Table.Briefing: Europe

Vestager zu IRA + Giegold-Interview + Gewerkschaft und Kaili-Skandal

  • IRA: So will Vestager als Antwort die Beihilferegeln ändern
  • Sven Giegold im Interview: “Ich streite mich ungern”
  • Gewerkschaftsbund vertagt Entscheidung zu belastetem Funktionär
  • Bundesregierung erweitert zweites Batterie-IPCEI
  • EU-Weltraumbahnhof in Schweden eröffnet
  • Saubere-Luft-Dossier geht an S&D-Fraktion
  • London will Ukraine schnell 14 Kampfpanzer liefern
  • Presseschau
  • Werner Patzelt: Auf Orbáns Mission in Brüssel
Liebe Leserin, lieber Leser,

werden die Fabriken für die Batterien von E-Autos und Lastwagen künftig vor allem in den USA entstehen? In Brüssel geht die Sorge um, dass mit Joe Bidens Inflation-Reduction-Act (IRA) die Ansiedlung von Zukunftstechnologien vor allem auf der anderen Seite des Atlantiks stattfindet. Bald will die EU-Kommission auf diese industriepolitische Herausforderung ihre Antwort geben. Eine zentrale Rolle dabei hat Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Mein Kollege Till Hoppe hat herausgefunden, welche Änderungen die Kommissarin demnächst bei den Beihilferegeln vorschlagen will.

Der Grüne Sven Giegold hat einen interessanten Rollenwechsel hinter sich. Im Europaparlament führte er die deutsche Gruppe der Grünen an und mischte bei Dossiers der Finanzregulierung in der Gesetzgebung mit. Seit einem Jahr hat er einen führenden Job in der deutschen Exekutive. Er ist beamteter Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium. Meine Kollegen vom Berlin.Table, Stefan Braun und Malte Kreutzfeldt, haben ihn interviewt.

War Luca Visentini nur ein Einzeltäter, der seine Wahl zum Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC mit Geldern von der kriminellen NGO “Fight Impunity” betrieben hat? Oder gibt es Hinweise auf strukturelles Versagen in der internationalen Gewerkschaftsbewegung? Die Gewerkschaftsfacette des Brüsseler Korruptionsskandals ist noch ungenügend ausgeleuchtet. Dagegen regt sich bei den deutschen Gewerkschaften, die ITUC maßgeblich finanzieren, aber nur sehr zögerlich Protest. Kommen Sie gut in die Woche.

Ihr
Markus Grabitz
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Analyse

IRA: Vestager schlägt konkrete Änderungen an Beihilferegeln vor

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will als Antwort auf den US-Inflation Reduction Act staatliche Beihilfen für Investitionen in klimafreundliche Technologien erleichtern. Sie werde dafür einen “Temporären Krisen- und Übergangsrahmen” vorschlagen, schrieb Vestager am Freitag in einem Brief an die Wirtschafts- und Finanzminister der Mitgliedstaaten, der Europe.Table vorliegt. Dafür sollen die Sonderregeln erweitert werden, die seit März im Zuge des Krieges gegen die Ukraine von der Kommission erlassen wurden und aktuell bis Ende 2023 befristet sind.

Laut dem Brief will Vestager an vier Punkten ansetzen, zu denen sie die Mitgliedstaaten in Bälde konsultieren werde:

  • Anreize für Investitionen in neue Fabriken: Die Mitgliedstaaten sollen Investoren in kritischen Sektoren etwa mit Steuererleichterungen locken können. Ziel sei es, “dem Risiko zu begegnen, dass Investitionen unfairer Weise in Drittstaaten außerhalb Europas umgelenkt werden”. Dafür will Vestager neue Vorgaben formulieren, die über die geltenden Regeln für Regionalbeihilfen hinausgehen.
  • Schnellere Verfahren: Die Kommission will die Genehmigungsverfahren für die staatlichen Hilfen beschleunigen. Die Mitgliedstaaten sollen überdies leichter erkennen können, wie viel Förderung sie den Unternehmen jeweils zur Verfügung stellen dürfen.
  • IPCEI-Verfahren verschlanken: Die oft langwierigen Verfahren für die Förderung von Investitionsprojekten von gemeinsamem europäischem Interesse (etwa in Batterien oder Wasserstoff) sollen gestrafft werden. Dies gelte vor allem für die frühe Phase des Zusammenstellens der Vorhaben und für die beihilferechtliche Bewertung durch die Kommission.
  • Mehr Ausnahmen: Die Dänin kündigt überdies an, die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung kurzfristig zu überarbeiten. Dies soll in Sektoren wie Wasserstoff und emissionsfreien Fahrzeugen auch langfristig mehr Flexibilität ermöglichen.

In dem Schreiben betont die Vize-Präsidentin der Kommission überdies, schon die vorhandenen Beihilferegeln böten viel Spielraum für die Förderung grüner Investitionen. Etliche Regierungen drängen auf eine Lockerung der Beihilferegeln, um eine Abwanderung der heimischen Hersteller insbesondere von Wärmepumpen, Windturbinen oder Solarpaneelen zu verhindern.

Frankreich legt eigene Vorschläge vor

Frankreich hat weitreichende eigene Vorschläge entwickelt, die Freitag in Form eines Non-Papers in Brüssel verbreitet wurden. Dieses liegt Europe.Table ebenfalls vor.

  • In Bezug auf die Beihilferegeln schlägt Paris etwa vor, Zuschüsse oder Steuergutschriften auf der Grundlage von im Vorfeld festgelegten Kriterien zu gewähren, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und eine schnelle Bearbeitung zu ermöglichen. Dies könne entweder über einen neuen Förderrahmen oder durch die Überarbeitung der seit einem Jahr geltenden Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL) geschehen.
  • Die Regierung in Paris fordert überdies neue Ausnahmen, um strategische Industrieprojekte in bestimmten Sektoren von der Pflicht zur Anmeldung bei der Kommission zu befreien. Dafür solle die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung überarbeitet werden. Diese legt Kriterien fest, welche Vorhaben nicht bei in Brüssel notifiziert werden müssen, weil sie etwa bei der Beihilfeintensität unter der Schwelle bleiben.
  • Daneben fordert Frankreich, kurzfristig einen Notfall-Souveränitätsfonds einzurichten, der zum Teil aus den bestehenden Haushaltsprogrammen gespeist werden soll. So könne ein Teil der 365 Milliarden Euro, die noch im Corona-Aufbaufonds zur Verfügung stünden, auf die kritischen Sektoren umgelenkt werden. Dieser solle spätestens Ende des Jahres durch eine dauerhafte Lösung ersetzt werden.

Bei der Umwidmung der vorhandenen Gelder aus dem Aufbaufonds sei man sich mit der Bundesregierung weitgehend einig, sagte die Europa-Staatssekretärin Laurence Boone am Freitag bei einem Besuch in Berlin. Was den Souveränitätsfonds und zusätzliche EU-Mittel betreffe, müsse man zunächst den Bedarf ermitteln und dann miteinander diskutieren, sagte sie: “Deutschland wird sich zu gegebener Zeit erst das Vorhaben anschauen wollen und dann über das Geld reden”.

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  • Klima & Umwelt
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  • Wettbewerbspolitik

Sven Giegold: “Ich streite mich ungern”

Porträtfoto von Sven Giegold (Grüne) mit Anzug vor einer Wand. Er spricht in zwei Mikrofone.
Sven Giegold (Grüne) ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Berlin.Table: Herr Giegold, Sie sind jetzt seit gut einem Jahr beamteter Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Vermissen Sie dort die Freiheit, die sie zuvor im EU-Parlament oder bei Attac hatten?
Sven Giegold: Die Vorstellung, dass man im Ministerium eingebunden ist und in Brüssel frei, ist lustig. Denn wer nur die eigene Meinung vertritt, bleibt wirkungslos. Sobald man nach politischer Macht strebt, um ökologische und soziale Veränderungen zu erreichen, muss man immer in Organisationen gemeinsam handeln und damit auch Kompromisse vertreten. Bei Attac galt das noch stärker, weil dort das Bündnis früher besonders breit war. Insofern war die Arbeit in den NGOs für mich eine wunderbare Vorbereitung für Parlament und Regierung.

Trotzdem dürfte es doch deutliche Unterschiede geben.
Natürlich. Wenn man sich als Staatssekretär äußert, steht die Bundesregierung hinter den Worten. Das habe ich gleich zu Beginn auf die harte Weise gelernt, als ich mit einem Satz über Windräder und Rotmilane einen Shitstorm ausgelöst habe.

Wie gehen Sie damit um?
Von mir gibt es fast keine persönlichen Meinungsäußerungen mehr. Auch mit Forderungen halte ich mich zurück. Stattdessen kommuniziere ich heute fast ausschließlich, was wir erreicht haben, und erläutere die Hintergründe dazu. Ich will zeigen, dass Menschen, die mit Überzeugung Politik machen, innerhalb der Institutionen tatsächlich Dinge verändern können. Und ich glaube, das ist es auch, was Menschen von der Regierung erwarten: Dass sie Dinge verändert und voranbringt, nicht dass sie Meinungen kundtut.

