Table.Briefing: Europe

Lieferkettengesetz + Regulierungspause + Gebäuderichtlinie

Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern und heute treffen sich die Verkehrs- und die Digitalminister der EU in Luxemburg. Volker Wissing ist wegen seines Ressortzuschnitts an beiden Tagen gefragt. Beim Verkehrsrat gestern reichte die Themenpalette vom grenzüberschreitenden Austausch von Strafzetteln bis zur Euro-7-Abgasnorm. Mein Kollege Lukas Scheid weiß mehr.

Heute wird sich der Rat mit drei zentralen neuen Vorschlägen zur digitalen Transformation befassen: Gigabit Infrastructure Act, Interoperable Europe Act, Cyber Resiliance Act. Diskutieren werden die Minister – hinter verschlossenen Türen – auch über die Zukunft des Konnektivitätssektors, zu der die Kommission Mitte Mai eine Konsultation abgeschlossen hat.

Zu den Streitpunkten gehört eine mögliche Netzwerkabgabe als Beitrag zur Finanzierung des Netzausbaus. Deutschland hat hier eine klare Position: So ein Eingriff in bilaterale Verträge sei nur bei Marktversagen gerechtfertigt und das sei nicht zu erkennen. Frankreich, personifiziert von Kommissar Thierry Breton, sieht das anders. Es könnte also hitzig werden.

Weitere Themen auf der Agenda sind die europäische elektronische Identität (eIDAS), die E-Privacy-Verordnung, die seit Jahren nicht vorankommt, und der Data Act. Letzterer befindet sich gerade im Trilog. Ein Streitthema für das nächste Treffen noch in diesem Monat: der Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die Schweden streben an, den Trilog noch abzuschließen. Ob das gelingt, ist offen.

Die Spanier, die im Juli die Ratspräsidentschaft übernehmen, scheinen das den Schweden aber zuzutrauen. Im Arbeitsprogramm, das sie den Mitgliedern des Telekommunikationsrats vorlegen, kommt sehr viel KI vor, der Data Act aber gar nicht mehr.

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Ihre
Corinna Visser
Bild von Corinna  Visser

Analyse

Due Diligence: Parlament bereit für Verhandlungen

Am Ende fiel die Abstimmung deutlich aus: Mit 366 zu 225 Stimmen bei 38 Enthaltungen hat das EU-Parlament gestern Vormittag den Bericht über das Sorgfaltspflichtengesetz angenommen. Damit will es Unternehmen gesetzlich verpflichten, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und zu verhindern, zu beenden oder abzumildern.

Bis zuletzt hatten Zweifel daran bestanden, ob genügend Stimmen aus dem konservativen und liberalen Lager zusammenkommen würden und ob die EVP das Gesetz kippen könnte. Nach der EVP-Fraktionssitzung am Mittwoch hatte sich dann jedoch abgezeichnet, dass die CDU/CSU-Gruppe nicht genügend Unterstützung für ihren Plan erhalten würde, den Bericht abzulehnen. Damit hat das Parlament unter der Federführung von Lara Wolters (S&D) sein Mandat für die Verhandlungen mit dem Rat beschlossen und den Kommissionsentwurf deutlich nachgeschärft.

Direktorenklausel erhält keine Mehrheit

Es war eine lange Abstimmung, schließlich standen rund 50 Änderungsanträge auf der Agenda. Die am Ende beschlossene Fassung entspricht bis auf eine Ausnahme der vom Rechtsausschuss verhandelten Position: Artikel 26, die sogenannte Direktorenklausel, erhielt keine Mehrheit. Zwar bleibt durch den angenommenen Artikel 25 eine Pflicht des Unternehmensmanagements und Verstöße können nach nationalem Recht geahndet werden. Jedoch entfällt die Verpflichtung der Manager, die Aufsicht über die Umsetzung des Gesetzes zu übernehmen und die Strategie des Unternehmens danach auszurichten. Manager haften also nicht, wenn sie das Gesetz nicht richtig umsetzen.

Darüber hinaus einigte sich das Parlament unter anderem auf die folgenden Vorgaben:

  • Unternehmen ab 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit einem Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Euro sind betroffen
  • ebenso Unternehmen, die diesen Wert nicht erreichen, aber Teil einer Muttergesellschaft eines Konzerns mit mindestens 500 Beschäftigten und 150 Millionen Jahresumsatz sind
  • je nach Größe des Unternehmens gilt eine verzögerte Anwendung von drei bis fünf Jahren
  • keine spezifischen Schwellenwerte für Unternehmen aus Risikosektoren, sondern Entwicklung von sektorspezifischen Leitlinien für folgende Sektoren: Textilien, Bergbau und Gewinnung von Rohstoffen, Landwirtschaft, Energie, Bausektor und Finanzsektor
  • Regeln gelten für die vor- und die nachgelagerte Lieferkette
  • Unternehmen haften für durch sie verursachte Schäden, die sie hätten verhindern können (jedoch nur, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten nicht verantwortungsvoll umgesetzt haben)
  • Pflicht einer zusätzlichen Konfliktanalyse für Unternehmen mit Zulieferern in bewaffneten Konflikten oder fragilen Situationen nach einem Konflikt, in besetzten und/oder annektierten Gebieten sowie in Gebieten mit schwacher oder nicht vorhandener Staatlichkeit
  • neuer Artikel über sinnvolles Engagement mit Interessengruppen während der Sorgfaltspflichtsprüfung
  • offene statt geschlossener Liste geeigneter Maßnahmen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht

Obligatorische Pläne für Klimaneutralität

Die Gruppe der CDU/CSU stimmte wie angekündigt dagegen. Damit stellte sie sich auch gegen ihren Parteikollegen Axel Voss, der als Schattenberichterstatter versucht hatte, einen für die EVP hinnehmbaren Kompromiss auszuhandeln. Auch die deutschen und tschechischen Renew-Abgeordneten stimmten gegen den Bericht, jedoch als einzige in der liberalen Fraktion.

Axel Voss sprach von einer “sehr schwierigen Situation” für seine Partei: Einerseits fühle man sich natürlich den Zielen des Gesetzes verpflichtet. Andererseits gehe das Ausmaß der Belastungen für die Unternehmen weit über die Position der EVP hinaus. Für seine Partei sei zudem mit Blick auf die anstehende Europawahl wichtig gewesen, sich abzugrenzen und eine klare Position zu beziehen.

“Trotz des immensen Drucks der Industrielobby und gegen den Widerstand vieler Konservativer hat das Parlament den Kommissionsvorschlag in vielen Bereichen nachschärfen können“, kommentierte Anna Cavazzini (Grüne/EFA) die Abstimmung.

Die zivilgesellschaftliche Initiative Lieferkettengesetz begrüßte den risikobasierten Ansatz des Gesetzes und die Anwendung auf die gesamte Wertschöpfungskette. “Beides schafft die Voraussetzungen dafür, Menschenrechte und Umwelt dort zu schützen, wo es am schlechtesten um sie bestellt ist: am Beginn der Lieferkette”. Der Bericht berge ein enormes Potenzial für das Klima, erklärte Patrizia Heidegger vom European Environmental Bureau (EEB): “Die Klimatransitionspläne der Unternehmen werden obligatorisch sein, auf der Grundlage strengerer Kriterien bewertet werden und kurz-, mittel- und langfristige Ziele enthalten”. Der Standpunkt des EU-Parlaments stelle in diesem Bereich erhebliche Verbesserungen gegenüber den Vorschlägen der Kommission und des Rates dar.

Verhandlungen mit dem Rat beginnen kommende Woche

Die Reaktionen aus der Industrie fielen erwartbar negativ aus: “Das Europäische Parlament hat es versäumt, praktikable Regeln für die Sorgfaltspflicht aufzustellen”, erklärte Markus Beyrer, Generaldirektor von BusinessEurope. Der Verband habe Sorge vor “zu strengen Vorschriften mit reinem Strafcharakter, die nicht zwischen Verfahrensfehlern und tatsächlichem Schaden unterscheiden” und am Ende dazu führen könnten, dass europäische Unternehmen aus Drittländern verdrängt werden.

Der erste Trilog soll in der kommenden Woche, am 8. Juni, stattfinden. Die Abgeordneten rechnen mit schwierigen Verhandlungen, da der Rat ein sehr viel weniger ambitioniertes Mandat beschlossen hat. Insbesondere die Frage der zivilrechtlichen Haftung könnte für Streit sorgen, da diese eigentlich eine Kompetenz der Mitgliedstaaten sei, erklärte Axel Voss. Bislang gebe es kein europäisches Haftungsregime. Auch der Anwendungsbereich könnte ein Konfliktpunkt zwischen den Verhandelnden aus Rat und Parlament werden, da die Mitgliedstaaten Unternehmen nicht zusätzlich belasten wollen.

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EVP sucht nach Mehrheiten für Regulierungspause

Die Mehrheit für den Wolters-Bericht zum EU-Lieferkettengesetz fiel denn doch deutlicher aus, als viele erwartet hatten – Daniel Caspary und Angelika Niebler wohl eingeschlossen. Die beiden Co-Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament hatten sich innerhalb der EVP-Fraktion dafür eingesetzt, den im Rechtsausschuss ausgehandelten Kompromiss geschlossen abzulehnen – und das Gesetzesvorhaben so möglichst zu Fall zu bringen. Knapp 50 christdemokratische Abgeordnete aber zogen nicht mit: Sie stimmten für den Kompromiss von Berichterstatterin Lara Wolters (S&D), ebenso wie die allermeisten Abgeordneten der liberalen Renew-Fraktion.

So scheiterte der Anlauf, das bei der Industrie unbeliebte Sorgfaltspflichtengesetz aufzuhalten und auf diesem Weg das von der EVP geforderte Regulierungsmoratorium durchzusetzen. “Leider trägt das Lieferkettengesetz in seiner jetzigen Form nicht zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei”, kommentierten Niebler und Caspary gestern die Abstimmung.

Wichtiger Test gescheitert

Das Votum war ein wichtiger Testlauf für den neuen Kurs der Christdemokraten. Die bisherigen Gesetzesvorhaben zum Green Deal hatte die EVP mitgetragen, teils mit erheblichen Änderungswünschen, wie zu Beginn der Legislaturperiode 2019 mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) verabredet. Inzwischen aber stellen sie sich – angeführt von CDU und CSU – bei einer Reihe von Dossiers quer: Caspary nennt das Naturschutzpaket, die Gebäuderichtlinie und die neue Abgasnorm Euro 7 (dazu finden Sie weitere Artikel in dieser Ausgabe).

Es gehe CDU und CSU nicht darum, den Green Deal aufzuhalten, beteuert der CDU-Politiker. “Aber wir sehen, dass insbesondere der Timmermans-Teil der Kommission politische Ziele wie Biodiversität mit teils drei, vier unterschiedlichen Instrumenten adressieren will, die sich teils auch noch widersprechen.” Hier sei es “dringend angebracht, innezuhalten und die Dinge neu zu sortieren”. Die EVP stehe mit dieser Forderung längst nicht alleine, argumentiert Caspary: Er verweist auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Belgiens Premier Alexander de Croo, die sich für eine Regulierungspause ausgesprochen hatten – allerdings eher mit Blick auf die nächste Legislaturperiode.

Auf Unterstützung von Renew angewiesen

Um die genannten Gesetzesvorhaben zu stoppen, sind die Christdemokraten aber auf Unterstützung in der politischen Mitte des Europaparlaments angewiesen, insbesondere in der Renew-Fraktion. Die Unterstützung der nationalkonservativen EKR und der Rechtsaußen-Fraktion ID reicht nicht für eine eigene Mehrheit.

Bei den Liberalen trifft der neue EVP-Kurs aber – zumindest jenseits der FDP – auf wenig Gegenliebe: “Kaum jemand bei uns ist bereit, dem Narrativ der EVP zu folgen”, heißt es in der Renew-Fraktion. Die Christdemokraten strebten in Wahrheit keine Regulierungspause an, sondern eine Revision des Green Deal. Mit dieser Botschaft aber wollten nur wenige Parteien im anstehenden Europawahlkampf in Verbindung gebracht werden.

“Wird nicht gelingen, Renew zu spalten”

Bei der Abstimmung zum Lieferkettengesetz hätten die Christdemokraten darauf gesetzt, die industriefreundlichen Delegationen innerhalb von Renew auf ihre Seite zu ziehen, heißt es bei den Liberalen. Die Fraktion sei aber längst nicht so zersplittert wie angenommen. “Der EVP wird es nicht gelingen, Renew zu spalten.”

