeiten Texte tatsächlich verbessern kann.

  • Damian Boeselager
  • Data Act
  • Digitalisierung
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Termine

15.03.-16.03.2023, Wiesbaden
BREKO, Messe Fiberdays
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) präsentiert Fiberdays, das Messe- und Kongress-Event für die Telekommunikations- und Digitalbranche. INFOS & ANMELDUNG

15.03.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
BDI, Diskussion Europas Platz in der Welt – Wie geht es weiter mit der Diversifizierung der deutschen Industrie?
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert gemeinsam mit Experten über wirtschaftliche, politische und strategische Erfordernisse sowie bestehende Hindernisse und Lösungsansätze in der Globalisierung zur Diversifizierung von Handel und Investitionen. INFOS & ANMELDUNG

15.03.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Kommunale Wärmeplanung
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) beschäftigt sich mit den Herausforderungen der kommunalen Wärmeversorgung. INFOS & ANMELDUNG

15.03.2023 – 15:00-17:40 Uhr, Berlin
Forum für Zukunftsenergien, Konferenz Gasförderung in der Nordsee – ein umweltverträglicher Beitrag zur sicheren Gasversorgung in Europa?
Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) lädt Vertreter aus Politik und Wirtschaft ein, um über die Zukunft der europäischen Gasversorgung zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG

15.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion The paths to decarbonised and sustainable transport: Stakeholders’ meeting
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) analyses the current pathways emerging from EU policy for decarbonisation of heavy-duty road transportation including links to other transportation modes and proposes, if necessary and appropriate, complementary and/or alternative policy pathways. INFOS & REGISTRATION

15.03.2023 – 19:00-22:00 Uhr, Berlin
FAZ, Konferenz Landwirtschaft in Krisenzeiten: Warum Innovationen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit verbinden können
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) geht der Frage nach, vor welchen Herausforderungen Landwirte und ihre Partner in der Agrarbranche stehen. INFOS & ANMELDUNG

15.03.2023 – 19:30-22:00 Uhr, Berlin
UE, Roundtable Industrielle Transformation – wie kann der Wirtschaftsstandort Europa gestärkt werden?
United Europe (UE) diskutiert, wie Europas Industrie angesichts von Transformationen und Strukturwandel wettbewerbsfähig sein kann. INFOS & ANMELDUNG

16.03.-17.03.2023, online
EEN, Konferenz Horizon Europe Cluster 1: Health Brokerage Event
Das Enterprise Europe Network (EEN) bringt relevante Akteure zusammen, die beabsichtigen, Fördermittel zu beantragen und unterstützt die Entwicklung von Konsortien und Projektideen. INFOS & ANMELDUNG

16.03.-17.03.2023, Berlin/online
DBV, Konferenz Berliner Milchforum
Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht der Frage nach, welche konstruktiven Lösungsansätze und Strategien es gibt, um die Herausforderungen der geopolitischen Verwerfungen erfolgreich zu bewältigen. INFOS & ANMELDUNG

16.03.2023 – 12:30-16:30 Uhr, Frankfurt/Main
TÜV, Seminar OT-Security Updates für Entscheider
Der TÜV diskutiert die Frage, welche Sicherheitsstrategien und Lösungsmaßnahmen zum Schutz von Unternehmen implementiert werden können. INFOS & ANMELDUNG

16.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Seminar CCUS in the net-zero transition
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) explores the role of CCUS in different climate neutrality scenarios and its role in different policy mixes. INFOS & REGISTRATION

News

Wissing will Vorschlag zu E-Fuels vorlegen

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat am Montag einen Vorschlag angekündigt, wie E-Fuels in neuen Verbrennerfahrzeugen auch über 2035 hinaus eingesetzt werden können. Nachdem die Vorschläge der EU-Kommission nicht ausreichend gewesen seien, würde sein Haus nun “konkretere Vorschläge” vorlegen. Zwar sei er zuversichtlich, dass dies schon diese Woche erfolgen könnte, doch man könne sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, so Wissing.

Acht EU-Verkehrsminister haben am Montag in Straßburg informell über wichtige europäische Regulierungen zur Emissionsreduzierung des Straßenverkehrs gesprochen. Dabei ging es unter anderem um eine mögliche Berücksichtigung von E-Fuels für die EU-Klimaziele des Verkehrssektors. Das Bundesverkehrsministerium fordert noch immer, dass die EU-Kommission einen entsprechenden Regulierungsvorschlag vorlegt. Ohne diesen werde man den verschärften Flottengrenzwerten für neue Pkw nicht zustimmen.

“Kommissionsvorschläge ohne Technologieoffenheit”

Der Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, sagte am Montag, die Kommission, Frans Timmermans und sein Kabinett seien im Dauerdialog mit Wissings Ministerium und hätten bereits mehrere Vorschläge gemacht. Diese seien alle abgelehnt werden. Wissing müsse daher nun beantworten, in welcher Weise E-Fuels außerhalb der Flottengrenzwerte zum Einsatz kommen müssten, fordert Andresen. Die Grünen sehen Wissings Blockadehaltung als destruktiv an, da aus Berlin längst ein konkreter Vorschlag hätte kommen müssen, wie genau E-Fuels in der EU-Flottenregulierung für neue Pkw berücksichtigt werden könnten.

Wissing wies diesen Vorwurf prompt zurück und erklärte, es habe Vorschläge gegeben, die Flottengrenzwerte 2026 noch einmal zu überprüfen und eine Arbeitsgruppe zu dem Thema einzusetzen. “Diese Vorschläge gewährleisten jedoch keine Technologieoffenheit und bleiben hinter dem zurück, was wir brauchen“, so Wissing zu Table.Media. Wissing kritisiert zudem, dass die EU-Kommission nicht an den Gesprächen am Montag teilgenommen habe. “Das wäre hilfreich gewesen”, sagt der Minister zu Europe.Table. Allerdings ist unklar, ob die Kommission überhaupt eingeladen war.

Unmut über Euro 7-Norm

Der tschechische Minister Martin Kupka hatte zu dem Treffen in Straßburg geladen, bei dem vor allem über die neue Euro 7-Emissionsnorm für Pkw gesprochen wurde. Die Verkehrsminister aus Italien, Polen, Ungarn, Rumänien, Tschechien, Portugal, Deutschland und der Slowakei haben die Vorschläge für die neue Euronorm als “unrealistisch” bezeichnet. Sie stelle eine Bedrohung für die Mobilität normaler Menschen in einigen EU-Staaten dar, sagte Kupka am Montag im Anschluss an ein Treffen der Minister in Straßburg.

Durch die hohen Anforderungen der neuen Euronorm für Stickoxidgrenzwerte würden neue Autos teurer werden, so die Befürchtung der Minister. Somit könnten sich viele keine Neuwagen leisten, was zudem schlecht für das Klima sei. Die Ministerien der acht Länder hatten schon zuvor Vorbehalte gegen die vorgeschlagene Reform der Euro-Emissionsnorm geäußert und fordern drastische Änderungen des Gesetzesvorschlags. Für großen Unmut in der Industrie sorgen vor allem die Testanforderungen in Randbedingungen – also bei Volllast, auf Bergstraßen und bei extremer Kälte – sowie das Einführungsdatum 2025. Es würde zu erheblichen Schwierigkeiten in der Umsetzung führen, betonte auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing. luk

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Ukraine: Verminte Felder, UN-Getreideabkommen läuft aus

Am kommenden Samstag endet das UN-Getreideabkommen zwischen der Ukraine, Türkei und Russland. Eine Verlängerung ist noch nicht in Sicht. Zugleich berichtet die Vizepremierministerin der Ukraine, Julia Swyrydenko, dass ihr Land dringend eine Initiative zur Minenräumung braucht, um vermintes Gelände, darunter landwirtschaftliche Gebiete, freizuräumen.

Müsste die Ukraine nur mit den eigenen Ressourcen die gesamte verminte Fläche räumen, würde das nach Aussagen Swyrydenkos 70 Jahre dauern. “Wir brauchen eine Art Ramstein gegen Minen“, bat Swyrydenko kürzlich in einem Gespräch mit Vertretern des kanadischen Parlaments.

Wie viel Fläche der Ukraine tatsächlich vermint oder wegen nicht detonierter Kampfmittel nicht nutzbar ist, lässt sich nur schwer schätzen. Regierungschef Denys Schmyhal sprach Anfang Januar von 40 Prozent der Landesfläche.

Moskau gegen Verlängerung des Getreideabkommens

Die Folgen des Krieges, darunter Landminen und Kampfmittelreste, behindern massiv die Landwirtschaft. Nach Untersuchungen der Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen mussten in den Kampfgebieten 38 Prozent der Landwirte ihre Arbeit einstellen oder einschränken. In der gesamten Ukraine sind es im Durchschnitt 25 Prozent. Diese Daten vom Dezember 2022 beziehen sich auf das erste Kriegsjahr. Für dieses Jahr erwartet die größte landwirtschaftliche Vereinigung der Ukraine 20 Prozent weniger Mais-Aussaat, berichtet Reuters.

