Larry the Cat, der berühmte Kater aus der Downing Street, bekommt wieder mal einen neuen Mitbewohner: Voraussichtlich heute wird Rishi Sunak zum neuen britischen Premierminister ernannt. Sunak ist Brexit-Befürworter der ersten Stunde, im Sommer machte er mit einem Videoclip auf sich aufmerksam, in dem er stapelweise EU-Gesetze in den Papierschredder schiebt. EU-Ratschef Charles Michel schickte gestern Gratulationen nach London und erinnerte dabei an die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen EU und UK.
Die EU-Kommission will die Standards für saubere Luft kräftig verschärfen. Aus einem Entwurf für die Luftreinhaltungsrichtlinie, die Europe.Table vorliegt, geht hervor, dass die Grenzwerte für wichtige Luftschadstoffe im Jahr 2030 zum Teil mehr als halbiert werden sollen. Falls dieser Entwurf umgesetzt wird, drohen Fahrverbote in vielen europäischen Innenstädten und Ballungsgebieten, wie Markus Grabitz analysiert.
Das Papier wird auch Thema bei der heutigen Diskussion sein, zu der wir Sie herzlich einladen: Über die Luftreinhaltungsrichtlinie und Euro 7 spricht Markus Grabitz mit dem grünen Klimapolitiker Michael Bloss, mit Motorenexperte Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie mit Benjamin Krieger, Generalsekretär vom europäischen Verband der Automotive-Zulieferer Clepa. Los geht’s um 10 Uhr. Melden Sie sich hier kostenfrei an.
Bei der Sicherung kritischer Rohstoffe wollen die EU und ihre Mitgliedstaaten künftig strategischer vorgehen. Doch nur wenige Länder können eine konkrete Strategie vorweisen. Leonie Düngefeld hat sich genauer angesehen, was Deutschland, Frankreich, Österreich und weitere Staaten im Bereich Rohstoffe bereits festgelegt haben oder noch planen.
Die Umwelt- und Klimaminister der EU-Länder wollen das bei der UN hinterlegte EU-Klimaziel erhöhen. Das soll “so bald wie möglich” geschehen – allerdings nicht mehr vor der anstehenden Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh. Mehr lesen Sie in den News.
Die EU-Kommission will die Luftreinhaltungsstandards kräftig verschärfen. Der Entwurf für die Luftreinhaltungsrichtlinie, den die Kommission am Mittwoch beschließen will und der Europe.Table vorliegt, sieht vor, dass die Grenzwerte für wichtige Luftschadstoffe im Jahr 2030 teils mehr als halbiert werden sollen. Beim Luftschadstoff Stickstoffoxid soll der zulässige durchschnittliche Jahreswert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft auf 20 Mikrogramm gesenkt werden. Stickstoffoxid wird in hohen Dosen von Dieselmotoren älterer Bauart ausgestoßen. Der Grenzwert für diesen Luftschadstoff wurde über Jahre in Stuttgart und vielen anderen Ballungsgebieten massiv überschritten. Deswegen wurden Fahrverbote verhängt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2021 schärfere Richtwerte etwa für Feinpartikel (PM 2,5 und 10), Stickstoffoxid, Ozon, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid beschlossen. Die Kommission schlägt nun vor, dass sich die Grenzwerte in der EU bis 2030 den WHO-Richtwerten annähern. Eine 1:1-Umsetzung, wie sie Teile des Parlaments und Umweltorganisationen fordern, ist aber nicht vorgesehen. “Es wird eine Verpflichtung zur Verringerung der durchschnittlichen Exposition für Feinstaub und Stickstoffdioxid in Richtung des Niveaus in der Empfehlung der WHO geben”, heißt es wörtlich in dem Dokument.
Die Grenzwerte für Feinpartikel (PM 2,5) sollen von 25 Mikrogramm auf künftig zehn Mikrogramm gesenkt werden. Die WHO fordert, dass der Wert bei 5 Mikrogramm liegt. Bei Feinstaub (PM 10) soll der Grenzwert von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm halbiert werden. Die WHO fordert, dass der Grenzwert bei zehn Mikrogramm liegt. Grenzwerte für Benzene, Nitrogendioxide, Carbonmonoxide und Schwermetalle wie Blei, Arsen, Kadmium und Nickel sind ebenfalls geplant. Die Kommission schlägt vor, die neuen Grenzwerte Ende 2028 noch einmal im Licht des dann aktuellen wissenschaftlichen Stands zu überprüfen und gegebenenfalls noch einmal zu verschärfen.
Bei der Überprüfung der Luftreinhaltung kommt es nicht nur auf die Grenzwerte, sondern auch auf die Vorgaben für die Positionierung der Messstellen an. Nach einer Kurz-Analyse des Kommissionsvorschlags durch Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), will die Kommission an den Kriterien für die Messstellen nichts ändern. Weiterhin könne unmittelbar am Straßenrand gemessen werden. Wie aus Annex IV des Vorschlags hervorgeht, müssten die Messstationen im Abstand von maximal zehn Metern von der Fahrbahn aufgestellt werden. Auch Messstationen direkt neben der Fahrbahn seien erlaubt.
Im vergangenen Jahr, für das alle Messergebnisse vorliegen, sei an mehr als einem Drittel der straßennahen Umweltmessstationen in Deutschland ein höherer Stickstoffoxid-Wert im Jahresmittel gemessen worden als 20 Mikrogramm. Spitzenreiter war die Messstation an der Landshuter Allee in München mit einem Jahresmittelwert von 49 Mikrogramm. Zwar sinkt die Belastung durch Luftschadstoffe durch den Flottenaustausch kontinuierlich. Doch drohten mit einer Halbierung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid auch noch im Jahr 2030 flächendeckende Fahrverbote in vielen Innenstädten Deutschlands, so Koch weiter.
Die EU-Kommission hatte gegen Deutschland und zahlreiche andere Mitgliedstaaten in der Vergangenheit Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH angestrengt, weil die Grenzwerte über Jahre massiv verletzt wurden. Klagen der Deutschen Umwelthilfe vor deutschen Gerichten setzten streckenbezogene Fahrverbote sowie das flächendeckende Fahrverbot in der Stuttgarter Innenstadt für ältere Dieselfahrzeuge durch. Nach Einschätzung von Thomas Koch drohen bei der Umsetzung des vorliegenden Vorschlags neue Fahrverbote. Koch sagte Europe.Table: “Die Richtlinie ist so gefasst, dass die Strategie der Kommission zum Ausdruck kommt, für weitere Fahrverbote in den Innenstädten zu sorgen.”
Fahrverbote könnte es nicht nur für Diesel und Benziner geben. Auch batterieelektrische Fahrzeuge und Autos mit Hybridantrieb wären betroffen. Schärfere Grenzwerte für Feinstaub könnten zu Fahrverboten für E-Autos führen: Da sie deutlich schwerer sind als Verbrenner, ist der Abrieb von Reifen und Bremsen und damit die Feinpartikelemission höher. Der Entwurf sieht erstmals auch “Alarmschwellen für kurzfristige Maßnahmen bei Spitzenbelastungen durch Feinstaub (PM 10 und PM2,5) vor”, heißt es in dem Text.
Der Pfullendorfer CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins sagte: “Der Vorschlag der Kommission zur Luftreinhaltung kommt zu einem sehr schlechten Zeitpunkt.” Derzeit gebe es “Wichtigeres” zu tun, als die Grenzwerte drastisch zu verschärfen. “Die Luft in Europa verbessert sich stetig.” Lins hatte in der vergangenen Wahlperiode im Europaparlament ein Gutachten zur Überprüfung der Kriterien für Messstationen durchgesetzt. “Ich begrüße, dass die Kommission die Standards für die Messpunkte harmonisieren und für eine transparente Übermittlung der Daten sorgen will.”