Das bedeutet allerdings nicht, dass die drittgrößte Fraktion im EP bei einigen Dossiers nicht doch mit der EVP stimmt. Beim heftig umstrittenen Renaturierungsgesetz etwa stimmten die Liberalen im Fischereiausschuss und im Agrarausschuss mehrheitlich gegen das Gesetz. Renew-Schattenberichterstatterin Soraya Rodríguez Ramos blieb im Umweltausschuss aber am Verhandlungstisch, anders als ihre EVP-Kollegin Christine Schneider. Die Abstimmung im ENVI ist für den 15. Juni angesetzt, das Votum im Plenum soll im Juli folgen.

Pestizide als nächster Test

Ein ähnliches Szenario zeichnet sich bei der Pestizide-Verordnung ab. Der umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese, erklärte vergangene Woche zwar, man werde den Kommissionsvorschlag nicht in Gänze zurückweisen. Jedoch müsste der Berichtsentwurf von Grünen-Berichterstatterin Sarah Wiener “fundamental geändert werden”, damit die EVP zustimmen könne. Damit deuten die Zeichen auch hier auf eine Blockade und es hinge abermals an Renew, der einen oder anderen Seite zur Mehrheit zu verhelfen. Deren Schattenberichterstatter Jan Huitema hat sich hier noch nicht klar positioniert.

Die Christdemokraten monieren, dass die Naturschutzgesetze der Kommission die Existenz der Landwirte sowie die Nahrungsmittelsicherheit in Europa gefährden. Ähnliches hätte auch für die Industrieemissionsrichtlinie gegolten, allerdings stellte die EVP hier den Berichterstatter, der Mehrheiten im Sinne der EVP schmieden konnte und strengere Emissionsauflagen für große landwirtschaftliche Betriebe verhinderte.

Dabei haben es die Christdemokraten aber nicht nur auf den Agrarsektor abgesehen. Auch bei der neuen Euro-7-Abgasnorm für Fahrzeuge will die Fraktion – angeführt von der deutschen CDU/CSU-Gruppe – gegen strengere Grenzwerte und Testmethoden stimmen. Allerdings geht die Blockade hier nicht nur von der EVP aus: Auch im Rat gibt es große Gegenwehr (mehr dazu in den News). Till Hoppe und Lukas Scheid

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Geywitz will Gebäuderichtlinie nachbessern

Kurz vor Beginn des Trilogs zur Gebäuderichtlinie am kommenden Dienstag hat die Bundesregierung noch keine abgestimmte Verhandlungsposition. Allerdings prescht Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mit der Forderung vor, das Mandat gegenüber der allgemeinen Ausrichtung des Rates vom Oktober abzuändern.

Man sehe “Nachbesserungsbedarf“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Dies betreffe zum einen die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS), also die Details zum umstrittenen “Sanierungszwang”. Außerdem kritisiert das Ministerium den Standard für Nullemissionsgebäude – also das Langfristziel der EU für die Sanierung des gesamten Gebäudebestandes in Richtung Klimaneutralität.

Türöffner für Wasserstoff zum Heizen

“Dies betrifft beispielsweise die Hauptanforderungsgröße Primärenergiebedarf. Aus Sicht der Bundesregierung wäre die Öffnung für andere Kriterien wünschenswert, da sie sich mit dem Koalitionsvertrag vorgenommen hat, die Anforderungssystematik stärker auf Treibhausgas-Emissionen auszurichten“, erklärte Geywitz’ Sprecherin weiter. Wenn der CO₂-Ausstoß die entscheidende Größe werden soll, lässt sich dies aber auch als Türöffner für das Heizen mit Wasserstoff oder synthetischem Methan verstehen – gehen doch bei der Herstellung laut Öko-Institut 30 bis 40 Prozent der Primärenergie verloren.

Strengere Effizienzvorgaben hatte die Bauministerin Mitte Mai gleich komplett infrage gestellt. Wenn Deutschland kurzfristig ein Einbauverbot für fossile Heizungen einführe, sei bereits viel für die Dekarbonisierung erreicht. “Ich bin nicht überzeugt, dass wir dann auch noch gleichzeitig alles unternehmen müssen, um auch noch jedes Gebäude möglichst energieeffizient zu machen“, zitierte die “FAZ” die Ministerin bei einer Rede vor Immobilienmanagern.

Geywitz denkt über Quartiersansatz nach

Damit ging die SPD-Politikerin noch über kritische Äußerungen wenige Wochen zuvor hinaus. Ein Gastbeitrag für die “Welt” ließ sich so interpretieren, dass sie energetische Standards womöglich weder auf einzelne Gebäude, wie Kommission und Parlament es fordern, noch auf den nationalen Gebäudebestand, wie der Rat es will, beziehen möchte, sondern auf Quartiere.

Für den Quartiersansatz hatten sich bereits Brüsseler Unions- und FDP-Politiker ausgesprochen. Mehrere Abgeordnete hatten vor der Positionierung des EU-Parlaments einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, darunter der Liberale Andreas Glück, der das Sanierungstempo aus der Richtlinie generell für überzogen hält. “In zehn Jahren müssten 55 Prozent des europäischen Gebäudebestandes saniert werden”, sagt der Abgeordnete. “Wir haben aber nicht nur den Fachkräftemangel, es ist auch schwierig an Baumaterial zu kommen.”

Grüne: Quartiersansatz sozial unausgewogen

Der grüne Berichterstatter des Parlaments, Ciarán Cuffe, ist weiter ein strikter Gegner von energetischen Standards auf Ebene ganzer Stadtviertel. “Ich lehne die Anwendung eines Quartiersansatzes für Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz ab, weil dies für sozial schwache Haushalte katastrophal wäre”, sagt der irische Abgeordnete. “Dies würde gezielte Maßnahmen für die Gebäude mit den schlechtesten Energiestandards in einem Quartier verhindern und schutzbedürftige Haushalte zur Energiearmut verdammen.”

Die FDP beharrt aber darauf, die Ziele von Parlament und Kommission im Trilog abzuschwächen. “Das muss geändert werden, wenn die Bundesregierung zustimmen soll“, sagte Parteichef und Finanzminister Christian Lindner vor Kurzem der “Wirtschaftswoche“. Sein Credo: “Weitere Steigerungen” der energetischen Anforderungen seien nicht tragbar. Das grün geführte Wirtschaftsministerium wehrt sich aber offensichtlich dagegen, den Status quo festzuschreiben. Ziel seien lebensnahe Regelungen, die “niemanden überfordern” und gleichzeitig die Klimaneutralität sicherstellen, sagt eine Sprecherin.

FDP-Abgeordneter: Andere Staaten sollen zuerst sanieren

Bei den Liberalen geht dagegen die Angst um, über die Gebäuderichtlinie der EU könnten Anforderungen greifen, die sie den Grünen auf nationaler Ebene mühsam aus dem Gebäudeenergiegesetz herausverhandeln. In Berlin drängt die FDP auf eine Einigung noch vor den EU-Wahlen Mitte 2024. Kaum ein EU-Mitgliedsland wolle den Streit um milliardenteure Sanierungen in den Wahlkampf tragen, sind mehrere Liberale überzeugt.

Konkrete Änderungswünsche hat der Brüsseler FDP-Abgeordnete Glück. Am liebsten wäre dem Liberalen, wenn der Klimaschutz im Gebäudesektor dem ETS 2 überlassen bliebe. Im Detail stört ihn an der Gebäuderichtlinie der Ansatz der Kommission, die Effizienzklassen nicht europaweit einheitlich zu definieren, sondern von Staaten mit energetisch besserem Gebäudebestand – und tendenziell wohlhabenderen Bürgern – höhere Sanierungsanstrengungen zu verlangen.

Zahlreiche Ausnahmen von Sanierungspflicht

Der Grünen-Abgeordnete Cuffe verweist dagegen auf die zahlreichen Ausnahmen, die die Parlamentsposition vorsieht. Auch wenn die Einteilung der Effizienzklassen auf deutscher und europäischer Ebene nicht eins zu eins vergleichbar ist, entspricht wohl gut die Hälfte der Wohngebäude in Deutschland bereits der Effizienzklasse D oder besser. Sie wären damit auch nach den vermeintlich strengen Anforderungen des Parlaments bis 2033 gar nicht von verschärften Sanierungspflichten betroffen.

Zusätzlich können die Mitgliedstaaten bis Ende 2036 bis zu 22 Prozent der Wohngebäude von der Sanierungspflicht ausnehmen. Eine weitere Ausnahme gilt für denkmalgeschützte Bauten. Aus Cuffes Umfeld heißt es deshalb: “Die Mindeststandards gelten also nicht für alle Gebäude, sondern nur für einen sehr begrenzten Prozentsatz des Bestands.” Mit Daniel Schmidthäussler

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EU-Monitoring

05.06.2023 – 14:30-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Task Force für Migrationsmanagement der Europäischen Kommission, Meinungsaustausch zu Berichten über angebliche Pushbacks durch die griechischen Behörden, Bericht zur Lage des Schengen-Raums 2023. Vorläufige Tagesordnung

05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Bericht 2022 der Kommission über die Türkei, Hochrangiger geopolitischer Dialog über die Umsetzung des NDICI-Global Europe Instrument. Vorläufige Tagesordnung

05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Währungsdialog mit Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank), Aussprache zu Staatshilfen: Reaktion der EU auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA). Vorläufige Tagesordnung

05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Schaffung eines Maßnahmenrahmens zur Stärkung des europäischen Ökosystems für die Herstellung von Netto-Null-Technologieprodukten, Europäischer Bericht zur Lage des Klimas 2022. Vorläufige Tagesordnung

05.06.2023 – 16:00-17:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Geopolitischer Dialog mit Jutta Urpilainen (Kommissarin für Internationale Partnerschaften). Vorläufige Tagesordnung

06.06.-09.06.2023
Mündliche EuGH-Verhandlung zum Kartell beim Handel mit europäischen Staatsanleihen
Themen: Die Kommission stellte mit Beschluss vom 20. Mai 2021 fest, dass die Investmentbank Natixis – neben sechs anderen Banken – gegen die EU-Kartellregeln verstoßen habe, da sich eine Gruppe ihrer Wertpapierhändler an einem Kartell auf dem Primär- und Sekundärmarkt für europäische Staatsanleihen beteiligt habe. Natixis und die anderen Investmentbanken hätten gegen das Verbot von Preisabsprachen verstoßen. Natixis hat den Beschluss der Kommission vor dem Gericht der EU angefochten. Klage

07.06.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Haushaltsentwurf für 2024, eine neue Agenda für Lateinamerika und die Karibik, interinstitutionelles Ethikgremium, umfassendes Konzept für die psychische Gesundheit. Vorläufige Tagesordnung

08.06.-09.06.2023
Rat der EU: Justiz und Inneres
Themen: Gedankenaustausch zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Gedankenaustausch zur Visumpolitik (Überwachung der Regelungen für visumfreies Reisen), Gedankenaustausch zu den justiziellen Aspekten der Bekämpfung der organisierten Kriminalität (wirksame Ermittlungen und Grundrechte). Vorläufige Tagesordnung

08.06.2023
EuGH-Schlussanträge zu Staatliche Beihilfen (Tax Rulings)
Themen: Mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Amazon unzulässige Steuervergünstigungen in Höhe von rund 250 Millionen Euro gewährt habe. Diese selektive Begünstigung verstoße gegen das unionsrechtliche Verbot staatlicher Beihilfen. Luxemburg und Amazon haben gegen diesen Beschluss Nichtigkeitsklagen beim Gericht der EU erhoben. Mit Urteil vom 12. Mai 2021 erklärte das Gericht den Kommissionsbeschluss für nichtig. Die Kommission hat dieses Urteil vor dem Gerichtshof angefochten. Klage

08.06.2023 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union, Meinungsaustausch mit der Delegation des Unterausschusses für Europaangelegenheiten des Haushaltsausschusses des Bundestages aus Berlin, Mobilisierung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung. Vorläufige Tagesordnung

08.06.2023 – 09:30-12:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Berichtsentwurf zum Vorschlag über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz, Berichtsentwurf zum Abbau von Ungleichheiten und Förderung der sozialen Eingliederung in Krisenzeiten für Kinder und ihre Familien, Berichtsentwurf zur Schaffung von Arbeitsplätzen (gerechter Übergang und nachhaltiges Investieren). Vorläufige Tagesordnung

11.06.-13.06.2023
Informelle Ministertagung Landwirtschaft und Fischerei
Themen: Potenzial der Landwirtschaft, zum grünen Wandel beizutragen. Infos

News

Euro 7: Wissing unterstützt Blockade von acht Mitgliedstaaten

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich hinter acht Länder gestellt, die den Kommissionsvorschlag für eine neue Euro-7-Abgasnorm für Pkw und Lkw ablehnen. Das machte er am Donnerstag in Luxemburg beim Treffen der EU-Verkehrsminister deutlich. Die Einführungstermine der neuen Norm (Juli 2025 für Pkw, Juli 2027 für Lkw) seien unrealistisch. Daher sei er der Auffassung, dass der Euro-7-Vorschlag so nicht akzeptabel sei und man sich mit “einer ganzen Reihe kritischer Mitgliedstaaten eng verbunden” sehe, erklärte Wissing.

