am Freitag kommen die Finanzminister in Luxemburg zusammen, um über die Reform der EU-Schuldenregeln zu sprechen. Besser gesagt: um einander ihre bekannten Positionen vorzutragen. Die Verhandlungen kommen nur schleppend voran. Die Experten in der Ratsarbeitsgruppe arbeiten sich zwar intensiv durch die Reformvorschläge der Kommission von Ende April und überhäufen die Behörde mit Fragen dazu.
Nennenswert bewegt habe sich aber noch keines der Lager. Bundesfinanzminister Christian Lindner pocht auf die deutsche Forderung nach verlässlichen numerischen Benchmarks und Sicherheitsnetzen, um den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht auszuhöhlen. Weiterhin im Einklang übrigens mit den beiden Koalitionspartnern. Allenfalls bei der Anrechnung bestimmter Investitionen, etwa in den Klimaschutz, signalisiert Berlin bislang Gesprächsbereitschaft. Die Bundesregierung wähnt dabei zehn weitere Staaten hinter sich, die ebenfalls erhebliche Vorbehalte gegen die Reformvorschläge hätten, darunter Österreich, die Niederlande, Slowenien, Tschechien und Irland.
Eine Gruppe um Frankreich und Italien dringt hingegen weiter auf eine stärkere Flexibilisierung des Regelwerks, mit auf die einzelnen Staaten zugeschnittenen Schuldenabbaupfaden. Nach Einschätzung von Diplomaten dürften sich die Arbeiten auf technischer Ebene noch Wochen und Monate hinziehen. Frühestens im Herbst werde das Dossier auf der politischen Ebene ankommen. Dann allerdings wird die Zeit knapp: Anfang 2024 greifen wieder die alten Defizitregeln, Anfang Juni steht die Europawahl an.
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Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Die 15 Forscherinnen und Forscher des Gremiums veröffentlichen am heutigen Donnerstag ihre Empfehlungen für das 2040er-Klimaziel der EU und wie es erreicht werden kann.
Um die Klimarisiken zu minimieren und die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, stehe Europa für den Zeitraum 2030 bis 2050 ein kumuliertes Treibhausgas-Budget von 11 bis 14 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten (CO₂e) zu. “Um das zu erreichen, sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90-95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, erklärt Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums. Grundlage dafür sei jedoch das Erreichen des 55-Prozent-Reduktionsziels für 2030, heißt es in dem Bericht.
Die Forscherinnern und Forscher haben nach eigenen Angaben über 1000 machbare Emissionssenkungspfade analysiert und dabei 36 Szenarien identifiziert, die mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Klimaneutralitätsziel 2050 der EU vereinbar sind. Anschließend wurden diese Szenarien auf ihre Durchführbarkeit, auf Umweltrisiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Hochlauf von Technologien wie Fotovoltaik, Windkraft und Wasserstoff überprüft. Szenarien mit aus wissenschaftlicher Sicht unrealistisch hoher Abhängigkeit von Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) oder von naturbasierten Entfernungsmethoden wie Carbon Farming, seien nicht berücksichtigt worden, bestätigt Edenhofer.
Somit haben sich drei “ikonische” Pfade zum Erreichen des empfohlenen Klimaziels für 2040 herauskristallisiert. Sie weisen unterschiedliche kumulierte Emissionsmengen auf und beinhalten eine Reihe möglicher politischer Entscheidungsoptionen.
Die meisten der untersuchten Szenarien weisen jedoch gemeinsame Merkmale auf:
Im Energiesektor rechnen die Wissenschaftler ähnlich wie die Grünen in Deutschland und viele Emissionshandelsexperten mit einem Kohleausstieg deutlich vor 2038. Die untersuchten Szenarien ermöglichten es, dass “die Kohleverstromung bis 2030 ausläuft“, heißt es in dem Bericht. Der verbliebene Anteil der Kohle am Strommix liege je nach Szenario bei unter einem bis vier Prozent.
Erdgas würde zur Stromerzeugung in Kraftwerken nur noch bis 2040 genutzt (unter ein bis sechs Prozent) – außer in den Szenarien, die auf CO₂-Abscheidung auch aus Kraftwerken setzen. Der Bericht weist unterschiedliche Szenarien für die CCS-Kapazitäten aus. Beim Pfad mit gemischtem Ansatz liegt sie 2050 bei mehr als 200 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr.
Bei der europäischen Wasserstoff-Produktion fällt auf, dass die meisten Szenarien langfristig mit einer eher niedrigen Produktion innerhalb der EU rechnen. Zwar sei das Ziel der Kommission von 10 Millionen Tonnen bis 2030 aus Repower-EU zu erreichen. Doch für 2050 geht der optimistische gemischte Ansatz nur von einer Steigerung auf etwa 25 Millionen Tonnen aus. Nur einzelne Szenarien gehen davon aus, dass sich die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 70 Millionen Tonnen steigern lässt.
Die konservativen Aussichten für Wasserstoff dürften ein Grund sein, warum dieser Energieträger aus Sicht der Forschung keine Rolle für den Gebäudesektor spielt. Hier rechnen die Wissenschaftler bis 2040 mit einer Elektrifizierungsquote von 53 bis 71 Prozent. Allerdings spielt Erdgas weiter eine erhebliche Rolle mit fünf bis 20 Prozent. Der ebenfalls umstrittene Brennstoff Holz kommt auf sechs bis neun Prozent.
Der Bericht lasse Raum für politische Entscheidungen, kommentierte Edenhofer die Veröffentlichung. Die untersuchten Szenarien führten alle zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität 2050. Zwar fehlten ökonomische Daten zu allen betrachteten Szenarien, heißt es in dem Bericht. Wo man welche habe, heißt es jedoch, dass die jährlichen Investitionen in die Energieversorgung in diesem Jahrzehnt ein bis zwei Prozent des BIP ausmachten würden. Anfang der 2030er Jahre werde ein Höchststand von 1,1 bis 2,1 Prozent des BIP erreicht, bis 2050 würden die Ausgaben demnach auf etwa 1 Prozent zurückgehen. Mit Manuel Berkel
16.06.-18.06.2023, Bonn
FES, Seminar Die USA und Europa: Welche Agenda für die transatlantischen Beziehungen?
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert die Zukunft der transatlantischen Beziehungen entlang aktueller geopolitischer Konfliktlinien. INFOS & ANMELDUNG
16.06.2023 – 10:00-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Reconstitution, Discussion A cornerstone of Media Regulation: What’s next for the European Media Freedom Act?
Reconstitution discusses the proposed European Media Freedom Act (EMFA). INFOS & REGISTRATION
19.06.-23.06.2022, online
ERA, Seminar EU Financial Regulation and Supervision
The Academy of European Law (ERA) provides an overview of the regulation and supervision of financial markets in the Europen Union. INFOS & REGISTRATION
19.06.-21.06.2023, Dublin (Irland)
Climate ADAPT, Conference European Climate Change Adaptation (ECCA) Conference: Actionable knowledge for a climate resilient Europe
Climate ADAPT showcases real-world examples of adaptation measures around state-of-the-art science and research for a climate resilient Europe. INFOS & REGISTRATION
19.06.-20.06.2023, Berlin/online
BDI, Konferenz Tag der Industrie 2023
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) präsentiert Impulse aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu Herausforderungen im Rahmen der Zeitenwende. INFOS & ANMELDUNG
19.06.2023 – 12:30-18:00 Uhr, online
FEPS, Seminar The future of care: platform work & digitalisation
The Foundation for European Progressive Studies (FEPS) highlights the persisting challenges related to care policy-making. INFOS & REGISTRATION
19.06.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
KAS, Vortrag Polen vor den Wahlen – Die deutsch-polnischen Beziehungen auf dem Prüfstand
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) fragt nach dem Verhältnis Polens zu seinen deutschen Nachbarn und nach der künftigen Rolle Polens auf internationaler Ebene. INFOS & ANMELDUNG
20.06.-22.06.2023, Brüssel (Belgien)/online
EC, Conference European Sustainable Energy Week 2023
The European Commission (EC) promotes clean energy and energy efficiency. INFOS & REGISTRATION
20.06.-21.06.2022, Brüssel (Belgien)
Eurelectric, Conference Power Summit 2023 – Balance of Power
Eurelectric discusses how the energy transition is enhancing Europe’s security. INFOS & REGISTRATION
20.06.2023 – 08:00-09:00 Uhr, Berlin
Eco, Diskussion Politik im Gespräch mit Benjamin Brake (Bundesministerium für Digitales und Verkehr)
Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) gibt einen Überblick und Ausblick auf die Herausforderungen und Weichenstellungen bei den digitalpolitischen Vorhaben in der Legislaturperiode. INFOS & ANMELDUNG
20.06.2023 – 09:30-17:35 Uhr, online
FSR, Conference Ex-Post Evaluation of Emission Trading
The Florence School of Regulation (FSR) aims to identify the latest policy-relevant studies on ex-post assessments of emissions trading. INFOS & REGISTRATION
Die EU-Kommission wirft Google vor, den Wettbewerb im Bereich der Technologien für Online-Werbung (Adtech) zu verzerren. Google verfüge über eine sehr starke Position im Adtech-Bereich, sagte die für Wettbewerb zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager. “Wir befürchten, dass Google seine Marktstellung genutzt haben könnte, um seine eigenen Vermittlungsdienste zu begünstigen.” Wenn sich die Bedenken bestätigten, schade Google nicht nur seinen Wettbewerbern, sondern auch den Verlagen und erhöhe die Kosten für Werbetreibende.
