Table.Briefing: Europe

Fit für die Erweiterung + Chinas De-Risking + Amtssprachen

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie kann die EU wachsen, auf womöglich über 30 Mitglieder, und weiter handlungsfähig bleiben? Diese Diskussion könnte künftig lebendiger geführt werden, als es bislang der Fall ist. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und das Europaparlament drängen darauf, ein neuer Expertenbericht liefert Argumente für Reformen – und Ideen, wie sich auch widerwillige Mitgliedstaaten einbinden lassen. Till Hoppe gibt einen Überblick über den Stand der Debatte.

Es sei nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das sagt Jens Eskelund, Präsident der EU-Handelskammer in China. Heute stellt er das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor, das ein düsteres Fazit zieht: Der Wille zur Zusammenarbeit mit der europäischen Wirtschaft sei auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Finn Mayer-Kuckuk berichtet. 

Warum Spanien mit dem Versuch gescheitert ist, Katalanisch, Baskisch und Galicisch als neue EU-Amtssprachen einzuführen, lesen Sie in den News. Zum Dessert wirft Markus Grabitz einen Blick in eine Auswertung, die ermittelt haben will, wer der schlechteste deutsche Abgeordnete im Europaparlament ist. Kleine Vorwarnung: Mit einer seriösen Studie hat das nicht viel zu tun.

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Sarah Schaefer
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Analyse

Diskussion über EU-Reform nimmt Fahrt auf

Braucht die Europäische Union tiefgreifende Reformen, um weitere Mitgliedstaaten aufnehmen zu können? Die bislang von den Regierungen eher sporadisch bis widerwillig geführte Debatte dürfte in den kommenden Wochen Fahrt aufnehmen. Denn eine Reihe von Akteuren drängt darauf, von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das Europaparlament bis hin zu Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihrer Europa-Staatsministerin Anna Lührmann.

“Wir haben jetzt die Gelegenheit, um die Debatte zur Erweiterung und Reform der EU entscheidend voranzubringen”, sagte Lührmann zu Table.Media. “Diese historische Möglichkeit müssen wir nutzen.”

Lührmann und ihre französische Kollegin Laurence Boone hatten im Januar eine Gruppe von zwölf Fachleuten aus den beiden Ländern beauftragt, gemeinsame Reformvorschläge zu erarbeiten. Beim Allgemeinen Rat am Dienstag stellten sie den Bericht vor, der tags zuvor schon öffentlich geworden war. Die Diskussion beim Mittagessen zeigte aber, wie umstritten das Thema noch ist: “Die Positionen der Mitgliedstaaten liegen noch weit auseinander“, berichtete der spanische Europa-Staatssekretär Pascual Ignacio Navarro Ríos. Aber es sei wichtig, die Debatte anzustoßen.

Erweiterung treibt Reformdiskussion

Einiges spricht dafür, dass die Diskussion so schnell nicht verebben wird – auch wenn das einigen Regierungen insbesondere in Mittel- und Osteuropa durchaus recht wäre. Im Oktober stellt die EU-Kommission einen Bericht vor, in dem sie die Fortschritte der Beitrittskandidaten bewertet. Im Dezember sollen dann die Staats- und Regierungschefs über die Aufnahme von konkreten Verhandlungen mit der Ukraine und Moldau entscheiden.

Je konkreter die Perspektive einer Erweiterung der EU auf womöglich mehr als 30 Mitglieder wird, desto drängender werden auch die Fragen, wie die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft dabei gewährleistet werden kann.

Vergangene Woche forderte von der Leyen in ihrer SOTEU-Rede, “dass wir uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir uns auf eine vollendete Union vorbereiten können”. Auch Kanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron haben die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten an Reformen im Gefüge der EU geknüpft. Scholz und von der Leyen setzen bislang aber eher auf sanften Druck – angesichts der Vorbehalte in vielen Mitgliedstaaten insbesondere gegen eine langwierige Reform der EU-Verträge vermeiden sie die offene Auseinandersetzung.

Europaparlament macht Druck

Anders das Europaparlament: Die Abgeordneten wollen die Mitgliedstaaten dazu zwingen, sich der Diskussion zu stellen. Sie werden im November im Plenum über einen fraktionsübergreifend erarbeiteten Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen abstimmen, der umfassende Reformen und die Einberufung eines Konvents vorsieht. Der Rat muss sich anschließend mit der Initiative befassen. Eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten würde reichen, um den Weg für die Einberufung eines Konvents zu ebnen, der wiederum Reformvorschläge formulieren könnte. Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund, einer der Autoren des Berichts, sieht eine positive Dynamik: “Die Gruppe der Staaten wächst, die offen dafür sind.”

In der Bundesregierung treiben vor allem die Grünen das Thema voran: Baerbock und Lührmann organisieren dafür Anfang November eigens eine hochrangige Europakonferenz, bei der sie mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den anderen EU-Staaten über Erweiterung und Reformbedarf diskutieren wollen.

Experten empfehlen Vertragsreform

Der Bericht der deutsch-französischen Expertengruppe soll dafür eine Grundlage liefern. Wobei Boone klarstellte, dass es sich dabei nicht um einen Vorschlag der beiden Regierungen handele. Lührmann sprach von “teils ambitionierten, teils pragmatischen Vorschlägen”. Einige davon ließen sich auch ohne Vertragsänderungen umsetzen, etwa die Ausweitung von Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in der Außen- oder der Steuerpolitik.

Die zwölf Fachleute aus Frankreich und Deutschland machen in ihrem Bericht aber auch deutlich, dass sie eine Änderung der Verträge für den besten Weg halten – “aus Gründen der demokratischen Legitimität, Transparenz, Kohärenz und des Ambitionsniveaus”. Die Hürden dafür sind allerdings sehr hoch: Eine Vertragsänderung erfordert eine “doppelte Einstimmigkeit”, sowohl im Europäischen Rat als auch bei der Ratifizierung in den Mitgliedstaaten, sei es in den nationalen Parlamenten oder per Volksentscheid. Ein Konsens ist aber nicht in Sicht, zumindest nicht, solange in Polen und Ungarn nationalkonservative Regierungen an der Macht sind, die eine vertiefte Integration strikt ablehnen.

Paketdeal als Ausweg?

Die zwölf Fachleute diskutieren daher mögliche Auswege. So könnte die Änderungen am Lissabonner Vertrag mit einem Vertrag zur Erweiterung der EU verknüpft werden, um so Raum für einen Paketdeal zu schaffen: Die osteuropäischen Mitgliedstaaten sind die lautesten Befürworter einer Aufnahme der Ukraine, Moldaus und der Westbalkan-Staaten.

Zudem könnten sich Länder wie in der Vergangenheit bereits dafür entscheiden, in einzelnen Politikfeldern einen Integrationsschritt nicht mitzugehen (Opt-out). Sollte sich die 27 dennoch nicht einigen, könnten die besonders integrationswilligen Staaten vorangehen und ihre Zusammenarbeit in einem eigenen Vertrag festhalten. Das aber, so warnen sie, werde die Komplexität des EU-Rechts noch weiter erhöhen.

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EU-Handelskammer: China ist Vorreiter beim De-Risking

Zum ersten Mal stellt am heutigen Mittwoch der Däne Jens Eskelund als Nachfolger Jörg Wuttkes im Amt des Präsidenten der EU-Handelskammer in China das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor. Die jährlich erscheinende Publikation hat es in diesem Jahr in sich: Erstmals gibt es über 1.000 “Empfehlungen”, wie die Kammer ihre Klagen über die Marktbedingungen in China nennt.

Die Kammer repräsentiert 1.700 Unternehmen im Chinageschäft. “Nach den turbulenten drei Jahren, die hinter uns liegen, stellen viele von uns ihre Annahmen über den chinesischen Markt infrage“, sagt Eskelund. Die Vorhersagbarkeit und Vertrauenswürdigkeit seien erodiert.

Tiefe Verunsicherung seit Corona

In der Konsequenz diversifizierten viele Unternehmen ihre Lieferketten, um die China-Abhängigkeit zu verringern, beobachtet Eskelund. Es sei aber nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das Land habe seit geraumer Zeit über wirtschaftliche Eigenständigkeit geredet und sie auch in der praktischen Politik angestrebt. Die daraus entstehenden Markthemmnisse sind schon lange Gegenstand von Beschwerden der Kammer.

Die Verunsicherung sitzt tief. “Welches Verhältnis strebt China mit internationalen Unternehmen an?” Diese Frage steht laut Eskelund ganz oben auf der Liste der Unklarheiten. Es sei für China nun essenziell wichtig, das Vertrauen der Firmen zurückzugewinnen. Die EU-Wirtschaft habe nicht nur entscheidend dazu beigetragen, China auf das heute erreichte technische Niveau zu heben. Heute sinken die europäischen Investitionen in China. Die EU-Wirtschaft stehe aber trotzdem als Partner für die weitere Entwicklung bereit.

Weniger Eingriffe gefordert

Folgende Empfehlungen für die chinesische Führung leitet die Kammer aus dieser Lage ab:

  • Mehr Marktkräfte zulassen: Einige Branchen befinden sich weiter fest in der Hand von chinesischen Staatsbetrieben. Eine Stärkung der Privatwirtschaft entspräche auch den Ankündigungen der Führung.
  • De-Politisierung des Geschäftslebens: Unklare Gesetze ermöglichen fast überall bürokratische Eingriffe. Die Firmen fühlen sich Willkür ausgesetzt. Das Außenbeziehungsgesetz und das Antispionagegesetz wecken neue Befürchtungen. Sie kommen zum Cybersicherheitsgesetz und dem Datenschutzgesetz hinzu.
  • Mehr Gehör geben: Die Kammer hofft darauf, künftig wieder mehr einbezogen zu werden, wenn relevante Gesetze und Regulierungen anstehen.
  • Den privaten Verbrauch ankurbeln.
  • Den Klimaschutz ernst nehmen.