Das sehen nicht alle in der Koalition so. Fällt es Ihnen nicht schwer, sich zurückzuhalten, wenn andere wieder mit unabgesprochenen Forderungen vorpreschen?
Nein. Für einen Politiker mag das überraschend sein, aber ich streite mich nicht gerne, sondern suche eigentlich immer nach dem Gemeinsamen. Zudem halte ich es für schädlich, öffentlich immer wieder die Koalitionspartner zu kritisieren.

Sie sitzen auf dem Posten, den unter Ludwig Erhard einst der konservative Ökonom Alfred Müller-Armack innehatte. Auch insgesamt gilt das Wirtschaftsministerium eher als konservativ. Wie sind Sie als Vertreter vom linken Flügel der Grünen hier aufgenommen worden, wie erleben Sie das Haus?
Offen, freundlich. Ich habe erlebt, dass sich hier im Haus – ebenso wie in der Gesellschaft insgesamt – viele gewünscht haben, dass es mit dem Klimaschutz endlich vorangeht. Das ist die politische Linie, die wir mitbringen und an der Umsetzung arbeitet das Haus mit all seiner Expertise.

Klimaschützer haben das Ministerium bisher eher als Zentrum der Energiewende-Blockade beschrieben.
Natürlich ist da gebremst worden, das will ich nicht in Abrede stellen. Aber es ist immer die politische Leitung eines Hauses, die Linie und die Agenda vorgibt. Und es war auch nicht so, dass Peter Altmaier ein persönlicher Hemmschuh für die Energiewende war. Er hat, wie ich inzwischen gelernt habe, viele Leute, die die Energiewende gefördert haben, auf ihren Posten gelassen. Und es war auch kein Zufall, dass der Erneuerbaren-Ausbau auch unter der Großen Koalition weiter gegangen ist, aber leider eben mit zu wenig Tempo und letztlich nicht mit der notwendigen Konsequenz. Der Widerstand gegen die Erneuerbaren war in der CDU/CSU-Fraktion härter als hier im Ministerium.

Wie hat sich die Energiekrise, die kurz nach Ihrem Amtsantritt so richtig ausbrach, auf das Haus ausgewirkt?
Das hat natürlich einen unglaublichen Stress erzeugt. Wir haben hier eine große Verantwortung. Ich habe einen riesigen Respekt vor den Beamtinnen und Beamten hier. Das wird eigentlich nie berichtet, mit welchem persönlichen Einsatz sie hier arbeiten. Die arbeiten Tag und Nacht, an Wochenenden, in etlichen Referaten schon über Monate.

Und in der Wirtschaftspolitik?
Da hatte das Ministerium lange den Ruf, dass teilweise die Interessen einzelner Wirtschaftsakteure mit Wirtschaftspolitik verwechselt wurden. Auch das wieder eine Frage der Leitung. Die Ordnungspolitik – da sind wir wieder bei Müller-Armack – hat einen ganz anderen Anspruch. Sie stärkt nicht den einzelnen Anbieter, sondern den fairen Wettbewerb. Der verschiebt sich jetzt, denn von der ökologisch-sozialen Wirtschaftspolitik profitieren manche Anbieter, andere müssen dagegen ihre Geschäftsmodelle verändern. Wir hören weiter auf die Anbieter-Interessen, hinterfragen sie aber vielleicht mehr.

Ihre wichtigste Personalentscheidung war die Neubesetzung der Leitung der Grundsatzteilung mit Elga Bartsch. Was findet ein linker Grüner, der früher bei Attac war, an einer Frau, die von Blackrock kommt – einem jener Finanzinvestoren, die Franz Müntefering einst als “Heuschrecken” betitelt hat?
Elga Bartsch ist eine anerkannte und renommierte Ökonomin, die in den zentralen Fragen makroökonomischer Politik die Prinzipien dieses Hauses mit moderner internationaler VWL verbindet. Deshalb habe ich sie selbst vorgeschlagen. Und bei Blackrock war sie ja nicht im Management, sondern in der Forschungsabteilung. Von dort bringt sie eine internationale Sicht auf die VWL mit, die für die deutsche volkswirtschaftliche Debatte eine Bereicherung ist.

Als im Sommer die Benzinpreise sehr viel stärker gestiegen sind als die Rohölpreise, haben sie eine Verschärfung des Kartellrechts angekündigt, um leichter gegen Missbrauch vorgehen und Konzerne entflechten zu können. Seitdem hat man davon wenig gehört. Hat die Industrie sie ausgebremst?
Entflechtung stand dabei nie im Mittelpunkt, sondern war nur als Ultima Ratio vorgesehen. Viel wichtiger sind neue Eingriffsmöglichkeiten des Kartellamts, das künftig schon tätig werden kann, wenn ein Missbrauch noch nicht kartellrechtlich nachgewiesen ist. Einzelnen Akteuren gefällt das zwar nicht, aber ich rechne damit, dass die Vorschläge sehr bald im Kabinett sein werden. Schließlich ist eine konsequente Wettbewerbspolitik eine gemeinsame Schnittmenge aller Koalitionsparteien.

Verantwortlich sind Sie auch für die Rüstungsexporte. Wie ist das, wenn man als ehemaliger Friedensbewegter plötzlich Waffenexporte in Länder wie Saudi-Arabien genehmigen muss?
Diese Entscheidung war die bisher schwierigste, an der ich beteiligt war. Denn ich bin zutiefst überzeugt, dass es nicht sinnvoll ist, Rüstungsgüter in Länder zu exportieren, mit denen wir bei Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten Grundsatzkonflikte haben. Aber es war im Kern eine Abwägung zwischen den Grundprinzipien grüner Rüstungsexportkontrollpolitik und der zukünftigen Zusammenarbeit in Europa mit unseren engsten Partnern.

Und warum ist die Abwägung gegen die Grundsätze ausgefallen?
Es ging um gemeinsame europäische Programme. Die gründen auf Verträgen, und wer sich an Verträge nach einem Regierungswechsel nicht mehr hält, hat Schwierigkeiten, in Zukunft neue Verträge zu schließen. Die brauchen wir aber, weil es in Europa keine Zukunft hat, dass jedes Land seine eigene Rüstungspolitik macht – sonst würden wir alle mit teuren und veralteten Waffen dastehen. Um diese Zusammenarbeit nicht zu gefährden, hat der Bundessicherheitsrat zugestimmt. Der bilaterale Lieferstopp für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien gilt weiter. Um für die Zukunft aus diesem Dilemma herauszukommen, wollen wir die Rüstungsexportkontrollpolitik europäisieren.

Zuständig sind Sie auch für die Verhandlungen auf EU-Ebene, etwa zum Klimaschutz. Da haben Sie mit verschiedenen Äußerungen den Eindruck erweckt, dass Sie mit der Berichterstattung in den Medien nicht wirklich zufrieden sind.
Ich habe zumindest den Eindruck, dass das, was den größten Nachrichtenwert hat, oft nicht das ist, was die größte Relevanz für Wirtschaft und Gesellschaft hat.

Zum Beispiel?
Am absurdesten fand ich es, als im Juni in einer ewigen Nachtsitzung riesige Fortschritte im europäischen Klimaschutz beschlossen wurden – faktisch eine Verdopplung der Klimaambitionen der EU. Aber nach meinem Eindruck waren das nicht die Hauptschlagzeilen, sondern die galten einem Erwägungsgrund, in dem es um eine mögliche Abweichung vom Aus für den Verbrennungsmotor ging.

Aber das war doch auch eine spannende Frage.
Für das Gesamtpaket war es nebensächlich. Aber offensichtlich hat eine komplexe, wichtige Einigung zur Überlebensfrage des Klimaschutzes einen geringeren Nachrichtenwert als ein faktisch unwichtiger Streit. Und mein Eindruck ist, dass sich das durch den Newsroom-Journalismus noch verstärkt. Denn dort wird mehr darauf geachtet, was sich gut klickt – und weniger darauf, was kompetente Journalistinnen und Journalisten für relevant halten.

Liegt das wirklich nur am Journalismus?
Nein, das stimmt schon: Auch die Politik bedient sich oft symbolischer Schlagwörter und leicht verständlicher Zuspitzungen. Und auch NGOs, Verbände und Interessenvertreter müssen ihre Interessen vertreten, und zwar so, dass es wahrgenommen und geklickt wird. Das birgt eine besondere Gefahr: Bei allen Themen, ohne großes Potenzial der Skandalisierung und Zuspitzung entscheiden wir dann in den Institutionen ohne starke demokratische Kontrolle. Genau deshalb ist es mir wichtig, die Zusammenhänge von Entscheidungen gerade in der Europapolitik darzustellen und dafür zu werben.