Vestager sagte, dass Google möglicherweise einen Teil seines Adtech-Geschäfts verkaufen müsse, da andere Maßnahmen womöglich nicht ausreichten, um die wettbewerbswidrigen Praktiken zu unterbinden. “Google könnte zum Beispiel seine Sell-Side-Tools, DFP und AdX, veräußern. Damit würden wir den Interessenkonflikten ein Ende setzen“, sagte sie. Sie wisse, dass dies eine starke Aussage sei. Sie spiegele aber die Natur der Märkte wider, andere Maßnahmen könnten nicht ausreichend sein.
Dan Taylor, Vice President Global Ads bei Google, widersprach dieser Auffassung in einem Blogpost. “Der digitale Werbemarkt erfreut sich wettbewerbsfähiger Preise, lebendiger Innovationen und eines starken Wettbewerbs – zum Vorteil von Werbetreibenden, Publishern und Verbrauchern.” Sein Unternehmen freue sich darauf, zu zeigen, wie seine Adtech-Tools dazu beitragen, das Internet offen und zugänglich zu machen.
Für Google steht in diesem Konflikt viel auf dem Spiel, denn es geht um Teile des größten Umsatzbringers des Unternehmens. 79 Prozent der Gesamteinnahmen entfielen im vergangenen Jahr auf das Adtech-Geschäft. Die Werbeeinnahmen über Suchdienste, Gmail, Google Play, Google Maps, YouTube-Anzeigen, Google Ad Manager, AdMob und AdSense beliefen sich 2022 auf 224,5 Milliarden US-Dollar. Im Fokus der Untersuchung steht aber nur ein kleinerer Teil davon, die Vermarktung etwa von Werbebannern jenseits der eigenen Suchmaschine.
Die Kommission hatte bereits im Juni 2021 ein förmliches Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von Google Adtech-Bereich eingeleitet. Die Mitteilung der Beschwerdebegründung ist nun der nächste Schritt. Das Unternehmen kann jetzt die Untersuchungsakte der Kommission einsehen und Stellung nehmen. vis/rtr
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat seine Position zum AI Act beschlossen. Die Berichterstatter erhielten ein klares Verhandlungsmandat für den Trilog mit Rat und Kommission. 499 Abgeordnete stimmten am Mittwoch für den Vorschlag der Berichterstatter Brando Benifei (S&D) und Dragoş Tudorache (Renew). Es gab nur 28 Gegenstimmen sowie 93 Enthaltungen. Es hat keine weiteren Veränderungen gegenüber der bereits im IMCO- und LIBE-Ausschuss abgestimmten Version mehr gegeben.
Das bedeutet auch, dass die EVP mit ihrem Gruppenantrag gescheitert ist. Damit wollte sie das Verbot von KI bei biometrischer Echtzeiterkennung im öffentlichen Raum kippen. Dieses Ausscheren aus dem Kompromiss haben die anderen beteiligten Fraktionen der EVP recht übelgenommen. “Was heute passiert ist, zeigt, dass Vereinbarungen eingehalten werden sollten”, sagte Benifei in einer Pressekonferenz im Anschluss an die Abstimmung. Er sei jedoch sicher, die EVP zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, wenn sie mehr Verantwortung zeige. Hier könnte die EVP allerdings mit ihrer Ablehnung des Verbots Erfolg haben. Denn die Mitgliedstaaten sind mehrheitlich ebenfalls gegen das Verbot.
Beschlossen haben die Parlamentarier unter anderem:
Der Europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte die Entscheidung des Parlaments. “Wir bedauern jedoch, dass das Parlament den Unternehmen die Möglichkeit einräumt, zu entscheiden, ob ihr KI-System als risikoreich eingestuft wird oder nicht, und sich so den wichtigsten Regeln des Gesetzes zu entziehen”, sagte Ursula Pachl, stellvertretende BEUC-Generaldirektorin. Und sie forderte das Parlament auf, auf seinem Standpunkt zu beharren, damit er von den Mitgliedstaaten übernommen werde.
Noch am Mittwochabend sollte das Auftakttreffen zum Trilog stattfinden. Binnenmarktkommissar Thierry Breton erklärte, er habe bereits begonnen, mit KI-Unternehmen und Entwicklern an dem von ihm vorgeschlagenen AI Pact zu arbeiten, um der Umsetzung des künftigen Gesetzes zuvorzukommen. Ende kommender Woche werde er dazu nach San Francisco reisen, um unter anderem Mark Zuckerberg von Meta und Sam Altman von OpenAI treffen. vis
Die Bundesregierung widmet Europa in ihrer nationalen Sicherheitsstrategie ein eigenes Kapitel. Die dort formulierten Positionen bergen allerdings wenig Überraschungen – und dürften den EU-Partnern nicht in jedem Punkt gefallen.
So kündigt die Koalition zwar an, sich für eine Harmonisierung der militärischen Fähigkeitsforderungen mit den Verbündeten einzusetzen und bei der Beschaffung primär auf europäische Lösungen zu setzen. Aber nur, wenn dies “ohne Fähigkeitseinbußen” möglich sei. “Das entscheidende Kriterium bleibt das schnelle Schließen von Fähigkeitslücken”, heißt es in dem Dokument.
Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in den USA insbesondere F35-Kampfjets bestellt. Das hatte in Frankreich für erhebliche Irritationen gesorgt – in Paris fürchtete man um das gemeinsame Entwicklungsprojekt FCAS.
Daneben bekennt sich die Bundesregierung zur Weiterentwicklung der ständigen strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) und will die Europäische Friedensfazilität stärken. Zudem will sie dazu beitragen, das Mittel der Sanktionen “noch effektiver zu gestalten”. (Mehr zur Sicherheitsstrategie finden Sie bei Security.Table) tho
Die EU-Botschafter sind am Mittwoch einer Einigung beim 11. Sanktionspaket näher gekommen, mit dem Brüssel Schlupflöcher im Sanktionsregime gegen Russland schließen möchte. Die Positionen stimmten zu “98 Prozent” überein, so ein Diplomat. Insbesondere die schwarze Liste der Ukraine für “Kriegsprofiteure” (darunter westliche Unternehmen mit ausgebauten Geschäftsbeziehungen in Russland) bleibe für ein EU-Mitglied ein Problem. Zuletzt hatten Griechenland und Ungarn von der Ukraine gefordert, Firmen aus ihren Ländern von der Liste zu nehmen, die vor allem politische Bedeutung hat.
Ungarn soll seine Blockade zuletzt aber gegen Zugeständnisse bei der ursprünglich geplanten Listung von chinesischen Unternehmen gelockert haben. Einem Medienbericht zufolge sind fünf in China und Hongkong ansässigen Unternehmen von der Liste gestrichen worden. Drei Firmen sollten weiterhin aufgeführt bleiben, berichtete South China Morning Post unter Berufung auf EU-Kreise. Zuvor habe es Gespräche mit chinesischen Diplomaten gegeben.
Mit Blick auf den Mechanismus für Sanktionen gegen Drittstaaten, die als Drehscheibe für Umgehungsgeschäfte Richtung Russland dienen, hat die EU-Kommission Bedenken weitgehend zerstreuen können. Die Kommission habe präzisiert, welche Güter und Technologien konkret ins Visier genommen werden könnten, so Diplomaten. Die EU-Botschafter wollen am Montag einen neuen Anlauf für eine Einigung nehmen. Danach müsste das 11. Sanktionspaket im schriftlichen Verfahren von den Regierungen formell abgesegnet werden. sti/ari
Das Treffen der EU-Botschafter am gestrigen Mittwoch hat noch keine Einigung zur Annahme der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) gebracht. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) wird sich am kommenden Freitag erneut mit dem Thema befassen.
Die schwedische Ratspräsidentschaft stellte am Mittwoch die mit dem Europaparlament getroffene Trilog-Vereinbarung sowie den am Dienstagabend in Umlauf gebrachten neuen Erwägungsgrund vor. Dieser würde es Ammoniakanlagen erlauben, von Gas auf Wasserstoff auch aus Kernenergie umzusteigen, anstatt wie geplant nur erneuerbare Brennstoffe zu verwenden.
Frankreich hatte sich bereits einen gewissen Spielraum bei der Produktion von Wasserstoff mithilfe von Kernenergie für die Industrie gesichert, fordert aber noch mehr Flexibilität. Damit will Paris die Umstellung seiner gasbetriebenen Ammoniakanlagen für die Herstellung von Düngemitteln erleichtern.