Die Transparenz nimmt weiter ab

Besonderes Augenmerk richtet das Positionspapier auf Fragen der Transparenz. So sind aktuelle Wirtschaftsdaten derzeit kaum verfügbar. “Wir müssen die Grundlagen dieses Landes verstehen können”, sagt Eskelund. Doch die Regierung lasse derzeit sogar Aussagen von Ökonomen und Bloggern zur Konjunkturlage unterdrücken.

Ein weiteres Thema ist die Unvereinbarkeit der Anforderungen Chinas und der EU an die Unternehmen. Die EU erwarte zunehmend hohe ethische Standards in der Lieferkette. China lasse dagegen keine Prüfungen in Regionen wie Xinjiang zu. Die Unternehmen finden sich damit zwischen den Fronten wieder.

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News

Aserbaidschan greift Bergkarabach an

Aserbaidschan hat am Dienstag einen Großangriff auf mehrere Städte in der umstrittenen Region Bergkarabach gestartet. Laut dem aserbaidschanischen Verteidigungsministerium handle es sich um einen “Einsatz zur Bekämpfung von Terroristen”. Ziel sei es, “die Entwaffnung und den Abzug von Formationen der armenischen Streitkräfte aus unseren Territorien sicherzustellen und ihre militärische Infrastruktur zu neutralisieren”. 

Die Regierung in Baku sieht die Konflikt-Region als “innenpolitische Angelegenheit” und rechtfertigt den Einsatz damit, dass Armenien dort illegal rund 10.000 Soldaten stationiert haben soll. Dies verstoße gegen das 2020 unter russischer Vermittlung geschlossene Waffenstillstandsabkommen. Armeniens Verteidigungsministerium erklärte, es sei weder mit militärischem Personal noch Gerät in Bergkarabach vertreten, sondern hätten die Truppen 2021 abgezogen. Die selbstverwaltete Republik Arzach (Bergkarabach) hat eine Armee zur Selbstverteidigung mit etwa 10.000 Soldaten.

Offenbar auch Zivilisten unter Beschuss

Aserbaidschanische Soldaten hatten am Vormittag die Region um die Hauptstadt Stepanakert mit Raketen beschossen. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium schrieb in der Mitteilung, dass Hochpräzisionswaffen nur gegen legitime militärische Ziele eingesetzt würden, nicht aber gegen Zivilisten. 

Videos zeigen allerdings, dass auch Wohnhäuser und -gegenden getroffen wurden. 80 Personen, darunter auch Kinder, sollen laut dem Außenministerium Bergkarabachs verletzt, fünf Menschen getötet worden sein. Die Echtheit der Videos kann nicht unabhängig festgestellt werden, auch die Informationen zu Verletzten und Getöteten unterscheiden sich teils stark.

Druck auf die dort lebenden ethnischen Armenier

Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um Bergkarabach. Die Enklave hat 1991 ihre Unabhängigkeit erklärt, zählt aber völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev beansprucht das Gebiet für sich, und hat in den vergangenen Monaten den Druck auf die dort lebenden 120.000 ethnischen Armenier erhöht, entweder die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft anzunehmen oder das Gebiet zu verlassen.

Die Regierung in Baku hat nach eigenen Angaben humanitäre Korridore eingerichtet, die es der Bevölkerung Bergkarabachs ermöglichen, aus der Region “evakuiert” zu werden. Eine Rückkehr der Bevölkerung, so wird von armenischer Seite vermutet, wird danach kaum möglich sein. Gegen Abend soll nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass der Artilleriebeschuss nachgelassen haben, “da die Ziele der Offensive fast erreicht worden sein”. klm

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Absage an Spanien: Keine neuen Amtssprachen

Spanien hat sich eine Abfuhr eingeholt. Das Land, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, scheiterte mit dem Versuch, auf einen Schlag drei neue Amtssprachen einzuführen. Katalanisch, Baskisch und Galicisch würden in der EU vorerst nicht anerkannt, hieß es am Rande eines Treffens der Europaminister. Allerdings sollen die Beratungen EU-intern weitergehen.

Zur Begründung für das (vorläufige) Nein verwiesen Diplomaten auf die Kosten und den Verwaltungs-Aufwand. Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch und Galicisch in die Liste der Amts- und Arbeitssprachen würde bedeuten, dass alle EU-Verordnungen und andere offizielle Schriftstücke künftig auch in diese drei Sprachen übersetzt werden müssten.

24 Amts- und Arbeitssprachen

Dabei stößt die EU schon mit 24 Amts- und Arbeitssprachen an ihre Grenzen. Die meisten offiziellen Dokumente werden nur noch in Englisch produziert; die Übersetzung dauert dann oft Stunden, wenn nicht Tage. Einige Texte auf der Website der EU-Kommission werden nur noch auf Anfrage ins Deutsche übersetzt – von einer sogenannten Künstlichen Intelligenz, also maschinell.

Spanien hatte zwar angeboten, die Kosten selbst zu übernehmen. Doch viele Länder hatten Bedenken – darunter auch Deutschland. Europastaatsministerin Anna Lührmann (Grüne) begründete dies mit ungeklärten Fragen zu rechtlichen und finanziellen Auswirkungen. Andere Länder fürchten, dass eine Anerkennung der spanischen Regionalsprachen eigene alte Sprachkonflikte wiederbeleben könnte.

Ärger über Ratspräsidentschaft

Für Verärgerung sorgte, dass der spanische EU-Ratsvorsitz das Thema ganz oben auf die Agenda gesetzt hatte. Es gebe durchaus wichtigere Themen, sagte ein Diplomat. So wollten sich die Europaminister am Dienstag mit der Migrationskrise auf Lampedusa beschäftigen und den EU-Gipfel im Oktober vorbereiten. Der spanische Vorstoß habe wohl eher mit der Innenpolitik zu tun, hieß es.

Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch und Galicisch in die Liste der Amts- und Arbeitssprachen kann nur einstimmig beschlossen werden. Ein Konsens zeichnet sich bisher aber nicht ab. ebo

  • Spanien

Schweiz: Horizon-Deal noch vor den Europawahlen? 

Nachdem Großbritannien über eine Assoziierung wieder zu Horizon Europe beitritt, wenden sich jetzt alle Blicke Richtung Bern. Dort ist nun die Isolation der Schweiz durch den Deal mit den Briten noch spürbarer. Michael Schaepmann, Rektor der Universität Zürich, befürchtet negative Konsequenzen für das Land: “Die Briten werden sich jetzt auf die Teilnahme in Horizon-Europe-Projekten fokussieren, wo die Schweiz größtenteils ganz ausgeschlossen ist. Wir stehen damit wieder isoliert und alleine da”, sagte er dem SRF

Ziel ist eine “rasche Deblockierung” 

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) betont gegenüber Table.Media, dass eine “rasche Deblockierung der Teilnahme der Schweiz an laufenden EU-Programmen wie Horizon Europe und Erasmus+” das Ziel sei. Das sei Gegenstand der laufenden Gespräche mit der Europäischen Kommission.   

Zumindest ein Teil der Wissenschaftscommunity hofft, dass mit dem britisch-europäischen Deal auch der Druck auf die Schweizer Regierung steigt, ein Abkommen zu verhandeln. Der Präsident des ETH-Rats, Michael Hengartner, sieht nach den Schweizer Parlamentswahlen im Oktober ein mögliches Zeitfenster für eine Einigung noch vor der Europawahl im kommenden Jahr. Anscheinend seien auch bereits viele Details besprochen, man sei sehr nahe beieinander, sodass ein finaler Deal schnell erreicht werden könnte. “Wenn das so wäre, könnte man nach der Wahl auf Knopfdruck loslegen”, meint Hengartner. Er erwarte dann von der Politik, dass man schnell und proaktiv an die Arbeit geht. 

Wissenschaft und Wirtschaft halten den Druck hoch 

Und auch das EDA bestätigt: “Wenn die Gespräche mit der EU und die internen Arbeiten weiterhin gut vorankommen, wird sich der Bundesrat bis Ende des Jahres auf die Verabschiedung eines Verhandlungsmandates vorbereiten.” Sowohl Wissenschaft als auch Wirtschaft wollen nun den Druck hochhalten. Wohl auch, weil nicht klar ist, ob nach den Wahlen in Brüssel die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weitermachen wird. Sie gilt als große Befürworterin eines Abkommens mit der Schweiz. 

Die vorherigen Verhandlungen waren im Mai 2021 auch deshalb abgebrochen worden, weil die Europäische Kommission die Assoziierung der Schweiz an EU-Programme wie Horizon Europe im Licht der Gesamtbeziehungen betrachtet. “Der Bundesrat lehnt diese politische Verknüpfung ab”, teilt das EDA mit. Die EU will mit dieser Haltung ein Cherrypicking vermeiden. Und damit blockieren Uneinigkeiten insbesondere im Bereich der Personenfreizügigkeit die Verhandlungen. “Das sind eben geopolitische und keine wissenschaftspolitische Diskussionen – wir sind nur ein Teil des Puzzles”, meint Hengartner. 

Seit dem Nein aus Bern von 2021 gilt die Schweiz als nicht assoziiertes Drittland und hat keinen vollen Zugang mehr zu Horizon Europe. Derzeit kompensiert der Bundesrat das fehlende EU-Geld. Das bedeutet für die Forschung: Man kann noch in Horizon-Projekten teilnehmen, aber nicht mehr in führender Rolle und mit hohem bürokratischem Aufwand. Die prestigeträchtigen ERC-Grants hingegen bleiben den Schweizern komplett versperrt. mw

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EVP hofft auf Neuanfang in der Agrarpolitik

EVP-Chef Manfred Weber hofft auf einen Neuanfang in der Landwirtschaftspolitik, nachdem der für den Grünen Deal verantwortliche Frans Timmermans aus der Kommission ausgeschieden ist. Bei der Konferenz der christdemokratischen Parteienfamilie “European Farmers’ Deal” mit 800 Teilnehmern in Brüssel sagte Weber: “Seit dem Abschied von Timmermans ist die Möglichkeit greifbar, die Landwirtschaftspolitik neu zu denken.”