Um nochmal auf den Anfang zurückzukommen: Haben Sie Ihren Wechsel von Brüssel als Beamter nach Berlin jemals bereut?
Nein, überhaupt nicht. Das Europaparlament ist ja, anders als der Bundestag, ein Parlament, in dem es nur wenige lang dienende Abgeordnete gibt. Nach zwölf Jahren dort war auch für mich persönlich der Punkt gekommen, etwas Neues zu machen. Und auch wenn ich mit staatlichen Autoritäten früher so meine Probleme hatte, fühle ich mich in meiner neuen Rolle sehr wohl. Aber eins ist von der libertären Skepsis meiner Jugend geblieben: Ich habe eine tief sitzende Abneigung gegen Bürokratie – und bin darum wirklich froh, dass ich jetzt mit einigem Erfolg auch für Bürokratieabbau zuständig bin.

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Gewerkschaftsbund vertagt Entscheidung zu belastetem Funktionär

Der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) hat die Entscheidung über den vorläufig suspendierten Generalssekretär Luca Visentini vertagt. Visentini ist im Zuge des Korruptionsskandals rund um kriminelle NGOs in Brüssel schwer belastet. Bei einer Video-Schalte hat der ITUC-Generalrat Freitag entschieden, bis zur nächsten regulären Sitzung am 11. März nichts zu tun und die weiteren Untersuchungen abzuwarten. Bis dahin soll sein Stellvertreter, Owen Tudor, die Geschäfte führen.

Angesichts dieser zögerlichen Haltung brodelt es in der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Vor allem in den Kreisen der deutschen Gewerkschaften, die über ihre Beiträge maßgebliche Financiers von ITUC sind, gibt es große Unzufriedenheit. Hinter vorgehaltener Hand wird gefordert, dass die Spitzen von DGB und IG Metall Farbe bekennen und für den Rauswurf von Visentini sorgen.

Umschlag mit dem Weihnachtsmann und 50.000 Euro

Visentini hat eingeräumt, dass er am 10. Oktober von dem Chef der NGO “Fight Impunity”, Antonio Panzeri, einen Briefumschlag mit Weihnachtsmann-Aufkleber und dem Inhalt von 50.000 Euro entgegengenommen hat. Bei Panzeri, sozialistischer Ex-EU-Abgeordneter, laufen alle Fäden des Skandals zusammen, in dessen Zuge auch die damalige Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili (S&D), am 9. Dezember festgenommen wurde. Panzeri hat hohe Summen Bargeld verteilt, die von Geldgebern aus Katar und Marokko stammen sollen. Was er dafür verlangt hat und wer alles das Geld bekommen hat, das ist noch immer unklar.

Die Geldübergabe an Visentini wurde von der Polizei beobachtet und aufgezeichnet. Panzeri hat bei der Übergabe gesagt: “Wir scheinen so zu sein, wie die Typen in Ocean’s Eleven.” Der Film spielt im Gangstermilieu. Visentini behauptet, dass er nichts getan habe: “Ich habe das Geld angenommen wegen des tadellosen Rufes des Spenders und wegen seines ehrenamtlichen Charakters.” Er habe auch nicht gefragt, was er für das Geld tun solle. Ihm habe aber auch niemand erklärt, was als Gegenleistung gefordert sei.

ITUC hat Tonlage gegenüber Katar grundlegend verändert

Tatsächlich gab es wohl einen fundamentalen Wandel in der Position des ITUC gegenüber Katar. Die Position habe sich von “harschester Kritik” zu “himmelhochjauchzend” verändert, schreibt der deutsche Gewerkschafter Frank Hoffer in einem Beitrag für “Social Europe”.

Klar ist, was Visentini mit dem Geld von Panzeri gemacht hat. Visentini räumt ein, dass er damit seine Kampagne bezahlt habe, um auf dem Kongress des ITUC im australischen Melbourne im November zum Generalsekretär gewählt zu werden. Über den Umweg eines ITUC-Solidaritätsfonds habe er die Anreise von Gewerkschaftern zum Kongress in Melbourne bezahlt. Tatsächlich waren Spitzengewerkschafter aus Deutschland sichtlich überrascht, als Visentini bei dem Treffen Generalsekretär wurde. Sie hatten einen anderen Funktionär favorisiert.

Visentini für 48 Stunden in Haft

Als der Korruptionsskandal um Panzeri und seine NGO “Fight Impunity” Anfang Dezember platzte, wurde neben Kaili, Panzeri, Kailis Lebensgefährten auch Visentini festgenommen, kam aber nach 48 Stunden frei. Noch vor Weihnachten beschloss der Generalrat von ITUC, Visentini vorläufig zu suspendieren. Dieser Schritt gehe nicht mit einer Schuldzuweisung einher, hieß es in einer Pressemitteilung. Es wurde eine Kommission eingesetzt, die den Fall aufarbeiten will.

Bei der Einschätzung der Bedingungen der Arbeiter in Katar habe die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) sowie ITUC inzwischen eine diametral andere Position als etwa unabhängige Bürgerrechtsbewegungen oder der britische Gewerkschaftsdachverband Trade Union Congress, sagen Beobachter. Bei einer so wichtigen Frage dürfe es aber keinen Zweifel in der Positionierung geben, fordert Hoffer. “Um diese Herausforderung anzugehen, bedarf es vor allem einer Führung, deren Integrität über jeden Zweifel erhaben ist”, schreibt Hoffer dem Weltdachverband der Gewerkschaften ITUC ins Stammbuch. Bislang scheint weder beim DGB noch bei der mächtigen IG Metall jemand diese Notwendigkeit erkannt zu haben.

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Bundesregierung erweitert zweites Batterie-IPCEI

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) will das von Deutschland koordinierte zweite europäische Batterieprojekt “EuBatIn” für weitere strategische Großprojekte öffnen. Für die Erweiterung des Batterie-IPCEI (“Important Project of Common European Interest”) stehen Haushaltsmittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro zur Verfügung. Projekte, die die gesamte europäische Wertschöpfungskette für Batterien in den Blick nehmen, können sich bis zum 6. Februar bewerben.

Laut dem BMWK sollen vor allem “großskalige und strategische Projekte gefördert werden, die auf Basis von erheblichen Innovationen die erste gewerbliche Nutzung innerhalb des Projektzeitraums anstreben, um nach Projektende in die Massenproduktion zu gehen“. Die Bundesregierung erhofft sich davon einen starken Impuls für das Batterie-Ökosystem in Deutschland und Europa. Die bereits geförderten IPCEI-Projekte sollen durch die Erweiterung inhaltlich ergänzt werden.

Habeck: Europa muss noch attraktiver werden

“Wir wollen die komplette Batterie-Wertschöpfungskette wieder stärker nach Deutschland und Europa holen”, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. “Eigenes Knowhow ist von zentraler Bedeutung für eine zukunftsfähige und nachhaltige Automobil- und Energiewirtschaft.” Europa müsse jedoch seine Rahmenbedingungen für die Batterieproduktion noch attraktiver gestalten und im globalen Maßstab ein Level-Playing-Field für Investitionen schaffen.

Das europäische Batterieökosystem habe sich in den vergangenen Jahren dynamisch und positiv entwickelt, erklärte das BMWK. Angesichts der hohen Energie- und Rohstoffpreise und aufgrund guter Förderbedingungen in Drittstaaten – etwa seit dem Inflation Reduction Act in den USA – habe die Dynamik zuletzt jedoch nachgelassen.

Bislang gibt es zwei Batterie-IPCEI, an denen insgesamt rund fünfzig Unternehmen aus zwölf Mitgliedsstaaten teilnehmen, darunter 13 Unternehmen aus Deutschland. Das zweite IPCEI genehmigte die EU-Kommission Anfang 2021. Bisher sind 42 Unternehmen daran beteiligt, elf davon aus Deutschland. Viele weitere Unternehmen sind indirekt als Zulieferer, Forschungseinrichtungen oder anderweitige Partner in die IPCEI eingebunden. leo

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EU-Weltraumbahnhof in Schweden eröffnet

Bei der Einweihung des Weltraumbahnhofs für Satellitenstarts in Esrange nördlich von Kiruna in Schweden hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die strategische Bedeutung betont. Von der Leyen sprach am Freitag von einem wichtigen Moment für Europa und für die europäische Raumfahrtindustrie. “Als erster orbitaler Startplatz auf unserem Festland bietet Esrange Spaceport ein unabhängiges europäisches Tor zum Weltraum. Die Zukunft der EU als eine Weltraum-Macht wird auch in Schweden geschrieben.”