Für Frankreich ist der Agrarsektor eine tragende Säule seiner Wirtschaft: Mit einer Agrarproduktion, die nach Angaben des französischen Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2021 auf 81,6 Milliarden Euro geschätzt wird, bleibt Frankreich der größte Produzent in Europa, vor Deutschland und Italien. cst
Die delegierten Rechtsakte zu E-Fuels sind endgültig angenommen und in der Bundesregierung läuft bereits die Ressortabstimmung zur Umsetzung in nationales Recht. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag lief auf EU-Ebene die Einspruchsfrist für Rat und Parlament ab, wie aus einer Datenbank der Kommission hervorgeht. In den nächsten Tagen ist mit der Veröffentlichung im Amtsblatt zu rechnen, am 20. Tag danach treten die Rechtsakte in Kraft.
Die beiden Rechtsakte regeln die Zusätzlichkeit erneuerbarer Energie für flüssige und gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO) und die CO₂-Bilanzierung von wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen (RCF). Sie bilden die Grundlage für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und hatten sich stark verzögert.
Die Umsetzung der beiden Rechtsakte in nationales Recht läuft über die Neufassung der Verordnung zur Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen und mitverarbeiteten biogenen Ölen auf die Treibhausgasquote (37. BImSchV). “Der Referentenentwurf zur Neufassung der 37. BImSchV befindet sich momentan in der Ressortabstimmung“, teilte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums auf Anfrage mit. “Das BMUV arbeitet mit Hochdruck daran, um schnellstmöglich Rechts- und Investitionssicherheit für die Wasserstoffwirtschaft zu schaffen.”
Zuvor hatte der Industrieverband eFuel Alliance auf eine schnelle Umsetzung in nationales Recht gedrungen. Alle Mitgliedsländer und insbesondere die Bundesregierung dürften keinesfalls auf eine nationale Implementierung der gerade vorläufig beschlossenen RED III bis Ende 2024 warten, heißt es in einer Mitteilung von Dienstag. ber
Das Europäische Parlament hat gestern mit 587 Stimmen bei 9 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen die Einigung über die Batterieverordnung angenommen. Parlament, Rat und Kommission hatten sich im Dezember auf den Gesetzestext geeinigt. Die wichtigsten Maßnahmen:
“Erstmals verfügen wir über eine Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft, die den gesamten Lebensweg eines Produkts abdeckt”, sagte Achille Variati (S&D), Berichterstatter im federführenden Umweltausschuss. “Unser übergeordnetes Ziel ist der Aufbau einer robusten EU-Recyclingindustrie, insbesondere für Lithium, und eines wettbewerbsfähigen Industriesektors insgesamt, der in den kommenden Jahrzehnten für die Energiewende und die strategische Autonomie unseres Kontinents von entscheidender Bedeutung ist”.
Nach der Abstimmung im Plenum muss nun noch der Rat den Text formell annehmen. Anschließend wird er im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt kurz danach in Kraft. leo
Chile und die Europäische Union werden in Kürze eine Absichtserklärung unterzeichnen, um Lithiumprojekte mit hohem Mehrwert in Chile zu entwickeln, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei ihrem Besuch in dem südamerikanischem Land. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chilenischen Präsidenten Gabriel Boric sagte von der Leyen, die beiden Parteien hätten sich darauf geeinigt, eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung von Lithium und zur Stärkung der Lieferketten aufzubauen. “Wir arbeiten daran, bald eine Absichtserklärung zu unterzeichnen”, sagte von der Leyen. Diese strategische Vereinigung solle auch in Chile einen lokalen Mehrwert schaffen.
Chile kündigte im April einen Plan zur Ausweitung des Lithiumabbaus im Land durch staatlich kontrollierte öffentlich-private Partnerschaften an, um seine Position als weltweit führender Lithiumproduzent wiederzuerlangen. Das Metall wird weltweit vor allem für Batterien von Elektroautos nachgefragt.
Sie kündigten außerdem neue Projekte an, die Teil einer Initiative für grünen Wasserstoff zwischen der EU und Chile sind. Mit der Initiative “Team Europe Fund for Renewable Hydrogen in Chile” sollen neue Projekte für erneuerbaren Wasserstoff in Chile finanziert werden. Der Fonds solle mit mehr als 200 Millionen Euro ausgestattet werden, die größtenteils von der Europäischen Investitionsbank und der KfW finanziert und von der staatlichen chilenischen Entwicklungsagentur verwaltet werden. rtr
Janka Oertel, Asien-Expertin beim Thinktank ECFR, will für die Grünen für das Europaparlament kandidieren. Das gab die Wissenschaftlerin gestern auf Twitter bekannt. Unterstützung aus der Parteispitze hat sie: Grünen-Parteichef Omid Nouripour begrüßte die Ankündigung für die Europawahl ebenfalls auf Twitter: “Es ist eine gute Nachricht, dass Janka für uns nach Europa möchte. Sie wäre eine Bereicherung für die Grüne Fraktion im Europaparlament. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir eine ausgewiesene China-Expertin als starke europäische Stimme.” Welchen Listenplatz sie anpeilt ist nicht bekannt. mgr
Wenn die EZB an diesem Donnerstag erwartungsgemäß an der Zinsschraube dreht, könnte das Resultat den Klimaschutz ausbremsen. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung macht Vorschläge für eine Geldpolitik, die die Dekarbonisierung nicht abwürgen würde. Das Fiskal-Dilemma: Höhere Zinsen führen zu weniger Investitionen und zu weniger klimaneutraler Transformation der Wirtschaft. Zugleich würde ein “Zinshammer” langfristig den Handlungsspielraum erst recht abwürgen, warnt der wirtschaftspolitische Sprecher der Stiftung, Daniel Posch, weil die Folgen eines ungebremsten Klimawandels die Preis- und Finanzstabilität der europäischen Volkswirtschaften bedrohten.
Die EZB habe auch in Zeiten erhöhter Inflation Spielraum. So könne sie Banken über gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, sogenannte TLTROs, kostengünstige Kredite für grüne Investitionen und Technologien anbieten. Banken erhalten dadurch einen Anreiz, diese Kredite an Unternehmen und Haushalte zu vergeben. Die Kreditkosten bleiben – trotz negativem Zinsumfeld – vergleichsweise niedrig und obendrein werden grüne Investitionen gefördert.
Solche Maßnahmen seien keineswegs neu, heißt es in der Studie. Führende Zentralbanken der Welt, zuletzt die Bank of Japan, aber auch bereits die EZB, hätten schon differenzierte Zinsen angewendet oder grüne Refinanzierungslinien aufgelegt. Posch sieht die EZB daher in der Pflicht, im Rahmen des Green Deals sowohl ihre Instrumente auf den Klimaschutz hin auszurichten als auch ihre Bilanz entsprechenden Stresstests zu unterziehen. ab
Die Künstliche Intelligenz spaltet die Gesellschaft. Gemeint ist hier nicht die reale Gefahr durch Deep-Fake-Technologien oder die Manipulation von Meinungen. Das ist ein der Technologie immanentes Risiko, das dringend Antworten benötigt. Gemeint ist das Ringen um die Regulierung der Technologie, die gesellschaftliche Grundprinzipien wie Freiheit und Gleichheit und das Bild des Menschen als autonomes Subjekt in Frage stellt. Nicht nur Europa, sondern große Teile der demokratischen Welt stehen sich als Innovationsbefürworter und Mahner gegenüber.
Der Kampf ist eigentlich nicht neu. Er begleitete uns schon über Jahrzehnte bei der Atomtechnologie oder bei der Gentechnik. Doch dieses Mal ist vieles anders: Die Zeit für die KI-Regulierung läuft aus. Immer schneller drehen sich die technologischen Innovationszyklen der digitalen Effizienzrevolution. Immer schwerer wird es, tragfähige Antworten in demokratischen Diskursen zu formulieren. Antworten, die noch gültig sein sollen, wenn die Gesetze nach längeren Übergangsfristen in Kraft treten.
Ein Punkt, der dieses Mal anders ist: Es fehlt der Frankenstein-Effekt. Statt sich mit der eigenen Kreation zu verbünden, kommen heute die lautesten Kritiker aus dem Lager der Pioniere und Entwickler der Technologie. Das sollte uns zu denken geben: Ob Sam Altman, CEO von OpenAI, oder Wissenschaftler wie Geoffrey Hinton und Yoshua Bengio, die Godfathers of Deep Learning – sie warnen eindringlich vor einer Auslöschung der Menschheit und fordern eine grundsätzliche Regulierung.
Gleichzeitig fordert die geballte Tech-Elite einen Forschungsstopp für KI-Entwicklungen. Alles Fake? Werbung mit dem Weltuntergang, eine Marketingmasche, wie Sascha Lobo kürzlich in einer Spiegel-Kolumne verkündete, eine Abwälzung der Verantwortung auf die Politik?
Wenn Politik überhaupt eine Verantwortung gegenüber den Menschen hat, dann kommt sie in derartigen Konstellationen zum Tragen. Denn es ist die Schutzpflicht gegenüber den Grundrechten, die es den gewählten Volksvertretern und Regierungen zur Aufgabe macht, zu handeln. Mehr zu tun, als auf die Eigenverantwortung von börsennotierten Unternehmen zu hoffen. Wie die endgültige Fassung der KI-Verordnung aussieht, lässt sich derzeit nicht ausmachen. Wohl aber lassen sich einige zentrale Forderungen, die in der Regelung enthalten sein, formulieren.