Bulgarien, Frankreich, Italien, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn hatten vergangene Woche ein Non-Paper vorgelegt, in dem sie fordern, den Vorschlag erheblich abzuschwächen. Abgesehen von späteren Einführungsterminen wollen sie auch strengere Testregeln und Schadstoffgrenzwerte verhindern. Frankreich begründete dies am Donnerstag damit, dass “historische Investitionen” nötig seien, um das Verbrenner-Aus 2035 zu schaffen. Diese Investitionen könnten durch neue Abgasnormen aufgebraucht werden, so die Befürchtung. Euro 7 dürfe nicht dazu führen, dass das 2035er-Ziel nochmal auf den Prüfstand gestellt werde, so der französische Verkehrsminister Clément Beaune.

Deutschlands Position offiziell noch offen

Andere Länder, beispielsweise die Niederlande, fordern, dass auf dem Weg zu Null-Emissions-Fahrzeugen auch die anderen Autos “so sauber wie möglich werden müssten”. Verkehrsminister Mark Harbers wies in Luxemburg darauf hin, dass Zusatzkosten aufgrund der neuen Standards im Kommissionsvorschlag für Pkw nur rund 200 Euro pro Fahrzeug betrügen, wodurch strengere Normen zumutbar seien. Eine Analyse des europäischen Automobilherstellerverbandes (ACEA) deutet jedoch darauf hin, dass die tatsächlichen Kosten der Euro-7-Norm bis zu 10-mal so hoch sind wie von der Kommission berechnet.  

Deutschland hat das Non-Paper der blockierenden Staaten zwar nicht unterschrieben und die Haltung der Bundesregierung zum Euro-7-Dossier ist offiziell noch ungeklärt. Dass Wissing sich dennoch öffentlich so deutlich positioniert, deutet darauf hin, dass es innerhalb der Bundesregierung Meinungsverschiedenheiten bei dem Thema gibt. Federführend ist nicht das Verkehrsministerium, sondern das Umweltministerium von Steffi Lemke. Die Grünen-Politikerin unterstützt strengere Abgasnormen, fordert aber auch einen späteren Einführungstermin von Euro 7, um die Industrie nicht zu überfordern.

Klar ist auch, dass der Kommissionsvorschlag ohnehin an einer eindeutigen Sperrminorität durch die acht blockierenden Länder scheitern würde, auch ohne Deutschlands Zutun. Die Verhandlungen für einen Kompromiss gehen nun im Kreis der EU-Botschafter weiter. Der zuständige Umweltrat soll bei seiner nächsten Sitzung am 20. Juni eine allgemeine Ausrichtung beschließen. luk

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Brennstoffzellen: Abgeordnete schreiben an Vestager

Mehrere Europaabgeordnete drängen auf eine schnelle beihilferechtliche Genehmigung zur Förderung von Brennstoffzellen. Die ausstehende Entscheidung zu den vier deutschen Innovations- und Technologiezentren für Wasserstoff (ITZ) verzögere die Transformation der Automobilzulieferer und gefährde Europas Stellung im internationalen Wettbewerb, heißt es in einem Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Absender sind die EU-Abgeordneten Ismail Ertug (SPD), EVP-Chef Manfred Weber, Peter Jahr (CDU) und Matthias Ecke (SPD).

Die Innovations- und Technologiezentren hatte die Bundesregierung bereits in ihrer Wasserstoffstrategie von 2020 vorgeschlagen. Die vier ITZ sollen Mittelständlern offenstehen, um Brennstoffzellen für Autos, Flugzeuge, Schiffe und Züge zu entwickeln, zu testen und zu standardisieren. Als Standorte wurden Chemnitz, Duisburg, Pfeffenhausen und Bremen/Hamburg/Stade ausgewählt.

Das Förderkonzept habe die Bundesregierung der Generaldirektion Wettbewerb bereits im Herbst 2022 zur Genehmigung übermittelt, noch gebe es aber nicht einmal ein Datum für eine Entscheidung, beklagen die Abgeordneten in ihrem Brief. “Die ITZ-Konsortien an allen vier Standorten fordern daher die GD COMP dringend auf, die Einrichtung des ITZ zu beschleunigen, indem sie ein konformes Fördersystem bestätigt”, schreiben die Parlamentarier. Von der Wettbewerbsbehörde wollen sie wissen, wie sich der die Prüfung beschleunigen ließe. ber/luk

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Nach Kritik: EU-Kommission überarbeitet Demokratie-Paket

Die EU-Kommission verschiebt die bislang für nächste Woche geplante Vorlage des Pakets zur Verteidigung der Demokratie. Die Kommission wolle “sich mehr Zeit nehmen, um eine umfassende Konsultation durchzuführen und weitere Informationen zu sammeln”, sagte Vizepräsidentin Věra Jourová am Donnerstag im Europaparlament. So solle eine Folgenabschätzung vorgenommen werden.

Besonders die geplante Richtlinie über die Finanzierung von Interessenvertretern als Teil des Pakets hatte nicht nur im Parlament erhebliche Kritik ausgelöst. Vertreter der Zivilgesellschaft befürchten eine Richtlinie nach dem Vorbild des amerikanischen Foreign Agent Act und warnten davor, ihren Handlungsspielraum zu begrenzen.

Jourová versicherte, dass sich der eigene Vorschlag deutlich von nationalen Gesetzen für ausländische Agenten abgrenze, wie sie in Russland bereits gelten und in Georgien nach Protesten zurückgezogen wurden. “Der Ansatz unterscheidet sich in Bezug auf die Zielvorgaben, den Anwendungsbereich, die Überwachung und die Sanktionen erheblich”, sagte sie. tho

Nitrat im Grundwasser: Verfahren gegen Deutschland eingestellt

Deutschland entgeht im Streit um nitratbelastetes Wasser einer Millionenstrafe der EU. Ein entsprechendes Vertragsverletzungverfahren zur Umsetzung der Nitratrichtlinie gegen die Bundesrepublik wurde eingestellt, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit.

Am Mittwoch waren in Berlin neue Düngeregeln auf den Weg gebracht worden. Diese entsprächen den Vorgaben der EU-Richtlinie und würden der Notwendigkeit gerecht, die hohe Nitratbelastung der Gewässer anzugehen, so die Brüsseler Behörde.

Strengere Regeln überzeugen Kommission

Im Fall einer Verurteilung hätte Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsministerium eine Strafe in Höhe von mindestens elf Millionen Euro und ein Zwangsgeld von bis zu 800 000 Euro täglich gedroht. Das Zwangsgeld hätte demnach rückwirkend ab einem ersten Urteil aus dem Jahr 2018 verhängt werden können.

Mittlerweile wurde das nationale Nitrat-Aktionsprogramm überarbeitet. Die Düngeverordnung und “weitere einschlägige Rechtsvorschriften” seien angepasst worden, um die Anwendung von angemessener fachlicher Praxis in der Landwirtschaft zu gewährleisten, schreibt die EU-Kommission als Begründung für die Einstellung des Verfahrens. Längere Sperrfristen, in denen gar nicht gedüngt werden dürfe, ein Düngeverbot für gefrorene Böden und strengere Regeln zur Düngung von geneigten Flächen würden die negativen Auswirkungen auf Boden und Wasserressourcen verringern, heißt es weiter. dpa/luk

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Deutschland berät Ukraine zur Energiepolitik

Im Auftrag des Bundesforschungsministeriums sollen deutsche Wissenschaftler die Ukraine dabei unterstützen, die Klima- und Energiepolitik der Ukraine fit für den Beitritt zur EU zu machen. Am Donnerstag startete dazu das auf vier Jahre angelegte Projekt “Green Deal Ukraina” unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB). “Deutschland wird der Ukraine mit seiner Expertise dabei helfen, den vom Krieg schwer getroffenen Energiesektor wiederaufzubauen und dabei nachhaltig zu gestalten“, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu Table.Media. “Das ist Voraussetzung für die EU-Beitrittsverhandlungen. Der Green Deal Ukraina ist damit in mehrfacher Hinsicht ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung des Landes”, sagte die Ministerin weiter.

Anders als Deutschland setzt die Ukraine allerdings auch langfristig auf die Atomenergie. Energieminister German Galushchenko sagte erst kürzlich in einem “Handelsblatt”-Interview, sein Land wolle den Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung dauerhaft bei 50 Prozent halten. Nach anderen Medienberichten sind dafür auch Neubauten nötig, weil mehrere Reaktoren in den nächsten Jahren das Ende ihrer Lebenszeit erreichen. Der Anteil erneuerbarer Energien soll allerdings laut Galushchenko auf 50 Prozent steigen. Im Jahr 2020 lag er bei knapp 12 Prozent. Das Energiekapitel von EU-Beitrittsverhandlungen enthält normalerweise auch die Rechtsvorschriften zu Kernenergie, nuklearer Sicherheit und Strahlenschutz.

Kiew setzt auch langfristig auf Atomenergie

Partner von “Green Deal Ukraina” sind unter anderem die Denkfabriken Forum Energii aus Polen sowie Dixi Group und Eco Action aus der Ukraine. Das Projekt werde in Kiew einen unabhängigen Thinktank einrichten, der die Ukraine bei energie- und klimapolitischen Entscheidungen im Vorfeld einer EU-Vollmitgliedschaft unterstützt, erklärte ein Sprecher des Bundesforschungsministeriums.

Der Thinktank solle ukrainische Regierungsinstitutionen und politische sowie wirtschaftliche Entscheidungsträger durch fachlich fundierte Stellungnahmen beraten. Die Ukraine müsse zahlreiche Änderungen in insgesamt 35 Themenbereichen umsetzen, um der EU beitreten zu können. “Der anhaltende Krieg erschwert diese Anpassungen massiv. Green Deal Ukraina berät daher zu Änderungsbedarfen der Energie- und Klimagesetzgebung“, so der Sprecher. ber

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Parlament nimmt Initiativbericht zur Textilienstrategie an

Mit einer Mehrheit von 600 Stimmen bei 17 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen hat das EU-Parlament gestern den Initiativbericht angenommen, der Nachbesserungen an der EU-Strategie für kreislauffähige und nachhaltige Textilien fordert.

Berichterstatterin Delara Burkhardt (S&D) hatte den Entwurf im Januar vorgestellt. Im nun beschlossenen Bericht fordern die Abgeordneten strikte Nachhaltigkeitskriterien sowie den verstärkten Schutz von Arbeitsrechten und Sozialstandards. Dazu gehören Maßnahmen gegen die Überproduktion von Textilien, das Verbot des Schredderns und Verbrennens unverkaufter Ware sowie Mindestanforderungen für das Design von Textilien, um Wiederverwendung und Recycling zu fördern.

Eigene Ziele für Umgang mit Abfällen

Das Ziel ist außerdem, die Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus des Textilsektors zu reduzieren. Produktionsprozesse sollen weniger energie- und wasserintensiv werden, die Verwendung und Freisetzung von Schadstoffen vermieden und der Material- und Verbrauchsfußabdruck verringert werden. Ökodesign-Anforderungen sollen für Textil- und Schuhprodukte vorrangig angenommen werden. Bei der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie soll die EU-Kommission gesonderte Ziele für die Vermeidung, Sammlung, Wiederverwendung und das Recycling von Textilabfällen sowie für das Ende der Deponierung von Textilien festlegen.

Am Mittwoch hatte das Parlament des Einsturzes der Bekleidungsfabrik Rana Plaza in Bangladesch gedacht, bei dem 1134 Menschen ums Leben kamen und der sich zum zehnten Mal jährte. Dieses Ereignis war ein wesentlicher Auslöser für den Beschluss einer EU-Strategie für nachhaltigere Textilien gewesen.

