Table.Briefing: Europe

Neuer Ölpreisdeckel + EU-Geld für verdächtigte NGOs + Weber will Schulterschluss gegen China

  • EU bleibt bei Ölpreisdeckel vorsichtig
  • Korruptionsfall Kaili: Millionen aus EU-Haushalt für verdächtigte NGOs
  • Weber ruft EU zu Schulterschluss gegen China auf
  • Zypern-Wahl: Konservativer und Linker gehen in die Stichwahl
  • Wolfsschutz: Streit um Brief der Umweltminister
  • EU-Wahlprojektion: EVP und Renew legen zu
  • DUH: Gasheizungen könnten weiterlaufen
  • Breton fordert Regulierung für ChatGPT
  • Heads: Emma Wiesner – Ein Technologie-Nerd im Parlament
Liebe Leserin, lieber Leser,

nach langen Verhandlungen und einer kurzzeitigen Verhandlungspause vergangene Woche haben sich die EU-Botschafter am Wochenende auf eine Ausweitung des Teil-Embargos gegen russisches Öl entschieden. Es gibt nun einen weiteren Preisdeckel auf alle Ölprodukte aus Russland, zusätzlich zu dem im Dezember beschlossenen Preisdeckel auf Rohöl. Eric Bonse erklärt, warum die Einigung am Ende defensiver ausfiel als von manchen Mitgliedsländern gefordert.

Vorsichtiger sollte auch das EU-Parlament werden, wie sich im Korruptionsfall um die Ex-Parlamentspräsidentin Eva Kaili zeigt. NGOs, die laut aktuellem Stand der Ermittlungen in den Fall verstrickt sind, haben mehr als vier Millionen Euro aus dem EU-Haushalt erhalten. Forderungen nach strengeren Transparenzregeln für NGOs ließen nicht lange auf sich warten. Markus Grabitz hat die Einzelheiten.

Nachdem die USA am Samstag einen chinesischen Beobachtungsballon vom Himmel geschossen haben, den sie der Spionage bezichtigen, fordert EVP-Chef Manfred Weber einen Schulterschluss der “freien Welt” gegen China. Das Verhalten der chinesischen Führung gegenüber westlichen Staaten werde “deutlich aggressiver”. Mehr dazu lesen Sie in den News.

Im heutigen Porträt erfahren Sie alles über eine der jüngsten Abgeordneten des EU-Parlaments. Die schwedische Liberale Emma Wiesner beschreibt die vier schwierigen Verhandlungsphasen als Berichterstatterin im EU-Parlament.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr
Lukas Knigge
Bild von Lukas  Knigge

Analyse

EU bleibt bei Ölpreisdeckeln vorsichtig

Das Preislimit, auf das sich die 27 EU-Staaten am Wochenende geeinigt haben, liegt bei 100 US-Dollar pro Barrel für Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin und Benzin und 45 Dollar für Heizöl. Es gilt jedoch eine Übergangsphase (“Winddown period”) von 55 Tagen bis zum 1. April. Bei dem Ölprodukte-Embargo gibt es lediglich eine Ausnahmeregelung für Kroatien. Die G7-Staaten haben sich der Maßnahme angeschlossen. Im internationalen Rohstoffhandel wurde ein Barrel Diesel zuletzt zu Preisen von umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro nach Europa verkauft.

Das Preislimit soll weltweit durchgesetzt werden. So sollen für den Export russischer Ölerzeugnisse wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft erbracht werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien können somit weiterhin russische Ölprodukte in Drittstaaten wie Indien transportieren. Zudem gilt die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste.

“Dieser Beschluss wird die Einnahmen Russlands noch stärker beschneiden und seine Fähigkeit zur Kriegführung in der Ukraine einschränken”, erklärte die EU-Kommission. Bereits Anfang Dezember hatten die EU und die G7 einen Deckel für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel verhängt.

“Die Preise fallen”

Das erklärte Ziel in Brüssel lautet, die “Kriegskasse” von Präsident Wladimir Putin zu schmälern. Schon jetzt müsse Russland erhebliche Preisnachlässe gewähren, um sein Rohöl außerhalb Europas loszuschlagen, sagte ein Kommissionsexperte. Bei Diesel und Heizöl werde es künftig genauso sein. “Die Preise fallen”, prognostiziert der Experte, “unser System ist sehr effizient.”

Deutsche Experten äußern sich skeptischer. So weist Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus weiter entfernter Ländern kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei jedoch begrenzt, die Wege werden länger, die Transporte somit teurer.

Nachfrage aus China könnte steigen

Vorbehalte gibt es auch im Rat. Man müsse den Dieselpreis genau beobachten, sagte ein EU-Diplomat. Das Ende der Corona-Maßnahmen in China könne die Nachfrage erhöhen und die Preise in die Höhe treiben. Viele EU-Länder haben sich mit Blick auf das nun verhängte Embargo zwar mit Dieselvorräten eingedeckt. Dennoch sei es wichtig, nun eine “Wait and See”-Politik zu verfolgen, so der Diplomat.

Auch beim Rohöl gebe es noch keine Entwarnung. Die Preisdeckel niedriger anzusetzen oder automatisch anzupassen, wie dies Polen sowie die baltischen Staaten fordern, könne “Chaos” auf den Märkten auslösen. Der Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) hat sich denn auch bei seiner letzten Sitzung am Freitag gegen Änderungen am Preislimit für Rohöl entschieden. Eine Revision sei frühestens im März zu erwarten, hieß es. Mit dpa

  • Embargo
  • Energiekrise
  • Energiepolitik
  • Sanktionen

Korruptionsfall Kaili: Millionen aus EU-Haushalt für verdächtigte NGOs

NGOs, die in den Korruptionsskandal um Eva Kaili (ehemals S&D) verwickelt sind, haben Millionenzahlungen aus dem EU-Haushalt bekommen. Laut Recherchen des Rechnungsprüfungsausschusses im Europaparlament (CONT), deren Fördermittelaufstellung Table.Media vorliegen, haben zwei NGOs, die an der gleichen Adresse gemeldet sind wie die NGO “Fight Impunity” des geständigen Hauptverdächtigen Ex-MEP Piero Panzeri, seit 2015 Zuschüsse in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro aus EU-Geldern erhalten.

Allein knapp vier Millionen Euro hat die NGO “No Peace without Justice” zwischen 2015 und 2020 bekommen. Der Generalsekretär Niccolo Figa-Talamanca wurde neben Kaili, ihrem Lebensgefährten und Panzeri am 9. Dezember festgenommen und saß bis Freitag in Belgien in Untersuchungshaft. Wie die belgische Wirtschaftszeitung L’Echo berichtet, wurde er inzwischen aus der Haft freigelassen, die Ermittler zählten ihn aber weiter zu den Beschuldigten.