Die Atmosphäre der Gespräche zwischen Parlament und Kommission habe sich merklich verändert. “Jetzt geht es darum, bei den offenen Gesetzgebungsverfahren langfristige Lösungen zu finden.”

Pestizidverordnung im Blick

Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič soll Anfang Oktober von Timmermans den Green Deal übernehmen. Die EVP erwartet, dass die Kommission etwa bei der umstrittenen Pestizidverordnung SUR Signale setzt. Nötig wäre dies laut EVP unter anderem bei der Definition der Schutzgebiete, in denen der Einsatz von Pestiziden komplett verboten sein soll.

Herbert Dorfmann, EVP-Koordinator für Landwirtschaft, sagte: “Wir arbeiten im Ausschuss zielstrebig auf einen Kompromiss hin.” Von dem Ergebnis hänge ab, ob die EVP im Ausschuss und im Plenum der Pestizidverordnung zustimmen werde.

Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses, sagte im Hinblick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU: “Die Ukraine ist ein Land mit einem sehr wettbewerbsfähigen Agrarsektor. Außerdem geht es um riesige Flächen. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Integration in die GAP eine große Herausforderung wird.” mgr

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Rechtsausschuss macht Weg frei für Hoekstra-Anhörung

Die Mitglieder des Rechtsausschusses im EU-Parlament (JURI) haben sich am Dienstag mit möglichen Interessenskonflikten des designierten Klimakommissars Wopke Hoekstra beschäftigt. Die Abgeordneten entschieden unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dass keine Interessenskonflikte für die Ausführung der Rolle als Chefverhandler für internationale Klimapolitik vorliegen. Damit haben sie den Weg freigemacht für die Anhörung Hoekstras im Umweltausschuss am 2. Oktober.

Neben der Kritik an seiner fehlenden Expertise auf dem Gebiet der Klimapolitik sorgen vor allem Hoekstras Tätigkeiten beim niederländischen Ölkonzern Shell für Zweifel an der Nominierung. Der derzeitige Außenminister der Niederlande war zudem Berater bei McKinsey und wurde später Finanzminister der Niederlande. Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai im Dezember (COP28) soll er nun die bisherige Rolle von Frans Timmermans als oberster Klimadiplomat Europas übernehmen. luk

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CO₂-Flottenziele für Lkw: Verkehrsausschuss will Ambitionsniveau senken

Der Verkehrsausschuss (TRAN) des EU-Parlaments hat am Dienstag über seine Stellungnahme zu den CO₂-Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge abgestimmt. Die Abgeordneten stimmten dafür, dass Hersteller die Verwendung von Kraftstoffen, die laut der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) als CO₂-neutral gelten, als Emissionseinsparung ihrer Lkw-Flotten verrechnen dürfen. Dies würde neben den synthetischen E-Fuels auch Biokraftstoffe auf Basis von Palmöl, Soja oder Raps einschließen. Die Kommission hatte das noch ausgeschlossen.

In ihrem Vorschlag veranschlagt die Kommission zudem eine CO₂-Reduktion für schwere Nutzfahrzeuge von 90 Prozent bis 2040 gegenüber den Werten von 2019. Der TRAN hat sich in seiner Stellungnahme nun auf 75 Prozent geeinigt – eine deutliche Ambitionssenkung, da Umweltschützer 100 Prozent wie bei den Pkw gefordert hatten.

ENVI ist federführend

Auch bei den Zwischenzielen machten die EU-Verkehrspolitiker Abstriche. Die Kommission schlug 45 Prozent ab 2030 und 65 Prozent ab 2035 vor. Der Verkehrsausschuss hat sich auf 30 Prozent ab 2030 und 50 Prozent ab 2035 festgelegt.

Federführend für das Dossier ist allerdings der Umweltausschuss (ENVI). Dieser stimmt in den kommenden Wochen über seine Position ab. Dort wird die Stellungnahme des TRAN voraussichtlich als Änderungsantrag eingereicht, ist aber für die ENVI-Mitglieder nicht maßgebend. Am 20. November soll das Plenum über die Verhandlungsposition des Parlaments vor dem Trilog abstimmen. Auch die Allgemeine Ausrichtung der Mitgliedstaaten befindet sich noch in den Verhandlungen. luk

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Kurzzeitmiete: Parlament schärft bei Vermieterdaten nach

Der Binnenmarktausschuss IMCO hat die Position des Europaparlaments zur Kurzzeitvermietung von Immobilien – etwa als Ferienwohnungen – festgelegt. Mit dem Vorhaben sollen Plattformen wie Airbnb, 9 flats oder Vrbo dazu verpflichtet werden, den zuständigen Behörden genauere Daten zu den Objekten bereitzustellen.

Die Parlamentarier nahmen mit sehr großer Mehrheit die Kompromissvorschläge der niederländischen Berichterstatterin Kim van Sparrentak (GroenLinks/Grüne) an. Diese enthalten vor allem einige Klarstellungen gegenüber dem Entwurf der Kommission.

So wollen die Parlamentarier konkretisieren, welche Daten Vermieter zur Verfügung stellen müssen. Wenn in einer Region eine behördliche Genehmigung für die Vermietung nötig ist, wie in Artikel 4 Nr. 6 der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen, müssen Vermieter diese vorlegen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten auch über diese Angaben hinaus weitere Daten zu den Vermietern erheben dürfen. Das kann etwa der Fall sein bei Dienstleistungen, die mit der Vermietung verbunden sind.

Registriernummer muss klar erkennbar sein

Für die Erhebung der Daten sollen nach dem Willen der Parlamentarier zwar in erster Linie die Anbieter zuständig sein. Allerdings sollen die Plattformen, über die Kurzzeitvermietungen regelmäßig stattfinden, mit ihrem eigenen Design für “verlässliche und vollständige” Informationen sorgen. Dazu gehört auch, dass sie die in manchen Regionen verpflichtende Registriernummer des Anbieters klar erkennbar anzeigen. Hier sollen die Plattformen regelmäßig prüfen, ob die Nummer den Angaben entspricht.

Im Fall von Mehrfachnutzungen der Registrierungen sollen diese Vermieter den zuständigen Behörden aktiv angezeigt werden. Die Kurzzeitmiete-Plattformen sollen zudem “jede mögliche Anstrengung unternehmen, um zu prüfen, ob eine zur Vermietung vorgesehene Einheit in einer Gegend liegt, in der eine Registrierung eingeführt wurde”.

Europaweit beklagen Kommunen, dass durch nicht registrierte Anbieter Kurtaxen, Bettensteuern oder allgemein fällige Steuern umgangen werden. Bereits im März hatte sich der Rat auf seine Position geeinigt. fst

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Umfrage: Verbraucher unzufrieden mit digitalem Schutz

Der europäische Dachverband der Verbraucherschutzorganisationen BEUC fordert von der EU-Kommission deutliche Nachbesserungen am EU-Verbraucherschutzrecht. Mit den Ergebnissen einer Umfrage will der Verband Defizite im digitalen Verbraucherschutz aufzeigen.

Für den Verbraucherverband geht es dabei um grundlegende Fragen: 50 Prozent der Befragten empfinden etwa das derzeit übliche Tracking für Anzeigenzwecke im Netz als unfaire Praxis, 31 Prozent haben dazu keine eigene Meinung. Bei der Frage, ob die Analyse personenbezogener Daten und entsprechende Monetarisierung – etwa durch Apps oder Webseiten – in Ordnung sei, sind gleich 60 Prozent der befragten EU-Bürger mit der jetzigen Realität nicht einverstanden. BEUC fordert daher trackingfreie Varianten – etwa in Form von kontextabhängiger Werbung. Für Privatsphäre dürfe nicht gezahlt werden müssen, warnt der Verband.

Ein besonderes Ärgernis für Verbraucher und damit auch für den Verbraucherverband bilden manche Eigenschaften neuer, sogenannter smarter Endgeräte. 76 Prozent der Verbraucher wünschen sich der Umfrage zufolge, selbst entscheiden zu können, welche Daten diese wohin versenden. 77 Prozent wollen zudem die Möglichkeit haben, die Geräte zumindest zeitweise komplett offline zu schicken. Diese Option werde allerdings derzeit bei manchen Endgeräten, wie etwa Robo-Staubsaugern, eingespart. Einmal im WiFi gäbe es keine Option, dieses wieder zu deaktivieren, erläutert BEUC. In der Diskussion etwa um den Cyber Resilience Act spielte diese Frage bislang keine Rolle.

Mehr Kontrolle für Influencer

Auch in einem dritten Punkt verlangen Verbraucher und Verband einen besseren Konsumentenschutz: Influencer auf Social-Media-Plattformen müssten strenger reguliert werden. Hier liefe die europäische Regulierung weitgehend ins Leere, argumentiert BEUC. 44 Prozent der Befragten, die Influencer auf Social Media gesehen haben, sind der Auffassung, dass sie dabei Werbung für gefährliche Produkte oder mögliche Betrugsversuche wahrgenommen hätten. Drei Viertel der Verbraucher finden, für die Influencer-Inhalte sollten die Plattformen mitverantwortlich sein.

