Table.Briefing: Europe

Euro-7-Leak + EU-Gipfel + Koalitionskrach um Energievertrag

  • EU-Gipfel lässt Gaspreisdeckel prüfen
  • Euro-7-Leak: Kommission kommt Industrie wegen Krise entgegen
  • Rohstoffstrategie: Politik und Industrie sind sich einig
  • Monitoring
  • Energiekrise: Kommission soll Umwidmung von Geldern erleichtern
  • FDP widerspricht Habeck bei Energievertrag
  • COP 27: EU-Parlament fordert höhere Klimaziele
  • EU-Parlamentspräsidentin: Truss-Rücktritt ist Lektion für uns
  • Kampfdrohnen: EU verhängt erneut Sanktionen gegen Iran
  • CNIL verhängt Maximalstrafe gegen Clearview AI
  • Head: Carla Hustedt – Digitalisierung für alle
Liebe Leserin, lieber Leser,

wie wär es heute mit einem leckeren Salat zu Mittag? Zumindest in Großbritannien hat ein schnöder Kopfsalat inzwischen eine längere Haltbarkeit als die Premierministerin. Liz Truss hat gestern ihren Rücktritt erklärt und somit gegen den Eisbergsalat der britischen Online-Zeitung “Daily Star” verloren. Die Nachfolge soll im Laufe der nächsten Woche geklärt werden.

Einen ersten Leak zur Abgasregulierung Euro 7 hat mein Kollege Markus Grabitz aufgetan und analysiert. So viel sei verraten: Das Bild ist zwiespältig. Bei den Grenzwerten für Pkw deutet viel auf Entwarnung hin, dafür droht bei Trucks eine drastische Verschärfung.

Die Kommission will ihren Vorschlag erst am 9. November vorlegen. Doch schon vorher, am 25. Oktober, lädt Table.Media-Redakteur Markus Grabitz zur Diskussion über Maßnahmen gegen dicke Luft: Der grüne Klimapolitiker Michael Bloss (MEP), Motorenexperte Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie Benjamin Krieger, Generalsekretär vom europäischen Verband der Automotive-Zulieferer Clepa sind mit ihrer Expertise gefragt. Melden Sie sich hier kostenfrei an.

Bis früh in die Morgenstunden haben die Staats- und Regierungschefs der EU-27 über die Vorschläge der EU-Kommission zur Senkung der Energiepreise diskutiert. Eine starke Fraktion fordert nach wie vor einen Gaspreisdeckel, ein Durchbruch wurde bei Gipfelschluss nicht verkündet. Immerhin gibt es einen Fahrplan. Nun sollen die Energieminister ran und bei ihrem nächsten Treffen Ergebnisse liefern. Einigkeit herrscht dafür an anderer Stelle, zumindest zwischen Spanien, Portugal und Frankreich: Die Erdgas-Pipeline Midcat wird ersetzt durch einen “grünen Korridor”, also eine Wasserstoff-Pipeline.

Der Druck auf die Rohstofffrage sei immens, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern auf dem Kongress des BDI und nannte Instrumente, die die Unternehmen in der Sicherung der Rohstoffversorgung unterstützen sollen. Leonie Düngefeld hat den Kongress besucht und stellt die Instrumente vor.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Ihre
Lisa-Martina Klein
Bild von Lisa-Martina  Klein

Analyse

EU-Gipfel: Energieminister sollen Gaspreisdeckel ausarbeiten

Die 27 Länder haben sich in der Nacht zu Freitag darauf geeinigt, an einem gemeinsamen Gaspreisdeckel zu arbeiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge unterstützten die EU-Staaten außerdem den jüngsten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, in Zukunft gemeinsam Gas einzukaufen, um die Macht des europäischen Marktes bei der Nachfrage nach Gas zu erhöhen. “Wir wollen bis zu 40 Milliarden Euro an Mitteln zur Verfügung zu stellen. Damit werden die EU-Mitglieder in der Lage sein, den von den Energiepreisen am stärksten betroffenen Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen zu helfen”, so die Kommissionspräsidentin.

Von der Leyen und der ständige EU-Ratspräsident Charles Michel sagten nach dem ersten Gipfeltag: es, gebe nun einen “sehr guten und soliden Fahrplan”, um weiter am Thema der drastisch gestiegenen Energiepreise zu arbeiten. “Ich begrüße die Ergebnisse und die Unterstützung, die wir von den Staats- und Regierungschefs erhalten haben”, twitterte die Kommissionspräsidentin.

In ihren Abschlusserklärungen forderten die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Minister und die EU-Kommission auf, “konkrete Entscheidungen” über einen “zeitlich begrenzten dynamischen Preiskorridor für Erdgastransaktionen” vorzulegen, der Preisspitzen begrenzt sowie eine Preisobergrenze für Gas zur Stromerzeugung festlegt. Zudem soll eine “Kosten-Nutzen-Analyse” für die Deckelung der Gaspreise für den Energiesektor vorgelegt werden. Die Staats- und Regierungschefs nannten keinen Zeitrahmen, wann die Entscheidungen über die Preisobergrenzen fallen sollten. Die EU-Energieminister werden am kommenden Dienstag über die Maßnahmen beraten.

“Das bedeutet, dass die Einwände gegen den Gaspreisdeckel ausgeräumt wurden. Es ist nun an den Ministern, die technischen Aspekte zu bestimmen und eine Einigung zu erzielen”, erklärte eine diplomatische Quelle. “So muss zum Beispiel sichergestellt werden, dass die Deckelung nicht zu einem Anstieg der Nachfrage nach Gas und zu einer Subventionierung des Stromexports in andere Länder – Großbritannien, Norwegen, Schweiz usw. – führt”, fügte er hinzu.

Kritik an Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, das Ergebnis des Treffens sei ein gutes Signal der Solidarität: “Wir haben einstimmig präzise Leitlinien festgelegt, mit deren Hilfe die Energieminister die konkreten Details ausarbeiten können. Wenn das nicht klappt, muss sich der Rat erneut damit befassen. Aber ich hoffe natürlich, dass es den Ministern gelingt, eine einstimmige Einigung zu erzielen.”

Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, steht an der Spitze eines kleinen Lagers, das sich bisher den Forderungen von 15 Ländern nach einer Deckelung der Gaspreise widersetzt hat. Sie befürchten, dass dies das Risiko bergen würde, dass die Lieferanten Europa ausschließen und die Anreize zum Energiesparen verringert würden. Spanien und Portugal haben den Preis für Gas, das zur Stromerzeugung im eigenen Land verwendet wird, bereits gedeckelt. Frankreich ist bestrebt, diese Regelung auf die gesamte EU auszuweiten.

Scholz musste sich viel Kritik für seine Haltung anhören. “Wir werden aufgefordert, Solidarität zu zeigen, indem wir Energie teilen, aber es gibt keine Solidarität bei unseren Appellen, die Preise einzudämmen”, sagte der Italiener Mario Draghi seinen Kollegen, wie ein mit den Gesprächen vertrauter Beamter berichtete.

Eine Aussage, die vom belgischen Premierminister Alexander de Croo aufgegriffen wurde: “Solidarität sollte sich nicht nur auf die Versorgung beziehen, sondern auch auf die Preise”, sagte er laut dem Beamten vor der Versammlung.

In den Schlussfolgerungen des Gipfels forderten die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Minister zudem auf, einen “vorübergehenden dynamischen Preiskorridor für Erdgastransaktionen” zu prüfen. Dieser soll Preisspitzen begrenzen, wobei eine diplomatische Quelle die im August erreichte Marke von 350 Euro MWh als Beispiel für einen “überhöhten Preis” nannte.

Grüner Korridor statt MidCat

Die Bundesregierung begrüßt die kurz vordem Gipfel angekündigte Vereinbarung zwischen Spanien, Frankreich und Portugal, einen “grünen Energiekorridor” zu schaffen und das umstrittene MidCat-Projekt aufzugeben.

“Das ist eine sehr gute Nachricht”, heißt es in deutschen Regierungskreisen. “Wir haben immer gesagt, wir wollen die Verbindungen innerhalb von Europa stärken.” Das neue Projekt sieht unter anderem den Bau einer maritimen Gaspipeline von Barcelona nach Marseille (BarMar) und die Fertigstellung der neuen Stromverbindung durch den Golf von Biskaya vor.

Darüber hinaus vereinbarten die drei Länder, neue Projekte für eine Stromverbindung zwischen Frankreich und Spanien zu “identifizieren, bewerten und sie umzusetzen”. Die drei Regierungschefs werden sich am 9. Dezember in Alicante treffen, um über den Zeitplan, die Finanzierungsquellen und Kostenfragen zu entscheiden.

Das MidCat-Projekt war ein Streitpunkt zwischen Paris und Berlin. Das Projekt fallen zu lassen bringe die Diskussion zwischen den beiden Hauptstädten wieder in Gang zu bringen, heißt es in diplomatischen Kreisen.

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Euro-7-Leak: Kommission kommt Industrie wegen Krise entgegen

Wegen der hohen Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen will die Kommission den Herstellern von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bei der nächsten Stufe der Schadstoffnorm (Euro 7) entgegenkommen. Bei Benzinern sollen die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub gegenüber dem bisherigen Niveau (Euro 6) kaum oder gar nicht verschärft werden. Dies geht aus einem Entwurf für Euro 7 hervor, der Europe. Table vorliegt. Die Kommission will ihren Vorschlag für Euro 7 am 9. November vorlegen.

In dem Entwurf, der noch keine Grenzwerte nennt, heißt es, dass seit Anfang 2021 durch gestiegene Rohstoff- und Energiepreise die Nachfrage und Verkäufe von Autos stark rückläufig seien. Dadurch sei in bislang ungekannter Weise Druck bei den automobilen Lieferketten entstanden, in Zeiten hoher Inflation stelle sich die Frage für viele Verbraucher, ob sie sich die Anschaffung eines Neuwagens leisten könnten.

Um die Kosten der Hersteller für die Transformation vertretbar zu halten, habe die Kommission daher Abstriche bei den Grenzwerten für Pkw und Lieferwagen gemacht. Dies sei auch im Hinblick auf das Jahr 2035 zu sehen, wenn der Verbrenner vom Markt genommen werde.

Weniger Ehrgeiz am Auspuffrohr

Der Entwurf erwähnt nicht eigens Regelungen für Fahrzeuge mit Dieselmotor. Ursprünglich habe die Kommission ein Szenario von mittlerem Ambitionsniveau (“3 a”) angepeilt. Nun liege das präferierte Szenario niedriger, und zwar zwischen den bisherigen Euro-6-Grenzwerten und dem Szenario 3 a. Die Abstriche bei den Grenzwerten sollen nur bei den Auspuffemissionen gemacht werden. Bei den Verdunstungsemissionen, Bremsen und Reifen soll das ursprünglich gewollte strengere Szenario kommen.

Während die Kommission bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die Grenzwerte nicht drastisch verschärfen will, ist der Vorschlag bei Lastwagen und Bussen umso ambitionierter. Dort soll es bei dem ursprünglich angedachten Szenario bleiben. In dem Entwurf heißt es: “Dies spiegelt den deutlich langsameren Übergang bei Bussen und Lastwagen zu Null-Emissionstechnologien wider.” Lastwagen und Busse mit Verbrennungsmotor dürften deutlich länger auf den Straßen der EU vertreten sein als Pkw und Lieferwagen.  

In der Folgenabschätzung kommt die Kommission zu dem Fazit, dass Euro 7 jeden Lastwagen in der Anschaffung um durchschnittlich 2681 Euro verteuern werde. Insgesamt sei im Zeitraum von 25 Jahren nach Inkrafttreten von Euro 7 mit Mehrkosten für die Hersteller in Höhe von 17,53 Milliarden Euro zu rechnen. Dies gilt für das von der Kommission bevorzugte Szenario. Dem gegenüber stehe eine Entlastung um 133,58 Milliarden Euro bei ökologischen Folgekosten, indem Euro 7 die Schadstoffbelastung senke.