Vier Verträge zwischen 2015 und 2022

“No Peace without Justice” teilt sich in der Brüsseler Rue Ducale 41 ein Büro mit Fight Impunity. “No Peace without Justice” ist eine italienische NGO, die dort unter dem Namen “Comitato Non C’e Pace Senza Giustizia” bekannt ist. Laut Finanztransparenzsystem der EU liefen zwischen 2015 und 2022 vier Verträge zwischen der Kommission und der NGO. Dabei wurden Mittel in Höhe von 4,14 Millionen Euro vereinbart. Abgerufen wurden davon demnach 3,79 Millionen Euro. Eingebunden waren der Dienst für außenpolitische Instrumente, die Generaldirektionen für Nachbarschaftspolitik sowie die für Justiz.

Die NGO “La Palabre”, die ebenfalls in der Rue Ducale 41 einen Briefkasten hat, hat CONT zufolge weitere rund 625.000 Euro bekommen. Im Finanztransparenzsystem der Kommission lässt sich das nicht nachvollziehen.

Untersuchung eingeleitet

Der Ausschuss CONT hat nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals eine Untersuchung eingeleitet, ob die verdächtigten NGOs EU-Gelder bekommen haben. Markus Pieper (CDU), Mitglied im CONT: “Wir wissen nicht, was die der Beteiligung an bandenmäßiger Korruption verdächtigten NGOs mit dem Geld der EU-Steuerzahler gemacht haben.” Es sei völlig intransparent, wo das Geld geblieben sei. “Es ist ein Skandal, dass es keine Beleg- und Berichterstattungspflichten für Mittel gibt, die NGOs von der Kommission und ihren Agenturen bekommen.”

Pieper bemängelt zudem, dass einer NGO, die nicht im Transparenzregister des Europaparlaments eingetragen ist und zum Netzwerk von Panzeri zählt, im Menschenrechtsausschuss DROI wiederholt Rederecht eingeräumt wurde. Es gebe Videos von Redebeiträgen bei Sitzungen des EP-Unterausschusses vom 10. Mai 2022 und vom 11. Dezember 2020.

Verantwortlich für die Kontrolle der Redner sind aus Piepers Sicht die Parlamentsbeamten der Ausschusssekretariate. Hier müsse es künftig einen “Transparenzverantwortlichen” geben. Dann hätte der Korruptionsfall “so nicht ins Parlament” getragen werden können.

Pieper, der im Auftrag des CONT derzeit eine Sonderstudie zur Finanzierung von NGOs erarbeitet und die Ergebnisse zu einem Initiativbericht des EP ausbauen will, sagt: “Wenn die bestehenden Regeln konsequent angewendet und die Finanzierung sowie Organisation der NGOs vorher offengelegt worden wären, hätten ihre Mitarbeiter nie unter dem Dach des Europaparlaments reden und agieren dürfen.”

NGO-Gesetz soll Details regeln

Pieper fordert Konsequenzen aus dem Korruptionsfall für den Umgang mit NGOs im Parlament. Es dürfe keinen Zutritt für nicht registrierte Interessenvertreter und NGOs geben. Die CDU/CSU-Gruppe hat einen Katalog von Kriterien erarbeitet, den NGOs für die Registrierung erfüllen müssen:

  • alle EU-Mittel, die eine NGO bekommt, müssen rückverfolgbar sein – vom direkten Empfänger bis zum letzten Begünstigten
  • wenn eine NGO von einer anderen NGO finanziert wird, die nicht registriert ist, muss sie die Geldgeber offenlegen
  • Organisation der NGO muss demokratischen Prinzipien genügen

Außerdem fordert Pieper, dass die Kommission die Verträge mit NGOs veröffentlicht und transparent machen soll, welche politischen Ziele dem Vertrag zufolge die NGO verfolgt. Die EU soll ein NGO-Gesetz bekommen, in dem ähnlich wie im Abgeordneten- oder Parteienstatut Rechte und Pflichten festgehalten sind.

  • EU-Haushalt
  • Europäische Kommission
  • Europäisches Parlament
  • Eva Kaili
  • Korruption

News

Weber ruft EU zu Schulterschluss gegen China auf

Angesichts des Streits zwischen Washington und Peking über einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon über US-Gebiet hat EVP-Chef Manfred Weber die EU zum Schulterschluss mit den USA aufgerufen. “Die neuen offensichtlichen Spionageaktionen Chinas gegenüber den USA geben Grund zur Sorge”, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Verhalten der chinesischen Führung gegenüber westlichen Staaten werde “deutlich aggressiver”. Im “Systemwettbewerb mit China” müsse “die freie Welt” nun die Kräfte bündeln, forderte er.

“Ein enger Schulterschluss zwischen den USA und der EU sowie weiteren Verbündeten ist unabdingbar. Nur so wird man den zunehmend aggressiven Giganten in Asien eindämmen können”, sagte der Chef der Europäischen Volkspartei weiter. Die Europäische Union müsse erkennen, dass sie auch in Asien Verantwortung habe. Vor allem müssten sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame China-Strategie einigen. “Wir dürfen unsere amerikanischen Freunde mit ihren Partnern dort nicht alleine lassen.”

Das US-Militär schoss am Samstag einen chinesischen Beobachtungsballon ab, der tagelang über die USA geflogen war. Die USA bezichtigten China der Spionage mit dem Ballon. Peking protestierte am Sonntag gegen die “offensichtliche Überreaktion” und wies die Vorwürfe erneut zurück. dpa

  • China
  • Europapolitik
  • Manfred Weber

Zypern-Wahl: Konservativer und Linker gehen in die Stichwahl

Im Rennen um das Präsidentenamt des EU-Mitglieds Zypern geht neben dem konservativen Favoriten Nikos Christodoulidis überraschend der linke Politiker Andreas Mavrogiannis in die Stichwahl am 12. Februar. Während Ex-Außenminister Christodoulidis in der ersten Wahlrunde am Sonntag mit 32 Prozent der Stimmen erwartungsgemäß vorne lag, schnitt Mavrogiannis, der ebenfalls Diplomat ist, mit einem Anteil von 29,6 Prozent stärker ab als erwartet.