Laut der Kyiv School of Ecomomics betragen die Schäden in der ukrainischen Landwirtschaft infolge des Krieges bereits jetzt rund 4,20 Milliarden Euro. Allein für die Untersuchung und Säuberung der von Kämpfen erfassten landwirtschaftlichen Flächen brauche die Ukraine 430 Millionen Euro, schreiben die Wissenschaftler.

Noch 2021 belegte die Ukraine beim Weizenexport den sechsten Platz weltweit und beim Mais den dritten. Russlands Krieg stoppte den Export für gut fünf Monate ganz, trieb die Lebensmittelpreise weltweit stark in die Höhe, bis das Getreideabkommen ausgehandelt wurde. Aktuell versuchen die Vereinten Nationen in Genf eine Verlängerung des Abkommens zu erreichen.

Kiew hat seine Bereitschaft signalisiert und würde das Abkommen statt wie bisher für jeweils 120 Tage lieber für ein Jahr vereinbaren. Moskau sperrt sich noch und fordert etwa die Aufhebung der Blockade des russischen Düngemittels, das in baltischen Häfen festgesetzt ist. Die erste Verlängerung des Abkommens endet am 18. März. vf

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DG Grow warnt vor Verlust von Wettbewerbsfähigkeit

Die Generaldirektion Industrie der EU-Kommission warnt vor den Folgen von Energiekrise und Subventionsprogrammen wie dem Inflation Reduction Act für die europäische Industrie. “Europas Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit ist in Gefahr”, heißt es in einer Analyse der DG Grow, die Europe.Table vorliegt und am Donnerstag gemeinsam mit dem Net-Zero Industry Act vorgestellt werden soll. Ein beträchtlicher Teil der europäischen Unternehmen erwäge nun die Verlagerung von Aktivitäten in Länder außerhalb der EU. Dies könne sich “auf die gesamte Lieferkette auswirken und ist sehr besorgniserregend für unsere europäischen KMU”, heißt es in der Analyse.

Zwar würden Investitionen in klimafreundliche Technologien auch in Europa unterstützt, liest man in dem Dokument der Generaldirektion weiter, die Binnenmarktkommissar Thierry Breton untersteht. “Doch dauert es viel länger, bis man von den Mitteln profitiert, und die Höhe der Unterstützung beträgt nur ein Bruchteil dessen, was man durch Investitionen in den USA erhalten kann.”

In den USA teils neunmal mehr Fördermittel

So erhalte etwa der italienische Energiekonzern Enel für den Bau einer neuen Solarpaneele-Fabrik Mittel aus dem EU-Innovationsfonds und aus dem nationalen Topf des Corona-Aufbaufonds in Höhe von rund 0,5 Cent pro Watt. Eine entsprechende Investition in den USA würde demnach aber mit etwa 4,6 Eurocent pro Watt gefördert – dem Neunfachen also.

Auch China locke europäische Unternehmen mit Subventionen und laxeren gesetzlichen Vorschriften. Die Herstellung von Solarmodulen in China sei im Durchschnitt 35 Prozent billiger als in Europa. Autohersteller wie Volkswagen verlagerten die Produktion von Elektroautos für den europäischen Markt zunehmend nach China. “Europa scheint nun auf dem besten Weg zu sein, ein Nettoimporteur von Fahrzeugen aus China zu werden, während Europa in der Vergangenheit immer ein Nettoexporteur war”, heißt es in der Analyse. tho/sti

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Xi auf dem Sprung zu Putin

Chinas Staatsführer Xi Jinping plant offenbar, nächste Woche nach Moskau zu reisen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters am Montag und verweist auf Angaben von mit dem Vorhaben vertraute Personen, die allerdings wegen des sensiblen Themas namentlich nicht genannt werden wollten. In Moskau wolle Xi den russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen.

Zudem soll Xi Jinping auch ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj planen. Das berichtet die Zeitung “Wall Street Journal” unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet. Demnach soll das Gespräch wohl nach Xis Besuch in Moskau stattfinden.

Am Wochenende hatte China erfolgreich als Vermittler zwischen Saudi-Arabien und Iran agiert. Manche Beobachter hoffen deshalb, dass Peking eine ähnliche Rolle im Ukrainekrieg einnehmen und zwischen Moskau und Kiew vermitteln könnte. Hierfür hatte China unlängst einen 12-Punkte-Plan vorgelegt, der im Westen jedoch vor allem auf Skepsis gestoßen war. Kurz vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hatten China und Russland allerdings eine “grenzenlose” Partnerschaft verabredet.

Vom chinesischen Außenministerium gab es zunächst keine Stellungnahme. Das Außenministerium in Moskau lehnte einen Kommentar gegenüber Reuters ab. Schon im Februar hatte Putin einen möglichen Besuch Xis in Moskau angekündigt. Damals war Chinas ranghöchster Außenpolitiker Wang Yi in die russische Hauptstadt zu Beratungen gereist. rad

  • China

Spielzeug erneut oben auf Gefahrenliste

Im Jahresbericht 2022 der Kommission zu Safety Gate, dem europäischen Schnellwarnsystem für gefährliche Non-Food-Produkte, führen erneut Spielzeug und Autos die Liste der am häufigsten gemeldeten Produkte an. Der entsprechende Bericht wurde am Montag von Justizkommissar Didier Reynders vorgestellt.

Insgesamt reagierten die Behörden der 30 Teilnehmerländer des Safety-Gate-Netzes auf 2.117 Warnungen und 3.932 Folgemaßnahmen. Das Netz umfasst die EU-Mitgliedstaaten plus Norwegen, Island und Liechtenstein. Am häufigsten waren Risiken im Zusammenhang mit chemischen Stoffen, Verletzungen und Erstickungsgefahr. Hinter Spielzeug und Kfz rangierten im vergangenen Jahr Kosmetika, gefolgt von Kleidung und Elektrogeräten, die als gefährlich gemeldet wurden. Weil zuletzt neue Stoffe in Parfüms und Cremes verboten wurden, habe es in dem Bereich deutlich mehr Warnmeldungen gegeben, heißt es in der Presseerklärung.

Im November hatten sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission im Trilog auf eine Verordnung über die Allgemeine Produktsicherheit geeinigt. Diese soll ab 2024 gelten und sieht beispielsweise vor, dass Online-Marktplätze anhand des Safety Gate Portal stichprobenartig prüfen müssen, ob Angebote auf ihrem Marktplatz bereits als gefährlich identifiziert wurden. Wenn gefährliche Produkte verkauft wurden, müssen Verbraucher künftig direkt darüber informiert werden. lei

  • Verbraucherschutz

Presseschau

EU will bei COP28 auf einen weltweiten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen drängen EURONEWS
EU-Waffenlieferungen: Eine Million Granaten für die Ukraine FAZ
Studie zu Rüstungsmarkt: Waffenimporte in Europa haben sich nahezu verdoppelt FAZ
Subventionsstreit: EU und USA wollen Benachteiligung europäischer Hersteller ausschließen RUNDSCHAU-ONLINE
Deutschland schmiedet mit EU-Staaten Allianz gegen Verbrenner-Aus FAZ
Frankreich kritisiert deutschen Widerstand gegen Verbrenner-Aus WELT
Frankreich meldet vielerorts “mäßigen bis sehr niedrigen” Grundwasserspiegel SPIEGEL
USA und EU: Abkommen über kritische Batteriemineralien ELECTRIVE
Habeck und Özdemir werben in Südamerika für Abkommen mit EU SUEDDEUTSCHE
Puppen, Kosmetik, Kleidung: EU-Staaten melden mehr als 2000 gefährliche Produkte SPIEGEL
EU says Libya needs more boats after latest drowning tragedy EUOBSERVER
Slovenia’s PM Urges Bosnia to Embrace “Historic” Moment for EU Integration USNEWS
Neue Kosten für Hausbesitzer – EU plant Sanierungs-Pflicht FR
“Europeum”: EU-Politiker erwägen Start einer eigenen Blockchain BTC-ECHO
Plastikflaschen-Recycling: EU-Kommission wehrt Industrie-Lobbyversuch ab EURACTIV
EU Plans Virtual Regional Electricity Hubs in Market Reform BNNBLOOMBERG
VW: Batteriefabrik kommt nach Kanada, Fabrik in Europa steht infrage CAPITAL
E-Lkw Zulassungen in der EU im Jahr 2022 steigend EMOBILITAET
Zugunglück in Griechenland: Dokumente zeigen Versäumnisse von EU, Athen EURACTIV
Eklat bei MDR-Show: Lisa Eckhart macht Polen-Witze und vergleicht EU mit Drittem Reich BERLINER-KURIER
EU Merchants Could Be Required to Accept Digital Euro, Ministers Told COINDESK
Rishi Sunak hints at TikTok ban from UK government devices THEGUARDIAN

Standpunkt

RED: Wie aus dem Forderungskatalog der Forstindustrie

Von Kenneth Richter
Kenneth Richter ist Referent für Bioenergie beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Bei der EU-Klima- und Umweltpolitik gilt Schweden als progressive Kraft. In der Vergangenheit hat das Land die EU-Mitgliedsstaaten immer wieder dazu gedrängt, beim Klimaschutz ehrgeiziger zu sein und seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wenn es um die eigene natur- und klimaschädliche Forstwirtschaft geht, treten Schwedens Ambitionen für Klima- und Umweltschutz jedoch schnell in den Hintergrund. Sehr deutlich wird das aktuell an Schwedens Haltung zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED). Darin geht es neben dem schnelleren Ausbau von erneuerbaren Energien auch um Regelungen für die Nutzung von Biomasse.