Folgenabschätzung: Euro 7 verteuert Pkw um 304 Euro

Bei Pkw und Lieferwagen dürfte die finanzielle Belastung niedriger ausfallen als in der Folgenabschätzung ausgewiesen, da die Kommission Abstriche beim Ambitionsniveau machen will. In ihrer Folgenabschätzung war sie noch von zusätzlichen Kosten durch die Regulierung in Höhe von durchschnittlich 304 Euro ausgegangen. Für die Dauer von 25 Jahren war die Kommission zu Mehrkosten bei Pkw durch die Regulierung in Höhe von 35 Milliarden Euro gekommen.

Dem standen Einsparungen in Höhe von 55,75 Milliarden Euro wegen geringerer Schäden durch Verschmutzung entgegen. Die Kommission war in dem ursprünglich angepeilten Szenario davon ausgegangen, dass der Kaufpreis bei Benzinern im Schnitt um 0,8 Prozent und bei Diesel-Pkw und -Lieferwagen um 2,2 Prozent steigen würde. Durch die Abstriche bei den Grenzwerten dürften die zu erwartenden Preissteigerungen geringer ausfallen.

Öffnungsklausel für E-Fuels

Der Entwurf enthält auch eine Öffnungsklausel für E-Fuels. In Artikel 15.1 h) heißt es, es könne unter der Euro-7-Regulierung Möglichkeiten für Hersteller geben, Fahrzeuge zuzulassen, die nur mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. In dem Text ist dies mit dem Zusatz versehen, “falls es derartige Fahrzeuge gibt”. Die Kommission behält sich vor, fünf Jahre nach Inkrafttreten von Euro 7 noch entsprechende delegierte Rechtsakte zu erlassen. Beobachtern ist nicht klar, was der Hintergrund der Passagen zu den E-Fuels ist. E-Fuels zeichnen sich doch gerade dadurch aus, dass sie bereits heute von allen Fahrzeugen verwendet werden können. Fahrzeuge, die nachweislich nur E-Fuels verwenden können, sind technisch schwer vorstellbar.

In der Industrie wird der Entwurf unterschiedlich bewertet. Von Herstellern von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen hieß es: Der Entwurf zeige, dass die Kommission inzwischen auf einem realistischen Pfad unterwegs sei. Dagegen sind die Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen hochgradig alarmiert. Die angepeilte Verschärfung der Grenzwerte sei technisch nicht umsetzbar.

Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sagt: “Vor 18 Monaten noch hat die Kommission in ihren Plänen für Pkw und Lieferwagen mit schärfsten Emissionsnormen dem Umweltschutz höchste Priorität eingeräumt. Nun wird dem gleichen Anliegen plötzlich kaum mehr eine Bedeutung beigemessen.” Koch befürchtet, dass der Vorschlag Folgen für die Entwicklung und Forschung hätte: “Wenn dieser Entwurf EU-Gesetz wird, werden die Hersteller gezwungen sein, zeitnah die Entwicklung von hybriden Antrieben einzustellen.”   

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Rohstoffstrategie: Habeck und Russwurm sind sich einig

Auf dem Rohstoffkongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern Instrumente genannt, die die Unternehmen in der Sicherung der Rohstoffversorgung unterstützen sollen: Kredite und Investitionsprogramme, die an diversifizierte Bezugsquellen gebunden sind, die Absicherung mit Garantien sowie eine Absprache europäischer Unternehmen, um für einen Ausgleich der Importquellen zu sorgen. Eine neue deutsche Rohstoffstrategie soll es nicht geben – stattdessen setzt Habeck auf “work in progress” gemeinsam mit der EU-Kommission.

Als “Alarmsignal” bezeichnete der grüne Vizekanzler Habeck die Feststellung, dass sich der Inhalt seiner gestrigen Rede zu 95 Prozent mit der seines Vorredners Siegfried Russwurm, Präsident des BDI, glich: Der Druck auf die Rohstofffrage sei immens, die Analyse eindeutig. Auch eine dekarbonisierte Wirtschaft sei auf mineralische Rohstoffe angewiesen. “Wir haben kein Erkenntnisproblem mehr”, fasste Habeck zusammen, Maßnahmen müssten aufgrund der Krisenlage nun dringend umgesetzt werden.

Eine überarbeitete deutsche Rohstoffstrategie, wie sie angekündigt war, soll es jedoch in der Form nicht geben. Schon zuvor hatte Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, betont, es werde keine deutschen Alleingänge geben. Vielmehr werde man Eckpunkte in die geplante deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie und das EU-Rohstoffgesetz einbringen.

Kredite, Bürgschafts- und Investitionsprogramme für die Industrie will Habeck, so verkündete er, an eine Diversifizierung der Importquellen binden. Wenn es etwa für Halbleiter Zuschüsse geben solle, könnte die Voraussetzung sein, dass die Rohstoffe von unterschiedlichen Lieferanten aus verschiedenen Ländern kommen, erklärte er. Neben einer Absicherung mit Garantien des Bundes werde auf europäischer Ebene über gemeinsame Absprachen von Unternehmen für einen Ausgleich der Importquellen gesprochen.

Förderprogramm für Erschließung heimischer Vorkommen

Politik und Industrie sind sich einig, dass die drei Ziele der bisherigen Rohstoffpolitik weiterhin gelten müssen: Bezugsquellen diversifizieren, heimischen Bergbau stärken, die Kreislaufwirtschaft ausbauen. Handelsabkommen müssten zunehmend auch Rohstoffabkommen sein, sagte Habeck, Handelspolitik auf deutscher und WTO-Ebene müsse wiederbelebt werden.

Europa könne seinen Handelspartnern im Vergleich zu seinen Wettbewerbern Vorteile bieten, wenn in Handelsabkommen nicht nur Zölle auf Rohstoffe, sondern auch auf weiterverarbeitete Produkte gesenkt werden – Wertschöpfung müsse stärker in den Partnerländern geschehen. Dies gelte etwa für die Abkommen mit Chile und Mexiko; auch mit Brasilien müsse man sich beschäftigen. Für einen Informationsaustausch über Rohstoffvorkommen und mögliche Handelspartner unterstrich Habeck die Rolle der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), von deren Expertise ganz Europa profitieren könne.

Um die Gewinnung von Rohstoffen wie Lithium in Deutschland zu erleichtern, sollen die entsprechenden Gesetze auf Hemmnisse überprüft werden. Der BDI fordert hier eine Verkürzung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und eine Neugestaltung der Raumplanung. Habeck kündigte zunächst ein Förderprogramm zur Erschließung heimischer Rohstoffvorkommen an. Ein Knackpunkt, darin sind er und Russwurm sich ebenfalls einig, bleibt die Akzeptanz in der Gesellschaft: Bergbauprojekte hierzulande müssten mehrheitsfähig sein.

NGO-Bündnis fordert Rohstoffwende

Zwei Tage zuvor hatte das NGO-Bündnis Arbeitskreis Rohstoffe ebenfalls einen Rohstoffgipfel veranstaltet – und dort das Ende genau dieser Logik verlangt: “In der deutschen und europäischen Rohstoffpolitik geht es darum, jetzt noch möglichst viele Zugänge zu Rohstoffen zu legen, um den Status quo der Industrie beizubehalten”, sagte Hannah Pilgrim von der NGO Power Shift. “Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, eine Rohstoffwende.” Dazu gehöre neben dem Umwelt- und Klimaschutz die Achtung der Menschenrechte in den Abbauregionen im globalen Süden. Das EU-Lieferkettengesetz müsse hier stark ausgestaltet werden.

Das Bündnis fordert zudem konkrete, gesetzlich verankerte Reduktionsziele für den Primärrohstoffverbrauch, vergleichbar mit den Klimazielen. Eine solche Obergrenze müsse aggregiert für alle Stoffströme gelten, um Verschiebungen oder Substitutionen in Form von anderen Rohstoffen zu verhindern und Stoffkreisläufe zu schließen. Ein verlässliches Monitoring solle den Weg zu diesen Zielen überprüfen. Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, den Ressourcenverbrauch zu senken. Im Bundesumweltministerium soll hierzu demnächst ein Forschungsvorhaben beginnen.

Das Ziel der Kreislaufwirtschaft werde ein wirtschaftspolitischer Vorteil sein, sagte Habeck seinem Publikum beim BDI. Die Industrie hat dies längst erkannt und eigene Initiativen gestartet. Ob der Bundesminister seine Pläne einhalten kann, wird man in zwei Jahren, wenn der nächste BDI-Rohstoffkongress stattfindet, messen können: Bis dahin sollen laut Habeck zumindest Garantien und Bürgschaften für bestehende Projekte umstrukturiert und die DERA-Rohstoffdaten für eine europäische Strategie genutzt worden sein, ein europäischer Instrumentenkasten bestehen und weitere Handelsabkommen ratifiziert sein.

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EU-Monitoring

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Aussprache über die Ergebnisse der zwölften WTO-Ministerkonferenz und die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer WTO-Reform, Aussprache mit der Kommission zum Ergebnis des Modernisierungsprozesses des Vertrags über die Energiecharta. Vorläufige Tagesordnung

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung eines zentralen europäischen Zugangsportals für den zentralisierten Zugriff auf öffentlich verfügbare, für Finanzdienstleistungen, Kapitalmärkte und Nachhaltigkeit relevante Informationen, Öffentliche Anhörung zum Thema “Warum sind die Themen Finanzen und Besteuerung für junge Europäer von Bedeutung?”. Vorläufige Tagesordnung

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Berichtsentwurf zur Einrichtung eines sozialen Klimafonds. Vorläufige Tagesordnung

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Klimaneutralität in der Landwirtschaft bis 2035, Entwurf einer Stellungnahme zur integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung bei Industrieemissionen, Entwurf einer Stellungnahme zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen. Vorläufige Tagesordnung

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Entlastung verschiedener Bereiche des EU-Haushalts 2021. Vorläufige Tagesordnung

24.10.-25.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum neuen europäischen Rahmen für urbane Mobilität, Vorschlag der EU-Kommission zur Unterstützung von KMU und sozial schwachen Haushalten bei der Bewältigung der Energiekrise. Vorläufige Tagesordnung

24.10.2022 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Umwelt
Themen: Orientierungsaussprache zur Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen, Schlussfolgerungen zur Vorbereitung der COP27, Information des Vorsitzes zur Konferenz zur Gestaltung klimaresistenter Landschaften. Vorläufige Tagesordnung

25.10.2022 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Energie
Themen: Allgemeine Ausrichtung zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Orientierungsaussprache zur Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff und zur Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff. Vorläufige Tagesordnung

25.10.2022
Internationale Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine
Themen: Diskussion zum Wiederaufbau der Ukraine. Infos

25.10.2022 – 09:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung eines sozialen Klimafonds, Gedankenaustausch mit Nicolas Schmit (Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte). Vorläufige Tagesordnung

25.10.2022 – 09:00-16:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Abstimmung zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, Berichtsentwurf zur Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan, Berichtsentwurf zur Beziehungen zwischen der EU und Armenien, Anhörung zu den regionalen Auswirkungen nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Vorläufige Tagesordnung

26.10.-27.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, Berichtsentwurf zum Abkommen zwischen der EU und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr, Entwurf einer Stellungnahme zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Vorläufige Tagesordnung

26.10.-27.10.2022
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Entwurf einer Stellungnahme zu harmonisierten Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung, Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen. Vorläufige Tagesordnung

26.10.2022
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Null-Schadstoff-Paket (integrierte Wasserwirtschaft, Überarbeitung der EU-Luftqualitätsvorschriften, Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser), Verordnung über Sofortzahlungen. Vorläufige Tagesordnung

26.10.2022 – 09:00-17:30 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Vorschlag der Kommission zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU, Gedankenaustausch mit Gert Jan Koopman zu den Auswirkungen der neuen Initiativen auf den EU-Haushalt, Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das System der Eigenmittel der EU. Vorläufige Tagesordnung

27.10.2022
Trilog: CO2-Standards für Autos
Themen: Es geht um das Aus für die Verbrenner-Technologie im Jahr 2035 und die Absenkung der CO2-Flottengrenzwerte bei Pkws um 55 Prozent von 2021 bis 2030. Die Co-Gesetzgeber liegen bei den Zielen nicht weit auseinander. Parlament und Ratspräsidentschaft wollen das Dossier bei dieser Sitzung abschließen. Dies würde nur gelingen, wenn das Thema E-Fuels ausgeklammert wird. Darauf deutet derzeit alles hin.