Mavrogiannis wird von der links gerichteten AKEL-Partei unterstützt. Christodoulidis ging als unabhängiger Bewerber gegen den Kandidaten seiner rechtsgerichteten DISY-Partei ins Rennen. Der DISY-Kandidat Averof Neofytou, der vom amtierenden Präsidenten Nikos Anastasiades als Nachfolger empfohlen worden war, verpasste hingegen den Einzug in die zweite Wahlrunde. Anastasiades durfte nach seiner fünfjährigen Amtszeit nicht mehr antreten.

Vor dem künftigen Präsidenten liegen Herausforderungen wie eine Wiederaufnahme der Gespräche zur politischen Wiedervereinigung der beiden Inselteile sowie Migration, Arbeitskonflikte und Korruptionsskandale. Nach dem Militärputsch in Griechenland 1974 war mit Unterstützung der Türkei in Nordzypern ein eigener, international nicht anerkannter Staat ausgerufen worden. rtr

  • Wahlen
  • Zypern

Wolfsschutz: Streit um Brief der Umweltminister

Nachdem sich zwölf EU-Umweltminister vergangene Woche in einem Brief gegen Ausnahmeregelungen zum Abschuss von Wölfen gestellt hatten, fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Norbert Lins (EVP), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament (AGRI) bezeichnete den Brief als einen “Angriff auf den ländlichen Raum”. Er unterstützt die Lockerungen der Abschussregelungen von Wölfen, die sich in der Nähe von Menschen und Tieren aufhalten.

Die Mehrheitsentscheidung des Europäischen Parlaments habe gezeigt, dass Europa nicht an den veralteten Regeln festhalten will, sondern Schutz und Sicherheit von Menschen und Nutztieren Priorität habe. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstütze das Vorhaben für Ausnahmeregelungen vom Wolfsschutz, so Lins.

Parteikollege und umweltpolitischer Sprecher der EVP, Peter Liese, betonte, dass auch “viele Grüne, auch viele Biobauern” ein strengeres Wolfsmanagement unterstützen, da die Weidetierhaltung und die Biodiversität in Gefahr seien. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ist unter den Unterzeichnern des Briefes, was Liese als “Schock” bezeichnete.

“Habitat-Richtlinie bietet bereits Flexibilität”

S&D-Umweltpolitikerin Delara Burkhardt befürwortet dagegen den Brief, der sich den “Angstmachern” entgegenstelle, “die im Europäischen Parlament von der konservativen Fraktion rund um die CDU/CSU angeführt werden”. Die Rückkehr des Wolfes sei eine Erfolgsgeschichte der europäischen Artenschutzpolitik, doch er habe noch keinen guten Erhaltungszustand erreicht. Der Schutzstatus des Wolfs solle deshalb nicht geändert werden, sagt Burkhardt.

“Die Habitat-Richtlinie der EU bietet bereits die Flexibilität und die Instrumente für Einzelfallentscheidungen, um einzelne Problemwölfe entnehmen zu können und so die Koexistenz zwischen Menschen und Wölfen zu gewährleisten.” Zudem könnten aus EU-Fördermitteln Mittel für Präventionsmaßnahmen für Landwirte und Landwirtinnen finanziert werden, so die SPD-Politikerin zu Table.Media. luk

  • Klima & Umwelt
  • Tierschutz
  • Umweltpolitik
  • Umweltschutz

Projektion für EU-Wahl: Zuwachs für EVP und Renew

In einer Projektion für die nächste Europawahl legen die christdemokratische Parteienfamilie EVP und die liberale Renew-Fraktion leicht zu. Grüne, Sozialdemokraten und Linke verlieren etwas in der neusten Ausgabe der Studie “wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre”.

Der Politikwissenschaftler Manuel Müller analysiert für seine Reihe alle acht Wochen Meinungsumfragen in allen 27 Mitgliedstaaten und erstellt daraus eine Prognose für die Zusammensetzung des Europaparlaments. Das nächste Parlament wird im Mai 2024 gewählt. Es ist die erste Umfrage seit Bekanntwerden des Korruptionsskandals im Europaparlament.

Seit der letzten Umfrage im Dezember würde die EVP in der Projektion von 166 auf 168 Sitze zulegen, die Renew-Fraktion könnte von 93 auf 96 Abgeordnete anwachsen. Die Sozialisten würden einen Sitz verlieren und auf 135 Abgeordnete kommen. Die Grünen würden zwei Sitze einbüßen und nur noch auf 42 Abgeordnete kommen, die Fraktion der Linken würde einen Sitz verlieren und auf 50 Abgeordnete kommen. Die Fraktion der Konservativen und Reformer (EKR) würde einen Sitz verlieren und noch 78 Abgeordnete stellen, die Rechtsradikalen (ID) würden von 64 auf 65 Sitze zulegen können. Insgesamt hat das Europaparlament 705 Abgeordnete. mgr

  • Europawahlen 2024
  • EVP
  • Grüne/EFA
  • Renew

DUH: Gasheizungen könnten weiterlaufen

Nach der informellen ITRE-Einigung zur Gebäuderichtlinie (EPBD) warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor einem Schlupfloch für fossile Heizungen. Vergangene Woche hatten sich die Berichterstatter auf eine Fassung geeinigt, die diesen Donnerstag im Industrieausschuss angenommen werden soll. Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie soll demnach ein Einbauverbot für fossile Heizungen gelten. Ausgenommen sein sollen allerdings Hybridheizungen und sogar Kessel, die “für erneuerbare Brennstoffe zertifiziert” sind.

“So allgemein, wie es im Text steht, könnte sogar Biomethan unter diese Definition fallen und mit Biomethan können sämtliche bereits installierten Gasheizungen betrieben werden“, sagt Elisabeth Staudt von der DUH. Sie befürchtet, dass das Abheben auf die reine Zertifizierung in der EU-Richtlinie sogar die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) unterminieren könne.

Die Koalition in Berlin hatte sich darauf geeinigt, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Dies hätte ein weitgehendes Einbauverbot für neue Gasheizungen zur Folge. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) bestätigte auf Anfrage, dass “jede Gasheizung auch mit Biomethan betrieben werden” kann. “Dies betrifft rund 14 Millionen Anlagen in Deutschland“, sagte ein Sprecher. ber

  • EPBD
  • Erdgas
  • Gebäuderichtlinie
  • Green Deal
  • Wasserstoff

Breton fordert Regulierung für ChatGPT

Die Europäische Union will möglichen Gefahren durch die Verbreitung Künstlicher Intelligenz (KI) mit Gesetzen begegnen. “Wie von ChatGPT aufgezeigt, können KI-Lösungen große Chancen für Unternehmen und Bürger bieten, aber auch Risiken bergen“, sagte EU-Industriekommissar Thiery Breton am Freitag. “Deshalb brauchen wir einen soliden Rechtsrahmen, um vertrauenswürdige KI auf der Grundlage hochwertiger Daten zu gewährleisten.”