Von Esrange aus können künftig kleine Satelliten ins All befördert werden. Von der Leyen betonte, die Startrampen in Esrange verbesserten die Sicherheit der Satelliten. Ukrainische Streitkräfte nutzen sie, um russische Truppenbewegungen zu beobachten. “Aufgrund dieser insgesamt wachsenden Bedeutung wird die Kommission zusammen mit vielen anderen Themen einen Vorschlag für eine EU-Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung vorlegen”, so von der Leyen. Ziel sei es, die Widerstandsfähigkeit der europäischen Weltrauminfrastruktur zu verbessern und die gemeinsamen europäischen Fähigkeiten zu stärken. mgr

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Saubere-Luft-Dossier geht an S&D-Fraktion

Berichterstatter für die Luftqualitätsrichtlinie wird der spanische Sozialist Javi López. Die Kommission schlägt vor, die Grenzwerte für Luftschadstoffe je Kubikmeter Luft deutlich zu verschärfen. Sie sollen den WHO-Richtwerten angenähert werden. Schattenberichterstatter werden Norbert Lins (CDU) sowie der Grüne Michael Bloss. Die parlamentarische Arbeit soll im März beginnen. mgr

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London will Ukraine schnell 14 Kampfpanzer liefern

Die britische Regierung will die Ukraine mit Kampfpanzern versorgen und befeuert damit hierzulande die Debatte über eine Lieferung deutschen Kriegsgeräts vom Typ Leopard 2. Das Büro des britischen Premierministers Rishi Sunak teilte in der Nacht zum Sonntag mit, es sollten bereits in den kommenden Wochen 14 Kampfpanzer des Typs Challenger 2 an die Ukraine gehen. Geplant ist zudem die Lieferung von rund 30 Panzerhaubitzen vom Typ AS90.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall kann nach eigenen Angaben Leopard 2 für die Ukraine frühestens bis 2024 instand setzen. “Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres”, sagte Vorstandschef Armin Papperger einer Sonntagszeitung.

Der Konzern besitze 22 ausgemusterte Panzer des Typs Leopard 2 und 88 Fahrzeuge des Vorgängermodells Leopard 1. Die Instandsetzung dauere ein knappes Jahr, sagte Papperger. Der Leopard könnte im Ukraine-Krieg eine entscheidende Rolle spielen. “Der Kampfpanzer Leopard ist für Offensiven und die Rückgewinnung von Territorien enorm wichtig”, sagte der Manager. “Mit Kampfpanzern kann eine Armee die feindlichen Linien durchbrechen und einen längeren Stellungskrieg beenden.” rtr

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Presseschau

Weltwirtschaftsforum Davos: “Wir müssen in Europa mehr Tempo machen” FAZ
Belgischer EU-Abgeordneter Marc Tarabella räumt Einladung von Katar ein SPIEGEL
Löchriger Schutz für Frauen in der EU MAIN-ECHO
EU-Parlament: Reparaturarbeiten nach Kaili-Skandal TAGESSCHAU
Ratsvorsitz seit 1. Januar – Schwedischer Spagat: Stockholm führt die EU und ist von EU-Hassern abhängig NÜRNBERGER NACHRICHTEN
When Leading a Parliament Includes Helping the Police Raid Lawmakers NY TIMES
So funktioniert die Terrorliste der Europäischen Union DW
Polen: Unterhaus verabschiedet Gesetz zur Justizreform DW
Lindner warnt vor EU vor Provisionsverbot für Finanzberater FULDAINFO
EU plant neue Sanktionen gegen Iran NDR
Verbraucherzentrale: EU-weite Kennzeichnung veganer Produkte ZEIT
390 Milliarden für die EU-Agrarpolitik STUTTGARTER-ZEITUNG
Rechtsstaatlichkeit in der EU: EU-Parlamentarier René Repasi sieht “Konstruktionsfehler” bei der Verteilung von Geldern DEUTSCHLANDFUNK
Rechtsstaatlichkeit wichtiger Baustein auf Albaniens EU-Weg SN
Der Plan mit der Planwirtschaft: Frankreich will Europas Industriepolitik revolutionieren HANDELSBLATT
Strengere Richtlinien geplant – Etikettenschwindel: EU will gegen Öko-Bluff bei Werbung vorgehen TT
Für mehr Energiesicherheit in Europa: Athen baut neues Gaskraftwerk EURONEWS
Fällt Brennholz als wirtschaftliches Standbein weg? Waldbesitzer in Sorge wegen EU-Plänen MERKUR
Kommunen spüren Umtauschwelle für neuen EU-Führerschein FNP

Werner Patzelt – Auf Orbáns Mission in Brüssel

Porträtfoto von Werner Patzelt in grauem Anzug vor einer roten Wand.
Werner Patzelt war Professor für Politikwissenschaft in Dresden. Nun ist er Wissenschaftlicher Direktor des ungarischen Think Tanks MCC in Brüssel.

“Ich hasse es sehr, mich irgendwo zu bewerben”, sagt Werner Patzelt im Gespräch. “Ich werde gern eingeladen.” Seine neuste Einladung führt den Politikwissenschaftler nach Brüssel – im Auftrag Budapests. Hier leitet Patzelt das Brüsseler Büro des Mathias Corvinus Collegium (MCC), einer ungarischen Denkfabrik, die eine große Nähe zu der Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hat. Orbán ist erklärtermaßen ein Anhänger der illiberalen Demokratie. Die Fidesz-Partei, die er dominiert, trat 2021 aus der Fraktion der christdemokratischen EVP im Europaparlament aus. Sie kam damit einem Ausschluss bevor. Nicht zuletzt wegen der EU-feindlichen Kampagnen des Fidesz hatte EVP-Fraktionschef Manfred Weber mit Orbán gebrochen und hatte seinen Austritt betrieben.

Patzelt war im vergangenen Jahr neun Monate Senior Fellow am MCC in Budapest. Zuvor war er bis zu seiner Pensionierung 27 Jahre lang Professor an der TU Dresden. 1992 gründete der heute 69-Jährige das Institut für Politikwissenschaft. Bekannt wurde er für seine Forschungen zu Parlamentarismus, zu Pegida und seine Beratungstätigkeit für die sächsische AfD 2015.

Gebürtig kommt Patzelt aus Passau, er ist Mitglied der CDU. Nun pendelt er zwischen Brüssel und Dresden, wo seine Familie nach wie vor wohnt. Trotz der vielen neuen Arbeit freut er sich aufs Cello üben am Wochenende. Mit seinem Sohn und Freunden spielt er Kammermusik.

Ausbildung einer “neuen, patriotischen Generation”

Das MCC wurde bereits vor 25 Jahren gegründet. 2020 erhielt der Think Tank 1,7 Milliarden US-Dollar vom ungarischen Parlament und der Regierung. Letztere schenkte dem MCC ein staatliches Aktienpaket des Mineralölkonzerns MOL und des Pharmaunternehmens Gedeon Richter. Das MCC will mit dem vielen Geld eine “neue, patriotische Generation” ausbilden, heißt es auf der Webseite. In den kommenden fünf Jahren will das MCC Stipendien an 10.000 ungarische Studierende verteilen.

Am Mathias Corvinus Collegium wird der Orbanismus gepflegt, weiterentwickelt, und von hier aus wird er erfolgreich exportiert”, schreibt die Wochenzeitung “Die Zeit” kurz vor Weihnachten. Vorsitzender der Stiftung ist Balázs Orbán. Balázs Orbán ist zwar nicht verwandt mit Ministerpräsident Viktor Orbán, in Personalunion aber dessen Stabschef.

In den kommenden Jahren will das MCC 35 Büros im ungarischen Sprachraum aufbauen. Im November vergangenen Jahres gründete das MCC die Zweigstelle in Brüssel, hat ein Büro in der Nähe der Börse bezogen. Weil die ungarische Regierung vieles anders mache als die EU-Partner, werde Orbán hart angegangen, sagt Patzelt. “Das MCC will in die Höhle des Löwen gehen.”

Patzelt sieht keine Einschränkung der Pressefreiheit

Das Büro mit etwa 25 Mitarbeitenden hat zwei Aufgaben. Es soll ungarischen Studierenden Exkursionen in die EU anbieten. “Ziel ist es, eine international auftrittsichere ungarische Elite zu formen”, erklärt Patzelt. Zudem soll die Denkfabrik, die er leitet, über europäische Grundsatzfragen nachdenken. Das MCC will aber kein ideologisches Gegengewicht schaffen. “Es geht um eine freie, rationale Debatte über umstrittene Inhalte”, sagt Patzelt. “Wir verweigern uns auf keinem Fall einer Debatte.” Das MCC will unter anderem ein europäisches “Angstbarometer” erstellen und eine Studie über die “Auswirkungen der Familienpolitik in verschiedenen europäischen Ländern”.