27.10.2022
Trilog: Alternative Fuel Infrastructure Directive (AFIR)
Themen: Ziel der AFIR ist der Auf- und Ausbau einer Lade- und Tankinfrastruktur für Elektro- und Wasserstofffahrzeuge sowie Schiffe mit alternativen Kraftstoffen. Das Parlament fordert deutlich höhere und schnellere Ausbauziele und Mindestanforderungen für die EU-Staaten, als Kommission und Rat. Zudem will das Parlament Ladepunktbetreibern strengere Auflagen machen, in puncto mögliche Zahlungsmittel, transparente Preis- und Standortangaben. Im ersten Trilog werden die drei Verhandlungsparteien zunächst ihre Standpunkte und Verhandlungspositionen erläutern.

30.10.-31.10.2022
Informelle Ministertagung Handel
Themen: Geostrategische Bedeutung von Handel und Handelsabkommen, digitaler Handel und die Handelsbeziehungen zu den USA. Infos

News

Energiekrise: Kommission soll Umwidmung von Geldern erleichtern

Sollte die EU ein neues Krisenprogramm auflegen, um die Folgen der hohen Energiepreise in den Mitgliedsstaaten abzufedern? Bundeskanzler Olaf Scholz wehrt sich bislang gegen entsprechende Forderungen aus Frankreich, Italien und anderen EU-Ländern. Unterstützung bekommt er nun von einem einflussreichen Europaabgeordneten aus Portugal.

“Wir haben viele Milliarden, die wir schon beschlossen haben, und die umgelenkt werden können, um die aktuelle Krise anzugehen”, sagt der Vizevorsitzende des Sozialdemokraten im Europaparlament, Pedro Marques zu Europe.Table. Sowohl der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) als auch das Corona-Aufbauprogramm böten viel Spielraum, zudem könne die Europäische Investitionsbank zur Unterstützung der Unternehmen eingesetzt werden, sagt der frühere Minister in der Regierung von Premier António Costa.

Marques sieht die EU-Kommission nun in der Pflicht, den Weg für die Umwidmung der Gelder freizumachen, die für die Mitgliedstaaten im Aufbauprogramm reserviert sind. “Ich begreife nicht, warum die Kommission sich der Revision der nationalen Pläne verweigert.”  Auch bei der anstehenden Überprüfung des MFR solle Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erheblich stärker nachsteuern als angedacht: “Die Kommission wird offenbar nur eine minimale Revision des MFR vorschlagen”, sagt der Sozialdemokrat. “Europa hat sich dramatisch verändert, warum tun wir so, als ob nichts passiert wäre?”

Der finanzielle Spielraum solle eingesetzt werden, um Familien und Unternehmen in der Energiekrise zu unterstützen. Mehr Mittel seien auch nötig, um die Energiewende voranzutreiben. “Die Amerikaner machen es mit dem Inflation Reduction Act vor“, sagt er.

Die massive Kritik am Energiepreis-“Abwehrschirm” der Bundesregierung kann Marques teilweise nachvollziehen. Alle Länder versuchten, ihre Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu unterstützen, sagt er. “Unsere Sorge ist aber, dass einige Regierungen im Verlauf des Krieges dazu nicht mehr in der Lage sein werden, auch wegen der Zinspolitik der EZB.” Dann bestehe die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt. Daher seien EU-Hilfen nötig, um kleine und mittelgroße Unternehmen zu unterstützen. tho

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FDP widerspricht Habeck bei Energievertrag

In der Ampelkoalition ist ein Streit über den Verbleib im Energiecharta-Vertrag entbrannt. Das internationale Abkommen schützt Investitionen in die Energieinfrastruktur wie Gaspipelines und Stromleitungen. Die FDP-Bundestagsfraktion widerspricht dem Bestreben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das Abkommen aufzukündigen.

Einen Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag hat die Ampel bereits im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Daran hält die FDP-Fraktion fest“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler am Donnerstag zu Europe.Table. Die Vereinbarung von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag lautet: “Wir setzen uns für eine Reform des Energiecharta-Vertrages ein.”

“Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz steht einem Verbleib im Vertrag kritisch gegenüber. Diese Haltung ist auch bekannt”, sagte ein Ministeriumssprecher dagegen am Donnerstag. Eine Entscheidung der Bundesregierung zum Energiecharta-Vertrag sei noch nicht gefallen. Die Niederlande hatten am Mittwoch angekündigt, sich aus dem Vertrag zurückzuziehen. Es stehe nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen, hatte Energieminister Rob Jetten gesagt.

Spanien und Polen gegen die Reform

Die FDP will einen ähnlichen Schritt Deutschlands verhindern. “Ein Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag wäre aus unserer Sicht ein Fehler. Denn während die tatsächlichen Rechtsfolgen eines Austritts erst in 20 Jahren wirksam wären, würde Deutschland unmittelbar nach dem Austritt jegliches Mitspracherecht in den entsprechenden Gremien verlieren“, sagte Köhler. “Es liegt daher im elementaren Interesse Deutschlands, im Energiecharta-Vertrag zu bleiben und auch künftig an Reformen zur Verbesserung des Abkommens mitwirken zu können.”

Die 55 Vertragsparteien haben bis zum 22. November Zeit, sich zu der im Sommer ausgehandelten Reform des Energiecharta-Vertrages zu positionieren. Neben allen EU-Staaten mit Ausnahme Italiens ist auch die Europäische Union selbst Vertragspartei – die Mitgliedstaaten sind daher auch auf diesem Weg an den Vertrag aus dem Jahr 1991 gebunden. Die Regierungen sollen sich deshalb im November im Rat darauf verständigen, ob die EU als Ganzes die von der EU-Kommission mitverhandelte Modernisierung mitträgt.

Spanien und Polen haben bereits angekündigt, ebenfalls aus dem Vertrag aussteigen zu wollen. Auch Frankreich sieht die Modernisierung kritisch. Sollten die drei Staaten im Rat gegen die Reform stimmen und sich Deutschland wegen des Koalitionsstreites enthalten, käme die nötige qualifizierte Mehrheit im Rat für die Reform nicht zustande. Die Kommission hat mehrfach gesagt, in diesem Fall werde auch die EU als Ganzes aus dem Vertrag austreten. Wegen der Ausstiegsklausel im Vertrag sind austretende Parteien noch 20 Jahre an dessen Bestimmungen gebunden. ber/tho

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COP 27: EU-Parlament fordert höhere Klimaziele

Angesichts der klaffenden Lücke zwischen den aktuellen Emissionsreduktionszielen weltweit und den notwendigen CO2-Minderungen für die Erreichung der Pariser Klimaziele fordert das EU-Parlament, dass sich die Industrieländer zu mehr Klimaschutz verpflichten. In einer Resolution, die die Position des Parlaments für die Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh (COP 27) festlegt, haben sich die Abgeordneten am Donnerstag mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass die EU ihr Klimaziel noch vor Beginn der Konferenz anhebt.

Die EU könne ihre Treibhausgasemissionen um mehr als 55 Prozent senken, wenn sie die Positionen des Parlaments zum Fit-für-55-Paket und zum RePowerEU-Programm annehme. Der sogenannte national festgelegte Beitrag (NDC) solle entsprechend angepasst werden, so die Forderung.

Zwar sind auch Kommission und Rat grundsätzlich bereit, das NDC der EU anzuheben. Dass das jedoch noch vor der COP 27 geschieht, gilt als höchst unwahrscheinlich. Aus Kommissions- und Ratskreisen ist zu hören, dass man die Ergebnisse der Triloge zum Fit-for-55-Paket abwarten und erst anschließend die Ziele aktualisieren wolle. Das geht auch aus dem Entwurf für den Beschluss des Umweltrats kommenden Montag (24. Oktober) hervor, der Europe.Table vorliegt. Beim Umweltrat werden die Mitgliedstaaten ihr Verhandlungsmandat für COP 27 festlegen. Die Initiative für eine NDC-Anhebung müsste ebenfalls im Rat erfolgen.

Loss and Damage und 100 Milliarden

Außerdem unterstrichen die EU-Abgeordneten in ihrer Resolution, dass die Industrienationen ihr Klima-Finanzierungsversprechen an die Entwicklungsländer von jährlich 100 Milliarden US-Dollar einhalten. Zudem fordert das Parlament die EU-Delegationen auf, dass sie sich auf der COP 27 für ein Finanzierungsinstrument für Verluste und Schäden (“Loss and Damage”) einsetzen.

Letzteres ist heftig umstritten, da einige Industrienationen Loss and Damage am liebsten gar nicht erst zu einem offiziellen Tagesordnungspunkt auf der COP 27 machen würden, da sie fürchten, als Hauptverschmutzer verantwortlich für Klimaschäden gemacht zu werden. Dem Beschlussentwurf für den Umweltrat kommende Woche zufolge sprechen sich die Mitgliedstaaten jedoch dafür aus, das Thema “konstruktiv” zu erörtern, um mehr über die “Bedürfnisse” der Entwicklungsländer zu erfahren.

Jochen Flasbarth, Staatssekretär des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ), geht ebenfalls davon aus, dass Loss and Damage in Sharm el-Sheikh ein Schwerpunktthema werden wird. Die Frage sei nur noch, ob man dafür eine eigene Fazilität aufsetzen wird.

Deutschland legt eigene Zahlen zur Klimafinanzierung vor

Flasbarth stellte am Donnerstag die Zahlen für den deutschen Beitrag zum 100-Milliarden-Versprechen für 2021 vor. Demnach wurden 5,34 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt. Dazu kommen öffentlich mobilisierte Marktmittel und die über KfW und DEG mobilisierte private Klimafinanzierung, sodass sich die Gesamtsumme auf 8,1 Milliarden Euro beläuft.

Die neuen Zahlen zeigten, dass Deutschland “den Einsatz gegen die Klimakrise in allen Teilen der Welt verstärkt”, so Flasbarth. Das müsse auch in Zukunft so bleiben, damit Deutschland sein Versprechen halten kann, die internationale Klimafinanzierung aus öffentlichen Mitteln bis 2025 auf mindestens 6 Milliarden Euro jährlich zu steigern. “Dazu bedarf es deutlicher zusätzlicher Anstrengungen in den Haushaltsjahren 2024 und 2025”, forderte er.

Kritik an den Zahlen kommt von Oxfam. 46,9 Prozent der öffentlichen Gelder 2021 seien Zuschüsse gewesen, der Rest vor allem Darlehen. Dies bedeute, dass auch Deutschland zu dem Problem beitrage, dass ein Großteil der Klimafinanzierung die Schuldenlast für die ärmeren Länder erhöht, kommentiert Jan Kowalzig, Referent für Klimapolitik bei Oxfam. luk

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EU-Parlamentspräsidentin: Truss-Rücktritt ist Lektion für uns

Nach nur gut sechs Wochen im Amt hat die britische Premierministerin Liz Truss ihren Rücktritt angekündigt. Als Premierministerin will sie noch im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist. Dieser Prozess solle bereits innerhalb der kommenden Woche ablaufen.

Die konservative Fraktion will bis zum 31. Oktober einen neuen britischen Premierminister ins Amt gehoben haben, wie Graham Brady, der Vorsitzende des mächtigen 1922-Komitees der Konservativen Fraktion mitteilte. Als mögliche Alternativen gelten auch die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt und Verteidigungsminister Ben Wallace. Auch Ex-Premierminister Boris Johnson soll Berichten zufolge eine erneute Kandidatur für den Posten planen. Das berichteten die Zeitungen “Times” und “Telegraph” am Donnerstag unter Berufung auf nicht genannte Quellen.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sieht im Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss eine Lektion, aus der auch andere Europäer lernen können. Rhetorik könne eine Regierung zu Fall bringen, sagte die Maltesin am Donnerstag am Rande eines EU-Gipfels. “Ich denke, es ist eine Botschaft, dass Marktinstabilität zu demokratischer Instabilität führen kann.”