Bislang subventioniert die EU, wenn Waldholz als vermeintliche erneuerbare Energiequelle für die Energieerzeugung genutzt wird. Wälder als wichtige Kohlenstoffspeicher werden somit für die Verbrennung in Kraftwerken abgeholzt. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wollen das nun ändern. Sie schlagen vor, Holzbiomasse von der Förderung für erneuerbare Energien ausschließen, um die europäischen Wälder als wertvolle Kohlenstoffsenken wiederaufzubauen.

Subventionen machen Holzverbrennung profitabel

Diese Vorschläge ignoriert die schwedische Ratspräsidentschaft jedoch konsequent. Stattdessen setzt das Land auf business as usual und macht Vorschläge, die klingen wie aus dem Forderungskatalog der Forstindustrie. Dabei sind ambitionierte Schritte in Richtung Klima- und Naturschutz bei der Novelle der RED längst überfällig. Denn die bisherige Befreiung der Holzverbrennung von der CO₂-Steuer im Emissionshandel und die RED-Subventionen machen es erst profitabel, Millionen von Bäumen in Kraftwerken zu verbrennen.

Wissenschaftler haben lange gewarnt, dass das Abholzen und Verbrennen von Wäldern sowohl die Biodiversität als auch Klima schädigt. Die Holzverbrennung emittiert sogar noch mehr CO₂ pro Einheit Energie als Kohle, während der verstärkte Holzeinschlag dafür sorgt, dass Wälder noch weniger CO₂ aus der Luft binden können. Doch nicht nur Wissenschaftler und Verbände schlagen Alarm – auch die holzverarbeitenden Industrien, die mit der Biomasseindustrie um den Wertstoff Holz konkurrieren, fordern ein Ende der Subventionen.

Trotz dieser Warnungen haben es relevante Entscheidungsträger bei der letzten Überarbeitung der RED versäumt, die Holzverbrennung zu begrenzen. Stattdessen wurden Nachhaltigkeitskriterien für Forstbiomasse aufgenommen, die fast nichts zum Schutz von Wäldern und dem Klima beitragen.

Hälfte des Holzes für Energieerzeugung

Die Folgen werden jetzt deutlich: Mehr als die Hälfte des in der EU gefällten Holzes wird zur Energieerzeugung verbrannt. Seit 2018 haben mehrere Mitgliedstaaten ihre Wald-CO₂-Senken effektiv verloren, unter anderem durch übermäßigen Holzeinschlag. Darunter Estland, Lettland und Finnland. Ihre Wälder sind nun Quellen klimaschädlichen CO₂. Deutschlands Senke reduziert sich ebenfalls zunehmend.

Auch Schweden verzeichnet einen alarmierenden Rückgang der Kohlenstoffaufnahme seiner Wälder. Dennoch versucht das Land sein industrielles Forstwirtschaftsmodell dem Rest der EU aufzuzwingen. Solange das Verbrennen von Bäumen als erneuerbare Energie gilt, haben die EU-Mitgliedstaaten allerdings wenig Anreiz, in wirklich kohlenstoffarme Technologien zu investieren.

Politische Entscheidungsträger der EU dürfen dem Druck der schwedischen Ratspräsidentschaft jetzt nicht nachgeben. Als Energieminister muss sich Robert Habeck im EU-Rat dafür einsetzen, die Anreize für die Verbrennung von Holz zu begrenzen und schrittweise abzubauen, damit sie die Klima- und Biodiversitätsziele der EU nicht untergraben. Die EU-Bürger wollen und verdienen eine Zukunft mit sauberer Energie, die Klima, Wälder und Gesundheit schützt – dafür trägt die schwedische EU-Ratspräsidentschaft Verantwortung.

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    mitten in der Verbotsdebatte um fossile Heizungen im Bund wird auch die europäische Gebäuderichtlinie auf einmal zum medialen Aufreger. Manuel Berkel zeigt in seiner Analyse, welche Ziele die EU-Initiative verfolgt und wie sie mit der deutschen Diskussion ums Gebäudeenergiegesetz zusammenhängt.

    Der Trilog in Sachen Data Act rückt näher. Heute wird das Parlament über den entsprechenden Entwurf des ITRE abstimmen. Und auch auf Arbeitsebene der Mitgliedsstaaten soll es nun ganz schnell gehen. Aus deutscher Sicht gibt es unter anderem beim Thema Geschäftsgeheimnisse noch Nachbesserungsbedarf, berichtet Corinna Visser.

    Spitzenkandidaten? Dieses Prinzip war nach der vergangenen Europawahl ziemlich schnell nur noch schöne Wahlkampffolklore. Für die anstehende Wahl 2024 wollen die Parteien das Prinzip wiederbeleben. Doch wer käme infrage? Till Hoppe und Markus Grabitz sondieren schon einmal das Feld möglicher Kandidaten.

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    Alina Leimbach
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    Analyse

    “Zwangssanierungen” entzweien das Europaparlament

    Seit Tagen tobt ein heftiger medialer Streit um die europäische Gebäuderichtlinie. “Der ganze Ansatz ist panne”, schimpfte etwa der FDP-Abgeordnete Andreas Glück vorab in der “Bild“. Heute stimmt das Parlament über seine Position für den Trilog ab, dort gibt es 67 Änderungsanträge zum Kompromissvorschlag – viele von deutschen Abgeordneten.

    Bei einer letzten Plenardebatte am Montagabend schlug manche Parlamentarier in die gleiche Kerbe, – wenn auch mit gewählteren Worten. Mit der Gebäuderichtlinie, wie sie zur Abstimmung stehe, sei man auf dem falschen Weg, sagte Angelika Niebler (CSU) in Straßburg und klagte über “Zwangsrenovierungen und Verbote“. Doch worum geht es eigentlich bei der Novelle der Gebäuderichtlinie (EPBD)? Ein Überblick:

    Verbietet die Gebäuderichtlinie Öl- und Gasheizungen?

    Das in der Bundesregierung umstrittene Aus für Öl- und Gasheizungen schreibt die Gebäuderichtlinie nicht im Detail vor. Allerdings schafft die Änderung des Artikel 11 die europarechtliche Grundlage für nationale Regelungen. “Die Mitgliedstaaten können Anforderungen in Bezug auf die Treibhausgasemissionen oder die Art des von Wärmeerzeugern genutzten Brennstoffs festlegen, sofern diese Anforderungen keine ungerechtfertigte Marktbarriere darstellen“, heißt es im Kommissionsentwurf.

    Zuvor habe es Rechtsunsicherheit gegeben, ob solche Verbote durch die Ökodesign-Richtlinie und die Binnenmarktbestimmungen in den europäischen Verträgen gedeckt seien.

    Das Parlament will die Mitgliedstaaten nach dem Kompromissentwurf (Table.Media berichtete) sogar verpflichten, Verbote für fossile Heizungen zu erlassen. Die Ausgestaltung bliebe aber weiter den nationalen Regierungen überlassen. Den Grundsatz der Technologieneutralität hat das Parlament dabei explizit aufgenommen.

    Gibt es einen “Sanierungszwang”?

    Die “ideologische Zwangssanierung” durch die Gebäuderichtlinie sei ein “Anschlag auf den ländlichen Raum“, wetterte in der “Bild” der CDU-Abgeordnete Markus Pieper. Auf individueller Ebene gibt es Sanierungspflichten in Deutschland seit Jahrzehnten – nämlich dann, wenn ohnehin größere Reparaturen durchgeführt werden. Das Neue an der EU-Novelle sind verpflichtende Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS), also den Energieverbrauch von Gebäuden. Solche MEPS mussten die Mitgliedstaaten zwar schon vorher aufstellen, aber weil die bummelten, soll die Richtlinie nun konkrete Ziele festschreiben.