Der Chatbot ChatGPT ist eine Software der Firma OpenAI, die eine Konversation mit echten Menschen simuliert. Er kann außerdem auf Grundlage weniger Stichworte komplette Texte erstellen, zum Beispiel eine Hausarbeit. Diese lassen sich nur schwer als nicht vom Menschen verfasst identifizieren. Allerdings wirft ChatGPT gelegentlich auch faktisch Falsches aus. Seit November kann das Programm kostenlos getestet werden.

Binnen zwei Monaten knackte es einer Studie zufolge die Marke von 100 Millionen aktiven Nutzern, so schnell wie keine andere Software zuvor. Daher sicherte sich Microsoft für zehn Milliarden Dollar knapp die Hälfte an OpenAI. Der US-Softwarekonzern will ChatGPT in seine Suchmaschine Bing und die Videokonferenz-Plattform Teams integrieren. rtr

  • Digitalisierung
  • Digitalpolitik
  • Künstliche Intelligenz
  • Thierry Breton

Presseschau

Russisches Erdöl: EU einigt sich auf Preisdeckel TAGESSPIEGEL
EU liefert 35 Millionen Energiesparbirnen an Ukraine N-TV
EU-Ukraine-Gipfel: Ursula von der Leyen in Kiew – Der Balanceakt der Krisenmanagerin AUGSBURGER-ALLGEMEINE
EU-Ukraine-Gipfel: “Nicht verzögern, sondern integrieren” – Botschafter sieht klares Signal für Mitgliedschaft MERKUR
Scholz: Keine Sonderregeln für Ukraine bei EU-Beitritt ORF
Ballon-Affäre: Weber ruft EU zu Schulterschluss mit USA gegen China auf ZEIT
Kampfpanzer für die Ukraine: Die EU stellt eine militärische Allianz zusammen STERN
EU will mehr Flüchtlinge abschieben: Stacheldraht als letzte Mittel STUTTGARTER-NACHRICHTEN
Präsidentenwahl auf Zypern wird bei Stichwahl entschieden STERN
Wahlen in Monaco: Das Fürstentum auf dem Weg Richtung EU EURONEWS
Serbien: Werden mit EU über Kosovo reden RHEINPFALZ
Industriepolitik: EU-Ratspräsident Charles Michel rudert in Schuldendebatte zurück FAZ
EU-Reform beschäftigt Landwirte – alles Öko oder was? NDR
Fair Share: EU klopft angeblich Daten-Maut ab STADT-BREMERHAVEN
Microsoft-Activision-Deal: EU spricht kartellrechtliche Warnung aus DERSTANDARD
Italy warns hackers targeting known server vulnerability REUTERS

Heads

Emma Wiesner – Ein Technologie-Nerd im Parlament

Emma Wiesner, EU-Abgeordnete für Renew aus Schweden, Schattenberichterstatterin bei den ETS-Verhandlungen.

Um kurz vor zwei gab es in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2022 Sekt aus Kaffeetassen: Parlament, Rat und Kommission hatten sich im Rahmen der Trilog-Verhandlungen auf die neuen Regeln für das europäische Emissionshandelssystem (ETS) geeinigt. Emma Wiesner aus der liberalen Renew-Fraktion hatte für das Parlament mitverhandelt. Die Schwedin war Schattenberichterstatterin für die ETS-Reform. Wiesner hat sich unter anderem dafür eingesetzt, dass Müllverbrennungsanlagen in Zukunft unter das ETS fallen.

Ein Streitpunkt zwischen Parlament und Mitgliedsstaaten war ein möglicher Preisdeckel für den neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2). Geeinigt haben sich die Verhandlerinnen und Verhandler im Trilog auf einen Preisstabilitätsmechanismus. “Ich war diejenige, die diesen Namen erfunden hat”, sagt Wiesner. “Das ist ein sehr gutes Gefühl.”

Der Mechanismus im ETS 2 sorgt dafür, dass 20 Millionen zusätzliche Zertifikate freigegeben werden, wenn der Preis pro Tonne CO₂ über 45 Euro liegt. Dies soll den neuen Emissionshandel sozial verträglicher machen und verhindern, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu stark durch den CO₂-Preis belastet werden.

Grün und liberal

Seit sie 13 ist, engagiert sich Wiesner in der Politik. “Ich wollte die Welt für das Klima ändern“, sagt die 30-Jährige heute. Sie wird Ingenieurin, studiert Energietechnik und schreibt das Umweltprogramm der Studierendenorganisation ihrer Partei, der grün-liberalen Centerpartiet. Sie arbeitet als Energiemarktanalystin und für ein schwedisches Batterie-Start Up, bevor sie 2019 für einen Sitz im EU-Parlament kandidiert. Wiesner verpasste den direkten Einzug ins Parlament zwar, rückte Anfang 2021 jedoch für den ausgeschiedenen Abgeordneten Fredrick Federley nach.

Die Schwedin vertritt grüne und marktliberale Positionen. Als Ingenieurin ist sie optimistisch, wenn es um umweltfreundliche Technologien geht. “Ich bin ein Nerd”, sagt sie. Sie wolle lieber herausfinden, welche Technologie, welche Maßnahme die beste ist. Im Parlament muss sie Kompromisse aushandeln: “Manchmal ist das sehr frustrierend.”

Stolz, aber nicht zufrieden

Für die neuen ETS-Regeln habe sie vier Verhandlungsphasen durchgemacht, sagt Wiesner. Zuerst um ihre eigene, persönliche Position. Dann innerhalb der Renew-Fraktion: “Es ist gar nicht so einfach, Liberale aus ganz Europa dazu zu bringen, sich auf etwas zu einigen.” Es folgten harte Verhandlungen mit den anderen Fraktionen im Parlament, um schließlich zusammen mit Rat und Kommission im Trilog zu verhandeln – als Team, wie Wiesner betont. An dem besagten Samstag im Dezember gab es morgens bei ihr zu Hause Pfannkuchen mit Mohammed Chahim und Michael Bloss, bevor es in die nächste Verhandlungsrunde ging.