So gut die Digitalisierung für Verbraucher auch sei: Es gebe relevante Schattenseiten, sagt Ursula Pachl, stellvertretende BEUC-Generaldirektorin, die durch die Umfrage nun aufgezeigt würden. Für die Verbraucherbefragung, die laut dem Dachverband repräsentativ ist, wurden fast 5.000 Erwachsene in insgesamt acht EU-Mitgliedstaaten im Frühjahr um ihre Meinung gebeten. fst

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Presseschau

Berg-Karabach: EU fordert Aserbaidschan dazu auf Militäreinsatz zu beenden DW
Deutsch-französischer Bericht: EU soll 2030 fit für Erweiterung sein STERN
EU warns Kosovo, Serbia of repercussions if normalisation deal not implemented EURACTIV
Geflüchtetenstatus: Ukrainer sollen in EU auch weiter besonderen Schutz genießen STUTTGARTER-ZEITUNG
Antrag auf neue Amtssprachen in der EU: Spanien bekommt eine Abfuhr TAZ
In der Migrationsfrage soll nun ausgerechnet die EU helfen WELT
Tunesien und die EU: Machtprobe um Begrenzung der Migration? DW
Kiew lehnt reparaturbedürftige “Leopard”-Panzer ab SUEDDEUTSCHE
Hochstapler-Affäre in der AfD: Das bisschen Lüge TAZ
Cep-Analyse: EU-Versorgung mit Antibiotika und Hormonen gefährdet PHARMAZEUTISCHE ZEITUNG
Britischer Oppositionsführer will Brexit abmildern DER STANDARD
EU-Agrarminister begrüßen Anstoß zu strategischem Dialog EURACTIV
Frankreich ist größter EU-Importeur von “russischen Nuklearprodukten” EURACTIV
Fahrtauglichkeits-Check für Senioren: Erneut Aufregung um EU-Vorschlag DER STANDARD
Klarna und andere Anbieter: “Buy now, pay later” auf dem Prüfstand: EU will Verbraucher bei Onlinekrediten besser schützen RND
Hitachi bietet EU für Milliarden-Deal Zugeständnisse N-TV
Chatkontrolle: EU-Rat vertagt Abstimmung nach Widerstand aus Deutschland HEISE
Google will milliardenschwere EU-Kartellstrafe abwenden WIWO

Heads

Niclas Kvarnström – Neuer Asien-Direktor beim EEAS

Niclas Kvarnström wird als neuer Direktor der Asien-Abteilung des EEAS die China-Politik der EU mitgestalten.

Niclas Kvarnström folgt auf Gunnar Wiegand als neuer Direktor der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS). Keine leichte Aufgabe. Wiegand hatte mehr als 30 Jahre lang die Politik der Europäischen Union für die Region mitgeprägt. Sein Nachfolger Kvarnström bringt allerdings das nötige diplomatische Rüstzeug mit, um Wiegands Rolle einzunehmen – und der EU-Politik einen noch stärkeren indopazifischen Anstrich zu geben.

Der Schwede ist seit August 2021 der Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung im Außenministerium seines Heimatlandes und somit bereits mitten im Thema. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe verdeutlicht, wie wichtig Brücken zu und Partnerschaften in der Region seien, betonte er im Oktober vergangenen Jahres bei einer Sinopsis-Veranstaltung in Prag. Die EU dürfe nicht unterschätzt werden, was den Indopazifik angeht, sagte Kvarnström. Mit diesen Aussagen schlägt er in eine ähnliche Kerbe wie sein Vorgänger Wiegand, der stets auf eine selbstbewusste EU und engere Beziehungen zu den indopazifischen Staaten pochte.

Kvarnström hat bereits Erfahrungen mit dem EU-Betrieb gesammelt. Während der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte war er maßgeblich an der Organisation eines Ministertreffens mit europäischen und asiatischen Vertretern beteiligt. Kvarnström hat sich nicht zuletzt dadurch bereits ein Standing bei den Außenministern der Indopazifik-Staaten aufgebaut.

Chinesisch-Studium in Oxford und Taiwan

Seine tiefe Expertise für die Region hatte er sich in der Ausbildung angeeignet: Nach dem Besuch einer internationalen Schule in Großbritannien studierte der Schwede von 1993 bis 1997 an der Universität Oxford Chinesisch. Im Rahmen des Studiums absolvierte er ein Semester an der Taiwan Normal University für Sprachkurse. In Oxford hatte er einen wirtschaftswissenschaftlichen Fokus gewählt, seine Abschlussarbeit schrieb Kvarnström über die Finanzmärkte Chinas.

Anschließend arbeitete er drei Jahre lang bei Goldman Sachs als Banker in London und New York, bevor er in den schwedischen diplomatischen Dienst aufgenommen wurde. Nach dem diplomatischen Training verbrachte er ein Jahr am China-Desk des schwedischen Außenamts. “Als Diplomaten sind wir Generalisten, und ich habe im Laufe meiner Karriere zu EU-, Osteuropa-, Asien- und UN-Themen gearbeitet. Mein erster Auslandseinsatz war an der schwedischen Botschaft in Peking, einer großartigen Stadt, in der sich meine Chinesischkenntnisse erheblich verbessert haben”, schreibt Kvarnström in einem Beitrag auf der Website seiner ehemaligen Schule.

Schwedischer Botschafter in Singapur bis 2021

Nach dem Aufenthalt in Peking war er auf verschiedenen Positionen für das schwedische Außenministerium tätig, unter anderem im Büro des Generaldirektors für politische Angelegenheiten in der EU-Abteilung, wo er in die Vorbereitung der EU-Treffen der Außenminister involviert war.

Vier Jahre arbeitete Kvarnström dann als politischer Berater der schwedischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, bevor er 2012 stellvertretender Direktor der Abteilung für Osteuropa und Zentralasien im Außenministerium wurde. Nach einem kurzen Abstecher zur Wallenberg-Stiftungsgruppe kehrte Kvarnström 2016 in den diplomatischen Dienst zurück und wurde dort Leiter der Abteilung für Osteuropa und Asien.

Einsatz noch vor EU-China-Gipfel

2018 wurde Kvarnström schließlich Schwedens Botschafter in Singapur: “Ein wunderbarer Posten, um das dynamische, wachsende Asien zu beobachten.” Die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Region seien “sehr dynamisch”, sagte Kvarnström in einer Videobotschaft zum Ende seiner Entsendung. Er blieb der Region treu – bei seiner Rückkehr nach Stockholm übernahm er 2021 den Posten als Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung.

Für die neue Position wird es Kvarnström nun mit Frau und vier Kindern in die belgische Hauptstadt und EU-Kapitale verschlagen. Wann genau sein Einsatz im EEAS beginnen wird, ist noch offen. Dass er den Posten noch vor dem geplanten EU-China-Gipfel antreten wird, ist aber sehr wahrscheinlich. Amelie Richter

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  • EEAS
  • Indopazifik

Personalien

StÄV mit neuem Referatsleiter Landwirtschaft

Winfried Schröder wechselt von der Brüsseler Landesvertretung Baden-Württemberg in die Ständige Vertretung. Er wird Referatsleiter Landwirtschaft in der deutschen EU-Botschaft. In der Landesvertretung Baden-Württemberg war Schröder die letzten Jahre der Leiter des Brüsseler Büros von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

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Dessert

Europäische Kommission EU Parlament Straßburg Von der Leyen

Die angebliche Studie ging bei allen deutschen MEPs per Mail ein. Ihr Titel: “Wer ist der schlechteste deutsche Abgeordnete?” Das klang schon unsachlich. Die Motivation für sein Vorhaben teilt der Verfasser gleich zum Anfang mit. Ziel sei es, “zu erreichen, dass keine faulen Politiker mehr nach Brüssel entsandt werden”. Doch vor allem bei der Studie selbst ist so einiges faul.

Die Kriterien, anhand derer die Studie messen will, ob ein Abgeordneter schlecht oder gut ist, sind nicht gerade wissenschaftlich: Zum einen geht es um den gesetzgeberischen Output (Berichterstatter, Schattenberichterstatter, Entschließungsanträge, Anfragen), außerdem um die mediale Präsenz.

Bei aller Identifikation mit dem eigenen Berufsstand: Dass jemand mit seinem Namen häufig in der Zeitung steht, ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal. Es soll zudem auch Abgeordnete geben, die erklärtermaßen ihren Namen nicht in den Medien sehen wollen. Die nur dann mit Journalisten reden, wenn sie nicht zitiert werden. Das sind vielleicht die weniger eitlen, nicht aber die weniger einflussreichen Abgeordneten.

Unter Pseudonym verfasst

Die “Studie” disqualifiziert sich aber vor allem dadurch, dass der oder die Autoren nicht mit dem Namen für den Inhalt einstehen wollen. Sie ist unter einem Pseudonym verfasst. Auf den Fluren im Brüsseler Parlament wird gemutmaßt, was wohl die wahre Motivation war. Die Parteien stellen gerade die Listen für die Europawahl auf. Es ist absehbar, dass es um die sicheren Listenplätze ein Hauen und Stechen geben wird. Womöglich soll hier ein vermeintliches Argument dafür gefunden werden, jemanden nicht wieder aufzustellen.

Auffällig ist: Es gibt einen gewissen deutschen Abgeordneten, der sich gar nicht an der gesetzgeberischen Arbeit beteiligt, selten in Medien auftaucht und wenn, dann nicht mit konstruktiven Beiträgen. Er ist vermutlich also der faulste deutsche Abgeordnete in Brüssel. In der “Studie” wird er allerdings gar nicht erwähnt. Markus Grabitz

Europe.Table Redaktion

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    wie kann die EU wachsen, auf womöglich über 30 Mitglieder, und weiter handlungsfähig bleiben? Diese Diskussion könnte künftig lebendiger geführt werden, als es bislang der Fall ist. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und das Europaparlament drängen darauf, ein neuer Expertenbericht liefert Argumente für Reformen – und Ideen, wie sich auch widerwillige Mitgliedstaaten einbinden lassen. Till Hoppe gibt einen Überblick über den Stand der Debatte.