    Der Durchschnitt der Wohngebäude bildet die Effizienzklasse E, allerdings liegen unsanierte Einfamilienhäuser laut Verbraucherzentrale typischerweise in den ineffizientesten Klassen G oder H und verbrauchen bis zu achtmal so viel Energie wie sparsame Neubauten in der Klasse A. Nach dem Kompromissentwurf des Parlaments sollen bis 2030 alle Bestandsgebäude auf den Standard E saniert werden und bis 2033 auf D. Bis 2050 müsste allerdings auch der Gebäudebestand in der EU klimaneutral sein.

    Verbindliche Sanierungsziele würden der Bauwirtschaft einen verlässlichen Rahmen geben, um die benötigten Ausbildungs- und Fertigungskapazitäten zu schaffen, argumentierte am Montag das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Auf die Flexibilität der EU-Staaten bei der Umsetzung der Richtlinie verweist die Abgeordnete Jutta Paulus (Grüne): In Frankreich zum Beispiel würden Sanierungspflichten erst bei Verkauf oder Vermietung greifen.

    Was bedeuten die Effizienzvorgaben für Hausbesitzer?

    Um ein Wohngebäude auf den Effizienzstandard D zu sanieren, braucht es laut Energieberatern keinen Komplettumbau. “Ein oder zwei Sanierungsmaßnahmen reichen meistens”, sagt Mark Steiger, Vorstand des GIH Baden-Württemberg. Etwa die Dämmung von Dach und Fenstern oder von Außenwänden und Fenstern oder eine Umstellung auf erneuerbare Wärme und Photovoltaik.

    Den Ansatz der Gebäuderichtlinie, nicht sofort die Komplettsanierung zu Nullemissionsgebäuden zu verlangen, sieht das DIW langfristig sogar als mögliche Belastung für Hauseigentümer: “Dies birgt die Gefahr, dass auf dem Weg zur Klimaneutralität zwei energetische Sanierungen erforderlich sind, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.” Fördergelder dürften deshalb nur für solche Maßnahmen vergeben werden, die in Summe zu einer umfassenden energetischen Sanierung führen.

    Was kosten die Sanierungen und wer soll sie finanzieren?

    In die Sanierung von Gebäuden müssten pro Jahr EU-weit 275 Milliarden Euro zusätzlich fließen. Das hat die Kommission 2020 für ihre Mitteilung zur Renovierungswelle errechnet. Damals seien bereits 150 Milliarden Euro Fördergelder aus EU-Mitteln bereitgestellt worden, sagt Jutta Paulus (Grüne). In der Folgenabschätzung zur Richtlinie hatte die Kommission zudem gefordert, staatliche Förderung auf die ineffizientesten Gebäude und einkommensschwache Haushalte zu konzentrieren – ein Ansatz, den inzwischen auch das Bundeswirtschaftsministerium verfolgt.

    Eine Strategie für niedrigere Kapitalkosten sieht die Kommission in den Pflichten der Richtlinie, Daten über den energetischen Zustand des Gebäudebestands verfügbar zu machen. Für Banken werde es dadurch einfacher, Kredite für Sanierungen bereitzustellen.

    Welche Position haben die Mitgliedstaaten?

    Die EU-Staaten hatten ihre Position zur Gebäuderichtlinie bereits im vergangenen Oktober beschlossen. Verpflichtungen für einzelne Wohngebäude will die Mehrheit verhindern. Stattdessen soll es verpflichtende Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz ab 2033 nur für den Durchschnitt des Gebäudebestands geben. Für Einfamilienhäuser wollen sich die Mitgliedstaaten außerdem die Möglichkeit offenhalten, sie bei der Berechnung außen vorzulassen. In diesem Fall sollen individuelle Sanierungspflichten nur bei Verkauf oder Neuvermietung gelten.

    Beim Aus für Öl- und Gasheizungen will der Rat ebenfalls keine harte Pflicht und stattdessen dem milden Entwurf der Kommission folgen.

    Welche Linie verfolgt die Bundesregierung?

    Die Bundesregierung hatte im Rat die strengeren Vorschläge der Kommission unterstützt. “Ein Absenken der Ziele für die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz kann nicht die richtige Antwort auf die aktuelle geopolitische Krise und die Ziele des Europäischen Green Deal sein”, schrieben Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande im September 2022 an die anderen Mitgliedstaaten.

    Auch das Verbot für Öl- und Gasheizungen befürwortete die Bundesregierung: “Wir unterstützen auch Regelungen zum Ersatz von fossilen Wärmeerzeugern in bestehenden Gebäuden durch nachhaltige Alternativen, wenn diese erneuert oder ersetzt werden müssen.”

    Bei den MEPS zeigte sich Deutschland allerdings kompromissbereit. Die Unterzeichner wollten die Beschränkung der Mindestvorgaben auf den Durchschnitt des Bestands akzeptieren, wenn die EU-Staaten die Zielerreichung 2030 und 2040 nach objektiven Kriterien nachweisen können.

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    Europawahl: Die Kandidatensuche läuft an

    Was bezweckte Manfred Weber, als er Ende Januar EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola als mögliche Spitzenkandidatin der Christdemokraten ins Gespräch brachte? Falls der EVP-Partei- und Fraktionschef Ursula von der Leyen mit dem Zug die Kandidatur für eine zweite Amtszeit verwehren wollte, so hat er sich verhoben.

    Weber erwähnt den Namen Metsolas nicht mehr, seitdem ihn CDU-Parteichef Friedrich Merz im Bundesvorstand zurückpfiff und von der Leyen seine volle Unterstützung signalisierte. Selbst der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis, den Weber als engen Verbündeten betrachtet, machte deutlich, für wie abwegig er das Manöver hielt.

    An von der Leyen führen wenige Wege vorbei

    Der erste echte Machtkampf im Vorfeld der Europawahl 2024 scheint damit entschieden. Von der Leyen wird Kandidatin der EVP – wenn sie es denn will. Vieles deutet darauf hin, aber entschieden hat sich die 64-Jährige offenbar noch nicht. Sollte sie für das Europaparlament kandidieren, würde sie dies vermutlich im Landesverband Niedersachsen bis zur Sommerpause anmelden.

    Die EVP würde damit einen ersten Pflock einschlagen. Bis zur Wahl, die voraussichtlich Ende Mai 2024 stattfinden wird, kann noch viel passieren. Doch Vertreter der anderen Parteienfamilien räumen ein: An von der Leyen würden nur wenige Wege vorbeiführen.

    Im Kreis der Staats- und Regierungschefs wird sie als tatkräftige Lenkerin in Krisenzeiten geschätzt, nicht nur bei den konservativen Vertretern. Emmanuel Macron hievte von der Leyen bereits 2019 ins Amt und er dürfte wenig Anlass sehen, ihr die Unterstützung zu entziehen. Als SPD-Vizekanzler hatte Olaf Scholz Angela Merkel noch dazu gebracht, sich bei der Wahl von der Leyens im Rat zu enthalten. Inzwischen haben die einstigen Kabinettskollegen aber ein gutes Arbeitsverhältnis, wie die Einladung der Kommissionspräsidentin zur Kabinettsklausur in Meseberg zeigte.

    Spitzenkandidatin – ohne Platz auf dem Wahlzettel?

    Für das Europaparlament wiederum hätte die Wahl von der Leyens den Reiz, das ramponierte Spitzenkandidatenprinzip zu festigen. 2019 hatten die Sozialdemokraten dem Sieger Manfred Weber noch am Wahlabend die Unterstützung verweigert – und damit einen wochenlangen Machtkampf ausgelöst, an dessen Ende der Rat von der Leyen aus dem Hut zauberte.

    In der CDU wird aber auch für möglich gehalten, dass von der Leyen zwar Spitzenkandidatin werden möchte, aber sich nicht um einen Sitz im Europaparlament bemüht. “Entscheidend wäre, dass 400 Millionen Wahlberechtigte in Europa wissen, dass von der Leyen die Spitzenkandidatin der Christdemokraten ist”, sagt ein ranghoher Europapolitiker. Nicht so wichtig sei da, ob ihr Name auch auf den Wahlzetteln von sechs Millionen Wahlberechtigten in Niedersachsen stehe. Zumal die Politikerin ihr Mandat umgehend wieder zurückgeben müsste, wenn sie nicht ihr Amt als Kommissionspräsidentin niederlegen wollte: Die Wahl ist im Mai, und die reguläre Amtszeit als Kommissionspräsidentin geht bis Dezember 2024.  

    Zumindest auf dem Papier unterstützen die meisten Parteienfamilien das Spitzenkandidatenprinzip, das helfen soll, Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren. Beim Kongress im Oktober beschlossen etwa die europäischen Sozialdemokraten, einen “Wahlkampf mit einem gemeinsamen Spitzenkandidaten zu führen”. Auch die Ampel-Parteien in Berlin verpflichteten sich im Koalitionsvertrag, ein “verbindliches Spitzenkandidatensystem” zu unterstützen. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen dies in einer Stellungnahme nochmals bekräftigen. Sie bemühen sich derzeit, CDU und CSU mit ins Boot zu holen.