Striktere und klare Regeln für nationale Luftqualitätspläne spielten auch eine wichtige Rolle. Für ihn, so Lins weiter, sei es wichtig, praktikable Lösungen für bessere Luft in den Innenstädten zu finden. “Mögliche Lösungen sind Anreize für emissionsärmere Antriebe im Verkehr oder Filterlösungen als Alternative.” Lins: “Ein Diesel- oder Fahrverbot ist der falsche Ansatz.”
Mit der Rohstoffinitiative formulierte die Europäische Kommission 2008 erstmals eine Strategie – mit dem Ziel, die Versorgung mit nichtenergetischen Rohstoffen in der EU zu sichern. Die europäische Rohstoffpolitik basiert seitdem auf drei Säulen, die auch in den nationalen Debatten wiederzufinden sind: der Diversifizierung der Bezugsquellen von Primärrohstoffen aus Drittländern, der Stärkung heimischer Bezugsquellen und der Stärkung von Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft.
Im Vergleich der Mitgliedstaaten ist der Bedarf an Rohstoffen je nach Größe und Struktur der Industrie unterschiedlich. Deutschland hat laut Daten von Eurostat nicht nur EU-weit den größten Rohstoffverbrauch, sondern ist auch im globalen Vergleich einer der größten Verbraucher von verschiedenen Industriemetallen wie Kupfer und Nickel. Im EU-Ranking folgen Frankreich, Polen und Italien. In Schweden hingegen geht es vor allem um den Abbau von Rohstoffen.
Die erste Rohstoffstrategie der Bundesregierung von 2010 wird von verschiedenen Expertinnen als erfolglos bezeichnet: An den Abhängig- und Anfälligkeiten der Lieferketten hat sich seitdem wenig geändert. 2020 folgte eine neue Strategie, die sich jedoch nicht sehr von der ersten unterscheidet. Es bleibe zudem unklar, heißt es in einer Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), “wie sich eine nationale deutsche Strategie zu einem gemeinsamen europäischen Ansatz verhält”.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte ursprünglich angekündigt, eine überarbeitete Strategie vorzulegen. Minister Robert Habeck und die zuständige Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner erklärten zuletzt, man arbeite stattdessen an Eckpunkten, um diese in die europäische Rohstoffgesetzgebung und in die deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie einfließen zu lassen. Brantner verkündete außerdem, die Beteiligung an Projekten entlang der Wertschöpfungskette könne durch “einen gemeinsamen deutsch-französischen, wenn möglich europäischen Rohstoff-Fonds” gestärkt werden.
Das Bundesumweltministerium hat eine Kreislaufwirtschaftsstrategie für 2024 angekündigt. Ob darin auch konkrete und sogar sektorspezifische Ziele zur Reduktion des Rohstoffverbrauchs stehen werden, ist noch nicht klar. Die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hoffmann hatte vergangene Woche angekündigt, das Ministerium werde ein Forschungsvorhaben zu dieser Frage beginnen.
Im Januar 2022 stellte Philippe Varin, der ehemalige Vorsitzende des Verbands France Industrie, der französischen Regierung einen Bericht vor. Drei Monate zuvor war er von den französischen Ministerien für Industrie und für ökologischen Wandel mit einer Mission zur Sicherung der Versorgung der Industrie mit mineralischen Rohstoffen beauftragt worden. Varin sollte gemeinsam mit der französischen Industrie den Grad der Versorgungssicherheit bei Metallen bewerten, die Bedarfe ermitteln und eine Arbeitsorganisation der privaten und öffentlichen Akteure vorschlagen, um Produktionsketten von kritischen Metallen resilienter zu machen. Varins Bericht konzentrierte sich vor allem auf Metalle für Batterien (Nickel, Kobalt, Lithium) und Permanentmagnete (Seltene Erden).
Die französische Regierung leitete aus dem Bericht fünf strategische Schwerpunkte ab:
Österreich, das ebenfalls zu den EU-Staaten mit einem hohen Rohstoffbedarf gehört, übersetzte 2012 die europäische, auf drei Säulen gestützte Strategie in ein nationales Papier. 2019 verkündete die damalige Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ einen breiter angelegten Prozess, um eine neue Strategie zu entwickeln. Im Dezember 2021 stellte die damalige österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) den Masterplan Rohstoffe 2030 vor, ein Paket mit Maßnahmen in Bezug auf die gesamte Rohstoffwertschöpfungskette. Für Irritationen sorgte bereits die Federführung des Landwirtschaftsministeriums, mehr noch der anschließende Wechsel ins Finanzressort. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte zu Europe.Table, die folgenden Schritte seien bereits umgesetzt worden:
“Der Masterplan Rohstoffe 2030 ist als Teil einer nationalen industriestrategischen Ausrichtung, eingebettet in das internationale Umfeld, zu verstehen”, sagte der Sprecher. “Wir gehen davon aus, dass eine Kompatibilität zu einem EU Raw Materials Act gegeben sein wird.”
Das österreichische Klimaschutzministerium hat im vergangenen Jahr außerdem einen Entwurf für eine Kreislaufwirtschaftsstrategie vorgelegt. Darin stehen konkrete Ziele für die Reduktion des Ressourcenverbrauchs: Der inländische Materialverbrauch soll bis 2030 um 25 Prozent gesenkt werden; bis 2050 soll der Materialverbrauch pro Kopf und Jahr 7 Tonnen betragen (eine Reduktion von 56 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015).
Die Niederlande verfolgen ein solches Ziel schon länger: Bis 2030 will die Regierung hier den Verbrauch an Primärrohstoffen (Mineralien, fossile Rohstoffe und Metalle) um die Hälfte senken. Dies ist in der 2016 beschlossenen Kreislaufwirtschaftsstrategie festgelegt.
Die Strategie orientiert sich an drei Prinzipien:
Als größte Bergbau-Nation der EU setzt Schweden mit seiner Mineralienstrategie von 2013 eine andere Priorität: Sie soll vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der Bergbauindustrie beibehalten und ausbauen. Einige schwedische Bergbauunternehmen sind in ihren jeweiligen Sektoren weltweit führend und besitzen bedeutende Marktanteile.
Die Strategie ist auf fünf Hauptziele ausgerichtet:
Daraus ergeben sich elf Handlungsfelder wie Ressourceneffizienz, Förderung von Investitionen oder Förderung der lokalen Gemeinschaft.
Ende Juli, inmitten des Tumults um den Rücktritt Boris Johnsons, stellte der damalige britische Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie Kwasi Kwarteng die Rohstoffstrategie für das Vereinigte Königreich vor. Ihre Ziele: die heimischen Kapazitäten ausbauen, mit internationalen Partnern zusammenarbeiten und die internationalen Märkte reaktionsfähiger, transparenter und verantwortungsvoller gestalten.
Experten halten die Strategie für ehrgeizig, jedoch ist nun abzuwarten, wie es mit einer neuen Regierung weitergeht. Da die Strategie zudem direkt vor der Sommerpause veröffentlicht wurde, haben die Interessensgruppen erst verzögert Stellung nehmen können. Verschiedene Gruppen aus der Zivilgesellschaft versuchen, noch vor der COP 27 Anfang November eine gemeinsame Kritik zu formulieren.
26.10.2022 – 09:30-10:45 Uhr, online
Euractiv, Workshop Integration von GAP und Green Deal – Die Zukunft nachhaltiger Landwirtschaft?
Euractiv diskutiert die neue Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) im Kontext des Green Deal. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Roundtable The matrix: sustainable reporting requirements
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) brings together stakeholders and policymakers to discuss substantive issues around hydrogen. INFOS & REGISTRATION
26.10.2022 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
TÜV Rheinland, Conference Fokus Connected oder E-Car?