    Es sei nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das sagt Jens Eskelund, Präsident der EU-Handelskammer in China. Heute stellt er das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor, das ein düsteres Fazit zieht: Der Wille zur Zusammenarbeit mit der europäischen Wirtschaft sei auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Finn Mayer-Kuckuk berichtet. 

    Warum Spanien mit dem Versuch gescheitert ist, Katalanisch, Baskisch und Galicisch als neue EU-Amtssprachen einzuführen, lesen Sie in den News. Zum Dessert wirft Markus Grabitz einen Blick in eine Auswertung, die ermittelt haben will, wer der schlechteste deutsche Abgeordnete im Europaparlament ist. Kleine Vorwarnung: Mit einer seriösen Studie hat das nicht viel zu tun.

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    Sarah Schaefer
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    Analyse

    Diskussion über EU-Reform nimmt Fahrt auf

    Braucht die Europäische Union tiefgreifende Reformen, um weitere Mitgliedstaaten aufnehmen zu können? Die bislang von den Regierungen eher sporadisch bis widerwillig geführte Debatte dürfte in den kommenden Wochen Fahrt aufnehmen. Denn eine Reihe von Akteuren drängt darauf, von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das Europaparlament bis hin zu Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihrer Europa-Staatsministerin Anna Lührmann.

    “Wir haben jetzt die Gelegenheit, um die Debatte zur Erweiterung und Reform der EU entscheidend voranzubringen”, sagte Lührmann zu Table.Media. “Diese historische Möglichkeit müssen wir nutzen.”

    Lührmann und ihre französische Kollegin Laurence Boone hatten im Januar eine Gruppe von zwölf Fachleuten aus den beiden Ländern beauftragt, gemeinsame Reformvorschläge zu erarbeiten. Beim Allgemeinen Rat am Dienstag stellten sie den Bericht vor, der tags zuvor schon öffentlich geworden war. Die Diskussion beim Mittagessen zeigte aber, wie umstritten das Thema noch ist: “Die Positionen der Mitgliedstaaten liegen noch weit auseinander“, berichtete der spanische Europa-Staatssekretär Pascual Ignacio Navarro Ríos. Aber es sei wichtig, die Debatte anzustoßen.

    Erweiterung treibt Reformdiskussion

    Einiges spricht dafür, dass die Diskussion so schnell nicht verebben wird – auch wenn das einigen Regierungen insbesondere in Mittel- und Osteuropa durchaus recht wäre. Im Oktober stellt die EU-Kommission einen Bericht vor, in dem sie die Fortschritte der Beitrittskandidaten bewertet. Im Dezember sollen dann die Staats- und Regierungschefs über die Aufnahme von konkreten Verhandlungen mit der Ukraine und Moldau entscheiden.

    Je konkreter die Perspektive einer Erweiterung der EU auf womöglich mehr als 30 Mitglieder wird, desto drängender werden auch die Fragen, wie die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft dabei gewährleistet werden kann.

    Vergangene Woche forderte von der Leyen in ihrer SOTEU-Rede, “dass wir uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir uns auf eine vollendete Union vorbereiten können”. Auch Kanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron haben die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten an Reformen im Gefüge der EU geknüpft. Scholz und von der Leyen setzen bislang aber eher auf sanften Druck – angesichts der Vorbehalte in vielen Mitgliedstaaten insbesondere gegen eine langwierige Reform der EU-Verträge vermeiden sie die offene Auseinandersetzung.

    Europaparlament macht Druck

    Anders das Europaparlament: Die Abgeordneten wollen die Mitgliedstaaten dazu zwingen, sich der Diskussion zu stellen. Sie werden im November im Plenum über einen fraktionsübergreifend erarbeiteten Bericht des Ausschusses für konstitutionelle Fragen abstimmen, der umfassende Reformen und die Einberufung eines Konvents vorsieht. Der Rat muss sich anschließend mit der Initiative befassen. Eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten würde reichen, um den Weg für die Einberufung eines Konvents zu ebnen, der wiederum Reformvorschläge formulieren könnte. Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund, einer der Autoren des Berichts, sieht eine positive Dynamik: “Die Gruppe der Staaten wächst, die offen dafür sind.”

    In der Bundesregierung treiben vor allem die Grünen das Thema voran: Baerbock und Lührmann organisieren dafür Anfang November eigens eine hochrangige Europakonferenz, bei der sie mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den anderen EU-Staaten über Erweiterung und Reformbedarf diskutieren wollen.

    Experten empfehlen Vertragsreform

    Der Bericht der deutsch-französischen Expertengruppe soll dafür eine Grundlage liefern. Wobei Boone klarstellte, dass es sich dabei nicht um einen Vorschlag der beiden Regierungen handele. Lührmann sprach von “teils ambitionierten, teils pragmatischen Vorschlägen”. Einige davon ließen sich auch ohne Vertragsänderungen umsetzen, etwa die Ausweitung von Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit in der Außen- oder der Steuerpolitik.

    Die zwölf Fachleute aus Frankreich und Deutschland machen in ihrem Bericht aber auch deutlich, dass sie eine Änderung der Verträge für den besten Weg halten – “aus Gründen der demokratischen Legitimität, Transparenz, Kohärenz und des Ambitionsniveaus”. Die Hürden dafür sind allerdings sehr hoch: Eine Vertragsänderung erfordert eine “doppelte Einstimmigkeit”, sowohl im Europäischen Rat als auch bei der Ratifizierung in den Mitgliedstaaten, sei es in den nationalen Parlamenten oder per Volksentscheid. Ein Konsens ist aber nicht in Sicht, zumindest nicht, solange in Polen und Ungarn nationalkonservative Regierungen an der Macht sind, die eine vertiefte Integration strikt ablehnen.

    Paketdeal als Ausweg?

    Die zwölf Fachleute diskutieren daher mögliche Auswege. So könnte die Änderungen am Lissabonner Vertrag mit einem Vertrag zur Erweiterung der EU verknüpft werden, um so Raum für einen Paketdeal zu schaffen: Die osteuropäischen Mitgliedstaaten sind die lautesten Befürworter einer Aufnahme der Ukraine, Moldaus und der Westbalkan-Staaten.

    Zudem könnten sich Länder wie in der Vergangenheit bereits dafür entscheiden, in einzelnen Politikfeldern einen Integrationsschritt nicht mitzugehen (Opt-out). Sollte sich die 27 dennoch nicht einigen, könnten die besonders integrationswilligen Staaten vorangehen und ihre Zusammenarbeit in einem eigenen Vertrag festhalten. Das aber, so warnen sie, werde die Komplexität des EU-Rechts noch weiter erhöhen.

    • EU-Erweiterung
    • Europapolitik

    EU-Handelskammer: China ist Vorreiter beim De-Risking

    Zum ersten Mal stellt am heutigen Mittwoch der Däne Jens Eskelund als Nachfolger Jörg Wuttkes im Amt des Präsidenten der EU-Handelskammer in China das Positionspapier der Wirtschaftsvertretung in Peking vor. Die jährlich erscheinende Publikation hat es in diesem Jahr in sich: Erstmals gibt es über 1.000 “Empfehlungen”, wie die Kammer ihre Klagen über die Marktbedingungen in China nennt.

    Die Kammer repräsentiert 1.700 Unternehmen im Chinageschäft. “Nach den turbulenten drei Jahren, die hinter uns liegen, stellen viele von uns ihre Annahmen über den chinesischen Markt infrage“, sagt Eskelund. Die Vorhersagbarkeit und Vertrauenswürdigkeit seien erodiert.

    Tiefe Verunsicherung seit Corona

    In der Konsequenz diversifizierten viele Unternehmen ihre Lieferketten, um die China-Abhängigkeit zu verringern, beobachtet Eskelund. Es sei aber nicht die europäische Wirtschaft gewesen, die mit der Risikominderung angefangen haben: “China war der ursprüngliche De-Risker.” Das Land habe seit geraumer Zeit über wirtschaftliche Eigenständigkeit geredet und sie auch in der praktischen Politik angestrebt. Die daraus entstehenden Markthemmnisse sind schon lange Gegenstand von Beschwerden der Kammer.

    Die Verunsicherung sitzt tief. “Welches Verhältnis strebt China mit internationalen Unternehmen an?” Diese Frage steht laut Eskelund ganz oben auf der Liste der Unklarheiten. Es sei für China nun essenziell wichtig, das Vertrauen der Firmen zurückzugewinnen. Die EU-Wirtschaft habe nicht nur entscheidend dazu beigetragen, China auf das heute erreichte technische Niveau zu heben. Heute sinken die europäischen Investitionen in China. Die EU-Wirtschaft stehe aber trotzdem als Partner für die weitere Entwicklung bereit.

    Weniger Eingriffe gefordert

    Folgende Empfehlungen für die chinesische Führung leitet die Kammer aus dieser Lage ab:

    • Mehr Marktkräfte zulassen: Einige Branchen befinden sich weiter fest in der Hand von chinesischen Staatsbetrieben. Eine Stärkung der Privatwirtschaft entspräche auch den Ankündigungen der Führung.
    • De-Politisierung des Geschäftslebens: Unklare Gesetze ermöglichen fast überall bürokratische Eingriffe. Die Firmen fühlen sich Willkür ausgesetzt. Das Außenbeziehungsgesetz und das Antispionagegesetz wecken neue Befürchtungen. Sie kommen zum Cybersicherheitsgesetz und dem Datenschutzgesetz hinzu.
    • Mehr Gehör geben: Die Kammer hofft darauf, künftig wieder mehr einbezogen zu werden, wenn relevante Gesetze und Regulierungen anstehen.
    • Den privaten Verbrauch ankurbeln.
    • Den Klimaschutz ernst nehmen.