Der Bericht wird nun an die Kommission übermittelt, die über die Einbringung der Forderungen entscheidet. Im Zuge der Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie will die Kommission Anfang Juli auch Vorschläge für eine Überarbeitung der Vorgaben zu Textilien vorlegen. leo

Neues Einheitspatent gilt (fast) in der ganzen EU

Seit dem 1. Juni ist in der EU ein einheitliches Patentsystem in Kraft. Es bietet eine zentrale Anlaufstelle, um Patente in einem Großteil der EU anzumelden und durchzusetzen. Das Unitary Patent System bedeutet geringere Kosten, weniger Papierkram und weniger Verwaltungsaufwand – vor allem für KMU. Allerdings nehmen nur 17 EU-Mitgliedstaaten an dem neuen System teil, die rund 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU abdecken. Kroatien, Polen und Spanien etwa sind aktuell nicht dabei. Die deutsche Industrie und das deutsche Patentamt begrüßten die Einführung.

Mit dem einheitlichen Patentsystem entfällt die Notwendigkeit, sich in einem komplexen Flickenteppich nationaler Patentgesetze und -verfahren zurechtzufinden. Auch die kostspieligeren nationalen Validierungsanforderungen entfallen, die für europäische Patente gelten.

Erstes gemeinsames Zivilgericht

Zum einheitlichen Patentsystem gehören zwei Elemente:

  • das Einheitspatent, das mit einem Antrag auf einheitliche Wirkung beim Europäischen Patentamt (EPA) erlangt werden kann, nachdem ein europäisches Patent nach den bestehenden Regeln erteilt wurde
  • das Europäische Patentgericht (Unified Patent Court, UPC), das auf einem internationalen Übereinkommen (UPC Agreement) beruht.

Das neue Gericht ermöglicht zentralisierte Rechtsstreitigkeiten über die Einheitspatente und ist auch für nicht-einheitliche europäische Patente zuständig. Die Kosten für die Aufrechterhaltung eines Einheitspatents (durchschnittliche Geltungsdauer zehn Jahre) liegen bei 5.000 Euro und damit bis zu sechsmal niedriger als die Kosten für einen gleichwertigen Schutz heute.

Industrie begrüßt das Einheitspatent

Das Einheitspatent biete Unternehmen eine weitere Möglichkeit in ihrer Patentstrategie und eine willkommene Ergänzung, um Erfindungen zu schützen, teilte das Deutsche Marken- und Patentamt auf Anfrage mit. “Besonders das Europäische Patentgericht ist ein Meilenstein, denn es ist Europas erstes gemeinsames Zivilgericht und könnte daher Vorbild für andere Rechtsgebiete sein.”

Das Einheitliche Patentgericht und das EU-Einheitspatent seien “elementare Bestandteile zur Förderung von Innovationen, Investitionen und nachhaltigem Wirtschaftswachstum in Europa”, sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Die deutsche Industrie setze “auf ein effektives europäisches Patentsystem, das den Schutz des geistigen Eigentums in Europa verbessert.” Plöger kritisierte jedoch, dass der aktuelle Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung von Unionszwangslizenzen zur Krisenbewältigung kontraproduktiv sei. “Das wirft einen Schatten auf die dringend erwarteten Verbesserungen zum Schutz geistiger Eigentumsrechte.”

Jahrzehntelange Verhandlungen

Das Einheitspatentsystem ist eine historische Errungenschaft, die erst nach Jahrzehnten zustande kam. Seit den 1970er-Jahren haben die Mitgliedstaaten mehrere Versuche unternommen, ein Gemeinschaftspatent einzuführen, die jedoch nicht erfolgreich waren. Im Jahr 2000 legte die Kommission die ersten Vorschläge für die beiden aktuellen EU-Verordnungen (Unitary Patent Protection Regulations: Reg. 1257/2012 und Reg. 1260/2012) vor, auf denen das Einheitspatentsystem beruht. vis

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Gewerkschaftsbund drängt auf Einigung zu Plattformarbeit

Der Europäische Gewerkschaftsbund ETUC hat in einem offenen Brief an die Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten auf einen raschen Kompromiss bei der Plattform-Richtlinie gedrängt. Es sei wichtig, beim kommenden Treffen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EPSCO) im Juni ein allgemeines Mandat für die Richtlinie zu erreichen, heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Am Mittwoch war bereits das zweite Treffen der Ständigen Vertreter binnen weniger Tage ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Richtlinie soll Scheinselbstständigkeit bei Digitalplattformen einschränken und dafür sorgen, dass Arbeiter korrekt entweder als Arbeitnehmer oder Selbstständige klassifiziert werden. Dafür vorgesehen ist ein Verdachtsmechanismus, der in seiner Reichweite stark umstritten ist.

ETUC appellierte an Kritiker als auch Befürworter der Gesetzesinitiative, sich aufeinander zuzubewegen. Jede weitere Verzögerung des Prozesses würde digitale Arbeitsplattformen nur dazu ermutigen, “sich weiterhin ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen und ihr Geschäftsmodell, das auf der Verweigerung von Beschäftigung, Mindestlohn und Arbeitsschutz beruht, auf neue Sektoren unserer Wirtschaft auszuweiten”, heißt es im Brief.

Monatelanger Streit

Der Streit im Rat um die Richtlinie schwelt schon seit Monaten. Ende vergangenen Jahres war eine Einigung der Minister, damals noch unter der tschechischen Ratspräsidentschaft, gescheitert. Schweden, das derzeit den Rat anführt, versuchte für das Treffen im AStV am Mittwoch mit einem erneut veränderten Kompromisstext, den Weg zum Trilog freizumachen. Das Parlament hatte sich bereits im Februar auf sein Mandat geeinigt.

Einer der neuen Vorschläge der schwedischen Ratspräsidentschaft war, dass nationale Regelungen zur Klassifizierung von Beschäftigten durch die Richtlinie beibehalten werden können, wenn diese die Arbeiter besserstellen würden. Zudem hatte der nun abgewiesene Kompromiss vorgesehen, dass eine zusätzliche Definition eingeführt wird, die klarstellt, dass die Bedingungen für die Vermutung eines Angestelltenverhältnisses nur dann gelten sollen, wenn die Geschäftsbedingungen einseitig von der digitalen Arbeitsplattform festgelegt werden.

Sollten die Verhandlungen weiter vertagt werden und in die Amtszeit des spanischen Ratsvorsitzes verlagert werden, drohe der Prozess nicht innerhalb des laufenden institutionellen Mandats abgeschlossen werden zu können, betont ETUC. lei

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Heads

Markus Gleichmann – Europa im Bürgerdialog

Markus Gleichmann ist europa- und energiepolitischer Sprecher der Linken im Thüringer Landtag.

Das Dorfleben hat Markus Gleichmann politisiert. Mit 14 Jahren zog er gemeinsam mit seinen Eltern von Jena ins ländliche Eichenberg bei Kahle, etwa 20 Kilometer südwärts. Schlechte Mobilität, Zukunftsängste, soziale Spannungen, Konflikte zwischen Links und Rechts – Stoff zum Debattieren gab es im ländlichen Raum genug. In der Kleinstadt kam Gleichmann schnell in Kontakt mit aktiven Kommunalpolitikern in Stadt und Kreis, seine ersten ehrenamtlichen Schritte in die Politik hinein waren also nicht weit, er war da gerade einmal 21 Jahre alt. Seine politische Heimat fand Gleichmann später bei der Linken.

Heute ist der 37-Jährige Mitglied des Thüringer Landtages und europa- und energiepolitischer Sprecher. In dieser Rolle versucht er, eine politische Brücke zwischen dem Bundesland und Brüssel zu bauen. Gerade bei seinem Herzensthema, der Nachhaltigkeit, ginge das besonders gut, erzählt er. “Dass wir die nachhaltige Transformation nicht in Thüringen allein hinbekommen, das sollte jedem klar sein”, sagt Gleichmann. Und da passiere in Brüssel gerade “unendlich viel”.

Wiege des Bauhauses und Standort für Automobilzulieferer

Thüringen ist die Wiege des Bauhausstils, spielt als Zulieferer der Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Kompetenzen und Interessen, die auch in der Transformationsdebatte in Brüssel einen wichtigen Beitrag leisten können. “Ich möchte den Thüringern die Chancen von europäischer Politik vermitteln und ihnen auch eine Stimme in Brüssel sein”, sagt Gleichmann.

Dass das nicht immer einfach ist, sei ihm bewusst, sagt er. “Wir müssen immer wieder deutlich machen, dass die EU mehr ist als Futtermittelverordnungen und Krümmungsgradvorschriften für Gurken”, sagt er. “Es geht auch um Friedenssicherung und Themen, für die unser Land zu groß ist.” Mit dieser Botschaft beackert Gleichmann so viele Bürgerdialogveranstaltungen der Region, wie er schafft. Für die Konferenz zur Zukunft Europas sammelten die Vertreter verschiedenster Länder konkrete Wünsche und Änderungsvorschläge für die EU ein und stellten sie in einem Abschlussbericht zusammen. “Da stecken großartige Möglichkeiten drin”, sagt Gleichmann.

Bücher über die NS-Geschichte

Auch bei seinem Hobby darf es gerne politisch werden. In seiner Freizeit forscht Gleichmann gerne in der Geschichte. Er schrieb zwei Bücher zur Aufarbeitung der NS-Zeit in seiner Heimatregion. 2009 erschien das erste, Titel: “Düsenjäger über dem Walpersberg”. Darin geht es um ein ehemaliges, unterirdisches Flugzeugwerk in Kahla, in dem die Nationalsozialisten Kampfflugzeuge von etwas 13.000 Zwangsarbeitern bauen ließen. Zwei Jahre später veröffentlichte er das Buch “Geheimnisvolles Thüringen – Militärobjekte des Dritten Reiches”, auch in diesem beschäftigte er sich mit den unterirdischen Rüstungsbetrieben der Region.

Die Aufarbeitung der NS-Geschichte ist notwendig und wichtig“, sagt Gleichmann. Kürzlich war er tief in den alten Lagerstollen eines Außenlagers des KZ-Buchenwald. Während der NS-Zeit wurden dort jüdische Gefangene des Konzentrationslagers zur Zwangsarbeit hinuntergeschickt. Recherche für ein neues Projekt von ihm. “Es hat viele Diskussionen gebraucht, bis wir dort reindurften. Aber da war ich hartnäckig und konnte so wichtige Akteure miteinander vernetzen.” Wenn Gleichmann dann doch mal abschalten will, von den ganzen schweren Themen? “Dann gehe ich Bergsteigen und bin in der Natur unterwegs.” Pascal Mühle

  • Die Linke
  • Thüringen

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    gestern und heute treffen sich die Verkehrs- und die Digitalminister der EU in Luxemburg. Volker Wissing ist wegen seines Ressortzuschnitts an beiden Tagen gefragt. Beim Verkehrsrat gestern reichte die Themenpalette vom grenzüberschreitenden Austausch von Strafzetteln bis zur Euro-7-Abgasnorm. Mein Kollege Lukas Scheid weiß mehr.

    Heute wird sich der Rat mit drei zentralen neuen Vorschlägen zur digitalen Transformation befassen: Gigabit Infrastructure Act, Interoperable Europe Act, Cyber Resiliance Act. Diskutieren werden die Minister – hinter verschlossenen Türen – auch über die Zukunft des Konnektivitätssektors, zu der die Kommission Mitte Mai eine Konsultation abgeschlossen hat.

    Zu den Streitpunkten gehört eine mögliche Netzwerkabgabe als Beitrag zur Finanzierung des Netzausbaus. Deutschland hat hier eine klare Position: So ein Eingriff in bilaterale Verträge sei nur bei Marktversagen gerechtfertigt und das sei nicht zu erkennen. Frankreich, personifiziert von Kommissar Thierry Breton, sieht das anders. Es könnte also hitzig werden.

    Weitere Themen auf der Agenda sind die europäische elektronische Identität (eIDAS), die E-Privacy-Verordnung, die seit Jahren nicht vorankommt, und der Data Act. Letzterer befindet sich gerade im Trilog. Ein Streitthema für das nächste Treffen noch in diesem Monat: der Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die Schweden streben an, den Trilog noch abzuschließen. Ob das gelingt, ist offen.

    Die Spanier, die im Juli die Ratspräsidentschaft übernehmen, scheinen das den Schweden aber zuzutrauen. Im Arbeitsprogramm, das sie den Mitgliedern des Telekommunikationsrats vorlegen, kommt sehr viel KI vor, der Data Act aber gar nicht mehr.