Geht es darum, Menschen zu beeinflussen, eröffnet sich gerade im Zusammenhang mit textbasierten Dialogsystemen oder Text-zu-Bild-Generatoren ein neues Universum. Das plötzliche Auftauchen von ChatGPT wird immer wieder als “iPhone-Moment” bezeichnet. Das ist so, als würde man die Überquerung der Alpen mit der ersten bemannten Mondlandung vergleichen. Eine irrtümliche Einordnung menschheitsgeschichtlicher Vorgänge: Auf Sprache, Schrift und Buchdruck folgte das Internet. Das alles betraf Verbreitung und Transport von Informationen.
Intelligente Sprachsysteme katapultieren uns nun in ein Zeitalter, in dem Maschinen die Inhalte selbständig erschaffen. Sie blenden uns nicht nur bestimmte Informationen ein, sondern sagen uns, was wir zu tun haben. Ein Quantensprung in der Qualität der Manipulation.
Wollen wir darauf vertrauen, dass das Geschäftsmodell der Firmen, die Milliarden in ihre Technik investierten, doch stets das “Gute” bringt und der Mehrung des Gemeinwohls dient? Dass dieses Mal schon alles anders wird als bei Google, Facebook und Co. in der Vergangenheit? Dann können wir uns entspannt zurücklehnen. Wir können darauf verzichten, mehr als marginale Transparenzverpflichtungen beim Betrieb dieser Modelle vorzusehen. Ein risikobasierter Ansatz, bei dem diese Technologien gar nicht erfasst werden, reicht dann vollständig aus.
KI ist ein Instrument. Gesetzt, es wäre ein Hammer. Sollten wir uns darauf beschränken, allgemeine Regelungen zu beschreiben, wie Hämmer zu konstruieren sind, wie sie in den Handel gelangen, am besten in der Hand liegen und wie die Verletzungsgefahr beim Gebrauch zu minimieren ist? Oder sollten wir auch daran denken, dass sie nicht zu allen Zwecken gebraucht werden dürfen. Dass man sie nicht benutzt, um Menschen zu töten, zu verletzen oder bedrohen? Sollten wir dann nicht klarstellen, dass KI zur Massenüberwachung, zur Gesichtserkennung oder der Erkennung von Emotionen nicht einzusetzen ist? Und sollten wir der Versuchung widerstehen, nicht nur scheinbare Verbote aufzustellen, hinter denen jeweils breite Ausnahmen zugelassen werden?
Innovation tut Not. Da sind wir uns einig. Im globalen Wettbewerb abseits zu stehen, ist keine gute Idee. Doch ist es innovativ, Menschen durch KI-gestützte Verfahren am Arbeitsplatz oder in Bildungseinrichtungen zu beurteilen, um sie einzustellen, zu kündigen, abzumahnen oder zu benoten? Worin liegt die Innovation von Verfahren, die es uns ermöglichen, Wahrscheinlichkeiten von Verbrechen, die noch gar nicht begangen sind, zu berechnen und Täter, die es noch nicht gibt, zu ermitteln? Benötigen wir KI-gestützte Entscheidungen für die soziale Bedürftigkeit von Menschen? Dann sollten wir den Anhang zur KI-Verordnung, der all diese Hochrisikotechnologien enthält, so beschließen. Differenzierungen der Einsatzfelder braucht es dann nicht. KI ist gesetzt: ob sie der Früherkennung von Krebs dient oder zur Überwachung und zur Bewertung von Personen eingesetzt wird.
Wenn die menschliche Individualität der Treibstoff für die neue Technologie ist, dann brauchen wir uns keine Gedanken um das Versiegen der Quellen zu machen. Wenn etwas unerschöpflich in dieser Welt ist, so sind es die Verzeichnisse unserer Individualität, unsere Daten. Wir produzieren sie selbst im Schlaf. Sollten wir bei rein wirtschaftlicher Betrachtung nicht die KI-Regelungen als Harmonisierungsregelung betrachten und die Datenschützer hier heraushalten? Im Kern geht es dann nur mehr um gemeinsame Standards auf dem EU-Binnenmarkt.
Klare Antworten auf diese Fragen stehen auf dem Spiel. Um es deutlich zu sagen: Vieles, was das EU-Parlament zur KI-Verordnung bereits in Abänderung des Kommissionsentwurfes vorgelegt hat, geht durchaus in die richtige Richtung. Es ist erst einmal großartig, dass die Europäer erkennen, dass sie die Weichen in eine menschengerechte Zukunft stellen müssen. Auch Pioniere, die nach tragfähigen sozialen Strukturen suche, sind Pioniere. Kein Grund, verächtlich die Nase über “Regulierungsweltmeister” aus dem alten Kontinent zu rümpfen. Aber auch Pioniere könne irren. Hoffen wir, dass das schwierigste Stück Gesetzgebung der vergangenen Jahre den Traditionen europäischer Sozialgeschichte verbunden bleibt: der Menschenwürde, Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
Zur Person: Prof. Dr. Johannes Caspar, geboren 1962, ist promovierter Jurist und war von 2009 bis 2021 Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit. Von 2015 bis 2021 hat er zudem die unabhängigen deutschen Datenschutzbehörden der Länder im Europäischen Datenausschuss in Brüssel vertreten. Aktuell lehrt und forscht Caspar an der Universität Hamburg und arbeitet als freier Autor. Sein neuestes Buch “Wir Datensklaven – Wege aus der digitalen Ausbeutung” ist gerade bei Econ erschienen (Hardcover, 352 Seiten; 24,99 Euro).
Zum Frühstück wird es heute im Europaparlament in Straßburg großes Kino gegeben. Der Streifen läuft ab 8.30 Uhr im Umweltausschuss und kann im Livestream verfolgt werden. Zum ersten Mal in der Geschichte des EU-Parlamentarismus, so beteuern alte Fahrensleute, weigert sich die EVP, eine Gesetzesvorlage der Kommission auch nur zu behandeln.
Es geht um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur aus der Feder von Kommissionsvize Frans Timmermans. Um das Für und Wider soll es an dieser Stelle nicht gehen. Nur so viel: Scheitert die Vorlage, so wäre es eine massive Klatsche für Timmermans, der sich als Green-Deal-CEO in der Von-der-Leyen-Truppe versteht. Es wäre das erste Gesetz aus dem Fit-for-55-Reigen überhaupt, mit dem die Kommission baden ginge.
Mit der Abstimmung im Umweltausschuss will die EVP den Vorschlag zurückweisen. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Christdemokraten, die im Ausschuss 22 von 88 Plätzen besetzen, damit Erfolg haben. 45 Stimmen brauchen sie, bei Enthaltungen auf der anderen Seite entsprechend weniger.
EKR könnte acht Stimmen beisteuern. Die meisten der acht Rechtsextremen werden ebenfalls die Hand heben, wenn sie denn schon ausgeschlafen und anwesend sind. Und bei den vier Fraktionslosen sind einige Fidesz-Leute dabei, die mit der EVP stimmen dürften. Macht 44. Auf der anderen Seite stehen 18 Sozialisten, acht Grüne und sechs Linke, macht 32, die recht sicher für das Gesetz stimmen. Über Wohl und Wehe der Timmermannschen Vorlage entscheidet das Stimmverhalten der Liberalen, die 14 Mitglieder im ENVI stellen.
Und deswegen ist Ausschussvorsitzender Pascal Canfin (Renew) derzeit so nervös. Canfin – ein sehr entschiedener Sachwalter von Emmanuel Macrons Willen – macht sich allergrößte Sorgen. Vier Abgeordnete, darunter der deutsche FDP-Mann und Harley-Fahrer Andreas Glück sowie der niederländische Tesla-Fahrer Jan Huitema haben sich bereits öffentlich festgelegt, gegen Timmermans-Vorschlag zu stimmen. Zwei weitere gelten als sicher, haben sich aber noch nicht geoutet.
Wenn dieser Newsletter erscheint, sind noch zweieinhalb Stunden Zeit bis zum Beginn der Sitzung. Auch in diesen verbliebenen Minuten dürfte noch versucht werden, die letzten wankelmütigen MEPs für das Timmermans-Gesetzeswerk einzunehmen. Die Liaison-Officer aus der Kommission sind schon vor langem für Einzelgespräche ausgeschwärmt und noch längst nicht müde.
Selbst wenn im ENVI alles noch einmal gut geht: Damit wäre die letzte Messe nicht gelesen. Im Juli würde die Sache dem Plenum zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Wenn es schon im Umweltausschuss knapp wird, wird das Gesetz im Plenum scheitern, prognostizieren erfahrene Beobachter. Markus Grabitz
am Freitag kommen die Finanzminister in Luxemburg zusammen, um über die Reform der EU-Schuldenregeln zu sprechen. Besser gesagt: um einander ihre bekannten Positionen vorzutragen. Die Verhandlungen kommen nur schleppend voran. Die Experten in der Ratsarbeitsgruppe arbeiten sich zwar intensiv durch die Reformvorschläge der Kommission von Ende April und überhäufen die Behörde mit Fragen dazu.