    Die Transparenz nimmt weiter ab

    Besonderes Augenmerk richtet das Positionspapier auf Fragen der Transparenz. So sind aktuelle Wirtschaftsdaten derzeit kaum verfügbar. “Wir müssen die Grundlagen dieses Landes verstehen können”, sagt Eskelund. Doch die Regierung lasse derzeit sogar Aussagen von Ökonomen und Bloggern zur Konjunkturlage unterdrücken.

    Ein weiteres Thema ist die Unvereinbarkeit der Anforderungen Chinas und der EU an die Unternehmen. Die EU erwarte zunehmend hohe ethische Standards in der Lieferkette. China lasse dagegen keine Prüfungen in Regionen wie Xinjiang zu. Die Unternehmen finden sich damit zwischen den Fronten wieder.

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    News

    Aserbaidschan greift Bergkarabach an

    Aserbaidschan hat am Dienstag einen Großangriff auf mehrere Städte in der umstrittenen Region Bergkarabach gestartet. Laut dem aserbaidschanischen Verteidigungsministerium handle es sich um einen “Einsatz zur Bekämpfung von Terroristen”. Ziel sei es, “die Entwaffnung und den Abzug von Formationen der armenischen Streitkräfte aus unseren Territorien sicherzustellen und ihre militärische Infrastruktur zu neutralisieren”. 

    Die Regierung in Baku sieht die Konflikt-Region als “innenpolitische Angelegenheit” und rechtfertigt den Einsatz damit, dass Armenien dort illegal rund 10.000 Soldaten stationiert haben soll. Dies verstoße gegen das 2020 unter russischer Vermittlung geschlossene Waffenstillstandsabkommen. Armeniens Verteidigungsministerium erklärte, es sei weder mit militärischem Personal noch Gerät in Bergkarabach vertreten, sondern hätten die Truppen 2021 abgezogen. Die selbstverwaltete Republik Arzach (Bergkarabach) hat eine Armee zur Selbstverteidigung mit etwa 10.000 Soldaten.

    Offenbar auch Zivilisten unter Beschuss

    Aserbaidschanische Soldaten hatten am Vormittag die Region um die Hauptstadt Stepanakert mit Raketen beschossen. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium schrieb in der Mitteilung, dass Hochpräzisionswaffen nur gegen legitime militärische Ziele eingesetzt würden, nicht aber gegen Zivilisten. 

    Videos zeigen allerdings, dass auch Wohnhäuser und -gegenden getroffen wurden. 80 Personen, darunter auch Kinder, sollen laut dem Außenministerium Bergkarabachs verletzt, fünf Menschen getötet worden sein. Die Echtheit der Videos kann nicht unabhängig festgestellt werden, auch die Informationen zu Verletzten und Getöteten unterscheiden sich teils stark.

    Druck auf die dort lebenden ethnischen Armenier

    Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um Bergkarabach. Die Enklave hat 1991 ihre Unabhängigkeit erklärt, zählt aber völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev beansprucht das Gebiet für sich, und hat in den vergangenen Monaten den Druck auf die dort lebenden 120.000 ethnischen Armenier erhöht, entweder die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft anzunehmen oder das Gebiet zu verlassen.

    Die Regierung in Baku hat nach eigenen Angaben humanitäre Korridore eingerichtet, die es der Bevölkerung Bergkarabachs ermöglichen, aus der Region “evakuiert” zu werden. Eine Rückkehr der Bevölkerung, so wird von armenischer Seite vermutet, wird danach kaum möglich sein. Gegen Abend soll nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass der Artilleriebeschuss nachgelassen haben, “da die Ziele der Offensive fast erreicht worden sein”. klm

    • Armenien
    • Aserbaidschan

    Absage an Spanien: Keine neuen Amtssprachen

    Spanien hat sich eine Abfuhr eingeholt. Das Land, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, scheiterte mit dem Versuch, auf einen Schlag drei neue Amtssprachen einzuführen. Katalanisch, Baskisch und Galicisch würden in der EU vorerst nicht anerkannt, hieß es am Rande eines Treffens der Europaminister. Allerdings sollen die Beratungen EU-intern weitergehen.

    Zur Begründung für das (vorläufige) Nein verwiesen Diplomaten auf die Kosten und den Verwaltungs-Aufwand. Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch und Galicisch in die Liste der Amts- und Arbeitssprachen würde bedeuten, dass alle EU-Verordnungen und andere offizielle Schriftstücke künftig auch in diese drei Sprachen übersetzt werden müssten.

    24 Amts- und Arbeitssprachen

    Dabei stößt die EU schon mit 24 Amts- und Arbeitssprachen an ihre Grenzen. Die meisten offiziellen Dokumente werden nur noch in Englisch produziert; die Übersetzung dauert dann oft Stunden, wenn nicht Tage. Einige Texte auf der Website der EU-Kommission werden nur noch auf Anfrage ins Deutsche übersetzt – von einer sogenannten Künstlichen Intelligenz, also maschinell.

    Spanien hatte zwar angeboten, die Kosten selbst zu übernehmen. Doch viele Länder hatten Bedenken – darunter auch Deutschland. Europastaatsministerin Anna Lührmann (Grüne) begründete dies mit ungeklärten Fragen zu rechtlichen und finanziellen Auswirkungen. Andere Länder fürchten, dass eine Anerkennung der spanischen Regionalsprachen eigene alte Sprachkonflikte wiederbeleben könnte.

    Ärger über Ratspräsidentschaft

    Für Verärgerung sorgte, dass der spanische EU-Ratsvorsitz das Thema ganz oben auf die Agenda gesetzt hatte. Es gebe durchaus wichtigere Themen, sagte ein Diplomat. So wollten sich die Europaminister am Dienstag mit der Migrationskrise auf Lampedusa beschäftigen und den EU-Gipfel im Oktober vorbereiten. Der spanische Vorstoß habe wohl eher mit der Innenpolitik zu tun, hieß es.

    Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch und Galicisch in die Liste der Amts- und Arbeitssprachen kann nur einstimmig beschlossen werden. Ein Konsens zeichnet sich bisher aber nicht ab. ebo

    • Spanien

    Schweiz: Horizon-Deal noch vor den Europawahlen? 

    Nachdem Großbritannien über eine Assoziierung wieder zu Horizon Europe beitritt, wenden sich jetzt alle Blicke Richtung Bern. Dort ist nun die Isolation der Schweiz durch den Deal mit den Briten noch spürbarer. Michael Schaepmann, Rektor der Universität Zürich, befürchtet negative Konsequenzen für das Land: “Die Briten werden sich jetzt auf die Teilnahme in Horizon-Europe-Projekten fokussieren, wo die Schweiz größtenteils ganz ausgeschlossen ist. Wir stehen damit wieder isoliert und alleine da”, sagte er dem SRF

    Ziel ist eine “rasche Deblockierung” 

    Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) betont gegenüber Table.Media, dass eine “rasche Deblockierung der Teilnahme der Schweiz an laufenden EU-Programmen wie Horizon Europe und Erasmus+” das Ziel sei. Das sei Gegenstand der laufenden Gespräche mit der Europäischen Kommission.   

    Zumindest ein Teil der Wissenschaftscommunity hofft, dass mit dem britisch-europäischen Deal auch der Druck auf die Schweizer Regierung steigt, ein Abkommen zu verhandeln. Der Präsident des ETH-Rats, Michael Hengartner, sieht nach den Schweizer Parlamentswahlen im Oktober ein mögliches Zeitfenster für eine Einigung noch vor der Europawahl im kommenden Jahr. Anscheinend seien auch bereits viele Details besprochen, man sei sehr nahe beieinander, sodass ein finaler Deal schnell erreicht werden könnte. “Wenn das so wäre, könnte man nach der Wahl auf Knopfdruck loslegen”, meint Hengartner. Er erwarte dann von der Politik, dass man schnell und proaktiv an die Arbeit geht. 

    Wissenschaft und Wirtschaft halten den Druck hoch 

    Und auch das EDA bestätigt: “Wenn die Gespräche mit der EU und die internen Arbeiten weiterhin gut vorankommen, wird sich der Bundesrat bis Ende des Jahres auf die Verabschiedung eines Verhandlungsmandates vorbereiten.” Sowohl Wissenschaft als auch Wirtschaft wollen nun den Druck hochhalten. Wohl auch, weil nicht klar ist, ob nach den Wahlen in Brüssel die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weitermachen wird. Sie gilt als große Befürworterin eines Abkommens mit der Schweiz. 

    Die vorherigen Verhandlungen waren im Mai 2021 auch deshalb abgebrochen worden, weil die Europäische Kommission die Assoziierung der Schweiz an EU-Programme wie Horizon Europe im Licht der Gesamtbeziehungen betrachtet. “Der Bundesrat lehnt diese politische Verknüpfung ab”, teilt das EDA mit. Die EU will mit dieser Haltung ein Cherrypicking vermeiden. Und damit blockieren Uneinigkeiten insbesondere im Bereich der Personenfreizügigkeit die Verhandlungen. “Das sind eben geopolitische und keine wissenschaftspolitische Diskussionen – wir sind nur ein Teil des Puzzles”, meint Hengartner. 