An seinem neuen Arbeitgeber findet Patzelt nichts Kritisches. “Fidesz hat Ungarn nicht in den Abgrund getrieben”, sagt er. “Im Gegensatz zu Berlin hat das Land auch funktionierende Wahlen.” Einschränkungen der Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit, wie sie die EU-Kommission festgestellt hat und weswegen Ungarn EU-Mittel in Milliardenhöhe nicht ausgezahlt werden, will der Politikwissenschaftler nicht sehen

“Man wird schwer behaupten können, dass in Ungarn alle mundtot gemacht worden sind.” Die ungarische Regierung forciere mehr ein Gleichgewicht an Linken und Konservativen in den Medien, sagt er. Die meisten Journalisten des Landes sehen es anders. Sie beklagen, dass im öffentlichen Rundfunk nur Fidesz-nahe Journalisten zum Zuge kommen. Weitere Erläuterungen werden in seinem Buch stehen, das in diesem Jahr erscheint, sagt Patzelt. Schon der Titel macht deutlich, dass Patzelt an einem besonderen Verhältnis zum ungarischen Regierungschef liegt. Es heißt “Orbán-Land? Ungarns Politik und Geschichte”. Tom Schmidtgen

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    IRA: Vestager schlägt konkrete Änderungen an Beihilferegeln vor

    EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will als Antwort auf den US-Inflation Reduction Act staatliche Beihilfen für Investitionen in klimafreundliche Technologien erleichtern. Sie werde dafür einen “Temporären Krisen- und Übergangsrahmen” vorschlagen, schrieb Vestager am Freitag in einem Brief an die Wirtschafts- und Finanzminister der Mitgliedstaaten, der Europe.Table vorliegt. Dafür sollen die Sonderregeln erweitert werden, die seit März im Zuge des Krieges gegen die Ukraine von der Kommission erlassen wurden und aktuell bis Ende 2023 befristet sind.

    Laut dem Brief will Vestager an vier Punkten ansetzen, zu denen sie die Mitgliedstaaten in Bälde konsultieren werde:

    • Anreize für Investitionen in neue Fabriken: Die Mitgliedstaaten sollen Investoren in kritischen Sektoren etwa mit Steuererleichterungen locken können. Ziel sei es, “dem Risiko zu begegnen, dass Investitionen unfairer Weise in Drittstaaten außerhalb Europas umgelenkt werden”. Dafür will Vestager neue Vorgaben formulieren, die über die geltenden Regeln für Regionalbeihilfen hinausgehen.
    • Schnellere Verfahren: Die Kommission will die Genehmigungsverfahren für die staatlichen Hilfen beschleunigen. Die Mitgliedstaaten sollen überdies leichter erkennen können, wie viel Förderung sie den Unternehmen jeweils zur Verfügung stellen dürfen.
    • IPCEI-Verfahren verschlanken: Die oft langwierigen Verfahren für die Förderung von Investitionsprojekten von gemeinsamem europäischem Interesse (etwa in Batterien oder Wasserstoff) sollen gestrafft werden. Dies gelte vor allem für die frühe Phase des Zusammenstellens der Vorhaben und für die beihilferechtliche Bewertung durch die Kommission.
    • Mehr Ausnahmen: Die Dänin kündigt überdies an, die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung kurzfristig zu überarbeiten. Dies soll in Sektoren wie Wasserstoff und emissionsfreien Fahrzeugen auch langfristig mehr Flexibilität ermöglichen.

    In dem Schreiben betont die Vize-Präsidentin der Kommission überdies, schon die vorhandenen Beihilferegeln böten viel Spielraum für die Förderung grüner Investitionen. Etliche Regierungen drängen auf eine Lockerung der Beihilferegeln, um eine Abwanderung der heimischen Hersteller insbesondere von Wärmepumpen, Windturbinen oder Solarpaneelen zu verhindern.

    Frankreich legt eigene Vorschläge vor

    Frankreich hat weitreichende eigene Vorschläge entwickelt, die Freitag in Form eines Non-Papers in Brüssel verbreitet wurden. Dieses liegt Europe.Table ebenfalls vor.

    • In Bezug auf die Beihilferegeln schlägt Paris etwa vor, Zuschüsse oder Steuergutschriften auf der Grundlage von im Vorfeld festgelegten Kriterien zu gewähren, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und eine schnelle Bearbeitung zu ermöglichen. Dies könne entweder über einen neuen Förderrahmen oder durch die Überarbeitung der seit einem Jahr geltenden Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL) geschehen.
    • Die Regierung in Paris fordert überdies neue Ausnahmen, um strategische Industrieprojekte in bestimmten Sektoren von der Pflicht zur Anmeldung bei der Kommission zu befreien. Dafür solle die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung überarbeitet werden. Diese legt Kriterien fest, welche Vorhaben nicht bei in Brüssel notifiziert werden müssen, weil sie etwa bei der Beihilfeintensität unter der Schwelle bleiben.
    • Daneben fordert Frankreich, kurzfristig einen Notfall-Souveränitätsfonds einzurichten, der zum Teil aus den bestehenden Haushaltsprogrammen gespeist werden soll. So könne ein Teil der 365 Milliarden Euro, die noch im Corona-Aufbaufonds zur Verfügung stünden, auf die kritischen Sektoren umgelenkt werden. Dieser solle spätestens Ende des Jahres durch eine dauerhafte Lösung ersetzt werden.

    Bei der Umwidmung der vorhandenen Gelder aus dem Aufbaufonds sei man sich mit der Bundesregierung weitgehend einig, sagte die Europa-Staatssekretärin Laurence Boone am Freitag bei einem Besuch in Berlin. Was den Souveränitätsfonds und zusätzliche EU-Mittel betreffe, müsse man zunächst den Bedarf ermitteln und dann miteinander diskutieren, sagte sie: “Deutschland wird sich zu gegebener Zeit erst das Vorhaben anschauen wollen und dann über das Geld reden”.

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    Sven Giegold: “Ich streite mich ungern”

    Porträtfoto von Sven Giegold (Grüne) mit Anzug vor einer Wand. Er spricht in zwei Mikrofone.
    Sven Giegold (Grüne) ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

    Berlin.Table: Herr Giegold, Sie sind jetzt seit gut einem Jahr beamteter Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Vermissen Sie dort die Freiheit, die sie zuvor im EU-Parlament oder bei Attac hatten?
    Sven Giegold: Die Vorstellung, dass man im Ministerium eingebunden ist und in Brüssel frei, ist lustig. Denn wer nur die eigene Meinung vertritt, bleibt wirkungslos. Sobald man nach politischer Macht strebt, um ökologische und soziale Veränderungen zu erreichen, muss man immer in Organisationen gemeinsam handeln und damit auch Kompromisse vertreten. Bei Attac galt das noch stärker, weil dort das Bündnis früher besonders breit war. Insofern war die Arbeit in den NGOs für mich eine wunderbare Vorbereitung für Parlament und Regierung.

    Trotzdem dürfte es doch deutliche Unterschiede geben.
    Natürlich. Wenn man sich als Staatssekretär äußert, steht die Bundesregierung hinter den Worten. Das habe ich gleich zu Beginn auf die harte Weise gelernt, als ich mit einem Satz über Windräder und Rotmilane einen Shitstorm ausgelöst habe.

    Wie gehen Sie damit um?
    Von mir gibt es fast keine persönlichen Meinungsäußerungen mehr. Auch mit Forderungen halte ich mich zurück. Stattdessen kommuniziere ich heute fast ausschließlich, was wir erreicht haben, und erläutere die Hintergründe dazu. Ich will zeigen, dass Menschen, die mit Überzeugung Politik machen, innerhalb der Institutionen tatsächlich Dinge verändern können. Und ich glaube, das ist es auch, was Menschen von der Regierung erwarten: Dass sie Dinge verändert und voranbringt, nicht dass sie Meinungen kundtut.

    Das sehen nicht alle in der Koalition so. Fällt es Ihnen nicht schwer, sich zurückzuhalten, wenn andere wieder mit unabgesprochenen Forderungen vorpreschen?
    Nein. Für einen Politiker mag das überraschend sein, aber ich streite mich nicht gerne, sondern suche eigentlich immer nach dem Gemeinsamen. Zudem halte ich es für schädlich, öffentlich immer wieder die Koalitionspartner zu kritisieren.

    Sie sitzen auf dem Posten, den unter Ludwig Erhard einst der konservative Ökonom Alfred Müller-Armack innehatte. Auch insgesamt gilt das Wirtschaftsministerium eher als konservativ. Wie sind Sie als Vertreter vom linken Flügel der Grünen hier aufgenommen worden, wie erleben Sie das Haus?
    Offen, freundlich. Ich habe erlebt, dass sich hier im Haus – ebenso wie in der Gesellschaft insgesamt – viele gewünscht haben, dass es mit dem Klimaschutz endlich vorangeht. Das ist die politische Linie, die wir mitbringen und an der Umsetzung arbeitet das Haus mit all seiner Expertise.