Zum Ergebnis des ETS-Trilogs sagt sie: “Ich bin stolz, aber zufrieden bin ich nicht.” In diesem Jahr will sie sich dafür einsetzen, dass in Zukunft alle Produkte einen CO₂-Fußabdruck tragen. “Dank des ETS weiß die Industrie jetzt, was sie ausstößt.” Wiesner will, dass dieses Wissen bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommt: “Das ist ein fundamentales und sehr mächtiges Recht.” Jana Hemmersmeier

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    • Weber ruft EU zu Schulterschluss gegen China auf
    • Zypern-Wahl: Konservativer und Linker gehen in die Stichwahl
    • Wolfsschutz: Streit um Brief der Umweltminister
    • EU-Wahlprojektion: EVP und Renew legen zu
    • DUH: Gasheizungen könnten weiterlaufen
    • Breton fordert Regulierung für ChatGPT
    • Heads: Emma Wiesner – Ein Technologie-Nerd im Parlament
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    nach langen Verhandlungen und einer kurzzeitigen Verhandlungspause vergangene Woche haben sich die EU-Botschafter am Wochenende auf eine Ausweitung des Teil-Embargos gegen russisches Öl entschieden. Es gibt nun einen weiteren Preisdeckel auf alle Ölprodukte aus Russland, zusätzlich zu dem im Dezember beschlossenen Preisdeckel auf Rohöl. Eric Bonse erklärt, warum die Einigung am Ende defensiver ausfiel als von manchen Mitgliedsländern gefordert.

    Vorsichtiger sollte auch das EU-Parlament werden, wie sich im Korruptionsfall um die Ex-Parlamentspräsidentin Eva Kaili zeigt. NGOs, die laut aktuellem Stand der Ermittlungen in den Fall verstrickt sind, haben mehr als vier Millionen Euro aus dem EU-Haushalt erhalten. Forderungen nach strengeren Transparenzregeln für NGOs ließen nicht lange auf sich warten. Markus Grabitz hat die Einzelheiten.

    Nachdem die USA am Samstag einen chinesischen Beobachtungsballon vom Himmel geschossen haben, den sie der Spionage bezichtigen, fordert EVP-Chef Manfred Weber einen Schulterschluss der “freien Welt” gegen China. Das Verhalten der chinesischen Führung gegenüber westlichen Staaten werde “deutlich aggressiver”. Mehr dazu lesen Sie in den News.

    Im heutigen Porträt erfahren Sie alles über eine der jüngsten Abgeordneten des EU-Parlaments. Die schwedische Liberale Emma Wiesner beschreibt die vier schwierigen Verhandlungsphasen als Berichterstatterin im EU-Parlament.

    Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

    Ihr
    Lukas Knigge
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    Analyse

    EU bleibt bei Ölpreisdeckeln vorsichtig

    Das Preislimit, auf das sich die 27 EU-Staaten am Wochenende geeinigt haben, liegt bei 100 US-Dollar pro Barrel für Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin und Benzin und 45 Dollar für Heizöl. Es gilt jedoch eine Übergangsphase (“Winddown period”) von 55 Tagen bis zum 1. April. Bei dem Ölprodukte-Embargo gibt es lediglich eine Ausnahmeregelung für Kroatien. Die G7-Staaten haben sich der Maßnahme angeschlossen. Im internationalen Rohstoffhandel wurde ein Barrel Diesel zuletzt zu Preisen von umgerechnet etwa 100 bis 120 Euro nach Europa verkauft.

    Das Preislimit soll weltweit durchgesetzt werden. So sollen für den Export russischer Ölerzeugnisse wichtige Dienstleistungen künftig nur noch dann ungestraft erbracht werden dürfen, wenn der Preis des exportierten Öls die Preisobergrenze nicht überschreitet. Westliche Reedereien können somit weiterhin russische Ölprodukte in Drittstaaten wie Indien transportieren. Zudem gilt die Regelung für andere wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste.

    “Dieser Beschluss wird die Einnahmen Russlands noch stärker beschneiden und seine Fähigkeit zur Kriegführung in der Ukraine einschränken”, erklärte die EU-Kommission. Bereits Anfang Dezember hatten die EU und die G7 einen Deckel für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel verhängt.

    “Die Preise fallen”

    Das erklärte Ziel in Brüssel lautet, die “Kriegskasse” von Präsident Wladimir Putin zu schmälern. Schon jetzt müsse Russland erhebliche Preisnachlässe gewähren, um sein Rohöl außerhalb Europas loszuschlagen, sagte ein Kommissionsexperte. Bei Diesel und Heizöl werde es künftig genauso sein. “Die Preise fallen”, prognostiziert der Experte, “unser System ist sehr effizient.”

    Deutsche Experten äußern sich skeptischer. So weist Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus weiter entfernter Ländern kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei jedoch begrenzt, die Wege werden länger, die Transporte somit teurer.

    Nachfrage aus China könnte steigen

    Vorbehalte gibt es auch im Rat. Man müsse den Dieselpreis genau beobachten, sagte ein EU-Diplomat. Das Ende der Corona-Maßnahmen in China könne die Nachfrage erhöhen und die Preise in die Höhe treiben. Viele EU-Länder haben sich mit Blick auf das nun verhängte Embargo zwar mit Dieselvorräten eingedeckt. Dennoch sei es wichtig, nun eine “Wait and See”-Politik zu verfolgen, so der Diplomat.

    Auch beim Rohöl gebe es noch keine Entwarnung. Die Preisdeckel niedriger anzusetzen oder automatisch anzupassen, wie dies Polen sowie die baltischen Staaten fordern, könne “Chaos” auf den Märkten auslösen. Der Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) hat sich denn auch bei seiner letzten Sitzung am Freitag gegen Änderungen am Preislimit für Rohöl entschieden. Eine Revision sei frühestens im März zu erwarten, hieß es. Mit dpa

    • Embargo
    • Energiekrise
    • Energiepolitik
    • Sanktionen

    Korruptionsfall Kaili: Millionen aus EU-Haushalt für verdächtigte NGOs

    NGOs, die in den Korruptionsskandal um Eva Kaili (ehemals S&D) verwickelt sind, haben Millionenzahlungen aus dem EU-Haushalt bekommen. Laut Recherchen des Rechnungsprüfungsausschusses im Europaparlament (CONT), deren Fördermittelaufstellung Table.Media vorliegen, haben zwei NGOs, die an der gleichen Adresse gemeldet sind wie die NGO “Fight Impunity” des geständigen Hauptverdächtigen Ex-MEP Piero Panzeri, seit 2015 Zuschüsse in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro aus EU-Geldern erhalten.