Nennenswert bewegt habe sich aber noch keines der Lager. Bundesfinanzminister Christian Lindner pocht auf die deutsche Forderung nach verlässlichen numerischen Benchmarks und Sicherheitsnetzen, um den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht auszuhöhlen. Weiterhin im Einklang übrigens mit den beiden Koalitionspartnern. Allenfalls bei der Anrechnung bestimmter Investitionen, etwa in den Klimaschutz, signalisiert Berlin bislang Gesprächsbereitschaft. Die Bundesregierung wähnt dabei zehn weitere Staaten hinter sich, die ebenfalls erhebliche Vorbehalte gegen die Reformvorschläge hätten, darunter Österreich, die Niederlande, Slowenien, Tschechien und Irland.
Eine Gruppe um Frankreich und Italien dringt hingegen weiter auf eine stärkere Flexibilisierung des Regelwerks, mit auf die einzelnen Staaten zugeschnittenen Schuldenabbaupfaden. Nach Einschätzung von Diplomaten dürften sich die Arbeiten auf technischer Ebene noch Wochen und Monate hinziehen. Frühestens im Herbst werde das Dossier auf der politischen Ebene ankommen. Dann allerdings wird die Zeit knapp: Anfang 2024 greifen wieder die alten Defizitregeln, Anfang Juni steht die Europawahl an.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Die EU ist in der Lage, ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um bis zu 95 Prozent zu senken – im Vergleich zu 1990. Das ist das Ergebnis eines Berichts des wissenschaftlichen Beirats für den Klimawandel, der im Zuge des europäischen Klimagesetzes eingesetzt wurde. Die 15 Forscherinnen und Forscher des Gremiums veröffentlichen am heutigen Donnerstag ihre Empfehlungen für das 2040er-Klimaziel der EU und wie es erreicht werden kann.
Um die Klimarisiken zu minimieren und die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, stehe Europa für den Zeitraum 2030 bis 2050 ein kumuliertes Treibhausgas-Budget von 11 bis 14 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten (CO₂e) zu. “Um das zu erreichen, sollte die EU ihre Emissionen bis 2040 um 90-95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken”, erklärt Klimaforscher Ottmar Edenhofer, Vorsitzender des Gremiums. Grundlage dafür sei jedoch das Erreichen des 55-Prozent-Reduktionsziels für 2030, heißt es in dem Bericht.
Die Forscherinnern und Forscher haben nach eigenen Angaben über 1000 machbare Emissionssenkungspfade analysiert und dabei 36 Szenarien identifiziert, die mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Klimaneutralitätsziel 2050 der EU vereinbar sind. Anschließend wurden diese Szenarien auf ihre Durchführbarkeit, auf Umweltrisiken und Herausforderungen im Zusammenhang mit dem kurzfristigen Hochlauf von Technologien wie Fotovoltaik, Windkraft und Wasserstoff überprüft. Szenarien mit aus wissenschaftlicher Sicht unrealistisch hoher Abhängigkeit von Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung (CCUS) oder von naturbasierten Entfernungsmethoden wie Carbon Farming, seien nicht berücksichtigt worden, bestätigt Edenhofer.
Somit haben sich drei “ikonische” Pfade zum Erreichen des empfohlenen Klimaziels für 2040 herauskristallisiert. Sie weisen unterschiedliche kumulierte Emissionsmengen auf und beinhalten eine Reihe möglicher politischer Entscheidungsoptionen.
Die meisten der untersuchten Szenarien weisen jedoch gemeinsame Merkmale auf:
Im Energiesektor rechnen die Wissenschaftler ähnlich wie die Grünen in Deutschland und viele Emissionshandelsexperten mit einem Kohleausstieg deutlich vor 2038. Die untersuchten Szenarien ermöglichten es, dass “die Kohleverstromung bis 2030 ausläuft“, heißt es in dem Bericht. Der verbliebene Anteil der Kohle am Strommix liege je nach Szenario bei unter einem bis vier Prozent.
Erdgas würde zur Stromerzeugung in Kraftwerken nur noch bis 2040 genutzt (unter ein bis sechs Prozent) – außer in den Szenarien, die auf CO₂-Abscheidung auch aus Kraftwerken setzen. Der Bericht weist unterschiedliche Szenarien für die CCS-Kapazitäten aus. Beim Pfad mit gemischtem Ansatz liegt sie 2050 bei mehr als 200 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr.
Bei der europäischen Wasserstoff-Produktion fällt auf, dass die meisten Szenarien langfristig mit einer eher niedrigen Produktion innerhalb der EU rechnen. Zwar sei das Ziel der Kommission von 10 Millionen Tonnen bis 2030 aus Repower-EU zu erreichen. Doch für 2050 geht der optimistische gemischte Ansatz nur von einer Steigerung auf etwa 25 Millionen Tonnen aus. Nur einzelne Szenarien gehen davon aus, dass sich die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 70 Millionen Tonnen steigern lässt.
Die konservativen Aussichten für Wasserstoff dürften ein Grund sein, warum dieser Energieträger aus Sicht der Forschung keine Rolle für den Gebäudesektor spielt. Hier rechnen die Wissenschaftler bis 2040 mit einer Elektrifizierungsquote von 53 bis 71 Prozent. Allerdings spielt Erdgas weiter eine erhebliche Rolle mit fünf bis 20 Prozent. Der ebenfalls umstrittene Brennstoff Holz kommt auf sechs bis neun Prozent.
Der Bericht lasse Raum für politische Entscheidungen, kommentierte Edenhofer die Veröffentlichung. Die untersuchten Szenarien führten alle zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität 2050. Zwar fehlten ökonomische Daten zu allen betrachteten Szenarien, heißt es in dem Bericht. Wo man welche habe, heißt es jedoch, dass die jährlichen Investitionen in die Energieversorgung in diesem Jahrzehnt ein bis zwei Prozent des BIP ausmachten würden. Anfang der 2030er Jahre werde ein Höchststand von 1,1 bis 2,1 Prozent des BIP erreicht, bis 2050 würden die Ausgaben demnach auf etwa 1 Prozent zurückgehen. Mit Manuel Berkel
16.06.-18.06.2023, Bonn
FES, Seminar Die USA und Europa: Welche Agenda für die transatlantischen Beziehungen?
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert die Zukunft der transatlantischen Beziehungen entlang aktueller geopolitischer Konfliktlinien. INFOS & ANMELDUNG
16.06.2023 – 10:00-11:30 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Reconstitution, Discussion A cornerstone of Media Regulation: What’s next for the European Media Freedom Act?
Reconstitution discusses the proposed European Media Freedom Act (EMFA). INFOS & REGISTRATION
19.06.-23.06.2022, online
ERA, Seminar EU Financial Regulation and Supervision
The Academy of European Law (ERA) provides an overview of the regulation and supervision of financial markets in the Europen Union. INFOS & REGISTRATION
19.06.-21.06.2023, Dublin (Irland)
Climate ADAPT, Conference European Climate Change Adaptation (ECCA) Conference: Actionable knowledge for a climate resilient Europe
Climate ADAPT showcases real-world examples of adaptation measures around state-of-the-art science and research for a climate resilient Europe. INFOS & REGISTRATION
19.06.-20.06.2023, Berlin/online
BDI, Konferenz Tag der Industrie 2023
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) präsentiert Impulse aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu Herausforderungen im Rahmen der Zeitenwende. INFOS & ANMELDUNG
19.06.2023 – 12:30-18:00 Uhr, online
FEPS, Seminar The future of care: platform work & digitalisation
The Foundation for European Progressive Studies (FEPS) highlights the persisting challenges related to care policy-making. INFOS & REGISTRATION
19.06.2023 – 19:00 Uhr, Hamburg
KAS, Vortrag Polen vor den Wahlen – Die deutsch-polnischen Beziehungen auf dem Prüfstand
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) fragt nach dem Verhältnis Polens zu seinen deutschen Nachbarn und nach der künftigen Rolle Polens auf internationaler Ebene. INFOS & ANMELDUNG
20.06.-22.06.2023, Brüssel (Belgien)/online
EC, Conference European Sustainable Energy Week 2023
The European Commission (EC) promotes clean energy and energy efficiency. INFOS & REGISTRATION
20.06.-21.06.2022, Brüssel (Belgien)
Eurelectric, Conference Power Summit 2023 – Balance of Power
Eurelectric discusses how the energy transition is enhancing Europe’s security. INFOS & REGISTRATION
20.06.2023 – 08:00-09:00 Uhr, Berlin
Eco, Diskussion Politik im Gespräch mit Benjamin Brake (Bundesministerium für Digitales und Verkehr)
Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) gibt einen Überblick und Ausblick auf die Herausforderungen und Weichenstellungen bei den digitalpolitischen Vorhaben in der Legislaturperiode. INFOS & ANMELDUNG
20.06.2023 – 09:30-17:35 Uhr, online
FSR, Conference Ex-Post Evaluation of Emission Trading
The Florence School of Regulation (FSR) aims to identify the latest policy-relevant studies on ex-post assessments of emissions trading. INFOS & REGISTRATION
Die EU-Kommission wirft Google vor, den Wettbewerb im Bereich der Technologien für Online-Werbung (Adtech) zu verzerren. Google verfüge über eine sehr starke Position im Adtech-Bereich, sagte die für Wettbewerb zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager. “Wir befürchten, dass Google seine Marktstellung genutzt haben könnte, um seine eigenen Vermittlungsdienste zu begünstigen.” Wenn sich die Bedenken bestätigten, schade Google nicht nur seinen Wettbewerbern, sondern auch den Verlagen und erhöhe die Kosten für Werbetreibende.