    Klimaschützer haben das Ministerium bisher eher als Zentrum der Energiewende-Blockade beschrieben.
    Natürlich ist da gebremst worden, das will ich nicht in Abrede stellen. Aber es ist immer die politische Leitung eines Hauses, die Linie und die Agenda vorgibt. Und es war auch nicht so, dass Peter Altmaier ein persönlicher Hemmschuh für die Energiewende war. Er hat, wie ich inzwischen gelernt habe, viele Leute, die die Energiewende gefördert haben, auf ihren Posten gelassen. Und es war auch kein Zufall, dass der Erneuerbaren-Ausbau auch unter der Großen Koalition weiter gegangen ist, aber leider eben mit zu wenig Tempo und letztlich nicht mit der notwendigen Konsequenz. Der Widerstand gegen die Erneuerbaren war in der CDU/CSU-Fraktion härter als hier im Ministerium.

    Wie hat sich die Energiekrise, die kurz nach Ihrem Amtsantritt so richtig ausbrach, auf das Haus ausgewirkt?
    Das hat natürlich einen unglaublichen Stress erzeugt. Wir haben hier eine große Verantwortung. Ich habe einen riesigen Respekt vor den Beamtinnen und Beamten hier. Das wird eigentlich nie berichtet, mit welchem persönlichen Einsatz sie hier arbeiten. Die arbeiten Tag und Nacht, an Wochenenden, in etlichen Referaten schon über Monate.

    Und in der Wirtschaftspolitik?
    Da hatte das Ministerium lange den Ruf, dass teilweise die Interessen einzelner Wirtschaftsakteure mit Wirtschaftspolitik verwechselt wurden. Auch das wieder eine Frage der Leitung. Die Ordnungspolitik – da sind wir wieder bei Müller-Armack – hat einen ganz anderen Anspruch. Sie stärkt nicht den einzelnen Anbieter, sondern den fairen Wettbewerb. Der verschiebt sich jetzt, denn von der ökologisch-sozialen Wirtschaftspolitik profitieren manche Anbieter, andere müssen dagegen ihre Geschäftsmodelle verändern. Wir hören weiter auf die Anbieter-Interessen, hinterfragen sie aber vielleicht mehr.

    Ihre wichtigste Personalentscheidung war die Neubesetzung der Leitung der Grundsatzteilung mit Elga Bartsch. Was findet ein linker Grüner, der früher bei Attac war, an einer Frau, die von Blackrock kommt – einem jener Finanzinvestoren, die Franz Müntefering einst als “Heuschrecken” betitelt hat?
    Elga Bartsch ist eine anerkannte und renommierte Ökonomin, die in den zentralen Fragen makroökonomischer Politik die Prinzipien dieses Hauses mit moderner internationaler VWL verbindet. Deshalb habe ich sie selbst vorgeschlagen. Und bei Blackrock war sie ja nicht im Management, sondern in der Forschungsabteilung. Von dort bringt sie eine internationale Sicht auf die VWL mit, die für die deutsche volkswirtschaftliche Debatte eine Bereicherung ist.

    Als im Sommer die Benzinpreise sehr viel stärker gestiegen sind als die Rohölpreise, haben sie eine Verschärfung des Kartellrechts angekündigt, um leichter gegen Missbrauch vorgehen und Konzerne entflechten zu können. Seitdem hat man davon wenig gehört. Hat die Industrie sie ausgebremst?
    Entflechtung stand dabei nie im Mittelpunkt, sondern war nur als Ultima Ratio vorgesehen. Viel wichtiger sind neue Eingriffsmöglichkeiten des Kartellamts, das künftig schon tätig werden kann, wenn ein Missbrauch noch nicht kartellrechtlich nachgewiesen ist. Einzelnen Akteuren gefällt das zwar nicht, aber ich rechne damit, dass die Vorschläge sehr bald im Kabinett sein werden. Schließlich ist eine konsequente Wettbewerbspolitik eine gemeinsame Schnittmenge aller Koalitionsparteien.

    Verantwortlich sind Sie auch für die Rüstungsexporte. Wie ist das, wenn man als ehemaliger Friedensbewegter plötzlich Waffenexporte in Länder wie Saudi-Arabien genehmigen muss?
    Diese Entscheidung war die bisher schwierigste, an der ich beteiligt war. Denn ich bin zutiefst überzeugt, dass es nicht sinnvoll ist, Rüstungsgüter in Länder zu exportieren, mit denen wir bei Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten Grundsatzkonflikte haben. Aber es war im Kern eine Abwägung zwischen den Grundprinzipien grüner Rüstungsexportkontrollpolitik und der zukünftigen Zusammenarbeit in Europa mit unseren engsten Partnern.

    Und warum ist die Abwägung gegen die Grundsätze ausgefallen?
    Es ging um gemeinsame europäische Programme. Die gründen auf Verträgen, und wer sich an Verträge nach einem Regierungswechsel nicht mehr hält, hat Schwierigkeiten, in Zukunft neue Verträge zu schließen. Die brauchen wir aber, weil es in Europa keine Zukunft hat, dass jedes Land seine eigene Rüstungspolitik macht – sonst würden wir alle mit teuren und veralteten Waffen dastehen. Um diese Zusammenarbeit nicht zu gefährden, hat der Bundessicherheitsrat zugestimmt. Der bilaterale Lieferstopp für deutsche Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien gilt weiter. Um für die Zukunft aus diesem Dilemma herauszukommen, wollen wir die Rüstungsexportkontrollpolitik europäisieren.

    Zuständig sind Sie auch für die Verhandlungen auf EU-Ebene, etwa zum Klimaschutz. Da haben Sie mit verschiedenen Äußerungen den Eindruck erweckt, dass Sie mit der Berichterstattung in den Medien nicht wirklich zufrieden sind.
    Ich habe zumindest den Eindruck, dass das, was den größten Nachrichtenwert hat, oft nicht das ist, was die größte Relevanz für Wirtschaft und Gesellschaft hat.

    Zum Beispiel?
    Am absurdesten fand ich es, als im Juni in einer ewigen Nachtsitzung riesige Fortschritte im europäischen Klimaschutz beschlossen wurden – faktisch eine Verdopplung der Klimaambitionen der EU. Aber nach meinem Eindruck waren das nicht die Hauptschlagzeilen, sondern die galten einem Erwägungsgrund, in dem es um eine mögliche Abweichung vom Aus für den Verbrennungsmotor ging.

    Aber das war doch auch eine spannende Frage.
    Für das Gesamtpaket war es nebensächlich. Aber offensichtlich hat eine komplexe, wichtige Einigung zur Überlebensfrage des Klimaschutzes einen geringeren Nachrichtenwert als ein faktisch unwichtiger Streit. Und mein Eindruck ist, dass sich das durch den Newsroom-Journalismus noch verstärkt. Denn dort wird mehr darauf geachtet, was sich gut klickt – und weniger darauf, was kompetente Journalistinnen und Journalisten für relevant halten.

    Liegt das wirklich nur am Journalismus?
    Nein, das stimmt schon: Auch die Politik bedient sich oft symbolischer Schlagwörter und leicht verständlicher Zuspitzungen. Und auch NGOs, Verbände und Interessenvertreter müssen ihre Interessen vertreten, und zwar so, dass es wahrgenommen und geklickt wird. Das birgt eine besondere Gefahr: Bei allen Themen, ohne großes Potenzial der Skandalisierung und Zuspitzung entscheiden wir dann in den Institutionen ohne starke demokratische Kontrolle. Genau deshalb ist es mir wichtig, die Zusammenhänge von Entscheidungen gerade in der Europapolitik darzustellen und dafür zu werben.

    Um nochmal auf den Anfang zurückzukommen: Haben Sie Ihren Wechsel von Brüssel als Beamter nach Berlin jemals bereut?
    Nein, überhaupt nicht. Das Europaparlament ist ja, anders als der Bundestag, ein Parlament, in dem es nur wenige lang dienende Abgeordnete gibt. Nach zwölf Jahren dort war auch für mich persönlich der Punkt gekommen, etwas Neues zu machen. Und auch wenn ich mit staatlichen Autoritäten früher so meine Probleme hatte, fühle ich mich in meiner neuen Rolle sehr wohl. Aber eins ist von der libertären Skepsis meiner Jugend geblieben: Ich habe eine tief sitzende Abneigung gegen Bürokratie – und bin darum wirklich froh, dass ich jetzt mit einigem Erfolg auch für Bürokratieabbau zuständig bin.

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    Gewerkschaftsbund vertagt Entscheidung zu belastetem Funktionär

    Der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) hat die Entscheidung über den vorläufig suspendierten Generalssekretär Luca Visentini vertagt. Visentini ist im Zuge des Korruptionsskandals rund um kriminelle NGOs in Brüssel schwer belastet. Bei einer Video-Schalte hat der ITUC-Generalrat Freitag entschieden, bis zur nächsten regulären Sitzung am 11. März nichts zu tun und die weiteren Untersuchungen abzuwarten. Bis dahin soll sein Stellvertreter, Owen Tudor, die Geschäfte führen.