    Allein knapp vier Millionen Euro hat die NGO “No Peace without Justice” zwischen 2015 und 2020 bekommen. Der Generalsekretär Niccolo Figa-Talamanca wurde neben Kaili, ihrem Lebensgefährten und Panzeri am 9. Dezember festgenommen und saß bis Freitag in Belgien in Untersuchungshaft. Wie die belgische Wirtschaftszeitung L’Echo berichtet, wurde er inzwischen aus der Haft freigelassen, die Ermittler zählten ihn aber weiter zu den Beschuldigten.

    Vier Verträge zwischen 2015 und 2022

    “No Peace without Justice” teilt sich in der Brüsseler Rue Ducale 41 ein Büro mit Fight Impunity. “No Peace without Justice” ist eine italienische NGO, die dort unter dem Namen “Comitato Non C’e Pace Senza Giustizia” bekannt ist. Laut Finanztransparenzsystem der EU liefen zwischen 2015 und 2022 vier Verträge zwischen der Kommission und der NGO. Dabei wurden Mittel in Höhe von 4,14 Millionen Euro vereinbart. Abgerufen wurden davon demnach 3,79 Millionen Euro. Eingebunden waren der Dienst für außenpolitische Instrumente, die Generaldirektionen für Nachbarschaftspolitik sowie die für Justiz.

    Die NGO “La Palabre”, die ebenfalls in der Rue Ducale 41 einen Briefkasten hat, hat CONT zufolge weitere rund 625.000 Euro bekommen. Im Finanztransparenzsystem der Kommission lässt sich das nicht nachvollziehen.

    Untersuchung eingeleitet

    Der Ausschuss CONT hat nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals eine Untersuchung eingeleitet, ob die verdächtigten NGOs EU-Gelder bekommen haben. Markus Pieper (CDU), Mitglied im CONT: “Wir wissen nicht, was die der Beteiligung an bandenmäßiger Korruption verdächtigten NGOs mit dem Geld der EU-Steuerzahler gemacht haben.” Es sei völlig intransparent, wo das Geld geblieben sei. “Es ist ein Skandal, dass es keine Beleg- und Berichterstattungspflichten für Mittel gibt, die NGOs von der Kommission und ihren Agenturen bekommen.”

    Pieper bemängelt zudem, dass einer NGO, die nicht im Transparenzregister des Europaparlaments eingetragen ist und zum Netzwerk von Panzeri zählt, im Menschenrechtsausschuss DROI wiederholt Rederecht eingeräumt wurde. Es gebe Videos von Redebeiträgen bei Sitzungen des EP-Unterausschusses vom 10. Mai 2022 und vom 11. Dezember 2020.

    Verantwortlich für die Kontrolle der Redner sind aus Piepers Sicht die Parlamentsbeamten der Ausschusssekretariate. Hier müsse es künftig einen “Transparenzverantwortlichen” geben. Dann hätte der Korruptionsfall “so nicht ins Parlament” getragen werden können.

    Pieper, der im Auftrag des CONT derzeit eine Sonderstudie zur Finanzierung von NGOs erarbeitet und die Ergebnisse zu einem Initiativbericht des EP ausbauen will, sagt: “Wenn die bestehenden Regeln konsequent angewendet und die Finanzierung sowie Organisation der NGOs vorher offengelegt worden wären, hätten ihre Mitarbeiter nie unter dem Dach des Europaparlaments reden und agieren dürfen.”

    NGO-Gesetz soll Details regeln

    Pieper fordert Konsequenzen aus dem Korruptionsfall für den Umgang mit NGOs im Parlament. Es dürfe keinen Zutritt für nicht registrierte Interessenvertreter und NGOs geben. Die CDU/CSU-Gruppe hat einen Katalog von Kriterien erarbeitet, den NGOs für die Registrierung erfüllen müssen:

    • alle EU-Mittel, die eine NGO bekommt, müssen rückverfolgbar sein – vom direkten Empfänger bis zum letzten Begünstigten
    • wenn eine NGO von einer anderen NGO finanziert wird, die nicht registriert ist, muss sie die Geldgeber offenlegen
    • Organisation der NGO muss demokratischen Prinzipien genügen

    Außerdem fordert Pieper, dass die Kommission die Verträge mit NGOs veröffentlicht und transparent machen soll, welche politischen Ziele dem Vertrag zufolge die NGO verfolgt. Die EU soll ein NGO-Gesetz bekommen, in dem ähnlich wie im Abgeordneten- oder Parteienstatut Rechte und Pflichten festgehalten sind.

    • EU-Haushalt
    • Europäische Kommission
    • Europäisches Parlament
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    • Korruption

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    Weber ruft EU zu Schulterschluss gegen China auf

    Angesichts des Streits zwischen Washington und Peking über einen mutmaßlichen chinesischen Spionageballon über US-Gebiet hat EVP-Chef Manfred Weber die EU zum Schulterschluss mit den USA aufgerufen. “Die neuen offensichtlichen Spionageaktionen Chinas gegenüber den USA geben Grund zur Sorge”, sagte Weber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das Verhalten der chinesischen Führung gegenüber westlichen Staaten werde “deutlich aggressiver”. Im “Systemwettbewerb mit China” müsse “die freie Welt” nun die Kräfte bündeln, forderte er.

    “Ein enger Schulterschluss zwischen den USA und der EU sowie weiteren Verbündeten ist unabdingbar. Nur so wird man den zunehmend aggressiven Giganten in Asien eindämmen können”, sagte der Chef der Europäischen Volkspartei weiter. Die Europäische Union müsse erkennen, dass sie auch in Asien Verantwortung habe. Vor allem müssten sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame China-Strategie einigen. “Wir dürfen unsere amerikanischen Freunde mit ihren Partnern dort nicht alleine lassen.”

    Das US-Militär schoss am Samstag einen chinesischen Beobachtungsballon ab, der tagelang über die USA geflogen war. Die USA bezichtigten China der Spionage mit dem Ballon. Peking protestierte am Sonntag gegen die “offensichtliche Überreaktion” und wies die Vorwürfe erneut zurück. dpa

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    Zypern-Wahl: Konservativer und Linker gehen in die Stichwahl

    Im Rennen um das Präsidentenamt des EU-Mitglieds Zypern geht neben dem konservativen Favoriten Nikos Christodoulidis überraschend der linke Politiker Andreas Mavrogiannis in die Stichwahl am 12. Februar. Während Ex-Außenminister Christodoulidis in der ersten Wahlrunde am Sonntag mit 32 Prozent der Stimmen erwartungsgemäß vorne lag, schnitt Mavrogiannis, der ebenfalls Diplomat ist, mit einem Anteil von 29,6 Prozent stärker ab als erwartet.