Vestager sagte, dass Google möglicherweise einen Teil seines Adtech-Geschäfts verkaufen müsse, da andere Maßnahmen womöglich nicht ausreichten, um die wettbewerbswidrigen Praktiken zu unterbinden. “Google könnte zum Beispiel seine Sell-Side-Tools, DFP und AdX, veräußern. Damit würden wir den Interessenkonflikten ein Ende setzen“, sagte sie. Sie wisse, dass dies eine starke Aussage sei. Sie spiegele aber die Natur der Märkte wider, andere Maßnahmen könnten nicht ausreichend sein.
Dan Taylor, Vice President Global Ads bei Google, widersprach dieser Auffassung in einem Blogpost. “Der digitale Werbemarkt erfreut sich wettbewerbsfähiger Preise, lebendiger Innovationen und eines starken Wettbewerbs – zum Vorteil von Werbetreibenden, Publishern und Verbrauchern.” Sein Unternehmen freue sich darauf, zu zeigen, wie seine Adtech-Tools dazu beitragen, das Internet offen und zugänglich zu machen.
Für Google steht in diesem Konflikt viel auf dem Spiel, denn es geht um Teile des größten Umsatzbringers des Unternehmens. 79 Prozent der Gesamteinnahmen entfielen im vergangenen Jahr auf das Adtech-Geschäft. Die Werbeeinnahmen über Suchdienste, Gmail, Google Play, Google Maps, YouTube-Anzeigen, Google Ad Manager, AdMob und AdSense beliefen sich 2022 auf 224,5 Milliarden US-Dollar. Im Fokus der Untersuchung steht aber nur ein kleinerer Teil davon, die Vermarktung etwa von Werbebannern jenseits der eigenen Suchmaschine.
Die Kommission hatte bereits im Juni 2021 ein förmliches Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von Google Adtech-Bereich eingeleitet. Die Mitteilung der Beschwerdebegründung ist nun der nächste Schritt. Das Unternehmen kann jetzt die Untersuchungsakte der Kommission einsehen und Stellung nehmen. vis/rtr
Das Plenum des Europäischen Parlaments hat seine Position zum AI Act beschlossen. Die Berichterstatter erhielten ein klares Verhandlungsmandat für den Trilog mit Rat und Kommission. 499 Abgeordnete stimmten am Mittwoch für den Vorschlag der Berichterstatter Brando Benifei (S&D) und Dragoş Tudorache (Renew). Es gab nur 28 Gegenstimmen sowie 93 Enthaltungen. Es hat keine weiteren Veränderungen gegenüber der bereits im IMCO- und LIBE-Ausschuss abgestimmten Version mehr gegeben.
Das bedeutet auch, dass die EVP mit ihrem Gruppenantrag gescheitert ist. Damit wollte sie das Verbot von KI bei biometrischer Echtzeiterkennung im öffentlichen Raum kippen. Dieses Ausscheren aus dem Kompromiss haben die anderen beteiligten Fraktionen der EVP recht übelgenommen. “Was heute passiert ist, zeigt, dass Vereinbarungen eingehalten werden sollten”, sagte Benifei in einer Pressekonferenz im Anschluss an die Abstimmung. Er sei jedoch sicher, die EVP zurück an den Verhandlungstisch zu bringen, wenn sie mehr Verantwortung zeige. Hier könnte die EVP allerdings mit ihrer Ablehnung des Verbots Erfolg haben. Denn die Mitgliedstaaten sind mehrheitlich ebenfalls gegen das Verbot.
Beschlossen haben die Parlamentarier unter anderem:
Der Europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte die Entscheidung des Parlaments. “Wir bedauern jedoch, dass das Parlament den Unternehmen die Möglichkeit einräumt, zu entscheiden, ob ihr KI-System als risikoreich eingestuft wird oder nicht, und sich so den wichtigsten Regeln des Gesetzes zu entziehen”, sagte Ursula Pachl, stellvertretende BEUC-Generaldirektorin. Und sie forderte das Parlament auf, auf seinem Standpunkt zu beharren, damit er von den Mitgliedstaaten übernommen werde.
Noch am Mittwochabend sollte das Auftakttreffen zum Trilog stattfinden. Binnenmarktkommissar Thierry Breton erklärte, er habe bereits begonnen, mit KI-Unternehmen und Entwicklern an dem von ihm vorgeschlagenen AI Pact zu arbeiten, um der Umsetzung des künftigen Gesetzes zuvorzukommen. Ende kommender Woche werde er dazu nach San Francisco reisen, um unter anderem Mark Zuckerberg von Meta und Sam Altman von OpenAI treffen. vis
Die Bundesregierung widmet Europa in ihrer nationalen Sicherheitsstrategie ein eigenes Kapitel. Die dort formulierten Positionen bergen allerdings wenig Überraschungen – und dürften den EU-Partnern nicht in jedem Punkt gefallen.
So kündigt die Koalition zwar an, sich für eine Harmonisierung der militärischen Fähigkeitsforderungen mit den Verbündeten einzusetzen und bei der Beschaffung primär auf europäische Lösungen zu setzen. Aber nur, wenn dies “ohne Fähigkeitseinbußen” möglich sei. “Das entscheidende Kriterium bleibt das schnelle Schließen von Fähigkeitslücken”, heißt es in dem Dokument.
Die Bundesregierung hatte nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in den USA insbesondere F35-Kampfjets bestellt. Das hatte in Frankreich für erhebliche Irritationen gesorgt – in Paris fürchtete man um das gemeinsame Entwicklungsprojekt FCAS.
Daneben bekennt sich die Bundesregierung zur Weiterentwicklung der ständigen strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) und will die Europäische Friedensfazilität stärken. Zudem will sie dazu beitragen, das Mittel der Sanktionen “noch effektiver zu gestalten”. (Mehr zur Sicherheitsstrategie finden Sie bei Security.Table) tho
Die EU-Botschafter sind am Mittwoch einer Einigung beim 11. Sanktionspaket näher gekommen, mit dem Brüssel Schlupflöcher im Sanktionsregime gegen Russland schließen möchte. Die Positionen stimmten zu “98 Prozent” überein, so ein Diplomat. Insbesondere die schwarze Liste der Ukraine für “Kriegsprofiteure” (darunter westliche Unternehmen mit ausgebauten Geschäftsbeziehungen in Russland) bleibe für ein EU-Mitglied ein Problem. Zuletzt hatten Griechenland und Ungarn von der Ukraine gefordert, Firmen aus ihren Ländern von der Liste zu nehmen, die vor allem politische Bedeutung hat.
Ungarn soll seine Blockade zuletzt aber gegen Zugeständnisse bei der ursprünglich geplanten Listung von chinesischen Unternehmen gelockert haben. Einem Medienbericht zufolge sind fünf in China und Hongkong ansässigen Unternehmen von der Liste gestrichen worden. Drei Firmen sollten weiterhin aufgeführt bleiben, berichtete South China Morning Post unter Berufung auf EU-Kreise. Zuvor habe es Gespräche mit chinesischen Diplomaten gegeben.
Mit Blick auf den Mechanismus für Sanktionen gegen Drittstaaten, die als Drehscheibe für Umgehungsgeschäfte Richtung Russland dienen, hat die EU-Kommission Bedenken weitgehend zerstreuen können. Die Kommission habe präzisiert, welche Güter und Technologien konkret ins Visier genommen werden könnten, so Diplomaten. Die EU-Botschafter wollen am Montag einen neuen Anlauf für eine Einigung nehmen. Danach müsste das 11. Sanktionspaket im schriftlichen Verfahren von den Regierungen formell abgesegnet werden. sti/ari
Das Treffen der EU-Botschafter am gestrigen Mittwoch hat noch keine Einigung zur Annahme der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) gebracht. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) wird sich am kommenden Freitag erneut mit dem Thema befassen.
Die schwedische Ratspräsidentschaft stellte am Mittwoch die mit dem Europaparlament getroffene Trilog-Vereinbarung sowie den am Dienstagabend in Umlauf gebrachten neuen Erwägungsgrund vor. Dieser würde es Ammoniakanlagen erlauben, von Gas auf Wasserstoff auch aus Kernenergie umzusteigen, anstatt wie geplant nur erneuerbare Brennstoffe zu verwenden.
Frankreich hatte sich bereits einen gewissen Spielraum bei der Produktion von Wasserstoff mithilfe von Kernenergie für die Industrie gesichert, fordert aber noch mehr Flexibilität. Damit will Paris die Umstellung seiner gasbetriebenen Ammoniakanlagen für die Herstellung von Düngemitteln erleichtern.