Der TÜV Rheinland geht der Frage nach, was von den Bemühungen um zukünftige Elektro-Reichweiten zu halten ist. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Book Presentation Capacity Mechanisms in the EU Energy Markets
The Florence School of Regulation (FSR) discusses the second edition of the “Capacity Mechanisms in the EU Energy Markets” book. INFOS & REGISTRATION
26.10.2022 – 15:00-17:00 Uhr, München
CECE Europe – India Day
The Committee for European Construction Equipment (CECE) discusses the economic relationship between Europe and India. REGISTRATION
26.10.2022 – 16:30-18:30 Uhr, Düsseldorf
BVMW, Vortrag Gefahr Cybercrime – Möglichkeiten der Absicherung
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) informiert über aktuelle Gefahren, Schutz- und Versicherungsmöglichkeiten vor Angriffen aus dem Internet. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 18:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Landesvertretung NRW bei der EU Wasserstoff als Game Changer: Wie lokale Initiativen die Gasdekarbonisierung vorantreiben
Die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens bei der EU beschäftigt sich mit der Gasdekarbonisierung durch lokale Initiativen. ANMELDUNG
27.10.2022 – 09:30-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Hydrogen Europe, Panel Discussion Hydrogen: Breaking barriers while answering the climate change questions
Hydrogen Europe discusses with senior women industry leaders about ambition, diversity and getting things done. INFOS & REGISTRATION
27.10.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
Digital Europe, Roundtable Digitalisation of the Energy Ecosystem Roundtable
Digital Europe brings together digital suppliers and users of digital services to discuss business benefits, opportunities and challenges for the EU. INFOS & REGISTRATION
27.10.2022 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion Border Carbon Adjustments in the EU: Launch of Report on Crediting of Climate Policies and Comparing Level of Effort under the CBAM
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) reports on CBAM alignment with evolving circumstances, presents its own recommendations, and discusses its analysis with experts. INFOS & REGISTRATION
Die Umwelt- und Klimaminister der 27 EU-Mitgliedstaaten wollen das bei der UN hinterlegte Klimaziel der EU “so bald wie möglich” erhöhen. In ihren Schlussfolgerungen zur Vorbereitung der Weltklimakonferenz im November (COP 27) heißt es, dass der sogenannte national festgelegte Beitrag (NDC) nach Abschluss der Verhandlungen zum Fit-for-55-Paket aktualisiert werden soll. Das bedeutet, dass die EU ihr Klimaziel (55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 im Vergleich zu 1990) vor der COP 27 nicht mehr erhöht, sondern voraussichtlich erst im kommenden Jahr, wenn die Triloge abgeschlossen sind.
Das Dokument, das beim Umweltrat am Montag in Luxemburg verabschiedet wurde, ist gleichbedeutend mit dem EU-Verhandlungsmandat in Sharm el-Sheikh. Die EU-Staaten fordern unter anderem, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe zu beenden und dass das 100-Milliarden-Versprechen zur Klimafinanzierung durch die Industrieländer spätestens im kommenden Jahr erreicht wird.
Das EU-Parlament hatte in seiner Resolution zur COP 27 vergangene Woche insbesondere gefordert, dass die Industrieländer ihrer Verantwortung als Hauptverursacher des Klimawandels gerecht werden. So soll das Thema “Loss and Damage” auf die Agenda bei der COP 27 gehoben werden. Das würde bedeuten, dass die Industrieländer mit den Ländern des globalen Südens über mögliche Ausgleichszahlungen für Schäden und Verluste als Folge des Klimawandels sprechen. Einige EU-Staaten, aber auch die USA, sehen das kritisch.
Die Mitgliedstaaten haben sich zwar darauf geeinigt, dass das Thema in Sharm el-Sheikh auf der Agenda landen soll und dass die Unterstützung “für gefährdete Länder, Bevölkerungsgruppen und gefährdete Gruppen weiter ausgebaut werden muss”. Doch Art und Umfang der Unterstützung ließ der Umweltrat offen.
Das Parlament hatte gefordert, dass sich die EU für die Einrichtung einer Loss-and-Damage-Facility einsetzt. Mit diesem Finanzinstrument könnten Schäden und Verluste in Entwicklungsländern kompensiert werden. Grünenpolitiker und EU-Abgeordneter Michael Bloss kritisiert daher, dass die EU-Länder zu wenig engagiert beim Thema Loss and Damage seien. Es gehe darum, dass das Geld auf den Tisch kommt, sagte er am Montag.
Die Resolution des Parlaments ist für das EU-Verhandlungsmandat auf der COP 27 allerdings nicht maßgebend. Auch die Kommission erfüllt lediglich eine beratende Funktion. Die europäische Verhandlungsposition wird offiziell einzig von den Mitgliedstaaten bestimmt, vertreten durch die tschechische Ratspräsidentschaft. luk
Deutschland muss mehrere Millionen Euro für verfehlte Klimaziele in den Jahren 2013 bis 2020 zahlen. Es gehe dabei vor allem um zu viel ausgestoßene CO2-Emissionen, insbesondere im Verkehrs- und Gebäudebereich, teilte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) am Montag in Berlin mit. Die Vorgaben zur CO2-Reduktion für Deutschland stammen aus der Lastenteilungsverordnung der EU (Effort Sharing Regulation/ESR). Darin sind Reduktionsziele für jene Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels festgelegt.
EU-weit wurden die Emissionsgrenzen der ESR insgesamt allerdings unterschritten. “In der Konsequenz kaufen wir nun Emissionsrechte von EU-Staaten, die ihre Klimaziele übererfüllt haben”, sagte Staatssekretär Sven Giegold. Nutznießer sind laut Wirtschaftsministerium Bulgarien, Ungarn und Tschechien. In Ungarn sollen nach dem Ausgleich zusätzliche Elektrobusse angeschafft, in Tschechien die energetische Sanierung von Immobilien gefördert und in Bulgarien Schulen saniert werden.
Insgesamt muss Deutschland über 11 Millionen sogenannte Annual Emission Allowances (AEA) erwerben. Die genaue Summe, die Deutschland für die Emissionsrechte ausgeben muss, wird laut BMWK erst nach vollständigem Abschluss des Ankaufs bis spätestens Ende Februar 2023 feststehen.
Giegold führt Deutschlands Verfehlung seiner Klimaziele auf die “schwache Klimapolitik” der großen Koalition aus Union und SPD zurück. Diesmal komme man noch einmal günstig davon. “Bei weiterem Verfehlen unserer Klimaziele werden wir weit höhere Strafzahlungen begleichen müssen”, so Giegold. Hintergrund ist die Verschärfung der Reduktionsziele durch die ESR-Reform. rtr/luk
Bundeskanzler Olaf Scholz will den Wiederaufbau der Ukraine nach einem Ende des Krieges ganz auf eine EU-Mitgliedschaft des Landes ausrichten. “Wenn wir die Ukraine wiederaufbauen, dann tun wir das mit dem Ziel der Ukraine als EU-Mitglied im Kopf”, sagte der SPD-Politiker am Montag auf einem Wirtschaftsforum in Berlin. Die Verkehrsinfrastruktur sowie der Logistik- und Transportsektor müssten so aufgebaut werden, dass das Land problemlos an die EU angebunden werden könne.
Die Beitrittsperspektive solle auch als Signal an private Investoren verstanden werden. “Wer heute in den Wiederaufbau der Ukraine investiert, der investiert in ein künftiges EU-Mitgliedsland, das Teil sein wird unserer Rechtsgemeinschaft und unseres Binnenmarkts”, sagte Scholz.