    Liberale wollen Bewerber stellen

    Die Liberalen, die dritte Kraft im Europaparlament, scheinen auf den Kurs der anderen Parteienfamilien einzuschwenken. 2019 waren sie noch mit einem siebenköpfigen Spitzenteam angetreten, Begründung: Ohne länderübergreifende Wahllisten gebe es auch keine echten Spitzenkandidaten.

    Transnationale Listen dürfte es auch 2024 noch nicht geben. Der Chef der Renew-Fraktion im Europaparlament, Stéphane Séjourné, ließ aber durchblicken, womöglich einzelne Persönlichkeiten ins Rennen schicken zu wollen: “Ich werde meiner politischen Familie vorschlagen, auch einen Kandidaten zur Wahl stellen zu lassen”, sagte er bei einem Besuch in Madrid. Zudem sollten die Liberalen auch potenzielle Bewerber für die Spitzenämter von Europaparlament und Rat nominieren. Christdemokraten und Sozialdemokraten müssten “verstehen, dass sie keine Mehrheit mehr haben”.

    Kein Automatismus für Wahlsieger

    Tatsächlich könnte ein breites Bündnis nötig sein, um nach der Wahl die nötigen Stimmen zusammenzubekommen – was wiederum Sprengstoff birgt. Für die Ampel-Parteien ist klar: Kommissionspräsidentin oder -präsident wird, wer die Mehrheit auf sich vereinen kann. Das muss nicht zwingend die Bewerberin der stärksten Partei sein – laut den heutigen Umfragen wahrscheinlich erneut die EVP. Der Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, mahnt daher: “Wir sollten für den Tag nach der Wahl gerüstet sein, damit sich das Europaparlament in der Frage des Spitzenkandidaten nicht erneut auseinanderdividieren lässt.”

    In den Parteienfamilien ist die Suche nach geeignetem Spitzenpersonal für die Wahl längst angelaufen. Bei den Sozialdemokraten hat der neue Parteichef Stefan Löfven aus Schweden den Auftrag, im Laufe des Jahres eine geeignete Kandidatin oder Kandidaten zu finden. Die- oder derjenige soll dann bei einem Parteikongress im Januar 2024 bestätigt werden.

    Sozialdemokraten: Mehrere Namen gehandelt

    Während SPD-Chefin Saskia Esken bereits Katarina Barley für Platz eins der deutschen Liste vorgeschlagen hat, ist das Feld auf EU-Ebene noch offen. Barley wird gelegentlich auch als Spitzenkandidatin gehandelt, wäre aber aus dem Rennen, falls die EVP mit von der Leyen eine andere deutsche Politikerin ins Rennen schickte.

    Kommissionsvize Frans Timmermans, 2019 der Spitzenkandidat, orientiere sich wahrscheinlich eher in Richtung Den Haag, heißt es in Brüssel. S&D-Fraktionschefin Iratxe García Pérez werden Ambitionen nachgesagt. Allerdings zweifeln nicht wenige daran, ob sie das Format für die Kommissionsspitze hätte.

    Die Regierungserfahrung, die García Pérez fehlt, würden zwei andere Persönlichkeiten mitbringen, die in Brüssel und Straßburg gehandelt werden: Sanna Marin und António Costa. Die finnische Premierministerin Marin, seit der Debatte um ihre Partyvideos europaweit bekannt, muss sich am 2. April zur Wahl stellen – die Umfragen deuten auf ein enges Rennen hin. Sollte sie ihr Amt verlieren, stünde sie womöglich für die Europawahl zur Verfügung.

    Zweifel an Thierry Breton

    Der portugiesische Regierungschef Costa hat Interesse an einem europäischen Spitzenjob signalisiert, wenngleich eher an dem des Ratspräsidenten. Angesichts der sinkenden Popularität seiner Regierung steht der Sozialist aber unter Druck, bis zum Ende seiner Amtszeit 2026 in Lissabon zu bleiben.

    Bei den Liberalen gibt es noch keine klaren Favoriten. In der FDP genießt Kommissionsvize Margrethe Vestager weiterhin Sympathie, allerdings ist der Stern der Dänin in ihrer zweiten Amtszeit etwas gesunken. Der französische Industriekommissar Thierry Breton verhehlt seine Ambitionen kaum, doch seine interventionistische Politik stößt dem marktliberalen Lager auf. Auch unter den Renaissance-Abgeordneten gibt es Zweifel an der Eignung des 68-Jährigen.

    Luxemburgs Premier Xavier Bettel wiederum wird in seiner Heimat Interesse am Amt des Ratspräsidenten nachgesagt. Der 50-Jährige muss sich im Oktober einer Parlamentswahl stellen. Bei einem “Leaders Summit” am 29. Juni wollen die liberalen Staats- und Regierungschefs, Parteivorsitzenden und Europaabgeordneten über die Aufstellung für die Europawahl diskutieren.

    Grüne: Terry Reintke hat beste Chancen

    Bei den Grünen werden der Co-Fraktionsvorsitzenden Terry Reintke beste Aussichten auf die weibliche Spitzenrolle zugesprochen. Noch offen ist, wer ihr männliches Pendant werden könnte – europaweit wie in Deutschland. Interesse an der deutschen Spitzenposition haben vier Abgeordnete angemeldet, Rasmus Andresen, Michael Bloss, Sergey Lagodinsky und Daniel Freund. Lagodinsky gilt als leichter Favorit.    

    Die besten Aussichten auf den deutschen Kommissarsposten hätten die Spitzenkandidaten aber nicht, wie in Kreisen der Partei betont wird. Die Grünen haben sich in den Koalitionsverhandlungen das Vorschlagsrecht dafür gesichert, gehandelt werden in erster Linie Regierungsmitglieder aus Berlin – Franziska Brantner etwa, Sven Giegold oder auch Cem Özdemir. Allerdings könnte auch ihnen Ursula von der Leyen einen Strich durch die Rechnung machen: Die Grünen dürfen den nächsten Kommissar nur entsenden, so steht es im Koalitionsvertrag, “sofern die Kommissionspräsidentin nicht aus Deutschland stammt”. Mit Markus Grabitz

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    Data Act: Kurz vor dem Trilog bleiben Geschäftsgeheimnisse Streitpunkt

    Rat und Parlament sind bald bereit für den Trilog im Data Act. Das Parlament wird am heutigen Dienstag in Straßburg bereits über den Entwurf der Berichterstatterin Pilar del Castillo Vera (EVP) aus dem Industrieausschuss (ITRE) abstimmen. Aber auch die Mitgliedstaaten stehen wohl in der Arbeitsgruppe Telekommunikation des Rates kurz vor einer Einigung. Beobachter erwarten jedoch, dass die Arbeitsgruppe noch einmal über das Thema Geschäftsgeheimnisse diskutieren wird. Deutschland jedenfalls sieht noch immer Verbesserungsbedarf.

    Vergangene Woche hatte Schweden ein sechstes Kompromisspapier vorgelegt, das Table.Media vorliegt. Die Idee ist, den Kompromiss auf Arbeitsebene im Rat formell zu bestätigen und ihn dann für eine Diskussion auf der Ebene der Ständigen Vertreter (AStV) vorzubereiten, die für den 22. März geplant ist. Es wird erwartet, dass sich die Vertreter der Mitgliedstaaten dort auf ein Verhandlungsmandat einigen, das es der schwedischen Präsidentschaft ermöglicht, in den Trilog mit Parlament und Kommission einzutreten.

    Trilog zum Data Act könnte am 28. März beginnen

    Wenn alles wie geplant verläuft, könnte der Trilog bereits am 28. März beginnen. Diesen Termin hat Schweden für ein mögliches erstes Treffen genannt. Berichterstatterin del Castillo hofft, die interinstitutionellen Verhandlungen noch unter der schwedischen Ratspräsidentschaft, also vor dem 30. Juni, abschließen zu können.

    Ob Deutschland den Kompromiss im Rat mittragen wird, entscheidet sich voraussichtlich erst in Hinblick auf die Mandatserteilung im AStV. Deutschland möchte Änderungen vor allem – aber nicht nur – bei der Formulierung zu Geschäftsgeheimnissen und dem Recht auf Datenzugang von Behörden außerhalb von öffentlichen Notständen.

    Geschäftsgeheimnisse bleiben in der Diskussion

    Die Industrie ist in diesem Punkt ebenfalls noch nicht glücklich, auch wenn der sechste Kompromiss des Rates Verbesserungen gebracht habe. So steht nun in Kapitel II, dass der Dateninhaber den Zugang zu Daten verweigern kann, wenn “mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden” durch die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen entsteht. Dies muss der Dateninhaber entsprechend darlegen. Die Einschränkung “unrechtmäßige Nutzung von geistigem Eigentum” ist gestrichen.