    Angesichts dieser zögerlichen Haltung brodelt es in der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Vor allem in den Kreisen der deutschen Gewerkschaften, die über ihre Beiträge maßgebliche Financiers von ITUC sind, gibt es große Unzufriedenheit. Hinter vorgehaltener Hand wird gefordert, dass die Spitzen von DGB und IG Metall Farbe bekennen und für den Rauswurf von Visentini sorgen.

    Umschlag mit dem Weihnachtsmann und 50.000 Euro

    Visentini hat eingeräumt, dass er am 10. Oktober von dem Chef der NGO “Fight Impunity”, Antonio Panzeri, einen Briefumschlag mit Weihnachtsmann-Aufkleber und dem Inhalt von 50.000 Euro entgegengenommen hat. Bei Panzeri, sozialistischer Ex-EU-Abgeordneter, laufen alle Fäden des Skandals zusammen, in dessen Zuge auch die damalige Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili (S&D), am 9. Dezember festgenommen wurde. Panzeri hat hohe Summen Bargeld verteilt, die von Geldgebern aus Katar und Marokko stammen sollen. Was er dafür verlangt hat und wer alles das Geld bekommen hat, das ist noch immer unklar.

    Die Geldübergabe an Visentini wurde von der Polizei beobachtet und aufgezeichnet. Panzeri hat bei der Übergabe gesagt: “Wir scheinen so zu sein, wie die Typen in Ocean’s Eleven.” Der Film spielt im Gangstermilieu. Visentini behauptet, dass er nichts getan habe: “Ich habe das Geld angenommen wegen des tadellosen Rufes des Spenders und wegen seines ehrenamtlichen Charakters.” Er habe auch nicht gefragt, was er für das Geld tun solle. Ihm habe aber auch niemand erklärt, was als Gegenleistung gefordert sei.

    ITUC hat Tonlage gegenüber Katar grundlegend verändert

    Tatsächlich gab es wohl einen fundamentalen Wandel in der Position des ITUC gegenüber Katar. Die Position habe sich von “harschester Kritik” zu “himmelhochjauchzend” verändert, schreibt der deutsche Gewerkschafter Frank Hoffer in einem Beitrag für “Social Europe”.

    Klar ist, was Visentini mit dem Geld von Panzeri gemacht hat. Visentini räumt ein, dass er damit seine Kampagne bezahlt habe, um auf dem Kongress des ITUC im australischen Melbourne im November zum Generalsekretär gewählt zu werden. Über den Umweg eines ITUC-Solidaritätsfonds habe er die Anreise von Gewerkschaftern zum Kongress in Melbourne bezahlt. Tatsächlich waren Spitzengewerkschafter aus Deutschland sichtlich überrascht, als Visentini bei dem Treffen Generalsekretär wurde. Sie hatten einen anderen Funktionär favorisiert.

    Visentini für 48 Stunden in Haft

    Als der Korruptionsskandal um Panzeri und seine NGO “Fight Impunity” Anfang Dezember platzte, wurde neben Kaili, Panzeri, Kailis Lebensgefährten auch Visentini festgenommen, kam aber nach 48 Stunden frei. Noch vor Weihnachten beschloss der Generalrat von ITUC, Visentini vorläufig zu suspendieren. Dieser Schritt gehe nicht mit einer Schuldzuweisung einher, hieß es in einer Pressemitteilung. Es wurde eine Kommission eingesetzt, die den Fall aufarbeiten will.

    Bei der Einschätzung der Bedingungen der Arbeiter in Katar habe die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) sowie ITUC inzwischen eine diametral andere Position als etwa unabhängige Bürgerrechtsbewegungen oder der britische Gewerkschaftsdachverband Trade Union Congress, sagen Beobachter. Bei einer so wichtigen Frage dürfe es aber keinen Zweifel in der Positionierung geben, fordert Hoffer. “Um diese Herausforderung anzugehen, bedarf es vor allem einer Führung, deren Integrität über jeden Zweifel erhaben ist”, schreibt Hoffer dem Weltdachverband der Gewerkschaften ITUC ins Stammbuch. Bislang scheint weder beim DGB noch bei der mächtigen IG Metall jemand diese Notwendigkeit erkannt zu haben.

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    Bundesregierung erweitert zweites Batterie-IPCEI

    Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) will das von Deutschland koordinierte zweite europäische Batterieprojekt “EuBatIn” für weitere strategische Großprojekte öffnen. Für die Erweiterung des Batterie-IPCEI (“Important Project of Common European Interest”) stehen Haushaltsmittel in Höhe von rund einer Milliarde Euro zur Verfügung. Projekte, die die gesamte europäische Wertschöpfungskette für Batterien in den Blick nehmen, können sich bis zum 6. Februar bewerben.

    Laut dem BMWK sollen vor allem “großskalige und strategische Projekte gefördert werden, die auf Basis von erheblichen Innovationen die erste gewerbliche Nutzung innerhalb des Projektzeitraums anstreben, um nach Projektende in die Massenproduktion zu gehen“. Die Bundesregierung erhofft sich davon einen starken Impuls für das Batterie-Ökosystem in Deutschland und Europa. Die bereits geförderten IPCEI-Projekte sollen durch die Erweiterung inhaltlich ergänzt werden.

    Habeck: Europa muss noch attraktiver werden

    “Wir wollen die komplette Batterie-Wertschöpfungskette wieder stärker nach Deutschland und Europa holen”, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. “Eigenes Knowhow ist von zentraler Bedeutung für eine zukunftsfähige und nachhaltige Automobil- und Energiewirtschaft.” Europa müsse jedoch seine Rahmenbedingungen für die Batterieproduktion noch attraktiver gestalten und im globalen Maßstab ein Level-Playing-Field für Investitionen schaffen.

    Das europäische Batterieökosystem habe sich in den vergangenen Jahren dynamisch und positiv entwickelt, erklärte das BMWK. Angesichts der hohen Energie- und Rohstoffpreise und aufgrund guter Förderbedingungen in Drittstaaten – etwa seit dem Inflation Reduction Act in den USA – habe die Dynamik zuletzt jedoch nachgelassen.

    Bislang gibt es zwei Batterie-IPCEI, an denen insgesamt rund fünfzig Unternehmen aus zwölf Mitgliedsstaaten teilnehmen, darunter 13 Unternehmen aus Deutschland. Das zweite IPCEI genehmigte die EU-Kommission Anfang 2021. Bisher sind 42 Unternehmen daran beteiligt, elf davon aus Deutschland. Viele weitere Unternehmen sind indirekt als Zulieferer, Forschungseinrichtungen oder anderweitige Partner in die IPCEI eingebunden. leo

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    EU-Weltraumbahnhof in Schweden eröffnet

    Bei der Einweihung des Weltraumbahnhofs für Satellitenstarts in Esrange nördlich von Kiruna in Schweden hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die strategische Bedeutung betont. Von der Leyen sprach am Freitag von einem wichtigen Moment für Europa und für die europäische Raumfahrtindustrie. “Als erster orbitaler Startplatz auf unserem Festland bietet Esrange Spaceport ein unabhängiges europäisches Tor zum Weltraum. Die Zukunft der EU als eine Weltraum-Macht wird auch in Schweden geschrieben.”

    Von Esrange aus können künftig kleine Satelliten ins All befördert werden. Von der Leyen betonte, die Startrampen in Esrange verbesserten die Sicherheit der Satelliten. Ukrainische Streitkräfte nutzen sie, um russische Truppenbewegungen zu beobachten. “Aufgrund dieser insgesamt wachsenden Bedeutung wird die Kommission zusammen mit vielen anderen Themen einen Vorschlag für eine EU-Weltraumstrategie für Sicherheit und Verteidigung vorlegen”, so von der Leyen. Ziel sei es, die Widerstandsfähigkeit der europäischen Weltrauminfrastruktur zu verbessern und die gemeinsamen europäischen Fähigkeiten zu stärken. mgr

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    Saubere-Luft-Dossier geht an S&D-Fraktion

    Berichterstatter für die Luftqualitätsrichtlinie wird der spanische Sozialist Javi López. Die Kommission schlägt vor, die Grenzwerte für Luftschadstoffe je Kubikmeter Luft deutlich zu verschärfen. Sie sollen den WHO-Richtwerten angenähert werden. Schattenberichterstatter werden Norbert Lins (CDU) sowie der Grüne Michael Bloss. Die parlamentarische Arbeit soll im März beginnen. mgr

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    London will Ukraine schnell 14 Kampfpanzer liefern

    Die britische Regierung will die Ukraine mit Kampfpanzern versorgen und befeuert damit hierzulande die Debatte über eine Lieferung deutschen Kriegsgeräts vom Typ Leopard 2. Das Büro des britischen Premierministers Rishi Sunak teilte in der Nacht zum Sonntag mit, es sollten bereits in den kommenden Wochen 14 Kampfpanzer des Typs Challenger 2 an die Ukraine gehen. Geplant ist zudem die Lieferung von rund 30 Panzerhaubitzen vom Typ AS90.