    Mavrogiannis wird von der links gerichteten AKEL-Partei unterstützt. Christodoulidis ging als unabhängiger Bewerber gegen den Kandidaten seiner rechtsgerichteten DISY-Partei ins Rennen. Der DISY-Kandidat Averof Neofytou, der vom amtierenden Präsidenten Nikos Anastasiades als Nachfolger empfohlen worden war, verpasste hingegen den Einzug in die zweite Wahlrunde. Anastasiades durfte nach seiner fünfjährigen Amtszeit nicht mehr antreten.

    Vor dem künftigen Präsidenten liegen Herausforderungen wie eine Wiederaufnahme der Gespräche zur politischen Wiedervereinigung der beiden Inselteile sowie Migration, Arbeitskonflikte und Korruptionsskandale. Nach dem Militärputsch in Griechenland 1974 war mit Unterstützung der Türkei in Nordzypern ein eigener, international nicht anerkannter Staat ausgerufen worden. rtr

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    Wolfsschutz: Streit um Brief der Umweltminister

    Nachdem sich zwölf EU-Umweltminister vergangene Woche in einem Brief gegen Ausnahmeregelungen zum Abschuss von Wölfen gestellt hatten, fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Norbert Lins (EVP), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament (AGRI) bezeichnete den Brief als einen “Angriff auf den ländlichen Raum”. Er unterstützt die Lockerungen der Abschussregelungen von Wölfen, die sich in der Nähe von Menschen und Tieren aufhalten.

    Die Mehrheitsentscheidung des Europäischen Parlaments habe gezeigt, dass Europa nicht an den veralteten Regeln festhalten will, sondern Schutz und Sicherheit von Menschen und Nutztieren Priorität habe. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstütze das Vorhaben für Ausnahmeregelungen vom Wolfsschutz, so Lins.

    Parteikollege und umweltpolitischer Sprecher der EVP, Peter Liese, betonte, dass auch “viele Grüne, auch viele Biobauern” ein strengeres Wolfsmanagement unterstützen, da die Weidetierhaltung und die Biodiversität in Gefahr seien. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ist unter den Unterzeichnern des Briefes, was Liese als “Schock” bezeichnete.

    “Habitat-Richtlinie bietet bereits Flexibilität”

    S&D-Umweltpolitikerin Delara Burkhardt befürwortet dagegen den Brief, der sich den “Angstmachern” entgegenstelle, “die im Europäischen Parlament von der konservativen Fraktion rund um die CDU/CSU angeführt werden”. Die Rückkehr des Wolfes sei eine Erfolgsgeschichte der europäischen Artenschutzpolitik, doch er habe noch keinen guten Erhaltungszustand erreicht. Der Schutzstatus des Wolfs solle deshalb nicht geändert werden, sagt Burkhardt.

    “Die Habitat-Richtlinie der EU bietet bereits die Flexibilität und die Instrumente für Einzelfallentscheidungen, um einzelne Problemwölfe entnehmen zu können und so die Koexistenz zwischen Menschen und Wölfen zu gewährleisten.” Zudem könnten aus EU-Fördermitteln Mittel für Präventionsmaßnahmen für Landwirte und Landwirtinnen finanziert werden, so die SPD-Politikerin zu Table.Media. luk

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    Projektion für EU-Wahl: Zuwachs für EVP und Renew

    In einer Projektion für die nächste Europawahl legen die christdemokratische Parteienfamilie EVP und die liberale Renew-Fraktion leicht zu. Grüne, Sozialdemokraten und Linke verlieren etwas in der neusten Ausgabe der Studie “wenn am nächsten Sonntag Europawahl wäre”.

    Der Politikwissenschaftler Manuel Müller analysiert für seine Reihe alle acht Wochen Meinungsumfragen in allen 27 Mitgliedstaaten und erstellt daraus eine Prognose für die Zusammensetzung des Europaparlaments. Das nächste Parlament wird im Mai 2024 gewählt. Es ist die erste Umfrage seit Bekanntwerden des Korruptionsskandals im Europaparlament.

    Seit der letzten Umfrage im Dezember würde die EVP in der Projektion von 166 auf 168 Sitze zulegen, die Renew-Fraktion könnte von 93 auf 96 Abgeordnete anwachsen. Die Sozialisten würden einen Sitz verlieren und auf 135 Abgeordnete kommen. Die Grünen würden zwei Sitze einbüßen und nur noch auf 42 Abgeordnete kommen, die Fraktion der Linken würde einen Sitz verlieren und auf 50 Abgeordnete kommen. Die Fraktion der Konservativen und Reformer (EKR) würde einen Sitz verlieren und noch 78 Abgeordnete stellen, die Rechtsradikalen (ID) würden von 64 auf 65 Sitze zulegen können. Insgesamt hat das Europaparlament 705 Abgeordnete. mgr

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    DUH: Gasheizungen könnten weiterlaufen

    Nach der informellen ITRE-Einigung zur Gebäuderichtlinie (EPBD) warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor einem Schlupfloch für fossile Heizungen. Vergangene Woche hatten sich die Berichterstatter auf eine Fassung geeinigt, die diesen Donnerstag im Industrieausschuss angenommen werden soll. Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie soll demnach ein Einbauverbot für fossile Heizungen gelten. Ausgenommen sein sollen allerdings Hybridheizungen und sogar Kessel, die “für erneuerbare Brennstoffe zertifiziert” sind.

    “So allgemein, wie es im Text steht, könnte sogar Biomethan unter diese Definition fallen und mit Biomethan können sämtliche bereits installierten Gasheizungen betrieben werden“, sagt Elisabeth Staudt von der DUH. Sie befürchtet, dass das Abheben auf die reine Zertifizierung in der EU-Richtlinie sogar die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) unterminieren könne.

    Die Koalition in Berlin hatte sich darauf geeinigt, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Dies hätte ein weitgehendes Einbauverbot für neue Gasheizungen zur Folge. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) bestätigte auf Anfrage, dass “jede Gasheizung auch mit Biomethan betrieben werden” kann. “Dies betrifft rund 14 Millionen Anlagen in Deutschland“, sagte ein Sprecher. ber

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    Breton fordert Regulierung für ChatGPT

    Die Europäische Union will möglichen Gefahren durch die Verbreitung Künstlicher Intelligenz (KI) mit Gesetzen begegnen. “Wie von ChatGPT aufgezeigt, können KI-Lösungen große Chancen für Unternehmen und Bürger bieten, aber auch Risiken bergen“, sagte EU-Industriekommissar Thiery Breton am Freitag. “Deshalb brauchen wir einen soliden Rechtsrahmen, um vertrauenswürdige KI auf der Grundlage hochwertiger Daten zu gewährleisten.”