Für Frankreich ist der Agrarsektor eine tragende Säule seiner Wirtschaft: Mit einer Agrarproduktion, die nach Angaben des französischen Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2021 auf 81,6 Milliarden Euro geschätzt wird, bleibt Frankreich der größte Produzent in Europa, vor Deutschland und Italien. cst
Die delegierten Rechtsakte zu E-Fuels sind endgültig angenommen und in der Bundesregierung läuft bereits die Ressortabstimmung zur Umsetzung in nationales Recht. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag lief auf EU-Ebene die Einspruchsfrist für Rat und Parlament ab, wie aus einer Datenbank der Kommission hervorgeht. In den nächsten Tagen ist mit der Veröffentlichung im Amtsblatt zu rechnen, am 20. Tag danach treten die Rechtsakte in Kraft.
Die beiden Rechtsakte regeln die Zusätzlichkeit erneuerbarer Energie für flüssige und gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO) und die CO₂-Bilanzierung von wiederverwerteten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen (RCF). Sie bilden die Grundlage für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und hatten sich stark verzögert.
Die Umsetzung der beiden Rechtsakte in nationales Recht läuft über die Neufassung der Verordnung zur Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen und mitverarbeiteten biogenen Ölen auf die Treibhausgasquote (37. BImSchV). “Der Referentenentwurf zur Neufassung der 37. BImSchV befindet sich momentan in der Ressortabstimmung“, teilte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums auf Anfrage mit. “Das BMUV arbeitet mit Hochdruck daran, um schnellstmöglich Rechts- und Investitionssicherheit für die Wasserstoffwirtschaft zu schaffen.”
Zuvor hatte der Industrieverband eFuel Alliance auf eine schnelle Umsetzung in nationales Recht gedrungen. Alle Mitgliedsländer und insbesondere die Bundesregierung dürften keinesfalls auf eine nationale Implementierung der gerade vorläufig beschlossenen RED III bis Ende 2024 warten, heißt es in einer Mitteilung von Dienstag. ber
Das Europäische Parlament hat gestern mit 587 Stimmen bei 9 Gegenstimmen und 20 Enthaltungen die Einigung über die Batterieverordnung angenommen. Parlament, Rat und Kommission hatten sich im Dezember auf den Gesetzestext geeinigt. Die wichtigsten Maßnahmen:
“Erstmals verfügen wir über eine Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft, die den gesamten Lebensweg eines Produkts abdeckt”, sagte Achille Variati (S&D), Berichterstatter im federführenden Umweltausschuss. “Unser übergeordnetes Ziel ist der Aufbau einer robusten EU-Recyclingindustrie, insbesondere für Lithium, und eines wettbewerbsfähigen Industriesektors insgesamt, der in den kommenden Jahrzehnten für die Energiewende und die strategische Autonomie unseres Kontinents von entscheidender Bedeutung ist”.
Nach der Abstimmung im Plenum muss nun noch der Rat den Text formell annehmen. Anschließend wird er im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt kurz danach in Kraft. leo
Chile und die Europäische Union werden in Kürze eine Absichtserklärung unterzeichnen, um Lithiumprojekte mit hohem Mehrwert in Chile zu entwickeln, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch bei ihrem Besuch in dem südamerikanischem Land. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chilenischen Präsidenten Gabriel Boric sagte von der Leyen, die beiden Parteien hätten sich darauf geeinigt, eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung von Lithium und zur Stärkung der Lieferketten aufzubauen. “Wir arbeiten daran, bald eine Absichtserklärung zu unterzeichnen”, sagte von der Leyen. Diese strategische Vereinigung solle auch in Chile einen lokalen Mehrwert schaffen.
Chile kündigte im April einen Plan zur Ausweitung des Lithiumabbaus im Land durch staatlich kontrollierte öffentlich-private Partnerschaften an, um seine Position als weltweit führender Lithiumproduzent wiederzuerlangen. Das Metall wird weltweit vor allem für Batterien von Elektroautos nachgefragt.
Sie kündigten außerdem neue Projekte an, die Teil einer Initiative für grünen Wasserstoff zwischen der EU und Chile sind. Mit der Initiative “Team Europe Fund for Renewable Hydrogen in Chile” sollen neue Projekte für erneuerbaren Wasserstoff in Chile finanziert werden. Der Fonds solle mit mehr als 200 Millionen Euro ausgestattet werden, die größtenteils von der Europäischen Investitionsbank und der KfW finanziert und von der staatlichen chilenischen Entwicklungsagentur verwaltet werden. rtr
Janka Oertel, Asien-Expertin beim Thinktank ECFR, will für die Grünen für das Europaparlament kandidieren. Das gab die Wissenschaftlerin gestern auf Twitter bekannt. Unterstützung aus der Parteispitze hat sie: Grünen-Parteichef Omid Nouripour begrüßte die Ankündigung für die Europawahl ebenfalls auf Twitter: “Es ist eine gute Nachricht, dass Janka für uns nach Europa möchte. Sie wäre eine Bereicherung für die Grüne Fraktion im Europaparlament. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir eine ausgewiesene China-Expertin als starke europäische Stimme.” Welchen Listenplatz sie anpeilt ist nicht bekannt. mgr
Wenn die EZB an diesem Donnerstag erwartungsgemäß an der Zinsschraube dreht, könnte das Resultat den Klimaschutz ausbremsen. Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung macht Vorschläge für eine Geldpolitik, die die Dekarbonisierung nicht abwürgen würde. Das Fiskal-Dilemma: Höhere Zinsen führen zu weniger Investitionen und zu weniger klimaneutraler Transformation der Wirtschaft. Zugleich würde ein “Zinshammer” langfristig den Handlungsspielraum erst recht abwürgen, warnt der wirtschaftspolitische Sprecher der Stiftung, Daniel Posch, weil die Folgen eines ungebremsten Klimawandels die Preis- und Finanzstabilität der europäischen Volkswirtschaften bedrohten.
Die EZB habe auch in Zeiten erhöhter Inflation Spielraum. So könne sie Banken über gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, sogenannte TLTROs, kostengünstige Kredite für grüne Investitionen und Technologien anbieten. Banken erhalten dadurch einen Anreiz, diese Kredite an Unternehmen und Haushalte zu vergeben. Die Kreditkosten bleiben – trotz negativem Zinsumfeld – vergleichsweise niedrig und obendrein werden grüne Investitionen gefördert.
Solche Maßnahmen seien keineswegs neu, heißt es in der Studie. Führende Zentralbanken der Welt, zuletzt die Bank of Japan, aber auch bereits die EZB, hätten schon differenzierte Zinsen angewendet oder grüne Refinanzierungslinien aufgelegt. Posch sieht die EZB daher in der Pflicht, im Rahmen des Green Deals sowohl ihre Instrumente auf den Klimaschutz hin auszurichten als auch ihre Bilanz entsprechenden Stresstests zu unterziehen. ab
Die Künstliche Intelligenz spaltet die Gesellschaft. Gemeint ist hier nicht die reale Gefahr durch Deep-Fake-Technologien oder die Manipulation von Meinungen. Das ist ein der Technologie immanentes Risiko, das dringend Antworten benötigt. Gemeint ist das Ringen um die Regulierung der Technologie, die gesellschaftliche Grundprinzipien wie Freiheit und Gleichheit und das Bild des Menschen als autonomes Subjekt in Frage stellt. Nicht nur Europa, sondern große Teile der demokratischen Welt stehen sich als Innovationsbefürworter und Mahner gegenüber.
Der Kampf ist eigentlich nicht neu. Er begleitete uns schon über Jahrzehnte bei der Atomtechnologie oder bei der Gentechnik. Doch dieses Mal ist vieles anders: Die Zeit für die KI-Regulierung läuft aus. Immer schneller drehen sich die technologischen Innovationszyklen der digitalen Effizienzrevolution. Immer schwerer wird es, tragfähige Antworten in demokratischen Diskursen zu formulieren. Antworten, die noch gültig sein sollen, wenn die Gesetze nach längeren Übergangsfristen in Kraft treten.
Ein Punkt, der dieses Mal anders ist: Es fehlt der Frankenstein-Effekt. Statt sich mit der eigenen Kreation zu verbünden, kommen heute die lautesten Kritiker aus dem Lager der Pioniere und Entwickler der Technologie. Das sollte uns zu denken geben: Ob Sam Altman, CEO von OpenAI, oder Wissenschaftler wie Geoffrey Hinton und Yoshua Bengio, die Godfathers of Deep Learning – sie warnen eindringlich vor einer Auslöschung der Menschheit und fordern eine grundsätzliche Regulierung.
Gleichzeitig fordert die geballte Tech-Elite einen Forschungsstopp für KI-Entwicklungen. Alles Fake? Werbung mit dem Weltuntergang, eine Marketingmasche, wie Sascha Lobo kürzlich in einer Spiegel-Kolumne verkündete, eine Abwälzung der Verantwortung auf die Politik?