Der Kanzler verwies darauf, dass über 2000 deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv seien, andere wollten so schnell wie möglich zurück. Er appellierte an die ukrainische Regierung, die Rahmenbedingungen für Investitionen ihrerseits weiter zu verbessern. Er nannte mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Transparenz und einen noch entschiedeneren Kampf gegen die Korruption.
Scholz sagte der Ukraine auch erneut weitere militärische Hilfe zu, insbesondere zum Schutz von Angriffen aus der Luft. Man werde die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig sei. dpa
Der einheitliche Ladestandard USB-C für Smartphones und andere Geräte in der Europäischen Union kommt. Der Rat der EU-Staaten gab am Montag die endgültige Zustimmung für die neue Regelung. “Ein Ladegerät, das für mehrere Geräte geeignet ist, spart Geld und Zeit und hilft uns außerdem, Elektroschrott zu vermeiden“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Síkela im Namen der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft.
Die neuen Regeln gelten ab Herbst 2024. Neben Smartphones fallen unter anderem auch Tablets, E-Reader, Digitalkameras, Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und Tastaturen darunter. Für Laptops gelten die Vorgaben, auf die sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments im Juni verständigt hatten, dann ab Frühjahr 2026. Kritiker monieren, das Vorhaben bremse Innovation aus. dpa
Als Lehre aus der Corona-Pandemie hat sich die EU für kommende Gesundheitskrisen neu aufgestellt. Nach endgültigen Entscheidungen der EU-Staaten vom Montag wird die Gesundheitsbehörde ECDC gestärkt und die Zusammenarbeit über Landesgrenzen ausgebaut. Die EU-Kommission wird erstmals dazu in der Lage sein, einen EU-weiten Gesundheitsnotstand auszurufen und damit ein koordiniertes Vorgehen etwa beim Kauf und der Lagerung von wichtigen Gütern auszulösen. Zudem können Produktionskapazitäten kurzfristig hochgefahren werden.
Mit den Beschlüssen bekommt die EU neue Hebel, Gesundheitskrisen zu managen, die mehrere EU-Staaten oder die ganze Gemeinschaft treffen. Bis zur Corona-Pandemie hatte Brüssel in Gesundheitsfragen kaum etwas zu sagen. Das Mandat der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA wurde infolge der Pandemie bereits erweitert.
“Die zentralen Säulen unserer Europäischen Gesundheitsunion sind nun vorhanden”, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. “Die Pandemie hat gezeigt, dass wir mehr Europa im Bereich der öffentlichen Gesundheit und eine stärkere Kapazität zum Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren brauchen.” dpa
Bei den Kommunalwahlen im Nato-Land Montenegro hat das pro-westliche Lager um Präsident Milo Ðukanović am Sonntag Verluste erlitten. In der Hauptstadt Podgorica erhielt die Präsidentenpartei DPS zwar die meisten Stimmen, dürfte aber die Macht an eine Koalition pro-serbischer Parteien verlieren, berichteten Medien am Montag. Die DPS unterlag in fünf von acht Städten, in denen sie bislang den Bürgermeister stellte, meldete das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTCG.
In Montenegro kämpfen Pro-Serben und Anhänger der Westbindung erbittert um die Macht. Am Sonntag hatten 14 von 25 Gemeinden inmitten einer schweren politischen Krise neue Gemeindevertretungen gewählt. Im August hatte das Parlament der mehrheitlich pro-serbischen Regierung von Ministerpräsident Dritan Abazović das Vertrauen entzogen. Das Kabinett ist seitdem nur mehr noch geschäftsführend im Amt. Im Parlament fand sich jedoch bislang keine Mehrheit für die Ansetzung von vorgezogenen Neuwahlen.
Die pro-westliche DPS hatte bei den Parlamentswahlen 2020 erstmals seit mehr als 30 Jahren die Macht verloren. Ihre Gegner hatten ihr Korruption und Verstrickung in die organisierte Kriminalität vorgeworfen. Die danach gebildeten, mehrheitlich pro-serbischen Regierungen verbuchten jedoch nur mäßige Erfolge. Bei den EU-Beitrittsverhandlungen erzielten sie keine Fortschritte. Das kleine Adrialand verhandelt seit 2012 über den Beitritt zur EU. dpa
Bis Ende Februar wohnte Leslie Schübel noch in Moskau, wo sie gerade ihren deutsch-russischen Doppelmaster beendete. Im vergangenen September wurden die neuen Studierenden des Programms vom russischen Außenminister persönlich begrüßt. “Am 24. Februar bin ich aufgewacht und habe gesehen: Bomben über Kiew. Und ich weiß nicht, ob mir jemals irgendetwas so nahegegangen ist”, erinnert sich die Politikwissenschaftlerin.
Eigentlich wollte sie noch bis zum Sommer bleiben, aber als dann – in Folge der Sanktionen – eine Bankkarte nach der anderen nicht mehr funktionierte, reiste sie am 28. Februar über Istanbul nach Berlin aus.
Leslie Schübel hat viele Freunde in Russland. Einige von ihnen wurden bei Protesten immer wieder verhaftet oder sind nach Putins Rede zur Teilmobilisierung ausgereist, um nicht an die Front geschickt zu werden. Zu anderen hat sie den Kontakt inzwischen abgebrochen. Ihr Auslandssemester verbrachte die Berlinerin noch 6.000 Kilometer weiter östlich, in Burjatien, einer buddhistisch geprägten Region, die zu Russland gehört und aus der jetzt überproportional viele Männer zum Kämpfen in die Ukraine geschickt werden.
Auf der Waldorfschule begann Leslie Schübel als Kind, Russisch zu lernen. Eine Klassenfahrt verbrachte sie in Sankt Petersburg, wo sie dann auch einen Freiwilligendienst bei der Menschenrechtsorganisation Memorial absolvierte, die kürzlich den Friedensnobelpreis erhielt. Später arbeitete sie unter anderem als Praktikantin an der Deutschen Botschaft in Moskau und bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Ihren Urlaub nutzt sie gern dafür, gen Osten zu reisen – in diesem Jahr stehen Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan an.
Leslie Schübel schmerzen die Repressionen gegen liberale Kräfte in Russland. Gleichzeitig weiß sie: Das Leid des ukrainischen Volkes, dem aktuell vom russischen Aggressor das Recht auf eigene Staatlichkeit und Identität abgesprochen wird, ist ungleich größer. Ihre persönliche emotionale Betroffenheit ist für sie Teil der Analyse, den sie für ihre Arbeit braucht: “Dadurch, dass ich so viel Zeit in dem Land verbracht habe, dass ich dort viele Menschen kenne und ihre Sprache spreche, weiß ich, dass Putin die russische Identität instrumentalisiert“, sagt die 27-Jährige, die sich politisch für die Jungen Europäischen Föderalisten sowie sozial im Projekt Welcome Baby Bags für Mütter in Notsituationen engagiert.
Ihre Arbeit im Coordinating Team des EU-Russia Expert Network on Foreign Policy (EUREN) ist derzeit ausgesetzt, wie alle Kooperationsprogramme zwischen der EU und Russland. Leslie Schübel hält das für richtig: “Wir müssen sehr klare Zeichen gegenüber offiziellen Positionen der Russischen Föderation setzen – und gleichzeitig den wenigen Expertinnen und Experten der russischen Opposition zuhören, die sich trauen, frei genug zu sprechen”, betont sie.