Sie hoffe, dass diese instabile Situation bald gelöst sei, von Seiten des Europaparlaments werde man weiter mit Großbritannien zusammenarbeiten. “Wenn wir Entscheidungen treffen, insbesondere wirtschaftliche, müssen wir uns über die möglichen Auswirkungen im Klaren sein.”

Truss stand massiv unter Druck, seit sie mit geplanten Steuererleichterungen ein Finanzchaos ausgelöst hatte und später eine Kehrtwende hinlegen musste. Erst am vergangenen Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und durch den früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Hunt machte am Montag fast alle Bestandteile ihrer erst Ende September verkündeten Steuerpolitik wieder rückgängig. Er kündigte an, die eigentlich für zwei Jahre vorgesehene Energiepreisdeckelung auf sechs Monate zu beschränken. dpa

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Kampfdrohnen: EU verhängt erneut Sanktionen gegen Iran

Die EU hat zum zweiten Mal innerhalb einer Woche Sanktionen gegen iranische Ziele verhängt, dieses Mal wegen der Lieferung iranischer Drohnen an Russland aufgrund der Angriffe auf die Ukraine.

Betroffen sind drei ranghohe Militärs und das Unternehmen Shahed Aviation Industries, das laut der EU mit den Islamischen Revolutionsgarden in Verbindung steht. Sie sind an der Entwicklung und Lieferung der Kampfdrohnen beteiligt, wie aus der Mitteilung der EU hervorgeht. Ihre Namen wurden am Donnerstag im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Mohammad Hossein Bagheri sei Stabschef der iranischen Streitkräfte und beaufsichtigt dem Amtsblatt zufolge das Programm für unbemannte militärische Luftfahrzeuge. Sayyed Hojatolah Ghoreishi arbeite im iranischen Ministerium für Verteidigung und Logistik der Streitkräfte und ist für die Verhandlung des Drohnenabkommens mit Russland verantwortlich. Saeed Aghajani sei Kommandeur des Drohnenkommandos der Luft- und Raumfahrtkräfte des Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

100 Angriffe mit Kamikazedrohnen

Ihnen wurde die Einreise in die EU untersagt und/oder ihr Vermögen in der EU eingefroren. EU-Unternehmen und -Bürgern ist es ebenfalls untersagt, mit ihnen Geschäfte zu machen, heißt es in der Mitteilung weiter. “Die EU verurteilt die Lieferung iranischer Drohnen an Russland und deren tödlichen Einsatz im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die EU wird weiterhin auf alle Aktionen reagieren, die die russische Aggression unterstützen”, schrieb der Rat der EU. Zwei weitere Personen und zwei Organisationen könnten aus denselben Gründen noch bestraft werden, hieß es in der Erklärung.

Der Schritt wurde von den EU-Botschaftern am Donnerstag beschlossen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. Die EU-Außenminister hatten am Montag über den Schritt beraten. Russland hatte die Ukraine in den vergangenen Tagen mehrfach mit den iranischen Kampfdrohnen des Typs Shahed 136 angegriffen, die für den einmaligen Einsatz bestimmt sind.

Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba hat es seit vergangener Woche mehr als 100 Angriffe mit den sogenannten Kamikazedrohnen gegeben. Der Iran bestreitet, Russland mit den Drohnen beliefert zu haben.

Die EU hat bereits am Montag Sanktionen gegen elf Iraner wegen interner Repressionen verhängt. Sicherheitskräfte sind in letzter Zeit brutal gegen Menschen vorgegangen, die im ganzen Land gegen den repressiven Kurs der Regierung, den Kopftuchzwang und das Herrschaftssystem demonstrierten. joy

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CNIL verhängt Maximalstrafe gegen Clearview AI

Die französische Datenschutzaufsichtsbehörde Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés (CNIL) hat gegen den US-Gesichtserkennungs-Anbieter Clearview AI die nach Datenschutzgrundverordnung höchstmögliche Strafe in Höhe von 20 Millionen Euro verhängt. Zudem hat die CNIL den Anbieter aufgefordert, die Datenerhebung einzustellen und die unzulässig erhobenen Daten von französischen Staatsbürgern binnen zwei Monaten nachweislich zu löschen. Sollte Clearview der Aufforderung nicht nachkommen, drohen weitere Strafzahlungen in Höhe von 100.000 Euro täglich.

Clearview stellt seine Dienstleistungen unter anderem Sicherheitsbehörden zur Verfügung und hat keinen Firmensitz in Europa. Auf eine formelle Aufforderung zur Stellungnahme durch die CNIL (Europe.Table berichtete) hatte der Anbieter nicht reagiert. Im Juli hatte bereits die italienische Aufsichtsbehörde GPDP die Maximalstrafe verhängt, die griechische Datenschutzaufsicht folgte im Juli. Auch in diesen Fällen wurde die Löschung der Daten von Menschen im Zuständigkeitsgebiet der Aufsichtsbehörden angeordnet.

Der Fall Clearview gilt als Probe aufs Exempel für die tatsächlichen Durchsetzungsmöglichkeiten europäischen Rechts gegenüber US-Anbietern. Wenn die Durchsetzung unter Mitwirkung von US-Behörden nicht gelingt, wäre dies ein Alarmsignal für die anstehende Entscheidung der EU-Kommission zum transatlantischen Datentransfer.

Die Entscheidungen der Aufsichtsbehörden zu Clearview werden in Brüssel auch deshalb intensiv beobachtet, weil Rat und Parlament derzeit ihre Positionen zur KI-Verordnung abstimmen. Die soll unter anderem schärfere Regeln für die KI-Verarbeitung biometrischer Daten enthalten – bis hin zu einem grundsätzlichen Verbot der biometrischen Fernerkennung. fst

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Presseschau

EU-Gipfel sucht Lösungen in der Energiekrise DW
Macron warnt Scholz vor Alleingang in Energiekrise T-ONLINE
Polnischer Regierungschef nennt deutsche Energiepolitik ein “Fiasko” ZEIT
Griechenland will Ökostrom nach Deutschland liefern ZEIT
Frankreich, Spanien und Portugal einigen sich auf Midcat-Ersatz N-TV
European shares rise after UK’s Truss resigns as prime minister REUTERS
Kamikaze-Drohnen: EU verhängt Sanktionen gegen iranische Militärs T-ONLINE
Nancy Faeser und EU wollen Migration über den Balkan eindämmen WELT
Um Temperaturanstieg zu begrenzen: EU-Parlament fordert strengere Klimaziele RP-ONLINE
EU-Kommission: Verschiebung der Chemikalienverordnung-Reform sorgt für Ärger RND
EuGH-Urteil: Datenspeicherung auf externen Servern vorübergehend zulässig RND
EU plant Energieeffizienz-Label für Kryptowährungen COMPUTERBILD
Netzneutralität: EU-Kommission hält an umstrittenen Plänen für Zugangsgebühren fest NETZPOLITIK
Abgeordnete rudern bei millionenschwerer Sanierung von EU-Parlament zurück EURACTIV
Mord an Journalistin auf Malta: EU will Drahtzieher vor Gericht sehen N-TV
Streit zwischen EU-Kommission und Bundesländern wegen Medienfreiheitsgesetz RND

Heads

Carla Hustedt – Digitalisierung für alle

Digitalisierung für alle: Carla Hustedt leitet den Bereich Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator.
Carla Hustedt leitet den Bereich Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator.

Ein resilientes, digitales Ökosystem, bei dem gesellschaftliche und demokratische Themen beständig mitgedacht werden – dafür setzt sich Carla Hustedt als Leiterin des Bereichs Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator ein. Elementar hierfür sei der Blick auf Machtstrukturen und die Verteilung von Wissen: “Momentan ist eines der Kernprobleme, dass wir eine starke Wissenskonzentration bei wenigen privatwirtschaftlichen Akteuren haben. Hier müssen wir mehr Transparenz schaffen, um eine wirksame Durchsetzung von Grundrechten zu ermöglichen, aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft heraus neue Lösungsansätze zu entwickeln und die Verbraucher und Verbraucherinnen zu sensibilisieren.”

Digitalisierung als Querschnittsthema

Das Interesse an Machtstrukturen hat Hustedt ursprünglich von ihrem Studium der Public Policy in das Berufsfeld Digitalisierung geführt. Angetrieben durch den Wunsch, etwas zu verändern und Zukunft zu gestalten, entdeckte sie während ihrer Zeit in der politischen Beratung ihre Faszination für den Tech-Sektor. Es begeistere sie vor allem, dass Digitalisierung alle gesellschaftlichen Bereiche berührt. Eine Anerkennung von Digitalisierung als Querschnittsthema wünscht sie sich auch vonseiten der Politik: “Wir müssen verstehen, dass alle Krisen auch mit der Digitalisierung zusammenhängen.”

Konkret beschäftigt sich Hustedt derzeit mit der Frage, wie der Digital Service Act (DSA) wirksam umgesetzt werden kann. Der DSA sei eine unglaubliche Chance, um den großen digitalen Plattformen auf die Finger zu schauen, findet Hustedt. Dafür bedarf es jedoch ständiger Evaluation, Konkretisierung der Regelungen sowie Wissenstransfer zwischen den Mitgliedstaaten einerseits sowie zwischen der EU und den Nationalstaaten andererseits. Insbesondere nach den Schwierigkeiten rund um die Datenschutzgrundverordnung sei eine konsequente Umsetzung des DSA wichtig, um die Glaubwürdigkeit der EU aufrechtzuerhalten.

Ethische Fragen brauchen Mitbestimmung

Themen der Digitalisierung dürfen nicht nur in wissenschaftlichen und politischen Kreisen behandelt werden: “Es werden Entscheidungen aufkommen, wo es um die Abwägung bestimmter Werte wie Meinungsfreiheit oder den Schutz von Minderheiten geht, und solche Werteentscheidungen sollten unter Einbezug zivilgesellschaftlicher Stimmen stattfinden.”

Mit den Fragen nach Werten und Ethik im Bereich der Digitalisierung hat sie sich auch in ihrer Arbeit als Leiterin des Projekts “Ethik der Algorithmen” der Bertelsmann Stiftung beschäftigt, das gesellschaftliche Folgen algorithmischer Entscheidungsfindung thematisiert.

Um sich diesen Herausforderungen und Fragen gesamtgesellschaftlich zu stellen, brauche es starke Bündnisse. Im Namen der Stiftung Mercator möchte Hustedt nun Räume für diese Bündnisse schaffen und sie auch finanziell stärken: Dabei soll auch der neu gegründete Think-Tank “Agora Digitale Transformation” helfen, der sich nach dem Beispiel von Agora Energiewende den Herausforderungen der Digitalpolitik stellt.

Sich selbst versteht Hustedt dabei als Neogeneralistin: “Das bedeutet, in spezifische Themengebiete tief hineinzugehen, um dann wieder auf die Metaebene rauszuzoomen und so Zusammenhänge zu erkennen.” So stellt sie sowohl analytisch als auch interdisziplinär und menschlich Verbindungen her – immer mit dem Ziel der Transformation zu einem gemeinwohlorientierten, digitalen Ökosystem. Marlene Resch

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • EU-Gipfel lässt Gaspreisdeckel prüfen
    • Euro-7-Leak: Kommission kommt Industrie wegen Krise entgegen
    • Rohstoffstrategie: Politik und Industrie sind sich einig
    • Monitoring
    • Energiekrise: Kommission soll Umwidmung von Geldern erleichtern
    • FDP widerspricht Habeck bei Energievertrag
    • COP 27: EU-Parlament fordert höhere Klimaziele
    • EU-Parlamentspräsidentin: Truss-Rücktritt ist Lektion für uns
    • Kampfdrohnen: EU verhängt erneut Sanktionen gegen Iran
    • CNIL verhängt Maximalstrafe gegen Clearview AI
    • Head: Carla Hustedt – Digitalisierung für alle
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wie wär es heute mit einem leckeren Salat zu Mittag? Zumindest in Großbritannien hat ein schnöder Kopfsalat inzwischen eine längere Haltbarkeit als die Premierministerin. Liz Truss hat gestern ihren Rücktritt erklärt und somit gegen den Eisbergsalat der britischen Online-Zeitung “Daily Star” verloren. Die Nachfolge soll im Laufe der nächsten Woche geklärt werden.