    Viel Vergnügen bei der Lektüre!

    Ihre
    Corinna Visser
    Bild von Corinna  Visser

    Analyse

    Due Diligence: Parlament bereit für Verhandlungen

    Am Ende fiel die Abstimmung deutlich aus: Mit 366 zu 225 Stimmen bei 38 Enthaltungen hat das EU-Parlament gestern Vormittag den Bericht über das Sorgfaltspflichtengesetz angenommen. Damit will es Unternehmen gesetzlich verpflichten, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und zu verhindern, zu beenden oder abzumildern.

    Bis zuletzt hatten Zweifel daran bestanden, ob genügend Stimmen aus dem konservativen und liberalen Lager zusammenkommen würden und ob die EVP das Gesetz kippen könnte. Nach der EVP-Fraktionssitzung am Mittwoch hatte sich dann jedoch abgezeichnet, dass die CDU/CSU-Gruppe nicht genügend Unterstützung für ihren Plan erhalten würde, den Bericht abzulehnen. Damit hat das Parlament unter der Federführung von Lara Wolters (S&D) sein Mandat für die Verhandlungen mit dem Rat beschlossen und den Kommissionsentwurf deutlich nachgeschärft.

    Direktorenklausel erhält keine Mehrheit

    Es war eine lange Abstimmung, schließlich standen rund 50 Änderungsanträge auf der Agenda. Die am Ende beschlossene Fassung entspricht bis auf eine Ausnahme der vom Rechtsausschuss verhandelten Position: Artikel 26, die sogenannte Direktorenklausel, erhielt keine Mehrheit. Zwar bleibt durch den angenommenen Artikel 25 eine Pflicht des Unternehmensmanagements und Verstöße können nach nationalem Recht geahndet werden. Jedoch entfällt die Verpflichtung der Manager, die Aufsicht über die Umsetzung des Gesetzes zu übernehmen und die Strategie des Unternehmens danach auszurichten. Manager haften also nicht, wenn sie das Gesetz nicht richtig umsetzen.

    Darüber hinaus einigte sich das Parlament unter anderem auf die folgenden Vorgaben:

    • Unternehmen ab 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit einem Jahresumsatz von mindestens 40 Millionen Euro sind betroffen
    • ebenso Unternehmen, die diesen Wert nicht erreichen, aber Teil einer Muttergesellschaft eines Konzerns mit mindestens 500 Beschäftigten und 150 Millionen Jahresumsatz sind
    • je nach Größe des Unternehmens gilt eine verzögerte Anwendung von drei bis fünf Jahren
    • keine spezifischen Schwellenwerte für Unternehmen aus Risikosektoren, sondern Entwicklung von sektorspezifischen Leitlinien für folgende Sektoren: Textilien, Bergbau und Gewinnung von Rohstoffen, Landwirtschaft, Energie, Bausektor und Finanzsektor
    • Regeln gelten für die vor- und die nachgelagerte Lieferkette
    • Unternehmen haften für durch sie verursachte Schäden, die sie hätten verhindern können (jedoch nur, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten nicht verantwortungsvoll umgesetzt haben)
    • Pflicht einer zusätzlichen Konfliktanalyse für Unternehmen mit Zulieferern in bewaffneten Konflikten oder fragilen Situationen nach einem Konflikt, in besetzten und/oder annektierten Gebieten sowie in Gebieten mit schwacher oder nicht vorhandener Staatlichkeit
    • neuer Artikel über sinnvolles Engagement mit Interessengruppen während der Sorgfaltspflichtsprüfung
    • offene statt geschlossener Liste geeigneter Maßnahmen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht

    Obligatorische Pläne für Klimaneutralität

    Die Gruppe der CDU/CSU stimmte wie angekündigt dagegen. Damit stellte sie sich auch gegen ihren Parteikollegen Axel Voss, der als Schattenberichterstatter versucht hatte, einen für die EVP hinnehmbaren Kompromiss auszuhandeln. Auch die deutschen und tschechischen Renew-Abgeordneten stimmten gegen den Bericht, jedoch als einzige in der liberalen Fraktion.

    Axel Voss sprach von einer “sehr schwierigen Situation” für seine Partei: Einerseits fühle man sich natürlich den Zielen des Gesetzes verpflichtet. Andererseits gehe das Ausmaß der Belastungen für die Unternehmen weit über die Position der EVP hinaus. Für seine Partei sei zudem mit Blick auf die anstehende Europawahl wichtig gewesen, sich abzugrenzen und eine klare Position zu beziehen.

    “Trotz des immensen Drucks der Industrielobby und gegen den Widerstand vieler Konservativer hat das Parlament den Kommissionsvorschlag in vielen Bereichen nachschärfen können“, kommentierte Anna Cavazzini (Grüne/EFA) die Abstimmung.

    Die zivilgesellschaftliche Initiative Lieferkettengesetz begrüßte den risikobasierten Ansatz des Gesetzes und die Anwendung auf die gesamte Wertschöpfungskette. “Beides schafft die Voraussetzungen dafür, Menschenrechte und Umwelt dort zu schützen, wo es am schlechtesten um sie bestellt ist: am Beginn der Lieferkette”. Der Bericht berge ein enormes Potenzial für das Klima, erklärte Patrizia Heidegger vom European Environmental Bureau (EEB): “Die Klimatransitionspläne der Unternehmen werden obligatorisch sein, auf der Grundlage strengerer Kriterien bewertet werden und kurz-, mittel- und langfristige Ziele enthalten”. Der Standpunkt des EU-Parlaments stelle in diesem Bereich erhebliche Verbesserungen gegenüber den Vorschlägen der Kommission und des Rates dar.

    Verhandlungen mit dem Rat beginnen kommende Woche

    Die Reaktionen aus der Industrie fielen erwartbar negativ aus: “Das Europäische Parlament hat es versäumt, praktikable Regeln für die Sorgfaltspflicht aufzustellen”, erklärte Markus Beyrer, Generaldirektor von BusinessEurope. Der Verband habe Sorge vor “zu strengen Vorschriften mit reinem Strafcharakter, die nicht zwischen Verfahrensfehlern und tatsächlichem Schaden unterscheiden” und am Ende dazu führen könnten, dass europäische Unternehmen aus Drittländern verdrängt werden.

    Der erste Trilog soll in der kommenden Woche, am 8. Juni, stattfinden. Die Abgeordneten rechnen mit schwierigen Verhandlungen, da der Rat ein sehr viel weniger ambitioniertes Mandat beschlossen hat. Insbesondere die Frage der zivilrechtlichen Haftung könnte für Streit sorgen, da diese eigentlich eine Kompetenz der Mitgliedstaaten sei, erklärte Axel Voss. Bislang gebe es kein europäisches Haftungsregime. Auch der Anwendungsbereich könnte ein Konfliktpunkt zwischen den Verhandelnden aus Rat und Parlament werden, da die Mitgliedstaaten Unternehmen nicht zusätzlich belasten wollen.

    • Klimapolitik
    • Lieferkettengesetz
    • Nachhaltigkeitsstandards
    • Sorgfaltspflichtengesetz

    EVP sucht nach Mehrheiten für Regulierungspause

    Die Mehrheit für den Wolters-Bericht zum EU-Lieferkettengesetz fiel denn doch deutlicher aus, als viele erwartet hatten – Daniel Caspary und Angelika Niebler wohl eingeschlossen. Die beiden Co-Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament hatten sich innerhalb der EVP-Fraktion dafür eingesetzt, den im Rechtsausschuss ausgehandelten Kompromiss geschlossen abzulehnen – und das Gesetzesvorhaben so möglichst zu Fall zu bringen. Knapp 50 christdemokratische Abgeordnete aber zogen nicht mit: Sie stimmten für den Kompromiss von Berichterstatterin Lara Wolters (S&D), ebenso wie die allermeisten Abgeordneten der liberalen Renew-Fraktion.

    So scheiterte der Anlauf, das bei der Industrie unbeliebte Sorgfaltspflichtengesetz aufzuhalten und auf diesem Weg das von der EVP geforderte Regulierungsmoratorium durchzusetzen. “Leider trägt das Lieferkettengesetz in seiner jetzigen Form nicht zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei”, kommentierten Niebler und Caspary gestern die Abstimmung.

    Wichtiger Test gescheitert

    Das Votum war ein wichtiger Testlauf für den neuen Kurs der Christdemokraten. Die bisherigen Gesetzesvorhaben zum Green Deal hatte die EVP mitgetragen, teils mit erheblichen Änderungswünschen, wie zu Beginn der Legislaturperiode 2019 mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) verabredet. Inzwischen aber stellen sie sich – angeführt von CDU und CSU – bei einer Reihe von Dossiers quer: Caspary nennt das Naturschutzpaket, die Gebäuderichtlinie und die neue Abgasnorm Euro 7 (dazu finden Sie weitere Artikel in dieser Ausgabe).

    Es gehe CDU und CSU nicht darum, den Green Deal aufzuhalten, beteuert der CDU-Politiker. “Aber wir sehen, dass insbesondere der Timmermans-Teil der Kommission politische Ziele wie Biodiversität mit teils drei, vier unterschiedlichen Instrumenten adressieren will, die sich teils auch noch widersprechen.” Hier sei es “dringend angebracht, innezuhalten und die Dinge neu zu sortieren”. Die EVP stehe mit dieser Forderung längst nicht alleine, argumentiert Caspary: Er verweist auf Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Belgiens Premier Alexander de Croo, die sich für eine Regulierungspause ausgesprochen hatten – allerdings eher mit Blick auf die nächste Legislaturperiode.

    Auf Unterstützung von Renew angewiesen

    Um die genannten Gesetzesvorhaben zu stoppen, sind die Christdemokraten aber auf Unterstützung in der politischen Mitte des Europaparlaments angewiesen, insbesondere in der Renew-Fraktion. Die Unterstützung der nationalkonservativen EKR und der Rechtsaußen-Fraktion ID reicht nicht für eine eigene Mehrheit.

    Bei den Liberalen trifft der neue EVP-Kurs aber – zumindest jenseits der FDP – auf wenig Gegenliebe: “Kaum jemand bei uns ist bereit, dem Narrativ der EVP zu folgen”, heißt es in der Renew-Fraktion. Die Christdemokraten strebten in Wahrheit keine Regulierungspause an, sondern eine Revision des Green Deal. Mit dieser Botschaft aber wollten nur wenige Parteien im anstehenden Europawahlkampf in Verbindung gebracht werden.

    “Wird nicht gelingen, Renew zu spalten”

    Bei der Abstimmung zum Lieferkettengesetz hätten die Christdemokraten darauf gesetzt, die industriefreundlichen Delegationen innerhalb von Renew auf ihre Seite zu ziehen, heißt es bei den Liberalen. Die Fraktion sei aber längst nicht so zersplittert wie angenommen. “Der EVP wird es nicht gelingen, Renew zu spalten.”

    Das bedeutet allerdings nicht, dass die drittgrößte Fraktion im EP bei einigen Dossiers nicht doch mit der EVP stimmt. Beim heftig umstrittenen Renaturierungsgesetz etwa stimmten die Liberalen im Fischereiausschuss und im Agrarausschuss mehrheitlich gegen das Gesetz. Renew-Schattenberichterstatterin Soraya Rodríguez Ramos blieb im Umweltausschuss aber am Verhandlungstisch, anders als ihre EVP-Kollegin Christine Schneider. Die Abstimmung im ENVI ist für den 15. Juni angesetzt, das Votum im Plenum soll im Juli folgen.

    Pestizide als nächster Test

    Ein ähnliches Szenario zeichnet sich bei der Pestizide-Verordnung ab. Der umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese, erklärte vergangene Woche zwar, man werde den Kommissionsvorschlag nicht in Gänze zurückweisen. Jedoch müsste der Berichtsentwurf von Grünen-Berichterstatterin Sarah Wiener “fundamental geändert werden”, damit die EVP zustimmen könne. Damit deuten die Zeichen auch hier auf eine Blockade und es hinge abermals an Renew, der einen oder anderen Seite zur Mehrheit zu verhelfen. Deren Schattenberichterstatter Jan Huitema hat sich hier noch nicht klar positioniert.