Ziel sei es, die Kommunikation mit Russland und anderen “schwierigen Partnern” wie China aufrechtzuerhalten, ohne Propaganda und Falschinformationen zu befeuern. Janna Degener-Storr
Larry the Cat, der berühmte Kater aus der Downing Street, bekommt wieder mal einen neuen Mitbewohner: Voraussichtlich heute wird Rishi Sunak zum neuen britischen Premierminister ernannt. Sunak ist Brexit-Befürworter der ersten Stunde, im Sommer machte er mit einem Videoclip auf sich aufmerksam, in dem er stapelweise EU-Gesetze in den Papierschredder schiebt. EU-Ratschef Charles Michel schickte gestern Gratulationen nach London und erinnerte dabei an die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen EU und UK.
Die EU-Kommission will die Standards für saubere Luft kräftig verschärfen. Aus einem Entwurf für die Luftreinhaltungsrichtlinie, die Europe.Table vorliegt, geht hervor, dass die Grenzwerte für wichtige Luftschadstoffe im Jahr 2030 zum Teil mehr als halbiert werden sollen. Falls dieser Entwurf umgesetzt wird, drohen Fahrverbote in vielen europäischen Innenstädten und Ballungsgebieten, wie Markus Grabitz analysiert.
Das Papier wird auch Thema bei der heutigen Diskussion sein, zu der wir Sie herzlich einladen: Über die Luftreinhaltungsrichtlinie und Euro 7 spricht Markus Grabitz mit dem grünen Klimapolitiker Michael Bloss, mit Motorenexperte Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie mit Benjamin Krieger, Generalsekretär vom europäischen Verband der Automotive-Zulieferer Clepa. Los geht’s um 10 Uhr. Melden Sie sich hier kostenfrei an.
Bei der Sicherung kritischer Rohstoffe wollen die EU und ihre Mitgliedstaaten künftig strategischer vorgehen. Doch nur wenige Länder können eine konkrete Strategie vorweisen. Leonie Düngefeld hat sich genauer angesehen, was Deutschland, Frankreich, Österreich und weitere Staaten im Bereich Rohstoffe bereits festgelegt haben oder noch planen.
Die Umwelt- und Klimaminister der EU-Länder wollen das bei der UN hinterlegte EU-Klimaziel erhöhen. Das soll “so bald wie möglich” geschehen – allerdings nicht mehr vor der anstehenden Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh. Mehr lesen Sie in den News.
Die EU-Kommission will die Luftreinhaltungsstandards kräftig verschärfen. Der Entwurf für die Luftreinhaltungsrichtlinie, den die Kommission am Mittwoch beschließen will und der Europe.Table vorliegt, sieht vor, dass die Grenzwerte für wichtige Luftschadstoffe im Jahr 2030 teils mehr als halbiert werden sollen. Beim Luftschadstoff Stickstoffoxid soll der zulässige durchschnittliche Jahreswert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft auf 20 Mikrogramm gesenkt werden. Stickstoffoxid wird in hohen Dosen von Dieselmotoren älterer Bauart ausgestoßen. Der Grenzwert für diesen Luftschadstoff wurde über Jahre in Stuttgart und vielen anderen Ballungsgebieten massiv überschritten. Deswegen wurden Fahrverbote verhängt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2021 schärfere Richtwerte etwa für Feinpartikel (PM 2,5 und 10), Stickstoffoxid, Ozon, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid beschlossen. Die Kommission schlägt nun vor, dass sich die Grenzwerte in der EU bis 2030 den WHO-Richtwerten annähern. Eine 1:1-Umsetzung, wie sie Teile des Parlaments und Umweltorganisationen fordern, ist aber nicht vorgesehen. “Es wird eine Verpflichtung zur Verringerung der durchschnittlichen Exposition für Feinstaub und Stickstoffdioxid in Richtung des Niveaus in der Empfehlung der WHO geben”, heißt es wörtlich in dem Dokument.
Die Grenzwerte für Feinpartikel (PM 2,5) sollen von 25 Mikrogramm auf künftig zehn Mikrogramm gesenkt werden. Die WHO fordert, dass der Wert bei 5 Mikrogramm liegt. Bei Feinstaub (PM 10) soll der Grenzwert von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm halbiert werden. Die WHO fordert, dass der Grenzwert bei zehn Mikrogramm liegt. Grenzwerte für Benzene, Nitrogendioxide, Carbonmonoxide und Schwermetalle wie Blei, Arsen, Kadmium und Nickel sind ebenfalls geplant. Die Kommission schlägt vor, die neuen Grenzwerte Ende 2028 noch einmal im Licht des dann aktuellen wissenschaftlichen Stands zu überprüfen und gegebenenfalls noch einmal zu verschärfen.
Bei der Überprüfung der Luftreinhaltung kommt es nicht nur auf die Grenzwerte, sondern auch auf die Vorgaben für die Positionierung der Messstellen an. Nach einer Kurz-Analyse des Kommissionsvorschlags durch Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), will die Kommission an den Kriterien für die Messstellen nichts ändern. Weiterhin könne unmittelbar am Straßenrand gemessen werden. Wie aus Annex IV des Vorschlags hervorgeht, müssten die Messstationen im Abstand von maximal zehn Metern von der Fahrbahn aufgestellt werden. Auch Messstationen direkt neben der Fahrbahn seien erlaubt.
Im vergangenen Jahr, für das alle Messergebnisse vorliegen, sei an mehr als einem Drittel der straßennahen Umweltmessstationen in Deutschland ein höherer Stickstoffoxid-Wert im Jahresmittel gemessen worden als 20 Mikrogramm. Spitzenreiter war die Messstation an der Landshuter Allee in München mit einem Jahresmittelwert von 49 Mikrogramm. Zwar sinkt die Belastung durch Luftschadstoffe durch den Flottenaustausch kontinuierlich. Doch drohten mit einer Halbierung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid auch noch im Jahr 2030 flächendeckende Fahrverbote in vielen Innenstädten Deutschlands, so Koch weiter.
Die EU-Kommission hatte gegen Deutschland und zahlreiche andere Mitgliedstaaten in der Vergangenheit Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH angestrengt, weil die Grenzwerte über Jahre massiv verletzt wurden. Klagen der Deutschen Umwelthilfe vor deutschen Gerichten setzten streckenbezogene Fahrverbote sowie das flächendeckende Fahrverbot in der Stuttgarter Innenstadt für ältere Dieselfahrzeuge durch. Nach Einschätzung von Thomas Koch drohen bei der Umsetzung des vorliegenden Vorschlags neue Fahrverbote. Koch sagte Europe.Table: “Die Richtlinie ist so gefasst, dass die Strategie der Kommission zum Ausdruck kommt, für weitere Fahrverbote in den Innenstädten zu sorgen.”
Fahrverbote könnte es nicht nur für Diesel und Benziner geben. Auch batterieelektrische Fahrzeuge und Autos mit Hybridantrieb wären betroffen. Schärfere Grenzwerte für Feinstaub könnten zu Fahrverboten für E-Autos führen: Da sie deutlich schwerer sind als Verbrenner, ist der Abrieb von Reifen und Bremsen und damit die Feinpartikelemission höher. Der Entwurf sieht erstmals auch “Alarmschwellen für kurzfristige Maßnahmen bei Spitzenbelastungen durch Feinstaub (PM 10 und PM2,5) vor”, heißt es in dem Text.
Der Pfullendorfer CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins sagte: “Der Vorschlag der Kommission zur Luftreinhaltung kommt zu einem sehr schlechten Zeitpunkt.” Derzeit gebe es “Wichtigeres” zu tun, als die Grenzwerte drastisch zu verschärfen. “Die Luft in Europa verbessert sich stetig.” Lins hatte in der vergangenen Wahlperiode im Europaparlament ein Gutachten zur Überprüfung der Kriterien für Messstationen durchgesetzt. “Ich begrüße, dass die Kommission die Standards für die Messpunkte harmonisieren und für eine transparente Übermittlung der Daten sorgen will.”