    “Positiv ist: Bisherige Unklarheiten im Spannungsfeld von Datenzugang und Geschäftsgeheimnissen sind jetzt präziser gefasst“, meint Dirk Binding, Bereichsleiter Digitale Wirtschaft bei der DIHK. Etwa was die konkretisierten Fälle betreffe, in denen Hersteller die Herausgabe von Daten zurückweisen können. Entscheidend sei nun, dass Parlament und Rat im Trilog die eigentlichen Ziele des Gesetzes – mehr Datennutzung und Innovation in Europa – im Auge behielten. “Dazu ist es notwendig, die an vielen Stellen geschaffene Komplexität wieder deutlich abzubauen. Denn nur dann kann das Gesetz auch in der Praxis erfolgreich angewendet werden”, sagte Binding. Dazu gehöre auch, auf zusätzliche Regelungen zu verzichten, die Haftungsrisiken erweitern.

    Die großen Hersteller haben sich Gehör verschafft

    Die Frage ist, ob die Formulierungen “hohe Wahrscheinlichkeit” und “schwerwiegender Schaden” tatsächlich für mehr Klarheit und damit Rechtssicherheit bei Unternehmen sorgen, die künftig Daten weitergeben oder nutzen wollen. Der Parlamentarier Damian Boeselager (Grüne/EFA), der einzige deutsche Schattenberichterstatter im ITRE-Ausschuss, jedenfalls befürchtet, dass der Data Act, so wie vom Rat vorgeschlagen, den Austausch von Daten eher verhindert als beflügelt. “Statt Barrieren für das Teilen von Daten abzubauen, meißelt der Data Act eine Art von Dateneigentum für Hersteller in Stein, das auch nach Verkauf des Produktes gilt”, kritisiert Boeselager.

    Boeselager beklagt, dass die Verhandlungen zu einer Lobbyschlacht geworden seien. “Leider hat in der Debatte um den Data Act fast nur eine Stimme in Parlament, Rat und Kommission Gehör gefunden: die der großen Hersteller, besonders der von Flugzeugen, Zügen und Autos”, konstatiert er. Die rechnerisch viel größere Zahl der Nutzer oder Eigentümer von vernetzten Produkten habe dagegen nicht mit einer Stimme gesprochen. Insbesondere Unternehmen, die erst in Zukunft Geschäftsmodelle auf Datenbasis entwickeln würden, hätten natürlich überhaupt keine Vertretung.

    Das Parlament stellt sich auf intensive Verhandlungen ein

    Als eine Stärke des Parlamentsentwurfes zum Data Act sieht Boeselager, dass auch Nutzer und nicht nur die Hersteller eigenständig über das Teilen oder die Vermarktung der Daten aus ihren Produkten entscheiden können. Eine Schwachstelle sei, dass Data Holder auch hier viele Möglichkeiten haben, das Teilen von Daten zu unterbinden. Leider hätten während der Verhandlungen im Parlament auch große internationale Hersteller ihren Einfluss geltend gemacht, sagt Boeselager. So fehle den Nutzern oder Eigentümern der Daten die Rechtssicherheit, was den Datenaustausch behindere.

    In jedem Fall stellen sich die Parlamentarier auf intensive Verhandlungen im Trilog ein – und die Schweden haben einen ehrgeizigen Zeitplan. “Ich habe nichts gegen Geschwindigkeit, aber es muss dann auch passen”, sagte Boeselager. Wenn das Parlament in den Verhandlungen nicht erst genommen würde, “könne es auch länger dauern”, meinte Boeselager. “Grundsätzlich hatte ich bei der Datenregulierung aber oft das Gefühl, dass das gemeinsame Arbeiten Texte tatsächlich verbessern kann.

    • Damian Boeselager
    • Data Act
    • Digitalisierung
    • DIHK

    Termine

    15.03.-16.03.2023, Wiesbaden
    BREKO, Messe Fiberdays
    Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) präsentiert Fiberdays, das Messe- und Kongress-Event für die Telekommunikations- und Digitalbranche. INFOS & ANMELDUNG

    15.03.2023 – 09:00-10:00 Uhr, online
    BDI, Diskussion Europas Platz in der Welt – Wie geht es weiter mit der Diversifizierung der deutschen Industrie?
    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) diskutiert gemeinsam mit Experten über wirtschaftliche, politische und strategische Erfordernisse sowie bestehende Hindernisse und Lösungsansätze in der Globalisierung zur Diversifizierung von Handel und Investitionen. INFOS & ANMELDUNG

    15.03.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Kommunale Wärmeplanung
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) beschäftigt sich mit den Herausforderungen der kommunalen Wärmeversorgung. INFOS & ANMELDUNG

    15.03.2023 – 15:00-17:40 Uhr, Berlin
    Forum für Zukunftsenergien, Konferenz Gasförderung in der Nordsee – ein umweltverträglicher Beitrag zur sicheren Gasversorgung in Europa?
    Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) lädt Vertreter aus Politik und Wirtschaft ein, um über die Zukunft der europäischen Gasversorgung zu diskutieren. INFOS & ANMELDUNG

    15.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
    ERCST, Discussion The paths to decarbonised and sustainable transport: Stakeholders’ meeting
    The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) analyses the current pathways emerging from EU policy for decarbonisation of heavy-duty road transportation including links to other transportation modes and proposes, if necessary and appropriate, complementary and/or alternative policy pathways. INFOS & REGISTRATION

    15.03.2023 – 19:00-22:00 Uhr, Berlin
    FAZ, Konferenz Landwirtschaft in Krisenzeiten: Warum Innovationen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit verbinden können
    Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) geht der Frage nach, vor welchen Herausforderungen Landwirte und ihre Partner in der Agrarbranche stehen. INFOS & ANMELDUNG

    15.03.2023 – 19:30-22:00 Uhr, Berlin
    UE, Roundtable Industrielle Transformation – wie kann der Wirtschaftsstandort Europa gestärkt werden?
    United Europe (UE) diskutiert, wie Europas Industrie angesichts von Transformationen und Strukturwandel wettbewerbsfähig sein kann. INFOS & ANMELDUNG

    16.03.-17.03.2023, online
    EEN, Konferenz Horizon Europe Cluster 1: Health Brokerage Event
    Das Enterprise Europe Network (EEN) bringt relevante Akteure zusammen, die beabsichtigen, Fördermittel zu beantragen und unterstützt die Entwicklung von Konsortien und Projektideen. INFOS & ANMELDUNG

    16.03.-17.03.2023, Berlin/online
    DBV, Konferenz Berliner Milchforum
    Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht der Frage nach, welche konstruktiven Lösungsansätze und Strategien es gibt, um die Herausforderungen der geopolitischen Verwerfungen erfolgreich zu bewältigen. INFOS & ANMELDUNG

    16.03.2023 – 12:30-16:30 Uhr, Frankfurt/Main
    TÜV, Seminar OT-Security Updates für Entscheider
    Der TÜV diskutiert die Frage, welche Sicherheitsstrategien und Lösungsmaßnahmen zum Schutz von Unternehmen implementiert werden können. INFOS & ANMELDUNG

    16.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
    ERCST, Seminar CCUS in the net-zero transition
    The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) explores the role of CCUS in different climate neutrality scenarios and its role in different policy mixes. INFOS & REGISTRATION

    News

    Wissing will Vorschlag zu E-Fuels vorlegen

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat am Montag einen Vorschlag angekündigt, wie E-Fuels in neuen Verbrennerfahrzeugen auch über 2035 hinaus eingesetzt werden können. Nachdem die Vorschläge der EU-Kommission nicht ausreichend gewesen seien, würde sein Haus nun “konkretere Vorschläge” vorlegen. Zwar sei er zuversichtlich, dass dies schon diese Woche erfolgen könnte, doch man könne sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, so Wissing.

    Acht EU-Verkehrsminister haben am Montag in Straßburg informell über wichtige europäische Regulierungen zur Emissionsreduzierung des Straßenverkehrs gesprochen. Dabei ging es unter anderem um eine mögliche Berücksichtigung von E-Fuels für die EU-Klimaziele des Verkehrssektors. Das Bundesverkehrsministerium fordert noch immer, dass die EU-Kommission einen entsprechenden Regulierungsvorschlag vorlegt. Ohne diesen werde man den verschärften Flottengrenzwerten für neue Pkw nicht zustimmen.

    “Kommissionsvorschläge ohne Technologieoffenheit”

    Der Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, sagte am Montag, die Kommission, Frans Timmermans und sein Kabinett seien im Dauerdialog mit Wissings Ministerium und hätten bereits mehrere Vorschläge gemacht. Diese seien alle abgelehnt werden. Wissing müsse daher nun beantworten, in welcher Weise E-Fuels außerhalb der Flottengrenzwerte zum Einsatz kommen müssten, fordert Andresen. Die Grünen sehen Wissings Blockadehaltung als destruktiv an, da aus Berlin längst ein konkreter Vorschlag hätte kommen müssen, wie genau E-Fuels in der EU-Flottenregulierung für neue Pkw berücksichtigt werden könnten.