    Der Chatbot ChatGPT ist eine Software der Firma OpenAI, die eine Konversation mit echten Menschen simuliert. Er kann außerdem auf Grundlage weniger Stichworte komplette Texte erstellen, zum Beispiel eine Hausarbeit. Diese lassen sich nur schwer als nicht vom Menschen verfasst identifizieren. Allerdings wirft ChatGPT gelegentlich auch faktisch Falsches aus. Seit November kann das Programm kostenlos getestet werden.

    Binnen zwei Monaten knackte es einer Studie zufolge die Marke von 100 Millionen aktiven Nutzern, so schnell wie keine andere Software zuvor. Daher sicherte sich Microsoft für zehn Milliarden Dollar knapp die Hälfte an OpenAI. Der US-Softwarekonzern will ChatGPT in seine Suchmaschine Bing und die Videokonferenz-Plattform Teams integrieren. rtr

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    Russisches Erdöl: EU einigt sich auf Preisdeckel TAGESSPIEGEL
    EU liefert 35 Millionen Energiesparbirnen an Ukraine N-TV
    EU-Ukraine-Gipfel: Ursula von der Leyen in Kiew – Der Balanceakt der Krisenmanagerin AUGSBURGER-ALLGEMEINE
    EU-Ukraine-Gipfel: “Nicht verzögern, sondern integrieren” – Botschafter sieht klares Signal für Mitgliedschaft MERKUR
    Scholz: Keine Sonderregeln für Ukraine bei EU-Beitritt ORF
    Ballon-Affäre: Weber ruft EU zu Schulterschluss mit USA gegen China auf ZEIT
    Kampfpanzer für die Ukraine: Die EU stellt eine militärische Allianz zusammen STERN
    EU will mehr Flüchtlinge abschieben: Stacheldraht als letzte Mittel STUTTGARTER-NACHRICHTEN
    Präsidentenwahl auf Zypern wird bei Stichwahl entschieden STERN
    Wahlen in Monaco: Das Fürstentum auf dem Weg Richtung EU EURONEWS
    Serbien: Werden mit EU über Kosovo reden RHEINPFALZ
    Industriepolitik: EU-Ratspräsident Charles Michel rudert in Schuldendebatte zurück FAZ
    EU-Reform beschäftigt Landwirte – alles Öko oder was? NDR
    Fair Share: EU klopft angeblich Daten-Maut ab STADT-BREMERHAVEN
    Microsoft-Activision-Deal: EU spricht kartellrechtliche Warnung aus DERSTANDARD
    Italy warns hackers targeting known server vulnerability REUTERS

    Heads

    Emma Wiesner – Ein Technologie-Nerd im Parlament

    Emma Wiesner, EU-Abgeordnete für Renew aus Schweden, Schattenberichterstatterin bei den ETS-Verhandlungen.

    Um kurz vor zwei gab es in der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember 2022 Sekt aus Kaffeetassen: Parlament, Rat und Kommission hatten sich im Rahmen der Trilog-Verhandlungen auf die neuen Regeln für das europäische Emissionshandelssystem (ETS) geeinigt. Emma Wiesner aus der liberalen Renew-Fraktion hatte für das Parlament mitverhandelt. Die Schwedin war Schattenberichterstatterin für die ETS-Reform. Wiesner hat sich unter anderem dafür eingesetzt, dass Müllverbrennungsanlagen in Zukunft unter das ETS fallen.

    Ein Streitpunkt zwischen Parlament und Mitgliedsstaaten war ein möglicher Preisdeckel für den neuen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2). Geeinigt haben sich die Verhandlerinnen und Verhandler im Trilog auf einen Preisstabilitätsmechanismus. “Ich war diejenige, die diesen Namen erfunden hat”, sagt Wiesner. “Das ist ein sehr gutes Gefühl.”

    Der Mechanismus im ETS 2 sorgt dafür, dass 20 Millionen zusätzliche Zertifikate freigegeben werden, wenn der Preis pro Tonne CO₂ über 45 Euro liegt. Dies soll den neuen Emissionshandel sozial verträglicher machen und verhindern, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zu stark durch den CO₂-Preis belastet werden.

    Grün und liberal

    Seit sie 13 ist, engagiert sich Wiesner in der Politik. “Ich wollte die Welt für das Klima ändern“, sagt die 30-Jährige heute. Sie wird Ingenieurin, studiert Energietechnik und schreibt das Umweltprogramm der Studierendenorganisation ihrer Partei, der grün-liberalen Centerpartiet. Sie arbeitet als Energiemarktanalystin und für ein schwedisches Batterie-Start Up, bevor sie 2019 für einen Sitz im EU-Parlament kandidiert. Wiesner verpasste den direkten Einzug ins Parlament zwar, rückte Anfang 2021 jedoch für den ausgeschiedenen Abgeordneten Fredrick Federley nach.

    Die Schwedin vertritt grüne und marktliberale Positionen. Als Ingenieurin ist sie optimistisch, wenn es um umweltfreundliche Technologien geht. “Ich bin ein Nerd”, sagt sie. Sie wolle lieber herausfinden, welche Technologie, welche Maßnahme die beste ist. Im Parlament muss sie Kompromisse aushandeln: “Manchmal ist das sehr frustrierend.”

    Stolz, aber nicht zufrieden

    Für die neuen ETS-Regeln habe sie vier Verhandlungsphasen durchgemacht, sagt Wiesner. Zuerst um ihre eigene, persönliche Position. Dann innerhalb der Renew-Fraktion: “Es ist gar nicht so einfach, Liberale aus ganz Europa dazu zu bringen, sich auf etwas zu einigen.” Es folgten harte Verhandlungen mit den anderen Fraktionen im Parlament, um schließlich zusammen mit Rat und Kommission im Trilog zu verhandeln – als Team, wie Wiesner betont. An dem besagten Samstag im Dezember gab es morgens bei ihr zu Hause Pfannkuchen mit Mohammed Chahim und Michael Bloss, bevor es in die nächste Verhandlungsrunde ging.

    Zum Ergebnis des ETS-Trilogs sagt sie: “Ich bin stolz, aber zufrieden bin ich nicht.” In diesem Jahr will sie sich dafür einsetzen, dass in Zukunft alle Produkte einen CO₂-Fußabdruck tragen. “Dank des ETS weiß die Industrie jetzt, was sie ausstößt.” Wiesner will, dass dieses Wissen bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommt: “Das ist ein fundamentales und sehr mächtiges Recht.” Jana Hemmersmeier

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