Striktere und klare Regeln für nationale Luftqualitätspläne spielten auch eine wichtige Rolle. Für ihn, so Lins weiter, sei es wichtig, praktikable Lösungen für bessere Luft in den Innenstädten zu finden. “Mögliche Lösungen sind Anreize für emissionsärmere Antriebe im Verkehr oder Filterlösungen als Alternative.” Lins: “Ein Diesel- oder Fahrverbot ist der falsche Ansatz.”
Mit der Rohstoffinitiative formulierte die Europäische Kommission 2008 erstmals eine Strategie – mit dem Ziel, die Versorgung mit nichtenergetischen Rohstoffen in der EU zu sichern. Die europäische Rohstoffpolitik basiert seitdem auf drei Säulen, die auch in den nationalen Debatten wiederzufinden sind: der Diversifizierung der Bezugsquellen von Primärrohstoffen aus Drittländern, der Stärkung heimischer Bezugsquellen und der Stärkung von Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft.
Im Vergleich der Mitgliedstaaten ist der Bedarf an Rohstoffen je nach Größe und Struktur der Industrie unterschiedlich. Deutschland hat laut Daten von Eurostat nicht nur EU-weit den größten Rohstoffverbrauch, sondern ist auch im globalen Vergleich einer der größten Verbraucher von verschiedenen Industriemetallen wie Kupfer und Nickel. Im EU-Ranking folgen Frankreich, Polen und Italien. In Schweden hingegen geht es vor allem um den Abbau von Rohstoffen.
Die erste Rohstoffstrategie der Bundesregierung von 2010 wird von verschiedenen Expertinnen als erfolglos bezeichnet: An den Abhängig- und Anfälligkeiten der Lieferketten hat sich seitdem wenig geändert. 2020 folgte eine neue Strategie, die sich jedoch nicht sehr von der ersten unterscheidet. Es bleibe zudem unklar, heißt es in einer Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), “wie sich eine nationale deutsche Strategie zu einem gemeinsamen europäischen Ansatz verhält”.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte ursprünglich angekündigt, eine überarbeitete Strategie vorzulegen. Minister Robert Habeck und die zuständige Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner erklärten zuletzt, man arbeite stattdessen an Eckpunkten, um diese in die europäische Rohstoffgesetzgebung und in die deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie einfließen zu lassen. Brantner verkündete außerdem, die Beteiligung an Projekten entlang der Wertschöpfungskette könne durch “einen gemeinsamen deutsch-französischen, wenn möglich europäischen Rohstoff-Fonds” gestärkt werden.
Das Bundesumweltministerium hat eine Kreislaufwirtschaftsstrategie für 2024 angekündigt. Ob darin auch konkrete und sogar sektorspezifische Ziele zur Reduktion des Rohstoffverbrauchs stehen werden, ist noch nicht klar. Die Parlamentarische Staatssekretärin Bettina Hoffmann hatte vergangene Woche angekündigt, das Ministerium werde ein Forschungsvorhaben zu dieser Frage beginnen.
Im Januar 2022 stellte Philippe Varin, der ehemalige Vorsitzende des Verbands France Industrie, der französischen Regierung einen Bericht vor. Drei Monate zuvor war er von den französischen Ministerien für Industrie und für ökologischen Wandel mit einer Mission zur Sicherung der Versorgung der Industrie mit mineralischen Rohstoffen beauftragt worden. Varin sollte gemeinsam mit der französischen Industrie den Grad der Versorgungssicherheit bei Metallen bewerten, die Bedarfe ermitteln und eine Arbeitsorganisation der privaten und öffentlichen Akteure vorschlagen, um Produktionsketten von kritischen Metallen resilienter zu machen. Varins Bericht konzentrierte sich vor allem auf Metalle für Batterien (Nickel, Kobalt, Lithium) und Permanentmagnete (Seltene Erden).
Die französische Regierung leitete aus dem Bericht fünf strategische Schwerpunkte ab:
Österreich, das ebenfalls zu den EU-Staaten mit einem hohen Rohstoffbedarf gehört, übersetzte 2012 die europäische, auf drei Säulen gestützte Strategie in ein nationales Papier. 2019 verkündete die damalige Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ einen breiter angelegten Prozess, um eine neue Strategie zu entwickeln. Im Dezember 2021 stellte die damalige österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) den Masterplan Rohstoffe 2030 vor, ein Paket mit Maßnahmen in Bezug auf die gesamte Rohstoffwertschöpfungskette. Für Irritationen sorgte bereits die Federführung des Landwirtschaftsministeriums, mehr noch der anschließende Wechsel ins Finanzressort. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte zu Europe.Table, die folgenden Schritte seien bereits umgesetzt worden:
“Der Masterplan Rohstoffe 2030 ist als Teil einer nationalen industriestrategischen Ausrichtung, eingebettet in das internationale Umfeld, zu verstehen”, sagte der Sprecher. “Wir gehen davon aus, dass eine Kompatibilität zu einem EU Raw Materials Act gegeben sein wird.”
Das österreichische Klimaschutzministerium hat im vergangenen Jahr außerdem einen Entwurf für eine Kreislaufwirtschaftsstrategie vorgelegt. Darin stehen konkrete Ziele für die Reduktion des Ressourcenverbrauchs: Der inländische Materialverbrauch soll bis 2030 um 25 Prozent gesenkt werden; bis 2050 soll der Materialverbrauch pro Kopf und Jahr 7 Tonnen betragen (eine Reduktion von 56 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015).
Die Niederlande verfolgen ein solches Ziel schon länger: Bis 2030 will die Regierung hier den Verbrauch an Primärrohstoffen (Mineralien, fossile Rohstoffe und Metalle) um die Hälfte senken. Dies ist in der 2016 beschlossenen Kreislaufwirtschaftsstrategie festgelegt.
Die Strategie orientiert sich an drei Prinzipien:
Als größte Bergbau-Nation der EU setzt Schweden mit seiner Mineralienstrategie von 2013 eine andere Priorität: Sie soll vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der Bergbauindustrie beibehalten und ausbauen. Einige schwedische Bergbauunternehmen sind in ihren jeweiligen Sektoren weltweit führend und besitzen bedeutende Marktanteile.
Die Strategie ist auf fünf Hauptziele ausgerichtet:
Daraus ergeben sich elf Handlungsfelder wie Ressourceneffizienz, Förderung von Investitionen oder Förderung der lokalen Gemeinschaft.
Ende Juli, inmitten des Tumults um den Rücktritt Boris Johnsons, stellte der damalige britische Minister für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie Kwasi Kwarteng die Rohstoffstrategie für das Vereinigte Königreich vor. Ihre Ziele: die heimischen Kapazitäten ausbauen, mit internationalen Partnern zusammenarbeiten und die internationalen Märkte reaktionsfähiger, transparenter und verantwortungsvoller gestalten.
Experten halten die Strategie für ehrgeizig, jedoch ist nun abzuwarten, wie es mit einer neuen Regierung weitergeht. Da die Strategie zudem direkt vor der Sommerpause veröffentlicht wurde, haben die Interessensgruppen erst verzögert Stellung nehmen können. Verschiedene Gruppen aus der Zivilgesellschaft versuchen, noch vor der COP 27 Anfang November eine gemeinsame Kritik zu formulieren.
26.10.2022 – 09:30-10:45 Uhr, online
Euractiv, Workshop Integration von GAP und Green Deal – Die Zukunft nachhaltiger Landwirtschaft?
Euractiv diskutiert die neue Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) im Kontext des Green Deal. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Roundtable The matrix: sustainable reporting requirements
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) brings together stakeholders and policymakers to discuss substantive issues around hydrogen. INFOS & REGISTRATION
26.10.2022 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
TÜV Rheinland, Conference Fokus Connected oder E-Car?