    Seit dem Nein aus Bern von 2021 gilt die Schweiz als nicht assoziiertes Drittland und hat keinen vollen Zugang mehr zu Horizon Europe. Derzeit kompensiert der Bundesrat das fehlende EU-Geld. Das bedeutet für die Forschung: Man kann noch in Horizon-Projekten teilnehmen, aber nicht mehr in führender Rolle und mit hohem bürokratischem Aufwand. Die prestigeträchtigen ERC-Grants hingegen bleiben den Schweizern komplett versperrt. mw

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    • Schweiz

    EVP hofft auf Neuanfang in der Agrarpolitik

    EVP-Chef Manfred Weber hofft auf einen Neuanfang in der Landwirtschaftspolitik, nachdem der für den Grünen Deal verantwortliche Frans Timmermans aus der Kommission ausgeschieden ist. Bei der Konferenz der christdemokratischen Parteienfamilie “European Farmers’ Deal” mit 800 Teilnehmern in Brüssel sagte Weber: “Seit dem Abschied von Timmermans ist die Möglichkeit greifbar, die Landwirtschaftspolitik neu zu denken.”

    Die Atmosphäre der Gespräche zwischen Parlament und Kommission habe sich merklich verändert. “Jetzt geht es darum, bei den offenen Gesetzgebungsverfahren langfristige Lösungen zu finden.”

    Pestizidverordnung im Blick

    Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič soll Anfang Oktober von Timmermans den Green Deal übernehmen. Die EVP erwartet, dass die Kommission etwa bei der umstrittenen Pestizidverordnung SUR Signale setzt. Nötig wäre dies laut EVP unter anderem bei der Definition der Schutzgebiete, in denen der Einsatz von Pestiziden komplett verboten sein soll.

    Herbert Dorfmann, EVP-Koordinator für Landwirtschaft, sagte: “Wir arbeiten im Ausschuss zielstrebig auf einen Kompromiss hin.” Von dem Ergebnis hänge ab, ob die EVP im Ausschuss und im Plenum der Pestizidverordnung zustimmen werde.

    Norbert Lins, Chef des Agrarausschusses, sagte im Hinblick auf einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU: “Die Ukraine ist ein Land mit einem sehr wettbewerbsfähigen Agrarsektor. Außerdem geht es um riesige Flächen. Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Integration in die GAP eine große Herausforderung wird.” mgr

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    Rechtsausschuss macht Weg frei für Hoekstra-Anhörung

    Die Mitglieder des Rechtsausschusses im EU-Parlament (JURI) haben sich am Dienstag mit möglichen Interessenskonflikten des designierten Klimakommissars Wopke Hoekstra beschäftigt. Die Abgeordneten entschieden unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dass keine Interessenskonflikte für die Ausführung der Rolle als Chefverhandler für internationale Klimapolitik vorliegen. Damit haben sie den Weg freigemacht für die Anhörung Hoekstras im Umweltausschuss am 2. Oktober.

    Neben der Kritik an seiner fehlenden Expertise auf dem Gebiet der Klimapolitik sorgen vor allem Hoekstras Tätigkeiten beim niederländischen Ölkonzern Shell für Zweifel an der Nominierung. Der derzeitige Außenminister der Niederlande war zudem Berater bei McKinsey und wurde später Finanzminister der Niederlande. Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai im Dezember (COP28) soll er nun die bisherige Rolle von Frans Timmermans als oberster Klimadiplomat Europas übernehmen. luk

    • COP28
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    CO₂-Flottenziele für Lkw: Verkehrsausschuss will Ambitionsniveau senken

    Der Verkehrsausschuss (TRAN) des EU-Parlaments hat am Dienstag über seine Stellungnahme zu den CO₂-Flottengrenzwerten für schwere Nutzfahrzeuge abgestimmt. Die Abgeordneten stimmten dafür, dass Hersteller die Verwendung von Kraftstoffen, die laut der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) als CO₂-neutral gelten, als Emissionseinsparung ihrer Lkw-Flotten verrechnen dürfen. Dies würde neben den synthetischen E-Fuels auch Biokraftstoffe auf Basis von Palmöl, Soja oder Raps einschließen. Die Kommission hatte das noch ausgeschlossen.

    In ihrem Vorschlag veranschlagt die Kommission zudem eine CO₂-Reduktion für schwere Nutzfahrzeuge von 90 Prozent bis 2040 gegenüber den Werten von 2019. Der TRAN hat sich in seiner Stellungnahme nun auf 75 Prozent geeinigt – eine deutliche Ambitionssenkung, da Umweltschützer 100 Prozent wie bei den Pkw gefordert hatten.

    ENVI ist federführend

    Auch bei den Zwischenzielen machten die EU-Verkehrspolitiker Abstriche. Die Kommission schlug 45 Prozent ab 2030 und 65 Prozent ab 2035 vor. Der Verkehrsausschuss hat sich auf 30 Prozent ab 2030 und 50 Prozent ab 2035 festgelegt.

    Federführend für das Dossier ist allerdings der Umweltausschuss (ENVI). Dieser stimmt in den kommenden Wochen über seine Position ab. Dort wird die Stellungnahme des TRAN voraussichtlich als Änderungsantrag eingereicht, ist aber für die ENVI-Mitglieder nicht maßgebend. Am 20. November soll das Plenum über die Verhandlungsposition des Parlaments vor dem Trilog abstimmen. Auch die Allgemeine Ausrichtung der Mitgliedstaaten befindet sich noch in den Verhandlungen. luk

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    Kurzzeitmiete: Parlament schärft bei Vermieterdaten nach

    Der Binnenmarktausschuss IMCO hat die Position des Europaparlaments zur Kurzzeitvermietung von Immobilien – etwa als Ferienwohnungen – festgelegt. Mit dem Vorhaben sollen Plattformen wie Airbnb, 9 flats oder Vrbo dazu verpflichtet werden, den zuständigen Behörden genauere Daten zu den Objekten bereitzustellen.

    Die Parlamentarier nahmen mit sehr großer Mehrheit die Kompromissvorschläge der niederländischen Berichterstatterin Kim van Sparrentak (GroenLinks/Grüne) an. Diese enthalten vor allem einige Klarstellungen gegenüber dem Entwurf der Kommission.

    So wollen die Parlamentarier konkretisieren, welche Daten Vermieter zur Verfügung stellen müssen. Wenn in einer Region eine behördliche Genehmigung für die Vermietung nötig ist, wie in Artikel 4 Nr. 6 der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen, müssen Vermieter diese vorlegen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten auch über diese Angaben hinaus weitere Daten zu den Vermietern erheben dürfen. Das kann etwa der Fall sein bei Dienstleistungen, die mit der Vermietung verbunden sind.

    Registriernummer muss klar erkennbar sein

    Für die Erhebung der Daten sollen nach dem Willen der Parlamentarier zwar in erster Linie die Anbieter zuständig sein. Allerdings sollen die Plattformen, über die Kurzzeitvermietungen regelmäßig stattfinden, mit ihrem eigenen Design für “verlässliche und vollständige” Informationen sorgen. Dazu gehört auch, dass sie die in manchen Regionen verpflichtende Registriernummer des Anbieters klar erkennbar anzeigen. Hier sollen die Plattformen regelmäßig prüfen, ob die Nummer den Angaben entspricht.

    Im Fall von Mehrfachnutzungen der Registrierungen sollen diese Vermieter den zuständigen Behörden aktiv angezeigt werden. Die Kurzzeitmiete-Plattformen sollen zudem “jede mögliche Anstrengung unternehmen, um zu prüfen, ob eine zur Vermietung vorgesehene Einheit in einer Gegend liegt, in der eine Registrierung eingeführt wurde”.

    Europaweit beklagen Kommunen, dass durch nicht registrierte Anbieter Kurtaxen, Bettensteuern oder allgemein fällige Steuern umgangen werden. Bereits im März hatte sich der Rat auf seine Position geeinigt. fst

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    Umfrage: Verbraucher unzufrieden mit digitalem Schutz

    Der europäische Dachverband der Verbraucherschutzorganisationen BEUC fordert von der EU-Kommission deutliche Nachbesserungen am EU-Verbraucherschutzrecht. Mit den Ergebnissen einer Umfrage will der Verband Defizite im digitalen Verbraucherschutz aufzeigen.

    Für den Verbraucherverband geht es dabei um grundlegende Fragen: 50 Prozent der Befragten empfinden etwa das derzeit übliche Tracking für Anzeigenzwecke im Netz als unfaire Praxis, 31 Prozent haben dazu keine eigene Meinung. Bei der Frage, ob die Analyse personenbezogener Daten und entsprechende Monetarisierung – etwa durch Apps oder Webseiten – in Ordnung sei, sind gleich 60 Prozent der befragten EU-Bürger mit der jetzigen Realität nicht einverstanden. BEUC fordert daher trackingfreie Varianten – etwa in Form von kontextabhängiger Werbung. Für Privatsphäre dürfe nicht gezahlt werden müssen, warnt der Verband.

    Ein besonderes Ärgernis für Verbraucher und damit auch für den Verbraucherverband bilden manche Eigenschaften neuer, sogenannter smarter Endgeräte. 76 Prozent der Verbraucher wünschen sich der Umfrage zufolge, selbst entscheiden zu können, welche Daten diese wohin versenden. 77 Prozent wollen zudem die Möglichkeit haben, die Geräte zumindest zeitweise komplett offline zu schicken. Diese Option werde allerdings derzeit bei manchen Endgeräten, wie etwa Robo-Staubsaugern, eingespart. Einmal im WiFi gäbe es keine Option, dieses wieder zu deaktivieren, erläutert BEUC. In der Diskussion etwa um den Cyber Resilience Act spielte diese Frage bislang keine Rolle.

    Mehr Kontrolle für Influencer

    Auch in einem dritten Punkt verlangen Verbraucher und Verband einen besseren Konsumentenschutz: Influencer auf Social-Media-Plattformen müssten strenger reguliert werden. Hier liefe die europäische Regulierung weitgehend ins Leere, argumentiert BEUC. 44 Prozent der Befragten, die Influencer auf Social Media gesehen haben, sind der Auffassung, dass sie dabei Werbung für gefährliche Produkte oder mögliche Betrugsversuche wahrgenommen hätten. Drei Viertel der Verbraucher finden, für die Influencer-Inhalte sollten die Plattformen mitverantwortlich sein.