    Wissing wies diesen Vorwurf prompt zurück und erklärte, es habe Vorschläge gegeben, die Flottengrenzwerte 2026 noch einmal zu überprüfen und eine Arbeitsgruppe zu dem Thema einzusetzen. “Diese Vorschläge gewährleisten jedoch keine Technologieoffenheit und bleiben hinter dem zurück, was wir brauchen“, so Wissing zu Table.Media. Wissing kritisiert zudem, dass die EU-Kommission nicht an den Gesprächen am Montag teilgenommen habe. “Das wäre hilfreich gewesen”, sagt der Minister zu Europe.Table. Allerdings ist unklar, ob die Kommission überhaupt eingeladen war.

    Unmut über Euro 7-Norm

    Der tschechische Minister Martin Kupka hatte zu dem Treffen in Straßburg geladen, bei dem vor allem über die neue Euro 7-Emissionsnorm für Pkw gesprochen wurde. Die Verkehrsminister aus Italien, Polen, Ungarn, Rumänien, Tschechien, Portugal, Deutschland und der Slowakei haben die Vorschläge für die neue Euronorm als “unrealistisch” bezeichnet. Sie stelle eine Bedrohung für die Mobilität normaler Menschen in einigen EU-Staaten dar, sagte Kupka am Montag im Anschluss an ein Treffen der Minister in Straßburg.

    Durch die hohen Anforderungen der neuen Euronorm für Stickoxidgrenzwerte würden neue Autos teurer werden, so die Befürchtung der Minister. Somit könnten sich viele keine Neuwagen leisten, was zudem schlecht für das Klima sei. Die Ministerien der acht Länder hatten schon zuvor Vorbehalte gegen die vorgeschlagene Reform der Euro-Emissionsnorm geäußert und fordern drastische Änderungen des Gesetzesvorschlags. Für großen Unmut in der Industrie sorgen vor allem die Testanforderungen in Randbedingungen – also bei Volllast, auf Bergstraßen und bei extremer Kälte – sowie das Einführungsdatum 2025. Es würde zu erheblichen Schwierigkeiten in der Umsetzung führen, betonte auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing. luk

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    Ukraine: Verminte Felder, UN-Getreideabkommen läuft aus

    Am kommenden Samstag endet das UN-Getreideabkommen zwischen der Ukraine, Türkei und Russland. Eine Verlängerung ist noch nicht in Sicht. Zugleich berichtet die Vizepremierministerin der Ukraine, Julia Swyrydenko, dass ihr Land dringend eine Initiative zur Minenräumung braucht, um vermintes Gelände, darunter landwirtschaftliche Gebiete, freizuräumen.

    Müsste die Ukraine nur mit den eigenen Ressourcen die gesamte verminte Fläche räumen, würde das nach Aussagen Swyrydenkos 70 Jahre dauern. “Wir brauchen eine Art Ramstein gegen Minen“, bat Swyrydenko kürzlich in einem Gespräch mit Vertretern des kanadischen Parlaments.

    Wie viel Fläche der Ukraine tatsächlich vermint oder wegen nicht detonierter Kampfmittel nicht nutzbar ist, lässt sich nur schwer schätzen. Regierungschef Denys Schmyhal sprach Anfang Januar von 40 Prozent der Landesfläche.

    Moskau gegen Verlängerung des Getreideabkommens

    Die Folgen des Krieges, darunter Landminen und Kampfmittelreste, behindern massiv die Landwirtschaft. Nach Untersuchungen der Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen mussten in den Kampfgebieten 38 Prozent der Landwirte ihre Arbeit einstellen oder einschränken. In der gesamten Ukraine sind es im Durchschnitt 25 Prozent. Diese Daten vom Dezember 2022 beziehen sich auf das erste Kriegsjahr. Für dieses Jahr erwartet die größte landwirtschaftliche Vereinigung der Ukraine 20 Prozent weniger Mais-Aussaat, berichtet Reuters.

    Laut der Kyiv School of Ecomomics betragen die Schäden in der ukrainischen Landwirtschaft infolge des Krieges bereits jetzt rund 4,20 Milliarden Euro. Allein für die Untersuchung und Säuberung der von Kämpfen erfassten landwirtschaftlichen Flächen brauche die Ukraine 430 Millionen Euro, schreiben die Wissenschaftler.

    Noch 2021 belegte die Ukraine beim Weizenexport den sechsten Platz weltweit und beim Mais den dritten. Russlands Krieg stoppte den Export für gut fünf Monate ganz, trieb die Lebensmittelpreise weltweit stark in die Höhe, bis das Getreideabkommen ausgehandelt wurde. Aktuell versuchen die Vereinten Nationen in Genf eine Verlängerung des Abkommens zu erreichen.

    Kiew hat seine Bereitschaft signalisiert und würde das Abkommen statt wie bisher für jeweils 120 Tage lieber für ein Jahr vereinbaren. Moskau sperrt sich noch und fordert etwa die Aufhebung der Blockade des russischen Düngemittels, das in baltischen Häfen festgesetzt ist. Die erste Verlängerung des Abkommens endet am 18. März. vf

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    DG Grow warnt vor Verlust von Wettbewerbsfähigkeit

    Die Generaldirektion Industrie der EU-Kommission warnt vor den Folgen von Energiekrise und Subventionsprogrammen wie dem Inflation Reduction Act für die europäische Industrie. “Europas Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit ist in Gefahr”, heißt es in einer Analyse der DG Grow, die Europe.Table vorliegt und am Donnerstag gemeinsam mit dem Net-Zero Industry Act vorgestellt werden soll. Ein beträchtlicher Teil der europäischen Unternehmen erwäge nun die Verlagerung von Aktivitäten in Länder außerhalb der EU. Dies könne sich “auf die gesamte Lieferkette auswirken und ist sehr besorgniserregend für unsere europäischen KMU”, heißt es in der Analyse.

    Zwar würden Investitionen in klimafreundliche Technologien auch in Europa unterstützt, liest man in dem Dokument der Generaldirektion weiter, die Binnenmarktkommissar Thierry Breton untersteht. “Doch dauert es viel länger, bis man von den Mitteln profitiert, und die Höhe der Unterstützung beträgt nur ein Bruchteil dessen, was man durch Investitionen in den USA erhalten kann.”

    In den USA teils neunmal mehr Fördermittel

    So erhalte etwa der italienische Energiekonzern Enel für den Bau einer neuen Solarpaneele-Fabrik Mittel aus dem EU-Innovationsfonds und aus dem nationalen Topf des Corona-Aufbaufonds in Höhe von rund 0,5 Cent pro Watt. Eine entsprechende Investition in den USA würde demnach aber mit etwa 4,6 Eurocent pro Watt gefördert – dem Neunfachen also.

    Auch China locke europäische Unternehmen mit Subventionen und laxeren gesetzlichen Vorschriften. Die Herstellung von Solarmodulen in China sei im Durchschnitt 35 Prozent billiger als in Europa. Autohersteller wie Volkswagen verlagerten die Produktion von Elektroautos für den europäischen Markt zunehmend nach China. “Europa scheint nun auf dem besten Weg zu sein, ein Nettoimporteur von Fahrzeugen aus China zu werden, während Europa in der Vergangenheit immer ein Nettoexporteur war”, heißt es in der Analyse. tho/sti

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    Xi auf dem Sprung zu Putin

    Chinas Staatsführer Xi Jinping plant offenbar, nächste Woche nach Moskau zu reisen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters am Montag und verweist auf Angaben von mit dem Vorhaben vertraute Personen, die allerdings wegen des sensiblen Themas namentlich nicht genannt werden wollten. In Moskau wolle Xi den russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen.

    Zudem soll Xi Jinping auch ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj planen. Das berichtet die Zeitung “Wall Street Journal” unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet. Demnach soll das Gespräch wohl nach Xis Besuch in Moskau stattfinden.

    Am Wochenende hatte China erfolgreich als Vermittler zwischen Saudi-Arabien und Iran agiert. Manche Beobachter hoffen deshalb, dass Peking eine ähnliche Rolle im Ukrainekrieg einnehmen und zwischen Moskau und Kiew vermitteln könnte. Hierfür hatte China unlängst einen 12-Punkte-Plan vorgelegt, der im Westen jedoch vor allem auf Skepsis gestoßen war. Kurz vor Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hatten China und Russland allerdings eine “grenzenlose” Partnerschaft verabredet.