Der TÜV Rheinland geht der Frage nach, was von den Bemühungen um zukünftige Elektro-Reichweiten zu halten ist. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Book Presentation Capacity Mechanisms in the EU Energy Markets
The Florence School of Regulation (FSR) discusses the second edition of the “Capacity Mechanisms in the EU Energy Markets” book. INFOS & REGISTRATION
26.10.2022 – 15:00-17:00 Uhr, München
CECE Europe – India Day
The Committee for European Construction Equipment (CECE) discusses the economic relationship between Europe and India. REGISTRATION
26.10.2022 – 16:30-18:30 Uhr, Düsseldorf
BVMW, Vortrag Gefahr Cybercrime – Möglichkeiten der Absicherung
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) informiert über aktuelle Gefahren, Schutz- und Versicherungsmöglichkeiten vor Angriffen aus dem Internet. INFOS & ANMELDUNG
26.10.2022 – 18:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Landesvertretung NRW bei der EU Wasserstoff als Game Changer: Wie lokale Initiativen die Gasdekarbonisierung vorantreiben
Die Landesvertretung Nordrhein-Westfalens bei der EU beschäftigt sich mit der Gasdekarbonisierung durch lokale Initiativen. ANMELDUNG
27.10.2022 – 09:30-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Hydrogen Europe, Panel Discussion Hydrogen: Breaking barriers while answering the climate change questions
Hydrogen Europe discusses with senior women industry leaders about ambition, diversity and getting things done. INFOS & REGISTRATION
27.10.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
Digital Europe, Roundtable Digitalisation of the Energy Ecosystem Roundtable
Digital Europe brings together digital suppliers and users of digital services to discuss business benefits, opportunities and challenges for the EU. INFOS & REGISTRATION
27.10.2022 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion Border Carbon Adjustments in the EU: Launch of Report on Crediting of Climate Policies and Comparing Level of Effort under the CBAM
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) reports on CBAM alignment with evolving circumstances, presents its own recommendations, and discusses its analysis with experts. INFOS & REGISTRATION
Die Umwelt- und Klimaminister der 27 EU-Mitgliedstaaten wollen das bei der UN hinterlegte Klimaziel der EU “so bald wie möglich” erhöhen. In ihren Schlussfolgerungen zur Vorbereitung der Weltklimakonferenz im November (COP 27) heißt es, dass der sogenannte national festgelegte Beitrag (NDC) nach Abschluss der Verhandlungen zum Fit-for-55-Paket aktualisiert werden soll. Das bedeutet, dass die EU ihr Klimaziel (55 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 im Vergleich zu 1990) vor der COP 27 nicht mehr erhöht, sondern voraussichtlich erst im kommenden Jahr, wenn die Triloge abgeschlossen sind.
Das Dokument, das beim Umweltrat am Montag in Luxemburg verabschiedet wurde, ist gleichbedeutend mit dem EU-Verhandlungsmandat in Sharm el-Sheikh. Die EU-Staaten fordern unter anderem, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe zu beenden und dass das 100-Milliarden-Versprechen zur Klimafinanzierung durch die Industrieländer spätestens im kommenden Jahr erreicht wird.
Das EU-Parlament hatte in seiner Resolution zur COP 27 vergangene Woche insbesondere gefordert, dass die Industrieländer ihrer Verantwortung als Hauptverursacher des Klimawandels gerecht werden. So soll das Thema “Loss and Damage” auf die Agenda bei der COP 27 gehoben werden. Das würde bedeuten, dass die Industrieländer mit den Ländern des globalen Südens über mögliche Ausgleichszahlungen für Schäden und Verluste als Folge des Klimawandels sprechen. Einige EU-Staaten, aber auch die USA, sehen das kritisch.
Die Mitgliedstaaten haben sich zwar darauf geeinigt, dass das Thema in Sharm el-Sheikh auf der Agenda landen soll und dass die Unterstützung “für gefährdete Länder, Bevölkerungsgruppen und gefährdete Gruppen weiter ausgebaut werden muss”. Doch Art und Umfang der Unterstützung ließ der Umweltrat offen.
Das Parlament hatte gefordert, dass sich die EU für die Einrichtung einer Loss-and-Damage-Facility einsetzt. Mit diesem Finanzinstrument könnten Schäden und Verluste in Entwicklungsländern kompensiert werden. Grünenpolitiker und EU-Abgeordneter Michael Bloss kritisiert daher, dass die EU-Länder zu wenig engagiert beim Thema Loss and Damage seien. Es gehe darum, dass das Geld auf den Tisch kommt, sagte er am Montag.
Die Resolution des Parlaments ist für das EU-Verhandlungsmandat auf der COP 27 allerdings nicht maßgebend. Auch die Kommission erfüllt lediglich eine beratende Funktion. Die europäische Verhandlungsposition wird offiziell einzig von den Mitgliedstaaten bestimmt, vertreten durch die tschechische Ratspräsidentschaft. luk
Deutschland muss mehrere Millionen Euro für verfehlte Klimaziele in den Jahren 2013 bis 2020 zahlen. Es gehe dabei vor allem um zu viel ausgestoßene CO2-Emissionen, insbesondere im Verkehrs- und Gebäudebereich, teilte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) am Montag in Berlin mit. Die Vorgaben zur CO2-Reduktion für Deutschland stammen aus der Lastenteilungsverordnung der EU (Effort Sharing Regulation/ESR). Darin sind Reduktionsziele für jene Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels festgelegt.
EU-weit wurden die Emissionsgrenzen der ESR insgesamt allerdings unterschritten. “In der Konsequenz kaufen wir nun Emissionsrechte von EU-Staaten, die ihre Klimaziele übererfüllt haben”, sagte Staatssekretär Sven Giegold. Nutznießer sind laut Wirtschaftsministerium Bulgarien, Ungarn und Tschechien. In Ungarn sollen nach dem Ausgleich zusätzliche Elektrobusse angeschafft, in Tschechien die energetische Sanierung von Immobilien gefördert und in Bulgarien Schulen saniert werden.
Insgesamt muss Deutschland über 11 Millionen sogenannte Annual Emission Allowances (AEA) erwerben. Die genaue Summe, die Deutschland für die Emissionsrechte ausgeben muss, wird laut BMWK erst nach vollständigem Abschluss des Ankaufs bis spätestens Ende Februar 2023 feststehen.
Giegold führt Deutschlands Verfehlung seiner Klimaziele auf die “schwache Klimapolitik” der großen Koalition aus Union und SPD zurück. Diesmal komme man noch einmal günstig davon. “Bei weiterem Verfehlen unserer Klimaziele werden wir weit höhere Strafzahlungen begleichen müssen”, so Giegold. Hintergrund ist die Verschärfung der Reduktionsziele durch die ESR-Reform. rtr/luk
Bundeskanzler Olaf Scholz will den Wiederaufbau der Ukraine nach einem Ende des Krieges ganz auf eine EU-Mitgliedschaft des Landes ausrichten. “Wenn wir die Ukraine wiederaufbauen, dann tun wir das mit dem Ziel der Ukraine als EU-Mitglied im Kopf”, sagte der SPD-Politiker am Montag auf einem Wirtschaftsforum in Berlin. Die Verkehrsinfrastruktur sowie der Logistik- und Transportsektor müssten so aufgebaut werden, dass das Land problemlos an die EU angebunden werden könne.
Die Beitrittsperspektive solle auch als Signal an private Investoren verstanden werden. “Wer heute in den Wiederaufbau der Ukraine investiert, der investiert in ein künftiges EU-Mitgliedsland, das Teil sein wird unserer Rechtsgemeinschaft und unseres Binnenmarkts”, sagte Scholz.