    Die Christdemokraten monieren, dass die Naturschutzgesetze der Kommission die Existenz der Landwirte sowie die Nahrungsmittelsicherheit in Europa gefährden. Ähnliches hätte auch für die Industrieemissionsrichtlinie gegolten, allerdings stellte die EVP hier den Berichterstatter, der Mehrheiten im Sinne der EVP schmieden konnte und strengere Emissionsauflagen für große landwirtschaftliche Betriebe verhinderte.

    Dabei haben es die Christdemokraten aber nicht nur auf den Agrarsektor abgesehen. Auch bei der neuen Euro-7-Abgasnorm für Fahrzeuge will die Fraktion – angeführt von der deutschen CDU/CSU-Gruppe – gegen strengere Grenzwerte und Testmethoden stimmen. Allerdings geht die Blockade hier nicht nur von der EVP aus: Auch im Rat gibt es große Gegenwehr (mehr dazu in den News). Till Hoppe und Lukas Scheid

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    Geywitz will Gebäuderichtlinie nachbessern

    Kurz vor Beginn des Trilogs zur Gebäuderichtlinie am kommenden Dienstag hat die Bundesregierung noch keine abgestimmte Verhandlungsposition. Allerdings prescht Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mit der Forderung vor, das Mandat gegenüber der allgemeinen Ausrichtung des Rates vom Oktober abzuändern.

    Man sehe “Nachbesserungsbedarf“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Dies betreffe zum einen die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS), also die Details zum umstrittenen “Sanierungszwang”. Außerdem kritisiert das Ministerium den Standard für Nullemissionsgebäude – also das Langfristziel der EU für die Sanierung des gesamten Gebäudebestandes in Richtung Klimaneutralität.

    Türöffner für Wasserstoff zum Heizen

    “Dies betrifft beispielsweise die Hauptanforderungsgröße Primärenergiebedarf. Aus Sicht der Bundesregierung wäre die Öffnung für andere Kriterien wünschenswert, da sie sich mit dem Koalitionsvertrag vorgenommen hat, die Anforderungssystematik stärker auf Treibhausgas-Emissionen auszurichten“, erklärte Geywitz’ Sprecherin weiter. Wenn der CO₂-Ausstoß die entscheidende Größe werden soll, lässt sich dies aber auch als Türöffner für das Heizen mit Wasserstoff oder synthetischem Methan verstehen – gehen doch bei der Herstellung laut Öko-Institut 30 bis 40 Prozent der Primärenergie verloren.

    Strengere Effizienzvorgaben hatte die Bauministerin Mitte Mai gleich komplett infrage gestellt. Wenn Deutschland kurzfristig ein Einbauverbot für fossile Heizungen einführe, sei bereits viel für die Dekarbonisierung erreicht. “Ich bin nicht überzeugt, dass wir dann auch noch gleichzeitig alles unternehmen müssen, um auch noch jedes Gebäude möglichst energieeffizient zu machen“, zitierte die “FAZ” die Ministerin bei einer Rede vor Immobilienmanagern.

    Geywitz denkt über Quartiersansatz nach

    Damit ging die SPD-Politikerin noch über kritische Äußerungen wenige Wochen zuvor hinaus. Ein Gastbeitrag für die “Welt” ließ sich so interpretieren, dass sie energetische Standards womöglich weder auf einzelne Gebäude, wie Kommission und Parlament es fordern, noch auf den nationalen Gebäudebestand, wie der Rat es will, beziehen möchte, sondern auf Quartiere.

    Für den Quartiersansatz hatten sich bereits Brüsseler Unions- und FDP-Politiker ausgesprochen. Mehrere Abgeordnete hatten vor der Positionierung des EU-Parlaments einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, darunter der Liberale Andreas Glück, der das Sanierungstempo aus der Richtlinie generell für überzogen hält. “In zehn Jahren müssten 55 Prozent des europäischen Gebäudebestandes saniert werden”, sagt der Abgeordnete. “Wir haben aber nicht nur den Fachkräftemangel, es ist auch schwierig an Baumaterial zu kommen.”

    Grüne: Quartiersansatz sozial unausgewogen

    Der grüne Berichterstatter des Parlaments, Ciarán Cuffe, ist weiter ein strikter Gegner von energetischen Standards auf Ebene ganzer Stadtviertel. “Ich lehne die Anwendung eines Quartiersansatzes für Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz ab, weil dies für sozial schwache Haushalte katastrophal wäre”, sagt der irische Abgeordnete. “Dies würde gezielte Maßnahmen für die Gebäude mit den schlechtesten Energiestandards in einem Quartier verhindern und schutzbedürftige Haushalte zur Energiearmut verdammen.”

    Die FDP beharrt aber darauf, die Ziele von Parlament und Kommission im Trilog abzuschwächen. “Das muss geändert werden, wenn die Bundesregierung zustimmen soll“, sagte Parteichef und Finanzminister Christian Lindner vor Kurzem der “Wirtschaftswoche“. Sein Credo: “Weitere Steigerungen” der energetischen Anforderungen seien nicht tragbar. Das grün geführte Wirtschaftsministerium wehrt sich aber offensichtlich dagegen, den Status quo festzuschreiben. Ziel seien lebensnahe Regelungen, die “niemanden überfordern” und gleichzeitig die Klimaneutralität sicherstellen, sagt eine Sprecherin.

    FDP-Abgeordneter: Andere Staaten sollen zuerst sanieren

    Bei den Liberalen geht dagegen die Angst um, über die Gebäuderichtlinie der EU könnten Anforderungen greifen, die sie den Grünen auf nationaler Ebene mühsam aus dem Gebäudeenergiegesetz herausverhandeln. In Berlin drängt die FDP auf eine Einigung noch vor den EU-Wahlen Mitte 2024. Kaum ein EU-Mitgliedsland wolle den Streit um milliardenteure Sanierungen in den Wahlkampf tragen, sind mehrere Liberale überzeugt.

    Konkrete Änderungswünsche hat der Brüsseler FDP-Abgeordnete Glück. Am liebsten wäre dem Liberalen, wenn der Klimaschutz im Gebäudesektor dem ETS 2 überlassen bliebe. Im Detail stört ihn an der Gebäuderichtlinie der Ansatz der Kommission, die Effizienzklassen nicht europaweit einheitlich zu definieren, sondern von Staaten mit energetisch besserem Gebäudebestand – und tendenziell wohlhabenderen Bürgern – höhere Sanierungsanstrengungen zu verlangen.

    Zahlreiche Ausnahmen von Sanierungspflicht

    Der Grünen-Abgeordnete Cuffe verweist dagegen auf die zahlreichen Ausnahmen, die die Parlamentsposition vorsieht. Auch wenn die Einteilung der Effizienzklassen auf deutscher und europäischer Ebene nicht eins zu eins vergleichbar ist, entspricht wohl gut die Hälfte der Wohngebäude in Deutschland bereits der Effizienzklasse D oder besser. Sie wären damit auch nach den vermeintlich strengen Anforderungen des Parlaments bis 2033 gar nicht von verschärften Sanierungspflichten betroffen.

    Zusätzlich können die Mitgliedstaaten bis Ende 2036 bis zu 22 Prozent der Wohngebäude von der Sanierungspflicht ausnehmen. Eine weitere Ausnahme gilt für denkmalgeschützte Bauten. Aus Cuffes Umfeld heißt es deshalb: “Die Mindeststandards gelten also nicht für alle Gebäude, sondern nur für einen sehr begrenzten Prozentsatz des Bestands.” Mit Daniel Schmidthäussler

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    EU-Monitoring

    05.06.2023 – 14:30-18:00 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
    Themen: Task Force für Migrationsmanagement der Europäischen Kommission, Meinungsaustausch zu Berichten über angebliche Pushbacks durch die griechischen Behörden, Bericht zur Lage des Schengen-Raums 2023. Vorläufige Tagesordnung

    05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
    Themen: Bericht 2022 der Kommission über die Türkei, Hochrangiger geopolitischer Dialog über die Umsetzung des NDICI-Global Europe Instrument. Vorläufige Tagesordnung

    05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    Themen: Währungsdialog mit Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank), Aussprache zu Staatshilfen: Reaktion der EU auf den US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA). Vorläufige Tagesordnung

    05.06.2023 – 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Schaffung eines Maßnahmenrahmens zur Stärkung des europäischen Ökosystems für die Herstellung von Netto-Null-Technologieprodukten, Europäischer Bericht zur Lage des Klimas 2022. Vorläufige Tagesordnung

    05.06.2023 – 16:00-17:15 Uhr
    Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
    Themen: Geopolitischer Dialog mit Jutta Urpilainen (Kommissarin für Internationale Partnerschaften). Vorläufige Tagesordnung

    06.06.-09.06.2023
    Mündliche EuGH-Verhandlung zum Kartell beim Handel mit europäischen Staatsanleihen
    Themen: Die Kommission stellte mit Beschluss vom 20. Mai 2021 fest, dass die Investmentbank Natixis – neben sechs anderen Banken – gegen die EU-Kartellregeln verstoßen habe, da sich eine Gruppe ihrer Wertpapierhändler an einem Kartell auf dem Primär- und Sekundärmarkt für europäische Staatsanleihen beteiligt habe. Natixis und die anderen Investmentbanken hätten gegen das Verbot von Preisabsprachen verstoßen. Natixis hat den Beschluss der Kommission vor dem Gericht der EU angefochten. Klage

    07.06.2023
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Haushaltsentwurf für 2024, eine neue Agenda für Lateinamerika und die Karibik, interinstitutionelles Ethikgremium, umfassendes Konzept für die psychische Gesundheit. Vorläufige Tagesordnung

    08.06.-09.06.2023
    Rat der EU: Justiz und Inneres
    Themen: Gedankenaustausch zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Gedankenaustausch zur Visumpolitik (Überwachung der Regelungen für visumfreies Reisen), Gedankenaustausch zu den justiziellen Aspekten der Bekämpfung der organisierten Kriminalität (wirksame Ermittlungen und Grundrechte). Vorläufige Tagesordnung

    08.06.2023
    EuGH-Schlussanträge zu Staatliche Beihilfen (Tax Rulings)
    Themen: Mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 stellte die Kommission fest, dass Luxemburg Amazon unzulässige Steuervergünstigungen in Höhe von rund 250 Millionen Euro gewährt habe. Diese selektive Begünstigung verstoße gegen das unionsrechtliche Verbot staatlicher Beihilfen. Luxemburg und Amazon haben gegen diesen Beschluss Nichtigkeitsklagen beim Gericht der EU erhoben. Mit Urteil vom 12. Mai 2021 erklärte das Gericht den Kommissionsbeschluss für nichtig. Die Kommission hat dieses Urteil vor dem Gerichtshof angefochten. Klage

    08.06.2023 – 09:00-12:30 Uhr
    Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union, Meinungsaustausch mit der Delegation des Unterausschusses für Europaangelegenheiten des Haushaltsausschusses des Bundestages aus Berlin, Mobilisierung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung. Vorläufige Tagesordnung

    08.06.2023 – 09:30-12:15 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
    Themen: Berichtsentwurf zum Vorschlag über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz, Berichtsentwurf zum Abbau von Ungleichheiten und Förderung der sozialen Eingliederung in Krisenzeiten für Kinder und ihre Familien, Berichtsentwurf zur Schaffung von Arbeitsplätzen (gerechter Übergang und nachhaltiges Investieren). Vorläufige Tagesordnung

    11.06.-13.06.2023
    Informelle Ministertagung Landwirtschaft und Fischerei
    Themen: Potenzial der Landwirtschaft, zum grünen Wandel beizutragen. Infos

    News

    Euro 7: Wissing unterstützt Blockade von acht Mitgliedstaaten

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich hinter acht Länder gestellt, die den Kommissionsvorschlag für eine neue Euro-7-Abgasnorm für Pkw und Lkw ablehnen. Das machte er am Donnerstag in Luxemburg beim Treffen der EU-Verkehrsminister deutlich. Die Einführungstermine der neuen Norm (Juli 2025 für Pkw, Juli 2027 für Lkw) seien unrealistisch. Daher sei er der Auffassung, dass der Euro-7-Vorschlag so nicht akzeptabel sei und man sich mit “einer ganzen Reihe kritischer Mitgliedstaaten eng verbunden” sehe, erklärte Wissing.