    Einen ersten Leak zur Abgasregulierung Euro 7 hat mein Kollege Markus Grabitz aufgetan und analysiert. So viel sei verraten: Das Bild ist zwiespältig. Bei den Grenzwerten für Pkw deutet viel auf Entwarnung hin, dafür droht bei Trucks eine drastische Verschärfung.

    Die Kommission will ihren Vorschlag erst am 9. November vorlegen. Doch schon vorher, am 25. Oktober, lädt Table.Media-Redakteur Markus Grabitz zur Diskussion über Maßnahmen gegen dicke Luft: Der grüne Klimapolitiker Michael Bloss (MEP), Motorenexperte Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie Benjamin Krieger, Generalsekretär vom europäischen Verband der Automotive-Zulieferer Clepa sind mit ihrer Expertise gefragt. Melden Sie sich hier kostenfrei an.

    Bis früh in die Morgenstunden haben die Staats- und Regierungschefs der EU-27 über die Vorschläge der EU-Kommission zur Senkung der Energiepreise diskutiert. Eine starke Fraktion fordert nach wie vor einen Gaspreisdeckel, ein Durchbruch wurde bei Gipfelschluss nicht verkündet. Immerhin gibt es einen Fahrplan. Nun sollen die Energieminister ran und bei ihrem nächsten Treffen Ergebnisse liefern. Einigkeit herrscht dafür an anderer Stelle, zumindest zwischen Spanien, Portugal und Frankreich: Die Erdgas-Pipeline Midcat wird ersetzt durch einen “grünen Korridor”, also eine Wasserstoff-Pipeline.

    Der Druck auf die Rohstofffrage sei immens, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern auf dem Kongress des BDI und nannte Instrumente, die die Unternehmen in der Sicherung der Rohstoffversorgung unterstützen sollen. Leonie Düngefeld hat den Kongress besucht und stellt die Instrumente vor.

    Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

    Ihre
    Lisa-Martina Klein
    Bild von Lisa-Martina  Klein

    Analyse

    EU-Gipfel: Energieminister sollen Gaspreisdeckel ausarbeiten

    Die 27 Länder haben sich in der Nacht zu Freitag darauf geeinigt, an einem gemeinsamen Gaspreisdeckel zu arbeiten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge unterstützten die EU-Staaten außerdem den jüngsten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission, in Zukunft gemeinsam Gas einzukaufen, um die Macht des europäischen Marktes bei der Nachfrage nach Gas zu erhöhen. “Wir wollen bis zu 40 Milliarden Euro an Mitteln zur Verfügung zu stellen. Damit werden die EU-Mitglieder in der Lage sein, den von den Energiepreisen am stärksten betroffenen Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen zu helfen”, so die Kommissionspräsidentin.

    Von der Leyen und der ständige EU-Ratspräsident Charles Michel sagten nach dem ersten Gipfeltag: es, gebe nun einen “sehr guten und soliden Fahrplan”, um weiter am Thema der drastisch gestiegenen Energiepreise zu arbeiten. “Ich begrüße die Ergebnisse und die Unterstützung, die wir von den Staats- und Regierungschefs erhalten haben”, twitterte die Kommissionspräsidentin.

    In ihren Abschlusserklärungen forderten die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Minister und die EU-Kommission auf, “konkrete Entscheidungen” über einen “zeitlich begrenzten dynamischen Preiskorridor für Erdgastransaktionen” vorzulegen, der Preisspitzen begrenzt sowie eine Preisobergrenze für Gas zur Stromerzeugung festlegt. Zudem soll eine “Kosten-Nutzen-Analyse” für die Deckelung der Gaspreise für den Energiesektor vorgelegt werden. Die Staats- und Regierungschefs nannten keinen Zeitrahmen, wann die Entscheidungen über die Preisobergrenzen fallen sollten. Die EU-Energieminister werden am kommenden Dienstag über die Maßnahmen beraten.

    “Das bedeutet, dass die Einwände gegen den Gaspreisdeckel ausgeräumt wurden. Es ist nun an den Ministern, die technischen Aspekte zu bestimmen und eine Einigung zu erzielen”, erklärte eine diplomatische Quelle. “So muss zum Beispiel sichergestellt werden, dass die Deckelung nicht zu einem Anstieg der Nachfrage nach Gas und zu einer Subventionierung des Stromexports in andere Länder – Großbritannien, Norwegen, Schweiz usw. – führt”, fügte er hinzu.

    Kritik an Deutschland

    Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, das Ergebnis des Treffens sei ein gutes Signal der Solidarität: “Wir haben einstimmig präzise Leitlinien festgelegt, mit deren Hilfe die Energieminister die konkreten Details ausarbeiten können. Wenn das nicht klappt, muss sich der Rat erneut damit befassen. Aber ich hoffe natürlich, dass es den Ministern gelingt, eine einstimmige Einigung zu erzielen.”

    Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, steht an der Spitze eines kleinen Lagers, das sich bisher den Forderungen von 15 Ländern nach einer Deckelung der Gaspreise widersetzt hat. Sie befürchten, dass dies das Risiko bergen würde, dass die Lieferanten Europa ausschließen und die Anreize zum Energiesparen verringert würden. Spanien und Portugal haben den Preis für Gas, das zur Stromerzeugung im eigenen Land verwendet wird, bereits gedeckelt. Frankreich ist bestrebt, diese Regelung auf die gesamte EU auszuweiten.

    Scholz musste sich viel Kritik für seine Haltung anhören. “Wir werden aufgefordert, Solidarität zu zeigen, indem wir Energie teilen, aber es gibt keine Solidarität bei unseren Appellen, die Preise einzudämmen”, sagte der Italiener Mario Draghi seinen Kollegen, wie ein mit den Gesprächen vertrauter Beamter berichtete.

    Eine Aussage, die vom belgischen Premierminister Alexander de Croo aufgegriffen wurde: “Solidarität sollte sich nicht nur auf die Versorgung beziehen, sondern auch auf die Preise”, sagte er laut dem Beamten vor der Versammlung.

    In den Schlussfolgerungen des Gipfels forderten die EU-Staats- und Regierungschefs ihre Minister zudem auf, einen “vorübergehenden dynamischen Preiskorridor für Erdgastransaktionen” zu prüfen. Dieser soll Preisspitzen begrenzen, wobei eine diplomatische Quelle die im August erreichte Marke von 350 Euro MWh als Beispiel für einen “überhöhten Preis” nannte.

    Grüner Korridor statt MidCat

    Die Bundesregierung begrüßt die kurz vordem Gipfel angekündigte Vereinbarung zwischen Spanien, Frankreich und Portugal, einen “grünen Energiekorridor” zu schaffen und das umstrittene MidCat-Projekt aufzugeben.

    “Das ist eine sehr gute Nachricht”, heißt es in deutschen Regierungskreisen. “Wir haben immer gesagt, wir wollen die Verbindungen innerhalb von Europa stärken.” Das neue Projekt sieht unter anderem den Bau einer maritimen Gaspipeline von Barcelona nach Marseille (BarMar) und die Fertigstellung der neuen Stromverbindung durch den Golf von Biskaya vor.

    Darüber hinaus vereinbarten die drei Länder, neue Projekte für eine Stromverbindung zwischen Frankreich und Spanien zu “identifizieren, bewerten und sie umzusetzen”. Die drei Regierungschefs werden sich am 9. Dezember in Alicante treffen, um über den Zeitplan, die Finanzierungsquellen und Kostenfragen zu entscheiden.

    Das MidCat-Projekt war ein Streitpunkt zwischen Paris und Berlin. Das Projekt fallen zu lassen bringe die Diskussion zwischen den beiden Hauptstädten wieder in Gang zu bringen, heißt es in diplomatischen Kreisen.

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    Euro-7-Leak: Kommission kommt Industrie wegen Krise entgegen

    Wegen der hohen Kostensteigerungen bei Energie und Rohstoffen will die Kommission den Herstellern von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bei der nächsten Stufe der Schadstoffnorm (Euro 7) entgegenkommen. Bei Benzinern sollen die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub gegenüber dem bisherigen Niveau (Euro 6) kaum oder gar nicht verschärft werden. Dies geht aus einem Entwurf für Euro 7 hervor, der Europe. Table vorliegt. Die Kommission will ihren Vorschlag für Euro 7 am 9. November vorlegen.

    In dem Entwurf, der noch keine Grenzwerte nennt, heißt es, dass seit Anfang 2021 durch gestiegene Rohstoff- und Energiepreise die Nachfrage und Verkäufe von Autos stark rückläufig seien. Dadurch sei in bislang ungekannter Weise Druck bei den automobilen Lieferketten entstanden, in Zeiten hoher Inflation stelle sich die Frage für viele Verbraucher, ob sie sich die Anschaffung eines Neuwagens leisten könnten.

    Um die Kosten der Hersteller für die Transformation vertretbar zu halten, habe die Kommission daher Abstriche bei den Grenzwerten für Pkw und Lieferwagen gemacht. Dies sei auch im Hinblick auf das Jahr 2035 zu sehen, wenn der Verbrenner vom Markt genommen werde.

    Weniger Ehrgeiz am Auspuffrohr

    Der Entwurf erwähnt nicht eigens Regelungen für Fahrzeuge mit Dieselmotor. Ursprünglich habe die Kommission ein Szenario von mittlerem Ambitionsniveau (“3 a”) angepeilt. Nun liege das präferierte Szenario niedriger, und zwar zwischen den bisherigen Euro-6-Grenzwerten und dem Szenario 3 a. Die Abstriche bei den Grenzwerten sollen nur bei den Auspuffemissionen gemacht werden. Bei den Verdunstungsemissionen, Bremsen und Reifen soll das ursprünglich gewollte strengere Szenario kommen.

    Während die Kommission bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die Grenzwerte nicht drastisch verschärfen will, ist der Vorschlag bei Lastwagen und Bussen umso ambitionierter. Dort soll es bei dem ursprünglich angedachten Szenario bleiben. In dem Entwurf heißt es: “Dies spiegelt den deutlich langsameren Übergang bei Bussen und Lastwagen zu Null-Emissionstechnologien wider.” Lastwagen und Busse mit Verbrennungsmotor dürften deutlich länger auf den Straßen der EU vertreten sein als Pkw und Lieferwagen.  

    In der Folgenabschätzung kommt die Kommission zu dem Fazit, dass Euro 7 jeden Lastwagen in der Anschaffung um durchschnittlich 2681 Euro verteuern werde. Insgesamt sei im Zeitraum von 25 Jahren nach Inkrafttreten von Euro 7 mit Mehrkosten für die Hersteller in Höhe von 17,53 Milliarden Euro zu rechnen. Dies gilt für das von der Kommission bevorzugte Szenario. Dem gegenüber stehe eine Entlastung um 133,58 Milliarden Euro bei ökologischen Folgekosten, indem Euro 7 die Schadstoffbelastung senke.

    Folgenabschätzung: Euro 7 verteuert Pkw um 304 Euro

    Bei Pkw und Lieferwagen dürfte die finanzielle Belastung niedriger ausfallen als in der Folgenabschätzung ausgewiesen, da die Kommission Abstriche beim Ambitionsniveau machen will. In ihrer Folgenabschätzung war sie noch von zusätzlichen Kosten durch die Regulierung in Höhe von durchschnittlich 304 Euro ausgegangen. Für die Dauer von 25 Jahren war die Kommission zu Mehrkosten bei Pkw durch die Regulierung in Höhe von 35 Milliarden Euro gekommen.