Der Kanzler verwies darauf, dass über 2000 deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv seien, andere wollten so schnell wie möglich zurück. Er appellierte an die ukrainische Regierung, die Rahmenbedingungen für Investitionen ihrerseits weiter zu verbessern. Er nannte mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Transparenz und einen noch entschiedeneren Kampf gegen die Korruption.
Scholz sagte der Ukraine auch erneut weitere militärische Hilfe zu, insbesondere zum Schutz von Angriffen aus der Luft. Man werde die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig sei. dpa
Der einheitliche Ladestandard USB-C für Smartphones und andere Geräte in der Europäischen Union kommt. Der Rat der EU-Staaten gab am Montag die endgültige Zustimmung für die neue Regelung. “Ein Ladegerät, das für mehrere Geräte geeignet ist, spart Geld und Zeit und hilft uns außerdem, Elektroschrott zu vermeiden“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Síkela im Namen der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft.
Die neuen Regeln gelten ab Herbst 2024. Neben Smartphones fallen unter anderem auch Tablets, E-Reader, Digitalkameras, Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und Tastaturen darunter. Für Laptops gelten die Vorgaben, auf die sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments im Juni verständigt hatten, dann ab Frühjahr 2026. Kritiker monieren, das Vorhaben bremse Innovation aus. dpa
Als Lehre aus der Corona-Pandemie hat sich die EU für kommende Gesundheitskrisen neu aufgestellt. Nach endgültigen Entscheidungen der EU-Staaten vom Montag wird die Gesundheitsbehörde ECDC gestärkt und die Zusammenarbeit über Landesgrenzen ausgebaut. Die EU-Kommission wird erstmals dazu in der Lage sein, einen EU-weiten Gesundheitsnotstand auszurufen und damit ein koordiniertes Vorgehen etwa beim Kauf und der Lagerung von wichtigen Gütern auszulösen. Zudem können Produktionskapazitäten kurzfristig hochgefahren werden.
Mit den Beschlüssen bekommt die EU neue Hebel, Gesundheitskrisen zu managen, die mehrere EU-Staaten oder die ganze Gemeinschaft treffen. Bis zur Corona-Pandemie hatte Brüssel in Gesundheitsfragen kaum etwas zu sagen. Das Mandat der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA wurde infolge der Pandemie bereits erweitert.
“Die zentralen Säulen unserer Europäischen Gesundheitsunion sind nun vorhanden”, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. “Die Pandemie hat gezeigt, dass wir mehr Europa im Bereich der öffentlichen Gesundheit und eine stärkere Kapazität zum Schutz der Bürger vor Gesundheitsgefahren brauchen.” dpa
Bei den Kommunalwahlen im Nato-Land Montenegro hat das pro-westliche Lager um Präsident Milo Ðukanović am Sonntag Verluste erlitten. In der Hauptstadt Podgorica erhielt die Präsidentenpartei DPS zwar die meisten Stimmen, dürfte aber die Macht an eine Koalition pro-serbischer Parteien verlieren, berichteten Medien am Montag. Die DPS unterlag in fünf von acht Städten, in denen sie bislang den Bürgermeister stellte, meldete das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTCG.
In Montenegro kämpfen Pro-Serben und Anhänger der Westbindung erbittert um die Macht. Am Sonntag hatten 14 von 25 Gemeinden inmitten einer schweren politischen Krise neue Gemeindevertretungen gewählt. Im August hatte das Parlament der mehrheitlich pro-serbischen Regierung von Ministerpräsident Dritan Abazović das Vertrauen entzogen. Das Kabinett ist seitdem nur mehr noch geschäftsführend im Amt. Im Parlament fand sich jedoch bislang keine Mehrheit für die Ansetzung von vorgezogenen Neuwahlen.
Die pro-westliche DPS hatte bei den Parlamentswahlen 2020 erstmals seit mehr als 30 Jahren die Macht verloren. Ihre Gegner hatten ihr Korruption und Verstrickung in die organisierte Kriminalität vorgeworfen. Die danach gebildeten, mehrheitlich pro-serbischen Regierungen verbuchten jedoch nur mäßige Erfolge. Bei den EU-Beitrittsverhandlungen erzielten sie keine Fortschritte. Das kleine Adrialand verhandelt seit 2012 über den Beitritt zur EU. dpa
Bis Ende Februar wohnte Leslie Schübel noch in Moskau, wo sie gerade ihren deutsch-russischen Doppelmaster beendete. Im vergangenen September wurden die neuen Studierenden des Programms vom russischen Außenminister persönlich begrüßt. “Am 24. Februar bin ich aufgewacht und habe gesehen: Bomben über Kiew. Und ich weiß nicht, ob mir jemals irgendetwas so nahegegangen ist”, erinnert sich die Politikwissenschaftlerin.
Eigentlich wollte sie noch bis zum Sommer bleiben, aber als dann – in Folge der Sanktionen – eine Bankkarte nach der anderen nicht mehr funktionierte, reiste sie am 28. Februar über Istanbul nach Berlin aus.
Leslie Schübel hat viele Freunde in Russland. Einige von ihnen wurden bei Protesten immer wieder verhaftet oder sind nach Putins Rede zur Teilmobilisierung ausgereist, um nicht an die Front geschickt zu werden. Zu anderen hat sie den Kontakt inzwischen abgebrochen. Ihr Auslandssemester verbrachte die Berlinerin noch 6.000 Kilometer weiter östlich, in Burjatien, einer buddhistisch geprägten Region, die zu Russland gehört und aus der jetzt überproportional viele Männer zum Kämpfen in die Ukraine geschickt werden.
Auf der Waldorfschule begann Leslie Schübel als Kind, Russisch zu lernen. Eine Klassenfahrt verbrachte sie in Sankt Petersburg, wo sie dann auch einen Freiwilligendienst bei der Menschenrechtsorganisation Memorial absolvierte, die kürzlich den Friedensnobelpreis erhielt. Später arbeitete sie unter anderem als Praktikantin an der Deutschen Botschaft in Moskau und bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Ihren Urlaub nutzt sie gern dafür, gen Osten zu reisen – in diesem Jahr stehen Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan an.
Leslie Schübel schmerzen die Repressionen gegen liberale Kräfte in Russland. Gleichzeitig weiß sie: Das Leid des ukrainischen Volkes, dem aktuell vom russischen Aggressor das Recht auf eigene Staatlichkeit und Identität abgesprochen wird, ist ungleich größer. Ihre persönliche emotionale Betroffenheit ist für sie Teil der Analyse, den sie für ihre Arbeit braucht: “Dadurch, dass ich so viel Zeit in dem Land verbracht habe, dass ich dort viele Menschen kenne und ihre Sprache spreche, weiß ich, dass Putin die russische Identität instrumentalisiert“, sagt die 27-Jährige, die sich politisch für die Jungen Europäischen Föderalisten sowie sozial im Projekt Welcome Baby Bags für Mütter in Notsituationen engagiert.
Ihre Arbeit im Coordinating Team des EU-Russia Expert Network on Foreign Policy (EUREN) ist derzeit ausgesetzt, wie alle Kooperationsprogramme zwischen der EU und Russland. Leslie Schübel hält das für richtig: “Wir müssen sehr klare Zeichen gegenüber offiziellen Positionen der Russischen Föderation setzen – und gleichzeitig den wenigen Expertinnen und Experten der russischen Opposition zuhören, die sich trauen, frei genug zu sprechen”, betont sie.
Ziel sei es, die Kommunikation mit Russland und anderen “schwierigen Partnern” wie China aufrechtzuerhalten, ohne Propaganda und Falschinformationen zu befeuern. Janna Degener-Storr