    So gut die Digitalisierung für Verbraucher auch sei: Es gebe relevante Schattenseiten, sagt Ursula Pachl, stellvertretende BEUC-Generaldirektorin, die durch die Umfrage nun aufgezeigt würden. Für die Verbraucherbefragung, die laut dem Dachverband repräsentativ ist, wurden fast 5.000 Erwachsene in insgesamt acht EU-Mitgliedstaaten im Frühjahr um ihre Meinung gebeten. fst

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    Presseschau

    Berg-Karabach: EU fordert Aserbaidschan dazu auf Militäreinsatz zu beenden DW
    Deutsch-französischer Bericht: EU soll 2030 fit für Erweiterung sein STERN
    EU warns Kosovo, Serbia of repercussions if normalisation deal not implemented EURACTIV
    Geflüchtetenstatus: Ukrainer sollen in EU auch weiter besonderen Schutz genießen STUTTGARTER-ZEITUNG
    Antrag auf neue Amtssprachen in der EU: Spanien bekommt eine Abfuhr TAZ
    In der Migrationsfrage soll nun ausgerechnet die EU helfen WELT
    Tunesien und die EU: Machtprobe um Begrenzung der Migration? DW
    Kiew lehnt reparaturbedürftige “Leopard”-Panzer ab SUEDDEUTSCHE
    Hochstapler-Affäre in der AfD: Das bisschen Lüge TAZ
    Cep-Analyse: EU-Versorgung mit Antibiotika und Hormonen gefährdet PHARMAZEUTISCHE ZEITUNG
    Britischer Oppositionsführer will Brexit abmildern DER STANDARD
    EU-Agrarminister begrüßen Anstoß zu strategischem Dialog EURACTIV
    Frankreich ist größter EU-Importeur von “russischen Nuklearprodukten” EURACTIV
    Fahrtauglichkeits-Check für Senioren: Erneut Aufregung um EU-Vorschlag DER STANDARD
    Klarna und andere Anbieter: “Buy now, pay later” auf dem Prüfstand: EU will Verbraucher bei Onlinekrediten besser schützen RND
    Hitachi bietet EU für Milliarden-Deal Zugeständnisse N-TV
    Chatkontrolle: EU-Rat vertagt Abstimmung nach Widerstand aus Deutschland HEISE
    Google will milliardenschwere EU-Kartellstrafe abwenden WIWO

    Heads

    Niclas Kvarnström – Neuer Asien-Direktor beim EEAS

    Niclas Kvarnström wird als neuer Direktor der Asien-Abteilung des EEAS die China-Politik der EU mitgestalten.

    Niclas Kvarnström folgt auf Gunnar Wiegand als neuer Direktor der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS). Keine leichte Aufgabe. Wiegand hatte mehr als 30 Jahre lang die Politik der Europäischen Union für die Region mitgeprägt. Sein Nachfolger Kvarnström bringt allerdings das nötige diplomatische Rüstzeug mit, um Wiegands Rolle einzunehmen – und der EU-Politik einen noch stärkeren indopazifischen Anstrich zu geben.

    Der Schwede ist seit August 2021 der Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung im Außenministerium seines Heimatlandes und somit bereits mitten im Thema. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe verdeutlicht, wie wichtig Brücken zu und Partnerschaften in der Region seien, betonte er im Oktober vergangenen Jahres bei einer Sinopsis-Veranstaltung in Prag. Die EU dürfe nicht unterschätzt werden, was den Indopazifik angeht, sagte Kvarnström. Mit diesen Aussagen schlägt er in eine ähnliche Kerbe wie sein Vorgänger Wiegand, der stets auf eine selbstbewusste EU und engere Beziehungen zu den indopazifischen Staaten pochte.

    Kvarnström hat bereits Erfahrungen mit dem EU-Betrieb gesammelt. Während der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte war er maßgeblich an der Organisation eines Ministertreffens mit europäischen und asiatischen Vertretern beteiligt. Kvarnström hat sich nicht zuletzt dadurch bereits ein Standing bei den Außenministern der Indopazifik-Staaten aufgebaut.

    Chinesisch-Studium in Oxford und Taiwan

    Seine tiefe Expertise für die Region hatte er sich in der Ausbildung angeeignet: Nach dem Besuch einer internationalen Schule in Großbritannien studierte der Schwede von 1993 bis 1997 an der Universität Oxford Chinesisch. Im Rahmen des Studiums absolvierte er ein Semester an der Taiwan Normal University für Sprachkurse. In Oxford hatte er einen wirtschaftswissenschaftlichen Fokus gewählt, seine Abschlussarbeit schrieb Kvarnström über die Finanzmärkte Chinas.

    Anschließend arbeitete er drei Jahre lang bei Goldman Sachs als Banker in London und New York, bevor er in den schwedischen diplomatischen Dienst aufgenommen wurde. Nach dem diplomatischen Training verbrachte er ein Jahr am China-Desk des schwedischen Außenamts. “Als Diplomaten sind wir Generalisten, und ich habe im Laufe meiner Karriere zu EU-, Osteuropa-, Asien- und UN-Themen gearbeitet. Mein erster Auslandseinsatz war an der schwedischen Botschaft in Peking, einer großartigen Stadt, in der sich meine Chinesischkenntnisse erheblich verbessert haben”, schreibt Kvarnström in einem Beitrag auf der Website seiner ehemaligen Schule.

    Schwedischer Botschafter in Singapur bis 2021

    Nach dem Aufenthalt in Peking war er auf verschiedenen Positionen für das schwedische Außenministerium tätig, unter anderem im Büro des Generaldirektors für politische Angelegenheiten in der EU-Abteilung, wo er in die Vorbereitung der EU-Treffen der Außenminister involviert war.

    Vier Jahre arbeitete Kvarnström dann als politischer Berater der schwedischen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, bevor er 2012 stellvertretender Direktor der Abteilung für Osteuropa und Zentralasien im Außenministerium wurde. Nach einem kurzen Abstecher zur Wallenberg-Stiftungsgruppe kehrte Kvarnström 2016 in den diplomatischen Dienst zurück und wurde dort Leiter der Abteilung für Osteuropa und Asien.

    Einsatz noch vor EU-China-Gipfel

    2018 wurde Kvarnström schließlich Schwedens Botschafter in Singapur: “Ein wunderbarer Posten, um das dynamische, wachsende Asien zu beobachten.” Die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Region seien “sehr dynamisch”, sagte Kvarnström in einer Videobotschaft zum Ende seiner Entsendung. Er blieb der Region treu – bei seiner Rückkehr nach Stockholm übernahm er 2021 den Posten als Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung.

    Für die neue Position wird es Kvarnström nun mit Frau und vier Kindern in die belgische Hauptstadt und EU-Kapitale verschlagen. Wann genau sein Einsatz im EEAS beginnen wird, ist noch offen. Dass er den Posten noch vor dem geplanten EU-China-Gipfel antreten wird, ist aber sehr wahrscheinlich. Amelie Richter

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    • Indopazifik

    Personalien

    StÄV mit neuem Referatsleiter Landwirtschaft

    Winfried Schröder wechselt von der Brüsseler Landesvertretung Baden-Württemberg in die Ständige Vertretung. Er wird Referatsleiter Landwirtschaft in der deutschen EU-Botschaft. In der Landesvertretung Baden-Württemberg war Schröder die letzten Jahre der Leiter des Brüsseler Büros von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

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    Dessert

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    Die angebliche Studie ging bei allen deutschen MEPs per Mail ein. Ihr Titel: “Wer ist der schlechteste deutsche Abgeordnete?” Das klang schon unsachlich. Die Motivation für sein Vorhaben teilt der Verfasser gleich zum Anfang mit. Ziel sei es, “zu erreichen, dass keine faulen Politiker mehr nach Brüssel entsandt werden”. Doch vor allem bei der Studie selbst ist so einiges faul.

    Die Kriterien, anhand derer die Studie messen will, ob ein Abgeordneter schlecht oder gut ist, sind nicht gerade wissenschaftlich: Zum einen geht es um den gesetzgeberischen Output (Berichterstatter, Schattenberichterstatter, Entschließungsanträge, Anfragen), außerdem um die mediale Präsenz.

    Bei aller Identifikation mit dem eigenen Berufsstand: Dass jemand mit seinem Namen häufig in der Zeitung steht, ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal. Es soll zudem auch Abgeordnete geben, die erklärtermaßen ihren Namen nicht in den Medien sehen wollen. Die nur dann mit Journalisten reden, wenn sie nicht zitiert werden. Das sind vielleicht die weniger eitlen, nicht aber die weniger einflussreichen Abgeordneten.

    Unter Pseudonym verfasst

    Die “Studie” disqualifiziert sich aber vor allem dadurch, dass der oder die Autoren nicht mit dem Namen für den Inhalt einstehen wollen. Sie ist unter einem Pseudonym verfasst. Auf den Fluren im Brüsseler Parlament wird gemutmaßt, was wohl die wahre Motivation war. Die Parteien stellen gerade die Listen für die Europawahl auf. Es ist absehbar, dass es um die sicheren Listenplätze ein Hauen und Stechen geben wird. Womöglich soll hier ein vermeintliches Argument dafür gefunden werden, jemanden nicht wieder aufzustellen.

    Auffällig ist: Es gibt einen gewissen deutschen Abgeordneten, der sich gar nicht an der gesetzgeberischen Arbeit beteiligt, selten in Medien auftaucht und wenn, dann nicht mit konstruktiven Beiträgen. Er ist vermutlich also der faulste deutsche Abgeordnete in Brüssel. In der “Studie” wird er allerdings gar nicht erwähnt. Markus Grabitz

    Europe.Table Redaktion

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