    Dem standen Einsparungen in Höhe von 55,75 Milliarden Euro wegen geringerer Schäden durch Verschmutzung entgegen. Die Kommission war in dem ursprünglich angepeilten Szenario davon ausgegangen, dass der Kaufpreis bei Benzinern im Schnitt um 0,8 Prozent und bei Diesel-Pkw und -Lieferwagen um 2,2 Prozent steigen würde. Durch die Abstriche bei den Grenzwerten dürften die zu erwartenden Preissteigerungen geringer ausfallen.

    Öffnungsklausel für E-Fuels

    Der Entwurf enthält auch eine Öffnungsklausel für E-Fuels. In Artikel 15.1 h) heißt es, es könne unter der Euro-7-Regulierung Möglichkeiten für Hersteller geben, Fahrzeuge zuzulassen, die nur mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. In dem Text ist dies mit dem Zusatz versehen, “falls es derartige Fahrzeuge gibt”. Die Kommission behält sich vor, fünf Jahre nach Inkrafttreten von Euro 7 noch entsprechende delegierte Rechtsakte zu erlassen. Beobachtern ist nicht klar, was der Hintergrund der Passagen zu den E-Fuels ist. E-Fuels zeichnen sich doch gerade dadurch aus, dass sie bereits heute von allen Fahrzeugen verwendet werden können. Fahrzeuge, die nachweislich nur E-Fuels verwenden können, sind technisch schwer vorstellbar.

    In der Industrie wird der Entwurf unterschiedlich bewertet. Von Herstellern von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen hieß es: Der Entwurf zeige, dass die Kommission inzwischen auf einem realistischen Pfad unterwegs sei. Dagegen sind die Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen hochgradig alarmiert. Die angepeilte Verschärfung der Grenzwerte sei technisch nicht umsetzbar.

    Thomas Koch, Chef des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sagt: “Vor 18 Monaten noch hat die Kommission in ihren Plänen für Pkw und Lieferwagen mit schärfsten Emissionsnormen dem Umweltschutz höchste Priorität eingeräumt. Nun wird dem gleichen Anliegen plötzlich kaum mehr eine Bedeutung beigemessen.” Koch befürchtet, dass der Vorschlag Folgen für die Entwicklung und Forschung hätte: “Wenn dieser Entwurf EU-Gesetz wird, werden die Hersteller gezwungen sein, zeitnah die Entwicklung von hybriden Antrieben einzustellen.”   

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    Rohstoffstrategie: Habeck und Russwurm sind sich einig

    Auf dem Rohstoffkongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern Instrumente genannt, die die Unternehmen in der Sicherung der Rohstoffversorgung unterstützen sollen: Kredite und Investitionsprogramme, die an diversifizierte Bezugsquellen gebunden sind, die Absicherung mit Garantien sowie eine Absprache europäischer Unternehmen, um für einen Ausgleich der Importquellen zu sorgen. Eine neue deutsche Rohstoffstrategie soll es nicht geben – stattdessen setzt Habeck auf “work in progress” gemeinsam mit der EU-Kommission.

    Als “Alarmsignal” bezeichnete der grüne Vizekanzler Habeck die Feststellung, dass sich der Inhalt seiner gestrigen Rede zu 95 Prozent mit der seines Vorredners Siegfried Russwurm, Präsident des BDI, glich: Der Druck auf die Rohstofffrage sei immens, die Analyse eindeutig. Auch eine dekarbonisierte Wirtschaft sei auf mineralische Rohstoffe angewiesen. “Wir haben kein Erkenntnisproblem mehr”, fasste Habeck zusammen, Maßnahmen müssten aufgrund der Krisenlage nun dringend umgesetzt werden.

    Eine überarbeitete deutsche Rohstoffstrategie, wie sie angekündigt war, soll es jedoch in der Form nicht geben. Schon zuvor hatte Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, betont, es werde keine deutschen Alleingänge geben. Vielmehr werde man Eckpunkte in die geplante deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie und das EU-Rohstoffgesetz einbringen.

    Kredite, Bürgschafts- und Investitionsprogramme für die Industrie will Habeck, so verkündete er, an eine Diversifizierung der Importquellen binden. Wenn es etwa für Halbleiter Zuschüsse geben solle, könnte die Voraussetzung sein, dass die Rohstoffe von unterschiedlichen Lieferanten aus verschiedenen Ländern kommen, erklärte er. Neben einer Absicherung mit Garantien des Bundes werde auf europäischer Ebene über gemeinsame Absprachen von Unternehmen für einen Ausgleich der Importquellen gesprochen.

    Förderprogramm für Erschließung heimischer Vorkommen

    Politik und Industrie sind sich einig, dass die drei Ziele der bisherigen Rohstoffpolitik weiterhin gelten müssen: Bezugsquellen diversifizieren, heimischen Bergbau stärken, die Kreislaufwirtschaft ausbauen. Handelsabkommen müssten zunehmend auch Rohstoffabkommen sein, sagte Habeck, Handelspolitik auf deutscher und WTO-Ebene müsse wiederbelebt werden.

    Europa könne seinen Handelspartnern im Vergleich zu seinen Wettbewerbern Vorteile bieten, wenn in Handelsabkommen nicht nur Zölle auf Rohstoffe, sondern auch auf weiterverarbeitete Produkte gesenkt werden – Wertschöpfung müsse stärker in den Partnerländern geschehen. Dies gelte etwa für die Abkommen mit Chile und Mexiko; auch mit Brasilien müsse man sich beschäftigen. Für einen Informationsaustausch über Rohstoffvorkommen und mögliche Handelspartner unterstrich Habeck die Rolle der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), von deren Expertise ganz Europa profitieren könne.

    Um die Gewinnung von Rohstoffen wie Lithium in Deutschland zu erleichtern, sollen die entsprechenden Gesetze auf Hemmnisse überprüft werden. Der BDI fordert hier eine Verkürzung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und eine Neugestaltung der Raumplanung. Habeck kündigte zunächst ein Förderprogramm zur Erschließung heimischer Rohstoffvorkommen an. Ein Knackpunkt, darin sind er und Russwurm sich ebenfalls einig, bleibt die Akzeptanz in der Gesellschaft: Bergbauprojekte hierzulande müssten mehrheitsfähig sein.

    NGO-Bündnis fordert Rohstoffwende

    Zwei Tage zuvor hatte das NGO-Bündnis Arbeitskreis Rohstoffe ebenfalls einen Rohstoffgipfel veranstaltet – und dort das Ende genau dieser Logik verlangt: “In der deutschen und europäischen Rohstoffpolitik geht es darum, jetzt noch möglichst viele Zugänge zu Rohstoffen zu legen, um den Status quo der Industrie beizubehalten”, sagte Hannah Pilgrim von der NGO Power Shift. “Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, eine Rohstoffwende.” Dazu gehöre neben dem Umwelt- und Klimaschutz die Achtung der Menschenrechte in den Abbauregionen im globalen Süden. Das EU-Lieferkettengesetz müsse hier stark ausgestaltet werden.

    Das Bündnis fordert zudem konkrete, gesetzlich verankerte Reduktionsziele für den Primärrohstoffverbrauch, vergleichbar mit den Klimazielen. Eine solche Obergrenze müsse aggregiert für alle Stoffströme gelten, um Verschiebungen oder Substitutionen in Form von anderen Rohstoffen zu verhindern und Stoffkreisläufe zu schließen. Ein verlässliches Monitoring solle den Weg zu diesen Zielen überprüfen. Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, den Ressourcenverbrauch zu senken. Im Bundesumweltministerium soll hierzu demnächst ein Forschungsvorhaben beginnen.

    Das Ziel der Kreislaufwirtschaft werde ein wirtschaftspolitischer Vorteil sein, sagte Habeck seinem Publikum beim BDI. Die Industrie hat dies längst erkannt und eigene Initiativen gestartet. Ob der Bundesminister seine Pläne einhalten kann, wird man in zwei Jahren, wenn der nächste BDI-Rohstoffkongress stattfindet, messen können: Bis dahin sollen laut Habeck zumindest Garantien und Bürgschaften für bestehende Projekte umstrukturiert und die DERA-Rohstoffdaten für eine europäische Strategie genutzt worden sein, ein europäischer Instrumentenkasten bestehen und weitere Handelsabkommen ratifiziert sein.

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    EU-Monitoring

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
    Themen: Aussprache über die Ergebnisse der zwölften WTO-Ministerkonferenz und die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer WTO-Reform, Aussprache mit der Kommission zum Ergebnis des Modernisierungsprozesses des Vertrags über die Energiecharta. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung eines zentralen europäischen Zugangsportals für den zentralisierten Zugriff auf öffentlich verfügbare, für Finanzdienstleistungen, Kapitalmärkte und Nachhaltigkeit relevante Informationen, Öffentliche Anhörung zum Thema “Warum sind die Themen Finanzen und Besteuerung für junge Europäer von Bedeutung?”. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Berichtsentwurf zur Einrichtung eines sozialen Klimafonds. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Klimaneutralität in der Landwirtschaft bis 2035, Entwurf einer Stellungnahme zur integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung bei Industrieemissionen, Entwurf einer Stellungnahme zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
    Themen: Entlastung verschiedener Bereiche des EU-Haushalts 2021. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.-25.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum neuen europäischen Rahmen für urbane Mobilität, Vorschlag der EU-Kommission zur Unterstützung von KMU und sozial schwachen Haushalten bei der Bewältigung der Energiekrise. Vorläufige Tagesordnung

    24.10.2022 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Umwelt
    Themen: Orientierungsaussprache zur Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen, Schlussfolgerungen zur Vorbereitung der COP27, Information des Vorsitzes zur Konferenz zur Gestaltung klimaresistenter Landschaften. Vorläufige Tagesordnung

    25.10.2022 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Energie
    Themen: Allgemeine Ausrichtung zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Orientierungsaussprache zur Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie Wasserstoff und zur Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbare Gase und Erdgas sowie für Wasserstoff. Vorläufige Tagesordnung

    25.10.2022
    Internationale Expertenkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine
    Themen: Diskussion zum Wiederaufbau der Ukraine. Infos

    25.10.2022 – 09:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
    Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung eines sozialen Klimafonds, Gedankenaustausch mit Nicolas Schmit (Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte). Vorläufige Tagesordnung

    25.10.2022 – 09:00-16:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
    Themen: Abstimmung zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, Berichtsentwurf zur Beziehungen zwischen der EU und Aserbaidschan, Berichtsentwurf zur Beziehungen zwischen der EU und Armenien, Anhörung zu den regionalen Auswirkungen nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Vorläufige Tagesordnung

    26.10.-27.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
    Themen: Berichtsentwurf zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, Berichtsentwurf zum Abkommen zwischen der EU und der Ukraine über die Beförderung von Gütern im Straßenverkehr, Entwurf einer Stellungnahme zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Vorläufige Tagesordnung

    26.10.-27.10.2022
    Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Entwurf einer Stellungnahme zu harmonisierten Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung, Berichterstattung über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen. Vorläufige Tagesordnung

    26.10.2022
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Null-Schadstoff-Paket (integrierte Wasserwirtschaft, Überarbeitung der EU-Luftqualitätsvorschriften, Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser), Verordnung über Sofortzahlungen. Vorläufige Tagesordnung

    26.10.2022 – 09:00-17:30 Uhr
    Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
    Themen: Vorschlag der Kommission zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der EU, Gedankenaustausch mit Gert Jan Koopman zu den Auswirkungen der neuen Initiativen auf den EU-Haushalt, Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das System der Eigenmittel der EU. Vorläufige Tagesordnung

    27.10.2022
    Trilog: CO2-Standards für Autos
    Themen: Es geht um das Aus für die Verbrenner-Technologie im Jahr 2035 und die Absenkung der CO2-Flottengrenzwerte bei Pkws um 55 Prozent von 2021 bis 2030. Die Co-Gesetzgeber liegen bei den Zielen nicht weit auseinander. Parlament und Ratspräsidentschaft wollen das Dossier bei dieser Sitzung abschließen. Dies würde nur gelingen, wenn das Thema E-Fuels ausgeklammert wird. Darauf deutet derzeit alles hin.