    Bulgarien, Frankreich, Italien, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn hatten vergangene Woche ein Non-Paper vorgelegt, in dem sie fordern, den Vorschlag erheblich abzuschwächen. Abgesehen von späteren Einführungsterminen wollen sie auch strengere Testregeln und Schadstoffgrenzwerte verhindern. Frankreich begründete dies am Donnerstag damit, dass “historische Investitionen” nötig seien, um das Verbrenner-Aus 2035 zu schaffen. Diese Investitionen könnten durch neue Abgasnormen aufgebraucht werden, so die Befürchtung. Euro 7 dürfe nicht dazu führen, dass das 2035er-Ziel nochmal auf den Prüfstand gestellt werde, so der französische Verkehrsminister Clément Beaune.

    Deutschlands Position offiziell noch offen

    Andere Länder, beispielsweise die Niederlande, fordern, dass auf dem Weg zu Null-Emissions-Fahrzeugen auch die anderen Autos “so sauber wie möglich werden müssten”. Verkehrsminister Mark Harbers wies in Luxemburg darauf hin, dass Zusatzkosten aufgrund der neuen Standards im Kommissionsvorschlag für Pkw nur rund 200 Euro pro Fahrzeug betrügen, wodurch strengere Normen zumutbar seien. Eine Analyse des europäischen Automobilherstellerverbandes (ACEA) deutet jedoch darauf hin, dass die tatsächlichen Kosten der Euro-7-Norm bis zu 10-mal so hoch sind wie von der Kommission berechnet.  

    Deutschland hat das Non-Paper der blockierenden Staaten zwar nicht unterschrieben und die Haltung der Bundesregierung zum Euro-7-Dossier ist offiziell noch ungeklärt. Dass Wissing sich dennoch öffentlich so deutlich positioniert, deutet darauf hin, dass es innerhalb der Bundesregierung Meinungsverschiedenheiten bei dem Thema gibt. Federführend ist nicht das Verkehrsministerium, sondern das Umweltministerium von Steffi Lemke. Die Grünen-Politikerin unterstützt strengere Abgasnormen, fordert aber auch einen späteren Einführungstermin von Euro 7, um die Industrie nicht zu überfordern.

    Klar ist auch, dass der Kommissionsvorschlag ohnehin an einer eindeutigen Sperrminorität durch die acht blockierenden Länder scheitern würde, auch ohne Deutschlands Zutun. Die Verhandlungen für einen Kompromiss gehen nun im Kreis der EU-Botschafter weiter. Der zuständige Umweltrat soll bei seiner nächsten Sitzung am 20. Juni eine allgemeine Ausrichtung beschließen. luk

    • Euro 7
    • Klima & Umwelt
    • Mobilität
    • Verkehrspolitik
    • Volker Wissing

    Brennstoffzellen: Abgeordnete schreiben an Vestager

    Mehrere Europaabgeordnete drängen auf eine schnelle beihilferechtliche Genehmigung zur Förderung von Brennstoffzellen. Die ausstehende Entscheidung zu den vier deutschen Innovations- und Technologiezentren für Wasserstoff (ITZ) verzögere die Transformation der Automobilzulieferer und gefährde Europas Stellung im internationalen Wettbewerb, heißt es in einem Brief an Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Absender sind die EU-Abgeordneten Ismail Ertug (SPD), EVP-Chef Manfred Weber, Peter Jahr (CDU) und Matthias Ecke (SPD).

    Die Innovations- und Technologiezentren hatte die Bundesregierung bereits in ihrer Wasserstoffstrategie von 2020 vorgeschlagen. Die vier ITZ sollen Mittelständlern offenstehen, um Brennstoffzellen für Autos, Flugzeuge, Schiffe und Züge zu entwickeln, zu testen und zu standardisieren. Als Standorte wurden Chemnitz, Duisburg, Pfeffenhausen und Bremen/Hamburg/Stade ausgewählt.

    Das Förderkonzept habe die Bundesregierung der Generaldirektion Wettbewerb bereits im Herbst 2022 zur Genehmigung übermittelt, noch gebe es aber nicht einmal ein Datum für eine Entscheidung, beklagen die Abgeordneten in ihrem Brief. “Die ITZ-Konsortien an allen vier Standorten fordern daher die GD COMP dringend auf, die Einrichtung des ITZ zu beschleunigen, indem sie ein konformes Fördersystem bestätigt”, schreiben die Parlamentarier. Von der Wettbewerbsbehörde wollen sie wissen, wie sich der die Prüfung beschleunigen ließe. ber/luk

    • Autoindustrie

    Nach Kritik: EU-Kommission überarbeitet Demokratie-Paket

    Die EU-Kommission verschiebt die bislang für nächste Woche geplante Vorlage des Pakets zur Verteidigung der Demokratie. Die Kommission wolle “sich mehr Zeit nehmen, um eine umfassende Konsultation durchzuführen und weitere Informationen zu sammeln”, sagte Vizepräsidentin Věra Jourová am Donnerstag im Europaparlament. So solle eine Folgenabschätzung vorgenommen werden.

    Besonders die geplante Richtlinie über die Finanzierung von Interessenvertretern als Teil des Pakets hatte nicht nur im Parlament erhebliche Kritik ausgelöst. Vertreter der Zivilgesellschaft befürchten eine Richtlinie nach dem Vorbild des amerikanischen Foreign Agent Act und warnten davor, ihren Handlungsspielraum zu begrenzen.

    Jourová versicherte, dass sich der eigene Vorschlag deutlich von nationalen Gesetzen für ausländische Agenten abgrenze, wie sie in Russland bereits gelten und in Georgien nach Protesten zurückgezogen wurden. “Der Ansatz unterscheidet sich in Bezug auf die Zielvorgaben, den Anwendungsbereich, die Überwachung und die Sanktionen erheblich”, sagte sie. tho

    Nitrat im Grundwasser: Verfahren gegen Deutschland eingestellt

    Deutschland entgeht im Streit um nitratbelastetes Wasser einer Millionenstrafe der EU. Ein entsprechendes Vertragsverletzungverfahren zur Umsetzung der Nitratrichtlinie gegen die Bundesrepublik wurde eingestellt, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit.

    Am Mittwoch waren in Berlin neue Düngeregeln auf den Weg gebracht worden. Diese entsprächen den Vorgaben der EU-Richtlinie und würden der Notwendigkeit gerecht, die hohe Nitratbelastung der Gewässer anzugehen, so die Brüsseler Behörde.

    Strengere Regeln überzeugen Kommission

    Im Fall einer Verurteilung hätte Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsministerium eine Strafe in Höhe von mindestens elf Millionen Euro und ein Zwangsgeld von bis zu 800 000 Euro täglich gedroht. Das Zwangsgeld hätte demnach rückwirkend ab einem ersten Urteil aus dem Jahr 2018 verhängt werden können.

    Mittlerweile wurde das nationale Nitrat-Aktionsprogramm überarbeitet. Die Düngeverordnung und “weitere einschlägige Rechtsvorschriften” seien angepasst worden, um die Anwendung von angemessener fachlicher Praxis in der Landwirtschaft zu gewährleisten, schreibt die EU-Kommission als Begründung für die Einstellung des Verfahrens. Längere Sperrfristen, in denen gar nicht gedüngt werden dürfe, ein Düngeverbot für gefrorene Böden und strengere Regeln zur Düngung von geneigten Flächen würden die negativen Auswirkungen auf Boden und Wasserressourcen verringern, heißt es weiter. dpa/luk

    • Agrarpolitik
    • Düngemittel
    • Klima & Umwelt
    • Landwirtschaft

    Deutschland berät Ukraine zur Energiepolitik

    Im Auftrag des Bundesforschungsministeriums sollen deutsche Wissenschaftler die Ukraine dabei unterstützen, die Klima- und Energiepolitik der Ukraine fit für den Beitritt zur EU zu machen. Am Donnerstag startete dazu das auf vier Jahre angelegte Projekt “Green Deal Ukraina” unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB). “Deutschland wird der Ukraine mit seiner Expertise dabei helfen, den vom Krieg schwer getroffenen Energiesektor wiederaufzubauen und dabei nachhaltig zu gestalten“, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu Table.Media. “Das ist Voraussetzung für die EU-Beitrittsverhandlungen. Der Green Deal Ukraina ist damit in mehrfacher Hinsicht ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung des Landes”, sagte die Ministerin weiter.

    Anders als Deutschland setzt die Ukraine allerdings auch langfristig auf die Atomenergie. Energieminister German Galushchenko sagte erst kürzlich in einem “Handelsblatt”-Interview, sein Land wolle den Anteil der Atomenergie an der Stromerzeugung dauerhaft bei 50 Prozent halten. Nach anderen Medienberichten sind dafür auch Neubauten nötig, weil mehrere Reaktoren in den nächsten Jahren das Ende ihrer Lebenszeit erreichen. Der Anteil erneuerbarer Energien soll allerdings laut Galushchenko auf 50 Prozent steigen. Im Jahr 2020 lag er bei knapp 12 Prozent. Das Energiekapitel von EU-Beitrittsverhandlungen enthält normalerweise auch die Rechtsvorschriften zu Kernenergie, nuklearer Sicherheit und Strahlenschutz.

    Kiew setzt auch langfristig auf Atomenergie

    Partner von “Green Deal Ukraina” sind unter anderem die Denkfabriken Forum Energii aus Polen sowie Dixi Group und Eco Action aus der Ukraine. Das Projekt werde in Kiew einen unabhängigen Thinktank einrichten, der die Ukraine bei energie- und klimapolitischen Entscheidungen im Vorfeld einer EU-Vollmitgliedschaft unterstützt, erklärte ein Sprecher des Bundesforschungsministeriums.

    Der Thinktank solle ukrainische Regierungsinstitutionen und politische sowie wirtschaftliche Entscheidungsträger durch fachlich fundierte Stellungnahmen beraten. Die Ukraine müsse zahlreiche Änderungen in insgesamt 35 Themenbereichen umsetzen, um der EU beitreten zu können. “Der anhaltende Krieg erschwert diese Anpassungen massiv. Green Deal Ukraina berät daher zu Änderungsbedarfen der Energie- und Klimagesetzgebung“, so der Sprecher. ber

    • Energiepolitik
    • EU-Beitritt
    • Klimapolitik
    • Polen

    Parlament nimmt Initiativbericht zur Textilienstrategie an

    Mit einer Mehrheit von 600 Stimmen bei 17 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen hat das EU-Parlament gestern den Initiativbericht angenommen, der Nachbesserungen an der EU-Strategie für kreislauffähige und nachhaltige Textilien fordert.

    Berichterstatterin Delara Burkhardt (S&D) hatte den Entwurf im Januar vorgestellt. Im nun beschlossenen Bericht fordern die Abgeordneten strikte Nachhaltigkeitskriterien sowie den verstärkten Schutz von Arbeitsrechten und Sozialstandards. Dazu gehören Maßnahmen gegen die Überproduktion von Textilien, das Verbot des Schredderns und Verbrennens unverkaufter Ware sowie Mindestanforderungen für das Design von Textilien, um Wiederverwendung und Recycling zu fördern.

    Eigene Ziele für Umgang mit Abfällen

    Das Ziel ist außerdem, die Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus des Textilsektors zu reduzieren. Produktionsprozesse sollen weniger energie- und wasserintensiv werden, die Verwendung und Freisetzung von Schadstoffen vermieden und der Material- und Verbrauchsfußabdruck verringert werden. Ökodesign-Anforderungen sollen für Textil- und Schuhprodukte vorrangig angenommen werden. Bei der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie soll die EU-Kommission gesonderte Ziele für die Vermeidung, Sammlung, Wiederverwendung und das Recycling von Textilabfällen sowie für das Ende der Deponierung von Textilien festlegen.

    Am Mittwoch hatte das Parlament des Einsturzes der Bekleidungsfabrik Rana Plaza in Bangladesch gedacht, bei dem 1134 Menschen ums Leben kamen und der sich zum zehnten Mal jährte. Dieses Ereignis war ein wesentlicher Auslöser für den Beschluss einer EU-Strategie für nachhaltigere Textilien gewesen.

    Der Bericht wird nun an die Kommission übermittelt, die über die Einbringung der Forderungen entscheidet. Im Zuge der Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie will die Kommission Anfang Juli auch Vorschläge für eine Überarbeitung der Vorgaben zu Textilien vorlegen. leo

    Neues Einheitspatent gilt (fast) in der ganzen EU

    Seit dem 1. Juni ist in der EU ein einheitliches Patentsystem in Kraft. Es bietet eine zentrale Anlaufstelle, um Patente in einem Großteil der EU anzumelden und durchzusetzen. Das Unitary Patent System bedeutet geringere Kosten, weniger Papierkram und weniger Verwaltungsaufwand – vor allem für KMU. Allerdings nehmen nur 17 EU-Mitgliedstaaten an dem neuen System teil, die rund 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU abdecken. Kroatien, Polen und Spanien etwa sind aktuell nicht dabei. Die deutsche Industrie und das deutsche Patentamt begrüßten die Einführung.