Wenn Politik überhaupt eine Verantwortung gegenüber den Menschen hat, dann kommt sie in derartigen Konstellationen zum Tragen. Denn es ist die Schutzpflicht gegenüber den Grundrechten, die es den gewählten Volksvertretern und Regierungen zur Aufgabe macht, zu handeln. Mehr zu tun, als auf die Eigenverantwortung von börsennotierten Unternehmen zu hoffen. Wie die endgültige Fassung der KI-Verordnung aussieht, lässt sich derzeit nicht ausmachen. Wohl aber lassen sich einige zentrale Forderungen, die in der Regelung enthalten sein, formulieren.
Geht es darum, Menschen zu beeinflussen, eröffnet sich gerade im Zusammenhang mit textbasierten Dialogsystemen oder Text-zu-Bild-Generatoren ein neues Universum. Das plötzliche Auftauchen von ChatGPT wird immer wieder als “iPhone-Moment” bezeichnet. Das ist so, als würde man die Überquerung der Alpen mit der ersten bemannten Mondlandung vergleichen. Eine irrtümliche Einordnung menschheitsgeschichtlicher Vorgänge: Auf Sprache, Schrift und Buchdruck folgte das Internet. Das alles betraf Verbreitung und Transport von Informationen.
Intelligente Sprachsysteme katapultieren uns nun in ein Zeitalter, in dem Maschinen die Inhalte selbständig erschaffen. Sie blenden uns nicht nur bestimmte Informationen ein, sondern sagen uns, was wir zu tun haben. Ein Quantensprung in der Qualität der Manipulation.
Wollen wir darauf vertrauen, dass das Geschäftsmodell der Firmen, die Milliarden in ihre Technik investierten, doch stets das “Gute” bringt und der Mehrung des Gemeinwohls dient? Dass dieses Mal schon alles anders wird als bei Google, Facebook und Co. in der Vergangenheit? Dann können wir uns entspannt zurücklehnen. Wir können darauf verzichten, mehr als marginale Transparenzverpflichtungen beim Betrieb dieser Modelle vorzusehen. Ein risikobasierter Ansatz, bei dem diese Technologien gar nicht erfasst werden, reicht dann vollständig aus.
KI ist ein Instrument. Gesetzt, es wäre ein Hammer. Sollten wir uns darauf beschränken, allgemeine Regelungen zu beschreiben, wie Hämmer zu konstruieren sind, wie sie in den Handel gelangen, am besten in der Hand liegen und wie die Verletzungsgefahr beim Gebrauch zu minimieren ist? Oder sollten wir auch daran denken, dass sie nicht zu allen Zwecken gebraucht werden dürfen. Dass man sie nicht benutzt, um Menschen zu töten, zu verletzen oder bedrohen? Sollten wir dann nicht klarstellen, dass KI zur Massenüberwachung, zur Gesichtserkennung oder der Erkennung von Emotionen nicht einzusetzen ist? Und sollten wir der Versuchung widerstehen, nicht nur scheinbare Verbote aufzustellen, hinter denen jeweils breite Ausnahmen zugelassen werden?
Innovation tut Not. Da sind wir uns einig. Im globalen Wettbewerb abseits zu stehen, ist keine gute Idee. Doch ist es innovativ, Menschen durch KI-gestützte Verfahren am Arbeitsplatz oder in Bildungseinrichtungen zu beurteilen, um sie einzustellen, zu kündigen, abzumahnen oder zu benoten? Worin liegt die Innovation von Verfahren, die es uns ermöglichen, Wahrscheinlichkeiten von Verbrechen, die noch gar nicht begangen sind, zu berechnen und Täter, die es noch nicht gibt, zu ermitteln? Benötigen wir KI-gestützte Entscheidungen für die soziale Bedürftigkeit von Menschen? Dann sollten wir den Anhang zur KI-Verordnung, der all diese Hochrisikotechnologien enthält, so beschließen. Differenzierungen der Einsatzfelder braucht es dann nicht. KI ist gesetzt: ob sie der Früherkennung von Krebs dient oder zur Überwachung und zur Bewertung von Personen eingesetzt wird.
Wenn die menschliche Individualität der Treibstoff für die neue Technologie ist, dann brauchen wir uns keine Gedanken um das Versiegen der Quellen zu machen. Wenn etwas unerschöpflich in dieser Welt ist, so sind es die Verzeichnisse unserer Individualität, unsere Daten. Wir produzieren sie selbst im Schlaf. Sollten wir bei rein wirtschaftlicher Betrachtung nicht die KI-Regelungen als Harmonisierungsregelung betrachten und die Datenschützer hier heraushalten? Im Kern geht es dann nur mehr um gemeinsame Standards auf dem EU-Binnenmarkt.
Klare Antworten auf diese Fragen stehen auf dem Spiel. Um es deutlich zu sagen: Vieles, was das EU-Parlament zur KI-Verordnung bereits in Abänderung des Kommissionsentwurfes vorgelegt hat, geht durchaus in die richtige Richtung. Es ist erst einmal großartig, dass die Europäer erkennen, dass sie die Weichen in eine menschengerechte Zukunft stellen müssen. Auch Pioniere, die nach tragfähigen sozialen Strukturen suche, sind Pioniere. Kein Grund, verächtlich die Nase über “Regulierungsweltmeister” aus dem alten Kontinent zu rümpfen. Aber auch Pioniere könne irren. Hoffen wir, dass das schwierigste Stück Gesetzgebung der vergangenen Jahre den Traditionen europäischer Sozialgeschichte verbunden bleibt: der Menschenwürde, Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
Zur Person: Prof. Dr. Johannes Caspar, geboren 1962, ist promovierter Jurist und war von 2009 bis 2021 Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit. Von 2015 bis 2021 hat er zudem die unabhängigen deutschen Datenschutzbehörden der Länder im Europäischen Datenausschuss in Brüssel vertreten. Aktuell lehrt und forscht Caspar an der Universität Hamburg und arbeitet als freier Autor. Sein neuestes Buch “Wir Datensklaven – Wege aus der digitalen Ausbeutung” ist gerade bei Econ erschienen (Hardcover, 352 Seiten; 24,99 Euro).
Zum Frühstück wird es heute im Europaparlament in Straßburg großes Kino gegeben. Der Streifen läuft ab 8.30 Uhr im Umweltausschuss und kann im Livestream verfolgt werden. Zum ersten Mal in der Geschichte des EU-Parlamentarismus, so beteuern alte Fahrensleute, weigert sich die EVP, eine Gesetzesvorlage der Kommission auch nur zu behandeln.
Es geht um das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur aus der Feder von Kommissionsvize Frans Timmermans. Um das Für und Wider soll es an dieser Stelle nicht gehen. Nur so viel: Scheitert die Vorlage, so wäre es eine massive Klatsche für Timmermans, der sich als Green-Deal-CEO in der Von-der-Leyen-Truppe versteht. Es wäre das erste Gesetz aus dem Fit-for-55-Reigen überhaupt, mit dem die Kommission baden ginge.
Mit der Abstimmung im Umweltausschuss will die EVP den Vorschlag zurückweisen. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass die Christdemokraten, die im Ausschuss 22 von 88 Plätzen besetzen, damit Erfolg haben. 45 Stimmen brauchen sie, bei Enthaltungen auf der anderen Seite entsprechend weniger.
EKR könnte acht Stimmen beisteuern. Die meisten der acht Rechtsextremen werden ebenfalls die Hand heben, wenn sie denn schon ausgeschlafen und anwesend sind. Und bei den vier Fraktionslosen sind einige Fidesz-Leute dabei, die mit der EVP stimmen dürften. Macht 44. Auf der anderen Seite stehen 18 Sozialisten, acht Grüne und sechs Linke, macht 32, die recht sicher für das Gesetz stimmen. Über Wohl und Wehe der Timmermannschen Vorlage entscheidet das Stimmverhalten der Liberalen, die 14 Mitglieder im ENVI stellen.
Und deswegen ist Ausschussvorsitzender Pascal Canfin (Renew) derzeit so nervös. Canfin – ein sehr entschiedener Sachwalter von Emmanuel Macrons Willen – macht sich allergrößte Sorgen. Vier Abgeordnete, darunter der deutsche FDP-Mann und Harley-Fahrer Andreas Glück sowie der niederländische Tesla-Fahrer Jan Huitema haben sich bereits öffentlich festgelegt, gegen Timmermans-Vorschlag zu stimmen. Zwei weitere gelten als sicher, haben sich aber noch nicht geoutet.
Wenn dieser Newsletter erscheint, sind noch zweieinhalb Stunden Zeit bis zum Beginn der Sitzung. Auch in diesen verbliebenen Minuten dürfte noch versucht werden, die letzten wankelmütigen MEPs für das Timmermans-Gesetzeswerk einzunehmen. Die Liaison-Officer aus der Kommission sind schon vor langem für Einzelgespräche ausgeschwärmt und noch längst nicht müde.
Selbst wenn im ENVI alles noch einmal gut geht: Damit wäre die letzte Messe nicht gelesen. Im Juli würde die Sache dem Plenum zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Wenn es schon im Umweltausschuss knapp wird, wird das Gesetz im Plenum scheitern, prognostizieren erfahrene Beobachter. Markus Grabitz