    27.10.2022
    Trilog: Alternative Fuel Infrastructure Directive (AFIR)
    Themen: Ziel der AFIR ist der Auf- und Ausbau einer Lade- und Tankinfrastruktur für Elektro- und Wasserstofffahrzeuge sowie Schiffe mit alternativen Kraftstoffen. Das Parlament fordert deutlich höhere und schnellere Ausbauziele und Mindestanforderungen für die EU-Staaten, als Kommission und Rat. Zudem will das Parlament Ladepunktbetreibern strengere Auflagen machen, in puncto mögliche Zahlungsmittel, transparente Preis- und Standortangaben. Im ersten Trilog werden die drei Verhandlungsparteien zunächst ihre Standpunkte und Verhandlungspositionen erläutern.

    30.10.-31.10.2022
    Informelle Ministertagung Handel
    Themen: Geostrategische Bedeutung von Handel und Handelsabkommen, digitaler Handel und die Handelsbeziehungen zu den USA. Infos

    News

    Energiekrise: Kommission soll Umwidmung von Geldern erleichtern

    Sollte die EU ein neues Krisenprogramm auflegen, um die Folgen der hohen Energiepreise in den Mitgliedsstaaten abzufedern? Bundeskanzler Olaf Scholz wehrt sich bislang gegen entsprechende Forderungen aus Frankreich, Italien und anderen EU-Ländern. Unterstützung bekommt er nun von einem einflussreichen Europaabgeordneten aus Portugal.

    “Wir haben viele Milliarden, die wir schon beschlossen haben, und die umgelenkt werden können, um die aktuelle Krise anzugehen”, sagt der Vizevorsitzende des Sozialdemokraten im Europaparlament, Pedro Marques zu Europe.Table. Sowohl der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) als auch das Corona-Aufbauprogramm böten viel Spielraum, zudem könne die Europäische Investitionsbank zur Unterstützung der Unternehmen eingesetzt werden, sagt der frühere Minister in der Regierung von Premier António Costa.

    Marques sieht die EU-Kommission nun in der Pflicht, den Weg für die Umwidmung der Gelder freizumachen, die für die Mitgliedstaaten im Aufbauprogramm reserviert sind. “Ich begreife nicht, warum die Kommission sich der Revision der nationalen Pläne verweigert.”  Auch bei der anstehenden Überprüfung des MFR solle Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erheblich stärker nachsteuern als angedacht: “Die Kommission wird offenbar nur eine minimale Revision des MFR vorschlagen”, sagt der Sozialdemokrat. “Europa hat sich dramatisch verändert, warum tun wir so, als ob nichts passiert wäre?”

    Der finanzielle Spielraum solle eingesetzt werden, um Familien und Unternehmen in der Energiekrise zu unterstützen. Mehr Mittel seien auch nötig, um die Energiewende voranzutreiben. “Die Amerikaner machen es mit dem Inflation Reduction Act vor“, sagt er.

    Die massive Kritik am Energiepreis-“Abwehrschirm” der Bundesregierung kann Marques teilweise nachvollziehen. Alle Länder versuchten, ihre Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu unterstützen, sagt er. “Unsere Sorge ist aber, dass einige Regierungen im Verlauf des Krieges dazu nicht mehr in der Lage sein werden, auch wegen der Zinspolitik der EZB.” Dann bestehe die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt. Daher seien EU-Hilfen nötig, um kleine und mittelgroße Unternehmen zu unterstützen. tho

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    • Energiepreise
    • Klima & Umwelt

    FDP widerspricht Habeck bei Energievertrag

    In der Ampelkoalition ist ein Streit über den Verbleib im Energiecharta-Vertrag entbrannt. Das internationale Abkommen schützt Investitionen in die Energieinfrastruktur wie Gaspipelines und Stromleitungen. Die FDP-Bundestagsfraktion widerspricht dem Bestreben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das Abkommen aufzukündigen.

    Einen Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag hat die Ampel bereits im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Daran hält die FDP-Fraktion fest“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler am Donnerstag zu Europe.Table. Die Vereinbarung von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag lautet: “Wir setzen uns für eine Reform des Energiecharta-Vertrages ein.”

    “Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz steht einem Verbleib im Vertrag kritisch gegenüber. Diese Haltung ist auch bekannt”, sagte ein Ministeriumssprecher dagegen am Donnerstag. Eine Entscheidung der Bundesregierung zum Energiecharta-Vertrag sei noch nicht gefallen. Die Niederlande hatten am Mittwoch angekündigt, sich aus dem Vertrag zurückzuziehen. Es stehe nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen, hatte Energieminister Rob Jetten gesagt.

    Spanien und Polen gegen die Reform

    Die FDP will einen ähnlichen Schritt Deutschlands verhindern. “Ein Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag wäre aus unserer Sicht ein Fehler. Denn während die tatsächlichen Rechtsfolgen eines Austritts erst in 20 Jahren wirksam wären, würde Deutschland unmittelbar nach dem Austritt jegliches Mitspracherecht in den entsprechenden Gremien verlieren“, sagte Köhler. “Es liegt daher im elementaren Interesse Deutschlands, im Energiecharta-Vertrag zu bleiben und auch künftig an Reformen zur Verbesserung des Abkommens mitwirken zu können.”

    Die 55 Vertragsparteien haben bis zum 22. November Zeit, sich zu der im Sommer ausgehandelten Reform des Energiecharta-Vertrages zu positionieren. Neben allen EU-Staaten mit Ausnahme Italiens ist auch die Europäische Union selbst Vertragspartei – die Mitgliedstaaten sind daher auch auf diesem Weg an den Vertrag aus dem Jahr 1991 gebunden. Die Regierungen sollen sich deshalb im November im Rat darauf verständigen, ob die EU als Ganzes die von der EU-Kommission mitverhandelte Modernisierung mitträgt.

    Spanien und Polen haben bereits angekündigt, ebenfalls aus dem Vertrag aussteigen zu wollen. Auch Frankreich sieht die Modernisierung kritisch. Sollten die drei Staaten im Rat gegen die Reform stimmen und sich Deutschland wegen des Koalitionsstreites enthalten, käme die nötige qualifizierte Mehrheit im Rat für die Reform nicht zustande. Die Kommission hat mehrfach gesagt, in diesem Fall werde auch die EU als Ganzes aus dem Vertrag austreten. Wegen der Ausstiegsklausel im Vertrag sind austretende Parteien noch 20 Jahre an dessen Bestimmungen gebunden. ber/tho

    • Energiepolitik
    • Europapolitik

    COP 27: EU-Parlament fordert höhere Klimaziele

    Angesichts der klaffenden Lücke zwischen den aktuellen Emissionsreduktionszielen weltweit und den notwendigen CO2-Minderungen für die Erreichung der Pariser Klimaziele fordert das EU-Parlament, dass sich die Industrieländer zu mehr Klimaschutz verpflichten. In einer Resolution, die die Position des Parlaments für die Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh (COP 27) festlegt, haben sich die Abgeordneten am Donnerstag mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass die EU ihr Klimaziel noch vor Beginn der Konferenz anhebt.

    Die EU könne ihre Treibhausgasemissionen um mehr als 55 Prozent senken, wenn sie die Positionen des Parlaments zum Fit-für-55-Paket und zum RePowerEU-Programm annehme. Der sogenannte national festgelegte Beitrag (NDC) solle entsprechend angepasst werden, so die Forderung.

    Zwar sind auch Kommission und Rat grundsätzlich bereit, das NDC der EU anzuheben. Dass das jedoch noch vor der COP 27 geschieht, gilt als höchst unwahrscheinlich. Aus Kommissions- und Ratskreisen ist zu hören, dass man die Ergebnisse der Triloge zum Fit-for-55-Paket abwarten und erst anschließend die Ziele aktualisieren wolle. Das geht auch aus dem Entwurf für den Beschluss des Umweltrats kommenden Montag (24. Oktober) hervor, der Europe.Table vorliegt. Beim Umweltrat werden die Mitgliedstaaten ihr Verhandlungsmandat für COP 27 festlegen. Die Initiative für eine NDC-Anhebung müsste ebenfalls im Rat erfolgen.

    Loss and Damage und 100 Milliarden

    Außerdem unterstrichen die EU-Abgeordneten in ihrer Resolution, dass die Industrienationen ihr Klima-Finanzierungsversprechen an die Entwicklungsländer von jährlich 100 Milliarden US-Dollar einhalten. Zudem fordert das Parlament die EU-Delegationen auf, dass sie sich auf der COP 27 für ein Finanzierungsinstrument für Verluste und Schäden (“Loss and Damage”) einsetzen.

    Letzteres ist heftig umstritten, da einige Industrienationen Loss and Damage am liebsten gar nicht erst zu einem offiziellen Tagesordnungspunkt auf der COP 27 machen würden, da sie fürchten, als Hauptverschmutzer verantwortlich für Klimaschäden gemacht zu werden. Dem Beschlussentwurf für den Umweltrat kommende Woche zufolge sprechen sich die Mitgliedstaaten jedoch dafür aus, das Thema “konstruktiv” zu erörtern, um mehr über die “Bedürfnisse” der Entwicklungsländer zu erfahren.

    Jochen Flasbarth, Staatssekretär des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ), geht ebenfalls davon aus, dass Loss and Damage in Sharm el-Sheikh ein Schwerpunktthema werden wird. Die Frage sei nur noch, ob man dafür eine eigene Fazilität aufsetzen wird.

    Deutschland legt eigene Zahlen zur Klimafinanzierung vor

    Flasbarth stellte am Donnerstag die Zahlen für den deutschen Beitrag zum 100-Milliarden-Versprechen für 2021 vor. Demnach wurden 5,34 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern zur Verfügung gestellt. Dazu kommen öffentlich mobilisierte Marktmittel und die über KfW und DEG mobilisierte private Klimafinanzierung, sodass sich die Gesamtsumme auf 8,1 Milliarden Euro beläuft.

    Die neuen Zahlen zeigten, dass Deutschland “den Einsatz gegen die Klimakrise in allen Teilen der Welt verstärkt”, so Flasbarth. Das müsse auch in Zukunft so bleiben, damit Deutschland sein Versprechen halten kann, die internationale Klimafinanzierung aus öffentlichen Mitteln bis 2025 auf mindestens 6 Milliarden Euro jährlich zu steigern. “Dazu bedarf es deutlicher zusätzlicher Anstrengungen in den Haushaltsjahren 2024 und 2025”, forderte er.

    Kritik an den Zahlen kommt von Oxfam. 46,9 Prozent der öffentlichen Gelder 2021 seien Zuschüsse gewesen, der Rest vor allem Darlehen. Dies bedeute, dass auch Deutschland zu dem Problem beitrage, dass ein Großteil der Klimafinanzierung die Schuldenlast für die ärmeren Länder erhöht, kommentiert Jan Kowalzig, Referent für Klimapolitik bei Oxfam. luk

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    EU-Parlamentspräsidentin: Truss-Rücktritt ist Lektion für uns

    Nach nur gut sechs Wochen im Amt hat die britische Premierministerin Liz Truss ihren Rücktritt angekündigt. Als Premierministerin will sie noch im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist. Dieser Prozess solle bereits innerhalb der kommenden Woche ablaufen.

    Die konservative Fraktion will bis zum 31. Oktober einen neuen britischen Premierminister ins Amt gehoben haben, wie Graham Brady, der Vorsitzende des mächtigen 1922-Komitees der Konservativen Fraktion mitteilte. Als mögliche Alternativen gelten auch die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt und Verteidigungsminister Ben Wallace. Auch Ex-Premierminister Boris Johnson soll Berichten zufolge eine erneute Kandidatur für den Posten planen. Das berichteten die Zeitungen “Times” und “Telegraph” am Donnerstag unter Berufung auf nicht genannte Quellen.

    EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sieht im Rücktritt der britischen Premierministerin Liz Truss eine Lektion, aus der auch andere Europäer lernen können. Rhetorik könne eine Regierung zu Fall bringen, sagte die Maltesin am Donnerstag am Rande eines EU-Gipfels. “Ich denke, es ist eine Botschaft, dass Marktinstabilität zu demokratischer Instabilität führen kann.”

    Sie hoffe, dass diese instabile Situation bald gelöst sei, von Seiten des Europaparlaments werde man weiter mit Großbritannien zusammenarbeiten. “Wenn wir Entscheidungen treffen, insbesondere wirtschaftliche, müssen wir uns über die möglichen Auswirkungen im Klaren sein.”

    Truss stand massiv unter Druck, seit sie mit geplanten Steuererleichterungen ein Finanzchaos ausgelöst hatte und später eine Kehrtwende hinlegen musste. Erst am vergangenen Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und durch den früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Hunt machte am Montag fast alle Bestandteile ihrer erst Ende September verkündeten Steuerpolitik wieder rückgängig. Er kündigte an, die eigentlich für zwei Jahre vorgesehene Energiepreisdeckelung auf sechs Monate zu beschränken. dpa

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    Kampfdrohnen: EU verhängt erneut Sanktionen gegen Iran

    Die EU hat zum zweiten Mal innerhalb einer Woche Sanktionen gegen iranische Ziele verhängt, dieses Mal wegen der Lieferung iranischer Drohnen an Russland aufgrund der Angriffe auf die Ukraine.

    Betroffen sind drei ranghohe Militärs und das Unternehmen Shahed Aviation Industries, das laut der EU mit den Islamischen Revolutionsgarden in Verbindung steht. Sie sind an der Entwicklung und Lieferung der Kampfdrohnen beteiligt, wie aus der Mitteilung der EU hervorgeht. Ihre Namen wurden am Donnerstag im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

    Mohammad Hossein Bagheri sei Stabschef der iranischen Streitkräfte und beaufsichtigt dem Amtsblatt zufolge das Programm für unbemannte militärische Luftfahrzeuge. Sayyed Hojatolah Ghoreishi arbeite im iranischen Ministerium für Verteidigung und Logistik der Streitkräfte und ist für die Verhandlung des Drohnenabkommens mit Russland verantwortlich. Saeed Aghajani sei Kommandeur des Drohnenkommandos der Luft- und Raumfahrtkräfte des Korps der Islamischen Revolutionsgarden.

    100 Angriffe mit Kamikazedrohnen

    Ihnen wurde die Einreise in die EU untersagt und/oder ihr Vermögen in der EU eingefroren. EU-Unternehmen und -Bürgern ist es ebenfalls untersagt, mit ihnen Geschäfte zu machen, heißt es in der Mitteilung weiter. “Die EU verurteilt die Lieferung iranischer Drohnen an Russland und deren tödlichen Einsatz im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die EU wird weiterhin auf alle Aktionen reagieren, die die russische Aggression unterstützen”, schrieb der Rat der EU. Zwei weitere Personen und zwei Organisationen könnten aus denselben Gründen noch bestraft werden, hieß es in der Erklärung.

    Der Schritt wurde von den EU-Botschaftern am Donnerstag beschlossen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. Die EU-Außenminister hatten am Montag über den Schritt beraten. Russland hatte die Ukraine in den vergangenen Tagen mehrfach mit den iranischen Kampfdrohnen des Typs Shahed 136 angegriffen, die für den einmaligen Einsatz bestimmt sind.

    Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba hat es seit vergangener Woche mehr als 100 Angriffe mit den sogenannten Kamikazedrohnen gegeben. Der Iran bestreitet, Russland mit den Drohnen beliefert zu haben.

    Die EU hat bereits am Montag Sanktionen gegen elf Iraner wegen interner Repressionen verhängt. Sicherheitskräfte sind in letzter Zeit brutal gegen Menschen vorgegangen, die im ganzen Land gegen den repressiven Kurs der Regierung, den Kopftuchzwang und das Herrschaftssystem demonstrierten. joy

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    CNIL verhängt Maximalstrafe gegen Clearview AI

    Die französische Datenschutzaufsichtsbehörde Commission Nationale de l’Informatique et des Libertés (CNIL) hat gegen den US-Gesichtserkennungs-Anbieter Clearview AI die nach Datenschutzgrundverordnung höchstmögliche Strafe in Höhe von 20 Millionen Euro verhängt. Zudem hat die CNIL den Anbieter aufgefordert, die Datenerhebung einzustellen und die unzulässig erhobenen Daten von französischen Staatsbürgern binnen zwei Monaten nachweislich zu löschen. Sollte Clearview der Aufforderung nicht nachkommen, drohen weitere Strafzahlungen in Höhe von 100.000 Euro täglich.

    Clearview stellt seine Dienstleistungen unter anderem Sicherheitsbehörden zur Verfügung und hat keinen Firmensitz in Europa. Auf eine formelle Aufforderung zur Stellungnahme durch die CNIL (Europe.Table berichtete) hatte der Anbieter nicht reagiert. Im Juli hatte bereits die italienische Aufsichtsbehörde GPDP die Maximalstrafe verhängt, die griechische Datenschutzaufsicht folgte im Juli. Auch in diesen Fällen wurde die Löschung der Daten von Menschen im Zuständigkeitsgebiet der Aufsichtsbehörden angeordnet.

    Der Fall Clearview gilt als Probe aufs Exempel für die tatsächlichen Durchsetzungsmöglichkeiten europäischen Rechts gegenüber US-Anbietern. Wenn die Durchsetzung unter Mitwirkung von US-Behörden nicht gelingt, wäre dies ein Alarmsignal für die anstehende Entscheidung der EU-Kommission zum transatlantischen Datentransfer.

    Die Entscheidungen der Aufsichtsbehörden zu Clearview werden in Brüssel auch deshalb intensiv beobachtet, weil Rat und Parlament derzeit ihre Positionen zur KI-Verordnung abstimmen. Die soll unter anderem schärfere Regeln für die KI-Verarbeitung biometrischer Daten enthalten – bis hin zu einem grundsätzlichen Verbot der biometrischen Fernerkennung. fst

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    • Künstliche Intelligenz-Verordnung

    Presseschau

    EU-Gipfel sucht Lösungen in der Energiekrise DW
    Macron warnt Scholz vor Alleingang in Energiekrise T-ONLINE
    Polnischer Regierungschef nennt deutsche Energiepolitik ein “Fiasko” ZEIT
    Griechenland will Ökostrom nach Deutschland liefern ZEIT
    Frankreich, Spanien und Portugal einigen sich auf Midcat-Ersatz N-TV
    European shares rise after UK’s Truss resigns as prime minister REUTERS
    Kamikaze-Drohnen: EU verhängt Sanktionen gegen iranische Militärs T-ONLINE
    Nancy Faeser und EU wollen Migration über den Balkan eindämmen WELT
    Um Temperaturanstieg zu begrenzen: EU-Parlament fordert strengere Klimaziele RP-ONLINE
    EU-Kommission: Verschiebung der Chemikalienverordnung-Reform sorgt für Ärger RND
    EuGH-Urteil: Datenspeicherung auf externen Servern vorübergehend zulässig RND
    EU plant Energieeffizienz-Label für Kryptowährungen COMPUTERBILD
    Netzneutralität: EU-Kommission hält an umstrittenen Plänen für Zugangsgebühren fest NETZPOLITIK
    Abgeordnete rudern bei millionenschwerer Sanierung von EU-Parlament zurück EURACTIV
    Mord an Journalistin auf Malta: EU will Drahtzieher vor Gericht sehen N-TV
    Streit zwischen EU-Kommission und Bundesländern wegen Medienfreiheitsgesetz RND

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    Carla Hustedt – Digitalisierung für alle

    Digitalisierung für alle: Carla Hustedt leitet den Bereich Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator.
    Carla Hustedt leitet den Bereich Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator.

    Ein resilientes, digitales Ökosystem, bei dem gesellschaftliche und demokratische Themen beständig mitgedacht werden – dafür setzt sich Carla Hustedt als Leiterin des Bereichs Digitalisierte Gesellschaft bei der Stiftung Mercator ein. Elementar hierfür sei der Blick auf Machtstrukturen und die Verteilung von Wissen: “Momentan ist eines der Kernprobleme, dass wir eine starke Wissenskonzentration bei wenigen privatwirtschaftlichen Akteuren haben. Hier müssen wir mehr Transparenz schaffen, um eine wirksame Durchsetzung von Grundrechten zu ermöglichen, aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft heraus neue Lösungsansätze zu entwickeln und die Verbraucher und Verbraucherinnen zu sensibilisieren.”

    Digitalisierung als Querschnittsthema

    Das Interesse an Machtstrukturen hat Hustedt ursprünglich von ihrem Studium der Public Policy in das Berufsfeld Digitalisierung geführt. Angetrieben durch den Wunsch, etwas zu verändern und Zukunft zu gestalten, entdeckte sie während ihrer Zeit in der politischen Beratung ihre Faszination für den Tech-Sektor. Es begeistere sie vor allem, dass Digitalisierung alle gesellschaftlichen Bereiche berührt. Eine Anerkennung von Digitalisierung als Querschnittsthema wünscht sie sich auch vonseiten der Politik: “Wir müssen verstehen, dass alle Krisen auch mit der Digitalisierung zusammenhängen.”

    Konkret beschäftigt sich Hustedt derzeit mit der Frage, wie der Digital Service Act (DSA) wirksam umgesetzt werden kann. Der DSA sei eine unglaubliche Chance, um den großen digitalen Plattformen auf die Finger zu schauen, findet Hustedt. Dafür bedarf es jedoch ständiger Evaluation, Konkretisierung der Regelungen sowie Wissenstransfer zwischen den Mitgliedstaaten einerseits sowie zwischen der EU und den Nationalstaaten andererseits. Insbesondere nach den Schwierigkeiten rund um die Datenschutzgrundverordnung sei eine konsequente Umsetzung des DSA wichtig, um die Glaubwürdigkeit der EU aufrechtzuerhalten.

    Ethische Fragen brauchen Mitbestimmung

    Themen der Digitalisierung dürfen nicht nur in wissenschaftlichen und politischen Kreisen behandelt werden: “Es werden Entscheidungen aufkommen, wo es um die Abwägung bestimmter Werte wie Meinungsfreiheit oder den Schutz von Minderheiten geht, und solche Werteentscheidungen sollten unter Einbezug zivilgesellschaftlicher Stimmen stattfinden.”

    Mit den Fragen nach Werten und Ethik im Bereich der Digitalisierung hat sie sich auch in ihrer Arbeit als Leiterin des Projekts “Ethik der Algorithmen” der Bertelsmann Stiftung beschäftigt, das gesellschaftliche Folgen algorithmischer Entscheidungsfindung thematisiert.

    Um sich diesen Herausforderungen und Fragen gesamtgesellschaftlich zu stellen, brauche es starke Bündnisse. Im Namen der Stiftung Mercator möchte Hustedt nun Räume für diese Bündnisse schaffen und sie auch finanziell stärken: Dabei soll auch der neu gegründete Think-Tank “Agora Digitale Transformation” helfen, der sich nach dem Beispiel von Agora Energiewende den Herausforderungen der Digitalpolitik stellt.

    Sich selbst versteht Hustedt dabei als Neogeneralistin: “Das bedeutet, in spezifische Themengebiete tief hineinzugehen, um dann wieder auf die Metaebene rauszuzoomen und so Zusammenhänge zu erkennen.” So stellt sie sowohl analytisch als auch interdisziplinär und menschlich Verbindungen her – immer mit dem Ziel der Transformation zu einem gemeinwohlorientierten, digitalen Ökosystem. Marlene Resch

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    Europe.Table Redaktion

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