    Mit dem einheitlichen Patentsystem entfällt die Notwendigkeit, sich in einem komplexen Flickenteppich nationaler Patentgesetze und -verfahren zurechtzufinden. Auch die kostspieligeren nationalen Validierungsanforderungen entfallen, die für europäische Patente gelten.

    Erstes gemeinsames Zivilgericht

    Zum einheitlichen Patentsystem gehören zwei Elemente:

    • das Einheitspatent, das mit einem Antrag auf einheitliche Wirkung beim Europäischen Patentamt (EPA) erlangt werden kann, nachdem ein europäisches Patent nach den bestehenden Regeln erteilt wurde
    • das Europäische Patentgericht (Unified Patent Court, UPC), das auf einem internationalen Übereinkommen (UPC Agreement) beruht.

    Das neue Gericht ermöglicht zentralisierte Rechtsstreitigkeiten über die Einheitspatente und ist auch für nicht-einheitliche europäische Patente zuständig. Die Kosten für die Aufrechterhaltung eines Einheitspatents (durchschnittliche Geltungsdauer zehn Jahre) liegen bei 5.000 Euro und damit bis zu sechsmal niedriger als die Kosten für einen gleichwertigen Schutz heute.

    Industrie begrüßt das Einheitspatent

    Das Einheitspatent biete Unternehmen eine weitere Möglichkeit in ihrer Patentstrategie und eine willkommene Ergänzung, um Erfindungen zu schützen, teilte das Deutsche Marken- und Patentamt auf Anfrage mit. “Besonders das Europäische Patentgericht ist ein Meilenstein, denn es ist Europas erstes gemeinsames Zivilgericht und könnte daher Vorbild für andere Rechtsgebiete sein.”

    Das Einheitliche Patentgericht und das EU-Einheitspatent seien “elementare Bestandteile zur Förderung von Innovationen, Investitionen und nachhaltigem Wirtschaftswachstum in Europa”, sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Die deutsche Industrie setze “auf ein effektives europäisches Patentsystem, das den Schutz des geistigen Eigentums in Europa verbessert.” Plöger kritisierte jedoch, dass der aktuelle Vorstoß der EU-Kommission zur Einführung von Unionszwangslizenzen zur Krisenbewältigung kontraproduktiv sei. “Das wirft einen Schatten auf die dringend erwarteten Verbesserungen zum Schutz geistiger Eigentumsrechte.”

    Jahrzehntelange Verhandlungen

    Das Einheitspatentsystem ist eine historische Errungenschaft, die erst nach Jahrzehnten zustande kam. Seit den 1970er-Jahren haben die Mitgliedstaaten mehrere Versuche unternommen, ein Gemeinschaftspatent einzuführen, die jedoch nicht erfolgreich waren. Im Jahr 2000 legte die Kommission die ersten Vorschläge für die beiden aktuellen EU-Verordnungen (Unitary Patent Protection Regulations: Reg. 1257/2012 und Reg. 1260/2012) vor, auf denen das Einheitspatentsystem beruht. vis

    • BDI
    • Europapolitik

    Gewerkschaftsbund drängt auf Einigung zu Plattformarbeit

    Der Europäische Gewerkschaftsbund ETUC hat in einem offenen Brief an die Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten auf einen raschen Kompromiss bei der Plattform-Richtlinie gedrängt. Es sei wichtig, beim kommenden Treffen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EPSCO) im Juni ein allgemeines Mandat für die Richtlinie zu erreichen, heißt es in dem Schreiben, das am Donnerstag veröffentlicht wurde.

    Am Mittwoch war bereits das zweite Treffen der Ständigen Vertreter binnen weniger Tage ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Richtlinie soll Scheinselbstständigkeit bei Digitalplattformen einschränken und dafür sorgen, dass Arbeiter korrekt entweder als Arbeitnehmer oder Selbstständige klassifiziert werden. Dafür vorgesehen ist ein Verdachtsmechanismus, der in seiner Reichweite stark umstritten ist.

    ETUC appellierte an Kritiker als auch Befürworter der Gesetzesinitiative, sich aufeinander zuzubewegen. Jede weitere Verzögerung des Prozesses würde digitale Arbeitsplattformen nur dazu ermutigen, “sich weiterhin ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen und ihr Geschäftsmodell, das auf der Verweigerung von Beschäftigung, Mindestlohn und Arbeitsschutz beruht, auf neue Sektoren unserer Wirtschaft auszuweiten”, heißt es im Brief.

    Monatelanger Streit

    Der Streit im Rat um die Richtlinie schwelt schon seit Monaten. Ende vergangenen Jahres war eine Einigung der Minister, damals noch unter der tschechischen Ratspräsidentschaft, gescheitert. Schweden, das derzeit den Rat anführt, versuchte für das Treffen im AStV am Mittwoch mit einem erneut veränderten Kompromisstext, den Weg zum Trilog freizumachen. Das Parlament hatte sich bereits im Februar auf sein Mandat geeinigt.

    Einer der neuen Vorschläge der schwedischen Ratspräsidentschaft war, dass nationale Regelungen zur Klassifizierung von Beschäftigten durch die Richtlinie beibehalten werden können, wenn diese die Arbeiter besserstellen würden. Zudem hatte der nun abgewiesene Kompromiss vorgesehen, dass eine zusätzliche Definition eingeführt wird, die klarstellt, dass die Bedingungen für die Vermutung eines Angestelltenverhältnisses nur dann gelten sollen, wenn die Geschäftsbedingungen einseitig von der digitalen Arbeitsplattform festgelegt werden.

    Sollten die Verhandlungen weiter vertagt werden und in die Amtszeit des spanischen Ratsvorsitzes verlagert werden, drohe der Prozess nicht innerhalb des laufenden institutionellen Mandats abgeschlossen werden zu können, betont ETUC. lei

    • Arbeit
    • Europäischer Rat
    • Plattformen

    Presseschau

    Europäischer Gipfel nahe der Grenze – Die Botschaft aus Moldau an Moskau: Du bist isoliert, Russland RND
    Maia Sandu mahnt EU zu Unterstützung für Moldau und Ukraine ZEIT
    Deutschland und Frankreich fordern Neuwahlen im Norden Kosovos ZEIT
    Menschenrechte und Umweltschutz: EU-Parlament stimmt für strenges Lieferkettengesetz MANAGER-MAGAZIN
    EU tritt Istanbul-Konvention gegen Gewalt gegen Frauen bei ZEIT
    EU-Parlament bringt Bericht gegen ausländische Einmischung auf den Weg EURACTIV
    EU-Parlament gegen Ungarns Ratsvorsitz WIENERZEITUNG
    Migration: Die abschreckende Ruanda-Strategie wird zum Testfall für die EU WELT
    “Von der Leyen hat sich verzockt”: Zinsanstieg strapaziert EU-Budget HANDELSBLATT
    EU-Kommissar: EU soll systemrelevante Unternehmen aufkaufen EURACTIV
    EU-Nitratrichtlinie: Deutschland entgeht Strafe TAZ
    Bauern lehnen EU-Naturschutzgesetz ab EURONEWS
    EU-Häfen sollen zur Klimaneutralität beitragen MERKUR
    EU: Aufseher warnen vor “Greenwashing” im Finanzsektor SUEDDEUTSCHE
    EU-Parlament will gegen “Fast-Fashion” vorgehen MERKUR
    Copernicus-Bericht: Heftige Waldbrände sorgen für Rekordemissionen TAGESSCHAU
    EU-Kleinanlegerstrategie: Weiterbildung für Finanzberater – EU-Kommission will neue Regeln einführen DASINVESTMENT
    EU-Gesundheit: 19% der Bulgaren können sich keine Medikamente leisten EURONEWS
    Antimikrobielle Resistenzen – EU-Parlament: Weniger Antibiotika in Europa einsetzen! AERZTEZEITUNG
    EU-Technikchefin drängt auf freiwilligen Verhaltenskodex für KI-Branche COINTELEGRAPH
    Twitter to Face Stress Test This Month, Top EU Tech Regulator Says WSJ

    Heads

    Markus Gleichmann – Europa im Bürgerdialog

    Markus Gleichmann ist europa- und energiepolitischer Sprecher der Linken im Thüringer Landtag.

    Das Dorfleben hat Markus Gleichmann politisiert. Mit 14 Jahren zog er gemeinsam mit seinen Eltern von Jena ins ländliche Eichenberg bei Kahle, etwa 20 Kilometer südwärts. Schlechte Mobilität, Zukunftsängste, soziale Spannungen, Konflikte zwischen Links und Rechts – Stoff zum Debattieren gab es im ländlichen Raum genug. In der Kleinstadt kam Gleichmann schnell in Kontakt mit aktiven Kommunalpolitikern in Stadt und Kreis, seine ersten ehrenamtlichen Schritte in die Politik hinein waren also nicht weit, er war da gerade einmal 21 Jahre alt. Seine politische Heimat fand Gleichmann später bei der Linken.

    Heute ist der 37-Jährige Mitglied des Thüringer Landtages und europa- und energiepolitischer Sprecher. In dieser Rolle versucht er, eine politische Brücke zwischen dem Bundesland und Brüssel zu bauen. Gerade bei seinem Herzensthema, der Nachhaltigkeit, ginge das besonders gut, erzählt er. “Dass wir die nachhaltige Transformation nicht in Thüringen allein hinbekommen, das sollte jedem klar sein”, sagt Gleichmann. Und da passiere in Brüssel gerade “unendlich viel”.

    Wiege des Bauhauses und Standort für Automobilzulieferer

    Thüringen ist die Wiege des Bauhausstils, spielt als Zulieferer der Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Kompetenzen und Interessen, die auch in der Transformationsdebatte in Brüssel einen wichtigen Beitrag leisten können. “Ich möchte den Thüringern die Chancen von europäischer Politik vermitteln und ihnen auch eine Stimme in Brüssel sein”, sagt Gleichmann.

    Dass das nicht immer einfach ist, sei ihm bewusst, sagt er. “Wir müssen immer wieder deutlich machen, dass die EU mehr ist als Futtermittelverordnungen und Krümmungsgradvorschriften für Gurken”, sagt er. “Es geht auch um Friedenssicherung und Themen, für die unser Land zu groß ist.” Mit dieser Botschaft beackert Gleichmann so viele Bürgerdialogveranstaltungen der Region, wie er schafft. Für die Konferenz zur Zukunft Europas sammelten die Vertreter verschiedenster Länder konkrete Wünsche und Änderungsvorschläge für die EU ein und stellten sie in einem Abschlussbericht zusammen. “Da stecken großartige Möglichkeiten drin”, sagt Gleichmann.

    Bücher über die NS-Geschichte

    Auch bei seinem Hobby darf es gerne politisch werden. In seiner Freizeit forscht Gleichmann gerne in der Geschichte. Er schrieb zwei Bücher zur Aufarbeitung der NS-Zeit in seiner Heimatregion. 2009 erschien das erste, Titel: “Düsenjäger über dem Walpersberg”. Darin geht es um ein ehemaliges, unterirdisches Flugzeugwerk in Kahla, in dem die Nationalsozialisten Kampfflugzeuge von etwas 13.000 Zwangsarbeitern bauen ließen. Zwei Jahre später veröffentlichte er das Buch “Geheimnisvolles Thüringen – Militärobjekte des Dritten Reiches”, auch in diesem beschäftigte er sich mit den unterirdischen Rüstungsbetrieben der Region.

    Die Aufarbeitung der NS-Geschichte ist notwendig und wichtig“, sagt Gleichmann. Kürzlich war er tief in den alten Lagerstollen eines Außenlagers des KZ-Buchenwald. Während der NS-Zeit wurden dort jüdische Gefangene des Konzentrationslagers zur Zwangsarbeit hinuntergeschickt. Recherche für ein neues Projekt von ihm. “Es hat viele Diskussionen gebraucht, bis wir dort reindurften. Aber da war ich hartnäckig und konnte so wichtige Akteure miteinander vernetzen.” Wenn Gleichmann dann doch mal abschalten will, von den ganzen schweren Themen? “Dann gehe ich Bergsteigen und bin in der Natur unterwegs.” Pascal Mühle

    • Die Linke
    • Thüringen

    Europe.Table Redaktion

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