    Vom chinesischen Außenministerium gab es zunächst keine Stellungnahme. Das Außenministerium in Moskau lehnte einen Kommentar gegenüber Reuters ab. Schon im Februar hatte Putin einen möglichen Besuch Xis in Moskau angekündigt. Damals war Chinas ranghöchster Außenpolitiker Wang Yi in die russische Hauptstadt zu Beratungen gereist. rad

    • China

    Spielzeug erneut oben auf Gefahrenliste

    Im Jahresbericht 2022 der Kommission zu Safety Gate, dem europäischen Schnellwarnsystem für gefährliche Non-Food-Produkte, führen erneut Spielzeug und Autos die Liste der am häufigsten gemeldeten Produkte an. Der entsprechende Bericht wurde am Montag von Justizkommissar Didier Reynders vorgestellt.

    Insgesamt reagierten die Behörden der 30 Teilnehmerländer des Safety-Gate-Netzes auf 2.117 Warnungen und 3.932 Folgemaßnahmen. Das Netz umfasst die EU-Mitgliedstaaten plus Norwegen, Island und Liechtenstein. Am häufigsten waren Risiken im Zusammenhang mit chemischen Stoffen, Verletzungen und Erstickungsgefahr. Hinter Spielzeug und Kfz rangierten im vergangenen Jahr Kosmetika, gefolgt von Kleidung und Elektrogeräten, die als gefährlich gemeldet wurden. Weil zuletzt neue Stoffe in Parfüms und Cremes verboten wurden, habe es in dem Bereich deutlich mehr Warnmeldungen gegeben, heißt es in der Presseerklärung.

    Im November hatten sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission im Trilog auf eine Verordnung über die Allgemeine Produktsicherheit geeinigt. Diese soll ab 2024 gelten und sieht beispielsweise vor, dass Online-Marktplätze anhand des Safety Gate Portal stichprobenartig prüfen müssen, ob Angebote auf ihrem Marktplatz bereits als gefährlich identifiziert wurden. Wenn gefährliche Produkte verkauft wurden, müssen Verbraucher künftig direkt darüber informiert werden. lei

    • Verbraucherschutz

    Presseschau

    EU will bei COP28 auf einen weltweiten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen drängen EURONEWS
    EU-Waffenlieferungen: Eine Million Granaten für die Ukraine FAZ
    Studie zu Rüstungsmarkt: Waffenimporte in Europa haben sich nahezu verdoppelt FAZ
    Subventionsstreit: EU und USA wollen Benachteiligung europäischer Hersteller ausschließen RUNDSCHAU-ONLINE
    Deutschland schmiedet mit EU-Staaten Allianz gegen Verbrenner-Aus FAZ
    Frankreich kritisiert deutschen Widerstand gegen Verbrenner-Aus WELT
    Frankreich meldet vielerorts “mäßigen bis sehr niedrigen” Grundwasserspiegel SPIEGEL
    USA und EU: Abkommen über kritische Batteriemineralien ELECTRIVE
    Habeck und Özdemir werben in Südamerika für Abkommen mit EU SUEDDEUTSCHE
    Puppen, Kosmetik, Kleidung: EU-Staaten melden mehr als 2000 gefährliche Produkte SPIEGEL
    EU says Libya needs more boats after latest drowning tragedy EUOBSERVER
    Slovenia’s PM Urges Bosnia to Embrace “Historic” Moment for EU Integration USNEWS
    Neue Kosten für Hausbesitzer – EU plant Sanierungs-Pflicht FR
    “Europeum”: EU-Politiker erwägen Start einer eigenen Blockchain BTC-ECHO
    Plastikflaschen-Recycling: EU-Kommission wehrt Industrie-Lobbyversuch ab EURACTIV
    EU Plans Virtual Regional Electricity Hubs in Market Reform BNNBLOOMBERG
    VW: Batteriefabrik kommt nach Kanada, Fabrik in Europa steht infrage CAPITAL
    E-Lkw Zulassungen in der EU im Jahr 2022 steigend EMOBILITAET
    Zugunglück in Griechenland: Dokumente zeigen Versäumnisse von EU, Athen EURACTIV
    Eklat bei MDR-Show: Lisa Eckhart macht Polen-Witze und vergleicht EU mit Drittem Reich BERLINER-KURIER
    EU Merchants Could Be Required to Accept Digital Euro, Ministers Told COINDESK
    Rishi Sunak hints at TikTok ban from UK government devices THEGUARDIAN

    Standpunkt

    RED: Wie aus dem Forderungskatalog der Forstindustrie

    Von Kenneth Richter
    Kenneth Richter ist Referent für Bioenergie beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).

    Bei der EU-Klima- und Umweltpolitik gilt Schweden als progressive Kraft. In der Vergangenheit hat das Land die EU-Mitgliedsstaaten immer wieder dazu gedrängt, beim Klimaschutz ehrgeiziger zu sein und seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wenn es um die eigene natur- und klimaschädliche Forstwirtschaft geht, treten Schwedens Ambitionen für Klima- und Umweltschutz jedoch schnell in den Hintergrund. Sehr deutlich wird das aktuell an Schwedens Haltung zur Novelle der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED). Darin geht es neben dem schnelleren Ausbau von erneuerbaren Energien auch um Regelungen für die Nutzung von Biomasse.

    Bislang subventioniert die EU, wenn Waldholz als vermeintliche erneuerbare Energiequelle für die Energieerzeugung genutzt wird. Wälder als wichtige Kohlenstoffspeicher werden somit für die Verbrennung in Kraftwerken abgeholzt. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wollen das nun ändern. Sie schlagen vor, Holzbiomasse von der Förderung für erneuerbare Energien ausschließen, um die europäischen Wälder als wertvolle Kohlenstoffsenken wiederaufzubauen.

    Subventionen machen Holzverbrennung profitabel

    Diese Vorschläge ignoriert die schwedische Ratspräsidentschaft jedoch konsequent. Stattdessen setzt das Land auf business as usual und macht Vorschläge, die klingen wie aus dem Forderungskatalog der Forstindustrie. Dabei sind ambitionierte Schritte in Richtung Klima- und Naturschutz bei der Novelle der RED längst überfällig. Denn die bisherige Befreiung der Holzverbrennung von der CO₂-Steuer im Emissionshandel und die RED-Subventionen machen es erst profitabel, Millionen von Bäumen in Kraftwerken zu verbrennen.

    Wissenschaftler haben lange gewarnt, dass das Abholzen und Verbrennen von Wäldern sowohl die Biodiversität als auch Klima schädigt. Die Holzverbrennung emittiert sogar noch mehr CO₂ pro Einheit Energie als Kohle, während der verstärkte Holzeinschlag dafür sorgt, dass Wälder noch weniger CO₂ aus der Luft binden können. Doch nicht nur Wissenschaftler und Verbände schlagen Alarm – auch die holzverarbeitenden Industrien, die mit der Biomasseindustrie um den Wertstoff Holz konkurrieren, fordern ein Ende der Subventionen.

    Trotz dieser Warnungen haben es relevante Entscheidungsträger bei der letzten Überarbeitung der RED versäumt, die Holzverbrennung zu begrenzen. Stattdessen wurden Nachhaltigkeitskriterien für Forstbiomasse aufgenommen, die fast nichts zum Schutz von Wäldern und dem Klima beitragen.

    Hälfte des Holzes für Energieerzeugung

    Die Folgen werden jetzt deutlich: Mehr als die Hälfte des in der EU gefällten Holzes wird zur Energieerzeugung verbrannt. Seit 2018 haben mehrere Mitgliedstaaten ihre Wald-CO₂-Senken effektiv verloren, unter anderem durch übermäßigen Holzeinschlag. Darunter Estland, Lettland und Finnland. Ihre Wälder sind nun Quellen klimaschädlichen CO₂. Deutschlands Senke reduziert sich ebenfalls zunehmend.

    Auch Schweden verzeichnet einen alarmierenden Rückgang der Kohlenstoffaufnahme seiner Wälder. Dennoch versucht das Land sein industrielles Forstwirtschaftsmodell dem Rest der EU aufzuzwingen. Solange das Verbrennen von Bäumen als erneuerbare Energie gilt, haben die EU-Mitgliedstaaten allerdings wenig Anreiz, in wirklich kohlenstoffarme Technologien zu investieren.

    Politische Entscheidungsträger der EU dürfen dem Druck der schwedischen Ratspräsidentschaft jetzt nicht nachgeben. Als Energieminister muss sich Robert Habeck im EU-Rat dafür einsetzen, die Anreize für die Verbrennung von Holz zu begrenzen und schrittweise abzubauen, damit sie die Klima- und Biodiversitätsziele der EU nicht untergraben. Die EU-Bürger wollen und verdienen eine Zukunft mit sauberer Energie, die Klima, Wälder und Gesundheit schützt – dafür trägt die schwedische EU-Ratspräsidentschaft Verantwortung.

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    Europe.Table Redaktion

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