    Der Rüstungskonzern Rheinmetall kann nach eigenen Angaben Leopard 2 für die Ukraine frühestens bis 2024 instand setzen. “Selbst wenn morgen die Entscheidung fällt, dass wir unsere Leopard-Panzer nach Kiew schicken dürfen, dauert die Lieferung bis Anfang nächsten Jahres”, sagte Vorstandschef Armin Papperger einer Sonntagszeitung.

    Der Konzern besitze 22 ausgemusterte Panzer des Typs Leopard 2 und 88 Fahrzeuge des Vorgängermodells Leopard 1. Die Instandsetzung dauere ein knappes Jahr, sagte Papperger. Der Leopard könnte im Ukraine-Krieg eine entscheidende Rolle spielen. “Der Kampfpanzer Leopard ist für Offensiven und die Rückgewinnung von Territorien enorm wichtig”, sagte der Manager. “Mit Kampfpanzern kann eine Armee die feindlichen Linien durchbrechen und einen längeren Stellungskrieg beenden.” rtr

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    Weltwirtschaftsforum Davos: “Wir müssen in Europa mehr Tempo machen” FAZ
    Belgischer EU-Abgeordneter Marc Tarabella räumt Einladung von Katar ein SPIEGEL
    Löchriger Schutz für Frauen in der EU MAIN-ECHO
    EU-Parlament: Reparaturarbeiten nach Kaili-Skandal TAGESSCHAU
    Ratsvorsitz seit 1. Januar – Schwedischer Spagat: Stockholm führt die EU und ist von EU-Hassern abhängig NÜRNBERGER NACHRICHTEN
    When Leading a Parliament Includes Helping the Police Raid Lawmakers NY TIMES
    So funktioniert die Terrorliste der Europäischen Union DW
    Polen: Unterhaus verabschiedet Gesetz zur Justizreform DW
    Lindner warnt vor EU vor Provisionsverbot für Finanzberater FULDAINFO
    EU plant neue Sanktionen gegen Iran NDR
    Verbraucherzentrale: EU-weite Kennzeichnung veganer Produkte ZEIT
    390 Milliarden für die EU-Agrarpolitik STUTTGARTER-ZEITUNG
    Rechtsstaatlichkeit in der EU: EU-Parlamentarier René Repasi sieht “Konstruktionsfehler” bei der Verteilung von Geldern DEUTSCHLANDFUNK
    Rechtsstaatlichkeit wichtiger Baustein auf Albaniens EU-Weg SN
    Der Plan mit der Planwirtschaft: Frankreich will Europas Industriepolitik revolutionieren HANDELSBLATT
    Strengere Richtlinien geplant – Etikettenschwindel: EU will gegen Öko-Bluff bei Werbung vorgehen TT
    Für mehr Energiesicherheit in Europa: Athen baut neues Gaskraftwerk EURONEWS
    Fällt Brennholz als wirtschaftliches Standbein weg? Waldbesitzer in Sorge wegen EU-Plänen MERKUR
    Kommunen spüren Umtauschwelle für neuen EU-Führerschein FNP

    Werner Patzelt – Auf Orbáns Mission in Brüssel

    Porträtfoto von Werner Patzelt in grauem Anzug vor einer roten Wand.
    Werner Patzelt war Professor für Politikwissenschaft in Dresden. Nun ist er Wissenschaftlicher Direktor des ungarischen Think Tanks MCC in Brüssel.

    “Ich hasse es sehr, mich irgendwo zu bewerben”, sagt Werner Patzelt im Gespräch. “Ich werde gern eingeladen.” Seine neuste Einladung führt den Politikwissenschaftler nach Brüssel – im Auftrag Budapests. Hier leitet Patzelt das Brüsseler Büro des Mathias Corvinus Collegium (MCC), einer ungarischen Denkfabrik, die eine große Nähe zu der Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hat. Orbán ist erklärtermaßen ein Anhänger der illiberalen Demokratie. Die Fidesz-Partei, die er dominiert, trat 2021 aus der Fraktion der christdemokratischen EVP im Europaparlament aus. Sie kam damit einem Ausschluss bevor. Nicht zuletzt wegen der EU-feindlichen Kampagnen des Fidesz hatte EVP-Fraktionschef Manfred Weber mit Orbán gebrochen und hatte seinen Austritt betrieben.

    Patzelt war im vergangenen Jahr neun Monate Senior Fellow am MCC in Budapest. Zuvor war er bis zu seiner Pensionierung 27 Jahre lang Professor an der TU Dresden. 1992 gründete der heute 69-Jährige das Institut für Politikwissenschaft. Bekannt wurde er für seine Forschungen zu Parlamentarismus, zu Pegida und seine Beratungstätigkeit für die sächsische AfD 2015.

    Gebürtig kommt Patzelt aus Passau, er ist Mitglied der CDU. Nun pendelt er zwischen Brüssel und Dresden, wo seine Familie nach wie vor wohnt. Trotz der vielen neuen Arbeit freut er sich aufs Cello üben am Wochenende. Mit seinem Sohn und Freunden spielt er Kammermusik.

    Ausbildung einer “neuen, patriotischen Generation”

    Das MCC wurde bereits vor 25 Jahren gegründet. 2020 erhielt der Think Tank 1,7 Milliarden US-Dollar vom ungarischen Parlament und der Regierung. Letztere schenkte dem MCC ein staatliches Aktienpaket des Mineralölkonzerns MOL und des Pharmaunternehmens Gedeon Richter. Das MCC will mit dem vielen Geld eine “neue, patriotische Generation” ausbilden, heißt es auf der Webseite. In den kommenden fünf Jahren will das MCC Stipendien an 10.000 ungarische Studierende verteilen.

    Am Mathias Corvinus Collegium wird der Orbanismus gepflegt, weiterentwickelt, und von hier aus wird er erfolgreich exportiert”, schreibt die Wochenzeitung “Die Zeit” kurz vor Weihnachten. Vorsitzender der Stiftung ist Balázs Orbán. Balázs Orbán ist zwar nicht verwandt mit Ministerpräsident Viktor Orbán, in Personalunion aber dessen Stabschef.

    In den kommenden Jahren will das MCC 35 Büros im ungarischen Sprachraum aufbauen. Im November vergangenen Jahres gründete das MCC die Zweigstelle in Brüssel, hat ein Büro in der Nähe der Börse bezogen. Weil die ungarische Regierung vieles anders mache als die EU-Partner, werde Orbán hart angegangen, sagt Patzelt. “Das MCC will in die Höhle des Löwen gehen.”

    Patzelt sieht keine Einschränkung der Pressefreiheit

    Das Büro mit etwa 25 Mitarbeitenden hat zwei Aufgaben. Es soll ungarischen Studierenden Exkursionen in die EU anbieten. “Ziel ist es, eine international auftrittsichere ungarische Elite zu formen”, erklärt Patzelt. Zudem soll die Denkfabrik, die er leitet, über europäische Grundsatzfragen nachdenken. Das MCC will aber kein ideologisches Gegengewicht schaffen. “Es geht um eine freie, rationale Debatte über umstrittene Inhalte”, sagt Patzelt. “Wir verweigern uns auf keinem Fall einer Debatte.” Das MCC will unter anderem ein europäisches “Angstbarometer” erstellen und eine Studie über die “Auswirkungen der Familienpolitik in verschiedenen europäischen Ländern”.

    An seinem neuen Arbeitgeber findet Patzelt nichts Kritisches. “Fidesz hat Ungarn nicht in den Abgrund getrieben”, sagt er. “Im Gegensatz zu Berlin hat das Land auch funktionierende Wahlen.” Einschränkungen der Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit, wie sie die EU-Kommission festgestellt hat und weswegen Ungarn EU-Mittel in Milliardenhöhe nicht ausgezahlt werden, will der Politikwissenschaftler nicht sehen

    “Man wird schwer behaupten können, dass in Ungarn alle mundtot gemacht worden sind.” Die ungarische Regierung forciere mehr ein Gleichgewicht an Linken und Konservativen in den Medien, sagt er. Die meisten Journalisten des Landes sehen es anders. Sie beklagen, dass im öffentlichen Rundfunk nur Fidesz-nahe Journalisten zum Zuge kommen. Weitere Erläuterungen werden in seinem Buch stehen, das in diesem Jahr erscheint, sagt Patzelt. Schon der Titel macht deutlich, dass Patzelt an einem besonderen Verhältnis zum ungarischen Regierungschef liegt. Es heißt “Orbán-Land? Ungarns Politik und Geschichte”. Tom Schmidtgen

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    Europe.Table Redaktion

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